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Mogadischu - Schauspiel Stuttgart

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schauspielstuttgartmogadischu fensterplatzschauspielstuttgartmogadischu fensterplatzdas Hin- und Hergerissensein zwischen Hoffnung und Verzweiflung, derVersuch zu verstehen, in welchem Spiel sie zur Schachfigur, aus einerZzuschauerin zur unmittelbar Betroffenen geworden ist – wer überhauptdie Spieler sind, bestimmen die Reflexionen der Ich-Erzählerin, die akribischdie Stationen und Erlebnisse des gewaltsam verordneten Flugs überdie Kontinente notiert. »Warum ich, warum ausgerechnet ich?«Immer wieder treibt sie die Frage um, wer ihre Gegner, wer ihre Verbündetensind. Und bis zum Schluss, bis zur letztendlichen Befreiung istsie sich ihrer Antwort darauf nicht sicher. Am Ende scheint es sogar, alshaben Entführer und Befreier das gleiche Gesicht.Auf der Bühne erhalten (im Unterschied zum Roman) verschiedene PersonenStimme, sie alle sind direkt oder indirekt mit den Ereignissen imFlugzeug verknüpft. Es sind Überlebende und Tote, es sind Täter undOopfer. Aus der fiktiven Jetztzeit taucht jede der Figuren in die Vergangenheitein und spielt Erfahrungen von damals durch.Erneut werden die Passagiere von 1977 zum Verhandlungsgegenstand;hineingeworfen in eine unberechenbare Situation, die das Grundvertrauenin die Welt erschüttert. Ein weiteres Mal begibt sich ein Regierungsvertreterauf eine riskante Abenteuerexpedition (mit glücklichem Ausgang),kämpft ein Entführer um die Akzeptanz seiner Forderungen und erinnerteine Ex-Terroristin den Weg ihrer Radikalisierung.»Was uns geschah, war die Erbschaft des Terrors, der den Palästinensernvon den Juden angetan worden war, der Terror der Juden wiederum wargeerbt vom Terror der Nazis, war ein Teil jener rücksichtslosen Selbstbehauptung,moralisch gedeckt nach alldem, was die Nazis ihnen angetanhatten. Da war ich wieder bei unseren Vätern, Großvätern. Wo keineLogik und kein Sinn und keine Humanität mehr zu finden sind, da landenwir bei den Vätern und Großvätern. Ich verfluchte mich, weil ich zuwenig wußte von der Geschichte und den Motiven unserer Naziväter, ichverfluchte sie und war ihnen dankbar, denn nun hatte ich endlich diepassenden Feinde gefunden, die ich haftbar dafür machen konnte, daßwir in diesen Kreislauf hineingezogen wurden,« notiert Andrea Boländer,Delius’ Hauptfigur, während ihres Horrortrips. Unversöhnlich stehen dieverschiedenen Positionen nebeneinander. Es gibt keine offenen Wundenmehr, aber Narben. Phantomschmerz ist auch Schmerz!Eingeschlossen in einen Bühnenraum kann keiner dem anderen, demFeind, dem Freund aus dem Weg gehen. Gemeinsam sind alle für dieDdauer eines Theaterabends zum Erinnern gezwungen …beate seidels: 8 ˚s: 9 ˚

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