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In einem Land vor unserer Zeit - Allianz

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DEUTSCH-LAND<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Poker und Pferdewetten waren seine Leidenschaft, dochein Händchen hatte er weder für das Eine, noch das Andere.Gelegentlich bot er seine junge Frau als Pokereinsatz an –und mehr als einmal hat er auch die verloren. Doch es wareine andere Geschäftsidee, die den Mann schließlich <strong>vor</strong>Gericht brachte – Versicherungsbetrug. Die Masche warsimpel: Zwei Autos, beide vollkaskoversichert, begegnen sichabends auf einer abgelegenen <strong>Land</strong>straße und schrammenin einer engen Kurve aneinander <strong>vor</strong>bei. Weit und breit keineZeugen, Schaden in diesem Fall 14 000 Euro.Eric Beckmann, Leiter der Betrugsabwehr für die <strong>Allianz</strong>Region Nordwest, hatte den Fall auf dem Tisch. Über dieJahre hat der Schadenexperte ein Gespür dafür entwickelt,ob eine Unfallschilderung plausibel klingt oder nicht. Unddie hier deutete geradezu exemplarisch auf eine arrangierteKollision hin. »Gerade bei Kfz-Unfällen gibt es einige typischeMerkmale, bei denen wir hellhörig werden«, erklärt Beckmann.Ort und <strong>Zeit</strong> der Kollision spielen da eine Rolle undauch das Alter der Beteiligten. Meist wurde das Fahrzeug des»Geschädigten« weniger als 100 Tage <strong>vor</strong> dem Unfall zugelassen,es sind lediglich Blechschäden entstanden, die sichrelativ leicht reparieren lassen und die bar nach Gutachtenbeglichen werden sollen. Das alles sind keine Beweise, aberdoch starke <strong>In</strong>dizien. Beckmann schaute also genauer hinund er wurde fündig. <strong>In</strong>zwischen befasst sich der Staatsanwaltmit der Sache. Die beiden Unfallbeteiligten hatten nochneun weitere Schadenfälle laufen.Pro Jahr zahlen die deutschen Schaden- und Unfallversichererrund 42 Milliarden Euro für gemeldete Schäden aus.Ein Zehntel davon fällt laut Schätzungen des GDV in dieKategorie Versicherungsbetrug – gut vier Milliarden Euro.Entweder wird der Schaden mutwillig herbeigeführt, ist freierfunden, oder es wird bei der Schadenhöhe nachgeholfen.<strong>In</strong> <strong>In</strong>ternet-Foren kann man sich über die besten Tricks eingehendinformieren. Bei gut <strong>einem</strong> Fünftel der Bevölkerunggilt diese Art der Abzocke als Kavaliersdelikt – quer durchalle gesellschaftlichen Schichten. Bei Frauen und Männerngleichermaßen, im Süden um einiges mehr als im Norden,in Städten mehr als auf dem <strong>Land</strong>.Dieses Gefälle stellt auch Eric Beckmann in s<strong>einem</strong> Einzugsgebietfest: »<strong>In</strong> den ländlichen Regionen spielt das ThemaVersicherungsbetrug eine deutlich geringere Rolle«, sagt er.»Doch die Anonymität der Städte trägt offensichtlich dazubei, dass dort die Hemmschwelle sinkt.« Besonders tiefscheint sie bei technischen Geräten zu liegen. <strong>In</strong> einer GDV-Untersuchung von mehr als 1000 gemeldeten Laptopschädenstellten sich 36 Prozent als Betrug heraus. Weitere neunProzent der Anspruchsteller machten einen Rückzieher,nachdem ihre Versicherung eine eingehende Begutachtungangekündigt hatte.Kein Wunder, dass die Branche angesichts solcher Zahlendie Betrugsabwehr auf breiter Front ausbaut. Bei der <strong>Allianz</strong>werden zweifelhafte Fälle, die zum Teil bereits anhandbestimmter Merkmale vom Computer herausgefiltert werden,inzwischen von so genannten Bestandspflegegruppenübernommen. Und deren Trefferquote ist beachtlich. »Bei70 Prozent der Vorgänge, die noch mal genauer geprüftwerden, stoßen unser Spezialisten auf Betrug«, sagt EricBeckmann. Was nicht