Schnepfenthäler Nachrichten

Schnepfenthäler Nachrichten Schnepfenthäler Nachrichten

zs.thulb.uni.jena.de
von zs.thulb.uni.jena.de Mehr von diesem Publisher

Auch den Erwachsenen gelang es nicht immer, den Wirkungen des ungesundenWetters zu entgehen; nach allzu langem Widerstreben mußte der eine oder andere einestarke Erkältung im Bett ausheilen. Herr Jacobi war leider durch eine Herzerkrankunggezwungen, sich von Anfang Februar ab ganz von seiner Berufsarbeit zurückzuziehen.Diese Ruhe brachte ihm den erhofften Erfolg, so daß er sichzu Ostern für das neueArbeitsjahr gekräftigt fühlte. Seinen mathematischen und naturwissenschaftlichenUnterrichtübernahmen inzwischen Herr Fuhrmann und Herr Albertz.Rieklev Minssen, dessenzarte Gesundheit sich in Schnepfenthal merklich gefestigthatte, blieb zu unserm Bedauern von den Weihnachtsferien ab bei seiner Mutter inHamburg. Am 12. Januar führten uns Herr und Frau Dr. Voeckler, Halle a. S.,ihren Sohn Wolfgang zu, am 29. Januar Herr und Frau Kohl, Merseburg, ihrenSohn Paul. An diesem Tage kam auch Heinrich Röll wieder, der seit Ende derWeihnachtsferien in Leipzig in Behandlung eines Spezialarztes gewesen war. Da wirnun unsere Schar wieder vollzählig beisammen hatten, maß Herr Professor Dr. Baarmann,wie alljährlich im Januar, die Körperlänge der Zöglinge. Unsere Meßstangeist wohl schon über 100 Jahre in Gebrauch. Sie trägt noch die Einteilung nachZoll und Linien, die dann später mit der "neumodischen" Metereinteilung überklebtwurde. Hans Jentzen hat die Höhe von 1,932 m erreicht, Hans-Joachim Fuhrmannist nur 1,261 iii groß. Am meisten gewachsenist Heinrich Röll, 80 mm, am wenigstenHerbert Kolbe, 5 mm. Als mittleres Wachstum ergaben sich 42 mm.Älter noch als unsere Meßstange ist unseres Wissens das Turnpferd, das schonunter Guts Muths Dienste getan hat, dem Begründer des deutschen Schulturnens unddes ersten deutschenTurnplatzes. Das alte Turnpferd siedelte im vorigen Herbst nachBerlin über in das Museum für Leibesübungen (C. 2, Schloß, Lustgarten) als Leihgabe,bleibt also unser Eigentum. Als Ersatz stiftete uns das Museum durch die Firma AdolfBuczilowsky in Berlin einen Turnbock, der jetzt nach den Weihnachtsferien in Benutzunggenommen wurde, unter allgemeinem dankbarem Beifall. Auf Veranlassung desgenannten Museums, bzw. ihres Geschäftsführers, des Herrn Mindt, stiftete uns dieFirma Kaspar Berg, Nürnberg, ein Ziehtau und überließ uns zu recht günstigen Bedingungnochzwei "Medizinbälle" und einige andere Geräte für Leichtathletik und Spiele.An der Erweiterung unseres Spiel- und Turnplatzes vorm dritten und viertenHaus, des "Schanzplatzes", wurde weitergearbeitet, es wurde also regelrecht "geschanzt",wie vor 140 Jahren. Als Material zum Anschütten kamen uns die vielen zweispännigFuhrenBauschutt zustatten, die nach und nach aus den nicht endenwollenden,leider nicht mehr aufschiebbaren Ausbesserungsarbeiten in und an unseren Gebäudenabfielen.Vom 12. Januar ab verschoben wir den Beginn des Tages, also das Wecken,das wir im vorigen Herbst auf 6/25 zurückverlegt hatten, wieder auf 6/40; die Pausezwischen der ersten und zweiten Unterrichtsstunde sowie die zwischen der fünften undsechstenwurde auf 5 Minuten verkürzt, die Dauer der letzten Unterrichtsstunde von45 auf 40 Minuten, so daß das Mittagessen wie bisher um 1/10 beginnen kann.Unsere Unter- und Obersekundaner durften am Sonntag, den 22. Januar, mitHerrn Burggraf und dessen Familie sowie mit einigen anderen Erwachsenen nach


