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Bud apester <strong>Zeitung</strong>13. Jahrgang / Nr. 38 Budapest, 20. - 26. September 2013 www.bzt.hu 750 Forint – D: 5,70 EuroNeuer Versuch:Ex-Premier Gyurcsány kann es nicht lassen.Erneut versucht er sich und seine berühmtgewordene„Lügenrede“ in neues, freundlicheresAltes Handwerk:Die „<strong>Budapester</strong> Schuhe“ haben einelange und in der Hauptstadt noch immerlebendige Tradition. Zwei ManufakturenLicht zu rücken.03 im Gespräch.08Viele Filme:Ungarn steht dieser Tage im Zeichendes Films. In der Műcsarnok, beim„Sehenswert“ Festival in Budapestund beim Filmfestival in Miskolc.10RatlosIsabelle WeigandtPol izeigewalt 2006: Gyurcsány sorgt für Eklat bei GerichtsverfahrenDer Vorsitzende des Ungarischen Bankenverbandes, Mihály Patai (Foto), istratlos, was er mit dem Ultimatum der Regierung in der Devisenkreditfrageanfangen soll und überhaupt, wie das Problem in einer für alle drei Seiteneinigermaßen akzeptablen Weise aus der Welt geschafft werden kann. Ratlosscheint aber auch die Regierung zu sein, sonst hätte sie sich in dieser Fragenicht mit einem so vage formulieren Ultimatum mal wieder aus der Affäre gezogen.Blickt man in die Gesichter der noch immer eisern vor Orbáns Privathausprotestierenden Devisenkreditopfer scheint auch auf dieser Seite eherRatlosigkeit vorzuherrschen. Ratlos sind aber auch die Versorgungsunternehmen,ob sie sich angesichts immer neuer Kriegserklärungen von Seiten derRegierung noch eine langfristige Zukunft in Ungarn ausrechnen oder nicht. Mehr zu diesem Thema unter anderem auf den Seiten 2 und 5.Am Dienstag dieser Woche saßen nebenzwölf anderen vormals hochrangigenPolizeibeamten der ehemaligeLandespolizeipräsident László Beneund der Ex-Polizeipräsident von Budapest,Péter Gergényi, zum ersten Malvor Gericht. Den 14 Angeklagten wirdzur Last gelegt, bei den Unruhen undKrawallen im Oktober 2006 für diemaßlose und widerrechtliche Polizeigewaltverantwortlich gewesen zu sein.Zu den Unruhen war es gekommen,nachdem die sogenannte Lügenrededes damaligen MinisterpräsidentenFerenc Gyurcsány (2004-2009) nach denWahlen im Mai im September 2006 publikgemacht worden war – Gyurcsányhatte im Sommer 2006 vor der Fraktionder damaligen Regierungspartei MSZPin Balatonőszöd eingestanden, dass seineerste Regierung (2004-2006) die Wählerüber den wirtschaftlichen Zustand desLandes jahrelang hinters Licht geführthatte.Überraschend erschien bei der Gerichtsverhandlungam Dienstag auchGyurcsány selbst – was für einen handfestenEklat sorgte. Der ehemalige Regierungschefund heutige Vorsitzendeder Partei Demokratische Koalition(DK) wurde von Demonstranten vorund in dem Gebäude des HauptstädtischenGerichts angespuckt. Insgesamthatten sich rund zwei Dutzend Demonstrantenvor dem Gerichtsgebäudeversammelt.Mit Blick auf die Verfehlungen derPolizei im Jahr 2006 sprachen sie voneinem „staatlich legitimierten Terrorismus”.Außerdem machten sie ihremUnmut Luft, dass nicht auch Gyurcsány,der ihrer Meinung nach der „Hauptverantwortliche”der Polizeigewalt imJahr 2006 gewesen sei, unter Anklagestehe.Gyurcsány soll im Verlauf des Verfahrenslediglich als Zeuge angehört werden.Der Ex-Premier erklärte später, dasses seine moralische Pflicht gewesen sei,beim Verfahren László Bene und PéterGergényi mit seiner Anwesenheit denRücken zu stärken. Ein Urteil wird frühestensim Sommer des nächsten Jahreserwartet.▶▶PBTip of the Week Tip der Woche – Mobilitätstag1222 Bp. Nagytétényi út 48-50 • Tel: (+36-1) 382-9000Fax: (+36-1) 382-9003 • e-mail: fox@fox-autorent.comwww.fox-autorent.com • open: 8am-8pm 7 days a weekDer kommende Sonntag steht ganz im Zeichen der fahrzeuglosen Mobilität. Auf derAndrássy út erwartet die Besucher ein vielfältiges Programm. www.mobilityweek.eu9 771785 110000 13038


2 P o l i t i k<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>20. – 26. September 2013KompaktPető-Institut:Parlament votiert gegen RettungAm Dienstag hat das Parlament gegen das500 Mio. Forint schwere Rettungspaket für dasvom Bankrott gefährdete Pető Intézet gestimmt.Das Paket war als Budgetände rungsvorschlagvon der „Dialog für Ungarn“-AbgeordnetenTimea Szabó eingebracht worden.Kritik an dieser Entscheidung wurde laut, weildas Geld aus den Notreserven des Staatsbudgetskommen sollte, aus denen auch dieaktuellen und zukünftigen milliardenschwerenStadionbauten ungarnweit finanziert werden.Das international bekannte Pető Institut bieteteine konduktive Förderung für cerebral- undbewegungsgeschädigte Menschen.Orbán-Rede vor Honorarkonsulen:„2010 gab es keine Revolution“Entgegen seiner Rede vom April 2010 sagtePremier Viktor Orbán am Dienstag vor denHonorarkonsulen im Parlament, dass dieRegie rungsseite den Wahlsieg mit einerZweidrittelmehrheit nicht als Revolution interpretiere,obwohl man dies tun könnte. Kurznach dem Wahlsieg vor drei Jahren hatte ernoch von einer „Revolution in den Wahlkabinen“gesprochen.Dialog für Ungarn:Fraktionsstatus per VfGDie 8 „Dialog für Ungarn“-Abgeordnetenwandten sich vergangene Woche an dasVerfassungsgericht, weil ihnen ParlamentspräsidentLászló Kövér den Status als Fraktionnicht anerkennen lassen will. Mit diesem sindsowohl parlamentarische Rechte als auch materielleZuwendungen verbunden. Kövér beziehtsich auf die im Juli geänderten Hausregeln,wonach 3 Abgeordnete (vorher mind. 12) eineFraktion gründen können, wenn sie auf derselbenParteiliste gewählt wurden - „Dialog“ konntejedoch noch nicht gewählt werden. Das Urteilwird für Anfang Oktober erwartet.Parlamentsbeschluss:Kostenlose „soziale“ BeerdigungDas Parlament beschloss vergangeneWoche eine Gesetzesänderung, laut der es abJanuar 2014 kostenlose Beerdigungen in Ungarngeben wird. Jeder Bürger kann unabhängigvom Einkommen die „soziale Bestattung“eines Verstorbenen beantragen. Der Staat stelltGrabstätte sowie Sarg oder Urne kostenlos zurVerfügung – das Grab ausheben, die sterblichenÜberreste für die Beerdigung vorbereitenund die Grabstätte wieder schließen bzw. dafürsorgen, dass dies erledigt wird, muss man allerdingsselbst. Bestattungsunternehmer protestierten,weil sie Einbußen befürchten.<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>ISSN 1419-8770Verlag: BZT Media Kft.1073 Budapest, Erzsébet krt. 43.Chefredakteur & Herausgeber: Jan MainkaTel: 453-0752, 453-0753 Fax: 240-7583E-Mail: verlag@bzt.hu – redaktion@bzt.huInternet: www.bzt.huStellv. Chefredakteurin: Elisabeth Katalin GrabowPolitik: Peter BognarWirtschaft: Daniel HirschLayout: Zsuzsa UrbánMarketing & Sales: Jan MainkaAbo & Distribution: Ildikó VargaKioskvertrieb: Hungaropress Kft.Im Auftrag der MAGPRINT KFT. gedruckt von:Magyar Közlöny Lap- és könyvkiadó Kft., LajosmizseVerantwortlicher Leiter /Druck/:Majláth Zsolt, GeneraldirektorPreis In Forint In Euro6 Monate 16.000 1201 Jahr 30.000 210Pdf-Abo /1 Jahr/ 12.000 50<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> ist Partner der:The Budapest TimesOrbán: 2014 im Zeichen des Kampfes gegen WohnnebenkostenBür gerliches Picknick in KötcsePremier Orbán, HR-Minister Balog und MNB-Präsident Matolcsy (v.l.) gut gelaunt in Kötcse.Niemand sollte Zweifel daran haben,dass 2014 im Zeichen des Kampfes gegendie Wohnnebenkosten („rezsiharc”)stehen werde. Dies sagte MinisterpräsidentViktor Orbán am vergangenenSonntag beim 12. Bürgerlichen Picknickin der Ortschaft Kötcse südlich des Balaton.Über den Inhalt der Orbán-Rede informierteder Sprecher des Ministerpräsidenten,Bertalan Havasi, die staatlicheNachrichtenagentur MTI.Laut Havasi sagte Orbán im Rahmenseiner Rede, dass er im Hinblick aufdie Senkung der Wohnnebenkosten mit„großem Widerstand” rechne. Er befürchte,dass die ausländischen Energieunternehmenund die hinter ihnen stehenden politischenKräfte, sprich die Linke, alles unternehmenwürden, um die Wohnnebenkostenwieder zu erhöhen. Zur Erinnerung: Am 1.Januar dieses Jahres senkte die Regierungdie Wohnnebenkosten (Strom, Gas, Fernwärme)um zehn Prozent, vor wenigen Wochenkündigte sie darüber hinaus an, dieFünfte Verfassungsänderung verabschiedetEin erster SchrittÄltere Menschen beklagen oft die Schnelllebigkeit, mit derheute Werte, zwischenmenschliche Beziehungen und auchElektrogeräte verfallen. Was sie wohl zur nunmehr fünftenVerfassungsänderung sagen würden, bleibt der Imaginationeines jeden Einzelnen überlassen. Fest steht: Nicht ganzzwei Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes wurde einfünfter Änderungsantrag eingebracht.Am vergangenen Montagstimmten die Abgeordnetendes Parlamentsüber eine neuerliche Änderungder Verfassung ab. Mit260 „Ja“-Stimmen (neben41 „Nein“-Stimmen und 35Enthaltungen) wurde unteranderem die viel kritisierteVerlegung von Rechtsstreitigkeitenvon Gericht zu Gerichtgestrichen.Reaktion auf Kritikaus BrüsselZur Erinnerung: Mit derzu Beginn des Jahres verabschiedetenVierten Verfassungsänderungwurde esWohnnebenkosten zum 1. November umweitere 11,1 Prozent zu reduzieren.Keine Profite mehr aufKosten der Menschenunter anderem ermöglicht,Gerichten mit dem Verweisauf die ungleichmäßige AuslastungFälle zu entziehenund an ein anderes Gericht zuleiten. Kritiker sahen hierindie Gefahr, dass unliebsameoder kritische Fälle solchenRichtern zugeschachert werdenkönnten, die ein genehmeresUrteil fällen. Auch dieEinführung diverser Sondersteuernwurde mit der vorangegangenenÄnderung ermöglicht,ebenso wurde dieWahlwerbung de facto auföffentlich-rechtliche Senderbeschränkt. Noch vor der Verabschiedunggab es sowohl imInland als auch im AuslandProteste, allen voran von Seitendes Justizausschusses derEU und der EU-Kommissarinfür Justizfragen, Viviane Reding.Bereits im Juni brachteJustizminister Tibor Navracsicsden Änderungsvorschlagein. Nach der Sommerpausewurde dieser noch um Änderungenbeim Kirchenbegriffergänzt und nun also verabschiedet.ZweiterAnlaufMTI / György VargaDie nun vorgenommenenÄnderungen sind vielfältig,teils neu, teils ein zweiter Anlaufauf bereits einmal angegangeneProbleme. Für letzteresist die Zusammenlegungder Nationalbank (MNB)mit der Bankenaufsichtsbehörde(PSZÁF) ein Beispiel.Erstmals Ende 2011 alsÜbergangsbestimmung beschlossenund bei der erstenVerfassungsänderung nichtübernommen, sah die Regierungnun nach dem Wechselan der Spitze der MNB dieOrbán betonte, dass seine Regierungjener „Periode” endlich ein Ende setzenwolle, in der die Energieversorger aufKosten der ungarischen Menschen hoheProfite erzielen konnten. Deshalb willdie nationalkonservative Regierungsmehrheitein entsprechendes Gesetzverabschieden, um der Profitgier derEnergieunternehmen einen Riegel vorzuschieben.Wie Orbán sagte, wird bei derParlamentswahl 2014 einiges „auf demSpiel stehen”, aus Sicht der ungarischenBürger