RUBITEC perfekt - Ruhr-Universität Bochum
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Foto: Sponheuer<br />
4 RUBENS<br />
“Taschenfläschchen<br />
für Hustende”<br />
”Blauen Heinrich” nennt die<br />
ungebildete Frau Stöhr den<br />
Apparat in Thomas Manns<br />
Roman “Zauberberg”, in dem der<br />
Literat die Welt in einer Tuberkuloseheilstätte,<br />
einem geschlossenen<br />
Patientenkollektiv, beschreibt.<br />
Hans Castorp reagiert auf Frau<br />
Stöhrs Ausspruch mit Schrecken<br />
und Lachreiz zugleich. Während<br />
ihre ungehobelte Ausdruckweise<br />
wohl Grund für den Lachreiz war,<br />
sorgte die Funktion des “Blauen<br />
Heinrich” für den Schrecken. Den<br />
10,5 cm hohen Apparat, dessen<br />
Körper aus blauem Glas gefertigt<br />
ist und der mit seinem metallenen<br />
Deckel und Boden einen fast ästhetischen<br />
Eindruck hinterläßt,<br />
benutzten im “Zauberberg” die<br />
Tuberkulosekranken, um ihr infektiöses<br />
Sputum aufzufangen und<br />
zu verwahren. In Fachkreisen<br />
nannte man den ”Blauen Heinrich”<br />
daher ”Taschenfläschchen<br />
für Hustende”. Für Castorp war es<br />
eine stete Erinnerung an sein Leiden,<br />
das die Heilkundigen zu seiner<br />
Zeit besonders mit Klimakuren,<br />
z.B. in Davos, behandelten.<br />
Medikamente wie Streptomycin,<br />
die gegen den Erreger direkt wirken,<br />
kamen erst Mitte des 20.<br />
Jahrhunderts auf den Markt.<br />
Sicheres Spucken<br />
Peter Dettweiler, Dirigent an der<br />
Lungenheilanstalt zu Falkenstein<br />
im Taunus, hatte das Taschenfläschchen<br />
1889 auf dem 8. Kongreß<br />
für Innere Medizin in Wiesbaden<br />
der Ärzteschaft vorgestellt, wenige<br />
Jahre nachdem Robert Koch<br />
(1882) den Erreger der Tuberkulose<br />
entdeckt hatte. Dettweiler entwickelte<br />
den Apparat mit Hilfe von<br />
Technikern der Firma Noelle &<br />
Co. in Lüdenscheid, die ihn zum<br />
Anzeige Bodegas<br />
2sp/55<br />
serie<br />
Medizinhistorische<br />
Sammlung<br />
Preis von ”1 Mark 50” vertrieb.<br />
Versuche aus den frühen 1880er<br />
Jahren waren zuvor fehlgeschlagen,<br />
da andere Techniker seine<br />
Ideen nicht in die Praxis umsetzen<br />
konnten. Durch die Forschungen<br />
von Georg Cornet, der die Infektionsgefahr<br />
durch den Auswurf Tuberkulosekranker<br />
statistisch bewiesen<br />
hatte, ließ sich der Kliniker<br />
zu einem erneuten Versuch motivieren:<br />
die Innovation war von interdisziplinärer<br />
Zusammenarbeit<br />
abhängig. Dettweiler forderte in<br />
seinem Wiesbadener Vortrag mit<br />
großem Engagement, seine Erfindung<br />
allgemein einzusetzen. Er<br />
betrachtete es als eine ”heilige<br />
Pflicht”, ”jedem Hustenden (denn<br />
man kann nie im voraus wissen,<br />
wann der Auswurf beginnt, gefahrdrohend<br />
zu werden) den Gebrauch<br />
dieses einfachen, billigen Gerätes”<br />
vorzuschreiben, statt ”seinen Auswurf<br />
in sein Taschentuch oder,<br />
was bis jetzt als das Wohlerzogendste,<br />
weil die Sinne am wenigsten<br />
beleidigende galt, auf den<br />
Fußboden zu deponieren und in<br />
