sp ortu nterric h t - Hofmann Verlag
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Leserbrief zum Bericht „Nationale Bildungsstandards ...“<br />
in Heft 11/06 „<strong>sp</strong><strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>ht“<br />
Standards im Sp<strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>ht – Flucht nach vorn!<br />
Eckart Balz, Bergische Universität Wuppertal, Sportpädagogik<br />
Das bildung<strong>sp</strong>olitisch und pädagogisch<br />
brisante Thema „Standards“<br />
hat uns voll getroffen. Neben anderen<br />
Schauplätzen steht der Schul<strong>sp</strong>ort<br />
nun mitten auf dem Feld einer<br />
Diskussion um festzulegende<br />
Schülerkompetenzen. Vermutlich<br />
werden wir schon bald „Nationale<br />
Bildungsstandards für das Fach<br />
Sport“ bekommen, wie der nüchterne<br />
Bericht von Creutzburg und Messer<br />
(2006) über eine Tagung der<br />
Kommission „Sport“ in der KMK erahnen<br />
lässt. Aber sind das Bildungsstandards,<br />
die den (wenn auch paradoxen)<br />
Namen wirklich verdienen<br />
oder – auf Fitness und <strong>sp</strong>ortliche<br />
Fertigkeiten beschränkte – Bewegungsstandards?<br />
Und brauchen<br />
wir tatsächlich solche bundesweit<br />
einheitlichen Festschreibungen dessen,<br />
was Schülerinnen und Schüler<br />
in bestimmten Jahrgangsstufen<br />
(<strong>sp</strong>ortlich) können sollen? Hatten<br />
wir derartige Versuche einer Operationalisierung<br />
von Schülerkompetenzen<br />
nicht mit dem Abgesang des<br />
lernzielorientierten U<strong>nterric</strong>hts aufgegeben?<br />
Müssen wir uns an fachlichen<br />
Leistungsbestimmungen und<br />
Jugendhaus Norderney<br />
schulischen Leistungsvergleichen<br />
beteiligen, obwohl die einschlägigen<br />
Studien wie PISA den Sp<strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>ht<br />
gar nicht berücksichtigen?<br />
Wie sollen wir uns – schul<strong>sp</strong>ortpolitisch,<br />
fachdidaktisch, praxisnah<br />
besehen – angemessen<br />
verhalten?<br />
Plan A: Wir ducken uns vor weiteren<br />
Treffern, lehnen (nationale)<br />
Standards strikt ab und ziehen uns<br />
aus der Diskussion zurück. Mit<br />
Blick auf recht hohe curriculare An<strong>sp</strong>rüche,<br />
harte empirische Fakten<br />
(z. B. aus der Sprint-Studie) und z. T.<br />
schwierige Alltagsbedingungen gibt<br />
es ohnehin genug zu tun, um Qualität<br />
im Schul<strong>sp</strong>ort zu sichern. Für<br />
diese defensive Strategie <strong>sp</strong>rechen<br />
durchaus gute Argumente, denn die<br />
Einführung von Standards ist gefährlich,<br />
– weil Bildung durch Vereinheitlichen<br />
bloß effektiviert und ökonomisiert,<br />
also letztlich verkürzt<br />
wird,<br />
– weil die Schul<strong>sp</strong>ortlandschaft in<br />
sechzehn Bundesländern mit ihren<br />
Lehrplänen zu heterogen für<br />
eine Standardisierung erscheint,<br />
– weil Output-Steuerung durch festgestellte<br />
Schülerleistungen den<br />
Input und den Prozess zu übersehen<br />
droht,<br />
– weil erbrachte Leistungen u. U.<br />
eher auf außerschulisches Sportengagement<br />
als auf <strong>sp</strong><strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>htliche<br />
Effekte zurückgehen,<br />
– weil Standards als heimlicher<br />
Lehrplan den U<strong>nterric</strong>ht bestimmen<br />
und ein „teaching to the test“<br />
begünstigen werden,<br />
– weil manche Kompetenzen (z. B.<br />
soziale wie Fairplay) sich nicht<br />
eindeutig erfassen oder gar messen<br />
lassen,<br />
– weil Testergebnisse die Qualität<br />
einer ganzheitlichen Erziehung<br />
an Schulen nur unzureichend abbilden,<br />
– weil eine Konzentration auf Bewegungsstandards<br />
zur Reduktion<br />
pädagogischer Möglichkeiten im<br />
Schul<strong>sp</strong>ort führt.<br />
Plan B: Wir bleiben aufrecht und<br />
aufmerksam im Feld stehen, versuchen<br />
den nächsten Ball zu fangen<br />
bzw. zurückzu<strong>sp</strong>ielen und greifen<br />
die Gelegenheit beim Schopf. Angesichts<br />
bisheriger Einschnitte, Stun-<br />
<strong>sp</strong><strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>ht, Schorndorf, 56 (2007), Heft 1 21