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Harmonie durch Musik

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BE - ARBEIT zum Thema H A R M O N I E • 2002<br />

frühen China. Für die Aufrechterhaltung der musikalischen und zugleich auch staatlichen Ordnung war<br />

seit ca. 200 v. u. Z. das kaiserliche <strong>Musik</strong>-Amt (yüeh-fu) zuständig, das formell bis zum Ende der Ts'ing-<br />

Dynastie im Jahr :19:12 bestand.<br />

Wie die chinesische yüeh weit mehr als nur das Erklingende einschließt, stellt auch die musike<br />

im klassischen Griechenland eine Dimension dar, in der <strong>Musik</strong>alisches auf das engste mit kultischreligiösen<br />

und ethisch-gesellschaftspolitischen Inhalten verbunden ist. Fast selbstverständlich konnte<br />

daher Platon (427-347 v. u. Z.), der entscheidende Repräsentant der antiken Ethoslehre, die<br />

Wirkungen von <strong>Musik</strong> und die Entwicklung des Menschen in Beziehung setzen. Aus dieser Beziehung<br />

leitete er eine besondere Bedeutung der <strong>Musik</strong> für das Staatswesen und vor allem für die Erziehung der<br />

Jugend ab. Tonarten, Zeitmaße (Rhythmen), Instrumente und musikalische Gattungen wurden nach ihrer<br />

ethisch-erzieherischen Wirksamkeit skaliert, staatsgefährdende ausgeschieden (...).<br />

Für Aristoteles (384-322 v. u. Z.) zielt die staatliche Erziehung der Jugend nicht mehr allein<br />

auf die Einübung in staatskonforme Tugenden, sondern auch auf die sinnvolle Freizeitgestaltung (Muße).<br />

Hier trägt die «genussbereitende» <strong>Musik</strong> Zur Selbst-Bildung des sich im Staat verwirklichenden<br />

Menschen bei.<br />

Im deutschen Idealismus des angehenden :19. Jahrhunderts erlangt die <strong>Musik</strong>, da sie «am<br />

tiefsten in die Seele zu dringen» vermag (Herder, 1803), erste pädagogische Priorität bei der<br />

Humanisierung des Menschen: «Mit Recht ist Orpheus' Leier unter die Sterne versetzt; sie hat mehr getan<br />

als Herkules´ Keule; sie macht den Unmenschen menschlich ; (zit. nach Abel-Struth, :1985,)'<br />

Diese Form von Menschenbildung, der Bildung von Individualität <strong>durch</strong> <strong>Musik</strong>, wird exemplarisch in<br />

Goethes «pädagogischer Provinz» dargestellt. Der hier meist erstaunlich reglementierte Weg einer<br />

<strong>Musik</strong>erziehung als Ausgangsbasis für eine planvolle Erziehung zur Selbsttätigkeit geht in der Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts in einer wissenschaftlich begründeten <strong>Musik</strong>pädagogik auf .<br />

In den 2oer Jahren unseres Jahrhunderts aus der Jugendbewegung entwickelte sich die Idee der musischen<br />

Erziehung. Sie zielt auf eine Ganzheit der Künste, in deren Rahmen «<strong>Musik</strong> zur Beseelung, nicht<br />

zur Versittlichung dient. Nach Adorno bildet die <strong>Musik</strong> in der musischen Bewegung ein „sanktioniertes<br />

Schutzgebiet von Irrationalität“. Hier sind, unter dem Deckmantel des <strong>Musik</strong>antischen und<br />

Antiintellektuellen, Gemeinsamkeiten mit dem Faschismus nachweisbar. Alle Konzeptionen einer<br />

Erziehung <strong>durch</strong> <strong>Musik</strong> sind letztlich und vorrangig geprägt von Selektion und Ausgrenzung. Sie basieren<br />

mehr oder weniger offen auf einer Zensurierung der in der jeweiligen Zeit praktizierten <strong>Musik</strong>en<br />

nach dem Kriterium von gut und schlecht.<br />

Auch der musische Bildungsgedanke ist – mit mancherlei Varianten – dieser Auffassung verpflichtet.<br />

Ein tiefgreifender Wertewandel seit Beginn unseres Jahrhunderts lässt allerdings eine Trennung<br />

in gute und schlechte, zur Erziehung taugliche und untaugliche <strong>Musik</strong> so ohne weiteres nicht mehr zu.<br />

Darüber hinaus hat der Nationalsozialismus (in aller Schärfe z. B. in Arbeits- und Konzentrationslagern;<br />

s. John, 1991) gezeigt, dass brutalste Inhumanität und im traditionellen Sinn als gut verstandene <strong>Musik</strong><br />

einander keineswegs auszuschließen brauchen. So fragwürdig damit der Gedanke an die Möglichkeit<br />

einer Persönlichkeitserziehung <strong>durch</strong> «gute» <strong>Musik</strong> auch geworden ist, so sicher lässt sich doch sagen,<br />

dass jeder Umgang mit <strong>Musik</strong> zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt.<br />

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