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Der Vertrag im Anlagenbau – ein Leitfaden für Praktiker - epartners ...

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<strong>Der</strong> AutorRechtsanwalt Christoph Isler ist Teilhaber der Egli Isler Partner Rechtsanwälte AG.Er ist ursprünglich Bauingenieur, war selbst <strong>im</strong> Projektgeschäft tätig und begleitet alsJurist <strong>Anlagenbau</strong>er und Anlagenprojekte <strong>im</strong> In- und Ausland.Impressum1. Ausgabe September 2010© Egli Isler Partner Rechtsanwälte AG, ZürichInhaltsverzeichnisEinleitung 51 <strong>Der</strong> <strong>Vertrag</strong> <strong>im</strong> <strong>Anlagenbau</strong> <strong>–</strong> Erfolgsfaktor und Lebensversicherung 62 <strong>Vertrag</strong>sstrategie <strong>im</strong> Unternehmen 73 <strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>vertrag und s<strong>ein</strong>e Bestandteile 94 Leistungsbeschrieb, Spezifikationen, Pflichtenheft 135 Preis und Zahlungsbedingungen 146 Termine und Verzug (milestones, delay) 157 Lieferort/Erfüllungsort (place of delivery/place of performance) 168 Dokumentation 179 <strong>Vertrag</strong>sänderungen 1810 Montage (assembly) 1911 Inbetriebnahme und Probebetrieb 2012 Abnahme (provisional acceptance) 2113 <strong>Vertrag</strong>sstrafen (Konventionalstrafen) <strong>für</strong> Verzug 22(penalties/liquidated damages for delay)14 Leistungsgarantien (performance guarantees) 2515 Gewährleistung (warranty) 2716 Mängelansprüche 2917 Höhere Gewalt (force majeure) 3018 Auflösung des <strong>Vertrag</strong>s ohne Begründung (termination for convenience) 3119 Haftungsbegrenzung (l<strong>im</strong>itation of liability) 3220 Bankgarantien (bonds) 3521 Versicherungen 3822 Anwendbares Recht (applicable law)/internationale Verträge 3923 Gerichtsstand (place of jurisdiction) oder Schiedsgericht (arbitration) 40Checkliste zum <strong>Anlagenbau</strong>vertrag 42


11 Inbetriebnahme und ProbebetriebInbetriebnahme (commissioning)Die Inbetriebnahme der Anlage ist <strong>ein</strong>e wichtige Projektphase, deren Bedeutung oftunterschätzt wird.<strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er muss in dieser Phase die Anlage in Funktion setzen und wiederabschalten können, Testläufe und Messungen durchführen und allfällige Mängel beheben.<strong>Der</strong> <strong>Vertrag</strong> muss ihm dazu Gelegenheit und Zeit verschaffen. Eine Begleitungdurch den Besteller ist sinnvoll.Es ist je nach Anlagenart zweckmässig, die Inbetriebnahme in verschiedene Phasenzu unterteilen und deren Abschluss durch den Besteller bestätigen zu lassen. BeiGrossanlagen <strong>im</strong> Energiebereich erfolgt dies beispielsweise mit <strong>ein</strong>er vorgängigenKalt- und <strong>ein</strong>er anschliessenden Warm-Inbetriebnahme, bei welcher erstmals Brennstoff<strong>ein</strong>gesetzt wird.Idealerweise beginnt in der Inbetriebnahmephase auch das Programm zur Schulungdes Betreiberpersonals.<strong>Der</strong> Probebetrieb (testing)Anlagen <strong>im</strong> Energie- und Verbrennungsbereich werden vor der Abnahme <strong>ein</strong>emProbe betrieb unter Volllast unterzogen. Betrieben wird die Anlage dabei meistensvom Personal des Bestellers, jedoch mit Begleitung oder mindestens <strong>ein</strong>em Pikettdienstdes <strong>Anlagenbau</strong>ers. <strong>Der</strong> Probebetrieb soll dem Besteller die Gewissheit verschaffen,dass die Anlage dem vorgesehenen Betrieb gewachsen ist.Die folgenden Punkte müssen geregelt s<strong>ein</strong>:<strong>–</strong><strong>–</strong>Wie lange dauert der Probebetrieb?<strong>–</strong><strong>–</strong>Unter wessen Verantwortung läuft die Anlage?<strong>–</strong><strong>–</strong>Welche Vorfälle führen zu Unterbruch, Verlängerung oder Wiederholung?<strong>–</strong><strong>–</strong>Wie werden Ausfälle gemessen?<strong>–</strong><strong>–</strong>Wer stellt welches Betriebspersonal?<strong>–</strong><strong>–</strong>Welche Überwachungspflichten und -rechte hat der <strong>Anlagenbau</strong>er?<strong>–</strong><strong>–</strong>Wer zahlt die Betriebsstoffe?Ein besonderes Risiko sind <strong>Vertrag</strong>sstrafen <strong>für</strong> Verzug auf Terminen nach dem Probebetrieb.Muss der Probebetrieb wegen <strong>ein</strong>es Defekts kurz vor dem Ende wiederholtwerden, resultiert <strong>im</strong> Extremfall infolge dieses <strong>ein</strong>en Defekts <strong>ein</strong> Verzug in der vollenLänge des Probebetriebs. Es ist daher wichtig, dass nur <strong>ein</strong> lang andauernder Ausfalloder <strong>ein</strong>e Mehrzahl kürzerer Ausfälle zur Wiederholung führen.12 Abnahme (provisional acceptance)Begriff und BedeutungNach dem gesetzlichen Konzept übergibt der <strong>Anlagenbau</strong>er die Anlage und der Bestellern<strong>im</strong>mt sie ihm ab. Mit dieser Übergabe/Abnahme ist die Hauptpflicht des <strong>Anlagenbau</strong>ers,die Lieferung der Anlage, erfüllt. Eigentum, Nutzen und Gefahr gehenauf den Besteller über, der Besteller akzeptiert die Anlage als frei von wesentlichenMängeln und die Gewährleistungsfrist beginnt zu laufen.Im englischen Sprachgebrauch wird die Abnahme auch als «provisional acceptance»bezeichnet und mit <strong>ein</strong>em PAC (Provisional Acceptance Certificate) dokumentiert.Diese Abnahme ist nicht etwa provisorisch, sondern lediglich das Gegenstück zur «finalacceptance», welches das Ende der Gewährleistung und damit die Entlassung des<strong>Anlagenbau</strong>ers aus allen s<strong>ein</strong>en Pflichten festlegt.Abnahmeprozess mit Werk- und TeilabnahmenEin geregelter, sorgfältiger Abnahmeprozess ist <strong>für</strong> beide Seiten wertvoll. Vorprüfungenin früheren Projektphasen (Werkmontage, Montageabschluss, Inbetriebnahme etc.)sind sinnvoll, selbst wenn der Kunde nicht bereit ist, diesen «Abnahmen» irgendwelcheRechtswirkungen zuzugestehen.Je früher Fehler oder unterschiedliche Auffassungen auf den Punkt gebracht werden,desto geringer sind die Folgekosten und der Ärger auf beiden Seiten.Zeitpunkt, Modalitäten und Wirkungen der AbnahmeDie gesetzlichen Best<strong>im</strong>mungen zur Abnahme sind <strong>für</strong> den <strong>Anlagenbau</strong> beschränktgeeignet und zu wenig detailliert. Die <strong>Vertrag</strong>sparteien können Ablauf und Wirkungender Abnahme frei regeln.Abnahmeklauseln in <strong>ein</strong>em <strong>Anlagenbau</strong>vertrag sollten die folgenden Punkte enthalten:<strong>–</strong><strong>–</strong>Abnahmeprüfungen unmittelbar nach Inbetriebnahme oder Probebetrieb;<strong>–</strong><strong>–</strong>Werk- und Teilabnahmen, Vorprüfungen;<strong>–</strong><strong>–</strong>Beschrieb der Prüfungen und Tests;<strong>–</strong><strong>–</strong>Abnahme findet auch bei unwesentlichen Mängeln statt; Wiederholungder Abnahme nur bei wesentlichen Mängeln;<strong>–</strong><strong>–</strong>Protokollierung mit Mängelliste;<strong>–</strong><strong>–</strong>erkennbare, aber nicht gerügte Mängel gelten als genehmigt;<strong>–</strong><strong>–</strong>Abnahme findet auch ohne Prüfung statt, wenn der Kunde die Mitwirkungverweigert oder sobald er die Anlage kommerziell nutzt;<strong>–</strong><strong>–</strong>Kostentragung von Personal und Spezialisten.20 21


