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In einem Land vor unserer Zeit - Allianz

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ALLIANZ GROUPJournalDeutsche Ausgabe 3 | 20131648Ganz ehrlichVersicherungsbetrug in DeutschlandGnadenfrist für Orang-UtansDas Rimba Raya-Projekt auf Borneo<strong>In</strong> <strong>einem</strong> <strong>Land</strong><strong>vor</strong> <strong>unserer</strong> <strong>Zeit</strong>Die <strong>Allianz</strong> in IslandIbrahim


<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013<strong>In</strong>haltIMPRESSUM<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013(Oktober)Stern | Shutterstock | Roth | Ibrahim<strong>Zeit</strong>schrift für Mitarbeiterder <strong>Allianz</strong> GesellschaftenHerausgeber <strong>Allianz</strong> SEVerantwortlich fürden HerausgeberEmilio Galli-ZugaroChefredaktionFrank SternLayout volk:art51Produktion repromüllerAnschrift der Redaktion<strong>Allianz</strong> SERedaktion <strong>Allianz</strong> JournalKöniginstraße 2880802 MünchenTel 089-3800-3804journal@allianz.deDas für die Herstellungdes <strong>Allianz</strong> Journalsverwendete Papier wirdaus Holz aus nachhaltigerWaldbewirtschaftunghergestellt.7Orang-Utans: Wie lange bleibt ihnen noch?10Angriff aus dem All: Wenn die Sonne verrückt spielt16Versicherungsbetrug: Jeder zehnte Schaden ist fingiert26Island: Im <strong>Land</strong> der Trolle und GeysireKURZ BERICHTET4 Neues aus der <strong>Allianz</strong> WeltMEINUNGEN7 Auf verlorenem Posten?Daniel Haun über den stillen Niedergangeines nahen VerwandtenGLOBAL10 Angriff aus dem AllSonnenstürme – die unterschätzte Gefahr12 »Eine Frage der Glaubwürdigkeit«Katharina Latif über Möglichkeiten undGrenzen eines globalen FinanzdienstleistersDEUTSCHLAND16 Ganz ehrlichVolkssport Versicherungsbetrug20 Im VisierKunstdiebe verlegen sich auf Privatsammlungen23 Reh im AnflugWildtiere auf KollisionskursEUROPA26 <strong>In</strong> <strong>einem</strong> <strong>Land</strong> <strong>vor</strong> <strong>unserer</strong> <strong>Zeit</strong>Sehnsuchtsort Island31 Phoenix aus der AscheDie nördlichste <strong>Allianz</strong> Agentur der Welt33 Londons SarazenenEin ungewöhnlicher Partner in <strong>einem</strong>ungewöhnlichen StadionAMERIKA36 Versichern gegen TerrorWie sich die amerikanische Assekuranzgegen Terrorismusrisiken wappnet40 Abfall vom GlaubenAmerikas Frauen übernehmen das ZepterAUSTRALIEN41 DNA am BootModerne Sicherheitstechnologiesoll Diebstähle eindämmenASIEN43 Verborgener SchatzIm Technopark von Trivandrum45 Wie geht’s Jack?Kulturwandel am Telefon46 Ein Team für alle FälleTierärzte als RechnungsprüferGESELLSCHAFT48 Gnadenfrist für Orang-UtansWaldschutzprojekt soll das Überlebender Menschenaffen auf Borneo sichern51 Dilbert23


KURZBERICHTETGolfen gegen AlzheimerShutterstockSchwedenstromfür GoogleDlouhyPERSONALIEN<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Mit <strong>einem</strong> Golfturnier und vielfältigen Sammelaktionenhaben Mitarbeiter und Vertreter von <strong>Allianz</strong>Life in Minneapolis im August knapp 180 000 Dollarfür die amerikanische Alzheimer Gesellschaftzu sammengebracht. Angepeilt waren 150 000Dollar, doch mit Tombolas, Online-Auktionenund Sponsoring-Angeboten war diese Markeschnell übertroffen. Auch die Möglichkeit, sich für20 Dollar einen Monat lang vom Anzugzwang imBüro freizukaufen, sorgte für klingelnde Kassen.Die gesamten Einnahmen kommen der Hotlineder Alzheimer Association Minnesota/NorthDakota zugute, die rund um die Uhr Beratungund <strong>In</strong>formationen über Alzheimer und Demenz,über Hilfsorganisationen und Behandlungsmöglichkeitenbietet.WWW.ALZ.ORG/MNNDVersichert gegenDatenklau<strong>In</strong>dustrieversicherer <strong>Allianz</strong> Global Corporate &Specialty (AGCS) hat im Juli ein neues Produktauf den Markt gebracht, das Firmen gegen diezunehmenden Risiken der <strong>In</strong>ternetkriminalitätschützen soll. <strong>Allianz</strong> Cyber Protect ersetzt sowohlSchäden, die bei <strong>einem</strong> Unternehmen entstehen,das Opfer von Hackerangriffen wurde, als auchHaftpflichtschäden, die Kunden des betreffendenUnternehmens erleiden. Die Deckungssummeliegt, je nach Bedarf, zwischen zehn und 50 MillionenEuro.Nach AGCS-Berechnungen könnte der Marktfür Cyberversicherungen in Europa bis 2018 einPrämienvolumen zwischen 700 und 900 MillionenEuro erreichen. Derzeit sind es rund 150 Millionen.<strong>In</strong> den USA beträgt das Geschäft mit IT-Risikenschon jetzt knapp eine Milliarde Euro. <strong>Allianz</strong> CyberProtect, das zunächst in Deutschland, Österreich,der Schweiz, Großbritannien, Frankreich, Spaniensowie in Australien und Neuseeland eingeführtwird, soll ab nächstem Jahr auch in ausgewähltenasiatischen Märkten angeboten werden.WWW.AGCS.ALLIANZ.COM<strong>Allianz</strong> Capital Partners hat ihr Portfolio an Windfarmen aufgestocktund im Juni den Anlagenpark Maevaara in Schwedenerworben. Mit dem 72-Megawatt-Park steigt das <strong>In</strong>vestitionsvolumender <strong>Allianz</strong> in erneuerbare Energien auf mehr als1,5 Milliarden Euro. Nach Fertigstellung von Maevaara imnächsten Jahr wird die <strong>Allianz</strong> insgesamt 36 Windfarmen undsieben Solarparks unterhalten. Für die kommenden zehn Jahrewird Google den Schwedenstrom abnehmen und damit seinDatenzentrum in Finnland versorgen.WWW.ALLIANZCAPITALPARTNERS.COMPfeffersprayund Erste HilfeAngesichts steigender Kriminalitätsraten hat die <strong>Allianz</strong> in Malaysia seitDezember letzten Jahres mehrere Sicherheitstrainings eigens für ihre weiblichenMitarbeiter organisiert. Ausgebildete Trainer vermittelten den Teilnehmerinnengrundlegende Selbstverteidigungstechniken und gaben Tipps,wie man möglichst gar nicht erst ins Visier von Straßengangstern gerät.Im August lud die <strong>Allianz</strong> Malaysia dann zu <strong>einem</strong> öffentlichen Sicherheitstrainingein, an dem rund 600 Frauen teilnahmen. Neben dem zielsicherenEinsatz von Pfefferspray und erprobten Fall- und Abwehrtechniken wurdendabei auch das richtige Verhalten bei Entführungsversuchen und Erste Hilfe-Maßnahmen in generellen Notsituationen, wie etwa bei Verkehrsunfällen,geübt. Daneben wurde demonstriert, wie man sein Haus einbruchsichermacht und wie sich versteckte Überwachungskameras aufspüren lassen.WWW.ALLIANZ.COM.MY<strong>Allianz</strong> MalaysiaCountdown für ZürichDie Vorbereitung auf die <strong>Allianz</strong> Sports, dieam 17. Juli nächsten Jahres in Zürich starten,laufen auf Hochtouren. Rund 1000 <strong>Allianz</strong>Sportlerinnen und Sportler werden bei demdreitägigen Großereignis in 33 Disziplinenihre Kräfte messen. <strong>In</strong> Zürich werden Athletenaus über 50 Ländern erwartet. Beimersten <strong>Allianz</strong> Sportfest 1990 in Berlin nahmennur neun Länder teil, die in elf Disziplinengegeneinander antraten. Die Bewerbungsphaseist inzwischen <strong>vor</strong>bei. Derzeitlaufen die Qualifikationen in den einzelnenLändern – bis zum kommenden Frühjahrwerden dann die Teilnehmer feststehen.Auf dem <strong>Allianz</strong> Sports-Portal stehen fürdie Teilnehmer wichtige <strong>In</strong>formationenbereit – wie zum Beispiel die Namen derregio nalen Manager. <strong>In</strong> einer Video-Galeriesind zudem <strong>In</strong>terviews mit Sportstars zusehen, die die <strong>Allianz</strong> Sports unterstützen –FC Bayern-Fußballer Mario Mandzukic zumBeispiel, Formel 1-Fahrer Nico Rosberg oderdie Paralympic-Sportler Anna Schaffelhuber,Carl Murphy, Andrea Rothfuß und GerdSchönfelder.HTTPS://EVENTS.ALLIANZ.COM.AWIN/ALLIANZ_SPORTS/INDEX.HTMLJunior Music Camp in MünchenGemeinsam mit der Klassikredaktion des Bayerischen Rundfunks, derHochschule für Musik und Theater München und Klavier- und FlügelproduzentSteinway & Sons veranstaltet die Lang Lang <strong>In</strong>ternationalMusic Foundation im November in München das erste Junior MusicCamp für junge Pianisten. Vom 3. bis 7. November wird das Camp,das von der <strong>Allianz</strong> gesponsert wird, zwölf talentierten Pianisten ausder ganzen Welt die Möglichkeit bieten, gemeinsam zu musizierenund am Ende auf einer kleinen Konzerttour ihr Können <strong>vor</strong> Publikumunter Beweis zu stellen.Die Kinder und Jugendlichen im Alter bis 15 Jahre werden von Lehrernder Jugendakademie der Hochschule für Musik und Theater Münchenunterrichtet und haben Gelegenheit, neben dem Solo-Spiel gemeinsammit jungen Musikern aus dem Münchner Raum Kammermusik zuspielen. Am Ende des fünftägigen Programms treten die zwölf jungenPianisten an Schulen im Münchner Umland auf. Ein paar Tipps wird ihnender chinesische Starpianist Lang Lang persönlich mit auf den Weggeben. Er hat sich für den 6. November zur Generalprobe angesagt.WWW.LANGLANGFOUNDATION.ORGAndrew Torrance, zu<strong>vor</strong> Chef der <strong>Allianz</strong>in Großbritannien, hat im Sommer dieLeitung von Fireman’s Fund übernommen.Er folgt Lori Fouché nach, die von ihrerPosition zurückgetreten war. Nachfolgervon Andrew Torrance an der Spitze der<strong>Allianz</strong> UK wurde der bisherige Leiter desPrivatgeschäfts, Jon Dye.Antoine Issa, bisher Chef der <strong>Allianz</strong> SaudiFransi in Saudiarabien, hat im August dieGeschäftsleitung der <strong>Allianz</strong> Gesellschaftim Libanon übernommen. Gleichzeitig istXavier Denis, der diese Funktion zu<strong>vor</strong>innehatte, nach Riad an die Spitze der<strong>Allianz</strong> Saudi Fransi gewechselt. Zudemwurde Antoine Issa die Leitung der MENA-Region übertragen, die die Länder desNahen Ostens und Nordafrikas umfasst.Die Bereiche Group Government Relationsand Public Policy und Economic Researchand Corporate Development sind im Juliverschmolzen worden. Die neue EinheitGroup Public Policy and Economic Researchwird von Wolfgang Ischinger undMichael Heise geleitet, der in seiner Funktionals Chefökonom der <strong>Allianz</strong> weiterdirekt an Michael Diekmann berichtet.Shutterstock45


KURZBERICHTETMeinungen<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013AUSGE-ZEICHNET<strong>Allianz</strong> Worldwide Care,der internationale Krankenversichererder <strong>Allianz</strong>, istbei den Professional Adviser<strong>In</strong>ternational Fund & ProductAwards 2013 für sein Produktpaketfür Mitarbeiter vonNichtregierungsorganisationensowie in der KategorieBester <strong>In</strong>ternationalerPrivater Krankenversichererausgezeichnet worden.Die <strong>Allianz</strong> Russland ist fürihre erfolgreiche Markenkampagnezur Umfirmierungvon Rosno zu <strong>Allianz</strong> imvergangenen Jahr mit demrussischen Effie-Preis 2012(Best Brand/Effie 2012)ausgezeichnet worden.Dronen-SchutzDie <strong>Allianz</strong> France hat eine Haftpflichtversicherungfür die Betreiber zivilerDronen entwickelt. Format Drone wurdeim Juni auf der Luftfahrtausstellung in LeBourget bei Paris erstmals <strong>vor</strong>gestellt. DiePolice deckt sowohl den Eigentümer desunbemannten Fluggeräts als auch dasPersonal an der Fernsteuerung gegenSchadenansprüche von Dritten ab. AGCSist der erste Versicherer in Frankreich, dereine solche Versicherung anbietet.Für die nächsten Jahre erwartet AGCSeinen starken Anstieg der Nachfrage beizivilen Dronen. Mögliche Einsatzfelderreichen von der Überwachung landwirtschaftlicherAnbauflächen über dieVerkehrskontrolle bis hin zur Suche nachVermissten in schwer zugänglichenBergregionen. Allein in Frankreich gibtes bereits über 160 Firmen, die derartigeDienste anbieten. Nach Schätzungender Direction générale de l’AviationCivile (DGCA), der französischen Aufsichtsbehördefür Zivilluftfahrt, wirdsich das Umsatzvolumen des Sektors inden nächsten zehn Jahren von derzeit2,7 Milliarden US-Dollar auf 8,3 MilliardenUS-Dollar mehr als verdreifachen.ShutterstockWWW.AGCS.ALLIANZ.COM<strong>Allianz</strong> China Life istvon den Shanghai SecuritiesNews für ihr Krankenversicherungsproduktausgezeichnet worden.Die <strong>Allianz</strong> SE ist beim19. Wettbewerb desmanager magazins um denbesten Geschäftsberichtals Sieger her<strong>vor</strong>gegangen.Beworben hatten sich 160Unternehmen.Lebensretter auf dem HandyDer <strong>Allianz</strong> Ortungs-Service (AOS) hat eine App fürs iPhoneentwickelt, mit deren Hilfe in Deutschland die sekundenschnelleund präzise Ortung per Handy möglich ist. Im Notfall kann soeine Anwendung Leben retten. Häufig sind die Angaben zumgenauen Standort nach <strong>einem</strong> Unfall ungenau oder sogar falsch.Das kann eine schnelle Rettung unnötig verzögern. Über die App»AOS Help« kann die Rettungsleitstelle im Notfall Mobiltelefonemetergenau lokalisieren. Damit wird die <strong>Zeit</strong> bis zum Eintreffender Rettungskräfte erheblich verkürzt. »AOS Help« kann imiTunes-Store kostenlos heruntergeladen werden. Die App stehtauch für Android, Symbian, WindowsPhone und Blackberry zurVerfügung.ShutterstockAuf verlorenem Posten?Bei den Einheimischen heißt es, Orang-Utans könnten sprechen, stellten sich jedoch stumm, um nichtzur Arbeit herangezogen zu werden. Auch wenn das ins Reich der Legenden gehört, die <strong>In</strong>telligenz der»Waldmenschen«, so die Übersetzung des malaiischen Worts, hat Wissenschaftler immer wieder verblüfft.Die Tage aber, da sich die zotteligen Langarme durch die Wälder Borneos und Sumatras hangelten,könnten bald gezählt sein. Wir sprachen mit dem Psychologen Daniel Haun vom Max-Planck-<strong>In</strong>stitut fürevolutionäre Anthropologie in Leipzig über den stillen Niedergang eines nahen Verwandten.ShutterstockWWW.ALLIANZ-ORTUNG.DEINTERVIEW: FRANK STERN67