Eisenach fahren zu einer Aufführung des "DonCarlos" , einer für Schüler bestimmtenVorstellung. In ihrer fröhlichen Erwartung wurden sie nicht getäuscht.Am 12. Februar ging in Rödichen eine der treusten Seelen zur ewigen Ruhe,die je mit Schnepfenthal verbunden waren, Andreas Messing. Etwa 50 Jahre langhat er bei uns gearbeitet, im Sommer im Garten, im Winter trug er das Holz fürdie vielen Öfen unseres Hauses. Seit einigen Jahren ruhte er von seiner Arbeit aus.Seine Gedanken weilten noch bis zuletzt in Schnepfenthal. Vielen meiner Leser wirdsein feingeschnittenesGesicht noch in Erinnerung sein. Wir bleiben ihm immer dankbarfür die Treue, die er uns gehalten hat.Viel Erfrischung in diesen langen Wochen jahreszeitlosen Wetters brachte unsdie Pflege der Musik. Wie auch im vorigen Vierteljahr verdanken wir sie HerrnFuhrmann, Herrn Dr. Thiemer, Frau Schubarth, Herrn Krieger und Herrn Albertz,die keine Mühe scheuten, aufstrebende jugendliche Kräfte musikalisch zu schulen,namentlich im Zusammenspiel. Dieses "Orchester" übte jede Woche an einem Abend,außerdem übte ein Trio und ein Streichquartett, daneben wurde mehrstimmiger Gesangeifrig gepflegt; unter Herrn Kriegers Leitung bildete sichein großer und ein kleiner Chor,und am Sonnabend Abend nach dem Zensurenschreiben übte bei Herrn Krieger einDoppelquartett, genannt der "Kriegerverein", der manches erwachsene Geburtstagskindam frühen Morgen mit einem Ständchen überraschte. Um musikliebenden Lesern einenEinblick zu geben, sei hier mitgeteilt, was geboten wurde, als am 7. und am 21. Märzim größeren Kreise musiziert wurde:Am 7. März:Beethoven, Trio in c-moll, Opus 1, Nr. 3; Meyerbeer, Krönungsmarsch ausdem Propheten (Orchester); Beethoven, Andante aus dem Klaviertrio Opus 72 (Geigeund Klavier) ; Mozart, Nachtigallenkanon und der Wendehals eines unbekanntenMeisters (Chor); "Horch, was kommt von draußen rein" (Chor); "Wenn alle Brünnleinfließen" (Chor mit Orchester); Haydn, Ochsenmenuett (Orchester).Am 21. März:Viva la musica (gemeinsamer Kanon); Mozart, Eine kleine Nachtmusik (Orchester);Lortzing, Ouvertüre zu Undine (Orchester); Bortniansky, RussischerVespergesang (Chor);Meyerbeer, Krönungsmarsch aus dem Propheten.Gemeinsames Musizieren, gleich ob man mitspielt oder zuhört, ist für dasZusammenleben eines Kreises von Menschen, mag er groß sein oder klein, wertvoll undfruchtbar, ja unentbehrlich. Es gehört daher auch in Schnepfenthal zur alten Tradition.Die Erwachsenen hatten gemeinsame berufliche Besprechungen an jedem zweitenDienstag nach Tisch, an jedem zweiten Mittwoch Abend aber in zwanglosem BeisammenseinFörderung und Anregung durch ein Referat oder einen Bericht, z. B. über Teilnahmean Vorträgen und Kursen während der Ferientage, oder auch durch Musik.Mit helleren, längeren Tagen kam dann auch mehr Abwechslung in das täglicheErleben. Am 14. Februar besuchte uns Herr Oberstudiendirektor Dr. Anz, Gotha,der vom Thüringischen Volksbildungsministerium in Weimar mit der Aufsichtführungüber die höheren Schulen unseres Bezirks betraut ist, und hörte während des Vormittagsdem Unterricht in verschiedenen Klassen zu. Am 22. Februar nahm Herr


Zwei Tage später, am Dienstag, den 13. März fuhren die Ober- und Untersekundund Obertertianer, also in der Hauptsache die eben genannten Darsteller,mit Herrn Fuhrmann, Herrn Albertz und Frau Schubarth nach Jena. Dort führte sieHerr Dr. Wandersleb, verschaffte ihnen nicht nur eine angenehme Bleibe, sondernermöglichte ihnen auch den Besuch der Zeyßwerke, d. h. eines Ausstellungsraumes(die Werke selbst werden nicht gezeigt) und besonders des Planetariums. Dieses undder Vortrag, den sie dort hörten, fesselte sie außerordentlich und weckte in allen dieÜberzeugung: Das muß man noch einmal sehen und hören. Am andern Tage wurdeJena und die nächste Umgebung besichtigt, abends kehrten die Reisenden fröhlich heim.Nachdem am Abend des 21. März wie schon erwähnt, die Musik noch einmaluns alle im Speisesaal zusammengeführt und der reine Zusammenklang der Instrumenteund der aus der Seele quellenden Menschenstimmen uns im Innersten erfreut hatte,begann mit dem Konfirmationstag, dem 24. März das Abschiednehmen. In stillen,ernsten Gedanken waren wir in der Morgenandacht und beim Frühstück vereint;ein kurzes Abschiedswort. Um 1/211 Uhr versammelten wir uns im festlich geschmücktenBetsaal mit unsern 11 Konfirmanden und ihren Angehörigen. Mit dem Gleichnisvon den anvertrauten Pfunden führte Herr Pfarrer Langenhan seine andächtigenZuhörer zu der Erkenntnis, daß alles, was uns in diesem Leben gegeben wordenist, anvertrautes Gut ist, das wir für Gott zu verwalten und zu mehren haben.Es wurden eingesegnet: Hans Deman, Georg Gneist, Reinhard Graupner,Herbert Kolbe , Rolf Köllner, Karl Heinrich Kraushaar, Horst Retzlaff,Hans Rudloff, Max Georg Schoenner, Hans Heinrich Steinhaus, GebhardWeinschenk.Bei ihrer Einsegnung erklang von der Empore Bachs vierstimmiger Choral:"Wie schön leuchtet der Morgenstern" , während die helle Frühlingssonne zu denFenstern hereinschien.Nach der gemeinsamen Mittagsmahlzeit verbrachten wir mit den Angehörigenunserer Konfirmierten einige Stunden bei frohen und ernsten Gesprächen im neu hergerichtUnterhaltungssaal. Dieser hatte wirklich ein festliches Aussehen erhaltenund gefiel allen, besonders auch den Zöglingen, so gut, daß wir auf deren Bitte auchunser Abendbrot dort einnahmen.Am Montag den 26. März mittags, war unser Haus leer und still, nur Heinzund Götz-Ulrich Krische blieben noch einen Tag und wurden dann von einer Tantenach Hamburg begleitet, um ihre Eltern zu begrüßen, die von Guatemala herüberkamen.Am Dienstagnachmittag war wieder fröhliches Leben in unseren Räumen.Vormittags hatte sich Herr Fuhrmann mit Fräulein Landwich aus Darmstadt in allerStille in Friedrichroda trauen lassen (Fräulein Landwich war von März 1925 bisOktober 1926 Helferin in unserem Hause); nachmittags aber waren wir zu fröhlicher,festlicher Kaffeetafel im Unterhaltungssaal versammelt, wir <strong>Schnepfenthäler</strong> alle mitHerrn und Frau Fuhrmann und deren Familienangehörigen. Wir blieben bis zumAbend beisammen bei Musik, Gesang und Tanz, denn es war uns ein Herzensbedürfuns mit dem jungen Paar zu freuen und es mit unseren Glückwünscheninden jungen Ehestand zu geleiten. Eine kleine Wohnung fand sich im vierten Haus,


