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Mogadischu - Schauspiel Stuttgart

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schauspielstuttgartmogadischu fensterplatzschauspielstuttgartmogadischu fensterplatzin seinem off the record gesprochenen Satz über Andreas Baader in genialerKürze so ausgedrückt: »Ich habe ihn geliebt.« Von Baader wiederum sinddie Worte des Respekts gegenüber Herold überliefert. Es gab also, bei allenGegensätzen, ein symbiotisches Verhältnis der RAF mit ihrem Gegner. Erst dieErmordeten und die Selbstmörder des Jahres 1977 und der Befreiungsschlagder GSG 9 machten der Symbiose ein Ende. Das Gegenteil von Symbioseist Identität. Die fand der Staat durch Helmut Schmidts Entscheidung, derErpressung nicht nachzugeben – und in der Nacht von <strong>Mogadischu</strong>. Baader,Ensslin, Raspe, indem sie die Bühne räumten – mit Wissen und Duldung geheimerDienste, wie Stefan Aust in seinem »Baader Meinhof Komplex« andeutet.Und die Entführer Schleyers dadurch, daß sie selbst in der Niederlage nichtsals schäbige Mörder waren. Die Blicke des Opfers Schleyer sind Symbol geblieben.Sie sagen mir: Ihr seid schuld, ihr alle, aber ich bin es auch. Die düstereGeschichte der RAF mit dem Höhepunkt ihres Kampfes gegen den Staat 1977wird vor der Folie der deutschen Geschichte nicht heller, eher noch gespenstischer.Es ist oft und zu Recht behauptet worden, daß zumindest die erste,auch die zweite Generation der RAF aus Wut gegen die Verbrechen und dasMitläufertum der Väter agierte. Die RAF wollte, soviel ist sicher, alles andere alsFaschismus, das aber mit Gewalt. Dieser Falle konnte sie nie entrinnen. IhreBomben lösten nicht ein einziges Problem, sondern produzierten neue. Fixiertauf das »Probieren« von Gewalt, vergaßen sie, daß Faschismus da anfängt, woSätze fallen wie diese: »Wir sagen natürlich, Bullen sind Schwei ne, wir sagen,der Typ in Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir unsmit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden,und es ist falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kanngeschossen werden.«Die Reduktion der Sprache spiegelt die Reduktion der Wahrnehmung: »DieKnarre spricht.« Aus den Parolen »Mensch oder Schwein« und »Alles auf denBegriff Haß bringen« folgte logisch die Kriegserklärung an alle Feinde undSkeptiker. Wer »Krieg« sagte, den Krieg erklärte, mußte damit rechnen, daßein solcher innerstaatlicher Krieg nur verloren werden konnte.Man wird dem Publizisten Walter Boehlich zustimmen müssen, der kurznach der Entführung (Schleyers – B.S.) einen hellsichtigen Essay unter demTitel »Schleyers Kinder« publizierte. Zentrales Motiv, so Boehlich, war derHaß auf Väter, auf Männer wie Schleyer, die trotz ihrer aktiven Beteiligungam Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Karriere machen und auf diewichtigsten Posten der Wirtschaft aufrücken konnten. Selbst wenn der Haßnur Vorwand gewesen sein sollte, symbolischen Effekt hatte er mindestens.Im Jahr 1977 spielte Joachim Fests Film mit dem schmissigen Titel »Hitler– eine Karriere« zehn Millionen Mark ein, publizierte der »stern« stolz dieGoebbels-Tagebücher – und der Naziverbrecher Kappler wurde mit Hilfe vonGesinnungsfreunden aus einem römischen Gefängnis befreit, was hierzulandekaum für Aufregung sorgte. In dieser Situation war die Entführung HannsMartin Schleyers ein doppeltes Politikum. Es galt ja nicht nur die Devise desKrisenstabs: Hinhalten, nicht erpressen lassen, befreien, Leben retten. In denMedien galt gleichzeitig die Parole, die noch weniger ausgesprochen wurde:Maschine und bleibt eine dreiviertel Stunde weg. Alser endlich zurückkehrt, wird er als Verräter vonAkache exekutiert. Seine Leiche bleibt stundenlangim Gang des Flugzeugs liegen und wird später wegendes Leichengeruchs in einen Schrank entsorgt.s: 30 ˚⁄›› Die Maschine fliegt nach <strong>Mogadischu</strong>/Somalia. Hier endlich gelingt esder bundesdeutschen Regierung über ihren Vertreter Hans Jürgen Wischnewskiden Einsatz der GSG 9 zur Befreiung der Geiseln zu verhandeln. Die Entführer,die schon dabei sind, die Sprengung des Flugzeugs vorzubereiten,weil alle Ultimaten abgelaufen sind, können bis zum Beginn der »Aktions: 31 ˚

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