<strong>Vertrag</strong>sstrafen auf Zwischenterminen <strong>–</strong> k<strong>ein</strong>e KumulierungSind Zwischentermine pönalisiert, dürfen sich die <strong>Vertrag</strong>sstrafen nicht aufsummierenkönnen, d.h. <strong>ein</strong>e Verspätung bei <strong>ein</strong>em Zwischentermin darf nicht dazu führen,dass diese Verspätung bei allen Folgeterminen ebenfalls wieder zur <strong>Vertrag</strong>sstrafeführt.Gelingt es <strong>ein</strong>em <strong>Anlagenbau</strong>er, <strong>ein</strong>e Verspätung bei <strong>ein</strong>em Zwischentermin bis zumEndtermin wieder aufzuholen, sollte <strong>ein</strong>e angefallene <strong>Vertrag</strong>sstrafe zumindest teilweisewieder zurückerstattet werden.Die <strong>Vertrag</strong>sstrafe als abschliessender Anspruch aus VerzugNach Gesetz kann der Besteller zusätzlich Schadenersatz geltend machen, wenn derSchaden die <strong>Vertrag</strong>sstrafe übersteigt.Damit die <strong>Vertrag</strong>sstrafe <strong>für</strong> den Lieferanten <strong>ein</strong> wirksames Mittel zur Beschränkungder Haftungsrisiken aus Verzug ist, muss zusätzlicher Schadenersatz <strong>im</strong> <strong>Vertrag</strong> ausgeschlossens<strong>ein</strong>.Es muss ver<strong>ein</strong>bart werden, dass mit Bezahlung der <strong>Vertrag</strong>sstrafe alle Ansprücheaus Verzug abgegolten sind («sole and exclusive remedy»).Schadenspauschalierung (liquidated damages)Englische Verträge verwenden meistens den Begriff «liquidated damages», weil inangelsächsischen Rechtsordnungen die sogenannten «penalties» ungültig s<strong>ein</strong> können.Dies bedeutet, dass zumindest <strong>ein</strong> Schaden vorhanden s<strong>ein</strong> muss, damit die<strong>Vertrag</strong>sstrafe geltend gemacht werden kann.Ist beispielsweise <strong>ein</strong> Kraftwerk noch nicht an das Stromnetz angeschlossen, bewirkt<strong>ein</strong> Verzug <strong>ein</strong>es Lieferanten allenfalls gar k<strong>ein</strong>en Schaden, weil ohnehin k<strong>ein</strong>e Elektrizitätabgegeben werden kann. Dann muss auch die Strafe nicht bezahlt werden.Im schweizerischen und deutschen Rechtsgebrauch nennt sich dieses InstrumentSchadenspauschalierung. Es hat sich, obwohl sinnvoll, wenig durchgesetzt und istselten anzutreffen.14 Leistungsgarantien (performance guarantees)Typen von LeistungsgarantienKunden verlangen <strong>für</strong> best<strong>im</strong>mte, wichtige Eigenschaften und Leistungswerte derAnlage neben der allgem<strong>ein</strong>en Gewährleistung explizite, in Zahlen ausgedrückte Zusicherungen.Beispiele <strong>für</strong> solche Leistungsgarantien sind:<strong>–</strong><strong>–</strong>Verfügbarkeitsgarantie<strong>–</strong><strong>–</strong>Garantie <strong>für</strong> min<strong>im</strong>ale Leistungen<strong>–</strong><strong>–</strong>Garantie <strong>für</strong> max<strong>im</strong>ale Leistungsverluste<strong>–</strong><strong>–</strong>VerschleisskostengarantieRechtliche Bedeutung <strong>–</strong> Abgrenzung zur Gewährleistung«Garantie» ist k<strong>ein</strong> abgegrenzter, <strong>ein</strong>deutig best<strong>im</strong>mter Rechtsbegriff. Oft <strong>–</strong> besondersin der Schweiz <strong>–</strong> wird die Garantie schlicht als Synonym <strong>für</strong> die vertragliche Gewährleistungverwendet. Ist das nicht der Fall, ist <strong>ein</strong>e Garantie <strong>im</strong>mer <strong>ein</strong>e qualifizierteZusicherung <strong>ein</strong>er Eigenschaft der Anlage. Was genau unter «qualifiziert» zu verstehenist, muss aus dem konkreten <strong>Vertrag</strong> ermittelt werden. Folgende Unterschiedezur vertraglichen Gewährleistung sind anzutreffen:<strong>–</strong><strong>–</strong><strong>Der</strong> Lieferant haftet kausal (d.h. ohne dass <strong>ein</strong> Verschulden vorliegenmüsste) nicht nur <strong>für</strong> den Mangel, sondern auch <strong>für</strong> den aus <strong>ein</strong>em Mangelentstehenden Schaden, jedenfalls soweit ihn die vertragliche Haftungsbeschränkungnicht davor bewahrt;<strong>–</strong><strong>–</strong>Die Folgen des Nicht<strong>ein</strong>haltens werden vertraglich ver<strong>ein</strong>bart,z.B. <strong>ein</strong>e <strong>Vertrag</strong>sstrafe bei zu geringer Verfügbarkeit;<strong>–</strong><strong>–</strong>Die ordentliche Abnützung befreit nicht von der Haftung <strong>für</strong> die zugesicherteEigenschaft;<strong>–</strong><strong>–</strong>Wenn Leistungswerte wegen unsachgemässer Bedienung, mangelhafterWartung oder Be<strong>ein</strong>trächtigungen durch Dritte nicht erreicht werden,muss der <strong>Anlagenbau</strong>er das beweisen können.K<strong>ein</strong>e Haftung <strong>für</strong> Fremd<strong>ein</strong>wirkungen <strong>–</strong> Beweislast be<strong>im</strong> <strong>Anlagenbau</strong>erEine Garantie bedeutet hingegen nicht, dass der <strong>Anlagenbau</strong>er <strong>für</strong> Fremd<strong>ein</strong>wirkungengeradestehen müsste. Zu hohe Verschleisskosten, zu kl<strong>ein</strong>e Leistungen, übermässigeLeistungsverluste oder Ausfallzeiten werden nicht dem <strong>Anlagenbau</strong>er zur Last gelegt,wenn beispielsweise die Anlage vorschriftswidrig bedient wird oder Wartungsinter vallenicht <strong>ein</strong>gehalten werden.Es ist äusserst schwierig, Fremd<strong>ein</strong>wirkungen oder Fehlmanipulationen des Betreiberszu beweisen, wenn das Projekt <strong>ein</strong>mal abgeschlossen ist. Darin liegt das grosseRisiko von Leistungsgarantien: Die Beweislast <strong>für</strong> diese Entlastungsgründe liegt be<strong>im</strong><strong>Anlagenbau</strong>er, obwohl er gar nichts mehr mit der Anlage zu tun hat.24 25