da Frau Professor Pertsch einige ihrer Räume zur Verfügung stellte. Wir sind ihrdankbar für dieses freundliche Entgegenkommen, durch das die Wohnungsfrage eineeinfache Lösung fand.In der letzten Märzwoche wurde unser ehrwürdiger Backofen abgebrochen unddurch einen völlig neuen ersetzt. Ich ließ diesen, gleich dem alten, wieder für Holzheizuneinrichten, da nach meiner Überzeugung das Brot nur durch Holzheizungschmackhaft werden und vor allem seinen vollen Nährwert erhalten kann. Außerdem bewährten Geschick unseres vielseitigen Bäckers Otto Werner trägt gewiß dieHolzheizung dazu bei, daß so oft behauptet wird, nirgends schmeckedas Brot so gutwie in Schnepfenthal.Am Schluß meines Berichts möchte ich dankbar eines uns überraschenden undbesonders erfreuenden Besuchs gedenken! Am Nachmittag des 26. März war HerrHans von Niebelschütz, Landschaftsdirektor in Metschlau i. Schlesien, eine kurze Stundebei uns. Er war von 1855—60 Zögling in Schnepfenthal; vor 68 Jahren wurde erhier konfirmiert und sah heute zum ersten Male Schnepfenthal wieder, das er nichtvergessen hatte. Mit 831/2 Jahren, frisch wie ein rüstiger Sechziger, war er morgensum 6 Uhr von zu Hause abgereist, hatte in Gotha an einer Sitzung teilgenommen,besuchte uns nachmittags und fuhr am andern Morgen wieder nach Hause. Ihn ausseiner Zeit, die für uns Heutige schon graue Vorzeit geworden ist, von Schnepfenthalerzählen zu hören, war für uns außerordentlich wertvoll und hatte einen ganzbesonderen Reiz.Mögen ihm diese Blätter einen dankbaren Gruß aus Schnepfenthal überbringen!FriedrichAusfeld.Zwischen Ostern 1927 und Ostern 1928 waren folgende Zöglinge hier:Adler, Hans, WaltershausenAusfeld, Eberhard, Schnepfenthalv. Bezold, Wolfgang, DessauBretzfeld, Hans-Heinrich,CoburgBusch,Karl, BochumDeman, Hans, BerlinDrubig, Hans, DresdenEngel, Heinz, BerlinEngelhardt, Erich, RomEulitz, Fritz, Fährbrückei. Sa.Fischer,Ehrhard, FriedrichrodaFuhrmann, Hans-Joachim,JessenGeibel, Karl, MünchenGneist, Georg, Schönfeldbei Greiz i. V.Graupner, Reinhard, Wernesgrüni. V.Günther, Holm, DresdenGünther, Tilo, DresdenHeinicke,Adolf, BernburgHeise,Heinz, Wildberg (Mark)Hendel, Wolfgang, Ölsnitzi. V.Heyden,Rolf, Berlin-LichterfeldeHillig, Klaus, BraunschweigJahn, Karl, Reichenbach-CunsdorfJahn, Heinz, KötzschenbrodaJentzen,Hans, HamburgJurran, Wolfgang, Aue i. Erzgeb.Kirchberger,Felix, LeipzigKirchhoff, Bernhard, BerlinKirchhoff, Gerhard, BerlinKohl, Paul, MerseburgKalbe, Herbert, BerlinKöllner, Rolf, Luisenthali. Th.Kraushaar, Karl Heinrich, Friedrichswerthi. Th.Krische,Heinz,Finca "LaSuiza" Guatemala C. A.Krische,Götz-Ulrich,Finca "LaSuiza" GuatemalaLangenhan,Heinz, Gotha (C. A.Lingke, Joachim, HamburgLohmüller, Joachim, Leipzig


Minssen, Rieklev, HamburgPappageorg, Phokion, LeipzigPecht, Friedrich, HamburgPfefferkorn, Joachim, Hohenstein-ErnstthalPfefferkorn, Waldemar, Hohenstein-ErnstthalPolz, Heibert, BrandenburgRetzlaff,Horst, BerlinRöll, Heinrich,Aue i. Erzgeb.Rößel, Siegfried, Hohenstein-ErnstthalRoth, Gert, Höchsta, M.Rudloff, Hans, BernburgSauer, Franz, Suhl i. Th.Schmidt, Hans-Jürgen,MünchenSchoenner,Max-Georg, NürnbergSpeidel, Albert, LeipzigSteinhaus, Hans-Heinrich,Mülheim-RuhrTannert, Siegfried, DornburgUhlig, Gerhard, TübingenVoeckler, Wolfgang, Halle a. S.Weinschenk,Gebhard, Wachau bei LeipzigWillrich, Heinz, Dossenheimi. B.Zebel, Ernst-Günther,HamburgZehbe, Robert, KielZeyßig, Hans-Joachim,GothaIm 1. Vierteljahr 1928 besuchten uns:Fräulein Elisabeth Trenkhorst, Lehrte (Hannover); Herr FabrikbesitzerObenauf, Erfurt; Herr Studienrat Bergmann, Köln; Herr Schultheiß Weidner,Ernstroda; Herr Fabrikbesitzer Rößel, Hohenstein-Ernstthal; Herr William W. Mann,London-Berlin; Herr Studienrat W. Herrmann, Gotha; Herr Studienrat Dr. Waldmann, Eisenach; Herr Oberstudienrat Dr. Matthes, Greiz; Herr StudienratDr. Kreipel, Eisenach; Herr Studienrat Beer, Apolda; Herr Rektor Eisentraut,Stadtroda; Herr StudienassessorZellmer, Gotha; Herr Studienrat Schlund, Gotha;Fräulein Studienrätin Köhler, Gotha; Fräulein Reallehrerin Pomplitz, Weimar;Fräulein Reallehrerin Diller, Schalkau; Fräulein Reallehrerin Wulff, Gößnitz;Fräulein Reallehrerin Becker, Greußen; Herr Studienrat Pfister, Eisenach; HerrStudienrat Dr. Endter, Friedrichroda; Herr Oberstudiendirektor Dr. Lißner,Weimar; Herr Studienrat Stöckel, Ilmenau; Fräulein Schulamtsanwärterin Ratz,Zella-Mehlis; Herr Studienrat Wittig, Sonneberg; Fräulein Wanke, Friedrichroda;Fräulein Mathilde Fuchs, Jugendleiterin, Herr Gerhard Fuchs, BuchhändleBerlin; Herr und Frau Hagemüller, Haus Lohmühle bei Waltershausen;Herr und Frau Dr. Voeckler Halle a. d. Saale; Herr Dr. Ehrhart Franz(1911—13), Frankfurt a. M.; Herr Amtsgerichtsrat Schaedel (1892—95), WaltershausenHerr und Frau Westmeyer, Apolda; Herr Zotho Dietzsch (1906/1907)und Frau Margot Dietzsch, Neuyork; Herr und Frau Major Wilcke, RittergutKötitz bei Leipzig; Herr und Frau Kohl, Merseburg; Herr Fritz Höselbarth,Chemnitz; Herr und Frau Fabrikbesitzer Anschütz, Zella-Mehlis; Fräulein MarthaSchröder, Herr Trebsdorf, Zella-Mehlis; Herr Otto Drubig, Dresden; FrauHofapotheker Priesner, Coburg; Herr Ing. Erhard Fuhrmann, Weferlingen;Herr Oberstudiendirektor Professor Dr. Anz, Gotha; Herr Hans Grosch (1905—09),Gotha; Herr und Frau Schulz, Deutsches Landerziehungsheim Ettersburg bei Weimar;Frau Generalkonsul Pappageorg Leipzig; Herr Bankier Fritz Kolbe, Berlin;Herr und Frau Oberingenieur Brauns, Gotha; Fräulein Auguste Fungridt,Detmold; Herr und Frau Pfarrer Engel, Oesterbehringen; Herr Pfarrer Tannert,Dornburg a. S.; Herr und Frau Walter Zeyßig, Gotha; Fräulein GustiLandwich, Darmstadt; Fräulein Studienrätin Frida Wandersleb, Jena; Herr