verspricht der „Kampf” gegen dieWohnnebenkosten besonders dramatischzu werden.Der Regierungschef warnte die Sympathisantender Regierungspartei Fideszdavor, bei der Wahl im kommenden Jahrin Bequemlichkeit zu verharren. Er betonte,dass die Mobilisierung der Wählervon höchster Bedeutung sei. Denn solltedie Rechte die Wahl verlieren, wären dieErrungenschaften seiner Regierung inden vergangenen Jahren verlorene Liebesmüh.Sollte der Fidesz die Wahl abergewinnen, wäre auch die Linke endlichdazu gezwungen, sich ein völlig neuesProfil zu verpassen und ihre Haltunggegenüber den Auslandsungarn und derKirche in eine positive Richtung zu ändern.Wirtschaftserfolge sindoffensiver Politik geschuldetDer ehemalige Volkswirtschaftsministerund heutige Präsident der Notenbank(MNB), György Matolcsy, sagte inKötcse, dass das Land aus der Phase derKrisenbekämpfung in jene des „Landesaufbaus”getreten sei. Der MNB-Cheferklärte, dass Ungarn sich nicht vomWesten wegbewege. Er zog auch einenVergleich zu Südeuropa: Während dorteine wirtschaftliche Krise zu beobachtensei, habe Ungarn bereits den Weg desWachstums betreten. Laut Matolcsy sinddie ungarischen Erfolge in der Wirtschaftauf eine offensiv ausgerichtete Politik zurückzuführen.Er wies auch darauf hin,dass die Regierung das Haushaltsdefizitdes Landes unter drei Prozent des Bruttoinlandprodukteshabe drücken können,noch dazu ohne das Schnüren von Sparpaketen.Matolcsy erklärte ferner, dass das Vertrauender globalen Investoren in Ungarngewachsen sei. Dies sei nicht zuletztauf die innere Stabilität des Landes zurückzuführen.Der Notenbankchef sagteauch, dass die Regierung für alle Gesellschaftsschichtendie Möglichkeit geschaffenhabe, ein besseres Leben zu führen.Dazu müsse man arbeiten und lernen,sagte er. Matolcsy sprach aber auch vonder Wichtigkeit, die im Ausland arbeitendenund studierenden ungarischenFachleute in die Heimat zurückzulocken,wozu es staatliche Programme brauche.Zum Abschluss seiner Rede machte erFolgendes deutlich: Ungarn werde zwarniemals das Lebensniveau der Schweizerreichen, doch stehe das Land gar nichtso schlecht da. In Sachen Lebensqualitätrangiere Ungarn in der Weltrangliste aufPlatz 27, so Matolcsy.▶▶PBZeit gekommen, die Zusammenlegungim Grundgesetzzu verankern.Besonders begrüßen dürfteBrüssel indes einen weiterenPunkt im Änderungsantrag:Bislang war im Grundgesetzfestgeschrieben, dass von derLandesgerichtsbehörde Verfahrenvon einem Gericht anein anderes Gericht delegiertwerden können. EntsprechenderPassus im Gesetz wurdebereits vor der Sommerpausegestrichen, nun wurde auchdas Grundgesetz dahingehendgeändert.Ebenfalls als wichtig dürfteBrüssel die Änderung jenesPassus werten, der die Wahlkampagnenregelt. Bishersah die Verfassung vor, dassWahlwerbung nur in den öffentlich-rechtlichenSendernausgestrahlt wird, mit derModifizierung ist sie nunmehrzu gleichen Bedingungen undebenfalls kostenlos auch inPrivatsendern möglich. InPrint- und Onlinemedien gibtes nach wie vor keinerlei Beschränkung.▶▶EKG


20. – 26. September 2013<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>P o l i t i k3Gyurcsány: Mit Schwachköpfen und Taktierern ist nichts zu holenEx-Premier teilt reichlich ausDass Ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány(2004-2009) kein Kind von Traurigkeitist, bewies er einmal mehr beieiner Kundgebung seiner linksliberalenPartei, der Demokratischen Koalition(DK), am vergangenen Wochenende.„Ich glaube nicht den Stammelnden,Schwachköpfen, Taktierern und Leidenschaftslosen,denn mit solchen Politikernist das jetzige Regime (Orbán) nichtzu besiegen. Wer kalt und lauwarm ist,der soll sich auf den Gasherd setzen!”,sagte er. Gyurcsány zielte mit seinenWorten auf die Sozialisten (MSZP) unddie von Ex-Premier Gordon Bajnai (2009-2010) geführte Partei „Gemeinsam-Dialogfür Ungarn” ab.In den Tagen zuvor war auch der letzteVersuch Gyurcsánys und der DK gescheitert,eine Einigung über eine Wahlallianzmit der MSZP zu erzielen. Die Bajnai-Parteiihrerseits hatte von Anfang an ausgeschlossen,mit der DK zu verhandeln – dies, obwohlBajnai Wirtschaftsminister in der Regierungvon Ferenc Gyurcsány war und die beidenimmer noch eine Freundschaft verbindet.Doch zurück zur DK-Kundgebung am vergangenenWochenende. Dort bezeichneteGyurcsány die Rede von Balatonőszöd (In seinerberühmt-berüchtigten „Lügenrede” vonBalatonőszöd hatte Gyurcsány im Sommer2006 eingestanden, die ungarischen Wählerüber den Zustand der Wirtschaft jahrelangbelogen zu haben.) zum wiederholten Malals ehrliche, aufrechte Rede, die er eigentlichschon bei seinem Antritt als Regierungschefhätte halten müssen. Wie er sagte, hat erals Ministerpräsident vielleicht darin einenFehler begangen, dass auch er nicht seineneigenen Maßstäben gerecht werden konnte,sprich „ohne Kompromisse die Wahrheit zuvertreten”.Gyurcsány: Kein Kompromiss mit Orbán vorstellbar.Der Ex-Premier sprach sich bei derDK-Kundgebung auch dagegen aus, denAuslandsungarn das Wahlrecht zu geben. Sosollten diejenigen, die „nicht unter uns lebennicht über unser Schicksal entscheiden”. IhreEntscheidung beeinflusse nämlich „nur unserLeben, nicht aber ihres”. „Wir wollen ja auchnicht darüber entscheiden, wie die Menschenin Sfantu Gheorghe (Sepsiszentgyörgy) oderClui Napoca (Kolozsvár) leben”, sagte er.Gyurcsány ging in seiner Rede unter anderemauch noch auf den verpflichtenden Ethikunterrichtin den Schulen – als Alternative zumReligionsunterricht – ein. Er sagte: „Ich willnicht, dass diese Leute (Regierungsvertreter;Anm.) meine Kinder darin unterweisen, wasMoral ist, ich bin nämlich moralischer als jedereinzelne von ihnen.”Wie gewohnt ließ Gyurcsány auch an MinisterpräsidentViktor Orbán kein gutes Haar.Er betonte, dass es keinen Ausgleich mit Orbángeben könne, deshalb müsse der Regierungschefgehen. Laut Gyurcsány ist Orbánkein Mitterechts-Demokrat, sondern die „Verkörperungder Willkür selbst”. Wer mit demPremier Kompromisse schließe, lade sich denEkel der Willkür auf, sagte Gyurcsány. Dieswiederholte der Ex-Regierungschef dann auchin einer Sendung des linksliberalen FernsehsendersATV. Dort betonte er, dass er mit derPrivatperson Orbán zwar keine Problemehabe, einen „politischen Kompromiss” mitdem Regierungschef würde er jedoch niemalseingehen. Gyurcsány sprach sogar davon,dass er mit Viktor Orbán gerne Abendessenwürde. „Es käme dabei sicher ein spannendes,buntes Gespräch heraus”, sagte er. Zu seinerUnbeliebtheit – Gyurcsány ist einer der unpopulärstenPolitiker des Landes – sagte derEx-Premier, dass ein Teil der Rechten ihn amliebsten umbringen und ein Teil der Linkenihn am liebsten deportieren würde.MTI / János ManjaiKónya: Gyurcsány istder Sargnagel für die LinkeEiner der führenden Politiker der Bajnai-Partei„Gemeinsam-Dialog für Ungarn”,Péter Kónya, reagierte auf demGemeinschaftsportal Facebook scharf aufGyurcsánys Worte. Laut Kónya hat Gyurcsányeiner Wahlallianz im linken Lagereine Abfuhr erteilt und koche nun sein eigenesSüppchen. Bringt der DK-Chef nichtbald mehr Weitsicht und Weisheit auf,könnte er letzten Endes dafür verantwortlichsein, dass Viktor Orbán neuerlich ansRuder gelangt, so Kónya.Unterdessen hat der Parteiausschussder Sozialisten die Einigung gutgeheißen,die zwischen MSZP-Chef Attila Mesterházyund Gordon Bajnai vor wenigen Wochenerzielt worden war. Demnach werdendie MSZP und „Gemeinsam-Dialog für Ungarn”zwar mit eigenen Wahllisten in dieParlamentswahl im nächsten Jahr gehen,allerdings werden sie in den insgesamt106 Einzelwahlkreisen gemeinsame Kandidatenaufstellen – in 75 Wahlbezirkenwird die MSZP einen gemeinsamen Kandidatenins Rennen schicken, in 31 die Bajnai-Partei.MSZP-Vorsitzender Mesterházy zeigtesich „enttäuscht”, dass Gyurcsány unddie Demokratische Koalition an der Wahlallianzzwischen den Sozialisten und derBajnai-Partei nicht beteiligt sein werde,dies sei aber mittlerweile „Geschichte”.Er betonte, dass für die MSZP das ThemaWahlallianz abgehakt sei. Seine Parteikonzentriere sich jetzt nur noch aufdie Menschen, die Regierung und ViktorOrbán. Denn: Die Sozialisten wollen denMinisterpräsidenten zum Teufel jagen, soMesterházy.▶▶PB


6 W i r t s c h a f t<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>20. – 26. September 2013KompaktAudi: 10.000 Mitarbeiterin GyőrDie Audi Hungaria Motor Kft. hatam Mittwoch bereits den zehntausendstenMitarbeiter in Győr eingestellt.Das Unternehmen, das alsgrößtes Motorenwerk der Welt gilt,wuchs in den vergangenen Jahrenbesonders rasant, weil der Standortum ein komplettes Fahrzeugwerkerweitert wurde. Parallel hierzusucht Audi immer mehr Fachkräftefür Unternehmenssegmente wietechnische Entwicklung, Qualitätssicherung,Logistik oder Werkzeugbau.Coloplast: Ausbauan zwei StandortenDie dänische Coloplast investiertnochmals 21 Mrd. Forint und schafft700 zusätzliche Arbeitsplätze inNyírbátor und Tatabánya, wo derHersteller medizinischer Produkteschon heute 2.200 Mitarbeiter beschäftigt.Die neuen Projekte gabVizepräsident Allan Rasmussen gemeinsammit Ministerpräsident ViktorOrbán bekannt, der die staatlichenBeihilfen auf 2 Mrd. Forint bezifferte.Banken: Unterschiedewie Tag und NachtDer Bankensektor fabrizierte imVorjahr kumulierte Verluste von 180Mrd. Forint, geht aus einer Analyseder Finanzaufsicht PSZÁF hervor.Besonders tief in den roten Zahlensteckten CIB (127 Mrd. Forint), MKB(89 Mrd. Forint) und Raiffeisen (61Mrd. Forint), neben BranchenprimusOTP (53 Mrd. Forint) verdienten K&Hsowie UniCredit am besten. Die ausländischenBankhäuser mussten,um ihre angeschlagenen Ungarn-Töchter nicht aufzugeben, seit 2009rund 3 Mrd. Euro an Kapital nachschießen.Mercedes-Benz: Spielplatzfür SOS KinderdorfDie Mitarbeiter der Lackiererei imMercedes-Benz-Werk Kecskeméthaben Mitte September einen Spielplatzan die Kinder des SOS-Kinderdorfs in der Stadt übergeben.Dabei sorgten sie nicht nur für dieBeschaffung der Spiele aus Spenden,sondern bauten diese gleich inEigenleistung auf.INA:Kroaten kamen Mol näherDer kroatische WirtschaftsministerIvan Vrdoljak zeigte sich zufriedenmit dem Ausgang der erstenVerhandlungsrunde seiner Regierungmit dem ungarischen Mineralöl konzernMol über die Zukunft der INA.Die beiden Großaktionäre bei demkroatischen Mineralölkonzern hattenzuletzt deutliche Meinungsver schiedenheitenwegen der von Mol verfolgtenRegionalstrategie. Für Spannungensorgt zudem die geplanteAnhörung von Mol-Vorstand ZsoltHernádi durch die Staatsanwaltschaftin Zagreb bzw. eine Schadens er satzklageder Ungarn, die Verluste ausdem Gasgeschäft kompensiert habenmöchten.DWC-Sektion Győr: Industriepark Győr stellt sich vorEin Drittel der Kunden Lieferanten von AudiVergangene Woche fand das alle zwei Monatestattfindende Treffen der Győrer Sektion desDeutschen Wirtschaftsclub (DWC) Budapeststatt. Traditionell geht es dabei um Themen,Unternehmen und Projekte der dortigen Region.Dieses Mal hielt an der Audi AkademieHungária Gastredner Tibor Görög, Geschäftsführerdes Győrer Industrieparks, einen Vortragmit dem Titel „Status und Zukunftsplänedes Industrieparks“.Zunächst begrüßte der Geschäftsführerder Audi Akademie Hungária Kft., AloisKauer, persönlich die Gäste in seinemHaus. Anschließend begann Görög seinen Vortragvor dem hauptsächlich deutschsprachigenPublikum: „Aktuell sind auf dem 191 Hektargroßen Gelände des Industrieparks Győr 106Firmen des produzierenden oder Dienstleistungsgewerbesaus 13 Ländern tätig, darunterviele Zulieferer größerer Automobilkonzerne.