Voraussetzungen <strong>für</strong> LeistungsgarantienLeistungsgarantien kommen in <strong>Anlagenbau</strong>verträgen in allen denkbaren Ausgestaltungenund manchmal in exzessivem Umfang vor. Dabei geht bisweilen vergessen,dass es überhaupt nichts nützt, Leistungswerte in den <strong>Vertrag</strong> zu schreiben und diesemit drakonischen <strong>Vertrag</strong>sstrafen zu unterlegen, wenn die Leistungen nicht gemessen,dokumentiert und bewertet werden.Leistungsgarantien sind <strong>ein</strong> gutes Instrument, wenn sie am richtigen Ort und in vernünftigemUmfang <strong>ein</strong>gesetzt und konsequent umgesetzt werden. R<strong>ein</strong>e Papiertigerbergen <strong>ein</strong> <strong>im</strong>menses Konfliktpotential, setzen den <strong>Anlagenbau</strong>er grossen, unbekanntenRisiken aus und sind <strong>für</strong> den Kunden nutzlos.Leistungsgarantien sind unter folgenden Voraussetzungen sinnvoll:<strong>–</strong><strong>–</strong><strong>Der</strong> Leistungswert muss objektiv und <strong>ein</strong>deutig messbar s<strong>ein</strong>;<strong>–</strong><strong>–</strong>Die Anlage muss die zu messende Leistung erbringen können,ohne dass der Betreiber dazu <strong>ein</strong>en wesentlichen Beitrag leistenmuss (z.B. weitgehender Automatikbetrieb);<strong>–</strong><strong>–</strong>Fremd<strong>ein</strong>wirkungen müssen ausgeschlossen oder automatisiertund zuverlässig registriert werden können. Manuelle Aufzeichnungendes Kunden (z.B. Tagesrapporte) sind untauglich.<strong>Vertrag</strong>sstrafen <strong>für</strong> LeistungsgarantienWerden Leistungsgarantien am richtigen Ort <strong>ein</strong>gesetzt, sind auch <strong>Vertrag</strong>sstrafengerechtfertigt.<strong>Vertrag</strong>sstrafen werden meist in Prozenten des <strong>Vertrag</strong>spreises pro Einheit der Abweichungberechnet (z.B. <strong>ein</strong>e Strafe von 0.5% des <strong>Vertrag</strong>spreises pro 1% fehlenderVerfügbarkeit).Wie bei allen <strong>Vertrag</strong>sstrafen ist <strong>ein</strong> Max<strong>im</strong>albetrag zwingend, sowohl be<strong>im</strong> <strong>ein</strong>zelnenLeistungswert wie auch bei allen <strong>Vertrag</strong>sstrafen zusammen. Übliche Max<strong>im</strong>alwerteliegen bei 5% <strong>für</strong> <strong>ein</strong>zelne Leistungswerte und bei 5 bis 10% <strong>für</strong> sämtliche <strong>Vertrag</strong>sstrafenzusammen.Eine <strong>Vertrag</strong>sstrafe soll den Besteller <strong>für</strong> ungenügende Leistungen entschädigen,ohne dass er s<strong>ein</strong>en effektiven Schaden nachweisen muss. Im Gegenzug darf der<strong>Anlagenbau</strong>er davon ausgehen können, dass mit dieser <strong>Vertrag</strong>sstrafe die Entschädigungsansprüchedes Bestellers abschliessend abgegolten sind.Die <strong>Vertrag</strong>sstrafe auf Leistungswerte soll den <strong>Anlagenbau</strong>er aber in erster Linie zurEinhaltung des <strong>Vertrag</strong>es motivieren. <strong>Der</strong> Besteller muss daher dem <strong>Anlagenbau</strong>erdie Möglichkeit zugestehen, die Anlage nachzubessern und so die <strong>Vertrag</strong>sstrafe abwendenoder reduzieren zu können.<strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er soll aber auch nicht in Versuchung geführt werden, sich vongrossen Mängeln «freizukaufen», indem er <strong>ein</strong>fach die Strafe bezahlt und <strong>für</strong> ihn dieSache dann erledigt ist. Es empfiehlt sich daher, <strong>ein</strong>en tiefsten Leistungswert festzulegen,ab dessen Unterschreitung der Besteller das betroffene Anlageteil ersetzenlassen oder ganz vom <strong>Vertrag</strong> zurücktreten kann.Die Leistungsgarantien <strong>im</strong> <strong>Vertrag</strong> <strong>–</strong> transparente und detaillierte RegelungLeistungsgarantien samt den vertraglichen Konsequenzen werden oft durch die Planerfestgelegt und manchmal über die gesamten technischen Spezifikationen verteilt.Die Gefahr ist latent, dass der <strong>Anlagenbau</strong>er dann <strong>ein</strong>zelne Leistungsgarantien unddie entsprechenden Konsequenzen nicht erkennt. Das ist nicht fair und bringt auchdem Besteller letztlich k<strong>ein</strong>e Vorteile.Leistungsgarantien sind <strong>ein</strong> zentraler Bestandteil der vertraglichen Leistungen undmüssen transparent und genau geregelt werden:<strong>–</strong><strong>–</strong>Klare Bezeichnung und abschliessende Aufzählung der Leistungsgarantienund der <strong>Vertrag</strong>sstrafen <strong>im</strong> <strong>Vertrag</strong>sdokument (nicht verteilt über die technischenSpezifikationen)<strong>–</strong><strong>–</strong>Messweise, Messintervalle und Messzeitraum<strong>–</strong><strong>–</strong>Berechnung der Abweichungen (Formel)<strong>–</strong><strong>–</strong><strong>Vertrag</strong>sstrafen mit Max<strong>im</strong>um pro Garantie und insgesamt<strong>–</strong><strong>–</strong>Nachbesserungsrecht des <strong>Anlagenbau</strong>ers<strong>–</strong><strong>–</strong>Grenzwert <strong>für</strong> Rückweisung oder Rücktritt15 Gewährleistung (warranty)Bedeutung der Gewährleistung<strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er hat dem Besteller <strong>ein</strong>e mängelfreie Anlage zu übergeben. Mängelfreiist die Anlage dann, wenn sie allen vertraglich ver<strong>ein</strong>barten Eigenschaften entsprichtsowie allen Eigenschaften, die auch sonst vorhanden s<strong>ein</strong> müssen, damitdie Anlage <strong>für</strong> den vorgesehenen Betrieb tauglich ist. Jegliche Abweichung ist <strong>ein</strong>Mangel <strong>im</strong> Rechtssinn, selbst wenn nur die Farbe falsch ist.Gewährleistungsansprüche erlöschen nach Ablauf der Gewährleistungsdauer, d.h.der Besteller kann dann k<strong>ein</strong>e Mängel mehr geltend machen, selbst wenn sie gravierendsind.Für den <strong>Anlagenbau</strong>er ist der Ablauf der Gewährleistung insofern relevant, als damitauch alle Eventualverpflichtungen entfallen und allfällige Rückstellungen aufgelöstwerden können. Zudem verfallen die Gewährleistungsbürgschaften. Die Gewährleistungsdauerist daher auch <strong>ein</strong> wichtiges Element des Finanzmanagements und derUnternehmensführung.26 27


Dauer der GewährleistungDie Anforderungen an die Gewährleistungsdauer haben sich in den letzten Jahren <strong>im</strong><strong>Anlagenbau</strong> ständig erhöht. Dies ist nicht zuletzt <strong>ein</strong>e Folge der Baunorm SIA 118,welche <strong>ein</strong>e fünfjährige Gewährleistung <strong>für</strong> versteckte Mängel vorsieht.Vernünftige Gewährleistungsfristen <strong>für</strong> standortgebundene Anlagen liegen bei <strong>ein</strong>embis max<strong>im</strong>al zwei Jahren. Längere Fristen (bis zu fünf Jahren) können allenfalls <strong>für</strong>statische Eigenschaften wie beispielsweise Rostschutz gewährt werden.Sind Anlagen mobil oder stehen sie <strong>im</strong> Baustellen<strong>ein</strong>satz, sollten sechs bis zwölfMonate Gewährleistung nicht überschritten werden.Gewährleistung <strong>für</strong> reparierte Teile<strong>Der</strong> Besteller verlangt regelmässig, dass die Gewährleistung <strong>für</strong> reparierte Teile neubeginnt. So kann er sicher s<strong>ein</strong>, dass Reparaturen auch dann noch seriös ausgeführtwerden, wenn man kurz vor Ablauf der Gewährleistungsdauer steht.Das ist nachvollziehbar. Es ist hingegen nicht sachgerecht, wenn <strong>ein</strong> Mangel dieGewährleistungsdauer <strong>für</strong> die ganze Anlage unterbricht oder die Gewährleistung sogarneu beginnt.K<strong>ein</strong>e «evergreen» Gewährleistungen <strong>–</strong> SpätestklauselDamit die Gewährleistungsdauer ihre Funktion <strong>im</strong> Risk- und Finanzmanagement des<strong>Anlagenbau</strong>ers wahrnehmen kann, muss sichergestellt s<strong>ein</strong>, dass die Gewährleistungirgendwann <strong>ein</strong>mal definitiv abläuft.Es gibt Fälle, in welchen <strong>ein</strong>e Anlage über lange Zeit nicht zufriedenstellend läuft undaus irgendwelchen Gründen (bei welchen vielleicht die Verantwortlichkeit nicht <strong>ein</strong>malbe<strong>im</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er liegt) ständig neue Gewährleistungsfristen zu laufen beginnen.Weiter können Projekte über lange Zeit sistiert oder verzögert werden. Ist <strong>ein</strong>eAnlage bereits hergestellt, aber noch nicht abgenommen, beginnt auch die Gewährleistungsfristnicht zu laufen.Diese berüchtigten Evergreen-Gewährleistungen können el<strong>im</strong>iniert werden, indemmit <strong>ein</strong>er Spätestklausel <strong>ein</strong> Spätestbeginn und <strong>ein</strong> Spätestende der Gewährleistungin absoluten Zahlen genannt werden.16 MängelansprücheNachbesserung: Nicht nur <strong>ein</strong>e Pflicht, auch <strong>ein</strong> Recht!<strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er muss Mängel beheben, wenn es der Kunde verlangt. Nachschweizerischem Recht kann der Besteller frei wählen, ob er auf der Mängelbehebungbesteht oder ob er lieber weniger zahlt.Dieses Wahlrecht des Kunden widerspricht dem Gebot der Fairness und ist dem<strong>Anlagenbau</strong>er nicht zuzumuten. Er darf nicht nur die Pflicht haben, Mängel zu beheben,sondern auch das Recht dazu, bevor der Kunde anderweitige Massnahmenergreifen kann.In den meistens ausländischen Rechtsordnungen ist das bereits <strong>im</strong> Gesetz so vor gesehen.Untersteht der <strong>Vertrag</strong> schweizerischem Recht, muss das vorgängige Nachbesserungsrechtexplizit genannt werden.Minderung <strong>–</strong> Reduktion durch MinderwertMisslingt die Mängelbehebung, steht als zweiter Anspruch die Preisminderung zurVerfügung.Die Minderung ist <strong>ein</strong>e Reduktion des <strong>Vertrag</strong>spreises <strong>im</strong> Verhältnis zum Minderwertder Anlage, der infolge des Mangels resultiert.Ein Anhaltspunkt <strong>für</strong> die Bemessung der Minderung können bei kl<strong>ein</strong>eren Mängelndie mutmasslichen Behebungskosten s<strong>ein</strong>. Bei schwierig zu behebenden Mängelntaugen die Behebungskosten nur noch <strong>ein</strong>geschränkt zur Feststellung des Minderwertes.Die Folgekosten <strong>ein</strong>es Mangels (z.B. höhere Betriebskosten oder Ertragsausfälle infolgeungenügender Leistung) sind k<strong>ein</strong> Minderwert, sondern Mangelfolgeschäden.<strong>Vertrag</strong>srücktritt/Wandlung <strong>–</strong> nur bei schweren Mängeln<strong>Der</strong> Kunde hat nach Schweizer Obligationenrecht bei groben Mängeln das Recht,den <strong>Vertrag</strong> zu wandeln, d.h. vom <strong>Vertrag</strong> zurückzutreten. Ob das <strong>für</strong> den <strong>Anlagenbau</strong>erzumutbar ist oder nicht, spielt k<strong>ein</strong>e Rolle.Wandlung bedeutet Rückabwicklung des gesamten <strong>Vertrag</strong>es. <strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>erhat die Anlage abzubauen und bezahlte Vergütungen zurückzuzahlen <strong>–</strong> die absolutenKatas trophe <strong>für</strong> den <strong>Anlagenbau</strong>er!Das Recht auf <strong>Vertrag</strong>srücktritt muss daher unbedingt vertraglich beschränkt werden.Eine <strong>Vertrag</strong>sauflösung soll nur möglich s<strong>ein</strong>, wenn wesentliche Mängel trotzmehrmaligen Versuchen nicht behoben werden und es dem Kunden nicht zumutbarist, die Anlage trotzdem zu übernehmen.28 29


SerienmängelSerienmängel sind Mängel an Bauteilen, welche in <strong>ein</strong>er Anlage in grosser Zahl vorkommen.Serienmängelklauseln sehen Folgendes vor: Treten bei mehreren Bauteilen, die ingrösserer Zahl in der Anlage vorkommen, Mängel auf, liegt <strong>ein</strong> Serienmangel vor.Dann müssen alle diese Teile ersetzt werden, auch wenn gar nicht alle mangelhaftsind.Bei diesen Klauseln ist Vorsicht geboten. Die betroffenen Teile müssen genau bezeichnetwerden. Ebenfalls sind Art und Anzahl der Mängel, die zu <strong>ein</strong>em Serienmangelführen, genau zu definieren. Als Richtwert kann <strong>ein</strong> Anteil von rund 30%fehlerhafter Teile dienen.17 Höhere Gewalt (force majeure)Höhere Gewalt ist Lieferantenrisiko!Das Gesetz bewahrt den <strong>Anlagenbau</strong>er vor Schadenersatzforderungen, wenn Ereignissehöherer Gewalt wie Überschwemmungen, Erdbeben, kriegerische Aus<strong>ein</strong>andersetzungenetc. ihm das Leben schwer machen.Er ist hingegen nicht davor befreit, den <strong>Vertrag</strong> rechtzeitig und vollumfänglich zu erfüllen(zumindest solange die Erfüllung noch möglich ist). Ein Liefertermin ist auch<strong>ein</strong>zuhalten, wenn <strong>ein</strong> Brand s<strong>ein</strong>e Werkhalle zerstört oder <strong>ein</strong> Streik die Transportwegelahmlegt.Bis die Anlage abgeliefert ist, liegt das Risiko höherer Gewalt zum grossen Teil be<strong>im</strong><strong>Anlagenbau</strong>er. Es braucht daher <strong>ein</strong>e vertragliche Regelung der force majeure.Force majeure-Klausel: Existentiell <strong>im</strong> AuslandgeschäftHöhere Gewalt ist auch in der sicheren Schweiz möglich. Absolut zwingend ist <strong>ein</strong>eforce majeure-Klausel jedoch <strong>im</strong> Auslandgeschäft. Sie legt fest, dass bei unvorhersehbarenund unabwendbaren Ereignissen die Pflichten der <strong>Vertrag</strong>sparteien sistiertund Termine erstreckt werden. Dauern solche Ereignisse länger als sechs bis zwölfMonate, können beide Seiten den <strong>Vertrag</strong> auflösen.Wichtig ist, dass die Definition der force majeure-Ereignisse nicht zu eng ist und dassk<strong>ein</strong>e relevanten Ereignisse ausgeschlossen werden. Je nach Land müssen politischeEreignisse (Embargos etc.) in den Katalog aufgenommen werden. Weiter müssenauch die Kostenfolgen geregelt werden.18 Auflösung des <strong>Vertrag</strong>s ohne Begründung(termination for convenience)Einseitiges Recht des BestellersDie meisten Rechtsordnungen gewähren dem Besteller das Recht, jederzeit auf dieAnlage zu verzichten und den <strong>Vertrag</strong> aufzulösen.Dem Lieferanten steht dieses Recht nicht zu. Das, was er versprochen hat, muss erauch erfüllen.Grundsatz: volle Schadloshaltung des <strong>Anlagenbau</strong>ersVerzichtet der Besteller auf die vollständige Erfüllung des <strong>Vertrag</strong>es, muss er denLieferanten vollumfänglich schadlos halten, d.h. er muss ihm alle Kosten und auchentgangene Deckungsbeiträge an allgem<strong>ein</strong>e Geschäftskosten, Risikomargen undGewinn ersetzen.Viele Besteller