Wohlfahrtsdirektor Leute, Erfurt, und Fräulein Else Leute; Herr Dr. Gerbing(1889-95) und Frau Hedwig Gerbing, Leipzig; Herr Dr. Hochheim, Gotha;Herr Studienrat E. Vogel, Vetschau N.-L.; Herr Missionar Pieper, Insel Nias(Niederländisch-Indien); Herr StudienassessorDr. Heinecke, Friedrichroda; FrauMarie Pauline Thorbecke, Köln; Frau Professor Deman Berlin; HerrFabrikbesitzer Erich Günther, Dresden; Herr stud. phil. Hösel, Halle a. S.;Herr Dr. Albert Fels (1891-96) und Fräulein Annemarie Fels, Berlin-ZehlendFrau Elisabeth Topf- Reemtsma, Erfurt; Herr und Frau RittergutsbesitzerGneist, Schönfeld bei Greiz; Herr Paul Retzlaff, Berlin; Herr und FrauMartz, Teterow i. M.; Herr und Frau Fabrikbesitzer Rudloff, Bernburg; Herrund Frau Fabrikbesitzer Graupner, Wernesgrün i. V.; Herr und Frau FabrikbesitzerKöllner, Luisenthal; Herr und Frau Kraushaar, Friedrichswerth i. Th.;Frau Lisbeth Kalbe, Berlin; Herr und Frau Fabrikbesitzer Schoenner, Nürnberg;Frau Rittergutsbesitzer Weinschenk, Wachau bei Leipzig; Herr stud. phil.Curt Weinschenk, Herr Rittergutsbesitzer Kämmerer, Heina; Herr LandschaftsdirektoHans von Niebelschütz (1855-60), Metschlau i. Schl.; Herr und FrauLehrer Fuhrmann, Zienau bei Gardelegen; Herr stud. ing. Fuhrmann, Charlottenburg;Frau Studienrat Wärmbter, Darmstadt; Frau Else Herrmann, Obernburg(Unterfrk.); Se. Erlaucht Graf und Herr von Schlitz gen. von Goertz, Schlitz.Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung.Es gingen folgende Spenden ein, für die wir herzlich danken:Direktor Alex. von Gontard 38 RMJulius Lücke 30 RMV. Cornehls, St. Gallen 12 RMProf. Schall. 3 RMErnstHeyne.Bericht der Vereinigung Alter <strong>Schnepfenthäler</strong>über diePfingsttagung1928.Groß war die Zahl der Mitglieder nicht, die sich am 29. Mai um den Tisch in der"Stopftagstube" sammelte. Allein vom Vorstand hatten sich sechsHerren wegenKrankheit oder Unglücksfall entschuldigen müssen, so daß die Sitzung des Vorstandesverschoben werden mußte. An der Hauptversammlung der V. A. S. nahmen folgendeMitglieder teil: Dr. Friedrich Ausfeld, Hauptmann Eduard. Ausfeld, Prof. Dr. Baarmann,H. C. Gadegast, Dr. C. Geibel, H. Geibel, Oberst Heyne, Prof. Dr. Hochheim,Studienrat Müller, Prof. Dr. Prüfer, Dipl.-Ing. Schetelig, Oberförster Scuhr, AmtsgerichtSchaedel.Oberst Heyne eröffnete die Sitzung und gedachte derer, die der Tod im letztenJahre aus unsern Reihen genommen, besonders des Herrn Prof. Pertsch.