“Die nordwestungarische Stadt und ihr über 50Kilometer großer Einzugsradius seien eine bedeutendeRegion dieses Industriezweiges: „Diehier hergestellten 3,8 Millionen Motoren undeine Million Fahrzeuge machen zwei Prozent derweltweiten Produktion aus.“ Unter den vielenguten Eigenschaften des Parks mache ihn lautGörög besonders die zentrale Lage attraktiv, vonhier aus seien sowohl per Autobahn als auch Eisenbahndie großen Motoren- und Fahrzeugwerkeder Region leicht zu erreichen.Über die logistischen Vorzüge des Parks hinauserinnerte der Manager daran, dass diesich hier niederlassenden Unternehmen mitGyőr eine Universitätsstadt mit einer langenindustriellen Tradition vorfinden, in der sieeine Infrastruktur auf europäischem Niveausowie in einigen Fachbereichen bestens ausgebildeteArbeitskräfte haben. „Zudem sind dieeindeutigen Besitzverhältnisse des Parks vonVorteil: Die Győrer Selbstverwaltung kannals einziger Eigentümer seine langfristigeEntwicklungsstrategie verwirklichen“, fügteGörög hinzu.Dauerhafte Weiterentwicklungund BeratungDanach konnten sich die Mitglieder des DWCGyőr mit den neuesten Investitionen und Projektendes Parks vertraut machen. Unter anderem• Warum haben Sie sichfür Budapest und Ungarn alsStandort für das Shared ServiceCenter entschieden?Die gute Lage war für uns ein entscheidenderFaktor. Vodafone istin Europa sehr stark präsent, deshalbwollten wir auch ein SharedZuversichtlich: Industriepark-Geschäftsführer Tibor Görög.zeigte Görög Aufnahmen von dem bis zum Audi-Logistikparkverlängerten Industriegleis, aufdem die im Industriepark ansässigen Firmen jenach Bedarf ihre Güter transportieren können,und vom Bau des dritten Regenwasser-Auffangbeckens.Zudem erfuhren die Zuhörer, dass dasGelände des Industrieparks auch nach mehrerenExpansionen je nach Bedarf immer noch erweitertwerden kann. Zum Schluss des Vortragsmachte der Geschäftsführer des Parks mit denDienstleistungen vertraut, die der Park sowiedessen Management den Mietern vor und nacheiner Niederlassung bieten können. Dazu gehörenunter anderem Rechts- und Subventionsberatungsowie Hilfestellungen bei der Suche nachpassenden Arbeitskräften. Zudem assistiereman auch bei der Zusammenarbeit mit lokalenBehörden, Institutionen und Organisationen.„Es ist ganz wichtig, dass wir auch nach demEinzug natürlich noch für unsere Kunden dasind“, erklärte Görög auf Nachfrage der <strong>Budapester</strong><strong>Zeitung</strong>. Wir haben dafür dieses Jahr daserste Mal eigens ein Forum mit den hiesigen Firmenabgehalten, bei dem viele Ideen und Gedankengeäußert wurden, einige davon sind sogarschon umgesetzt.“ Auch der Vortrag von Görögstieß bei den Zuhörern auf großes Interesse, nochlange danach war er von interessiert fragendenZuhörern umringt.Service Center auf dem Kontinentund in einem Land mit hochqualifiziertenArbeitskräften aufbauen.Darüber hinaus haben vieleMenschen in Ungarn gute Sprachkenntnisse,und es ist ein Land,das viele qualifizierte Jobsuchendeaus der ganzen Welt anzieht.• Wie ist das quantitativeVerhältnis von einheimischenzu ausländischen Angestelltenim Center in Budapest?Das Center beschäftigt Mitarbeiteraus 29 Nationen, darunter ausAserbaidschan, Russland, den USAund Mexiko. Die ausländischen Angestelltenmachen etwa 20 Prozentder gesamten Belegschaft aus, derenZahl aktuell bei etwa 1.000 liegt.• War es einfach, in Budapestein operatives Geschäftaufzubauen?Die Entwicklung des Centers istziemlich gradlinig verlaufen. Diesist das Ergebnis von mehrerenFaktoren: Der Nähe zum Vodafone-Hauptquartierim VereinigtenKönigreich, einer gut ausgebildetenAbsolventen-Gemeinschaft inUngarn, und dass wir in einemhier bereits etablierten Geschäftszweigtätig sind. Die Schönheitvon Budapest hat natürlich auchgeholfen, die Menschen aus derganzen Welt anzuziehen. Dennochwundere ich mich, dass esnicht noch mehr Jobsuchende ausLändern wie etwa Spanien hierherverschlagen hat, wo doch dorteine hohe Jugendarbeitslosigkeitherrscht. Wir sehen das aber alsMöglichkeit für die Zukunft.„Manche Firmen eigenswegen Audi hier“Gefragt nach den spürbaren Auswirkungendes großen Nachbarn Audi auf den Industrieparkerklärte Görög: „Der Park nahm seine Tätigkeiteinige Jahre vor Audi auf, daher entschiedensich die ersten 20-25 hier ansässigen Unternehmen,also etwa Győri Keksz oder Dunaferr nichtwegen Audi diesen Standort. Aber zweifellos hatdie Präsenz von Audi einen großen Einfluss darauf,dass mittlerweile 106 Firmen hier vertretensind: Etwa ein Drittel von ihnen kooperiert inirgendeiner Form mit Audi.“ So seien etwa dasAbfallwirtschaftsunternehmen Büchl und derStoßfänger-Hersteller Rehau ausschließlich wegenAudi hierhergekommen.„Das Interesse an Flächen ist von Jahr zuJahr unterschiedlich, meist ist es größer, wennes Ausschreibungen mit nicht-zurückzuzahlendenSubventionen gibt“, so der Manager. „Insgesamtsind wir aber angesichts der Zahl unsererKunden zufrieden und hoffen, dieses hoheNiveau aufrecht erhalten zu können.“ Ein gutesZeichen dafür sei aber schon einmal, das einigeFirmen zusätzliche Flächen kaufen, da sie einelangfristige Zukunft im Industriepark Győr mitExpansionen planen.▶▶JózsefGaál/Daniel HirschTop-Manager im Gespräch: Ronald Schellekens, Direktor Human Resources der Vodafone-GruppeDie Stadt mit den richtigen VorzügenSchellekens: „Ungarns Vorteil ist sein großartiges Bildungssystem.“Die in Ungarn tätigen Telekommunikationsunternehmen wurdenvon der Regierung unter Premier Viktor Orbán kräftig mit Sondersteuernbelegt – schon mehrere Male. Trotzdem ist sich die Vodafone-Gruppedes Erfolges ihres Shared Service Centers in Budapestsicher. Ronald Schellekens, Personalverantwortlicher der Vodafone-Gruppe,erläuterte im Gespräch mit der <strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> dieVorzüge des Standortes Budapest und der hiesigen Arbeitskräfte.• Versuchen Sie aktiv, Menscheneinen Umzug hierherschmackhaft zu machen?Ich denke, das ist eine Möglichkeit,aber ich würde sagen, dass es vielattraktiver ist, ein lokaler Arbeitgeberin Ungarn zu sein, als Talenteaus dem Ausland nach Ungarnzu importieren. Wir waren bishersehr erfolgreich bei der Rekrutierungeinheimischer Arbeitskräfte.• Wenn Sie aktuell 1.000Menschen beschäftigen, wo sehenSie ihre Obergrenze?Wir wachsen beständig und expandierenin Bereichen wie etwaGeschäftsanalysen, Werbung undMarketing. Wir planen daher,die Zahl der Beschäftigten in denShared Service Centern weltweitauf über 16.000 zu erhöhen. DerWettbewerbsvorteil von Ungarnist sein großartiges Bildungssystem.Die jungen Leute, die wir hieranstellen, haben eine positive Einstellungund eine hervorragendeArbeitsmoral. Wir sind sehr glücklichüber die Qualitäten unsererMitarbeiter und das effiziente undeffektive Management der hiesigenFührungsmannschaft.▶▶JanMainka(Aus dem Englischenvon Daniel Hirsch)


<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>20. – 26. September 2013 W i r t s c h a f t 7Genscher: „Beitrag zur gemeinsamen europäischen Rechtskultur“10 jähriges Jubiläum der Anwaltskanzlei bntZufriedene Jubilare: bnt-Gründungspartner Margareta Sovova(Büro Bratislava) und Rainer Tom (Büro Budapest).„Wir sind ein Stück gelebte und gelungeneOst-West-Integration“, setzte KanzleigründerRainer Tom gleich eingangs dieKlammer zwischen seiner Kanzlei unddem ehemaligen deutschen AußenministerHans-Dietrich Genscher, dem Ehrengastdes Galaempfangs aus Anlassihres zehnten Geburtstages. Etwa 500Gäste, darunter auch bnt-Kollegen ausallen Standorten, waren letzten Freitageiner Einladung in die VAM Design Galeriegefolgt.Dass der runde Geburtstag der inzwischenin elf Ländern aktivenKanzlei ausgerechnet in Budapestgefeiert wurde, war kein Zufall, schließlichging die Initiative zur bnt-Gründung vorzehn Jahren maßgeblich von Budapest aus.Von den zwölf Gründungspartnern aus fünfGründungsstandorten kamen damals vieraus Budapest. Bis heute sei das <strong>Budapester</strong>Büro mit Blick auf die Zahl der Mitarbeiterals auch den Umsatz das Flaggschiffder Gruppe, dicht gefolgt von den Büros inPrag und Bratislava, erklärte Rainer Tomauf Nachfrage der <strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>.Bezüglich des Profils unterstrich der Anwalt,dass bnt zwar auch über ein kleinesBüro in Deutschland verfüge, sich aberansonsten als reine mittelosteuropäischeKanzlei betrachte. „Am Vorabend der EUOsterweiterung erkannten wir die enormeDynamik, die von dem Integrationsprozessausging. An diesem wollten auch wir teilhabenund unseren Beitrag dazu leisten“,erinnert er sich an die Motive, die vorzehn Jahren zur Geburt von bnt führten.Gegründet von zwölf Rechtsanwälten sindinzwischen über 100 Rechtsanwälte fürbnt tätig. Die Zahl der abgedeckten Länderhat sich nach der jüngst erfolgten Eröffnungeines Standortes in Sofia gegenüberdem Gründungszustand auf elf mehr alsverdoppelt. „Zu unserem Geschäft gehörtes, Brücken zu bauen zwischen Ost undWest in rechtlicher, wirtschaftlicher undnicht selten auch in kultureller Hinsicht“,schloss der Rechtsanwalt mit einer idealenÜberleitung zu den Ausführungen des Ehrengastsder Veranstaltung, dem ehemaligendeutschen Außenminister Hans-DietrichGenscher.In seiner wie immer leidenschaftlich undmit starker Stimme vorgetragenen Redeerinnerte Genscher eingangs daran, dass es„das kleine, tapfere ungarische Volk“ war,das den Eisernen Vorhang durchschnitt,somit sei die EU-Mitgliedschaft Ungarnsselbstverständlich. Zum gemeinsamen Europasagte er: „Als unsere Vorväter das Europader Sechs gründeten, wollten sie eineAntwort auf die jahrhundertelangen europäischenBruderkriege geben. Sie schufenaber auch eine Antwort auf die Herausforderungender Zukunft.“ Dazu gehörte etwader gleichberechtigte Umgang unterschiedlichgroßer Nationen. „Deutschland alsLand in der Mitte Europas trägt gegenüberseinen Nachbarn eine besondere Verantwortung.