versuchen, diesen Grundsatz aufzuweichen und den <strong>Anlagenbau</strong>eran den Folgen <strong>ein</strong>er <strong>Vertrag</strong>sauflösung zu beteiligen. Solange dies Kündigungsgründebetrifft, die ausserhalb des Einflussbereiches des Bestellers liegen (z.B. weilder Endkunde das Projekt nicht realisiert), mag <strong>ein</strong>e gewisse Risikobeteiligung desAnlagen bauers gerechtfertigt s<strong>ein</strong>.Wichtig ist jedoch, dass der Kunde <strong>für</strong> diejenigen Anlageteile, die bereits fertig gestelltsind und die er übern<strong>im</strong>mt, den Preis (nicht nur die Kosten) bezahlt. Sonstkönnte er, wenn er die Kündigung kurz vor Übernahme ausspricht, die Anlage zumKostentarif erwerben.Zu beachten ist auch, dass <strong>ein</strong>e <strong>Vertrag</strong>sauflösung <strong>ein</strong>e Kettenreaktion auslöst. <strong>Der</strong><strong>Anlagenbau</strong>er muss Material zwischenlagern, Subunternehmeraufträge kündigen,Bestellungen absagen, was <strong>im</strong>mer mit Kosten verbunden ist. Diese Kosten müssenvom Kunden übernommen werden.Kündigungsklauseln haben daher mindestens vorzusehen:<strong>–</strong><strong>–</strong>Leistungen, die bereits erbracht sind, werden auf der Basis des Preises(nicht der Kosten) bezahlt;<strong>–</strong><strong>–</strong>Für nicht erbrachte Leistungen werden alle aufgelaufenen Kosten übernommeninkl. der Kosten <strong>für</strong> die Auflösung von Unterlieferantenverträgen.30 31


19 Haftungsbegrenzung (l<strong>im</strong>itation of liability)Die gesetzliche HaftungDie Konzeption des Gesetzgebers beruht auf dem Gedanken, dass jeder <strong>Vertrag</strong>spartnerdas Versprochene vollumfänglich erfüllen muss. Gelingt das nicht, soll der<strong>Vertrag</strong>sbrüchige den ganzen Schaden, den er verursacht hat, ersetzen.Die unbeschränkte Haftung des <strong>Anlagenbau</strong>ers ist nicht gerechtfertigt<strong>Der</strong> Grundgedanke des Gesetzes mag nachvollziehbar s<strong>ein</strong>, er wird der heutigenwirtschaftlichen Realität jedoch nicht mehr gerecht.Anlagen sind oft Teil <strong>ein</strong>es Grossprojektes. Die Erträge des <strong>Anlagenbau</strong>ers richtensich dabei nach s<strong>ein</strong>em Auftragsvolumen. Dieses Auftragsvolumen steht in k<strong>ein</strong>emVerhältnis zu den Kosten des Gesamtprojekts und schon gar nicht zu den Erträgen,die der Kunde mit dem Gesamtprojekt auf Jahre hinaus generiert.<strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er muss <strong>für</strong> die von ihm <strong>ein</strong>gegangenen Risiken <strong>ein</strong>e Risikomarge ins<strong>ein</strong>en Preis <strong>ein</strong>rechnen. Es ist schlicht unmöglich, dass er in s<strong>ein</strong>em Teilauftrag <strong>ein</strong>eMarge <strong>ein</strong>rechnet, welche die Ertragsrisiken des Kunden abdecken könnte.Das befreit den <strong>Anlagenbau</strong>er selbstverständlich nicht davon, s<strong>ein</strong>e Versprechungen<strong>ein</strong>zulösen. Mängel müssen ohne Wenn und Aber behoben werden. Gelingt dasnicht, muss er sich auch <strong>ein</strong>e Preisminderung oder <strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall sogar <strong>ein</strong>eRücknahme der Anlage gefallen lassen. Diese Risiken gehören zu s<strong>ein</strong>em Geschäft.Er muss und kann sie beherrschen und muss in s<strong>ein</strong>er Kalkulation die notwendigenMargen <strong>ein</strong>rechnen.Hingegen kann der <strong>Anlagenbau</strong>er die be<strong>im</strong> Kunden <strong>ein</strong>tretenden potentiellen Folgensolcher Mängel weder kalkulieren noch be<strong>ein</strong>flussen. K<strong>ein</strong> Turbinenlieferant darf dasRisiko übernehmen, <strong>für</strong> den Ausfall der Stromproduktion s<strong>ein</strong>es Kraftwerkkundengerade stehen zu müssen, wenn ihm die langfristige Existenz s<strong>ein</strong>es Betriebes amHerzen liegt.Versicherungen sind (fast) k<strong>ein</strong> SchutzDie Betriebshaftpflichtversicherung schützt den <strong>Anlagenbau</strong>er vor Haftungsrisiken,soweit diese auf Sach- oder Personenschäden zurückzuführen sind, d.h. bei Unfällenentstehen. R<strong>ein</strong>e Vermögensschäden sind in aller Regel nicht oder nur in <strong>ein</strong>geschränktemUmfang gedeckt.Ohnehin besteht <strong>ein</strong> Versicherungsschutz <strong>im</strong>mer nur <strong>im</strong> Rahmen der Versicherungssumme,welche meist nicht nur pro Schadenfall, sondern auch kumuliert <strong>für</strong> dasganze Jahr gilt.Haftungsbeschränkungen nützen auch dem KundenHaftungsbeschränkungen schützen nicht nur legit<strong>im</strong>e Interessen des <strong>Anlagenbau</strong>ers,sondern nützen auch dem Kunden.Nur mit konsequentem Bestehen auf Haftungsbeschränkungen können die Risikomargen<strong>im</strong> vernünftigen Rahmen gehalten werden. Die Übernahme grosser Haftungs -risiken erfordert höhere Risikomargen und führt damit langfristig zu höheren Preisen.Weiter sind Lieferanten, welche unbeschränkte Haftungsrisiken <strong>ein</strong>gehen, latentexistenzgefährdet. Gerade bei langlebigen Investitionsgütern ist der Kunde vielleicht<strong>ein</strong>mal froh, wenn es den Lieferanten in zehn Jahren noch gibt.Glücklicherweise besteht <strong>im</strong> Energie- und Maschinenbereich weitgehend Einsicht überdie Notwendigkeit und den Sinn von Haftungsbegrenzungen. Auf Schwierigkeitenbis hin zu völligem Unverständnis stösst der <strong>Anlagenbau</strong>er leider oft <strong>im</strong>mer noch beibaunahen Bestellern, unverständlicherweise sogar <strong>im</strong> Bereich der öffentlichen Hand.Die generelle HaftungsbeschränkungKlarzustellen ist vorab Folgendes: Haftungsbegrenzungen haben nicht den Zweck,dem <strong>Anlagenbau</strong>er <strong>im</strong> <strong>ein</strong>zelnen Projekt die Gewinnmarge zu sichern oder ihn vorVerlusten zu bewahren. Haftungsbegrenzungen sind Existenzsicherung, nicht mehrund nicht weniger.Haftungsbeschränkungsklauseln bestehen meistens aus zwei Elementen:<strong>–</strong><strong>–</strong>Obergrenze <strong>für</strong> sämtliche Haftungsansprüche (üblicherweise bei 50 bis 100%des <strong>Vertrag</strong>swertes)<strong>–</strong><strong>–</strong>Ausschluss von Folgeschäden, d.h. von Schäden, welche nicht direkt durchdas schädigende Ereignis verursacht worden sind, sondern die Folge <strong>ein</strong>esdirekten Schadens sind, beispielsweise Ertragsausfälle infolge <strong>ein</strong>er verspätetgelieferten oder mangelhaften Anlage.Über Sinn und Schutzwirkung von generellen Haftungsobergrenzen herrschen geteilteM<strong>ein</strong>ungen. Sinnvoll sind Obergrenzen sicher bei Grossprojekten, wo direkteSchäden in extremen Fällen auch <strong>ein</strong>mal die Versicherungsdeckung übersteigenkönnen.Wichtiger als die Obergrenze ist <strong>ein</strong> Ausschluss oder zumindest die Begrenzung derHaftung <strong>für</strong> Folgeschäden. Folgeschäden sind meistens unkalkulierbar, nicht be<strong>ein</strong>flussbarund können den <strong>Vertrag</strong>swert oder sogar die ganze Bilanzsumme des Unternehmensübersteigen.Es empfiehlt sich, nicht <strong>ein</strong>fach nur <strong>ein</strong>en Folgeschadenausschluss in den <strong>Vertrag</strong> zuschreiben, sondern naheliegende Schadensarten wie Kapitalkosten, Nutzungsausfall,entgangene Aufträge und Ähnliches explizit als ausgeschlossen zu erklären. Sokönnen <strong>im</strong> Schadenfall Diskussionen über die Abgrenzung von direkten und Folgeschädenvermieden werden.32 33