MEINUNGEN<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013BusseZUR PERSONDaniel Haun, Jahrgang 1977, gilt alsExperte auf dem Gebiet der vergleichendenkognitiven Anthropologie.Der promovierte Psychologe, der amMax-Planck-<strong>In</strong>stitut für evolutionäreAnthropologie in Leipzig tätig ist, istMitglied des Vereins »Orang-Utansin Not«. Die Organisation hat sichdem Schutz des Regenwaldes undder Orang-Utans verschrieben undversorgt seit 2007 das Orang UtanCare Center and Quarantine (OCCQ)in Pasir Panjang auf Borneo mit medizinischerund technischer Ausrüstung.Daneben unterstützt der VereinWiederaufforstungs- und Auswilderungsprogrammeund fördertUmwelterziehungsprojekte <strong>vor</strong> Ort.Herr Haun, warum studiert man dasVerhalten von Orang-Utans?Das Studium von biologisch nah verwandtenArten kann Aufschluss darüber geben, wiewir wurden, was wir sind. Von allen Menschen -affenarten – Schimpansen, Gorillas, Bonobosund Orang-Utans – sind Orang-Utans evolutionäram weitesten vom Menschen entfernt.Wenn es zwischen ihnen und uns Gemeinsamkeitengibt, liegen die evolutionärenWurzeln dafür vergleichsweise lange zurück.Über die heute noch erkennbaren Übereinstimmungenversuchen wir zu verstehen,wie sich unsere Vorfahren verhalten haben.Solche Schlüsse wären aus der Beobachtungdes Menschen allein nicht möglich. Erst derVergleich erlaubt einen Blick auf die Wurzelnmenschlichen Zusammenlebens und kannErklärungen für die Entwicklung der menschlichenKultur liefern.Eine Kultur, die den Menschen zureinzigen Spezies gemacht hat, die ihreLebensgrundlagen und die andererArten systematisch zerstört. Wie langegeben Sie den Orang-Utans auf Borneound Sumatra noch?Also, Orang-Utans werden wohl nichtaussterben, aber wenn die einzigen lebendenExemplare irgendwann nur noch inZoos zu besichtigen sind, verlieren wir dasVerständnis der Art in ihrer natürlichenUmgebung. Doch nur dort ist sie vollständigzu begreifen.Der Lebensraum des Orang-Utans gehtStück für Stück an die Palmölindustrieverloren. Hat der Regenwald noch eineChance?Die <strong>Zeit</strong>, um das Ruder herumzureißen, istknapp geworden. Das heißt nicht, dass esnicht möglich wäre. Aber nach den Erfahrungen,die ich <strong>vor</strong> Ort gemacht habe, scheintmir die <strong>In</strong>tervention, die zur Rettung derWälder und des Orang-Utan nötig wäre, sehrunwahrscheinlich. Ich lasse mich gern einesBesseren belehren, aber wenn der Raubbauso weitergeht, wie derzeit, dann lautet meineAntwort auf Ihre Frage: mit Sicherheit nein.Der Westen beklagt das Verschwindender Regenwälder, gleichzeitig ist er einerder größten Abnehmer von Palmöl.Schizophren?Palmöl ist vergleichsweise billig. Wo früher RapsundSonnenblumenöl verwendet wurde,greift die <strong>In</strong>dustrie heute <strong>vor</strong>zugsweise aufPalmöl zurück. Die meisten Menschen sindsich gar nicht bewusst, in welchen ProduktenPalmöl überall drin ist: in Hautcremes, Seife,Sonnenmilch und Duschgels, in Shampoos,Waschmitteln, Schmierstoffen, Kerzen undFarben. <strong>In</strong> Margarine, Schokolade, Kuchen,Keksen, Chips, Brotteig, Suppen, Saucen,Pommes Frites. Und natürlich in Biosprit – dieSpitze der Absurdität: Wir bleiben mobil unddas mit gutem Gewissen, doch dem fallen amanderen Ende der Welt die Regenwälder zumOpfer. Und in der Folge die Orang-Utans. DasProblem ist, dass dieser Zusammenhang imBewusstsein der Menschen nicht ankommt.Wenn ein Schaden weit weg von <strong>einem</strong> eintritt,ist es immer schwierig, eine Verhaltensänderungzu bewirken.Das scheint auch auf der Ebene vonStaaten und Nationen der Fall zu sein:Wo der eigene Vorteil winkt, werdendie negativen Folgen für andere ausgeblendet.Dabei haben die Verhaltenswissenschaftenin den letzten Jahren zahlreiche Belege dafürgefunden, dass Menschen eine grundlegendeTendenz zur Zusammenarbeit haben. Diezeigt sich bereits in der frühesten Kindheit,ist also nicht kulturell geformt. Ein ähnlichesVerhalten hat man auch bei den Menschenaffennachgewiesen – sowohl die Fähigkeit,als auch die Bereitschaft zur Kooperation.Beides ist evolutionär im Menschen verankert.Auf internationalem Parkett scheint dieevolutionäre Prägung allerdings häufigüberlagert zu werden.WWW.ORANG-UTANS-IN-NOT.ORGDie Frage ist warum, und wie man dasändern kann. Wie könnte man den Kontext,in dem internationale Zusammenarbeitstattfindet, so strukturieren, dass die natürlich<strong>vor</strong>handenen kooperativen Tendenzenverstärkt werden? Bisher ging man ja immerdavon aus, dass der Mensch hauptsächlichan sich selbst oder dem eigenen engerenVerband interessiert ist.Aus gutem Grund.Sicher, aber man sollte im Lichte der jüngerenForschung auch akzeptieren, dass es da diesekooperative Seite gibt, die genauso tief inder menschlichen Natur verankert ist wie dieselbstbezogene. Darauf kann man aufbauenund Situationen, in denen Kooperation stattfindet,so gestalten, dass diese Seite stärkerzum Tragen kommt.Können Sie das mal an <strong>einem</strong> Beispieldeutlich machen?Nehmen wir mal die Flut vom Sommer. Dahat man sehen können, wie wildfremdeLeute anderen zu Hilfe kamen. Die mithalfen,Deiche zu sichern und überschwemmteHäuser zu entrümpeln. Selbst solche, dievon der Flut selbst gar nicht betroffen waren.Könnte man diese Wir-Identität nicht auchauf höherer Ebene schaffen, auf der Ebenevon Staaten und Nationen, auf der sie bisherkaum existiert?Wenn man die Klimaverhandlungenals Beispiel nimmt, lautet die Antwortwohl nein.Dabei wäre der Klimaschutz im <strong>In</strong>teressealler Beteiligten. So eine Kooperationssituationmüsste eigentlich besonders gutfunktionieren. Das Problem ist, dass diepotenzielle Gefährdung weit in der Zukunftliegt und ihre Größenordnung noch relativvage ist. Es fehlt die unmittelbare Bedrohung.Die Psychologen nennen das Delay of Gratification:die Belohnung, hier das Abwendendrohenden Unheils, würde sich erst weit inder Zukunft zeigen, während das Ignorierender Gefahr gewährleistet, dass man seinenaktuellen Lebensstil in der Gegenwart ohneEinschränkungen beibehalten kann.Da dürften dann auch die <strong>In</strong>donesierwenig Grund sehen, ihren Regenwaldstehen zu lassen.Natürlich. Hier im Westen lässt sich leichtfordern, den Wald nicht anzutasten. Für dieMenschen <strong>vor</strong> Ort aber geht es oft um dieExistenz. Wenn es die ÖlpalmenplantagenDaniel Haun mit <strong>einem</strong> seiner Untersuchungsobjekte im Leipziger Zoonicht gäbe, hätten sie kein Einkommen. Undwir sollten uns auch daran erinnern, dass wirin Europa in der Vergangenheit alle großenSäugetierarten ziemlich gründlich ausgerottethaben. Hätte der Orang-Utan in unserenBreiten seinen Lebensraum, gäbe es ihnwahrscheinlich längst nicht mehr. Das sollnicht heißen, dass wir uns nun zurücklehnensollen und zusehen, wie in anderen Teilen derWelt die Fehler der Vergangenheit wiederholtwerden. Aber wir sollten schon mit einergewissen Bescheidenheit auftreten, wennwir den Menschen auf Borneo erklären, wiewichtig die Regenwälder für die Menschheitinsgesamt sind. Und wir müssen Alternativenaufzeigen, die ihnen ein Leben in Würdeermöglichen.89


Global<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Angriff aus dem AllAls die Erde <strong>vor</strong> gut 150 Jahren von <strong>einem</strong> solaren Hurrikan getroffen wurde,war das eher ein Kuriosum, das für Polarlichter bis hinunter nach Sizilien undKuba sorgte und ein paar Telegrafenstationen in Brand setzte. Heute könntesolch ein Sonnensturm die Welt ins Wanken bringen. Experten warnen <strong>vor</strong>unabsehbaren Konsequenzen.FRANK STERNMichael Bruch ist ein besonnener Mann, der eher nicht zu Übertreibungenneigt. Doch wenn die Sprache auf solare Plasmawolkenkommt, scheut der Leiter des Bereichs Forschung undEntwicklung im <strong>In</strong>genieurnetzwerk von <strong>Allianz</strong> Global Corporate& Specialty (AGCS) auch <strong>vor</strong> düsteren Bildern nicht zurück. »Einsolarer Sturm, wie er die Erde 1859 getroffen hat, hätte heutedramatische Folgen«, sagt Bruch. »Doch das Problem wird weitgehendignoriert – <strong>vor</strong> allem in Kontinentaleuropa.«Dabei hat sich die Menschheit mit jedem technischen Fortschrittin den letzten hundert Jahren immer anfälliger für die extraterrestrischenAttacken gemacht. Die Energieversorgung, dasRückgrat der heutigen <strong>In</strong>dustrie- und <strong>In</strong>formationsgesellschaft ist,wenn man so will, zugleich ihre Achillesferse. Ein Sonnensturm,der ausgelöst durch Plasma- und Strahleneruptionen auf demZentralgestirn die Erde ins Visier nähme, könnte die Stromversorgungweiter Regionen für Wochen und Monate zusammenbrechenlassen. Durch die heutige Vernetzung der <strong>In</strong>frastrukturenganzer Länder würden sich die Auswirkungen potenzieren.»Ein Dominoeffekt«, so Bruch.Käme es heute zu <strong>einem</strong> koronaren Massenauswurf wie 1859,dem stärksten Sonnensturm, der je registriert wurde, die Folgen,insbesondere in städtischen Ballungszentren, wären unabsehbar.»Theoretisch tritt ein solches Ereignis nur alle 500 Jahre auf«,sagt Risikofachmann Bruch. »Das heißt allerdings nicht, dass biszum nächsten Mal noch 350 Jahre <strong>Zeit</strong> bleibt. Auch von den sogenannten Jahrhundertfluten hat es in den vergangenen Jahrzehntenschon etliche gegeben.«Selbst weit weniger intensiver Solarbeschuss kann auf der Erdefür Chaos sorgen. So wie im März 1989, als ein Sonnensturm inKanada derart heftige geomagnetische Schwankungen in denÜberlandleitungen auslöste, dass das Stromnetz in der ProvinzQuebec innerhalb von nur 92 Sekunden zusammenbrach underst nach neun Stunden wieder hergestellt werden konnte. ZweiHochspannungstransformatoren, Millionen Dollar teure Anlagen,deren Bau gut ein Jahr dauert, wurden schwer beschädigt. SechsMillionen Menschen waren von dem Blackout betroffen – unddas bei Temperaturen von bis zu minus 15 Grad. Auch der FernmeldesatellitGalaxy IV fiel aus, und IBM meldete bei der Produktionvon Mikrochips eine dreifach erhöhte Fehlerquote.Die Solareruption, die die Erde 1921 traf, war zehn mal stärker alsdie von 1989, doch damals lag das Satelliten- und Elektronikzeitalternoch in weiter Ferne: Außer dass große Teile des amerikanischenTelegrafennetzes zusammenbrachen, sind von damals keinegrößeren Schäden überliefert. Die NASA hat einmal untersuchenlassen, was ein Ereignis wie 1921 – statistisch gesehen tritt es alle50 Jahre auf – heute in den USA anrichten würde. Das Ergebnis hatnicht nur Wissenschaftler aufgeschreckt.Dass Sonnenstürme heute ein so großes Zerstörungspotenzialentfalten können, liegt <strong>vor</strong> allem daran, dass sich die moderneZivilisation im Laufe des letzten Jahrhundertszur Stromgesellschaft entwickelthat, die auf vielfältigen Ebenen undüber Kontinente hinweg miteinandervernetzt ist. Mit ihrer totalenAbhängigkeit von elektrischerEnergie hat sich die Menschheithochgradig angreifbar für diesolaren Plasmaströme gemacht.Vor allem auch deshalb, weil esbislang in weiten Bereichen versäumtwurde, die Stromnetzeals Lebensadern der modernenGesellschaft gegen die Gefahrenaus dem All abzuschirmen.Käme es heute zu <strong>einem</strong> solarenBeschuss wie 1921, könnte das in den USAlaut NASA-Studie zur Zerstörung von über300 Hochspannungstransformatoren führen.130 Millionen Menschen müssten für Monate ohneStrom auskommen – mit immensen sozialen und ökonomischenFolgen. Von <strong>einem</strong> Schlag wie 1859 würde sich das <strong>Land</strong>gar erst nach vier bis zehn Jahren erholen, heißt es weiter. Alleinfür die USA fielen im ersten Jahr nach einer solchen KatastropheKosten von ein bis zwei Billionen Dollar an.»Dort, wo Solarstürme in der Vergangenheit schon einmal Schädenverursacht haben wie in Nordamerika, sind Politik und Wirtschaftzumindest sensibilisiert«, sagt Bruch. »<strong>In</strong> Kontinentaleuropa dagegenwird die Gefahr weitgehend verdrängt. Dabei sind auch südlichergelegene Länder keineswegs sicher.« Auch John Kappenmann,Co-Autor der bereits zitierten NASA-Studie, warnt: »Die richtiggroßen Stürme werden auch Kontinentaleuropa bedrohen.«Was ein länger anhaltender Blackout für ein <strong>Land</strong> wie Deutschlandfür Folgen haben könnte, beschreibt eine Untersuchung desDeutschen Bundestages aus dem Jahr 2011: »Träte dieser Fall ein,kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophegleich. Diese wäre selbst durch eine Mobilisierung allerinternen und externen Kräfte und Ressourcen nicht beherrschbar,allenfalls zu mildern.« Sämtliche kritischen <strong>In</strong>frastrukturenwären betroffen – Kommunikation, Transport, Heizung, Telefon,<strong>In</strong>dustrie, Krankenhäuser, Nahrungsmittelversorgung, Müllbeseitigung,Banken, alles bräche nach und nach zusammen.Selbst Katastrophenschutz, Feuerwehr und Technisches Hilfswerkfielen als letzte Bastionen aus. »Manche <strong>In</strong>dividuen und Gruppenfallen hinter die etablierten Normen des gesellschaftlichenZusammenlebens zurück«, umschreibt der Bundestags-Reportweitere mögliche Auswirkungen. »Sie werden rücksichtsloser,aggressiver und gewaltbereiter.« Gut, wer dann daheim eine gutbestückte Vorratskammer hat und sich nicht marodierend aufNahrungssuche machen muss. Doch wer legt sich heute schonnoch ein Lebensmittellager an?Im Juli trafen auf Einladung der Geneva Association im <strong>Allianz</strong>Forum in Berlin 40 Experten, darunter Astrophysiker, <strong>In</strong>genieure,Vertreter von Stromversorgern, Zivilschutz und Versicherungen,zusammen, um über die Auswirkungen von Solarstürmen unddie Risiken für moderne Stromnetze zu diskutieren. Für TeilnehmerMarkus Aichinger vom Bereich Global P&C (Schaden- undUnfallversicherung) der <strong>Allianz</strong> zeigten sich dabei durchausTrends, die hoffen lassen.»Wir sind Sonnenstürmen nicht hilflos ausgeliefert«, sagt derstudierte Meteorologe. »Auf der Tagung haben <strong>In</strong>genieureneuartige Transformatoren <strong>vor</strong>gestellt, die weit weniger anfälliggegen geomagnetisch induzierte Überlastströme sind als dieVorgängermodelle. Die könnten sogar <strong>einem</strong> schweren Solarsturmstandhalten.« Allerdings kosten die bis zu 400 Tonnenschweren Anlagen Millionen und sind noch nicht flächendeckendim Einsatz. So was hat man nicht schnell auf Lager,wenn plötzlich im <strong>Land</strong> die Transformatoren ausfallen.Ein interessantes Phänomen, das <strong>vor</strong> zehn Jahren in Skandinavienauftrat, könnte allerdings den Schlüssel für die Lösungdes Problems bereithalten: Damals blieb das finnische Netzwährend eines Sonnensturms stabil, während es beim Nachbarnin Schweden zusammenbrach – und das trotz ähnlicher geographischerLage, Bodenbeschaffenheit, Länge der Überlandleitungenund Stromlasten.Die Experten zogen daraus den Schluss, dass die unterschiedlichenSchutz<strong>vor</strong>kehrungen an den finnischen und schwedischenTransformatoren den Ausschlag gegeben haben müssen. DieErdungskabel der Finnen verfügten zum Beispiel über eingebauteVorschaltwiderstände, die die Gefahr induzierter Überlastströmereduzierten. Zudem zeigte sich, dass Transformatoren am Randvon Stromnetzen anfälliger sind als solche, die im Zentrum platziertsind. Allerdings sind das bislang nur Hypothesen, bewiesen istdas alles nicht. »Da ist noch mehr Forschung nötig«, sagt Aichinger.»Wir wollen <strong>vor</strong> allem die Stromproduzenten und Netzbetreiberauf das Thema aufmerksam machen«, sagt Michael Bruch.»Die technischen Möglichkeiten, Leitungsnetze gegen geomagnetischinduzierte Überlastströme abzuschirmen, gibt esdurchaus. Nur werden sie bislang kaum genutzt.«Shutterstock1011