unserem Sinne damit unreinlich<br />
d.h. sich und Anderen gefährlich<br />
zu sein.”<br />
Die Konstruktion des ”Blauen<br />
Heinrich” knüpft nicht nur farblich<br />
an alte Tintenfässer an. Wie bei einigen<br />
dieser Gefäße reicht ein<br />
Trichter in die Tiefe des Glaskörpers,<br />
ungefähr bis zur Mitte. Er sichert<br />
den unappetitlichen und gefährlichen<br />
Inhalt: Selbst wenn der<br />
Deckel nicht geschlossen wird und<br />
der ”Blaue Heinrich” umkippt, ergießt<br />
sich der Inhalt nicht nach<br />
Außen - solange die Flasche maximal<br />
halb gefüllt ist. Durch den abschraubbaren<br />
Boden ließ man das<br />
Sputum aus dem Glaskörper ab,<br />
den man anschließend reinigte,<br />
etwa mit 5%iger Karbollösung.<br />
Dr. med. Stefan Schulz<br />
“Wir sparen watt”<br />
Eine Gemeinschaftsaktion, bei<br />
der alle Studierenden und Angestellten<br />
der RUB zum Mitmachen<br />
ermuntert werden, hat das Energiesparforum<br />
ins Leben gerufen. Mit 10<br />
einfachen Energiespartips regen die<br />
Initiator/innen einen sensibleren<br />
Umgang mit der Energie an und<br />
wollen aufzeigen, daß auch kleine<br />
Schritte, die für den einzelnen wenig<br />
Mühe bedeuten, eine große Wirkung<br />
haben können. So ist das angestrebte<br />
Ziel des gemeinsamen<br />
Energiesparens im Sommersemester<br />
50 Megawattstunden. Dies entspricht<br />
der jährlichen Energieversorgung<br />
einer kleinen Neubausiedlung.<br />
Die Idee für das Projekt wurde in einer<br />
Untergruppe des Energiekreises<br />
der Stadt <strong>Bochum</strong> entwickelt, in der<br />
auch Mitarbeiter/innen der RUB<br />
vertreten sind. Ausgehend von der<br />
Erkenntnis, daß es wichtig ist, mit<br />
Verhaltensänderungen zuerst bei<br />
sich selbst und dem eigenen Umfeld<br />
anzufangen, bildete sich aus dieser<br />
Gruppe das Energiesparforum der<br />
RUB. Dies ist ein offener Kreis von<br />
Personen aus Verwaltung, Wissenschaft<br />
und Studierendenschaft, die<br />
den Energiespargedanken fördern<br />
und dazu anregen wollen, durch<br />
Veränderungen im Nutzungsverhalten<br />
den alltäglichen Energieverbrauch<br />
zu reduzieren.<br />
Durch relativ einfache Verhaltensänderungen<br />
(z. B. Abschalten des<br />
Standby-Betriebs des Fernsehers)<br />
können zwischen 10 und 40 Kilowattstunden<br />
im Monat gespart werden;<br />
das entspricht etwa 5 Prozent<br />
Foto: Nettekoven<br />
Die 13 Millionen-Einwohner-<br />
Metropole Schanghai ist im<br />
Winter nicht besonders heimelig:<br />
Temperaturen um den Gefrierpunkt;<br />
es ist naß- und fußkalt.<br />
Gewürzt wird das Ganze durch die<br />
eher politisch als klimatisch zu<br />
rechtfertigende Entscheidung, daß<br />
Gebäude südlich des Yangtse keine<br />
Heizung haben dürfen. Ansonsten ist<br />
die Stadt von Bauaktivitäten und<br />
wirtschaftlichen Brückenköpfen der<br />
Global Players geprägt. Problemlos<br />
erhält man ein interessantes Büro<br />
im 45. Stock eines Gebäudes in<br />
Flughafennähe. Auf diesem Sektor<br />
existiert derzeit ein Überangebot.<br />
Ganz im Stile der Zeit unterhält unsere<br />