Ausnahmen von der HaftungsbeschränkungFolgende Ausnahmen von der generellen Haftungsbeschränkung sind entwederzwingendes Recht oder anderweitig gerechtfertigt:<strong>–</strong><strong>–</strong>Haftung <strong>für</strong> grobfahrlässig oder absichtlich verursachte Schäden:zwingendes Recht in den meisten Rechtsordnungen;<strong>–</strong><strong>–</strong>Haftung <strong>für</strong> Personenschäden: teilweise zwingendes Recht. Ohnehin bestehtgegenüber dem verletzten Menschen die unbeschränkte ausservertraglicheDeliktshaftung;<strong>–</strong><strong>–</strong>Haftung <strong>für</strong> versicherte Schäden: Verlangt der Kunde <strong>ein</strong>e Versicherung,muss <strong>für</strong> gedeckte Schäden ebenfalls <strong>ein</strong>e Haftung vorliegen, damit dieVersicherung auch wirklich in Anspruch genommen werden kann.Ausnahmen sind weiter vertretbar, wenn es um Spezialfälle wie geistiges Eigentum,Um weltschäden etc. geht, soweit k<strong>ein</strong>e spezifischen Risiken vorliegen.Alternativen zur generellen HaftungsbeschränkungDiskussionen über generelle Haftungsbeschränkungen bergen <strong>ein</strong>e gewisse Gefahr,in Polemik oder Prinzipiendiskussionen abzudriften. <strong>Vertrag</strong>sverhandlungen könnenoft entkrampft werden, wenn man die Diskussion von der generellen Beschränkungauf konkrete Sachverhalte und Szenarien lenkt:<strong>–</strong><strong>–</strong>Die Haftung <strong>für</strong> Schäden aus Terminverzug kann durch <strong>ein</strong>e Konventionalstrafeersetzt werden. Dabei muss explizit erwähnt werden, dass damit alle Ansprücheaus Verzug abgegolten sind (sog. «sole and exclusive remedy clause).<strong>–</strong><strong>–</strong>Die Mängelhaftung kann ebenfalls begrenzt werden, indem die Mängelansprüche<strong>im</strong> <strong>Vertrag</strong> abschliessend und unter Einschluss der Schadenersatzfolgenaufgezählt werden.<strong>–</strong><strong>–</strong>Sind Leistungswerte oder die Verfügbarkeit zentral, können Schadenersatzansprüchedurch Konventionalstrafen <strong>für</strong> das Nichterreichen dieser Leistungswerteersetzt werden.Mit diesen drei Regelungen ist der Hauptteil der realen grossen Haftungsrisiken erfasst.Schadloshaltung/Freistellung (indemnification)Schadloshaltungsklauseln kommen zum Zug, wenn Dritte gegen den Kunden Ansprüchegeltend machen und die Ursache <strong>für</strong> diese Ansprüche in <strong>Vertrag</strong>sverletzungendes <strong>Anlagenbau</strong>ers liegt.Eine solche Haftungsübernahme geht über die gesetzliche Haftung hinaus. NachGesetz besteht die vertragliche Haftung nur <strong>für</strong> Schäden, die dem <strong>Vertrag</strong>spartnerzugefügt wurden. Wurde der Schaden <strong>ein</strong>em Dritten zugefügt, kann dieser Drittevom <strong>Anlagenbau</strong>er nur dann Schadenersatz verlangen, wenn Rechtsgrundlagen <strong>für</strong><strong>ein</strong>e ausservertragliche respektive Deliktshaftung greifen.Weiter ist auch zu beachten, dass Freistellungsansprüche (<strong>im</strong> Gegensatz zu Schadenersatzansprüchenaus vertraglicher Gewährleistung) nicht mit dem Ende der Gewährleistung,sondern in der Regel erst nach zehn Jahren verjähren.Schadloshaltungsklauseln sind problemlos, wenn es um Personen- und Sachschädensowie die Verletzung geistigen Eigentums geht, wenn es sich nicht gerade um <strong>ein</strong>Entwicklungsprojekt <strong>im</strong> High-Tech-Bereich handelt.Es ist auch selbstverständlich, dass der <strong>Anlagenbau</strong>er den Kunden schadlos haltenmuss, wenn s<strong>ein</strong>e Subunternehmer auf dem Kundengrundstück Bauhandwerkerpfandrechte<strong>ein</strong>tragen lassen.Generell sollten Schadloshaltungs- oder Freistellungsklauseln aber nur unter folgendenVoraussetzungen akzeptiert werden:<strong>–</strong><strong>–</strong>Beschränkung auf Sach- und Personenschäden, Verletzung von geistigemEigentum und Bauhandwerkerpfandrechte;<strong>–</strong><strong>–</strong>Schäden müssen durch <strong>ein</strong>e <strong>Vertrag</strong>sverletzung verursacht (nicht <strong>ein</strong>fach«<strong>im</strong> Zusammenhang mit der Anlage entstanden») und vom <strong>Anlagenbau</strong>erverschuldet s<strong>ein</strong>;<strong>–</strong><strong>–</strong>der Besteller muss über Drittansprüche sofort informieren und dem<strong>Anlagenbau</strong>er die Möglichkeit geben, allfällige Prozesse <strong>für</strong> ihn zu führen.20 Bankgarantien (bonds)Garantien und BürgschaftenMit Bankgarantien und Bürgschaften sichert <strong>ein</strong>e Partei, meistens der Besteller, dieErfüllung des <strong>Vertrag</strong>es bei <strong>ein</strong>em Dritten ab. Eine Bank oder Versicherung sichertdabei dem Kunden zu, <strong>ein</strong>e best<strong>im</strong>mte Summe zu bezahlen, wenn er dies verlangtoder wenn best<strong>im</strong>mte Sachverhalte vorliegen.<strong>Der</strong> Kunde kann klassische (sogenannt abstrakte) Bankgarantien mit <strong>ein</strong>em <strong>ein</strong>fachenBrief abrufen. Es braucht k<strong>ein</strong>en Nachweis, dass der Abruf berechtigt ist. Wederder <strong>Anlagenbau</strong>er noch die Bank können sich gegen die Auszahlung wehren.Bürgschaften <strong>im</strong> Sinne des schweizerischen Rechts sind hingegen abhängig davon,dass der <strong>Anlagenbau</strong>er effektiv <strong>ein</strong>e Pflicht verletzt hat, beispielsweise Mängel nichtbehebt. Die Bank oder Versicherung kann und wird nach Rücksprache mit dem <strong>Anlagenbau</strong>er<strong>ein</strong>e Einrede erheben.Es ist bedeutungslos, ob <strong>ein</strong>e Urkunde als Garantie oder Bürgschaft bezeichnet wird.Entscheidend ist der Text des Garantiedokumentes. Kann die Zahlung auf erstes Verlangenunter Verzicht auf jegliche Einreden abgerufen werden, ist es <strong>ein</strong>e Garantie,auch wenn sie Bürgschaft genannt wird.34 35