GLOBAL<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013alle Fotos: ShutterstockBesondere Sorgfalt: Die <strong>Allianz</strong> will in sensiblen Sektoren soziale und ökologische Aspekte stärker in ihre Geschäftsentscheidungen einbeziehen»Eine Frage der Glaubwürdigkeit«Im vergangenen Jahr rief die <strong>Allianz</strong> dasESG-Board ins Leben, ein Gremium, das fürdie stärkere Einbindung von ökologischenund sozialen Aspekten in die Geschäftstätigkeitsorgen soll. Wir sprachen mit derLeiterin des ESG-Büros, Katharina Latif, überMöglichkeiten und Grenzen eines globalenFinanzdienstleisters.INTERVIEW: FRANK STERNFrau Latif, die <strong>Allianz</strong> hat angekündigt, Mindeststandardsfür das Versicherungsgeschäft und die<strong>In</strong>vestitionstätigkeit der <strong>Allianz</strong> Gruppe zu entwickeln.Mindeststandards klingt ein bisschen nachPapiertiger.Wenn ein Papiertiger dabei herauskäme, hätten wir eineChance verspielt. Die Welt um uns herum verändert sich:Klimawandel, wachsende Weltbevölkerung, Alterungvon Gesellschaften, aufstrebende Schwellenländer –kaum ein Unternehmen ist von diesen Entwicklungen soumfassend betroffen wie die <strong>Allianz</strong>. Wir entwickeln fürunsere Geschäftseinheiten Mindeststandards, die ihnendafür die nötige Orientierung geben.Mindeststandards sind der kleinste gemeinsameNenner. Zudem wurde bei Gründung des ESG-Boards darauf hingewiesen, dass die Umsetzungder Vorgaben Aufgabe der Tochtergesellschaftenbleibe. Da geht sie dahin, die große Vision.Uns sind konkrete Lösungen lieber als blumige Visionen.Unsere Vorgaben werden detaillierter sein, als alles, waswir bisher bei der <strong>Allianz</strong> kannten. Und dass wir mit dreiVorstandsmitgliedern im ESG-Board alle unsere Geschäftseinheitenabdecken, von der globalen Versiche-rung über die Anlage von Versichertengeldern bis hin zurGeldanlage für Dritte, macht deutlich, welchen Stellenwertdas Thema für uns hat. Wir gehen jetzt erstmals daran,jene Sektoren zu definieren, die besonders sensibel sindund auf die wir künftig besondere Sorgfalt im Hinblickauf soziale und ökologische Aspekte verwenden wollen.Welche Sektoren sind das?Minen zum Beispiel, insbesondere Kohleminen, die Palmölindustrieund das Thema Menschenrechte sind Bereiche,die immer wieder Anlass zur Kritik geben. Außerdementwickeln wir Richtlinien für Staudammprojekte, zurAtomkraft und zur Öl- und Gasförderung – zusammenmit unseren Underwritern und <strong>In</strong>vestment-Managern.Die werden Sie sicher mit offenen Armen empfangen.Wir stehen als Versicherer und Vermögensverwalter in<strong>einem</strong> harten Wettbewerb, oft mit Akteuren, die weitweniger nachhaltig sind als die <strong>Allianz</strong>. Das macht dasGeschäft für unsere Underwriter nicht einfach. Doch beivielen Kunden wächst das Bewusstsein für verantwortungsvollesWirtschaften, mit dem sich ja auch Risikenminimieren lassen – zu ihrem wie zu unserem Vorteil.Wir haben also gute Argumente für unsere Sache. <strong>In</strong> derVergangenheit hat sich zudem oft gezeigt, warum essinnvoll ist, sich im Vorfeld einer Versicherungszusageüber die ökologischen und sozialen Auswirkungen einesProjekts Gedanken zu machen. Nehmen wir als Beispielden Bau eines Staudamms. Da müssen wir nicht mal derführende Versicherer sein, um in Bedrängnis zu geraten.Verfügt etwa eine lokale Behörde einen Baustopp, weildie Umweltprüfung schlampig ausgeführt wurde oderdie betroffene Bevölkerung nicht einbezogen war, ist manüber die Baurisikoversicherung unter Umständen auf Jahrein die juristischen Auseinandersetzungen mit verwickelt.Nicht zu reden von dem möglichen Imageschaden.Reputationsschäden können unsere Geschäftslizenzin Frage stellen. Wir wollen aber nicht auf Kritiker warten,sondern eine eigene Richtschnur entwerfen, an derunsere operativen Einheiten ihre Tätigkeit ausrichten. Vorkurzem haben wir die Beteiligung an <strong>einem</strong> Staudammprojektin Brasilien abgelehnt, weil es am Rande einesNationalparks errichtet werden soll. Erst nachdem derpotenzielle Kunde detaillierte Pläne <strong>vor</strong>legen konnte, wienegative Auswirkungen auf den Park vermieden werden,haben wir grünes Licht für unsere Beteiligung am Versicherungsschutzgegeben. Es geht uns um mehr als nur1213


GLOBALRoth<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013darum, in der öffentlichen Wahrnehmung möglichstgut dazustehen. Unsere Standards entwickeln wirnicht, um öffentliche Kampagnen von Nichtregierungsorganisationenzu bedienen.Ein bisschen dankbarer gegenüber Oxfam undanderen Ökoinitiativen könnten Sie schon sein.Nichtregierungsorganisationen leisten wertvolle Arbeit,wenn sie auf negative Entwicklungen gerade in densensiblen Sektoren aufmerksam machen und kritischeZustände <strong>vor</strong> Ort verfolgen. Keine Frage. Oft stellen wirim Dialog fest, dass wir die Kritik teilen.Beim Thema Agrarfonds aber wohl eher nicht.Oxfam wirft der <strong>Allianz</strong> <strong>vor</strong>, mit ihren <strong>In</strong>vestitionenden Hunger in der Welt zu verschärfen.Agrarrohstoffe sind ein sensibles Geschäftsfeld, da sindwir uns mit Oxfam einig. Wir haben die Kritik daher genaugeprüft und von Beginn an klargestellt, dass wir diese<strong>In</strong>vestitionen einstellen, sollten die Vorwürfe zutreffen.Unsere Untersuchungen haben jedoch ergeben, dassunsere <strong>In</strong>dexfonds keine Preistrends verstärken undunsere Warentermingeschäfte den Markt mit preissenkenderLiquidität versorgen. Unser Ausstieg ausdem Markt wäre also kontraproduktiv. Wir befassenuns sehr intensiv mit der Frage, welchen Beitrag wir alsVersicherer und <strong>In</strong>vestor gegen den Hunger von einerMilliarde Menschen leisten können.Und wie lautet Ihre Antwort?Wir sind bereits jetzt einer der größten Agrarversichererder Welt. Als Rückversicherer sichern wir über 100 MillionenBauern in Entwicklungs- und Schwellenländerngegen Naturkatastrophen und Missernten ab. Hinzukommen über 17 Millionen Menschen in Asien, Afrikaund Lateinamerika, die als Mikroversicherungskundender <strong>Allianz</strong> erstmals Zugang zu Versicherungsschutzhaben. Wir hätten mit Oxfam gern über weitere Möglichkeitengesprochen, Hunger und Armut in der Welteffektiv zu bekämpfen. Doch dort hatte man damals nur<strong>In</strong>teresse an der eigenen Kampagne.Umweltorganisationen haben auch auf den Widerspruchhingewiesen, dass sich die <strong>Allianz</strong> einerseitsfür den Klimaschutz stark macht, andererseitseiner der größten <strong>In</strong>vestoren im Kohlesektor ist.Wie passt das zusammen?Wir sehen diese Diskrepanz auch. Doch bis ausreichendAlternativen zur Verfügung stehen, bleiben Kohle undandere fossile Brennstoffe wichtige Energieträger.Weder wir noch unsere Kunden kommen derzeit umdiesen Sektor herum, wenn wir Anlagerisiken vernünftigstreuen wollen. Doch unser erklärtes Ziel ist es, Wandelaktiv und nachhaltig mitzugestalten. Das ist eine Frageder Glaubwürdigkeit. Nicht umsonst sind wir einer derführenden <strong>In</strong>vestoren in erneuerbare Energien, beratenRegierungen und setzen uns für die Energiewende ein.Zudem entwickeln wir unsere eigene Klimastrategieweiter und werden durch das ESG-Board eine stringenteUmsetzung sicherstellen.Wie soll das konkret aussehen?<strong>In</strong>dem wir als <strong>In</strong>vestor zum Beispiel darauf drängen, dassUnternehmen umweltschonendere Technologien einsetzen;indem wir uns für bessere Arbeitsbedingungeneinsetzen; indem wir die besten Unternehmen in <strong>einem</strong>Wirtschaftssegment als Maßstab nehmen. Auch imKohlesektor gibt es solche und solche. Als Anteilseignerkönnen wir etwas bewegen.Als einer der größten Finanzdienstleister der Weltkönnte die <strong>Allianz</strong> eine Vorreiterrolle übernehmenund aus solchen umstrittenen Sektoren aussteigen.Wir stehen dazu, dass Energie, Rohstoffe und viele andereSektoren wichtig für die Wirtschaft sind. Als großer <strong>In</strong>vestorwollen wir jedoch mit dazu beitragen, dass Unternehmenin diesen Sektoren nachhaltiger werden. Wer einfach nuraussteigt, ist zwar nicht mehr Teil des Problems, aber er istauch nicht mehr Teil einer möglichen Lösung. Wir müssenauch berücksichtigen, dass wir gegenüber unseren Kundenlangfristige Verpflichtungen zu erfüllen haben. Dafür brauchenwir eine gute Risikostreuung und stabile Einnahmen.Die erreichen wir nicht, wenn wir unseren <strong>In</strong>vestitionshorizontradikal einschränken. Wir nehmen die Sorgen und dieKritik ernst. Wir respektieren aber auch, dass die Auffassungendarüber, welche Wirtschaftsbereiche als kritischgelten, von <strong>Land</strong> zu <strong>Land</strong> sehr unterschiedlich ausfallenkönnen. Beispiel Atomenergie: Deutschland steigt aus,Frankreich rechnet sie zu den sauberen Energien.Glauben Sie nicht, dass sich Anleger mit wenigerRendite zufriedengeben würden, wenn sie imGegenzug sicher sein könnten, dass mit ihrem Geldkeiner Umweltzerstörung Vorschub geleistet wird?Natürlich ist jeder für den Umweltschutz, aber auf Renditewill dann auch wieder niemand verzichten. Gerade inNiedrigzinsphasen wie gegenwärtig ist der Hang zurGroßzügigkeit nicht besonders ausgeprägt. Wir habenunser Angebot nachhaltiger Geldanlagen dennoch stetigausgebaut und waren der Nachfrage damit eher <strong>vor</strong>aus.Die spannendere Frage ist aus meiner Sicht, wie bessererUmweltschutz und höhere Sozialstandards für wenigerRisiko und mehr Rendite sorgen können. Als Experte fürRisikomanagement sollten wir Unternehmen in allen Sektorendabei helfen können und ein Angebot entwickeln,das sich für alle Beteiligten lohnt.Gilt das auch für Unternehmen, die Streubombenund Antipersonenminen produzieren?Es gibt einige Bereiche, aus denen wir uns zurückgezogenhaben. Die Hersteller dieser von internationalen Konventionengeächteten Waffengattungen gehören dazu.Das betrifft aber nur die eigenen Versichertengelder,Aktien und Bonds, nicht die von der <strong>Allianz</strong>verwalteten Drittgelder.Es betrifft die <strong>In</strong>vestments, über die wir entscheidenkönnen. Was Drittgelder angeht, so entscheidet der<strong>In</strong>vestor. Wir legen das Geld so an, wie es der Auftraggeberbestimmt. Dazu sind wir rechtlich verpflichtet.Da machen Sie es sich recht einfach.<strong>In</strong>stitutionelle <strong>In</strong>vestoren, Pensions- oder Staatsfondsbestimmen selbst, wie ihre Gelder angelegt werden,welches Risiko sie bereit sind einzugehen und welcheZielrendite sie erwarten. Unsere Portfoliomanager könnenökologische und soziale Aspekte von <strong>In</strong>vestmentszur Sprache bringen und auf Risiken in bestimmtenBereichen hinweisen. Doch sie werden vertragsbrüchig,wenn sie die Vorgaben des <strong>In</strong>vestors ignorieren undeigene Kriterien über das Mandat stellen.Man kann solche Mandate annehmen, muss esaber nicht.Das ist ein möglicher Ansatz, den einige Nischenanbieterverfolgen. Er verlangt allerdings eine Haltung, in der mandie eigene Sicht zum Maß aller Dinge macht. Werte, diefür uns in Europa gelten, werden in Asien oder Amerikahäufig nicht geteilt – und umgekehrt. Wir sind keine religiöse<strong>In</strong>stanz und keine gewählte Regierung. Wir habenkein Mandat, in unseren über 70 Märkten Entscheidungenzur Energiepolitik oder anderen gesellschaftlich wichtigenFragen zu treffen. Wir sind Risikoexperten, die ihr Wissenteilen und damit Kunden und vielleicht auch Regierungendabei helfen können, nachhaltigere Entscheidungen zutreffen. Was unsere eigenen <strong>In</strong>vestments angeht, könnenwir natürlich schneller und konsequenter handeln. DieDas ESG-Board der <strong>Allianz</strong>ESG-Kriterien sollen dabei helfen. Jeder <strong>unserer</strong> Asset-Manager, der Eigengelder der <strong>Allianz</strong> verwaltet, wird dieseKriterien in Zukunft berücksichtigen.Ab wann gilt das?Eine entsprechende Vorlage soll 2014 in Kraft treten. Aufdieser Basis wollen wir auch unsere Verantwortung alsAnteilseigner von Unternehmen stärker wahrnehmenund den Dialog über ESG-Standards führen. <strong>In</strong> diesenDialog werden wir unser Wissen einbringen und auchkritischen Themen nicht ausweichen. Partikularinteressenaber werden dabei nicht unser Maßstab sein. UnserZiel ist es, ganzheitliche Lösungen zu entwickeln – <strong>vor</strong>allem im Sinne <strong>unserer</strong> Kunden. Alle Seiten werden wiralso auch in Zukunft nicht zufriedenstellen können.KatharinaLatifIm Juli 2012 hat die <strong>Allianz</strong> als erstes Unternehmen weltweit ein Gremiumauf Vorstandsebene eingerichtet, das Richtlinien für die stärkere Einbindungvon ökologischen und sozial-gesellschaftlichen Aspekten inGeschäftsentscheidungen entwickeln soll. Das ESG-Board, dem die<strong>Allianz</strong> Vorstände Jay Ralph, Maximilan Zimmerer und Clem Booth angehören,soll die Position der <strong>Allianz</strong> zu den Themen Umwelt (Environment),Soziales (Social) und gute Unternehmensführung (CorporateGovernance) definieren und Mindeststandards für die <strong>Allianz</strong> Gruppe,sowohl für die <strong>In</strong>vestitionstätigkeit wie auch für das Versicherungsgeschäft,formulieren. Diese Standards sollen ab 2014 sukzessive inalle Geschäftsbereiche der <strong>Allianz</strong> Gruppe einfließen. Zur Leiterin desESG-Büros wurde die Umwelttechnikerin Katharina Latif berufen.KATHARINA.LATIF@ALLIANZ.COM1415


Deutschland<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013GanzehrlichDie Verkäuferin tut es und der Arzt tut es; der Durchschnittsverdiener tutes und auch der Millionär hilft gelegentlich nach: Versicherungsbetrug istgesellschaftsfähig, die Hemmschwelle liegt tief. Der Gesamtverband derDeutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hält ein Zehntel der gemeldetenSchäden für fingiert.FRANK STERNRoth1617