“Es gehe nicht darum, Europazu beherrschen, sondern den Nachbarn zuzeigen, dass sie nur selbst ihr Schicksal beherrschenkönnen.In der heutigen Welt mit neuen Machtzentrengebe es neue Global Player, diedie Zukunft bestimmen würden: Indien,China, Russland, Brasilien sowie regionaleZusammenschlüsse wie die EU. „Dieseneue Weltordnung wird weniger von militärischerKraft als von wirtschaftlicher undwissenschaftlicher Leistung bestimmt“, soGenscher. Für Deutschland sei die UnionBundesaußenminister a.D. Genscher:„Deutschland will kein Grenzlandzwischen Ost und West sein.“ein Gewinn, man habe sofort mit dem Mauerfallgehofft, dass auch die östlichen Nachbarnsich sehr bald anschließen, weil sie„natürliche und geborene Mitglieder“ seien.„Deutschland will kein Grenzland zwischenOst und West, sondern ein Land in der Mitteund im Herzen Europas sein.“ Dass die Bundesrepublikeinen soliden Kurs fahre unddie „wirtschaftliche Lokomotive“ Europassei, sei wichtig für den ganzen Kontinent.An die bnt-Gründer gewandt schloss er mitden Worten, dass auch das Engagement dieserKanzlei zu einem besseren Verständnisund zu einer gemeinsamen Rechtskultur inEuropa beitrage.▶▶Jan Mainka / Daniel HirschWenn Sie wissen wollen, was die deutsche Wirtschaft über das ungarischeSteuersystem denkt und was das ungarische Wirtschaftsministeriumdazu sagt, dann besuchen Sie die Vortragsveranstaltung der DUIHK:Optimierung der Steuergesetze26. September 2013 (Donnerstag), 18:00 UhrHaus der Deutsch-Ungarischen Wirtschaft(H-1024 Budapest, Lövőház utca 30)Bei der Veranstaltung werden die von WTS Klient gesammeltenVorschläge der deutschen Wirtschaft diskutiert.Erfahren Sie aus erster Hand, ob sich die Referenten• Zoltán Pankucsi, stellv. Staatsekretär im Wirtschaftsministerium• Uwe Koch, Leiter des Wirtschaftreferats der deutschen Botschaft und• Zoltán Lambert, Steuerexperte, WTS Klient-Partner und Autor derStudiedarüber einigen können, welche Vorschläge Eingang in dieSteuergesetzgebung 2014 finden werden!Die Vorträge werden auf Ungarisch und Deutsch simultan übersetzt.Die Veranstaltung ist für die Mitglieder der DUIHK kostenlos,für Gäste und Nicht-Mitglieder kostet sie 10.000 Ft + MwSt.Weitere Informationen und Anmeldung (bis zum 23. September) bei Frau Marietta Németh(nemeth@ahkungarn.hu oder Tel.:+36 1 345 7626)oder unter www.duihk.huDie Veranstaltung wird unterstützt von:


8 W i r t s c h a f t<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>20. – 26. September 2013Zu Besuch in der SchuhmanufakturEin <strong>Budapester</strong> KlassikerIm Schaufenster des Schuhgeschäfts ander Margit körút flirtet er stolz und gut inSzene gesetzt die Passanten an: der <strong>Budapester</strong>.Schon im 19. Jahrhundert liefdie Bessere Gesellschaft Wiens in diesemklassischen Treter herum. Es trugen ihn sowohlder Gangster der Prohibitionszeit AlCapone als auch die SchriftstellerlegendeErnest Hamingway. Zu ihrer Zeit war Budapestdie Welthauptstadt des Schuhmacherhandwerks.Es hieß, hier zwickten undnähten die Besten. Doch auch heute gibt essie noch – Manufakturen, die mit viel Liebezum Detail dem alten Handwerk nachgehen.Die <strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> hat zwei von ihnenbesucht.Gábor Gyöngyösi, 63, der Eigentümervon Buday Shoes, began vor sechsJahren mit der Herstellung handgefertigterHerrenschuhe. Seit 33 Jahren ister im Schuhgeschäft. Damals, im Kommunismusbetrieb er eine Boutique mit italienischenDamenschuhen. Es war ein lukrativesGeschäft, denn die Ware war sehr begehrtund noch schwerer zu bekommen. Mit derEinführung der freien Marktwirtschaft wurdeUngarn mit Waren überflutet. Er musstesich neu orientieren und etwas Neues wagen.„Das traditionelle Handwerk hat mich schonimmer fasziniert, vielleicht auch deswegen,weil mein Urgroßvater und mein Ururgroßvaterselbst handgefertigte Schuhe machten.“Er entschied sich kurzerhand dafür, ihre alteKunst wieder aufleben zu lassen.Kostbare Unikate aus BudaSeitdem produziert er in kleinen Stückzahlenfür einen exklusiven Nischenmarkt.Jeder Schuh, der seine Manufaktur verlässt,ist ein Unikat. Eine elegante Linie von Damen-Schnürernergänzt das exquisite Angebot.Das Qualitätsprodukt hat einen entsprechendstolzen Preis. Für echte <strong>Budapester</strong>der Marke Buday Shoes kann dieser zwischen400 und 2.000 Euro bei maßgeschneidertenModellen liegen. 95 Prozent der Produktiongeht nach wie vor in den Export, vorallem nach Deutschland. Doch nicht nur dortgelten in Managerkreisen gute Schuhe längstals eine wichtige Investition. Zudem hat die<strong>Budapester</strong> Wertarbeit eine hohe Lebenserwartung:Bei der richtigen Pflege halten dieSchuhe mehr als 25 Jahre. „Ich habe selbstvier Paar und ich bin mir sicher, dass sie michüberleben werden“, beteuert Gyöngyösi.Der „<strong>Budapester</strong>“ ist mit seinem Design unverwechselbar,auch wenn er nur im deutschsprachigenRaum ein feststehender Begriffist. Auf Englisch googelt man ihn vergeblich,und in Ungarn selbst ist er als „Karlsbader“bekannt. Seine charakteristischen Merkmalesind die Flügelkappe mit Lyra-Lochung, diedurchgehende Zopfborte oberhalb der Sohle,ein großer gelenkschonender Absatz ebensowie eine hohe gerundete Spitze. Und handgefertigtsollte er natürlich sein.Anders als etwa der Parma-Schinken oderder Gran-Padano-Parmesankäse sind <strong>Budapester</strong>Schuhe keine von der EU geschützteHerkunftsbezeichnung. So kommen heutedie meisten „<strong>Budapester</strong>“ aus China. Genausowenig existieren verbindliche Vorgaben,wann ein Schuh sich „handgefertigt“ nennendarf, bemängelt Gyöngyösi. Deshalb denkter daran, einen Verband zu gründen, dessenMitglieder ausschließlich Hersteller sein dürfen,die wirklich handgemachte Schuhe fertigen.Er würde sich wünschen, dass die <strong>Budapester</strong>Schuhmacher in dieser Hinsicht engerzusammenarbeiten würden.Doch wie entstand eigentlich das spezifischeDesign und die Tradition der <strong>Budapester</strong>Schuhmacher? Gyöngyösi nimmt ein vergilbtesBuch ohne Schutzumschlag aus demRegal: „Das ist ein Fachbuch aus den 1920erJahren. Davon gibt es nur noch wenige“,sagt er. Darin heißt es, dass die ungarischenSchuhmacher das Handwerk ausgerechnetvon einem Dresdner Meister gelernt hatten.Der 1834 bei Dresden geboreneRobert Knöfel beeinflusste mitseinen Lehr- und Fachbücherndie Entwicklung des Handwerksin ganz Europa. Auch das charakteristischeLochmuster am Schaftwurde nicht in Ungarn erfunden,sondern hat seinen Ursprung imSchuhwerk irischer und schottischerBauern. Damit aufgeweichteSchuhe besser trocknen konnten,bohrten die Hirten Löcher hinein.Spätestens sobald man sichmit der Herstellung der <strong>Budapester</strong>beschäftigt, wird man vonderen Magie ergriffen. Unterdem Schuhgeschäft, in dem sichGyöngyösis Manufaktur befindet, hämmert,klopft und rasselt es. Zwei Facharbeiterinnenfertigen hier das Oberleder. Vier Schuhmachersind für die Bodenmontage zuständig.„Sie alle sind gute Handwerker, aber derMeister muss vor allem kreativ sein und einenSinn für Schönheit haben. Unser Györgyist der ungekrönte König der Schuhmacher“,sagt Gyöngyösi über den zurückhaltendenSchuhmeister, der gerade einen Schaft übereinen Leisten zieht. So bezeichnet man einfußähnlich geformtes Holzgebilde, auf demder zusammengenähte Schaft Stück fürStück mit Klammern geformt wird, um dieDas macht echte „<strong>Budapester</strong>“ aus: Kunstvolles Lochmuster und Handarbeit mit viel Liebe zum Detail.typischen Merkmale für Sitzund Passform eines Schuheszu übertragen. Was heute inder Industrie von einer Maschineerledigt wird, erfolgtin der Manufaktur in reinerHandarbeit.Aus Liebe zum SchuhIn einer dörflich-geruhsamenSiedlung mit kleinenHäuschen und liebevoll gepflegtenNutzgärten in Budafokbefindet sich die Manufakturder Firma HeinrichDinkelacker. 40 Schuhmacherfertigen dort am Tag etwa 45Paar klassische Herrenschuhe.Bei einem Absatz 2012von etwa 10.000 Paar undeinem Umsatz von 2,8 MillionenEuro ist das die größteSchuhmanufaktur in Ungarn.Die Tradition der Markereicht zurück bis ins Jahr 1879.Damals eröffnete der SchwabeHeinrich Dinkelacker im württembergischenStädtchen Sindelfingen eineSchuhfabrik. In den sechziger Jahren verlegteder Enkel des Firmengründers Burckhard dieProduktion nach Budapest, natürlich auchwegen der geringeren Produktionskosten. 40Jahre später bot er die Manufaktur mangelsNachfolge zum Verkauf an. Der ehemaligeIMB-Manager Norbert Lehmann, der damaligePorsche-Chef Wendelin Wiedeking undder damalige Porsche-Pressesprecher AntonHunger bekamen2005 den Zuschlag.Auch wenn mansich damals sicherlicheine gewinnträchtigereInvestitionvorstellenkonnte, zahlten siefür das Unternehmeneine siebenstelligeSumme: „Eswar nichts anderesals Liebhaberei, diedamals dazu führte,dass Dinkelackerdie Pforten nichtfür immer schlossund die Produktionnicht eingestelltwurde“, heißt es ineiner Werbebroschüreder Firma.Sowohl Lehmann wie Wiedeking tragen seitüber als zwanzig Jahren Schuhe der MarkeDinkelacker.In der Manufaktur riecht es nach Lederund Leim. Die Luft ist heiß, obwohl es nochfrüh am Morgen ist und aus dem Radiodröhnt Popmusik. Hier gelten noch die altenungarischen Arbeitszeiten. Gegen 6 Uhr beginntdie Produktion, um 14 Uhr ist Feierabend.Bis zu 300 Arbeitsschritte erfordertdie Produktion eines einzigen Schuhs vonHeinrich Dinkelacker. Doch nach Fließbändernsucht man vergeblich. Auch hier kommennur wenige Maschinen zum Einsatz.Fachkräftemangel auch hier: Das Schuhmacherhandwerkbeherrschen heute nicht mehr Viele.Ähnlich wie bei Buday Shoes bietet HeinrichDinkelacker maßgeschneiderte Schuhe an.Maß genommen wird in Bietigheim-Bissingen,20 km von Stuttgart, wo auch der Verwaltungssitzist.In der Zuschneiderei arbeiten mehrereFrauen an hüfthohen Tischen mit scharfenMessern in der Hand. Sie schneiden die Lederteilefür das Oberleder, das bei manchenSchuhmodellen aus bis zu 36 Einzelteilenbesteht. Dafür verarbeiten sie feines Softcalfaus Italien, glanzgestoßenes Anilincalf ausFrankreich oder Pferdeleder der Horween LeatherCompany in Chicago, die das kostbareShell-Cordovan gerbt. Die Ausbeute aus dem„Shells“, der Hinterpartie von Rosshäuten,ist gering. Ein großes Shell reicht im bestenFall für zwei Paar klassische Herrenschuhe.Am Tisch nebenan stanzt eine Facharbeiterindas kunstvolle Lochmuster, die so genannte„Lyra“ in die Lederteile. Dann werden dieLederteile an die Stepperei zum Vernähenübergeben.In der Bodenmontage finden die Schäftezu ihrer individuellen Form. „Bei uns bleibtder Schuh bis zu 15 Tage auf den Leisten“,sagt Andrea Nyerges, die Leiterin der Produktion.Ein Schuh industrieller Fertigungbleibt hingegen nur noch 45 Minuten aufden Leisten.Nyerges ist seit 16 Jahren bei Heinrich Dinkelacker.Sie erzählt, dass sich seitdem nichtviel verändert habe. Nur ausgebildete Fachkräftezu finden werde immer schwieriger. InUngarn sterbe das Handwerk langsam aus.Lediglich in Rumänien wird der Beruf Schuhmacheran Berufsschulen weiterhin gelehrt.Nachdem per Hand ein Einstichdammin der Brandsohle herausgearbeitet wurde,näht der Einstecher die Brandsohle Stich fürStich mit dem Oberleder, dem Lederinnenfutterund dem Rahmen zusammen. Dafürsind enormes Fingerspitzengefühl, Kraft undperfektes Augenmaß erforderlich, denn jederStich muss schon beim ersten Mal sitzen.Der Schuhmacher verwendet einen dickenZwirn, der mit einer Wachsmischung ausBienenwachs und Pech eingestrichen wird.Die Schwielen an den Fingern des Manneserzählen stumm die Geschichte dieses unermüdlichenHandwerkers.Es folgen weitere Arbeitsschritte bis zumFinish, bei dem der Schuh durch ausdauerndesBürsten und Wachsen vollendet wird.Das Durchschnittsalter der Kunden von BudayShoes und Heinrich Dinkelacker liegtweit über 50 Jahren. Der <strong>Budapester</strong> bleibtsomit der Schuhklassiker für gestandeneMänner, auch wenn sich immer mehr jungeKreative für das zeitlose Design interessieren.Kurz gesagt: Er steht für Formschönheitfür Qualitätsliebhaber, bei den es auch etwasmehr kosten darf.▶▶Klaudia Hanisch