unbedingt heißt, dass der Rest völligkoscher ist. Nur fehlt dort der letzte Beweis.Auf Detekteien, bis letztes Jahr noch eine übliche Aufklärungsschiene,greift der Schadenspezialist inzwischen nicht mehrzurück. »Wir verfügen mittlerweile in jedem Betriebsgebietüber eigene Ermittler, die ausschließlich für unsere Betrugsabwehrgruppentätig sind«, erläutert er die neue Strategie.Einer seiner Leute war früher bei der Kripo Düsseldorf, »füruns die Optimalbesetzung«, so Beckmann.Von den vier Milliarden Euro, die die deutsche Assekuranzpro Jahr für fingierte Schäden überweist, entfallen alleinzwei Milliarden auf die Kfz-Versicherung. »Da gibt es kriminelleGruppen, die beschäftigen sich mit nichts anderem«,berichtet Christian Röttgermann vom Fachbereich Schadender <strong>Allianz</strong> Deutschland in München. »Und beide Seiten,sowohl wir als auch die Betrüger, arbeiten daran, immerbesser zu werden.«Shutterstock<strong>In</strong>zwischen winken die Versicherungsunternehmenauch nicht mehr sämtliche Kleinschäden durch, diebisher ohne Plausibilitätsprüfung ausgezahlt wurden.Denn gerade die kleineren Betrügereien schlagen in derSumme enorm zu Buche. »Bei Brillen-, Handy- und Laptopschädensind wir mit einer Flut an Betrugsversuchen konfrontiert«,sagt Eric Beckmann. »Um ihrer überhaupt Herr zuwerden, haben wir in unseren Sachschadengruppen eigeneArbeitsabläufe geschaffen.«Für alles, was nicht unter die Rubrik Massenbetrug fällt, sindinzwischen die Bestandspflegegruppen zuständig. So auchfür den Verlust der wertvollen Halskette, die der Pokerfanvom Anfang <strong>unserer</strong> Geschichte seiner neuen Freundin imFreibad versehentlich vom Hals gerissen hatte. So schilderteer es jedenfalls in seiner Schadenanzeige. Das Erbstück seivon der Filteranlage aufgesogen worden oder trotz aufwändigerRettungsversuche nicht mehr aufgetaucht. Wie es derZufall will, hatte er wenige Wochen <strong>vor</strong> dem Missgeschicknoch eine Expertise fertigen lassen, die das Schmuckstückauf mehrere tausend Euro taxierte.Doch ein gutes Blatt hatte er auch hier nicht. Die <strong>Allianz</strong>lehnte die Forderung ab.Selbstbedienung an der KasseSchätzungen des GDV zufolge liegt der jährliche Schaden durch Versicherungsbetrug in der Schaden- und Unfallversicherung in Deutschland bei über vier Milliarden Euro.Davon entfallen rund zwei Milliarden auf die Kfz-Versicherung, eine Milliarde Euro auf die Sachversicherung und etwa eine halbe Milliarde Euro auf die Haftpflicht. Dabei hates die Assekuranz sowohl mit professionellen Betrügern als auch mit Gelegenheitstätern zu tun, die einen zufälligen Schaden ausnutzen, um die Versicherung zu prellen.Professioneller BetrugGESTELLTE AUTOUNFÄLLE→ Beteiligte kennen sich und führen Kollisionzweier Fahrzeuge nach Absprache herbeiPROVOZIERTE AUTOUNFÄLLE→ Betrüger tritt als vermeintlich Geschädigterauf, ein argloser Verkehrsteilnehmer wirdbewusst in einen Unfall verwickeltGLASBRUCH IN DER AUTOVERSICHERUNG→ Betrüger späht fremde Daten aus und meldeteinen vermeintlichen Versicherungsfall.Die Entschädigung fließt auf sein KontoGelegenheitsbetrugAUSNUTZEN EINES EINBRUCHDIEBSTAHLS(Hausratversicherung)→ nach realem Einbruch werden Gegenständeals gestohlen gemeldet, die nicht Eigentum desGeschädigten sindBRILLENSCHÄDEN(Private Haftpflichtversicherung)→ Geschädigter hat seine Brille selbst beschädigtund gibt als Verursacher eine andere Person an,deren Versicherung den Schaden begleichen sollBELEGFÄLSCHUNGEN(alle Versicherungssparten)→ Kaufbelege oder Reparaturrechnungen (z.B.einer Kfz-Werkstatt) werden verfälscht odergefälschte Belege selbst ausgestellt(Quelle: GDV)Roth1819

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