Auf dem Weg zu einer Kartographie der Literaturübersetzung ... - Petra
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Peter Bergsma _ Überset<strong>zu</strong>ng und Markt (betrachtet aus <strong>der</strong> öffentlichen Perspektive)25sehen sie sich mit <strong>einer</strong> Verarmung des literarischen Angebots konfrontiert, beson<strong>der</strong>s, wenn sienicht aus <strong>dem</strong> Englischen übersetzen. Aber gleichzeitig droht, so paradox es auch klingen mag,ein internationaler Übersetzermangel infolge <strong>der</strong> Vergreisung dieser Berufsgruppe.Zusammengefasst steht <strong>der</strong> internationale Überset<strong>zu</strong>ngsmarkt also vor folgenden Problemen:––Eine Verarmung des literarischen Angebots infolge <strong>der</strong> Bestsellerkultur––Zunehmen<strong>der</strong> Arbeitsdruck für LiteraturübersetzerInnen, beson<strong>der</strong>s aus <strong>dem</strong> Englischen,kombiniert mit <strong>einer</strong> völlig un<strong>zu</strong>reichenden Stellung und Bezahlung––Ein drohen<strong>der</strong> Mangel an LiteraturübersetzerInnen in naher ZukunftEs folgen einige Empfehlungen, teilweise mit Beispielen <strong>zu</strong> Best Practices aus <strong>dem</strong> Verlagsbereich,die einen Beitrag <strong>zu</strong>m Erhalt und <strong>zu</strong> noch größerer Blüte <strong>der</strong> europäischenÜberset<strong>zu</strong>ngskultur liefern können, wenn sie regional, national und europäisch realisiertbeziehungsweise ausgeweitet und intensiviert werden.För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> VielfaltNatürlich sind an erster Stelle die Verlage selbst aufgerufen <strong>der</strong> Verarmung literarischer Vielfaltentgegen<strong>zu</strong>steuern. Aber lei<strong>der</strong> sind vor allem die großen internationalen Verlage, die ausgrenzübergreifenden Fusionen entstanden sind, im Bereich <strong>der</strong> Literatur schon lange keineTrendsetter mehr, son<strong>der</strong>n sie folgen auf Anweisung ihrer financial controllers viel stärker <strong>dem</strong>Markt. Und dieser Markt, o<strong>der</strong> das Publikum, interessiert sich immer stärker für die angelsächsischeKultur und damit Literatur. Dieser Trend ist seit den siebziger Jahren des letztenJahrhun<strong>der</strong>ts <strong>zu</strong> beobachten. Darum ist es ein glücklicher Umstand, dass es in vielen Län<strong>der</strong>nLiteraturfonds gibt, die den Verlagen – und damit auch den Übersetzern – bei ihrem kulturellen<strong>Auf</strong>trag behilflich sind. Die meisten dieser Stiftungen beschäftigen sich bisher jedochhauptsächlich mit <strong>dem</strong> Export ihrer eigenen Literatur, in<strong>dem</strong> sie ausländischen Verlagen Überset<strong>zu</strong>ngs<strong>zu</strong>schüssegewähren. Zu<strong>dem</strong> vergibt ein Fonds <strong>der</strong> Europäischen Kommission Überset<strong>zu</strong>ngs<strong>zu</strong>schüssean Verlage. So sinnvoll diese Zuschüsse auch sind, sie folgen streng <strong>dem</strong>Markt, denn sie schließen sich <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Verlage an, die, wie oben festgestellt, selbst ehermarktkonform handeln statt eine Vorreiterrolle <strong>zu</strong> übernehmen. Aus diesem Grund liegen inden europäischen Buchhandlungen immer häufiger dieselben übersetzten Titel, wie auch inden Einkaufsstraßen immer häufiger Filialen <strong>der</strong>selben Kette eröffnen. Der Ne<strong>der</strong>lands Letterenfondshat 2010 die Initiative ergriffen und die Website Schwob eingerichtet, um diesenKreislauf <strong>zu</strong> durchbrechen. Die Website www.schwob.nl , benannt nach <strong>dem</strong> französischenSchriftsteller, Essayisten und Übersetzer Marcel Schwob,. stellt bedeutende Literatur aus allerHerren Län<strong>der</strong> vor, die noch nicht in nie<strong>der</strong>ländischer Überset<strong>zu</strong>ng vorliegt. Dabei kann es sichum vergessene Klassiker handeln o<strong>der</strong> um unentdeckte zeitgenössische Autoren. Übersetzer,ausländische Verlage, Literaturwissenschaftler, Leser und Kritiker stellen in Essays, Interviewso<strong>der</strong> Buchbesprechungen sowie durch Überset<strong>zu</strong>ng von Fragmenten jeden Monat einen Titelausführlich ins Rampenlicht. Da<strong>zu</strong> kommen Informationen <strong>zu</strong> <strong>Auf</strong>lagezahlen, Preisen, ausländischenZuschussmöglichkeiten und <strong>zu</strong> den Lizenzen. Nie<strong>der</strong>ländische Verlage können sich anden Letterenfonds wenden und einen Zuschuss von bis <strong>zu</strong> siebzig Prozent <strong>der</strong> gesamten Veröffentlichungskostenbeantragen, um das finanzielle Risiko <strong>der</strong> Veröffentlichung <strong>einer</strong> neuenliterarischen Überset<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> verringern. Diese Initiative will ausdrücklich keinen Schutzraumfür ungeliebte Bücher schaffen, son<strong>der</strong>n hochwertiger Literatur eine realistische kommerzielleChance bieten. Ebenso wenig soll so das Vorgehen von Literaturverlagen gesteuert o<strong>der</strong>gar diktiert werden, es geht ausschließlich darum, den literarischen Horizont <strong>zu</strong> erweitern.Zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> literarischen Vielfalt verdient diese Initiative Nachfolger, sowohl auf nationalerals auch auf europäischer Ebene.