10 F e u i l l e t o nKunstausstellung von Eli Cortiñas: Partial Nudity<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>20. – 26. September 2013(Nicht) Nur für Filmkenner„Das ist das Beste, was ein Mädchen in dieser Welt sein kann – eineschöne, kleine Närrin.“ Dieses Zitat aus „Der große Gatsby“ ist nureine von vielen Anspielungen in den Werken der spanischstämmigenKünstlerin Eli Corniñas. Ihre Video-Installationen sind zurzeitin der Kunsthalle Műcsarnok in Budapest zu sehen.Es beginnt mit dem Ende.Man betritt einen dunklenRaum und blickt auf einetriste Schneelandschaft, die vomFilmprojektor an die Wand geworfenwird. Ein Mann und eine Fraugehen langsam Hand in Hand davon.„Ende“ (Vége; 2010) – so heißtdie erste von vier Videoinstallationenin Eli Cortiñas Ausstellung.Die Künstlerin, die 1976 in LasPalmas auf Gran Canaria geborenwurde, studierte an der Kunsthochschulefür Medien (KHM) inKöln und lebt heute in Berlin.Zitateals eigene KunstformEli Cortiñas: „Partial Nudity“ (Félmeztelenül)29. August bis 17. November 2013Műcsarnok Kunsthalle Budapest (Mélycsarnok Projektgálériája)XIV. Dózsa György út 37, direkt am Hősök tereEintritt: 400 HUFÖffnungszeiten: Täglich 10-18 Uhr, Donnerstag 12-21 Uhr,Montag geschlossenwww.mucsarnok.huDie Loops in den Installationen lassen die Werke eine neue Sicht auf die Filme gewinnen.Die Videos haben weder Anfangnoch Ende, sogenannte Loops. Siebestehen aus Ausschnitten großerKinofilme der 60er und 70er Jahre.Diese Technik der Montagevon bestehendem Material („foundfootage“) ist eine ganz eigene visuelleKunstform. Man spricht von„Appropriation“, wenn Künstlerbewusst die Werke anderer Künstlerkopieren, sei es als Hommageoder Kritik. Eli Cortiñas reißtFilmszenen aus dem Zusammenhangund gibt ihnen damit eineneue Bedeutung. In einem Interviewanlässlich der Bonner Videonaleim April 2013 sagte dieKünstlerin: „Ich sehe meine Arbeitals Erforschung der Kinosprache,ihrer Struktur und Geschichteund der Populärkultur, die sie widerspiegelt.“Diese Anspielungen sind allerdingsfür Laien schwer erkennbar.Mancher sieht bei dem Werk„Niedertracht“ (Hűtlenség; 2012)lediglich eine Gruppe gut angezogenerMenschen eine Landstraßeentlanggehen. Doch der Filmkennerweiß: Diese Ausschnittestammen aus dem gesellschaftskritischenFilm „Der diskreteCharme der Bourgeoisie“ vonLuis Buñuel.Das schwere Los,eine Frau zu seinOhne Vorwissen etwas leichterzugänglich sind zwei andere Installationen,die man fast schonals Kurzfilme bezeichnen kann.Die Textausschnitte sind auf Englisch,mit ungarischen Untertiteln.Die Protagonistinnen: BlondeFrauen mit den perfekten Föhnfrisurender 60er Jahre. Sie erzählenvon dem schweren Los, eine Frauzu sein und ihre gesellschaftlicheRolle zu erfüllen – sei es als Ehefrauoder Mutter. In „Beichten beioffenem Vorhang“ (Vallomások elhúzottfüggöny előtt; 2011) stehendie Frauen dabei mit dem Rückenzur Kamera oder sind hinter Vorhängenverborgen. In „Wähle Mfür Mutter“ (Anya Telefonhívásra;2008) geht es um die konflikthafteBeziehung zwischen Mutter undTochter. Die Filmausschnitte entwickelnim Kopf des Zuschauersbeinahe so etwas wie eine Handlung.Dies ist jedoch eher Eindruckals Gewissheit. Und auch hier wiedereine Anspielung – auf AlfredHitchcocks Klassiker „Dial M forMurder“.xxxEli Cortiñas‘ Werke wurden bereitsweltweit ausgestellt, unteranderem im Centre Pompidouin Paris und in der GuggenheimGalerie in Los Angeles. Mit ihrerAusstellung „Partial Nudity“ (Félmeztelenül)ist sie nun zum erstenMal in Budapest. Es ist einekleine Ausstellung, die aber einenbleibenden Eindruck hinterlässt– auch weil die Videos so surrealwirken. Die Anspielungen auf berühmteFilme machen Cortiñas`Werke tiefgründig und interessant.Leider machen sie sie auchschwer verständlich für Laien. Wiebei vielen Kunstwerken bleibt dieendgültige Interpretation jedemBetrachter individuell überlassen.▶▶Alice EchtermannSzépvölgyi TeniszcentrumOb’s regnet oder die Sonne scheint – bei uns können Sie das ganze Jahr über im Trockenen spielen.Hochwertige Sandplätze in wunderschöner Umgebung.(An Regentagen steht Ihnen unsere Halle mitKunstbelagpltätzen zur Verfügung.) AusgebildeteTrainer für Kinder- und Erwachsenenunterricht.1033 Budapest, Virág Benedek u. 39-41, Telefon: 388-1591 www.szepvolgyi.hu tenisz@szepvolgyi.hu


20. – 26. September 2013<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>F e u i l l e t o n11Deutschsprachiges Filmfestival zeigt, was sich anzusehen lohntDrei Länder, eine Sprache, tolle FilmeUngarn ist traditionell ein Land der Filmemacher und Schauspieler:Zwei der „Großen Fünf“, der im 20. Jahrhundert erfolgreichstenProduktionsfirmen in Hollywood, wurden von Ungarn mitbegründet.Ungarischstämmige Schauspieler wie Béla Lugosi („Dracula“),Zsa Zsa Gabor („Moulin Rouge“) und Tony Curtis („Manche mögen’sheiß“) sind weltberühmt. Doch auch Filmfans hat Ungarn unzählige.Und die kommen beim Filmfestival Szemrevaló / Sehenswertvoll auf ihre Kosten.Bereits zum zweiten Malfindet das Filmfestivalstatt, und wieder ist es eineZusammenarbeit des Goethe-Institutsmit der Schweizer Botschaftund dem ÖsterreichischenKulturforum. Entsprechend sindauch die Filme aus Deutschland,Österreich und der Schweiz, diebeim Szemrevaló / Sehenswert dieLeinwände zum Leben erwecken.Austragungsort sind die KünstlerkinosMűvész und Örökmozgó inBudapest. Dort werden in der Zeitzwischen dem 26. September unddem 3. Oktober bis zu sieben Filmepro Tag gezeigt. Vom Spielfilmbis hin zum Dokumentarfilm istalles dabei, und auch Kinder- undJugendfilme erhalten heuer einenstärkeren Fokus. Ausgewählt wurdenfür das achttägige Filmfestivalaktuelle deutschsprachige Streifen,die nicht alltäglich, aber dennochhochgradig „sehenswert“ sind. Hierpräsentieren wir eine Auswahl derspannendsten zu erwartenden Festival-Momente.In knapp einer Woche machtein kauziger Tom Schilling inschwarz-weiß den Anfang: Am 26.September um 19 Uhr wird derFilm „Oh Boy“ mit dem Berlinerin der Hauptrolle im Művész mozidas Filmfestival eröffnen. Derpreisgekrönte Spielfilm von RegisseurJan-Ole Gerster war 2012ein großer Erfolg in deutschenIndependent-Kinos. Gemeinsammit dem Hauptdarsteller flaniertder Film Berlin – parallel erlebtder Zuschauer zusammen mit dervon Schilling verkörperten FigurNiko merkwürdige, lustige, dieurbane Lebenswirklichkeit widerspiegelndeBegegnungen. Anden Film schließt sich eine Eröffnungsfeieran. Die in begrenzterAnzahl erhältlichen Karten geltenauch für die After-Party.Auch Filmemacherunter FestivalgästenAm Samstag, den 28. Septembergeht es mit der „Russendisko“weiter. Die Komödie vonOliver Ziegenbalg mit MatthiasSchweighöfer in der Hauptrolleist eine Verfilmung des gleichnamigenRomans von WladimirKaminer. Ab 19 Uhr darf mansich im Művész mozi nicht nurauf einen heiter-musikalischenFilm, sondern auch auf ein Publikumsgesprächmit dem Regisseurfreuen.Eine persönliche Empfehlungist der Film „Freier Fall“, derebenfalls am 28. September um21 Uhr und erneut am Mittwoch,den 2. Oktober, um 21 Uhr jeweilsim Művész mozi gezeigt wird. RegisseurStephan Lacant ist mitdem Drama ein gefühlvoller undrealitätsnaher Liebesfilm gelungen,der unaufdringlich und dennochmit voller Ernsthaftigkeitdie von zahllosen Schwierigkeitenbegleitete Liebesbeziehungzwischen den Polizisten Marcund Kay (gespielt von dem großartigenMax Riemelt) in seinenMittelpunkt rückt. Story, Licht,Schauspieler – hier stimmt einfachalles.Die Abschlussvorführung aufdem Szemrevaló / Sehenswert istzugleich eine Premiere: UlrichSeidls „Paradies: Hoffnung“, derletzte Teil einer Trilogie des österreichischenFilmemachers, feiertam 3. Oktober um 19 Uhr seineUngarn-Premiere im Művészmozi – in Anwesenheit des Regisseurs.Beim anschließenden Publikumsgesprächsteht Seidl Fragenzu seiner Filmreihe offen. Dererste Teil der Trilogie, „Paradies:Liebe“, wird am 2. Oktober um 21Uhr im Művész mozi gezeigt, derzweite mit dem Titel „Paradies:Glaube“ am 3. Oktober um 16:30Uhr ebendort. Allen drei Filme istgemein, dass sie beeindruckendnah dran sind an ihren Protagonisten.Am gefühlsechtesten jedochwirkt „Paradies: Liebe“ mitseiner dokumentarisch anmutendenGeschichte über eine alleinstehendeFrau, die in Kenia nachLiebe sucht.Alle Filme werden im deutschenOriginalton mit ungarischen oderenglischen Untertiteln gezeigt.▶▶Lisa WeilSzemrevaló / Sehenswert Filmfestival26. September bis 3. OktoberOrte: Művész mozi (VI Teréz körút 30)und Örökmozgó Filmmuseum (VII Erzsébet körút 39)Komplettes Programm auf www.goethe.de/szemrevaloFilmfestival in MiskolcKleine Stadt ganz großMiskolc Cinefest12.