Partneruni in Schanghai, die<br />
Tongji-<strong>Universität</strong>, auf ihrem Campus<br />
das „German Center“. Das Center<br />
war im Februar Schauplatz der<br />
feierlichen Eröffnung des Chinesisch-Deutschen<br />
Hochschulkollegs,<br />
einer Ausbildungseinrichtung, die<br />
gemeinsam von der Tongji-Uni, den<br />
deutschen Partnerhochschulen, dem<br />
Deutschen Akademischen Austauschdienst<br />
- DAAD - und der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft -<br />
DFG - unterhalten wird.<br />
Das Kolleg, das derzeit Aufbau-<br />
1.Aktion des Energiesparforums<br />
des Verbrauchs eines durchschnittlichen<br />
Haushaltes. Gemeinsam mit<br />
der Verbraucherzentrale und den<br />
Stadtwerken <strong>Bochum</strong> sind 10 Spartips<br />
entwickelt worden, die sich auf<br />
Situationen an der Uni und zu Hause<br />
beziehen. Hierbei handelt es sich<br />
um die Veränderung alltäglicher Gewohnheiten<br />
oder um kleine technische<br />
Lösungen (wie der Ersatz der<br />
Glühbirnen durch Energiesparlampen).<br />
Persönliche Kommunikation<br />
Diese Tips sollen durch persönliche<br />
Kommunikation weitergegeben<br />
werden. Dazu sollen sog. Multiplikator/innen<br />
auf unterschiedlichen<br />
Ebenen tätig sein. Sie geben die<br />
Tips weiter und regen an, sich aus<br />
den 10 Vorschlägen einfache und effiziente<br />
Verhaltensänderungen auszusuchen.<br />
Die angesprochenen Personen<br />
verpflichten sich auf einer<br />
Rückmeldekarte dazu, für die Dauer<br />
des Sommersemesters 1998 die ausgewählten<br />
Tips umzusetzen.<br />
Durch Rückmeldung dieser Selbstverpflichtungen<br />
an die Koordinationsstelle<br />
der Aktion werden die eingesparten<br />
Kilowattstunden summiert<br />
und regelmäßig veröffentlicht.<br />
Somit können alle, die sich an der<br />
Aktion beteiligen, nachvollziehen,<br />
wieviel gemeinsam eingespart wird<br />
und wie groß die Annäherung an<br />
das Gemeinschaftsziel ist. Eine direkte<br />
Messung der eingesparten Energie<br />
ist aus verschiedenen Gründen,<br />
zum Beispiel der Streuung der<br />
Besuch im German Center<br />
studiengänge in Maschinenbau<br />
(Automasierungstechnik), Rechtsund<br />
Wirtschaftswissenschaften (Versicherungsrecht)<br />
und Deutsch als<br />
Fremdsprache sozusagen als Nebenfach<br />
anbietet, hat bei seiner förmlichen<br />
Eröffnung bereits die erste Generation<br />
Studierende zum Abschluß<br />
geführt. Sechs Stiftungslehrstühle<br />
werden durch deutsche Unternehmen<br />
finanziert. Die Wissenschaftlermobilität<br />
aus Deutschland finanziert<br />
der DAAD, die Räumlichkeiten stellt<br />
die Tongji, die CIP-Rechnerinsel<br />
stiftete Siemens, Bücher stammen<br />
von weiteren deutschen Partnern.<br />
RUB koordiniert mit<br />
Aus der Taufe gehoben wurde das<br />
„German Center“ bei einem Besuch<br />
des Bundeskanzlers anläßlich seiner<br />
Ernennung zum Professor der Uni<br />
ehrenhalber im Jahre 1993. Eine<br />
unter Leitung des Auswärtigen Amtes<br />
stehende Delegation beschäftigte<br />
sich mit der Machbarkeit. Von deutscher<br />