DEUTSCH-LAND<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Poker und Pferdewetten waren seine Leidenschaft, dochein Händchen hatte er weder für das Eine, noch das Andere.Gelegentlich bot er seine junge Frau als Pokereinsatz an –und mehr als einmal hat er auch die verloren. Doch es wareine andere Geschäftsidee, die den Mann schließlich <strong>vor</strong>Gericht brachte – Versicherungsbetrug. Die Masche warsimpel: Zwei Autos, beide vollkaskoversichert, begegnen sichabends auf einer abgelegenen <strong>Land</strong>straße und schrammenin einer engen Kurve aneinander <strong>vor</strong>bei. Weit und breit keineZeugen, Schaden in diesem Fall 14 000 Euro.Eric Beckmann, Leiter der Betrugsabwehr für die <strong>Allianz</strong>Region Nordwest, hatte den Fall auf dem Tisch. Über dieJahre hat der Schadenexperte ein Gespür dafür entwickelt,ob eine Unfallschilderung plausibel klingt oder nicht. Unddie hier deutete geradezu exemplarisch auf eine arrangierteKollision hin. »Gerade bei Kfz-Unfällen gibt es einige typischeMerkmale, bei denen wir hellhörig werden«, erklärt Beckmann.Ort und <strong>Zeit</strong> der Kollision spielen da eine Rolle undauch das Alter der Beteiligten. Meist wurde das Fahrzeug des»Geschädigten« weniger als 100 Tage <strong>vor</strong> dem Unfall zugelassen,es sind lediglich Blechschäden entstanden, die sichrelativ leicht reparieren lassen und die bar nach Gutachtenbeglichen werden sollen. Das alles sind keine Beweise, aberdoch starke <strong>In</strong>dizien. Beckmann schaute also genauer hinund er wurde fündig. <strong>In</strong>zwischen befasst sich der Staatsanwaltmit der Sache. Die beiden Unfallbeteiligten hatten nochneun weitere Schadenfälle laufen.Pro Jahr zahlen die deutschen Schaden- und Unfallversichererrund 42 Milliarden Euro für gemeldete Schäden aus.Ein Zehntel davon fällt laut Schätzungen des GDV in dieKategorie Versicherungsbetrug – gut vier Milliarden Euro.Entweder wird der Schaden mutwillig herbeigeführt, ist freierfunden, oder es wird bei der Schadenhöhe nachgeholfen.<strong>In</strong> <strong>In</strong>ternet-Foren kann man sich über die besten Tricks eingehendinformieren. Bei gut <strong>einem</strong> Fünftel der Bevölkerunggilt diese Art der Abzocke als Kavaliersdelikt – quer durchalle gesellschaftlichen Schichten. Bei Frauen und Männerngleichermaßen, im Süden um einiges mehr als im Norden,in Städten mehr als auf dem <strong>Land</strong>.Dieses Gefälle stellt auch Eric Beckmann in s<strong>einem</strong> Einzugsgebietfest: »<strong>In</strong> den ländlichen Regionen spielt das ThemaVersicherungsbetrug eine deutlich geringere Rolle«, sagt er.»Doch die Anonymität der Städte trägt offensichtlich dazubei, dass dort die Hemmschwelle sinkt.« Besonders tiefscheint sie bei technischen Geräten zu liegen. <strong>In</strong> einer GDV-Untersuchung von mehr als 1000 gemeldeten Laptopschädenstellten sich 36 Prozent als Betrug heraus. Weitere neunProzent der Anspruchsteller machten einen Rückzieher,nachdem ihre Versicherung eine eingehende Begutachtungangekündigt hatte.Kein Wunder, dass die Branche angesichts solcher Zahlendie Betrugsabwehr auf breiter Front ausbaut. Bei der <strong>Allianz</strong>werden zweifelhafte Fälle, die zum Teil bereits anhandbestimmter Merkmale vom Computer herausgefiltert werden,inzwischen von so genannten Bestandspflegegruppenübernommen. Und deren Trefferquote ist beachtlich. »Bei70 Prozent der Vorgänge, die noch mal genauer geprüftwerden, stoßen unser Spezialisten auf Betrug«, sagt EricBeckmann. Was nicht unbedingt heißt, dass der Rest völligkoscher ist. Nur fehlt dort der letzte Beweis.Auf Detekteien, bis letztes Jahr noch eine übliche Aufklärungsschiene,greift der Schadenspezialist inzwischen nicht mehrzurück. »Wir verfügen mittlerweile in jedem Betriebsgebietüber eigene Ermittler, die ausschließlich für unsere Betrugsabwehrgruppentätig sind«, erläutert er die neue Strategie.Einer seiner Leute war früher bei der Kripo Düsseldorf, »füruns die Optimalbesetzung«, so Beckmann.Von den vier Milliarden Euro, die die deutsche Assekuranzpro Jahr für fingierte Schäden überweist, entfallen alleinzwei Milliarden auf die Kfz-Versicherung. »Da gibt es kriminelleGruppen, die beschäftigen sich mit nichts anderem«,berichtet Christian Röttgermann vom Fachbereich Schadender <strong>Allianz</strong> Deutschland in München. »Und beide Seiten,sowohl wir als auch die Betrüger, arbeiten daran, immerbesser zu werden.«Shutterstock<strong>In</strong>zwischen winken die Versicherungsunternehmenauch nicht mehr sämtliche Kleinschäden durch, diebisher ohne Plausibilitätsprüfung ausgezahlt wurden.Denn gerade die kleineren Betrügereien schlagen in derSumme enorm zu Buche. »Bei Brillen-, Handy- und Laptopschädensind wir mit einer Flut an Betrugsversuchen konfrontiert«,sagt Eric Beckmann. »Um ihrer überhaupt Herr zuwerden, haben wir in unseren Sachschadengruppen eigeneArbeitsabläufe geschaffen.«Für alles, was nicht unter die Rubrik Massenbetrug fällt, sindinzwischen die Bestandspflegegruppen zuständig. So auchfür den Verlust der wertvollen Halskette, die der Pokerfanvom Anfang <strong>unserer</strong> Geschichte seiner neuen Freundin imFreibad versehentlich vom Hals gerissen hatte. So schilderteer es jedenfalls in seiner Schadenanzeige. Das Erbstück seivon der Filteranlage aufgesogen worden oder trotz aufwändigerRettungsversuche nicht mehr aufgetaucht. Wie es derZufall will, hatte er wenige Wochen <strong>vor</strong> dem Missgeschicknoch eine Expertise fertigen lassen, die das Schmuckstückauf mehrere tausend Euro taxierte.Doch ein gutes Blatt hatte er auch hier nicht. Die <strong>Allianz</strong>lehnte die Forderung ab.Selbstbedienung an der KasseSchätzungen des GDV zufolge liegt der jährliche Schaden durch Versicherungsbetrug in der Schaden- und Unfallversicherung in Deutschland bei über vier Milliarden Euro.Davon entfallen rund zwei Milliarden auf die Kfz-Versicherung, eine Milliarde Euro auf die Sachversicherung und etwa eine halbe Milliarde Euro auf die Haftpflicht. Dabei hates die Assekuranz sowohl mit professionellen Betrügern als auch mit Gelegenheitstätern zu tun, die einen zufälligen Schaden ausnutzen, um die Versicherung zu prellen.Professioneller BetrugGESTELLTE AUTOUNFÄLLE→ Beteiligte kennen sich und führen Kollisionzweier Fahrzeuge nach Absprache herbeiPROVOZIERTE AUTOUNFÄLLE→ Betrüger tritt als vermeintlich Geschädigterauf, ein argloser Verkehrsteilnehmer wirdbewusst in einen Unfall verwickeltGLASBRUCH IN DER AUTOVERSICHERUNG→ Betrüger späht fremde Daten aus und meldeteinen vermeintlichen Versicherungsfall.Die Entschädigung fließt auf sein KontoGelegenheitsbetrugAUSNUTZEN EINES EINBRUCHDIEBSTAHLS(Hausratversicherung)→ nach realem Einbruch werden Gegenständeals gestohlen gemeldet, die nicht Eigentum desGeschädigten sindBRILLENSCHÄDEN(Private Haftpflichtversicherung)→ Geschädigter hat seine Brille selbst beschädigtund gibt als Verursacher eine andere Person an,deren Versicherung den Schaden begleichen sollBELEGFÄLSCHUNGEN(alle Versicherungssparten)→ Kaufbelege oder Reparaturrechnungen (z.B.einer Kfz-Werkstatt) werden verfälscht odergefälschte Belege selbst ausgestellt(Quelle: GDV)Roth1819


DEUTSCH-LAND<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Im VisierTatort Kunsthalle Rotterdampicture alliance / dpaDas Ganze ist natürlich verwerflich und aufs Schärfste zuverurteilen, doch wie die beiden Täter im Oktober 2012die Kunsthalle von Rotterdam um Bilder im Wert von fast100 Millionen Euro erleichterten, war schon ziemlich clever.Erst lösten sie zu nächtlicher Stunde an <strong>einem</strong> NotausgangAlarm aus, woraufhin das Sicherheitssystem entsprechendder geltenden Vorschriften die Fluchttüren entriegelte.Danach knackten sie mit wenig Aufwand das Schloss undmachten sich an ihr frevelhaftes Werk. Es dauerte keinezwei Minuten, da war ihr Museumsrundgang beendet –begleitet von Picasso, Monet, Matisse und Gauguin machtensich die nächtlichen Besucher aus dem Staub. Derspektakulärste Kunstdiebstahl der letzten Jahre wurdevon Überwachungskameras aufgezeichnet. Die Polizei trafdrei Minuten später ein.Pro Jahr, so wird geschätzt, werden weltweit Kunstgegenständeim Wert von sechs bis sieben Milliarden Dollargestohlen. Tendenz steigend. Die Aufklärungsquote dagegenliegt laut Munich Re bei gerade mal bei zwei bis sechsProzent, was Kunstraub zu <strong>einem</strong> weitgehend risikofreienGewerbe macht. <strong>In</strong>zwischen weiten die Täter ihren Aktionsradiusvon berühmten Museen und Galerien zunehmendauch auf private Sammlungen aus. Dort sind die Hürden füreinen erfolgreichen Coup meist niedriger.Doch selbst, wer sein Heim zur Burg aufrüstet, kann nie völligsicher sein, dass es <strong>einem</strong> findigen Ganoven nicht dochgelingt, die Schatzkammer zu leeren. Zumindest über denfinanziellen Verlust kann dem Eigentümer in so <strong>einem</strong> Fallhinweggeholfen werden – wenn er denn entsprechend <strong>vor</strong>gesorgthat. Und das tun immer mehr.»Das Risikobewusstsein bei den Sammlern wächst«, unterstreichtGeorg Freiherr von Gumppenberg, unter dessenLeitung <strong>vor</strong> 13 Jahren die Kunstversicherung Art Privat der<strong>Allianz</strong> Deutschland aus der Taufe gehoben wurde. Rund9000 Kunden haben sich mittlerweile mit dem Rundumschutzfür den gehobenen Bedarf abgesichert, daruntereinige illustre Adressen, über die von Gumppenberg jedochStillschweigen wahrt – Diskretion gehört zum Geschäft. Nurso viel: Die höchste Einzel-Police, die er in den Büchern hat,deckt Versicherungsschäden von über 100 Millionen Euro.Seit Ausbruch der Finanzkrise ist die Nachfrage nach Kunstwerkenenorm gestiegen, Galerien und Auktionshäuservermelden immer neue Preisrekorde. »Käufer investierenvermehrt in Sachwerte statt in Finanzanlagen«, bestätigtauch von Gumppenberg. »Das ist ein deutlicher Trend.«Doch nicht jede Leinwand hält, was der erste Blick verspricht.Erst im Juni dieses Jahres kam das Bundeskriminalamt <strong>einem</strong>Fälscherring auf die Spur, der die sowjetische Avantgarde inimmer neuen Werken hatte aufleben lassen und mit denFalsifikaten über Jahre einträglichen Handel trieb. Die Edelkopienwaren so perfekt, dass selbst Kenner der Materie denSchwindel lange <strong>Zeit</strong> nicht bemerkten.Gefeit sind auch von Gumppenberg und die anderen16 Kunstsachverständigen der <strong>Allianz</strong> nicht da<strong>vor</strong>, aber sieschauen schon sehr genau hin, wenn sie den Wert eineszu versichernden Werkes abschätzen sollen – gelegentlichmit überraschendem Ergebnis. <strong>In</strong> <strong>einem</strong> Fall etwa nahmvon Gumppenberg in <strong>einem</strong> Schloss in Bayern einen vermeintlichenRubens unter die Lupe und kam zu dem Schluss:eine Kopie. »Proportionen und Malführung passten einfachnicht«, erinnert sich der <strong>Allianz</strong> Mann.Museen und Galerien standen schon immer auf der Wunschlistevon Dieben und Hehlern. <strong>In</strong>zwischen geraten zunehmend auchprivate Kunstsammlungen ins Visier. Nie war Besitz so vergänglich.FRANK STERN<strong>Allianz</strong> Art PrivatDie <strong>Allianz</strong> Art Privat ist eine Allgefahrendeckung,die neben Kunstgegenständen,Musikinstrumenten, Antiquitäten,ausgefallenem Mobiliar und Schmuckauch Hausrat und Gebäude in denVersicherungsschutz mit einschließt.Die Versicherung bietet Schutz gegenGefahren durch Feuer, Einbruch, Raub,Vandalismus, Leitungswasser undSturm und kommt für Schäden auf, dieder Eigentümer, Personen im Haushaltoder Besucher ungewollt verursachen.Der Versicherungsumfang:• spezielle Absicherung für Kunst- und Wertgegenstände sowie Antiquitäten• Schutz bei Diebstahl, Verlust, Herunterfallen oder Beschädigung vonGegenständen• Schäden durch Personen im Haushalt, Besucher oder durch den Eigentümer• Bewertung von Kunstgegenständen• Beratung bei Sicherungs-, Aufbewahrungs- und Konservierungsfragen sowiebei TransportenUnd für den Fall, dass die Kunst mal aus dem Rahmen fällt, haben die <strong>Allianz</strong>Experten auch renommierte Restauratoren an der Hand.WWW.ALLIANZ.DE/PRODUKTE/HAUS_WOHNUNG/ART_PRIVAT_KUNSTVERSICHERUNG/INDEX.HTML2021


DEUTSCH-LANDRumpfGeorg Freiherr von GumppenbergReh im AnflugGlauben mochte der Eigentümer zunächst nicht, dass er dakein Original an der Wand hängen hatte. Erst als ein hinzugezogenerExperte von Sotheby’s die Degradierung bestätigte,fügte sich der Schlossherr ins Unabänderliche. Dafür stießvon Gumppenberg bei s<strong>einem</strong> Rundgang auf ein verschollengeglaubtes Bild eines berühmten Münchner Malers aus dem19. Jahrhundert, das bis dahin niemandem aufgefallen war.Ein Trost, immerhin. Der Rubens-Fälscher übrigens ließ sichnicht mehr dingfest machen: Es handelte sich um einen <strong>Zeit</strong>genossendes flämischen Malgenies.Vor Fälschungen kann zwar auch die <strong>Allianz</strong> Art Privat nichtschützen, fast alles andere aber schließt die Allgefahrendeckungfür den gehobenen Bedarf mit ein – Mindestversicherungssumme:300 000 Euro. Alle Kunden sind zudemautomatisch Mitglied im Art Loss Register (ALR), der weltweitgrößten Datenbank für verloren gegangene und gestohleneKunstwerke. Auktionshäuser, Museen und Sammler, aberauch Versicherungen und Ermittlungsbehörden nutzen denKatalog regelmäßig.»Wir können dort auf einen Riesenbestand mit detailliertenAngaben und Fotos von Kunstwerken und anderen wertvollenGegenständen zurückgreifen«, sagt von Gumppenberg.Wobei sich die Datenbank nicht auf die Bestände ausMuseen und Galerien beschränkt. Die meisten der im ArtLoss Register gespeicherten Objekte stammen aus Privatbesitz,viele Pretiosen darunter. Doch gerade bei Schmuckzeigen sich denn auch die Grenzen des Katalogs: Die Chancen,das Geschmeide nach <strong>einem</strong> Diebeszug unversehrtzurückzubekommen, stehen äußerst schlecht. »Oft werdendie Stücke sofort zerlegt oder eingeschmolzen«, erläutertvon Gumppenberg die Brachialmethode der Täter. »Danachsind sie nicht mehr zurückzuverfolgen.«Die Diebe von Rotterdam gingen der Polizei in Rumänien insNetz. Die Bilder aber sind wahrscheinlich für immer verloren:Die Mutter einer der Täter soll sie verbrannt haben – ausAngst <strong>vor</strong> Entdeckung.picture alliance / dpaWildtiere, die in der Dämmerung plötzlich die Straße queren, sind der Schrecken jedesAutofahrers. Moderne Technologie könnte die Sicherheit erhöhen – für beide Seiten.MICHAEL GRIMM2223