Mit Augenmass <strong>ein</strong>setzenEs gibt kaum mehr grössere Projekte, in welchen nicht Bankgarantien <strong>für</strong> die Absicherungvon Anzahlungen, <strong>Vertrag</strong>serfüllung und Gewährleistungspflichten gefordertwerden. Dass sich <strong>ein</strong> gewisser Automatismus <strong>ein</strong>geschlichen hat, dürfte nicht abzustreitens<strong>ein</strong>.Bankgarantien verschaffen Sicherheit. Sie garantieren <strong>ein</strong> Mindestmass an Solvenzdes <strong>Vertrag</strong>spartners (sonst würde ihm s<strong>ein</strong>e Bank k<strong>ein</strong>e Garantien ausstellen), motivierenihn zur <strong>Vertrag</strong>serfüllung (weil bei Abruf die Bank sofort Regress n<strong>im</strong>mt) undverschaffen bei <strong>ein</strong>em Ausfall des <strong>Vertrag</strong>spartners finanzielle Mittel, um die Folgenzu lindern.Bankgarantien kosten aber auch Geld. Langfristig schlägt sich das auf den Preis nieder.Die Sicherheiten, welche die Banken fordern, schränken zudem den finanziellenSpielraum des <strong>Anlagenbau</strong>ers <strong>ein</strong>. Bankgarantien erschweren damit Investitionen inForschung und Entwicklung.Bankgarantien sind <strong>ein</strong> geeignetes und wichtiges Instrument des Risikomanagements.Es sollte aber nicht reflexartig <strong>ein</strong>gesetzt werden. Bevor <strong>ein</strong>e Bankgarantieverlangt wird, braucht es <strong>ein</strong>e Risikoanalyse bezüglich des Projekts und des <strong>Vertrag</strong>spartners.Zeigt diese Analyse, dass es andere Mittel gibt, um das Risiko zu beherrschen(oder dass gar k<strong>ein</strong> Risiko besteht), braucht es auch k<strong>ein</strong>e Bankgarantie!Bankgarantien sind Bargeld!Klassische (abstrakte) Bankgarantien sind auf erstes Verlangen abrufbar, ohne dassder <strong>Anlagenbau</strong>er irgendwie dagegen intervenieren könnte. Wird <strong>ein</strong>e Garantie abgerufen,darf und wird die Bank zahlen und sofort auf den <strong>Anlagenbau</strong>er Rückgriffnehmen. Ob der Abruf gerechtfertigt war oder nicht, spielt überhaupt k<strong>ein</strong>e Rolle.Die Aushändigung <strong>ein</strong>er Bankgarantie ist damit nichts anderes als die Übergabe<strong>ein</strong>er Summe Bargeld. <strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er muss sich gut überlegen, ob s<strong>ein</strong> Kundevertrauenswürdig genug ist, um ihm so viel Bargeld anzuvertrauen.Anzahlungsgarantie <strong>–</strong> Standard<strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er erhält bei <strong>Vertrag</strong>sbeginn (in der Regel) Geld, ohne bereits <strong>ein</strong>eLeistung erbracht zu haben. Mit Anzahlungsgarantien hat der Kunde die Gewissheit,dass s<strong>ein</strong> Geld <strong>für</strong> s<strong>ein</strong>en Auftrag <strong>ein</strong>gesetzt wird und dass er bei <strong>ein</strong>em Missbrauchsofort Geldmittel erhält, um sich anderweitig <strong>ein</strong>zudecken.Anzahlungsgarantien sind <strong>im</strong> Projektgeschäft Standard. Dass der Kunde auf abstraktenBankgarantien besteht, ist nachvollziehbar. Erfüllt <strong>ein</strong> Lieferant den <strong>Vertrag</strong> nicht(z.B. weil er kurz nach Auftragserteilung insolvent wird), braucht der Besteller schnelldie Mittel <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Ersatzbeschaffung. Mit der Bankgarantie erhält er diese innertTagen.Da der <strong>Anlagenbau</strong>er <strong>im</strong> gleichen Umfang liquide Mittel erhält, sind sie <strong>für</strong> ihn auch inBezug auf Sicherstellungsforderungen der Banken viel weniger problematisch.Eine Anzahlungsgarantie sollte ablaufen, sobald das Geld nachweisbar <strong>für</strong> das Projektverwendet worden ist, spätestens bei <strong>ein</strong>er Werkabnahme, allerspätestens jedoch,sobald die Hardware <strong>im</strong> Einflussbereich des Kunden angekommen ist. Bei Teillieferungenist sie anteilsmässig zu reduzieren.Erfüllungsgarantie <strong>–</strong> braucht es sie wirklich?Erfüllungsgarantien sollen sicherstellen, dass <strong>ein</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er den <strong>Vertrag</strong> wirklicherfüllt. Sie sollten nur dort verlangt werden, wo effektiv das Risiko besteht, dass der<strong>Vertrag</strong>spartner sich aus dem Staub macht.Sobald die Lieferpflicht erfüllt ist, ist diese Garantie nicht mehr gerechtfertigt undmuss verfallen.Gewährleistungsgarantien <strong>–</strong> nur als Bürgschaft und zeitlich begrenztGewährleistungsgarantien werden ausgestellt, um allfällige zukünftige Gewährleistungsansprüchewährend der Gewährleistungsdauer abzusichern. <strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>erhat s<strong>ein</strong>en <strong>Vertrag</strong> erfüllt, der Kunde kann die Anlage betreiben.Eine abstrakte Bankgarantie ist als Sicherheit nicht mehr gerechtfertigt. Gewährleistungsgarantiensollten grundsätzlich nur in der Form von Bürgschaften ausgestelltwerden.Wichtig ist, dass sie erst zu laufen beginnen, wenn <strong>ein</strong>e allfällige Erfüllungsgarantieabgelaufen ist.Gerade in Deutschland verlangen Kunden oft zeitlich unbegrenzte Gewährleistungsbürgschaften.Wenn es sich um Bürgschaften (d.h. nicht um abstrakte Bankgarantien)handelt, ist das nicht weiter problematisch. <strong>Der</strong> bürgenden Bank steht ja dieEinrede der abgelaufenen Gewährleistungsfrist zur Verfügung.Abstrakte Bankgarantien sollten jedoch nie zeitlich unbegrenzt s<strong>ein</strong>. Verlängert sichdie Gewährleistung, kann der Kunde ja die Verlängerung der Bürgschaft verlangen.Weigert sich der <strong>Anlagenbau</strong>er (oder die Bank), kann der Kunde <strong>im</strong>mer noch die bestehendeGarantie abrufen. Meist reicht die Drohung aus, um <strong>ein</strong>e Verlängerung zuerhalten.Text der Garantie überprüfenWenn der Liefervertrag vorsieht, dass sich die Anzahlungsgarantie bei Teillieferungenreduziert (was er eigentlich sollte), muss das auch <strong>im</strong> Text der Garantie so geschriebens<strong>ein</strong>. <strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er sollte sich daher die Garantiezertifikate <strong>im</strong>mer von derBank zur Prüfung zustellen lassen.36 37