Aus dem geschäftlichenTeil der Sitzung ist zu berichten, daß der von unsermSchatzmeister, Herrn Dr. Springer, eingeschickte Rechnungsbericht von den HerrenDr. Baarmann und Dr. Prüfer geprüft und richtig befunden wurde, worauf demSchatzmeister mit besonders herzlichem Dank Entlastung erteilt wurde. Recht bedauertwurde es aber, daß eine Anzahl Mitglieder unter der Ungunst der Verhältnisse so zuleiden hatten, daß ihnen regelmäßige Beitragszahlung nicht möglich war. Das Rundschreibdas unterdessen in ihre Hände gekommen sein wird, möge ihnen zeigen,wie viel dem Vorstand daran liegt, auch nicht ein Mitglied zu verlieren. Andrerseitsbitten wir zu bedenken, daß jahrelanges Mitschleppen Rückständiger die an sichoft genug undankbare Arbeit des Schatzmeisters unnötig erschwert. Verstößt es nichtauch gegen alle Schnepfenthaler Tradition, "Rückstände" nicht "abzumachen"? —Die Versammlung beschloß weiter, es bei der alten Beitragshöhe von 6 RM fürwirtschaftlich Selbständige, 2 RM für andere zu lassen.Die Wahlen ergaben die Wiederwahl der Herren Oberst Heyne (Vorsitzender),Dr. Stumme (stellvertr. Vorsitzender), Amtsgerichtsrat Schaedel (stellvertr. Schriftführer),Dr. Springer (Schatzmeister), Ing. Meurs-Gerken (stellvertr. Schatzmeister) und dieNeuwahl von Studienrat J. L. Müller zum Schriftführer.An der GutsMuths-Ehrung, die der deutsche Turnerbund auf dem alten Turnplatzhinter der "Tanne" plant, beschloßman, sichin einer dem Geiste GutsMuths Rechnungtragenden Form zu beteiligen, glaubte aber eine Geldspende ablehnen zu müssen,solange die VAS. die Aufgaben, die sie für das Wohl Schnepfenthals erfüllenmöchte, noch nicht im wünschenswerten und notwendigen Umfange erfüllen kann.Allgemeine Zustimmung fanden die Vorschläge des Schriftführers, in Zukunft großeTagungen von Fach- oder Berufsverbänden möglichst lange vorher der Schriftleitungder Mitteilungen anzuzeigen, damit versucht werden kann, solche Gelegenheiten zurAufrechterhaltung der Fühlung unter den Alten Schnepfenthalern zu benutzen, undzweitens der Anstalt zu ihrem 150. Stiftungsfest die zur Ergänzung ihrer philanthropischenBibliothek nötigen Bücher zu schenken und, Zustimmung des Schatzmeistersvorausgesetzt, mit dem Einkauf schon jetzt zu beginnen. Der Bitte des Vorsitzenden,den Alten Schnepfenthalern ab und zu vom Leben der Anstalt zu berichten, sagteDr. Ausfeld Erfüllung zu.Ort und Zeit der nächsten Pfingsttagung werden im Einvernehmen mit derSchnepfenthal-Jubiläumsstiftung vom Vorstand bestimmt werden.Im Sinne der Anträge der Pfingsttagung von 1927, die eine direkte Fühlungmit Lehrern und Zöglingen gewünscht hatten, versammelte sich nach der Sitzung ganzSchnepfenthal unter der großen Linde zu Schokolade und Kuchen. Ob es abernicht gut wäre, aus gesundheitlichen Gründen den rührenden Eifer der jungen Schar,der bereitgestellten Mengen Herr zu werden, dadurch zu unterbrechen, daß wir einsder alten lieben Schnepfenthaler Lieder ("Prächtig steigt des Berges") aus dem inNeudruck erschienenenLiederbuch singen? Wie groß wird der Appetit erst sein, wennnächstesJahr zwischen Sitzung und Schokolade der Turnlehrer der Anstalt zeigt, wiedie Schnepfenthaler turnen können! —


Diesmal wurde etwas ganz Besonderes geboten: im Tanzsälchen über dem Torewar eine Bühne entstanden, gebaut, gemalt, beleuchtet von geschichten SchülerhändenDie "Kiekse" führten auf ihr ein ganz reizendes Spiel aus der Feder FrauNobilings auf, betitelt: Schnepfenthaler Geisterchen. Da der Vater eines Zöglings daskleine Werk drucken lassen will, wird es wohl bald allen, die es lesen möchten,zugänglich gemacht werden können. Darum hier nur die kurze Feststellung, daß diekleine Schar famos spielte, daß den "Alten Herren" Erinnerungen in Menge aufstiegenals sie von "Kiste" und "Rückstand", "Mentor" und "Urzen" hörten, unddaß Frau Nobiling — selbstverständlichganz gegen ihren Willen — sich herzlichstenBeifall gefallen lassen mußte.Der Abend sah eine stattliche Runde <strong>Schnepfenthäler</strong> an langer Tafel im Gartendes Hotel Gerth in Friedrichroda. Die alten <strong>Schnepfenthäler</strong> Waltershausens warenwohl alle erschienen, als Freund Schnepfenthals ferner Herr Univ.- Prof. Dr. Thorbeckeaus Köln und — wohl zum ersten Male — fast alle Herren des Lehrerkollegiumsmit ihrem Senior Dr. Baarmann. In angeregtestem Gespräch verflossen die Stunden.In Erinnerungen wurde geschwelgt. So hörte ich Alte Herren mit erstaunlicherZungenfertigkeit die berühmten geographischen "Leiern" rezitieren. Ich möchte siegerne sammeln, ehe es zu spät ist. Wer hilft mir dabei von Sigmar Lenz' altenSchülern?Mitternacht war längst vorbei, als die Runde sich zu lichten begann. Die vonFortuna Bevorzugten besteigen die Kraftwagen, wir andern wandern den alten Wegam Kloster Reinhardtsbrunn vorbei dem längst schlummernden Schnepfenthal zu, wowir Jugendjahre verlebt oder uns die pädagogischen Sporen verdient.Am nächsten Morgen aber erzählte mir eine an einem Fenster des erstenStockwerkeslehnende Leiter, daß die Zeiten vorbei sind, in denen ein Verspäteter einfachan das Fenster der Wachstube klopfte und sich für ein paar Nickel die Tür unter demVVH mit Morgensonne und Spaten öffnen ließ. O du gute, alte Zeit!Die Meisten zwangen Berufspflichten zur schnellen Abreise, ein meiner Kreisaber folgte einer Anregung Dr. Prüfers und ließ sich von liebenswürdigen Führern,Herrn Amtsgerichtsrat Schaedel und Pfarrer Sommer, am nächsten Tage die KunstaltertümWaltershausenszeigen.Mitgliederbewegung.J. L. Müller.Zwei unsrer ältesten Mitglieder sind uns durch den Tod entrissen worden: schonim Januar 1926 starb im Alter von 82 Jahren Herr Oskar Lenz, Bremen, Zöglingvon 1853-1859. In Wien starb der Schriftsteller Herr Karl Junker, Zögling von1875-1879.Wir gedenken ihrer in Dankbarkeit für die Schnepfenthal bewiesene Treue!Folgende Damen und Herren traten der V. A. S. als Mitglieder bei:Frl. Bertha Ausfeld, Schnepfenthal.Wiebe Ausfeld, Primanerin, Eisenach, Moltkestr. 1.Martha Heß, Primanerin, Schnepfenthal.