DEUTSCH-LAND<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013ADAC <strong>In</strong>fogrammZehn Tage nach dem Unfall registrierteder GPS-Sender keine Bewegung mehr.Mit gebrochener Hüfte hatte er sich nochknapp zwei Wochen durch das Unterholzgeschleppt. Schließlich erlag der Rothirschseinen inneren Verletzungen. Unfallortund -zeit konnten anschließend zwar mitHilfe des Senders ermittelt werden, dochvon dem Unfallwagen keine Spur. Dabeimusste auch am Fahrzeug erheblicher Schadenentstanden sein. Laut Berechnungendes ADAC entspricht die Wucht, mit der einRothirsch bei Tempo 60 frontal mit <strong>einem</strong>Auto kollidiert dem Aufprallgewicht einesausgewachsenen Elefanten: fünf Tonnen.Karambolage mit der NaturWildunfälle wie dieser im Südschwarzwaldpassieren in Deutschland hundertfach imJahr – mit kleineren Tieren, wie Rehen oderWildschweinen, sogar tausendfach. Bundesweitkracht es alle drei Minuten zwischenMensch und Tier. Gefährlich wird es <strong>vor</strong> allemin der Dämmerung und nachts. Im Jagdjahrvon April 2011 bis März 2012 hat der DeutscheJagdschutzverband über 194 000 Wildunfälleregistriert. Für die Autofahrer enden diemeisten Kollisionen mit Tieren glimpflich undes bleibt bei Blechschäden. Laut einer Studiedes ADAC verunglückten 2011 rund 2700Personen bei Wildunfällen, 20 kamen dabeiums Leben. Die Sachschäden summieren sichjährlich auf rund eine halbe Milliarde Euro.Seit Jahren suchen Forschungsinstitute,Versicherer und Behörden einen Weg, umdie Massenkarambolage mit der Natur zustoppen. Hunderttausende Straßenkilometerverlaufen allein in Deutschland durch dieReviere vieler Tierarten. Duftbarrieren undReflektoren sollen das Wild davon abhalten,die Straße zu queren. Hecken und Sträucheram Straßenrand werden zurückgeschnitten,damit die Tiere leichter zu erkennen sind.Die auf diese Weise gewonnenen Meter anSicht geben dem der Fahrer ein paar Sekundenmehr Reaktionszeit. Doch keine derMaßnahmen hat bisher zu <strong>einem</strong> deutlichenRückgang der Unfallzahlen geführt.»Weil sich bei allen Untersuchungen bishernur auf Vorher-Nachher-Vergleiche konzentriertwurde«, erklärt Falko Brieger von derForstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt(FVA) in Baden-Württemberg. Der34 Jahre alte Diplom-Forstwirt untersuchtseit dreieinhalb Jahren die Effektivität vonWildunfallpräventionsmaßnahmen. Undzum ersten Mal steht das Verhalten der Tiereim Fokus. »Ziel ist es, die Wirksamkeit vonWildwarnreflektoren anhand von Verhaltensänderungengrößerer Säugetiere festzustellen«,erklärt Brieger das auf fünf Jahreangelegte Forschungsprojekt. Als Probandendienen ihm und s<strong>einem</strong> Team Rehe. Vonallen Tierarten sind sie am häufigstenin Unfälle verwickelt.Mit Hilfe von GPS-Halsbändern, die den Tierenangelegt werden, erforscht der Forstwirtden Tagesablauf des Rehwilds. »Mit dieserMethode haben wir herausgefunden, dassRehe bis zu 40 Kilometer in wenigen Tagenwandern können. Außerdem lässt sich sehrgenau bestimmen, wie häufig sie bestimmteStraßen überqueren«, sagt Brieger. Schließlicherhofft sich der FVA-Experte auch Daten,die erkennen lassen, ob und wie Rehe aufReflektoren reagieren. Die Maßnahme wirdam häufigsten an Deutschlands Straßenränderneingesetzt – und am meisten diskutiert.Reflektoren an den Leitpfosten werfendas Scheinwerferlicht der Autos in den Wald.Das Licht soll die Tiere vom Sprung auf dieStraße abhalten.Johann Gwehenberger vom <strong>Allianz</strong> Zentrumfür Technik (AZT) ist skeptisch. Vor Jahrenhat er eine Studie des Gesamtverbandesder Deutschen Versicherungswirtschaftzum Thema Prävention von Wildunfällenbegleitet. Das Ergebnis war ernüchternd.Auch Reflektoren konnten die Erwartungennicht erfüllen. Gwehenbergers Hoffnungenkonzentrieren sich deshalb <strong>vor</strong>läufig auf dieTechnik in den Fahrzeugen. Derzeit erarbeitetdas AZT Standards für <strong>vor</strong>ausschauendeFrontschutzsysteme.Sensoren und Kameras sollen in naherZukunft Fahrern helfen, Fußgängerunfällezu vermeiden oder abzumildern. Wenn einFußgänger zum Beispiel unerwartet dieStraße quert, leitet das System automatischeine Notbremsung ein. Ähnlich könnten dieSysteme auch auf Tiere reagieren. Sekundenentscheiden darüber, ob es zum Crashkommt. Das menschliche Reaktionsvermögenreicht dafür aber in den meisten Fällennicht aus. <strong>In</strong> Zukunft übernimmt das Fahrzeugselbst. »Damit diese Technik auch lernt,Wildunfälle zu verhindern, geben wirunfallrelevante <strong>In</strong>formationen andie Automobilhersteller weiter«,sagt Gwehenberger. WeitereFahrerassistenzsysteme inProbe seien zum BeispielNachtsichtsysteme,die dem Fahrerschon früh dieNähe einesTieres anzeigenkönnten.Trotzdem, so glaubt Gwehenberger, Technikallein wird Wildunfälle auch in Zukunftnicht ganz verhindern können. Deshalbplant der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft,ein neues Forschungsprojektaufzusetzen. Untersucht werdensoll, ob es nicht doch auch infrastrukturelleMaßnahmen gibt, die Tiere und Fahrerbesser schützen. »Ich denke dabei nichtan durchgehende Zäune. Die würden dasWild massiv einschränken. Ich denke anGrünbrücken, wie sie zum Beispiel auf derAutobahn von Wien in Richtung Ungarnhäufig <strong>vor</strong>kommen«, sagt Gwehenberger.Mit den so genannten Tierquerungshilfenkönnte sich auch Diplom-Biologe MartinStrein anfreunden, sofern die Bauwerke<strong>einem</strong> breiten Artenspektrum nützen.ShutterstockStrein arbeitet genau wie seinKollege Brieger bei der FVA.»Es ist nicht sinnvoll, pauschalalle fünf Kilometer eine Brückezu bauen. Sie müssen dortentstehen, wo bedeutendeökologische Funktionsbeziehungenzwischen beidenStraßenseiten bestehen.«Wildunfälle sind für Strein eingesamtökologisches Problem.Pflanzensamen und kleinereTiere bis Eidechsengröße nutzenbeispielsweise die größerenTiere zum Transport. So werdenReh und Hirsch zum Taxi.Der Vektortransport, so der Fachbegriffdafür, ist wichtig für die Biodiversität einerganzen Region. Strein ärgert sich, dass beiWildunfällen oft nur der entstandeneSchaden im Vordergrund steht. »Wirsollten uns auch fragen, wie wir mitden Geschöpfen umgehen, die unsumgeben.« Bei Unfällen mitWildtieren gehe es schließlichauch um einen tierethischenAspekt. Für die Zukunft wünschtsich Strein eine engere Zusammenarbeitmit Versicherern und Automobilclubs,die letztlich in die Umsetzung konkreterMaßnahmen münden soll.Warnsignal für FahrerDass sich Naturwissenschaft und Technik gutergänzen, zeigt ein Projekt des Road EcologyCenter am John Muir-<strong>In</strong>stitut für Umweltforschungder University of California. ImSommer 2002 wurde am Highway durchden Kootenay National Park in Kanada einkameragestütztes Warnsystem (WildlifeProtection System) installiert. Die im Abstandvon zwei Kilometern aufgestellten <strong>In</strong>frarotkamerasentlang der Teststrecke zeichnetennicht nur rund um die Uhr das VerhaltenAufprallgewicht von Wildtieren: Die Wucht, mitder ein Rothirsch bei Tempo 60 in die Frontpartieeines Autos einschlägt, entspricht dem Gewicht einesausgewachsenen Elefanten: fünf Tonnender Tiere auf. Sobald sich ein Tier der Straßenäherte, lösten sie auch ein Lichtsignal aus,das die Autofahrer <strong>vor</strong> der Gefahrenstellewarnte. Im Gegensatz zu Grünbrücken ließesich dieses System schnell auf- und abbauen.Jahreszeitliche Brennpunkte könnten so besserabgedeckt werden, ohne die Bewegungsfreiheitder Tiere einzuschränken.Doch die wichtigste Erkenntnis des Testswar vielleicht folgende: Die Autofahrerreagierten viel <strong>vor</strong>sichtiger als sonst, weil siewussten, dass das Lichtsignal nur dann warnt,wenn sich auch wirklich Tiere am Straßenrandbefinden. Ein Straßenschild dagegenwird oftmals ignoriert, die Geschwindigkeitbeibehalten.Von 2006 bis 2008 hat die FVA ein ähnlicheselektronisches Wildwarnsystem in Baden-Württemberg betreut. Auch hier fiel dasFazit positiv aus: Im <strong>Zeit</strong>raum des Testlaufskonnten die Wildunfallzahlen im Durchschnittum 75% reduziert werden.HTTPS://AZT.ALLIANZ.DE2425


Europa<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013<strong>In</strong> <strong>einem</strong> <strong>Land</strong><strong>vor</strong> <strong>unserer</strong> <strong>Zeit</strong>Sie essen abscheuliche Sachen, tragen verstörend gemusterte Pullover undverlegen Straßen, um Elfen und Trolle nicht zu behelligen. Isländer sind einrecht merkwürdiges Volk. Kein Wunder, dass auch die <strong>Allianz</strong> Island etwas ausdem Rahmen fällt.FRANK STERN2627


EUROPAalle Fotos, auch Seite 26/27: Stern (wo nicht anders angegeben)Für Melanie Blanck dagegen war die raue Vulkaninsel,von der 90 Prozent so gut wie unbewohnbar sind, immerdas Sehnsuchtsland. Schon zu DDR-<strong>Zeit</strong>en hatte die gebürtigeOstberlinerin von <strong>einem</strong> Leben im hohen Nordengeträumt. »Irgendwann wandere ich dorthin aus«, sagtesie zu ihrer Mutter, nachdem im GeographieunterrichtIsland auf dem Stundenplan gestanden hatte. Ja sicher,wird die Mutter gedacht haben. Eher friert die Hölle zu.Wie konnte sie denn ahnen, dass die Mauer eines Tagesfallen und sie einen Wikinger als Schwiegersohn bekommenwürde?<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Seit elf Jahren lebt Melanie Blanck nun mit ihrem isländischenMann und ihren zwei Kindern auf dem abgelegenenEiland im Nordatlantik, das mit seiner Bevölkerungvon 320 000 gerade mal so viele Einwohner hat wieBielefeld. Zwei Drittel der Bevölkerung leben in und umReykjavik, der Rest verteilt sich auf den schmalen Küstenstreifenrings um die <strong>In</strong>sel. Das <strong>Land</strong>esinnere wird vonLavafeldern, Gletschern und Trollen beherrscht.Seit 1994 gibt es in Reykjavik, der nördlichsten Hauptstadtder Welt, auch die nördlichste <strong>Allianz</strong> Agentur derWelt. Ihr Entstehen verdankt sie Islands Fußballidol AtliEdvaldsson, der 1980 als erster Isländer in der Fußball-Bundesliga spielte und nach seiner Rückkehr vom Außeneinsatzder erste <strong>Allianz</strong> Vertreter in Island wurde. Heuteverdient er sein Geld als Fußballtrainer, die Agentur aber,die er aus der Taufe gehoben hat, zählt inzwischen zuden erfolgreichsten Versicherungsunternehmen des<strong>Land</strong>es. Melanie Blanck ist seit sechs Jahren als Kundenberaterindabei.Bild Mitte und unten: Ibrahim90 Prozent Islands sind unbewohnbar,doch für manchen ist die raue Vulkaninselder SehnsuchtsortIsland wäre ein prächtiger Verbannungsort. Kein Baum,kein Strauch, nichts. Das <strong>Land</strong> macht auf den ersten Blickden Eindruck, als seien Gott am dritten Tag der Schöpfungso gegen Mittag die Ideen ausgegangen. Mooseund Flechten jedenfalls scheinen die einzigen Lebensformenzu sein, die auf diesem unwirtlichen Fleckenkurz <strong>vor</strong> Grönland halbwegs über die Runden kommen.Anfang 1969 machten sich Neil Armstrong und BuzzAldrin nach Island auf, um dort für ihre Mondlandung zutrainieren. Das sagt ja wohl alles.Sie mag den Job, sie mag die Freundlichkeit der Menschenhier, und sie mag ihre Haltung, sich von Rückschlägennicht unterkriegen zu lassen – nicht von Vulkanausbrüchen,nicht von Finanzkrisen. »Die Leute arbeiten hart, vielehaben zwei oder drei Jobs«, erzählt Blanck. »Aber sie wissenauch, wie man das Leben genießt.« Und wie man aus<strong>einem</strong> Tief wieder herausfindet, wissen sie offenbar auch.Das hat sie vielleicht <strong>vor</strong> dem großen Absturz bewahrt,als im Oktober 2008 mit dem Kollaps ihrer Banken dieFinanzkrise Europa erreichte. Vielleicht war es aber auchdem Umstand geschuldet, dass Island über eine eigeneWährung verfügte, mit der es die schlimmsten Auswirkungenabfedern konnte. Der Preis der Abwertung derKrone ist nun allerdings eine Touristenschwemme, wiesie das <strong>Land</strong> noch nicht erlebt hat.2829


EUROPAStern<strong>Allianz</strong> Journal 3/20131950 war Island noch ein Geheimtipp. Gerade mal5000 Globetrotter verirrten sich damals zwischen Gletscherund Geysire. Auch in den folgenden Jahrzehntenhielten die horrenden Preise die Besuchermassen ausÜbersee auf Abstand. Doch seitdem die Krone durch denBankencrash halbiert wurde, schwillt die Welle unaufhörlichan. Billig ist das <strong>Land</strong> zwar auch heute nicht, aberes schießen <strong>einem</strong> beim Anblick einer Rechnung auchkeine Tränen mehr in die Augen. Letztes Jahr kamenüber 600 000 ausländische Gäste auf der Suche nachdem reinen Naturerlebnis hierher – fast doppelt so vielewie Island Einwohner zählt. <strong>In</strong> diesem Jahr könnten eseine Million werden.Melanie Blanck kann sie gut verstehen. Auch sie hatsich verzaubern lassen von der ungebändigten Wildheitder Wasserfälle, von den grandiosen <strong>Land</strong>schaftspanoramen,der unverstellten Weite, der klaren Luft,den intensiven Farben. Selbst an die abrupten Wetterumschwüngehat sie sich gewöhnt. Nur mit einigenTraditionsgerichten der isländischen Küche wie Schafsmagenund Widderhoden konnte sie sich bisher nichtrecht anfreunden. Dabei hat Islands Speisekarte desSchreckens noch ganz anderes zu bieten: Hakarl undSkata zum Beispiel – Grönlandhai und Gammelrochen.Der Reiseführer Lonely Planet vergleicht ihr Aromamit einer Mischung aus Ammoniak und verrotteterTierleiche.Der Rettungsanker, an den sich weniger experimentierfreudigeReisende normalerweise überall auf der Weltklammern können, wurde hier <strong>vor</strong> vier Jahren gekappt:Damals machten im Zuge der Finanzkrise die beiden einzigenMcDonald’s-Filialen des <strong>Land</strong>es wegen der rasantgestiegenen Importkosten dicht. Etwas Gutes, sagen<strong>einem</strong> die Isländer, habe die Krise dann doch gehabt.Phoenix ausder Asche2007 war der Tiefpunkt. Kaum jemand kannte die<strong>Allianz</strong> Island, und die, die sie kannten, brachten ihrGeld lieber zur Bank. <strong>In</strong> einer solchen Verfassunghätte die Finanzkrise ein Jahr später wohl das Endebedeutet. Doch es kam anders. Die Saga einerRettung, wie es sie nur in Island gibt.FRANK STERNEyjolfur Larusson ist ein umgänglicher <strong>Zeit</strong>genosse,aber er würde <strong>einem</strong> jetzt nicht unbedingtals Erster in den Sinn kommen, wennman den Chefposten einer Versicherung zubesetzen hat. Ein Hotel hat er mal gemanagt,war Marketingchef eine Supermarktketteund zehn Jahre lang Verkaufsleiter bei Islandsältester Brauerei. Alles ehrenwert, aber vomVersicherungsgeschäft doch meilenweitentfernt.»Ich mag Herausforderungen«, sagt Larusson,und vielleicht hat ja das damals denAusschlag gegeben. Eine Herausforderungwar die <strong>Allianz</strong> Island im Jahr 2007 in jedemFall. Umfragen zeigten für den Lebensversicherernicht eben schmeichelhafteWerte bei Markenbekanntheit und Kundenvertrauen,jede zweite Police wurde<strong>vor</strong>zeitig gekündigt. »Die Banken locktenmit Traumrenditen«, erinnert sich Larusson.»Von Lebens- und Rentenversicherungenwollte keiner etwas wissen. Wir musstenpraktisch bei Null anfangen.«Während Islands Banken auf den Super-Gau zusteuerten, ging Larusson mit s<strong>einem</strong>Team daran, die Geschäftsabläufe bei der<strong>Allianz</strong> auseinanderzunehmen, das IT-Systemzu modernisieren und die Gründe für diehohen Stornoraten zu untersuchen. Larussonwar kein Versicherungsfachmann, doch wieman Kunden so behandelt, dass sie wiederkommen,und wie man für seine Produkteüberzeugend Werbung macht, das hatte ervon der Pike auf gelernt. Wäre es ihm damalsnicht gelungen, die Abwärtsspirale bei der<strong>Allianz</strong> Island zu stoppen, die Finanzkriseein Jahr später hätte nicht nur das Ende vonMcDonald’s in Island eingeläutet.3031


EUROPA<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Londons SarazenenRund um den Globus wächst die Zahl der Sportarenen, die den Namen <strong>Allianz</strong>tragen. <strong>In</strong>zwischen zählt auch ein kleines Stadion im Norden Londons dazu,das auf ganz besondere Weise mit den Menschen <strong>vor</strong> Ort verbunden ist.DAVID RADFORDMunro, onEditionSternRosskur in Island: Eyjolfur Larusson, Melanie Blanck und Thorsteinn Olafsson (v.l.)Zusammen mit Thorsteinn Olafsson entwickelteer eine Art Rettungssystem fürabsprungbereite Versicherungsnehmer, dassie Second Sale tauften – Zweitverkauf. Eineigenes Beraterteam kümmert sich seitherausschließlich um die Problemfälle. Wannimmer ein Kunde eine Police kündigen willoder die Zahlungen für seine Lebens- oderRentenversicherung einstellt, treten die Mitarbeitervon Second Sale auf den Plan. »Wirnehmen Kontakt zu den Kunden auf underläutern, warum sie bei uns in besten Händensind«, sagt Olafsson. Mit erstaunlichemErfolg. 2012 konnte sein Team 86 Prozentder Wackelkandidaten überzeugen, ihrenVertrag weiterzuführen.Wenn man so will, hat die Finanzkrise ihrenTeil zur Wiedergeburt der <strong>Allianz</strong> Islandbeigetragen. Die öffentlichen Rentenkassenbüßten durch den Crash ein Viertel ihresVermögens ein, sämtliche Banken und fastalle Versicherungsgesellschaften gingenpleite. Die <strong>Allianz</strong> aber überlebte. »Wir habenkeinen Cent <strong>unserer</strong> Kundengelder verloren«,unterstreicht Larusson – der Grundstein fürden Neuanfang. Heute ist die <strong>Allianz</strong> Islandmit 30 Prozent Marktanteil größter Anbieterim Bereich private Alters<strong>vor</strong>sorge. Und dastrotz heftiger Konkurrenz von inzwischen30 Pensionsfonds, sechs Versicherungsgesellschaftenund vier Banken. Der BranchendienstCreditinfo reihte die <strong>Allianz</strong> Island2012 in die Riege der am besten geführtenUnternehmen des <strong>Land</strong>es ein.Jüngsten Umfragen zufolge halten 32 Prozentder Isländer die <strong>Allianz</strong> mittlerweile fürvertrauenswürdig, ein Spitzenwert in derBranche – und 31 Prozent mehr als noch <strong>vor</strong>sechs Jahren.WWW.ALLIANZ.IS3233