Seite wurde Prof. Sund,<br />
Gründungsrektor der Uni Konstanz,<br />
zum DAAD-Beauftragten benannt.<br />
Zusammen mit der Präsidentin der<br />
1. April 1998<br />
Wohnorte der RUB-Mitglieder, nicht<br />
möglich. Wissenschaftliche Untersuchungen<br />
haben aber gezeigt, daß<br />
eine hohe Übereinstimmung zwischen<br />
Selbstverpflichtung und tatsächlichem<br />
Verhalten besteht. Hierzu<br />
wird begleitend eine vom<br />
Wissenschaftsministerium NRW geförderte<br />
wissenschaftliche Evaluation<br />
durch die Arbeitseinheit Kognitions-<br />
und Umweltpsychologie (Fakultät<br />
für Psychologie) durchgeführt.<br />
Eine Kernidee der Aktion besteht<br />
auch darin, daß Multiplikator/innen<br />
bestimmte Kontingente an einzusparender<br />
Energie übernehmen, die sie<br />
an andere Personen weitergeben. So<br />
können Dozent/innen oder Studierende<br />
in Veranstaltungen oder die<br />
Mitarbeiter/innen in ihrem Kollegium<br />
Teilnehmende für die Aktion<br />
werben. Kontingente von insgesamt<br />
fünf Megawattstunden sind schon<br />
vom Ökoreferat des AStA, von der<br />
Arbeitseinheit Kognitions- und Umweltpsychologie,<br />
dem Baudezernat<br />
und dem Lehrstuhl für Nukleare<br />
und Neue Energien (NES) übernommen<br />
worden. Auch Rektor und<br />
Kanzler unterstützen die Aktion.<br />
Angesprochen sind jetzt alle Mitglieder<br />
der RUB, als Einsparer/innen<br />
oder Multiplikator/innen an der Aktion<br />
mitzuwirken. Die Koordinationsstelle<br />
zur Abrufung der Tips und<br />
Rückmeldung der Selbstverpflichtungen<br />
ist GAFO 02/381 (Tel. 700-<br />
2678, Fax 7094-308). Ansprechpartnerin<br />
ist Ramona Kielmann, montags<br />
bis donnerstags von 9 bis 13<br />
Uhr. Energiesparforum<br />
Straßenszene aus<br />
Shanghai<br />
Shanghai can be cold in winter<br />
Tongji <strong>Universität</strong>, Prof. Wu Qidi,<br />
und vielen anderen etablierte Sund<br />
nach intensiven Verhandlungen diese<br />
in ihrer Art einzigartige Einrichtung.<br />
Die RUB koordiniert die Fächer<br />
Maschinenbau (Prof. Dr.-Ing.<br />
Wolfgang Maßberg) und die Aktivitäten<br />
zu „Deutsch als Fremdsprache“<br />
(Dr. Heidrun Stratmann). Auf<br />
längere Sicht soll das Kolleg auch<br />
Drehscheibe für deutsche Promovenden<br />
werden, die sich mit einem<br />
chinesischen Thema befassen.<br />
Allein elf Reden gab es bei der Eröffnung<br />
des Kollegs. Die eindrucksvollste<br />
kam vom Alt- und Ehrenpräsidenten<br />
der Uni, Prof. Li<br />
Guohao, einem Bauingenieur, der<br />
große Teile seines Lebens in Deutschland<br />
zugebracht hat und der eine<br />
der Schlüsselfiguren für das Bekenntnis<br />
der Tongji zur deutschen<br />
Sprache und Wissenschaft darstellt.<br />
Li ist 86 Jahre alt, erfreut sich bester<br />
Gesundheit und erstaunte seine Zuhörer<br />
durch sein sehr idiomatisches<br />
und fast akzentfreies Deutsch.<br />
Ganz nach der chinesischen Weisheit,<br />
daß im Menü des Lebens die<br />
Bildung das Festmahl ist und die<br />
Wissenschaftler die Leckerbissen.<br />
Guten Appetit ! Manfred Nettekoven