Frau Professor Pertsch, Schnepfenthal.Frau Direktor Weidet geb. Ausfeld, Berlin W 57, Elßholzstr. 13 I.Karl Busch, Schüler, Bochum, Heckertstr. 34.Dr. ing. Ludwig Heuser, Nürnberg, Krelingstr. 33.stud. arch. Peter Heyne, Dorf Wehlen, Sächs. Schweiz.Primaner Hans Jentzen, Schnepfenthal.Ing. Willy Reibstein, Leipzig O 27, Gletschersteinstr.41 I, Ruf: 62829.Kaufmann Arnd Schichhold, Radebeul bei Dresden, Criegernstr. 57.Landwirt Karl Stellwag, Schloß Drum bei Böhmisch-Leipa.Schüler Hansjürg Stellwag, Schloß Drum bei Böhmisch Leipa.Rittmeister a. D. Reinhard Weiß, Vorstand der chem. Werke Oranien A.G.,Laggenbeck i. W.Wir begrüßen sie auf das herzlichste in unseren Reihen!Herrn von Dallwitz in Zülow in Mecklenburg beglückwünschen wir zur Geburteinesgesunden Jungen!Folgende Anschriftenveränderungen wurden mir bekannt:Bildhauer G. W. Bergfeld, Marburg a. d. Lahn, Haspelstr. 39II.Kaufmann W. Cleß, Dresden-A., Münchner Str. 34 l.Oberingenieur Bieber, Cannstatt, Paulinenstr. 17.Rittergutsbesitzer Fischer, Freienhagen, Kassel-Land.Felix Forster, Baden bei Wien, Weilburgstr. 14.cand. jur. Werner Kanein, Leipzig-Gohlis, Roonstr. 7Ir.Herbert Martens, Charlottenburg, Königin-Elisabeth-Str. 44.Studienrat Otto Meyer, Waidmannslust, Kurhausstr. 37.Studienrat Müller, Hellerau bei Dresden, Tännichtweg 2.kaufm. Beamter H. Raab, Mannheim, Pfalzplatz 10 I.Kurt Rabenhorst, Rüdnitz, Kreis Oberbarnim.stud. chem. Reitz, Bitterfeld, Mittelstr.?Dr. Günther Salzmann, Barmen-Wichlinghausen, Handelstr. 72 I.cand. Ing. W. Pertsch, Darmstadt, Runde-Turm-Str. 14, Hh. 1.Heinrich Schroth, Eisenberg (Thür.), Südstr. 4.Dr. W. L. Benischek, St-Josephs-Hospital Joliet, Illinois, USA.Gadegast, Hans Carl, Leipzig N 22, Marbachstr. 13 II.Geibel, Hellmuth, Erbgerichtsbesitzer, Riechberg, Mittweida-Land.Cornehls, Viktor, Si. Gallen (Schweiz), Lessingstr. 10.Cornehls, Wolfgang, stud. rer. col., Kolonialhochschule Witzenhausen ander Werra.Schreck, Werner, stud. rer. pol., Leipzig, Schwägrichenstr. 30.Spengler, Walter, Krimmitschau, Sa., Lindenstr. 42.Steinbach, Rudolf, Chemnitz, Reichsstr. 24.Wagner, Lothar, privatisierender Gutsbesitzer, Bischofswerda, Sa., Dresdener Str. 40.Weidlich, Rudolf, Dr. med., Leipzig W 31, Weißenfelser Str. 15.Weidlich, Wilhelm, Hauptmann a. D., Hertzberg, Prov. Sachsen, Südallee.


Einige unserer Mitglieder können in diesem Jahre <strong>Schnepfenthäler</strong> Jubiläenfeiern, zu denen wir sie beglückwünschen möchten:Am 15. Juli 1928 feiertFrau Anna Böhmein Schnepfenthal in demselben Hause, in dem sie als Tochter Sigmar Lenz' geborenwurde, in beneidenswerter geistiger Frische ihren80. Geburtstag.Wir alten <strong>Schnepfenthäler</strong> beglückwünschen sie aufs herzlichste !75 Jahre sind vergangen, seit Se. Exz. Herr Generalleutnant a. D. von Rabe,Berlin, Schiffbauerdamm 27, nach Schnepfenthal kam; vor 70 Jahren trat herr HansHaase, Stadtältester in Stettin, vor 65 Jahren Herr Emil Strube in Rödichen, vor55 Jahren Herr Alexander Zerban in Wiesbaden, vor 50 Jahren Herr August Vockerodtin Meerane als Zögling in Schnepfenthal ein. 40 Jahre sind es her, seit die HerrenDr. Friedrich Ausfeld, Bildhauer Bergfeld, Major R. Forster, Ingenieur Hauschild,FabrikbesitzerFritz Martens und Studienrat Rummel zum ersten Male die rote Jacke trugen.Wir wünschen ihnen noch viele Jubiläen und danken besonders den Ältestenunter ihnen für ihre mehr als ein halbes Jahrhundert bewährte Treue zur altenBildungsstätte.Das Schnepfenthaler Liederbuchfand bei der Leipziger V. A. S. reißenden Absatz. Dieser Erfolg veranlaßt unsbekanntzugeben, daß das Liederbuch von der Anstalt bezogen werden kann. Es kostetin blau Leinen 2.50 RM, in Rot mit Goldschnitt 4.50 RM.Zweckmäßigerweise bestellt man gleichzeitig das im Bericht über die Pfingsttagungerwähnte Spiel: "<strong>Schnepfenthäler</strong> Geisterchen" von Frau Nobiling, das Herr BuchdruckeDrubig in liebenswürdigster Weise für Schnepfenthal hat drucken lassen.Als "Beipack" eignet sichdie Postkartenserie von Schnepfenthal, die auf 15 Kartenauch viele Innenräume zeigt.Um das vielgeplagte "Büro" zu entlasten, werden die Besteller guttun, entwederder Bestellung 5 bzw. 7 RM beizufügen oder der Einfachheit halber sich mit Nachnahmeeinverstanden zuerklären.Möglichen Überschuß würde ich für die Lehrmittelsammlung zu verwenden vorschlageNeudruck des Mitgliederverzeichnisses.Da ein erheblicher Teil der Anschriften sichseit der letzten Veröffentlichung desMitgliederverzeichnisses geändert hat, soll ein neues gedruckt werden. Ich bitte deshalb