-22. September 2013Verschiedene Locationswww.cinefest.huDas Internationale Filmfestival JamesonCinefest feiert sich selbst seit dem12. September mit dem wohl vielfältigstenProgramm seiner zehnjährigenGeschichte.Es sind große Namen, für eine so kleineStadt: Robert Redford, Scarlett Johansson,Juliane Moore, Klaus-Maria Brandauerund der ungarische Oskar-Preisträger IstvánSzabó. Sie alle spielen in der einen oder anderenForm dieses Jahr in Miskolc eine Rolle.Zu seinem zehnten Jubiläum hat sich dasJameson Cinefest ins Zeug gelegt, was Prestigeund Vielfalt angeht. Es hat seine Toream 12. September mit der ungarischen Prämierevon Joseph Gordon-Lewitts Don JuanAdaptation Don Jon geöffnet und sogleich mitScarlett Johansson und Juliane Moore dieMännerwelt in ihren Bann gezogen.Mehr als 500 Filmprofessionelle und100 Journalisten haben sich akkreditierenlassen. Zu den Filmen und dem reichenRahmenprogramm werden diesesJahr wieder zehntausende Besucher erwartet.Jameson, der Hauptsponsor desFestivals, hat wieder seinen Party-Busvorgefahren, und erwartet die Gäste mitreichlich edlem irischem Whiskey.Ausschließlich PremierenDas Festival zeigt nicht nur ungarischeoder gar regionale Premieren, und wirdwohl deswegen – mittlerweile zurecht –als das bedeutendste ungarische Filmfestivalangesehen. In der Wettbewerbs-KategorieSpielfilme treten 17 Filme aus fastebenso vielen Ländern an. Unter ihnender Gewinner der Goldenen Palme in Cannes2013 „Blue is the warmest colour“ vonAbdellatif Ketchiche, welcher den Anfang,die Mitte und das mögliche Ende einerjungen lesbischen Beziehung erzählt. RobertRedfords Schiffsbruch-Drama „All islost“ feiert ebenfalls Premiere in Ungarn,Monate vor seiner Premiere in den USA.Am heutigen Freitag wird der deutscheFilm „Tore Tanzt“ wiederholt, eine Parabelüber Gut und Böse, Glaube und Verzweiflung.Wer Komischeres wünscht, derverpasse nicht „Kings of Summer“, eineUS-Komödie über drei Jungs, die in denSommerferien von zu Hause weglaufen,um im Wald ihr eigenes Leben zu leben.Doch nicht nur die Wettbewerbsfilmeverdienen Beachtung. In Retrospektivenwird dem Großmeister István Szabó gehuldigt,der dieses Jahr von Cinefest denPreis für sein 75-jähriges Lebenswerkerhielt. Drei seiner Klassiker – alle mitKlaus Maria Brandauer in der Hauptrolle– wurden gezeigt:, Colonel Redl,Hanussen und der Oskar-prämierte Mephisto.Außerdem dienen der Vielfalt desCinefestes Kurzfilme, liebevoll ausgewähltvon der Kurzfilmplattform Daazo.com, Animationsfilme mit denen mansich wunderbar den Samstagvormittagvertreiben kann und Dokumentarfilmein langer Reihe.Samstagabend, 17 Uhr, werden die Preisevergeben, und das 10. Jameson Festivalschließt mit dem Cannes-Liebling „Nebraska“.Doch erst danach beginnt die Party:Mit VadFruttik, Cine Disco und DJ Astrowird der Festival Besucherschaft das vieleSitzen in den Kinosesseln wieder gutgemacht:Party bis in die Nacht ist angesagt.Wer am Wochenende noch keine Plänehat: Ab nach Miskolc, zwischen den Filmen,oder am Sonntagmorgen können dieumliegenden Hügel bewandert werden,oder die müden Glieder im bekanntenHöhlenbad von Miskolc-Tapolca ausgeruhtwerden. Ein Besuch lohnt sich aufjeden Fall.Alle Filme und das Rahmenprogrammsind öffentlich und kostenlos.▶▶Katalin Győry


12 B u d a p e s t<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>20. – 26. September 2013KompaktRinger-WM:„Startschuss in neue Ära“Am Montag startete in der László-Papp-Sportarena die Ringer-WM,die noch bis Sonntag geht. Dabeisteht diese ganz im Zeichen vonOlympia: Nach der Wiederaufnahmedes IOC ins olympische Programmsoll nach der Regelreform einSpektakel geboten werden. Welt verbandspräsidentNenad Lalovic stellteunmittelbar vor der WM sein zukünftigesReform-Programm vor,u.a. wird es ab 2014 neue Gewichtsklassengeben.Coca-Cola-Streit: Konzern lässtKunstplakat entfernenDa er Urheberrechte verletzt sah,ließ der Konzern ein Plakat bei derArc-Ausstellung nahe dem Hösöktere entfernen, das den Trafikmutyikritisierte. Das Plakat karikierte mitden für den amerikanischen Ge tränkeherstellercharakteristischen Formenund Farben mit dem Schriftzug„Haver“ („Kumpel“) dessen aktuelleKampagne, bei der persönlicheVornamen auf dem Flaschenetikettzu finden sind.Unisport:Absurder Hockeyfeld-BauAuf dem in der Bogdánfy utcaliegenden Sportplatz, den hauptsächlichBME-Studenten nutzen,wird eine Hockeyanlage mit Überdachunggebaut, die die auf derLaufbahn trainierenden Athleten behindert.Obwohl erst das Gerüststeht, ist bereits ein Teil der Streckeverdeckt, Trainer können ihreSchützlinge nicht sehen und diesekönnen die Fläche in der Mitte desPlatzes nicht nutzen. Erst vor einigenMonaten wurde Leichtathletikdurch die Regierung zur hervorgehobenenSportart gekürt.NEUES VOMFranz-Liszt-FlughafenNeue Linie: Belavia verbindet Minsk-Budapest-BelgradAm Donnerstag landete dieerste Maschine der weißrussischenFluggesellschaft Belavia inBudapest, informierte der FlughafenbetreiberBudapest AirportZrt. Die neue Route verbindetgleich 3 europäische Hauptstädtemiteinander: Minsk, Budapestund Belgrad. Letzteres war seitder Malév-Pleite nicht mehr direktvon Budapest aus erreichbar,Minsk noch nie. Die Route wirdvon Budapest aus jeden Montagund Donnerstag geflogen.Wohltätigkeitslauf: Runaway Runauf RollfeldWie der FlughafenbetreiberAnfang der Woche mitteilte, werdeman zusammen mit Nike undWizz Air am 28.September einenganz besonderen Wohltätigkeitslaufveranstalten, der in Europaseinesgleich sucht: Den RunawayRun, der auf dem Rollfeld desTerminal 1 stattfinden wird. Mitden Einnahmen sollen bedürftigeKinder und Jugendliche aus schwierigenVerhältnisse eine Möglichkeitzum Sporttreiben erhalten:Einige erhalten ein Jahr lang kostenlosenEintritt in das Sportzentrumder Margareteninsel.Baupläne im Normafa: Neue Skipisten, ein neues Hotel und ein Parkhaus vorgesehenSki piste und Parkhaus statt NaturschutzDem im Netz „Lex Margitsziget“ genanntenGesetz zur Einverleibung der geographischzum XIII. Bezirk gehörenden Margareteninseldurch die Stadtführung (die<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> berichtete) könnte dasGesetz „Lex Normafa“ folgen: Laut Regierungund dem Bürgermeister des XII.Bezirks, Zoltán Pokorni, sollen die umstrittenenBaupläne im Normafa, einemder letzten natürlichen Waldgebiete Budapests,in den Gesetzesstatus gehobenwerden. Da die Pläne mal wieder unterweitestgehendem Ausschluss der Öffentlichkeitbeschlossen wurden und dieBauarbeiten in einem Naturschutzgebietstattfinden sollen, protestieren Oppositionund Umweltschützer gleichermaßen.Dabei ist die Weiterentwicklung desNormafa eigentlich ein alter Hut:Bereits vor dem Jahr 2000 sollPremier Viktor Orbán Pläne zur Erneuerungdes Normafa gekannt haben, erklärteder für das sogenannte Normafa Park Projektverantwortliche RegierungsbeauftragteMárton Vincze gegenüber Magyar Narancsnoch Ende August. Von welcher Bedeutungder Ausbau des eigentlich unter Naturschutzstehenden Gebietes in den BudaerBergen ist, zeigt sich auch daran, dass InnenministerSándor Pintér persönlich Anfangdes Monats einen Gesetzesvorschlagim Parlament einbrachte, der die Projektplänezum Gesetz erklären soll.Teure InvestitionKonkret sehen die Pläne Folgendes vor:Die Ausbesserung der alten und drei bisvier neue Skipisten inklusive eines neuenSessellifts, neue Laufstrecken und Spielplätze,eine Sommerrodelbahn, ein Freiluftfitnesspark,eine Skikanone, neben densieben(!) bereits bestehenden Hotels eineneue Absteige, ein neues Restaurant, naheder Anna-Kapelle eine zweite Kapelle undals Höhepunkt ein dreistöckiges Parkhausmit etwa 1.000(!) Stellplätzen. Als Teil dieserUmgestaltung soll auch die Verkehrsordnunggeändert und in Zusammenhangmit den Stellplätzen der öffentliche VerkehrRichtung Bergspitze gestärkt werden. FünfMrd. Forint sollen die Gesamtkosten betragen,laut Magyar Narancs sollen noch diesesJahr 95, 2014 bereits 620 Mio. Forint investiertwerden. Bis 2018 sollen die Bauarbeitendauern.Der Normafa ist eines der letzten naturbelassenen Gebiete im <strong>Budapester</strong> Stadtgebiet.Weite Teile des Normafa stehen unterNaturschutz beziehungsweise Landschaftsschutz,durch einen Trick scheint der verantwortlicheBezirksbürgermeister Pokornidies bereits im April 2011 aber umgangenzu haben: Da der Normafa als traditionellesSkigebiet gilt, auf dem bereits vor über100 Jahren Wintersport getrieben wurde,wurde er im Rahmen des Agglomerationsgesetzeskurzerhand zum „historischenSportgebiet“ erklärt, informierte die Dialogfür Ungarn-Abgeordnete Ágnes Somfalvaiam Montag auf ihrem mágnes-Blog. Durchdiese Kategorisierung werden Baumaßnahmenauf geschütztem Gebiet möglich – alldies natürlich nur „im Interesse des Wohlbefindensder Bürger, des Sports und Tourismus“,so der Tenor von Pintérs Gesetzesvorschlag.Daraus, dass tatsächlich Bäumegefällt werden und Natureingriffe erfolgensollen, macht man erst gar kein Geheimnis:„Wir werden dort nicht wüten, höchstensalte Bäume in gefährlichem Zustand fällen.Aber auch nicht alle, manche werdenangebunden“, erklärte Vincze gegenüberMagyar Narancs. Und auch Vize-BezirksbürgermeisterJános Váczi beteuert in seinemBlog, dass nur „die alte Skipiste vonBudapest Retro – Das ParlamentsgebäudeBüschen und sonstigem Bewuchs gereinigt“werden soll. Angesichts eines derartigenGroßprojekts realitätsferne Behauptungen.„Grüner“ WiderstandDie ersten Proteste ließen nicht langeauf sich warten: Gemeinsam-Dialog nanntedas Projekt auf dem meist schneefreienNormafa „sinnlos“ und forderte vergangeneWoche auf ihrer Webseite den Erhalt„des letzten Waldes in Budapest“. „Gigantomane“Projekte wie dieses brauche dieGegend nicht, schon gar nicht aus öffentlichenGeldern finanziert. Daneben sehenOrnithologen und Schmetterlingsexpertendie Artenvielfalt durch die geplanten Baumaßnahmenebenso bedroht wie Botaniker,Greenpeace und WWF Ungarn. Protestaktionensind geplant, gegenüber Magyar Narancshatte etwa ein Mitglied der bereitsam Római-part aktiven Zivilorganisation„Védegylet“ („Schutzverband“) angekündigt:„Die Proteste für den Schutz der Bäume amRómai-part sind nichts im Vergleich zu dem,was gegen die Investitionen im Normafastarten wird.“▶▶Daniel HirschAuch wenn viele den Österreichisch-Ungarischen Ausgleichvon 1867 für einen Fehler halten: Es lässt sich nichtleugnen, dass es eine der größten Errungenschaften desAbkommens war, ein eigenständiges Parlament in Budapestwiederherzustellen. Dieses erhielt die Befugnis, Gesetzebezüglich der Ländereien der Heiligen UngarischenStephanskrone zu erlassen. Einige Jahre später wurde dieAusschreibung zur Gestaltung des Parlamentsgebäudes verkündet,welches zum 1000. Jahrestag des Landes im Jahre1896 fertiggestellt werden sollte. Doch es gibt Dinge, die sichniemals ändern: Aufgrund von Unstimmigkeiten in Bezugauf die Ausschreibung, Änderungen der Gestaltungspläneund Problemen während der Bauarbeiten wurde das Parlamentsgebäudeerst 1904 fertiggestellt, nach 19 Jahren Arbeit.Merkwürdigerweise dauerte die Renovierung des Bauwerksnoch länger. Tatsächlich wurde erst diesen Monatvor vier Jahren die 21 Jahre dauernde Generalüberholungdes zur Donau weisenden Gebäudeteils abgeschlossen – derRest soll zu einem zukünftigen Zeitpunkt renoviert werden.Heute kann man sich Budapest nicht ohne sein Parlamentvorstellen, doch zur Jahrhundertwende war nicht jeder einFan: „Wenn es wahr ist, dass Architektur gefrorene Musikist, dann ist unser Parlament die schlimmste Kakophonie,erzeugt von einer Kapelle mit einem unbeholfenen Dirigenten“,so Architekt János Bobula im Budapest ArchitecturalDigest 1904.