EUROPADickens, onEdition<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Wer an <strong>Allianz</strong> Stadien denkt, dem fallen wahrscheinlichspontan die <strong>Allianz</strong> Arena in München ein, das <strong>Allianz</strong>Stadium in Sydney, die <strong>Allianz</strong> Riviera in Nizza oder derspektakuläre, derzeit im Bau befindliche <strong>Allianz</strong> Parquein Saõ Paolo – alles berühmte Sportstätten mit großenZuschauerkapazitäten. Verglichen damit fällt der <strong>Allianz</strong>Park im Norden Londons mit seinen nur 10 000 Sitzplätzenetwas aus dem Rahmen.Sozialarbeit auf dem RasenDas Stadion öffnete seine Tore erst im März dieses Jahres.Seitdem hat es sich als ein echter Begegnungsortfür alle bereits einen Namen gemacht. Der große Erfolgder Olympischen Spiele 2012 und der Paralympics inLondon haben in Großbritannien eine Diskussion darüberangestoßen, wie man Sport und gesellschaftlichesEngagement enger verknüpfen kann. Doch der <strong>Allianz</strong>Park – die neue Heimat des Rugby-Union-Vereins»Saracens« – sticht als eine der wenigen <strong>In</strong>itiativenher<strong>vor</strong>, bei der den schönen Reden auch Taten folgten.<strong>In</strong> diesem Teil Londons haben <strong>In</strong>vestitionen in Sportstättenfür die Bevölkerung Seltenheitswert.Der <strong>Allianz</strong> Park steht für die Umwandlung einer baufälligenAnlage in ein vielseitiges Sportzentrum, das Alt und JungGelegenheit bietet, Sport zu treiben. Die Entscheidung,den ersten Kunstrasenplatz bei <strong>einem</strong> Erstliga-Rugby-Club einzuführen, hat sich für die Schüler umliegenderSchulen bereits ausgezahlt: Sie haben am Montagmorgenauf demselben Spielfeld Sportunterricht, auf dem sicham Wochenende zu<strong>vor</strong> noch internationale Sportstarstummelten.34Impey, Wired Photos | rechts: Munro, onEditionMit Unterstützung der <strong>Allianz</strong> holen die »Sarazenen« dieNachbarn aus der Umgebung in ihr Stadion. So wurdeein einzigartiges Programm für autistische Jugendlicheins Leben gerufen, das sie an den Sport heranführt undihnen ganz neue Perspektiven eröffnet. Für ihre Elternist das zugleich eine Gelegenheit, mal auszugehen – fürmanche zum ersten Mal seit vielen Jahren! Durch denBau neuer Sportstätten mit Kugelstoßring und HochundWeitsprunganlagen, die paralympischen Standardsentsprechen, wird der <strong>Allianz</strong> Park auch zum Zentrumdes Behindertensports in Nord-London.Auch ältere, zu<strong>vor</strong> oftmals isolierte Anwohner nehmenan sportlichen Aktivitäten teil, die auf ihre besonderenBedürfnisse zugeschnitten sind. Daneben kümmert sichdie »Saracen Sport Foundation« um soziale Brennpunkteim Viertel und bietet jungen Arbeitslosen Rugby-Stundenan, die mangels Perspektive häufig in Drogen- und Bandenkriminalitätverstrickt sind. Durch diese Aktivitäten trägtder <strong>Allianz</strong> Park zur Verbesserung des sozialen Klimas imgesamten Viertel bei.Das Stadion liegt auf einer der wenigen offenen Grünflächenin Barnet in Nord-London. Die Sarazenen habenden Anspruch, ihr Stadion zu <strong>einem</strong> der umweltfreundlichstenund energieeffizientesten in ganz Europa zumachen. Als einziges Stadion in Großbritannien verfügtes über eine Zertifizierung mit der Note »Ausgezeichnet«für nachhaltiges Bauen.Schulkinder aus der Nachbarschaftspielen auf demKunstrasenplatz des <strong>Allianz</strong>Parks. Rechts: Henry Fraserund <strong>Allianz</strong> Vorstand ClemBooth bei der Eröffnung desStadionsSaracens-Spieler David Strettle, Mako Vunipola und Chris Wyles (v.l.)laden Bälle in ein <strong>Allianz</strong> Taxi für den Wettbewerb mit der Facebook-AppAuf dem Tribünendach sind 500 Solarzellen installiert, unddas gesamte im Stadion verwendete Warmwasser wirdvon Erdwärmepumpen <strong>vor</strong>geheizt. Auch beim Themabiologische Vielfalt ist der <strong>Allianz</strong> Park Vorreiter. So wurdenin der Umgebung Bäume und Röhricht gepflanzt, in denengeschützte Tier- und Vogelarten Schutz und Nistplätzefinden. Der Transport an Spieltagen ist auf den öffentlichenNahverkehr ausgerichtet: Shuttlebusse sorgen für dieAnbindung an die lokalen Bahnstationen und versorgendie größten Einzugsbereiche. Mit dem Kunstrasenplatz,der keine ständige Bewässerung und Pflege erfordert,minimiert der <strong>Allianz</strong> Park zudem den Wasserverbrauch.Das Stadion, das sich bereits zu <strong>einem</strong> regelrechten Wahrzeichenin Nord-London entwickelt hat, liegt inmitteneiner großen jüdischen Gemeinde. <strong>In</strong>zwischen findenim Stadion regelmäßig Hochzeiten, Bar Mitzwahs undandere jüdische Feste statt – voll ausgestattete koschereKüchen und ein hoher gastronomischer Standardmachen’s möglich.Snack per AppNatürlich profitieren auch die Rugby-Fans von demzukunftsorientierten Konzept. Musste man früher noch fürEssen und Trinken Schlange stehen, so kann man sich jetztSnacks und Erfrischungen per Smart-Phone-App bestellen,die dann zur Halbzeit direkt zum Sitzplatz gebrachtwerden. Über riesige Bildschirme oder das eigene Smart-Phone – es wurde eigens eine App für die Fans entwickelt –können Zuschauer Wiederholungen von Spielszenensowie <strong>In</strong>terviews im Anschluss an die Partie verfolgen.Rund 250 freiwillige Helfer wurden geschult, um sicherzustellen,dass ein Match im <strong>Allianz</strong> Park für die Zuschauerin jeder Hinsicht ein echtes Highlight wird. Die <strong>Allianz</strong>Park Pioneers sorgen als Platzanweiser, Betreuer undLotsen dafür, dass alles reibungslos funktioniert und dieGäste mit guten Erinnerungen nach Hause gehen – egal,wie das Spiel ausgeht.Im Gegenzug für das Sponsoring durch die <strong>Allianz</strong>, tretenSpieler der Sarazenen inzwischen regelmäßig bei KundenundMaklerveranstaltungen als <strong>Allianz</strong> Botschafter auf.Auch in den sozialen Netzwerken rühren sie für die <strong>Allianz</strong>die Trommel. An Spieltagen können sich Fans an digitalenWettbewerben beteiligen. Besonderen Gefallen fand indieser Saison ein Wettbewerb, bei dem man schätzenmusste, wie viele Rugby-Bälle sich in ein Londoner Taxiquetschen lassen. Die richtige Zahl lautete 287.Die Sarazenen schlossen die Saison 2012/13 zwar alsTabellenführer der englischen Premiership League ab,mussten sich allerdings in den heimischen und europäischenCup-Halbfinalen geschlagen geben (beimEuropa Cup gegenüber dem schließlichen Cup-SiegerToulon). Etwas beeindruckender war da schon ihr sozialesEngagement. »Wie viele Zuschauer ins Stadion passen,darauf kommt’s letztlich nicht an«, sagt Club-GeschäftsführerEdward Griffiths über die Größe des <strong>Allianz</strong> Parks.»Es kommt darauf an, wie vielen Menschen man zu<strong>einem</strong> besseren Leben verhelfen kann.«Bei der Eröffnung des <strong>Allianz</strong> Parks im März verzichtetendie Sarazenen ganz bewusst auf Prominenz und namhafteSportstars. Stattdessen bat man Henry Fraser,einen vielversprechenden jungen Rugby-Spieler, derdurch einen tragischen Unfall gelähmt ist, das Stadion füreröffnet zu erklären. Henrys Bruder Will, der für die Sarazenenspielt, gelang im ersten Spiel ein Touchdown – derbeim Rugby allerdings »Versuch« (Try) genannt wird.Getreu der Club-Devise entwickeln die Sarazenen den<strong>Allianz</strong> Park kontinuierlich weiter: Die umliegenden Spielfelderwerden saniert, so dass die Anwohner im Viertelsie nutzen können. Auch eine neue Tribüne ist bereitsgeplant, um mit dem steigenden Zuschauerandrangfertig zu werden.Seine sportlichen Ziele verliert der Club darüber nicht ausden Augen. Ein Highlight steht bei Club-Chef Griffith fürdas kommende Jahr ganz oben auf der Wunschliste: »Wirwollen die Sarazenen 2014 nach Nizza ins <strong>Allianz</strong> Riviera-Stadion schicken«, sagt er. »Dort sollen sie sich mit <strong>einem</strong>der besten Rugby-Teams in Frankreich messen.«WWW.SARACENS.COM35


Amerika<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ist Terrorismus in denamerikanischen Medien und der öffentlichen Wahrnehmung einesder zentralen Themen. Das gilt auch für die Versicherungswirtschaft.Doch die unklare Gesetzeslage und unzulängliche Datenmodellemachen die Terrorismusversicherung zu <strong>einem</strong> unsicheren Geschäft.JESSICA BUCHLEITNERVersichern gegen TerrorDer jährliche Boston Marathon am Patriot’sDay, dem 15. April, begann wieder vielversprechend.Es sollte ein aufregenderTag werden und alle waren auf den Laufgespannt. Doch um 14:49 Uhr detoniertennahe der Ziellinie zwei Bomben: Drei Zuschauerstarben, 264 wurden verletzt.Panik brach aus, Hunderte mussten medizinischversorgt werden. Auch die Firmenund Geschäfte <strong>vor</strong> Ort waren von derGewalttat betroffen. Die Medienberichteverstärkten Angst und Schrecken, vieleKäufer blieben dem Ort der Gewalttat fern.Können Geschäftsinhaber in so <strong>einem</strong> Fall vonihrer Versicherung Entschädigung erwarten?Seit dem 11. September 2001 ist es für Firmenund ihre Versicherer in Amerika teuer geworden.Der US-Markt für Terrorversicherungenbefindet sich in ständigem Fluss. Es mangeltnicht nur an Datenmodellen, die die Wahrscheinlichkeitmöglicher Anschläge und ihreFolgen <strong>vor</strong>ausberechnen. Selbst über denTerrorismusbegriff, der darüber entscheidet,wann die Versicherung greift, hat sich derGesetzgeber noch nicht einigen können.Vor den Anschlägen waren derartigeVor fälle in der normalen Versicherungspoliceeingeschlossen und mussten nichtzusätzlich versichert werden. Wegender astronomischen Kosten – mit nahezu32 Milliarden US-Dollar wurden die An -schläge zum teuersten von Menschen verursachtenVersicherungsfall aller <strong>Zeit</strong>en –lehnten die US-Versicherer in der Folge dieDeckung von Terrorakten ab, sollte die US-Regierung nicht bereit sein, der Brancheunter die Arme zu greifen.Die Versicherungswirtschaft wurde von derMasse an Schadenansprüchen für Betriebsunterbrechung,Sachschäden und Haftpflichtgeradezu überrollt. Andreas Shell, Schadenexpertevon <strong>Allianz</strong> Global & CorporateSpecialty (AGCS), erinnert sich nur zu gutan die komplizierte Abwicklung. Die <strong>Allianz</strong>zählte zu den am stärksten betroffenen Gesellschaften,zahlreiche Finanzinstitutionensowie US-Unternehmen mit Sitz im südlichenManhattan waren bei der Gruppe versichert.Rückzug vom Markt»Das Schadenumfeld war sehr komplex.Die Fälle betrafen oft mehrere Versicherungsfelder,hauptsächlich Sachversicherung«,erklärt Shell. »Unfallversicherung,Reiseversicherung sowie Transport- undFrachtversicherung machten das Ganzenoch komplizierter.« Dann wurde zwischenden beteiligten Parteien auch noch darübergestritten, ob die Anschläge als ein oder alszwei Schadenereignisse zu werten waren.Die Betroffenen gingen davon aus, dass dieEntschädigungen bei zwei Schadenfällenmit separaten Deckungssummen höherausfallen würden. Die Frage beschäftigte dieGerichte über Jahre. Auch wenn es Shell unds<strong>einem</strong> Team gelang, per Regressklage derSachversicherer von der Luftfahrtindustrie539 Millionen US-Dollar zu erstreiten, markierteder 11. September 2001 für die <strong>Allianz</strong>und andere Versicherer eine Trendwende.Zwar wurden auch Erstversicherer in Mitleidenschaftgezogen, doch am stärksten trafdie Schadenwelle heimische und ausländischeRückversicherungsgesellschaften. Vielezogen sich in der Folge vom Markt zurück –die Risiken waren einfach nicht abzuschätzen.Bald folgten auch Erstversicherer diesem Beispiel.Gegen Terror konnte man sich nur nochgegen erhebliche Aufschläge absichern, vieleVersicherer schlossen eine Deckung ganzaus. Jetzt war der Staat gefragt.2002 verabschiedete der Kongress den TerrorismRisk <strong>In</strong>surance Act (TRIA), mit demder Markt im Bereich Terrorismusversicherungstabilisiert werden sollte. Das Gesetz,das 2005 und 2007 verlängert wurde, verteiltdie Last bei Terrorakten auf Versicherungsindustrieund Staat. Im Dezember 2014 läuftdie Verordnung aus. Politiker und Lobbygruppenkämpfen derzeit für eine weitereVerlängerung. Sollte keine Einigung erzieltwerden, könnte sich das bereits ab Januar2014 auf neu abgeschlossene Versicherungenauswirken. Vertreter der Versicherungswirtschaftsind der Überzeugung, die derzeitigeUngewissheit schade nicht nur der eigenenBranche, sondern auch den Versicherten undder Wirtschaft insgesamt.David Cohen von <strong>Allianz</strong> Tochter Fireman’sFund ist sicher, dass es Auswirkungen aufdie Höhe von Schadenleistungen für Versicherungsnehmergeben wird, sollte TRIAnicht verlängert werden. Zudem müsste derBegriff Terrorakt neu bestimmt werden. Vordem 11. September 2001 gab es in amerikanischenVersicherungsbestimmungen keineformale Definition dafür. »Falls TRIA nichtverlängert wird, greifen wir wieder auf diezurück, die <strong>vor</strong> TRIA galt: also ein Sachschadenab 25 Millionen US-Dollar und mindestens50 Tote«, so Cohen.Was ist Terror?Derzeit definieren Versicherer in NordamerikaTerrorakte nach den TRIA-Vorgaben. Danachmuss die Tat vom US-Finanzminister in Abstimmungmit dem Außenminister und demGeneralbundesanwalt als Terrorakt bestimmtwerden, sie muss sich auf dem Boden der USAereignet haben, und die Verluste müssenmehr als fünf Millionen US-Dollar betragen.Cohen hält eine Verlängerung des TRIA zwarfür wahrscheinlich, doch könnte es bei einerNeuauflage Änderungen geben.»Die meisten Versicherungsfachleute gehenvon einer Verlängerung aus, wenn auchunter Umständen mit einer höheren Selbstbeteiligungund stärkerer Kostenteilung zuLasten der Versicherungen«, sagt er. »Möglicherweisefallen auch manche Deckungenweg. Der Bereich Sachversicherung, wodas größte Schadenrisiko besteht, sowie dieShutterstock3637