alle, sich der für den einzelnen so geringen Mühe zu unterziehen, zu prüfen, ob dievon uns bei Zustellung der Mitteilungen benutzte Anschrift noch richtig ist. Sollte sichin Stand (Beruf) und Wohnung etwas geändert haben, bitte ich mir das umgehendmitzuteilen. Dankbar wären wir, wenn uns dabei Anschriften früherer <strong>Schnepfenthäler</strong>aufgegeben würden, die unserer Vereinigung noch nicht angehören, und diegeworben werden könnten.Wer verhilft uns zu den Anschriften unserer zurzeit unauffindbaren Mitglieder:Werner Behrends, Hildegard Blümel, Friedrich von Einsiedel, Wilhelm Jäger,W. A. v. Gryczewski, Cand. Ing. Eberh. Krug, Franz Schroth? <strong>Nachrichten</strong> erbetenan den Schriftführer der Vereinigung Alter <strong>Schnepfenthäler</strong>Studienrat J. L. Müller,Hellerau bei Dresden, Tännichtweg 2.<strong>Schnepfenthäler</strong> ErinnerungenvonHans Hase, Stadtältestem in Stettin.Zu meiner <strong>Schnepfenthäler</strong> Zeit, 1858-64, leitete der Geheime SchulratAusfeld (der Ältere) die Anstalt. Ausfeld war ein äußerst geschickter, klugerund in jeder Beziehung wohlwollender Pädagoge, der es verstand, die Herzen derZöglinge an sich zu ziehen.Unterstützt wurde Ausfeld durch seine gewandte Frau Albertina, die auchbei allen Zöglingen beliebt war.Ferner gab es zwei weibliche Hilfskräfte, die mir sehr im Gedächtnis gebliebensind: Auguste, die das Wäschedepartement unter sich hatte, und Mariechen, eingesunder, frischer, lieber Mensch, war mit ihrem stets heiteren Gesicht der Lieblingaller Zöglinge. Sie leitete die Küche. Wenn Mariechen an den Nachmittagen dasVesperbrot austeilte, so war jeder erpicht, einen "Kanten" zu erlangen — sie wardabei stets unparteiisch und richtete es so ein, daß jeder einmal mit dem Kanten drankam.Zu meiner Zeit waren in der Anstalt viele Ausländer: Russen, Spanier, SüdamerikaVon Deutschen war Leipzig stark vertreten. Norddeutsche waren wenig da.Bei der Ankunft neuer Zöglinge erregte die Ankunft des Prinzen Hatzfeld, desjetzt noch lebenden Fürsten Hatzfeld, unsere ganze Aufmerksamkeit; er war begleitetvon einem Freunde, von der Decken. Beide nahmen eine Ausnahmestellungein, indem sie ein besonderes Zimmer im obersten Stock (Dachgeschoß) des Hauseserhielten. — Auch hatten sie einen Diener mit, der nebenbei zu verschiedenenDienstleistungin der Anstalt herangezogen wurde. Durch diesen Diener wurden kalteAbreibungen eingeführt, Wir wurden in eiskalte Tücher gehüllt, dann geklopft undgerieben, bis wir einigermaßen warm wurden. Eine greuliche Prozedur, bei allenZöglingen sehr unbeliebt, besondersda der betreffende Diener nichtsehr sari mit uns umging.Zu meiner Zeit war auch ein Herbert Berbohm-Tree aus London Zögling.Er wurde später ein berühmter englischer Schauspieler, besonders als Interpret der


Dramen Shakespeares. Ich habe ihn in seiner Glanzzeit in London besucht, er leitetedas Sir Majesty's Theatre. Leider hatte er die deutsche Sprache ziemlich vergessen.Von Schnepfenthal sprach er mit großer Liebe.In der damaligen Zeit residierte der Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gothahäufig in Reinhardtsbrunn, um von da als großer Waidmann seine Jagdausflügezu machen. Bei den Spaziergängen trafder Herzog manchmal die Zöglinge und machtedannjedesmal seinen Ulk mit uns. Stets zeigte er ein besonderes Interesse für die Anstalt.Als im Jahre 1861 der prince-consort Albert gestorben war, kam die Königinvon England zu einem längeren Aufenthalt nach Reinhardtsbrunn; auf ihren täglichenSpazierfahrten begegnete sie manchmal den Zöglingen; wir wurden dannschleunigstin Front aufgestellt. Lebhaft interessierte uns das Gespann, eine mächtigeKalesche, damals huit-ressort genannt, und die beiden piqueurs als Vorreiter.Von meinen Lehrern sind noch viele in meinem Gedächtnis geblieben.Zunächst der Bereiter Sigmar Lenz, ein prächtiger Mensch. Er gab Englisch,TurnundReitunterricht. Alle Zöglinge ohne Ausnahme schwärmten für ihn. Lenz warentschiedenein Original. Bei größeren Ausflügen ins Gebirge ging er stetsals Quartiermacher voran.Dann der Naturforscher Professor Lenz, der bekannte Pilzforscher. DerUnterricht in der Naturkunde war bei dem alten Herrn immer recht interessant. Stetshatte er ein gütiges Lächeln. Die Zöglinge gingen gern zu ihm, für die jüngerenhatte er oft ein Stück Schokolade oder Pfefferkuchen.Der alte Thomas- er gab lateinischen Unterricht — wurde von den älterenSchülern Mephisto genannt, wohl wegen seines schwarzen Schnurr- und Knebelbartesund seiner tiefliegenden Augen.Ein interessanter Lehrer war Höhne. Er gab unter anderem Geschichtsunterin lebhafter Weise, quälte uns aber furchtbar mit dem Auswendiglerneneiner Menge von Daten und Jahreszahlen.Höhne legte großen Wert auf eleganten Anzug. Seine nach damaliger Modegroßen Krawatten mit mächtig flatternden Enden erregten unsere ganze Bewunderung.Höhne wurde später Lehrer an der Kadettenanstalt Dresden. Höhne tat allesmögliche, um die Spaziergänge interessant zu machen durch Spiele, Wettlaufen usw.Ich erinnere mich noch, daß eines Tages in dem Nachbarstädtchen Waltershauseneine große Feuersbrunst ausgebrochen war. Höhne fragte seine Aufsicht, ob wir zurBrandstätte wollten. Wir müßten aber, da wir nur eine Stunde Zeit hätten, denWeg hin und zurück im Dauerlauf machen. Mit Begeisterung waren wir dabei. DieBrandstätte interessierte uns weniger als die Gothaer Feuerwehr mit riesigen MessinghelmeOb dieser Exkursion sollten wir Stillschweigen beobachten; aber am nächstenMorgen wußte es die ganze Anstalt.Den trefflichen Zeichenunterricht gab damals der junge Gerbing.Er verstand es ausgezeichnet, das Talent der einzelnen Zöglinge zu erkennen unddann individuell zu behandeln. Ich habe auf keiner Schule solche glänzendenResultate im Zeichnen gesehen wie unter Gerbings Leitungin Schnepfenthal. Ich selbst besitze heute noch einen Teil der Zeichnungen, dieich in Schnepfenthal angefertigt habe.