20. – 26. September 2013<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>B u d a p e s t13Ein bisschenWährend ich aus dem Erkerfenster aufden von Bäumen gesäumten Platz blickeund mir Sträuße getrockneten Lavendelsund alte Fotografien Pariser Cafés dieSicht kreuzen, ertappe ich mich dabei,mir vorzustellen, ich sei in Frankreich.Am ruhigen Ferenc tér im neunten Bezirkgelegen, vermittelt Petrus‘ klarer undminimalistischer Stil einen Moment vonunprätentiöser Klasse mit einem unterschwelligenfranzösischen Akzent.Es ist noch eine Stunde bis zur Öffnung,und bereits jetzt reihen sich draußenMenschen, die nach einem Tisch suchen– ein vielversprechendes Zeichen für einRestaurant, das erst vor drei Monaten eröffnete.Koch und Restaurant-Besitzer ZoltánFeke setzt sich an meinen Tisch und erzähltmir über sein erst kürzlich eröffnetesProdukt der Liebe.„Ich wollte mein eigenes Restaurant,um die Freiheit zu haben das zu tun,was ich will,“ sagt Feke. „Wenn ich zumMarkt gehe und etwas sehe, das gutaussieht, dann landet es auf der Speisekarte.”Anders gesagt denkt er, bei Essensollte es um frische, saisonale Zutaten gehenstatt um überhebliche Spielereien.Mit seiner saisonalen Speisekarte undtäglichen Angeboten möchte Feke erreichen,dass das Petrus seinen guten RufPetrusÖffnungszeiten:Dienstag bis Samstag 12 bis 23 UhrSonntags und montags geschlossenTel. +36 1 / 951-2597Budapest IX, Ferenc tér 2-3.www.petrusrestaurant.huPreise:Suppen und Vorpeisen: .............................990-3.490 ForintHauptspisen und Pasta: .........................2.690-3.590 ForintDessert:............................................................1.490 ForintWeinverkostungs-Menü (acht Gänge): ...........11.900 ForintOh là làdurch seine Speisen erhält, die eine Fusionaus ungarischer und französischer Kücheeingehen und sowohl mit traditionellen alsauch mit Avantgarde-Techniken zubereitetwerden.Die Platte von der Gänseleber AuTorchon, die vor mir abgelegt wird, ist einSpielplatz der Farben, Texturen und Formen.Da ist eine Scheibe Foie Gras, ein LöffelPflaume mit Vanille-Geschmack,Erdnuss-Eiscreme undTee-Gelee-Würfelnebst einemStückObstkuchen– esist so viel los aufmeinem Teller, dass ichmir unsicher bin, wo ich beginnensoll.„Gibt es eine bestimmte Reihenfolge, dieich befolgen sollte?“ frage ich.Er schüttelt seinen Kopf und lächelt. Alsoschlage ich vorsichtig zu, während der Kellnereinen Brotkorb auf dem Tisch abstellt.„Wir machen hier alles selbst, von Grundauf,“ erklärt mir Feke, „wir backen sogarunser eigenes Brot.“Ich koste ein Stück Gänseleber zusammenmit der vanillig-pflaumigen Beisoße– und entdecke mit jedem Biss etwasNeues. Die saure Pflaume durchschneidetdie Völle der Gänseleber, wohingegen dieGeschmackspaarung der Eiscreme eineversteckte Nuss-Note im Foie offenbart, diemir davor noch nicht aufgefallen ist.„Am meisten haben mich die französischeKüche und Köche wie Alain Ducassebeeinflusst,“ antwortet Feke, als ich ihnnach seinen Ideen frage. „Ich wurde jedochstets auch von der ungarischen, heimischenArt zu kochen inspiriert. Die Pflaume mitVanille-Note zum Beispiel basiert auf derungarischen Tradition des Eingemachten.“Atmosphäre statt DresscodeDas Petrus soll in die Fußstapfen des traditionellenfranzösischen Bistros treten, wodas Essen und die Zutaten die Stars sind.Es gibt keinen Dresscode, und mit der offenen,zugänglichen Atmosphäre des Restaurantshofft er, eine auch in Zukunftaufrechte Beziehung zu seinenKunden herzustellen.„Wenn das Wettersich einmalabgekühlthat, organisierenwir einigeWorkshopshier im Restaurant:Kochkurseund Weinverkostungen.Beispielsweisewieman Boeuf Bourguignonkocht.Ich möchte, dasses eine interaktiveErfah-rung wird, bei der derVerbraucher richtig etwas mit dem Essenzu tun hat.“Während das Petrus etwas abseits derRennstrecke der Touristen liegt, möchteFeke doch, dass es für Expats zum angenehmen,sie willkommen heißenden Ortwird – ganz gleich ob sie sich für à la Carteentscheiden oder sich zu einer drei- bis vierstündigenWeinverkostung niederlassen,inklusive ungarischer und französischerWeine, ausgewählt vom Haus-Sommelier.„Die Speisekarte wird auf Englisch, Französischund Deutsch erhältlich sein, undunsere Angestellten sprechen Englisch undDeutsch. Touristen sind willkommen, dochsie sind nicht unbedingt Teil unserer festenZielgruppe. Wir möchten lieber versuchen,eine loyale Kundenbasis aus Einheimischenund Expats aufzubauen.“Ich probiere die Crème Brûlée mit Tonkabohneund Rosenmarmelade. Die Erfahrungdes Desserts ist nichts Neues für mich:Ich knacke die Karamell-Kruste mit demLöffelrücken und tauche ein in die Creme –diesmal überrascht mich jedoch eine subtileRosen-Note in ihrem Aroma.„Ich wähle gern bekannte Gerichte, mitdenen sich jeder identifizieren kann“, sagtFeke, „doch ich füge dem Ganzen immergern einen kleinen Dreh hinzu.“In seinem Feld ist er ein Veteran, schließlichkommt Feke vom Vár: a Speiz, einemRestaurant, dem der Titel „Michelin BibGourmand“ verliehen wurde. Dennoch fühlteer sich erst kürzlich bereit dazu, den Schritthin zum eigenen Restaurant zu wagen.„Es war zur richtigen Zeit, und nachdemich in Frankreich von Köchen lernen konnte,die ihre eigenen Bistros besitzen, fühlteich, dass ich das auch tun kann. Bereitsjetzt erhalten wir Kunden via Mundpropaganda.“Das Petrus mag neu sein in der Szene,aber mit seiner Leidenschaft für das Essensteht ihm eine appetitliche Zukunft bevor.▶▶Jennifer WalkerV. Zoltán u. 16(am Szabadság tér)Reservierung:+36 1 331 4352Arany Kaviar RestaurantMittags traditionales Russisches Bistro:5.900 Ft (20 EUR) – 3-Gänge-Menü mit1 Glas (1dl) Wein, Mineralwasser und Kaffee!Jeden Tag von 12 bis 15 Uhr!1015 Budapest, Ostrom u. 19Jeden Tag geöffnet: 12-15 Uhr, 18-24 UhrTel.: (+36 1) 201 6737reservation@aranykaviar.hu...then call Rob on 06-30-552-0840or visit www.primecuts.huwww.aranykaviar.hu


14 B u d a p e s tKultur &Bildung<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>Mein Budapest: Julian MontoniMomentaufnahmenein er Stadt20. – 26. September 2013Goethe-InstitutIX. Ráday utca 58Tel.: +36 1 374 4070, Leiterin: Jutta GehrigE-Mail: info@budapest.goethe.orgwww.goethe.de/budapestNoch bis 30. September: Das Goethe Institutpräsentiert die Ausstellung „Mein Grimm-Märchen“zum landesweiten Illustrationswettbewerb für Kinderzwischen 6 und 12 Jahren.Österreichisches KulturforumVI. Ben czúr utca 16,Tel.: +36 1 413 3590,E-Mail: budapest-kf@bmeia.gv.at,www.okfbudapest.hu,Leiterin: BACHFISCHER, Susanne Mag.Dr.iurAndrássy UniversitätVIII. Pollack Mihály tér 3Tel: +36 1 266 3101, -4408, +36 30 525 50 43Fax: +36 1 266 3099www.andrassyuni.huRektor: Prof. Dr. András Masát20. September: Internationale Konferenz zum Thema„Good Governance: Reforming Representation“ inenglischer Sprache, veranstaltet von der Fakultät fürInternationale Beziehungen der Andrássy UniversitätBudapest und der Fakultät für Rechts- und Staatswissenschaftender Pázmány Péter KatholischenUniversität. Anmeldung bei Frau Bokor (tunde.bokor@andrassyuni.hu) Orte: Pázmány Péter Katholische Universität,VIII Szentkirályi u. 28.-30. (Teil I), AndrássyUniversität Budapest, VIII Pollack Mihály tér 3. (Teil II)Konrad-Adenauer-StiftungI. Batt hyány utca 49Tel: +36 1 487 5010E-Mail: info.budapest@kas.de,www.kas.de/ungarnLeiter: Frank Spengler2. Oktober, 14-18 Uhr, Ungarische Akademie derWissenschaften MTA, Burgviertel (I Országházu. 28): Symposium mit dem Ungarischen Rat fürNachhaltigkeit NFFT zum Thema „Zukunft nachhaltiggestalten: Strategien und Erfahrungen aus Deutschlandund Ungarn“.Haus der UngarndeutschenVI. Lendvay u. 22www.hdu.huBudapest ist immer ein Erlebnis – egal, obman nur für ein Wochenende in der Stadtan der Donau ist oder man hier seinen Sommerurlaubverbringt. Doch wie steht es umAusländer, die hier leben? Wie erleben siedie Stadt, und was ist das, was Budapest solebenswert macht? Lesen Sie in diesem Teildie Sicht eines Straßenfotokünstlers.Julian Montoni geht es wie vielen zugezogenenAusländern: Der Chilene kam undblieb wegen der Liebe – zu einer Frau und zudieser einmaligen Stadt. Julian ist Fotografund findet seine Motive seit etwa eineinhalbJahren zumeist auf den Straßen der Hauptstadt.Dank eines feinen Gespürs für Emotionenund schier unendlicher Geduld gelingt esihm, ganz besondere Momente einzufangen.Dabei lernte er Budapest auf eine ganz eigeneWeise kennen.AußergewöhnlicheLieblingsplätzeDa sind beispielweise die Bahnhöfe: „Ichbin einfach nur fasziniert vom Keleti“, sagtJulian. Auf die Frage, was denn an dem wohlnur von den Wenigsten als angenehm empfundenenBahnhof denn faszinierend sei,antwortet er mit leuchtenden Augen: „Menschenbenehmen sich auf eine ganz bestimmteArt merkwürdig dort. So sind sie meistnervös und hektisch, um ihren Zug zu erreichen,auch wenn sie noch unheimlich viel Zeithaben. Oft kommt es auch vor, dass Passantenerst in die eine Richtung hetzen, nur umein paar Augenblickespäter in dieentgegengesetzteRichtung zu eilen.Das Ganze hateine tragikomischeAtmosphäre.“Normalerweise istJulian zwischenden einzelnenSchauplätzen seinerFotosuche mitseinem geliebtenCampingrad unterwegs,aber anregnerischen Tagensetzt er sichauch gern in einCafé, „am liebstenmit großen Fenstern,damit ichsehe, was draußenpassiert.“ So istdas RózsavölgyiZeneműbolt amSzervita tér einerseiner Lieblingsorte.Doch auch beischlechtem Wetterlockt es den Fotografen auf die Straße: „Ichliebe die Donau und die Brücken. Am spannendstenist es für mich, wenn das Wetter soschlecht ist, dass man das andere Ufer kaumsehen kann. Bei Regen und Schnee ist dieStadt für mich einfach wunderschön.“ Währendandere sich bei solchem Wetter eher miteiner Tasse heißem Tee zu Hause in eine Deckekuscheln, sucht Julian neue Motive.An Budapestmag ich...Egal, ob durch die Kamera oder mit bloßemAuge, Julian ist dem Reiz der Stadt erlegen.Dies liegt aber nicht nur an ihrer Schönheit,sondern auch an den Menschen hier: „Ichmag es, in Budapest zu fotografieren, dennich muss nie Angst um meine Ausrüstunghaben. Den ganzen Tag unterwegs sein mitdem kompletten Equipement, ohne Angstvor Diebstahl zu haben ist sehr hilfreich beider Arbeit.“ Daneben sei es aber vor allem dieEinstellung der Menschen ihm gegenüber, dieihm die Arbeit versüßen: „Hier in der Stadtsind die Leute einfach freundlich. Die wenigstenreagieren aggressiv auf die Kamera.“▶▶EKGWer sich selbst einmal ein Bild von denBildern des zugezogenen Chilenen machenmöchte, kann dies ab Freitag, 20. September,im Egressy Gábor Szabadidőközponttun. Dort sind Arbeiten des Straßenfotografensowohl aus Budapest als auch ausseiner Zeit davor noch bis zum 24. Oktoberzu sehen.Ócsa, Bajcsy Zsilinszky utca 46-48www.egressyszk.huJulian Montoni (3)International Womens’ Clubwww.iwcbudapest.huDeutschsprachige KirchenKapelle der DeutschsprachigenEvangelischen GemeindeI. Bécsi kapu tér, Tel.: 212 8979Römisch-Katholische GemeindeI. Fő utca 43, Tel./Fax: 213 7508Pfarrer: Gregor StratmannGottesdienste: jeden Sonn- und Feiertag um 10 Uhrin der Szent Ferenc Sebei Kirche (Nähe Batthyány tér).Evangelisch-Reformierte GemeindeV. Alkotmány utca 15, Tel./Fax: 311 2369Pfarrer: Zoltán BalogGottesdienste: sonntags 10 Uhr, (Eingang um dieEcke in der Hold utca).Evangelisch-Lutherische GemeindeI. Logodi utca 5-7, Tel./Fax: 212 8979Pfarrer: Johannes ErlbruchGottesdienste: sonntags 10 Uhr in der Kapelle TáncsicsMihály utca 28Marianna MassageRelocationImmigrationoutcall and incall+36 30-862 8155(call for appointment)www.massage-marianna.comThinking Relocation?Think Interdean.Tel. 888-6750budapest@interdean.com“We make iteasy”MovingReal EstateNeues Penthouse 4. Stock mit grosser Terrasse 110/170 qmund Garage im Volksgarten in einem Lakópark zu 200.000HUF/Monat+ Nebenkosten zu vermieten.Tel.: +36 70 701 1131 – www.exklusivkreis.atJS36410033Hier könnte Ihre Anzeige stehen!Infos unter:453-0752, 453-0753E-Mail: verlag@bzt.hu