Zwingendes lokales Recht lässt sich nicht umgehen!Eine Rechtswahl schützt nicht vor zwingend anwendbarem Recht des Anlagestandortesoder allenfalls von Transitländern. Steuern, Einfuhrzölle, Sicherheits- und Arbeits -best<strong>im</strong>mungen <strong>ein</strong>es Landes etc. gelten auch, wenn <strong>ein</strong> anderes Recht ver<strong>ein</strong>bartwird.Max<strong>im</strong>e: Prozesse vermeidenFür den <strong>Anlagenbau</strong>er gilt in erster Linie, es gar nie zum Prozess kommen zu lassen.Besteht <strong>ein</strong> Zahlungsplan mit durchgehend positivem Cashflow und hat der <strong>Anlagenbau</strong>erdie Möglichkeit, die Arbeiten <strong>ein</strong>zustellen, wenn der Geldfluss stoppt, sind dasdie weitaus effektiveren Massnahmen als <strong>ein</strong> günstiger Gerichtsstand.23 Gerichtsstand (place of jurisdiction) oderSchiedsgericht (arbitration)<strong>Der</strong> Gerichtsstand <strong>–</strong> matchentscheidend <strong>im</strong> Konfliktfall<strong>Der</strong> Gerichtsstand kann unabhängig vom anwendbaren Recht best<strong>im</strong>mt werden.Für den <strong>Anlagenbau</strong>er ist <strong>ein</strong> Gerichtsstand <strong>im</strong> Ausland <strong>ein</strong> Risiko, insbesonderedann, wenn er Zahlungen auf dem Rechtsweg <strong>ein</strong>treiben muss. Die Justizsystemegewisser Länder, beispielsweise Italien, machen es <strong>für</strong> <strong>ein</strong> KMU faktisch unmöglich,s<strong>ein</strong>e Ansprüche durchzusetzen.Prozesse <strong>im</strong> Ausland sind sehr teuer. Solange beide Parteien davon betroffen sind, fördertdas die Bereitschaft, Konflikte auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Ein Gerichtsstandam Sitz des Kunden wirkt hingegen prohibitiv <strong>für</strong> <strong>ein</strong>vernehmliche Lösun gen.Das wird der Kunde <strong>im</strong> Konfliktfall ausnützen. <strong>Der</strong> <strong>Anlagenbau</strong>er kann sich allei neaufgrund der Kostenrisiken dann zu grösseren Konzessionen gezwungen sehen.Es lohnt sich daher, über den Gerichtsstand zu verhandeln. Ein Kompromiss kann inder Ver<strong>ein</strong>barung <strong>ein</strong>es Gerichtsstandes oder Schiedsgerichts in <strong>ein</strong>em Drittland liegen.Wichtig ist, dass die Hürden und die Risiken <strong>ein</strong>es Prozesses <strong>für</strong> beide Seitenähnlich hoch sind. <strong>Der</strong> grosse Vorteil von Schiedsgerichten liegt dabei in der Geschwindigkeit.Billiger sind sie nicht.Streitschlichtung/MediationStreitigkeiten ausserprozessual zu erledigen, ist <strong>im</strong>mer besser, als sie vor Gerichtauszufechten. Ein Chefgespräch ist regelmässig die erste Stufe. Findet man so k<strong>ein</strong>eEinigung, kann <strong>ein</strong> Mediationsverfahren Sinn machen.Ob der Mediator technische Fachkompetenz aufweisen muss oder gerade frei vonkonkretem Sachverstand s<strong>ein</strong> sollte, ist <strong>ein</strong>e vieldiskutierte Streitfrage.Nach M<strong>ein</strong>ung des Verfassers kommt <strong>ein</strong> technischer Laie durchaus als Mitgliedoder Obmann <strong>ein</strong>es mehrköpfigen Schlichtungsgremiums in Frage. Ein Einzelmediatorbraucht hingegen zwingend technische Kompetenz und unternehmerische Autorität<strong>im</strong> strittigen Bereich. Er braucht daneben nicht in erster Linie <strong>ein</strong> Diplom, sondernPersönlichkeit, Offenheit und Verständnis <strong>für</strong> psychologische Abläufe.No Go’sWährend Nachbarländer wie Deutschland oder Österreich als Gerichtsstand in Fragekommen, steht <strong>ein</strong> Gerichtsstand in Ländern ohne Rechtssicherheit nicht zur Debatte.Aber auch bürokratische Justizsysteme können die Rechtsdurchsetzung faktischverunmöglichen. Zumindest <strong>für</strong> KMU ist beispielsweise der Gerichtsstand Italien<strong>ein</strong> No Go.40 41


Checkliste zum <strong>Anlagenbau</strong>vertragThema Das muss geprüft werden SeiteWer?<strong>Vertrag</strong>sparteien• Identität der Besteller• Unterschriftsberechtigungen (Handelsregister: www.zefix.ch)Was?• Leistungsbeschrieb, Spezifikationen, Pflichtenheft,13<strong>Vertrag</strong>sleistungLeistungsverzeichnis• Pläne, LayoutWann?• <strong>Vertrag</strong>stermine; Zwischentermine, Bauprogramm15 f.Termine• Reaktionszeiten• Termine Besteller, EntscheidungsfindungsplanWieviel?• Pauschal, Einheitspreise14Preis• nach Aufwand<strong>Vertrag</strong>sbestandteile • Leistungsbeschrieb; Nutzungsver<strong>ein</strong>barung; Angebot9 ff.• Teile aus Endkundenvertrag; SIA 118; Normen, Richtlinien• Widersprüche, RangordnungZahlungsbedingungen • Zahlungsplan14• Zahlungsfrist, Skonto, ZahlungsverzugTeuerung• Methode, Formel, Indizes14• Nicht teuerungsberechtigter Anteil• Stichtag Beginn; BerechnungszeitpunktWährung • Fixierung Wechselkurs; Absicherung 15Lieferort, Erfüllungsort • Physische Lieferung16• <strong>Vertrag</strong>licher Erfüllungsort• IncotermsDokumentation• Termine, <strong>Vertrag</strong>sstrafen17• Provisorische/definitive Dokumentation• Anforderungen an Layout und Tiefe; GenehmigungsprozessBestellungsänderungen • Ablauf, Genehmigung vor Ausführung18• Preisbildung, KostengrundlagenSistierung des <strong>Vertrag</strong>s • Kann der Besteller die <strong>Vertrag</strong>stermine verschieben?18• Wie lange?• Vergütung? Preis- oder Kostenbasis?Änderung• <strong>Vertrag</strong>sabschluss als massgebender Zeitpunkt18von Vorschriften• KostenMontage• Montage/Montageleitung/Personalbeistellung/Hebegeräte• Verantwortlichkeiten• Pönalisierte <strong>Vertrag</strong>stermine nach Montage?19Inbetriebnahme,Probebetrieb• Dauer, Tests, Messungen• Verantwortlichkeit <strong>für</strong> Anlage; Betriebspersonal, Betriebsstoffe• Integration Schulung• Kriterien <strong>für</strong> Unterbruch, Verlängerung, Wiederholung• Pönalisierte <strong>Vertrag</strong>stermine nach Probebetrieb?20Thema Das muss geprüft werden SeiteAbnahme• Zeitpunkt; Abnahmeprozess; Tests; Messungen• Verschiebung nur bei wesentlichen Mängeln• Werk-, Teilabnahmen• Spätestklausel; Wartungsvertrag21 f.<strong>Vertrag</strong>sstrafen<strong>für</strong> VerzugLeistungsgarantienGewährleistungMängelrechteHöhere Gewalt<strong>Vertrag</strong>sauflösungohne BegründungHaftungsbegrenzungSchadloshaltung,FreistellungBankgarantienVersicherungenAnwendbares RechtGerichtsstand• Ansatz pro Woche/Tag; Max<strong>im</strong>um• Pönalisierte Termine• Kumulierung Zwischentermine? Aufholen möglich?• Zusätzlicher Schadenersatz? Abschliessender Anspruchaus Verzug• Vorhanden? Welche?• Verfügbarkeit; Leistungen; Leistungsverluste; Kosten• Bei <strong>Vertrag</strong>sstrafen: Obergrenze pro Wert und gesamthaft• Umfang; Dauer• Beginn; Ende; Spätestklauseln?• Vorgängiges Nachbesserungsrecht• Minderung; Rücktritt nur in krassen Fällen• Serienmängel?• Geregelt? Politische Risiken <strong>ein</strong>geschlossen?• Kostenfolgen?• Preis <strong>für</strong> Geleistetes; Entschädigung weiterer Kosten• Kosten Auflösung Subunternehmerverträge• Obergrenze <strong>für</strong> Gesamthaftung• Ausschluss Haftung <strong>für</strong> Folgeschäden• Beschränkt auf Sach- und Personenschäden,Verletzung geistigen Eigentums?• Verursacht durch <strong>Vertrag</strong>sverletzung; verschuldet• Informationspflicht; Prozessübernahme• Notwendig und sinnvoll? Bürgschaften möglich?• K<strong>ein</strong>e Überschneidung der Laufzeiten• Verlangte Versicherungen?Versicherung vorhanden (Vermögensschäden)?• Montageversicherung• Versicherungen Auftraggeber(Bauwesen-, Montage-, Allrisk-Versicherung)• Haftungsbegrenzung gültig?• Zwingende gesetzliche Gewährleistungen?• Zwingendes lokales Recht; Steuern, Zölle, Arbeitsbest<strong>im</strong>mungen• Riskante Länder, No Go’s• Schiedsgericht15 f.;22 f.25 ff.27 f.29 f.303132 ff.3435 ff.38394042 43


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