AMERIKANelder<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Unfallversicherung würden bei einer Verlängerungaber wahrscheinlich weiter gedecktsein.«Doch Fireman’s Fund ist auch auf ein Endevon TRIA <strong>vor</strong>bereitet. Ab 1. Januar 2014 wirddas Unternehmen seine Firmenpolicen mitZusatzklauseln ausstatten, die auch Anfang2015 noch gelten. Sie regeln die Deckung,falls die staatliche Rückversicherung endet.»Wir bereiten uns auf diesen Fall <strong>vor</strong> undsorgen dafür, dass unsere Policen so gestaltetsind, dass sie uns <strong>vor</strong> den Auswirkungenvon Terrorakten schützen, selbst wenn TRIAauslaufen sollte«, erklärt Cohen.Doch auch wenn TRIA verlängert wird, sindVeränderungen zu erwarten. <strong>In</strong> der Vergangenheitwurden mit jeder Neuauflagehöhere Selbstbeteiligungen und höhereZuzahlungen der Versicherungsgesellschaftenverfügt. Derzeit werden die Schäden,die Versicherer durch einen terroristischenAnschlag erleiden, vom TRIA-Programm zu85 Prozent übernommen. Früher waren es90 Prozent.Um ihre Versicherungsprämien festlegen zukönnen, sind Versicherer auf Datenbankenmit umfassenden Schadeninformationenangewiesen. Allerdings ist die Zahl derTerroranschläge in den USA zu gering, umdaraus akkurate Datenmodelle ableiten zukönnen. Andere Länder haben hier einen»Vorsprung«. Spanien beispielsweise verfügtseit langem über eine staatliche Terrorversicherung:Das <strong>Land</strong> hatte in der Vergangenheitmit zahlreichen Terrorakten der ETA zukämpfen.Kaum berechenbarTerrorakte in den USA sind aus versicherungsmathematischerSicht dagegen kaum berechenbar.Anders als bei Naturkatastrophenwie Hurrikans und Erdbeben, für die Daten derletzten 200 Jahre zur Verfügung stehen undpräzise Schätzungen möglich machen, kannein einziger Terrorakt eine Versicherungsgesellschaftfinanziell in die Knie zwingen.Terrorismus ist zwar ein brandheißes Themain den amerikanischen Medien, doch ist dieWahrscheinlichkeit von Anschlägen in denUSA geringer als in anderen Ländern, und siepassieren sehr viel seltener.Während sich die <strong>Allianz</strong> Global Corporate &Specialty in Nordamerika in erster Line auf<strong>In</strong>dustrieunternehmen konzentriert, entfälltder Löwenanteil des Versicherungsgeschäftsvon Fireman’s Fund in den USA auf dasFirmen- und Immobiliengeschäft. Dazu zählenBürogebäude, Einkaufszentren, Hotelsund Restaurants – also Stätten mit hohemPublikumsverkehr.Auch wenn TRIA für den Fall eines TerroraktesRückversicherungsschutz gewährleistet,ergreift Fireman’s Fund eigene Vorsichtsmaßnahmen,um der Risikohäufung in gefährdetenZonen zu begegnen.Dabei folgt das Unternehmen, das die Hälfteseiner Prämieneinnahmen im Firmengeschäfterwirtschaftet, <strong>einem</strong> strikten Grundsatz undvermeidet die Zeichnung von Bauten, dienationale Symbole der Vereinigten Staatendarstellen. Dies gilt auch für benachbarteGebäude sowie hohe Risikokonzentrationenin Städten, die als Terrorziele gelten – NewYork, Chicago, San Francisco, Los Angeles.»TRIA bietet zwar einen hohen Grad an Rückversicherungsschutz«,sagt Timon Mueller,der bei AGCS in Amerika für den BereichSachversicherung zuständig ist. »Dennochmüssen auch wir selbst die Risikohäufung imAuge behalten.«Doch wie bestimmen Aktuare ohne geeigneteDatenmodelle die Höhe der Risiken?Fireman’s Fund hat dazu seit 2010 ein selbstentwickeltes <strong>In</strong>strument zur Einschätzungvon Terrorrisiken (Terrorism Scoring Tool/TST) im Einsatz. Es verwendet unter anderemortsspezifische Risikoinformationen zu möglichenTerrorzielen und ihrem besonderenGefährdungspotenzial. Anhand einer Skalakönnen Underwriter dann die potenziellenAuswirkungen verschiedener Anschlagsvariantenbewerten und die Risiken fürGebäude einschätzen, die neu versichertwerden sollen. Gleichzeitig lassen sich Vergleichemit anderen Liegenschaften in derUmgebung ziehen, die bereits vom Unternehmenversichert werden.Aktuar Alberto Leal von Fireman’s Fund hatdas Terror-Tool entwickelt, nachdem sich dieAnfragen zu bestimmten Gebäuden undihrem Anschlagsrisiko immer mehr gehäufthatten. Zwar sind die Schäden und Verlusteim Falle eines Terroranschlags in der Regelsehr hoch, doch die Wahrscheinlichkeit einessolchen Anschlags ist in den USA vergleichsweisegering. <strong>In</strong>sofern waren prognostizierteSchadenziffern allein keine geeigneten <strong>In</strong>dikatorenfür das potenzielle Risiko. UnterUmständen hätten sie sogar zu einer Fehleinschätzungdes Gefährdungspotenzialsder versicherten Immobilie führen können.»Im Allgemeinen übernimmt man keinen Versicherungsschutzfür Objekte innerhalb einesUmkreises von etwa 300 Metern von <strong>einem</strong>möglichen Terrorziel«, sagt Leal. »Je weiter dasDavid Cohen (li.) und Alberto Leal von Fireman’s FundObjekt entfernt ist, desto geringer das Gefährdungspotenzial.«Wenn ein Underwriter einbestimmtes Gewerbeobjekt überprüft, zeigtdas TST an, ob sich bekannte Anschlagszielein der Nähe befinden, sowie die verschiedeneninfrage kommenden Anschlagstypen, von<strong>einem</strong> herkömmlichen Bombenanschlag bishin zu <strong>einem</strong> nuklearen Ereignis.Mögliches AngriffszielZudem kann er ablesen, welche VersicherungsobjekteFireman’s Fund in <strong>einem</strong>bestimmten Gebiet im Bestand hat. Außerdemhilft es ihm mit Angaben über dasmögliche Angriffsziel und zu Verlusthöhenbei verschiedenen Anschlagsszenarien, dieentsprechenden Deckungsgrenzen zuberechnen. Die Höhe des Risikos wird anhandeiner Skala von 1 bis 1000 ausgewiesen.Fällt der Wert hoch aus, ist eine besondersgenaue Überprüfung des zu versicherndenObjekts erforderlich.»Mit dem TST können Underwriter Risikenerkennen und mögliche Szenarien undRisikohäufungen einschätzen«, sagt DavidCohen. »Auf diese Weise lassen sich dieRisiken eingrenzen.« Und es hilft, mit dergrößten Herausforderung umzugehen, diein der Natur dieses Geschäfts liegt: Deckungfür ein Risiko zu geben, das man eigentlichnicht abschätzen kann.WWW.FFIC.COMShutterstock3839


AMERIKAAustralien<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Abfall vom Glauben<strong>In</strong> Wirtschaft und Politik sind die Finanzressorts noch weitgehend inMännerhand. Doch an der Heimatfront deutet sich ein schleichenderMachtwechsel an. Laut einer Studie von <strong>Allianz</strong> Life in den USA habenim trauten Heim zunehmend die Frauen die Hand auf der Kasse.FRANK STERNRothDie Männer haben den Karren in den Sandgesetzt, jetzt übernehmen die Frauen dasRegiment: Laut einer Studie von <strong>Allianz</strong> Life –Women, Money and Power (Frauen, Geldund Macht) – trifft in den USA zunehmenddas vermeintlich schwache Geschlecht ineiner Partnerschaft die Finanzentscheidungen.60 Prozent der befragten Frauen gabenan, die Hauptverdiener in der Familie zusein, zwei Drittel waren der Meinung, dassauf ihre Männer in Gelddingen kein Verlasssei. Die Finanzkrise scheint den Abfall vomGlauben erst richtig in Schwung gebrachtzu haben.Die Studie beschreibt unter dem SchlagwortWomen of <strong>In</strong>fluence zudem den Aufstieg einesFrauentyps, der sich in Finanzfragen nichtsmehr <strong>vor</strong>machen lässt: Mit <strong>einem</strong> Jahreseinkommenvon 57 000 US-Dollar liegenAngehörige dieser Gruppe fast 20 Prozentüber dem Frauendurchschnitt, sie verfügenüber höhere Bildungsabschlüsse und sindberuflich überaus erfolgreich. Laut Studiegehört bereits jede fünfte Frau zu dieserKategorie. Gleichzeitig stellt die Untersuchungfest, dass neben der traditionellenFamilie zunehmend andere Konstellationentreten, die ebenfalls zu <strong>einem</strong> Wandel imRollenverständnis der Frau beitragen.Geschiedene Frauen, Single-Mütter, gleichgeschlechtlichePartnerschaften, Patchworkfamilien– neue Lebensformen gehen mitneuen Anforderungen einher, auch was diefinanzielle Vorsorge angeht. Die Zahl ledigeroder geschiedener Frauen übersteigt mittlerweiledie der verheirateten. 20 Prozentaller Frauen leben mit ihren Partnern ohneTrauschein zusammen, davon ein Drittel ineiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft.<strong>In</strong>teressant dabei ist, dass nur acht Prozentder lesbischen Frauen angaben, heimlichGeld beiseite zu legen, von dem die Partnerinnichts weiß. Bei den mit <strong>einem</strong> Mann verheiratetenFrauen waren es doppelt so viele.Besonders überraschend für die Autoren derStudie war, dass bei vielen Frauen – selbstden finanziell sehr erfolgreichen – weiter dieFurcht besteht, zu verarmen und irgendwannauf der Straße zu landen. Diese Furcht rangiertbei den meisten gleich nach der Angst,den Partner zu verlieren. Die Finanzkrise hatvielen Frauen <strong>vor</strong> Augen geführt, dass siesich mehr um ihre finanzielle Absicherungkümmern und lernen müssen, wie sie ihrenLebensstandard im Alter halten können.85 Prozent gaben an, das sei für sie imMoment die wichtigste Frage.Allerdings fühlen sie sich von der Finanzbranchebislang eher vernachlässigt. Soäußerte mehr als die Hälfte die Ansicht, dassdie Beratungs- und <strong>In</strong>formationsangebotezumeist auf die männliche, wohlhabendeKlientel ausgerichtet seien. Besonders geschiedeneund lesbische Frauen und dieHochverdienerinnen sehen sich übergangen.Fast zwei Drittel der Befragten gaben an,keinen Finanzberater zu haben. Und jenemit Berater sehen ihn meist nicht als erste<strong>In</strong>formationsquelle an, wenn es um die Fragegeht, wie man sein Geld am besten anlegt.Da rangiert das <strong>In</strong>ternet <strong>vor</strong>n. Mit Abstand.Trotz der wachsenden Rolle, die Frauen inFinanzdingen heute spielen, scheint sich einVorurteil hartnäckig zu halten, und wie ausder Studie her<strong>vor</strong>geht, können sich selbst40 Prozent der befragten Frauen nicht davonfreimachen: Sie glauben, dass finanziellunabhängige Geschlechtsgenossinnen aufMänner einschüchternd und unattraktiv wirken.Ein Drittel ist der Ansicht, dass sie auchandere Frauen eher abschrecken. »Da bleibtnoch viel zu tun«, so das Fazit der Autoren.WWW.ALLIANZLIFE.COM RETIREMENT RETIREMENT INSIGHTS WOMEN, MONEY, AND POWERClub MarineDNAam BootJedes Jahr verschwinden aus Australiens Häfen und Bootshäusern Freizeitboote im Wertvon elf Millionen Australischen Dollar (knapp acht Millionen Euro). <strong>In</strong> <strong>einem</strong> anderen Bundesstaatangemeldet, werden die geklauten Boote dann an nichtsahnende Käufer verscherbelt.Die leichte Nummer könnte nun ein Ende haben.FRANK STERN4041


AUSTRALIENbeide Fotos: Club MarineAsien<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Bootsdiebstahl nimmt in Australien zu. Jetzt schlägtdas Seefahrervolk zurückWas <strong>vor</strong> zehn Jahren im indischen Trivandrum als kleine Unternehmungder <strong>Allianz</strong> Großbritannien begann, hat sich zu <strong>einem</strong> Dienstleister mit1800 Mitarbeitern entwickelt. <strong>In</strong>zwischen wird es für die ACIS eng.ist, verliert er nicht nur das Boot, das an den ursprünglichenEigner oder die Versicherung zurückgeht. Auchsein Geld ist weg, denn er erhält keine Entschädigung.«FRANK STERNFür Greg Fisher ist es mehr als Diebstahl. Wer <strong>einem</strong>Australier sein Boot klaut, begeht in den Augen des langjährigenChefs von <strong>Allianz</strong> Tochter Club Marine, Australiensgrößtem Boots- und Yachtversicherer, ein Sakrileg. Allein2012 wurden über 1100 Bootsdiebstähle gemeldet – Tendenzsteigend. Doch das Seefahrervolk will sich zur Wehrsetzen. »Bootseigner und unsere Clubmitglieder hattenes einfach satt«, sagt Fisher. »Es wurde <strong>Zeit</strong>, dass wir etwasunternehmen.«Bootsklau hat sich in den letzten Jahren für kriminelleBanden in Australien zu <strong>einem</strong> lukrativen Geschäftszweigentwickelt. Aufwand und Risiko sind gering, dieGewinnspanne beachtlich. »Boote gehören zu den wenigenFahrzeugen, die heute noch relativ einfach entwendet,umdeklariert und wieder verkauft werden können«,erklärt Fisher, der im August aus den Diensten von ClubMarine ausgeschieden ist. Da es in den verschiedenenBundesstaaten Australiens kein einheitliches Diebstahlsregistergibt, reicht es oft, den schwimmenden Untersatzin einen anderen <strong>Land</strong>esteil zu schaffen und dort neuanzumelden. Mit sauberen Papieren versehen, stehtdem Verkauf dann nichts mehr im Wege.Das Register allein würde findige Diebe wahrscheinlichnicht sonderlich beeindrucken, wenn es nicht mit einerebenso einfachen wie genialen Technologie verknüpftwäre, die ihnen ihr Handwerk künftig erheblich erschwerendürfte. Mit Hilfe von so genannten DataDots, mit dembloßen Auge nicht sichtbaren Datenträgern aus <strong>einem</strong>Polyestersubstrat, wird jedes Boot quasi mit einer eigenenDNA versehen, die es eindeutig identifizierbar macht.Unter UV-Licht beginnen die Winzlinge zu leuchten undkönnen mit entsprechenden Vergrößerungsinstrumentengelesen werden. Aufkleber am Boot, die auf den Einsatzvon DataDots hinweisen, sollen potenzielle Diebe von<strong>vor</strong>nherein abschrecken.Die DataDots, die einen im Nationalen Marine Registerhinterlegten Code tragen, werden mit einer schnell trocknendenFlüssigkeit in schwer zugänglichen Bereichen desBootes und auf wichtige Bau- und Maschinenteile aufgesprüht.Es ist nahezu unmöglich, alle davon zu entfernen.Diebe können daher nie sicher sein, dass sie bei einerKontrolle nicht auffliegen. Auch das Ausschlachten dergekaperten Freizeitkähne und der Verkauf der Einzelteile –bisher eine gängige Methode – ist kein probates Mittelmehr, um die Herkunft der Ware zu verschleiern.Verborgener SchatzZusammen mit Crime Stoppers Australia und dem SicherheitsunternehmenDataDot will Club Marine die modernenFreibeuter nun nachhaltig auf Grund setzen. Im Juni fielder Startschuss für das National Marine Register (NMR),eine Datenbank, in der Eigner wichtige <strong>In</strong>formationen überihre Boote wie die Identifikationsnummer oder die Motorseriennummerspeichern können. Greg Fisher war einerder wichtigsten <strong>In</strong>itiatoren.Jeder, der über den Kauf eines Bootes nachdenkt, kanndort in Zukunft überprüfen, ob das Objekt seiner Träumeals gestohlen gemeldet ist. Der Check könnte ihm doppeltenKummer ersparen, sagt Fisher: »Stellt sich nämlichheraus, dass der neue Besitzer <strong>einem</strong> Hehler aufgesessenDas System hat sich im Kampf gegen Autodiebstahlbereits bestens bewährt. Ähnlichen Erfolg erhofft mansich bei Club Marine nun auch in der Bootsszene. Umdas Netz möglichst eng zu spannen, sollten sich allerdingsauch die anderen Bootsversicherer des <strong>Land</strong>esan das National Marine Register ankoppeln, sagt GregFisher. »Noch ist es in Australien relativ einfach, Boote zustehlen und mit neuen Papieren ausgestattet anderswowieder vom Stapel zu lassen«, erklärt er. »Doch wenn allean <strong>einem</strong> Strang ziehen, lässt sich diese Form der Kriminalitätwirksam eindämmen.«WWW.NATIONALMARINEREGISTER.COM.AUWWW.CLUBMARINE.COM.AUalle Fotos: SternDer Technopark <strong>vor</strong> den Torender quirligen Stadt Trivandrumbietet beste Voraussetzungen fürinnovative Unternehmen4243