20. – 26. September 2013<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>B u d a p e s t15Im Portrait: Christa Bartesch, Freischaffende Künstlerin mit Atelier in BudapestMalen als LeidenschaftChrista Bartesch lebt seit 20 Jahren in Budapest.Ihr Atelier in Budafok ist ein Ort der Farbenund Leinwände, der Ideen und abstraktenBilder. Mit den vielen schmalen Fenstern,welche den Blick auf die Donau ermöglichen,sind die Räume im obersten Stockdes „art quarter budapest“ der perfekteOrt für eine freischaffende Malerin. Die beruflicheLaufbahn von Christa Bartesch begannin ihrer Heimatstadt Münster, einerStudentenstadt in der sie auch an der Akademieder Bildenden Künste studierte undihren Abschluss machte. Danach zog sienach Berlin und arbeitete vier Jahre lang inihrem eigenen Atelier. 1992 zog es sie nachBudapest und in ihr neues Studio auf derHajógyári Sziget. Seitdem lebt und arbeitetsie in der ungarischen Hauptstadt, nurder Arbeitsplatz hat sich geändert, dennsie malt nun im „art quarter budapest“,einem Gebäudekomplex in der alten HaggenmacherBrauerei (die BZ berichtete).Die vielen, hellen und großzügigen Räumlichkeitendort eignen sich hervorragendals Ateliers und bieten Künstlern aus allerWelt optimale Arbeitsbedingungen.s wird auf sehr unterschiedliche„EWeise hier gearbeitet und alleindie Anwesenheit so vieler verschiedener,guter Künstler hier im Haus wirktsehr inspirierend. Man spürt das“ erzähltChrista Bartesch. Wenn man sie fragt, redetsie gern über ihre Arbeit, aber letztendlich,kann man ein Bild nur alleinerfahren. Jeder Mensch hat eine andereHerangehensweise bei der Betrachtungvon Kunstwerken. Assoziationen sinddabei individuell verschieden, genausounterschiedlich wie die Bereitschaft, sichdarauf einzulassen.Kreatives Chaos im Zeichen der Monochromie in Bartesch´ Atelier.Die reine VisualitätDie Bilder, die Christa Bartesch ganzklassisch mit Ölfarbe auf die Leinwandbringt, sind nicht ganz einfach zu beschreiben.„eigentlich ist es unmöglich,denn alles liegt im Auge des Betrachters.“Sie hat sich unter anderem „der Schuleder Monochromie verschrieben, einer abstraktenKunstrichtung, „...die auf derPhilosophie von Minimalismus und aufder Ästhetik der Absenz basiert. In ihrerMalerei erscheint das monochrome Bildals pulsierende und optisch intensivierteFarbe. Ihre Malerei ist ein wichtiger Beitragdazu, mehr sehen zu können als dasmaterielle Element eines jeweiligen Bildesde facto geben kann“ wie es in einemKatalog heißt.Die Künstlerin benutzt mehrere Farben,um einen „fiktiven Ort im Bild“ zuerschaffen. „Christa Bartesch arbeitetmit reiner Visualität, mit den reinstenkünstlerischen Mitteln. Sie meidet inihren Bildern jegliche Anekdotisierung,arbeitet ausschließlich mit den klarstenGrundsätzen und Mitteln der bildendenKunst, mit den unerschöpflichen Möglichkeitenvon Farbe und Form“ „DieFarbe gelten zu lassen ist ihre Prämisse.Durch sukzessive Übermalung sind nochdie vorhergehenden Farben am Lebengehalten, aber entfernt, wie Gedächtnisschichten.“„Als Betrachter ist es besonders wichtig,ein aufmerksames Auge zu haben undsich die Zeit zu nehmen, das Bild genauanzuschauen. Man muss sich schon ganzauf das Bilderlebnis einlassen, um feineFarbunterschiede zu erkennen und einesich langsam einstellende Bewegung, einVibrieren im Bild wahrnehmen zu können“,so Bartesch. Außerdem betont siedie Wichtigkeit des Originals, denn eine„Reproduktion ist nur ein Hauch des Ursprünglichen– man muss das originaleBild erleben.“Ihre Bilder sind wie der Moment des Erwachens: vielschichtig und schwer greifbar.Man könnte die Bilder vielleicht mitdem diffusen Zustand zwischen Traumund Erwachen vergleichen, in dem nochdie Bilder aus der fiktiven Traumweltfassbar sind, sich jedoch ganz langsamvom Nebulösen zu den klaren Konturender Wirklichkeit hin verändern; in soeinem Moment überlagert das unklarediffuse Bild noch das kristallklare, undes findet ein Orientieren statt, ein Übergangvon einem unterbewussten in einenwissenden, erkennenden Geisteszustand.Das Ganze sei ein wenig, wie „wenndie visuelle Wahrnehmung noch nichtvom Erkennen und Wissen gestört beziehungsweisebeeinflusst ist“ so Bartesch.Dieses „Nicht-Wissen“ hält ChristaBartesch bei der Bildbetrachtung fürmaßgeblich. Es ist die Voraussetzung fürein intensives Bilderlebnis. Sie ist fasziniertdavon, wie Kinder die Welt sehen,ohne von den Dingen eine vorgefertigteMeinung zu haben. Kinder nehmen allesunmittelbar, meist vorurteilsfrei, ungefiltertwahr. Dem Erwachsenen steht beider visuellen Wahrnehmung der Welt oftdas Wissen und Erkennen im Weg. Mansollte wieder lernen, wie ein Kind zu sehen,um auch wieder in der Lage zu sein,die kleinen und großen visuellen Sensationenerkennen zu können.Frei nach Schopenhauer sollte mansich vor einem Kunstwerk verhalten, wievor einer hochgestellten Person: „Manziehe den Hut und warte, bis man angeredetwird“.Am Sonntag, dem 22. September, findetstadtweit die Veranstaltung „Offene Ateliers“(Nyitott Mütermek, www.nyitottmutermek.hu)„statt, in dessen Rahmen jederInteressierte die Möglichkeit hat, zwischen10 Uhr und 15 Uhr auch das Atelier vonChrista Bartesch zu besuchen. Sie wird persönlichanwesend sein.Christa Bartesch gibt auch Malkursefür Anfänger und Fortgeschrittene,für Kinder und Erwachsene in ihremAtelier. (christabartesch@yahoo.de)PRIVATEKrankenversicherung• für ständig in Ungarn lebende Ausländer• Eintrittsalter bis 65• abhängig von Alter und Leistungsumfang ab124 Euro pro Monatat & t Bt. Vermittlungvon KrankenversicherungenŐsi u. 19 , 8181 BerhidaTel./Fax (06-88) 454-167, Mobil (06-30) 378-0579Für Budapest: Gabriele Wesche(06-30) 912-0193E-Mail: antipi@enternet.huwww.versicherung-in-ungarn.com


16 P a n o r a m a<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>20. – 26. September 2013KompaktMobilitätswoche 2013: AutofreierTag auf dem Andrássy útAm Sonntag wird als Teil der europäischenInitiative, der seit 2000 veranstaltetenMobilitätswoche, BudapestsPrachtstraße exklusiv für Fußgängerund Fahrradfahrer geöffnetsein, an diesem Tag werden dortkeine Autos verkehren. Mit der Aktionsoll an das Umweltbewusstsein derEuropäer appelliert werden. Nebendem Autofreien Tag werden nochweitere Veranstaltungen abgehalten.EU-Grundrechte verletzt: KeineAbschiebung nach UngarnDas Freiburger Verwaltungsgerichterklärte vergangene Woche, dass füreinen afghanischen Flüchtling, derüber Ungarn nach Deutschland geflohenwar, in Ungarn keine menschenwürdigeExistenzmöglichkeit bestehe.Der Zugang zu Beschäftigung, Wohnraum,Sozialhilfeleistungen, medizinischerVersorgung und Bildung für Asylbewerberwurde in Frage gestellt.Abschiebungen nach Ungarn werden innaher Zukunft deshalb rechtswidrig sein.Kulturkrieg: Burgtheater lehntNationaltheater-Einladung abDazu kam es, weil es Streit überdie Auslegung eines Besuchs vonBurg-Intendant Matthias Hartmannbei Ungarns Kulturminister ZoltánBalog gibt. Der Wiener hatte einenoffenen Brief österreichischer Autorenunterstützt, die den Kurs der KulturpolitikUngarns kritisieren, ein späteresGespräch zwischen beiden mündetein einen Eklat, Hartmann sahseine Aussagen medial so umgemünzt,als habe er sich für die Kritikentschuldigt.Urteil: Lebenslangfür 2 DeutscheZwei Bundesbürger wurden vergangeneWoche in Pécs wegen desDoppelmords an einem ebenfallsdeutschen Ehepaar in Mohács imJahr 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt.Die beiden sollen ein Rentnerehepaarausgeraubt, gequält und in einerBaugrube lebendig begraben haben.Sie waren auf der Flucht, sie warennämlich schon in Deutschland wegenBetrugs und Geldwäsche gesuchtworden.Gebrauchtwaren-Börse für KinderStö bern für den guten ZweckWer Kinder hat, der weiß, wie unglaublichschnell Kleidung, Schuhe oder Spielzeug– eben noch passgenau und das Liebsteauf Erden – schon morgen entweder zuklein oder vom Nachwuchs als nicht spannendgenug eingeschätzt wird. Immermehr Eltern bieten deswegen gebrauchte,aber gut erhaltene Kleidung undSpielsachen zum Verkauf an. Auch die Facebook-GruppeMom2Mom Sale (Mamaverkauft an Mama – Anm.) dreht sich darum.Am kommenden Wochenende gibtes neben dem Online-Angebot auch dieMöglichkeit, „in echt“ zu stöbern.Neben jeder Menge Babykleidung gibtes auch Spielsachen und Gebrauchsgegenständewie Hochsitze und Babyschalen .Die Idee für die Kleiderbörse stammt vonder Gründerin der Online-Gruppe BudapestMoms (<strong>Budapester</strong> Mamis), Réka Morvay.Vor zweieinhalb Jahren fand denn auch dererste An- und Verkauf statt. „Im September2011 übernahm ich dieOrganisation undhabe seitdem einenneuen Platzim VI. Bezirkgefunden, wowir unsereMärkte nunregelmäßigabhalten können“,erklärt Barbara Petri,Organisatorindes Mom2Mom Sale.Die Idee zum Mama-Marktwar dieAdaption einer ungarischenEigenheit:„Ungarische Mütterverkaufen fast alles,was ihre Kinder ausgewachsenhabenonline. Allerdingsfunktionieren dieAn- und Verkaufsseitenin Ungarn leidernur in der Landessprache.Das stellteviele Expat-Frauenvor ein großes Problem“,so Barbara.Schnell war also dieIdee geboren, eineOnlineoberfläche fürinternationale Mütterzu schaffen. Bisheute erfreut sichdie Gruppe auf derNetzwerkseite Facebookgroßer Beliebtheit,denn die einzigeVoraussetzungzum Verkauf ist, inEnglisch zu kommunizieren.30 Verkäuferinnensind es pro Markt– aber in wechselnderBesetzung. „Allerdings“,schränktBarbara ein, „dürfennur Mütter verkaufen- professionelleHändler findet manbei uns nicht.“ Dabeistammen die Damenaus aller HerrenLänder, sowohlExpat-Moms alsauch ungarische Mamas bieten die ausgewachsenen,aber immer gut erhaltenenKleider und Spielsachen ihrerKleinen an. Barbara freut sich sehr,dass von Mal zu Mal die Zahl derBesucher steigt. „Mittlerweile habenwir auch so viele Anfragen von Verkäuferinnen,dass pfiffige Moms ihrenVerkaufstisch für das ganze Jahr imVoraus reservieren.“ Verkauft werdenkann, was Babys und Kleinkinderbrauchen, einzige Bedingungist ein guter bis sehr guter Zustandoder, wie Barbara formuliert: „Mansollte nur solche Sachen verkaufen, dieman auch selbst noch kaufen würde.“Neben dem Spaß am Stöbern und Suchensteht ein weiterer wichtiger Faktor hinterMit den Augen eines KindesZalán ist fünf Monatealt und leidet an einerseltenen Form des Augenkrebs,dem Retinoplastom.Bereits sein Vater litt andieser schweren Krankheitund verlor mit zweieinhalbJahren sein rechtes Augean den Krebs. Zalán selbstwird derzeit in auf der Kinderonkologieder SemmelweisUniversitätsklinik behandelt. Derzeit ruhen die Hoffnungen derÄrzte und Familie auf dem Erfolg der Chemotherapie. Erst nach derenEnde ist absehbar, welche weitere Behandlung erforderlich sein wird.Mutter Enikő ist noch zuversichtlich: „Mein Sohn hat in beiden AugenGeschwüre, zwei auf der linken Seite, drei auf der rechten. Im rechtenAuge hat sich eines der Geschwüre so an den Sehnerv gelegt,dass Zalán auf dem Auge nie wird scharf sehen können. Aber noch ister heilbar!“ Um die Heilung des kleinen Jungen zu unterstützen sindjedoch verschiedene, teilweise große Umbauarbeiten am Elternhausnötig. So darf Zalán bis zu seinem fünften Lebensjahr theoretisch nichtdieselbe Badewanne benutzen wie der Rest der Familie. Ein eigenesBadezimmer wäre essentiell. Doch das Gehalt seines Vaters als Rettungssanitäterreicht für seine drei Geschwister und ihn ohnehin kaumaus. Vor noch größere Schwierigkeiten stellt die Eltern die Frage, waswenn die Behandlung in Ungarn nicht fortgeführt werden kann: „Wennwir Glück haben, kann Zalán in Ungarn bleiben. Wenn nicht, müssenwir es in der Schweiz oder Deutschland versuchen“ erklärt VaterLászló.Mom2Mom Sale22. SeptemberHotel Benczur, VI. Benczur utca 359 Uhr bis 13 UhrEintritt: 200 Forintwww.budapest-moms.comFür mehr Informationen zu Baby Zalán oder bei etwaigenHilfsangeboten senden Sie eine Email an elisabeth.grabow@bzt.hu.den Mom2Mom Sales: „Wohltätigkeit warimmer ein wichtiger Teil der Märkte. VieleMütter spenden die nicht verkauften Warenam Ende des Tages“, sagt Barbara. Dabeiwürden sowohl einzelne Familien als auchKindergärten und Mutter-Kind-Heime. Beidiesem Verkauf wird neben den Sachspendenam Ende des Tages auch eine Spendenboxeingerichtet. Gesammelt wird für denvier Monate alten Zalán. Er leidet an eineräußerst seltenen Form eines erblich bedingtenAugenkrebs, dem Retinoblastom. DieOrganisatorin ist froh, dem kleinen Zalánund seiner Familie mittels des Verkaufshelfen zu können: „Ich hoffe, viele Menschenwerden von Zalán hören und uns helfen, ihnzu unterstützen!“▶▶EKG

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