ASIENStern<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013SternPAKISTANCHINANeu DelhiNEPALINDIEN KalkuttaBombayMadrasKERALARakesh Gupta und John KnowlesWer in Glasgow oder Bristol die Nummervon <strong>Allianz</strong> Tierversicherer Petplan wählt,hat gute Chancen, bei der ACIS im indischenTrivandrum zu landen. Dort kommtman sogar mit Dialekten zurecht, beidenen selbst mancher Brite die Waffenstreckt.TrivandrumVersetzen wir uns für einen Moment zurück ins Jahr2003: <strong>In</strong> <strong>einem</strong> kleinen Bürotrakt 8000 Kilometer von derHeimat entfernt, startet die <strong>Allianz</strong> Großbritannien einExperiment, das schon bald alle geplanten Dimensionensprengen wird. »50 Leute«, sagt John Knowles, »50 Leute,die für uns in <strong>In</strong>dien ein paar IT-Aufgaben übernehmen.Das war unsere anfängliche Vorstellung.« So kann mansich verrechnen.Knowles, damals wie heute für IT und Offshore-Geschäftbei der <strong>Allianz</strong> UK zuständig, hatte als Standort für denAbleger Trivandrum <strong>vor</strong>geschlagen, einer Stadt von750 000 Einwohnern am Südzipfel des indischen Subkontinents,die bis dahin nicht unbedingt als Offshore-Metropole aufgefallen war. Da waren Bombay, New Delhioder Bangalore von ganz anderem Kaliber.Auch Rakesh Gupta, der als Chef der <strong>Allianz</strong> Cornhill<strong>In</strong>formation Services (ACIS) angeheuert wurde, fragtesich anfangs: Wieso Trivandrum? Nachdem er sich in derHauptstadt des Bundesstaats Kerala umgesehen hatte,war die Frage beantwortet. John Knowles hatte einen»verborgenen Schatz« aufgetan, sagt Gupta. »Trivandrumverfügte über einen Technopark mit her<strong>vor</strong>ragender<strong>In</strong>frastruktur, mit sicherer Stromversorgung, Glasfaseranbindungund einen Pool an gut ausgebildeten Fachkräften.Und die Kosten waren im Vergleich zu denindischen Megacities niedrig – es passte alles.«Selbst wenn man damit rechnen musste, dass dasöffentliche Leben in der Hauptstadt immer mal wiedervon politischen Demonstrationen und Streiks lahmgelegtwurde, tat das der Anziehungskraft des Standorts keinenAbbruch – nicht zuletzt deshalb, weil die Regierung zujeder <strong>Zeit</strong> den Zugang zum Technopark sicherstellte –wenn nötig mit Polizeieskorte. Auch die in <strong>In</strong>dien nichtseltenen Stromausfälle waren auf dem grünen Hügel<strong>vor</strong> den Toren der Stadt nie ein Thema: Er verfügt übereigene Generatoren. »<strong>In</strong> den vergangenen zehn Jahrenmussten wir unseren Betrieb nicht einen Tag unterbrechen«,unterstreicht John Knowles.»Die ACIS fing hier 2003 mit einer kleinen Mannschaftauf einer Etage des Park-Centers an«, erinnert sich MVasudevan, der den Technopark seit seinen Anfängenin den 90er Jahren mit entwickelt hat. »Damals hattensich noch nicht allzu viele Firmen auf dem Hügel angesiedelt.Die Mitarbeiterzahl lag zusammen vielleicht bei5000«, sagt Vasudevan. Heute tüfteln auf dem Campus –Motto: Harmonie in Aktion (Harmony at work) – gut45 000 Fachkräfte für 285 Unternehmen an innovativenIT-Lösungen. <strong>In</strong> drei Jahren sollen es 150 000 sein, undPläne für die nächste Expansionsphase liegen schon inder Schublade.Auch ACIS-Geschäftsführer Gupta denkt an Expansion.Seine mittlerweile mehr als 1700 Mitarbeiter sind schonjetzt auf vier Bürokomplexe quer über den Campus verteilt.Und die Aufgaben werden nicht weniger. »Viele <strong>unserer</strong>Kunden wollen ins digitale Geschäft einsteigen undfragen bei uns um Unterstützung nach«, berichet Gupta.Zwölf <strong>Allianz</strong> Gesellschaften setzen bereits auf das Knowhowaus Trivandrum, darunter <strong>Allianz</strong> Worldwide Care,Fireman’s Fund, <strong>Allianz</strong> Global Corporate & Specialty, die<strong>Allianz</strong> Deutschland und natürlich als größter Kunde die<strong>Allianz</strong> UK. <strong>In</strong>zwischen hat die ACIS auch Südostasienauf dem Radar. Erste Projekte mit der <strong>Allianz</strong> <strong>In</strong>donesienlaufen bereits.WWW.ACIS.CO.INFRANK STERNWie geht’s Jack?Die angelsächsische Zunge vermag dem EnglischenFärbungen zu verleihen, die auch Muttersprachler gelegentlichverzweifeln lassen. Umgekehrt ist auch dasEnglisch indischer Prägung nicht jedem ohne Weitereszugänglich. Nicht unbedingt optimale Voraussetzungenfür ein Call Center, über das von Südindien ausKunden des <strong>Allianz</strong> Tierversicherers Petplan zwischenSchottland und Wales betreut werden sollen.»Das war eines der Risiken, als wiruns für Trivandrum entschiedenhaben«, meint ACIS-GeschäftsführerRakesh Gupta, der selbstaus Nordindien stammt. »Keralaist für seinen heftigen Akzentbekannt. Be<strong>vor</strong> wir neue Mitarbeiterans Telefon lassen, durchlaufensie daher ein sprachliches Neutralisierungstraining.«Das funktioniertinzwischen so gut, dass der Teilnehmer amanderen Ende der Leitung oft gar nicht mitbekommt,dass er gerade mit <strong>In</strong>dien telefoniert.Schwieriger allerdings, als die Eigenheiten in Dialekt undAussprache glattzubügeln, erwies es sich, den indischenCall Center-Mitarbeitern eine Idee vom Stellenwert zuvermitteln, den Hunde und Katzen in GroßbritannienDie ACIS in Trivandrum: Was als kleineIT-Truppe begann, ist heute ein modernerDienstleister mit 1800 MitarbeiternShutterstock4445


ASIEN<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013haben können: dass Menschen ihre Tiere zur Familiezählen, die zuweilen mehr Zuwendung erfahren als derEhepartner; dass sie ihnen sogar ihren Besitz vererben.»Für einen <strong>In</strong>der sehr fremd und schwer nachzuvollziehen«,sagt Amit Passi, Chef des Bereichs Geschäftsprozesse.»Es hat einige <strong>Zeit</strong> gedauert, bis wir unserenMitarbeitern dieses Konzept von Tierliebe vermittelnkonnten.«Teilt heute ein Petplan-Kunde per Telefon mit, dass seinHund Jack gestorben ist, wird er kaum mehr mit derAnsage getröstet, er könne sich doch einen neuen kaufenund den dann auch bei Petplan versichern. »So waswar nicht böse gemeint«, unterstreicht Passi, der solcheGespräche in den Anfängen des Call Centers selbst mitgehörthat. »Es fehlte einfach das Gespür dafür, welchenVerlust der Gesprächspartner da gerade erlitten hatte.«Amit PassiWenn es Jack heute schlecht geht, macht man sichinzwischen auch in <strong>In</strong>dien Sorgen. Die ACIS-Mitarbeitererkundigen sich nach ihm wie nach <strong>einem</strong> Mitglied derFamilie. »Da hat sich ein enormer Wandel vollzogen«,hebt Passi her<strong>vor</strong>. »Mittlerweile haben wir einen Gradan Empathie erreicht, dass sich unsere Kunden bei unswirklich aufgehoben und verstanden fühlen.« Was sichauch an den Verkaufszahlen zeigt: Zehn Prozent derinsgesamt 250 Millionen Pfund von Petplans jährlichenPrämieneinnahmen sammelt das Verkaufsteam inTrivandrum ein. »Nicht schlecht, wenn man bedenkt,dass wir <strong>vor</strong> fünf Jahren die Tierliebe der Briten nochbelächelt haben«, findet Passi.Mit 900 000 Verträgen und <strong>einem</strong> Marktanteil von40 Prozent ist Petplan heute die unangefochteneNummer eins unter Großbritanniens Tierversicherern.WWW.ACIS.CO.IN | WWW.PETPLAN.CO.UKbeide Fotos: SternEin Team für alleEinmalig in der Welt der Assekuranz: <strong>Allianz</strong> TierversichererPetplan lässt im indischen Trivandrumein Team von qualifizierten Veterinären Schadenfälleauf Plausibilität prüfen. Deren geschultem Blickentgeht so leicht nichts.FRANK STERNEs gibt Leute, die hätten bei <strong>einem</strong> solchen Angebot keineSekunde lang gezögert: staatlich bestellter Veterinär, gutbezahlt, Pensionsanspruch inklusive. Praveen Thankappanaber lehnte den Traumjob ab. »Im Staatsdienst fehlt es an Leidenschaft«,sagt der promovierte Tiermediziner. »Man gehtmorgens ins Büro und abends nach Hause. Das war’s. Mankann dort nicht das Beste aus sich herausholen.« Seine Frau,auch sie hat Tiermedizin studiert, sei mit der Entscheidungeinverstanden gewesen, setzt er hinzu. »Das war wichtig.«Thankappan ist einer von derzeit 68 Tierärzten, die für diebritische <strong>Allianz</strong> Tochter Petplan mittlerweile 95 Prozentaller dort eingehenden Haustierrechnungen einer genauerenPrüfung unterziehen. Und die Truppe, die <strong>vor</strong> acht Jahrenunter dem Dach der ACIS in Trivandrum ins Leben gerufenwurde, macht sich bezahlt: Pro Jahr prüfen die TiermedizinerFälleTierärzte aus Leidenschaft:Praveen Thankappan undRemmy Josephüber 600 000 Fälle, die Einsparungen durch Aufdeckungunberechtigter Forderungen liegen bei annähernd zehnMillionen Pfund (zwölf Millionen Euro).Erst <strong>vor</strong> einigen Monaten kam einer der indischen Petplan-Prüfer <strong>einem</strong> Veterinär in Großbritannien auf die Spur, derzwischen 2009 und 2012 für insgesamt 14 nicht existierendeKatzen bei vier Tierversicherern, einer davon Petplan, Policenabschloss und sie dann der Reihe nach auf die verschiedenstenArten verunglücken oder erkranken ließ. Die Rechnungenfür die imaginären Behandlungen beliefen sich am Ende auf225 000 Pfund – Geld, das in Luxusautos und Fernreisen floss.Der »gierige Tierarzt«, wie ihn die britische Presse nannte,wurde im August zu zwei Jahren Haft verurteilt.»Neben der Regierung von Kerala sind wir der größte Arbeitgeberfür Veterinäre im Bundesstaat«, sagt John Knowles,unter dessen Ägide die ACIS im Jahr 2003 aus der Taufegehoben wurde. Doch schon bald wurde deutlich, dass derStandort mehr Möglichkeiten bot, als dort nur ein paar IT-Aufgaben erledigen zu lassen. »<strong>In</strong> Großbritannien hättenwir kein Team von qualifizierten Tierärzten zur Prüfung vonSchadenmeldungen auf die Beine stellen können. Das hättesich nicht gerechnet«, erläutert Knowles die Ausgangslage.»<strong>In</strong> Kerala aber konnten wir den Absolventen der beidendortigen tiermedizinischen Hochschulen ein attraktivesAngebot machen.«Remmy Joseph kam 2007 ohne Umwege direkt nach demStudium zur ACIS. Heute arbeitet die promovierte Tierärztindie nächste Generation von jungen Veterinären für die Tätigkeitbei der ACIS ein. »Die meisten hier stammen von derselbenHochschule«, erzählt die 31-Jährige. Nicht alle halten demACIS-Team allerdings so lange die Treue wie Thankappanund Joseph. »Manche nehmen einen Job im Staatsdienst an«,erklärt Knowles. »Und wir stehen ihnen dabei nicht im Weg.Wir geben ihnen sogar frei, um an den Prüfungen teilzunehmen.«ACIS kann sich die Großzügigkeit leisten: Die Zahl derBewerber übersteigt bei weitem die der offenen Stellen.Und es ist nicht nur das Gehalt, das den Job im Vergleichzu dem eines indischen <strong>Land</strong>tierarztes so attraktiv macht.»Es ist die Campusatmosphäre, die festen Arbeitszeiten,die Sicherheit«, sagt ACIS-Geschäftsführer Rakesh Gupta.»Gerade auch für Frauen ist er gut geeignet.« Für 800 Rupienpro Monat – etwa zehn Euro – werden die Mitarbeiter jedenMorgen per Firmentaxi von zu Hause abgeholt und nachArbeitsschluss wieder nach Hause gebracht.Doch fünf Jahre Studium, um am Ende Rechnungen zuprüfen? Praveen Thankappan ist Tierarzt mit Leib und Seele.Dass er sich dennoch für die ACIS entschied, hat auch damitzu tun, dass er seine Leidenschaft, die Arbeit mit Tieren, nieaufgeben musste. »Wir selbst sind daran interessiert, dassunsere Veterinäre eng mit der Praxis verbunden bleiben«,unterstreicht John Knowles. Und das nicht nur durch diesporadische Untersuchung der Nachbarskuh, wie sie RemmyJoseph bei Besuchen daheim gelegentlich praktiziert.Die ACIS-Veterinäre unterstützen regelmäßig verschiedeneTierschutzorganisationen in Trivandrum wie People for Animalszum Beispiel oder das Animal Rescue Center Kerala, sieuntersuchen die dort gehaltenen Tiere, impfen streunendeHunde gegen Tollwut oder führen Sterilisierungsoperationenaus. Unentgeltlich. <strong>In</strong>zwischen wenden sich auch Tierliebhaberanderer Unternehmen im Technopark an das ACIS-Team.»Es ist die perfekte Kombination aus Job und Leidenschaft«,sagt Praveen Thankappan über seine Arbeit bei der ACIS unddie gemeinnützigen Einsätze als Tierarzt. <strong>In</strong> Zukunft wird ersich die <strong>Zeit</strong> dafür noch besser einteilen müssen: Im Sommerist er Vater eines Sohns geworden.WWW.ACIS.CO.IN4647


Gesellschaft<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013beide Fotos: SternDer Sekonyer-Fluss bildet die nordöstliche Grenze des Tanjung Puting NationalparksGnadenfrist fürOrang-UtansNach einer jahrelangen Hängepartie hat <strong>In</strong>donesiens Regierung im Juli grünesLicht für ein Waldschutzprojekt gegeben, das für das Überleben der bedrohtenOrang-Utans entscheidende Bedeutung bekommen könnte. Die <strong>Allianz</strong> gehörtzu den <strong>In</strong>vestoren des Vorhabens.FRANK STERNRimba Raya, unendlicher Wald, so hat die Umweltorganisation<strong>In</strong>finite Earth das Projekt getauft, für das sie jahrelanggegen immer neue Widerstände gekämpft hat. Auchwenn Rimba Raya mit 64 000 Hektar nun um ein Drittelkleiner ausfällt, als es die ursprüngliche Planung <strong>vor</strong>sah, istes doch immer noch das größte Waldschutzprojekt derWelt unter dem REDD-Siegel der UN. Dieses <strong>In</strong>strument –REDD steht für Reducing Emissions from Deforestation andDegradation – hat die Verringerung von CO 2-Emissionenaus Entwaldung und zerstörerischer Waldnutzung zumZiel und soll den Erhalt großflächiger Wälder als Kohlenstoffspeicherfinanziell attraktiv machen.<strong>In</strong>donesien hat in der Dekade zwischen 2000 und 2010knapp neun Millionen Hektar seiner Wälder verloren.Ein Großteil davon wurde in Ölpalmenplantagen umgewandelt,und wo keine offizielle Genehmigung für denHolzeinschlag <strong>vor</strong>lag, wurde die Säge eben ohne angesetzt.Diese Entwicklung bedrohte zunehmend auch den416 000 Hektar großen Tanjung Puting Nationalpark im4849


GESELL-SCHAFT<strong>Allianz</strong> Journal 3/2013Ibrahim© 2012, Scott Adams, <strong>In</strong>c./Distr. Universal Uclick/Distr. BullsSüden Borneos, wo die renommierte VerhaltenswissenschaftlerinBirute Galdikas seit über 40 Jahren eine Stationzur Erforschung frei lebender Orang-Utans betreibt.Dr. PopowatiRimba Raya könnte so etwas wie ein Schutz korridorwerden, schirmt er doch auf 90 Kilometer Länge dieOstflanke des Nationalparks ab. Für die nächsten 30 Jahresoll das Projekt sicherstellen, dass der Torfboden desRegenwalds, der mehrere Meter tief ist und großeMengen an Kohlendioxid speichert, nicht entwässertund die Bäume nicht Ölpalmenplantagen Platz machenmüssen. Die dadurch vermiedenen CO 2-Emissionensummieren sich in den kommenden drei Jahrzehntenauf über 90 Millionen Tonnen. Gleichzeitig schützt dasProjekt 14 Gemeinden und ihre etwa 2000 Einwohner<strong>vor</strong> der drohenden Umsiedlung.BRUNEIMALAYSIABORNEOINDONESIENKOTAWARINGIN BARATDISTRICTPangkalanbunKumalSEKONYERFLUSSCamp LeakeyFür die Einsparungen an CO 2-Emissionen er halten diebeteiligten Projektpartner Zertifikate, mit denen sie ihreeigene Umweltbilanz verbessern oder die sie verkaufenkönnen. Teile der Einnah men fließen in Projekte <strong>vor</strong> Ort,mit denen die Lebenssituation der Bevölkerung verbessertwerden soll, etwa in Wasseraufbereitungs anlagen,Gesundheits<strong>vor</strong>sorge und Ausbildung, aber auch inWiederaufforstungsprojekte und Ökotourismus.Leser-ForumDer TanjungPuting Nationalparkim SüdenBorneos ist einesder letzten RückzugsgebietedesOrang-UtansJAVASEETANJUNG PUTINGNATIONALPARKPrimatenforscherin Birute Galdikas sieht in dem Projekteinen Hoffnungsschimmer. »Es ist so etwas wie einVersprechen für das Überleben der bedrohten Orang-Utans«, sagt sie. Ihre Mitarbeiterin Dr. Popowati, Tierärztinim Orang Utan Care Center, einer Versorgungsstationfür verwaiste Affenbabys in Pasir Panjang am Rande desNationalparks, glaubt dagegen nur an eine Gnadenfrist.»Natürlich hoffen wir auf den Erfolg«, sagt sie. »DochRimba Raya schützt nur die Ostseite des Nationalparks.Die Palmölindustrie, illegale Holzfäller und Goldschürferaber rücken von allen Seiten an.«Hat Ihnen das Journal gefallen? Oder gingIhnen etwas gegen den Strich? Wenn SieAnregungen, Hinweise oder Kritik haben –hier können Sie sie loswerden:journal@allianz.deRedaktion <strong>Allianz</strong> JournalKöniginstr. 28, 80802 MünchenGroup <strong>In</strong>tranet (GIN) → <strong>Allianz</strong> key information→ Journalhttp://knowledge.allianz.com/journalRedaktionsschluss für das<strong>Allianz</strong> Journal 1/2014 ist der27. Dezember 2013.HTTP://KNOWLEDGE.ALLIANZ.COM/JOURNALStraßenFlüsseWWW.ORANGUTAN.ORG5051

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