Eine gelungene Erscheinung war in jedem Winter der Tanzmeister, einHerr von Obstfelder, der aus Weimar kam, ein schlankes, zartes Männchen,rothaarig. Zum Unterricht kam er stets in Frack, Jabot, Escarpins und weißenStrümpfen. Die Violine in der Hand. Wir lernten außer den üblichen Tänzenunglaubliche Nationaltänze, wie z. B. einen polnischen Tanz "Krakowiak" , wozuwir Sporen mit laut klirrenden Rädern an die Schuhe bekamen.Zweimal im Jahre kam ein Zahnarzt aus Gotha, dem wir immer mit Schreckenentgegensahen. Er arbeitete mit den primitivsten Instrumenten. Betäubungsmittelgab es damals nicht. Bei Plomben war ein Handbohrer, ein unheimliches Instrument,inTätigkeit.Ferien gab es zu meiner Zeit nicht, was von vielen Zöglingen sehr schmerzlichempfunden wurde. Als Ersatz dienten die Ausflüge in den Thüringer Wald,der damals noch nicht so überlaufen war wie jetzt. Meistenteils standen noch überalleinfache Gasthäuser. In Oberhof gab es damals nur das hölzerne Jagdhaus desHerzogs und den primitiven Domänengasthof.Zum Weihnachtsfest geschah von seiten Ausfelds und Albertines wohl allesmögliche, um das Fest schön und anheimelnd zu gestalten; aber es konnte das Elternhausdoch nicht ersetzen, und da stellte sich bei manchen Zöglingen, besonders bei denjungeren, ein Heimwehgefühl ein.Der Turnunterricht war ausgezeichnet und in einem Maße angelegt, wiewohl in damaliger Zeit in keiner anderen deutschenSchule. Es wurde fast täglichgeturnt. Dazu kamen Spiele im Freien, Barläufe, verschiedene Ballspiele usw.,Schwimmen und im Winter Schlittschuhlaufen, Schlittenfahren. Die besten Turnerwaren unter Aufsicht des Bereiters Lenz. Besonders beliebt war das Bachspringenmit den langen Stangen. Wer dabei ins Wasser fiel, bekam von jedem Springereinen Klaps auf das nasse Hinterteil.Geschwommen wurde damals in einem der Reinhardtsbrunner Teiche. Auchhier war der Bereiter Lenz der Schwimmlehrer. Er hat jedem der damaligenZöglinge das Schwimmen beigebracht.In dem genannten Teiche ereignete sich ein Unglücksfall, der uns Zöglinge inhelle Aufregung versetzte. Der Herzog hatte unter seinen Dienern einen Neger, einendrolligen Burschen, der immer unser Interesse erregte Dieser Neger, obgleich ein guterSchwimmer, ertrank eines Tages. Die Ursache diesesUnfalls istuns nie bekannt geworden.Bitte notieren Sie in Ihrem Terminkalender: Februar 1929 VAS. Beitragplänen, daß die nächste Pfingsttagung am 21. Mai 1929 stattfindet IAlleZusendungen für dieSchriftleitung der "<strong>Schnepfenthäler</strong> <strong>Nachrichten</strong>" werdenerbetenan: Studienrat J.L.Müller,Hellerau,Tännichtweg 2. Verantwortlich fürdenTeil: "<strong>Nachrichten</strong> ausSchnepfenthal" : Dr.Fr. Ausfeldin Schnepfenthal,für denTeil: "Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung": Oberst a. D.E. Heyne,Schnepfenthal Rödichen, für denTeil:"Mitteilungen derVereinigung Alter <strong>Schnepfenthäler</strong>" : Studienrat J.L.Müller, Hellerau beiDresden.Postscheckkonto für die Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung: Leipzig45401.— Postscheck für die VAS. Erfurt15760.PiererscheHofbuchdruckerei StephanGeibel& Co.in Altenburg(Thür).


<strong>Schnepfenthäler</strong> NachrichtZugleich Mitteilungen der Schnepfenthal-Jubiläums-Stiftungund der Vereinigung alter <strong>Schnepfenthäler</strong>127.Jahrgang1928 Nr. 3/4<strong>Nachrichten</strong>aus Schnepfenthal.1. April bis 30. Juni 1928.Die Erneuerungsarbeiten der Außenseite unserer Gebäude hatte im vergangenenHerbst der frühzeitig einsetzendeFrost jäh abgebrochen. Das vierte Haus behieltdaher den ganzen Winter über eine offene Wunde an der Hofseite; sie konnte nurnotdürftig verbunden werden. Der für die Bewohner des Hauses recht empfindlichungemütliche Zustand ließ sich leider nur wenig mildern, Kälte und Schnee drangendurch. Erst beständigere frostfreie Witterung brachte völlige Heilung; Anfang Aprilwar Balken- und Mauerwerk, wo es schadhaft war, ersetzt, neuer Berapp undfrischer Anstrich gaben dem Hause wieder ein schmuckesAussehen. Narben blieben nurnoch an der Innenseite, im Treppenhaus, erkennbar. Um der Hofseite des Hausesdie nötige frische Luft zu schaffen, wurde der an das Haus anstoßende Teil derehrwürdigen Hofmauer, die dem Zusammenfallen nahe war, weggenommen und durch


ein kräftiges eisernes Gitter ersetzt. Gern tat ich's nicht, denn die alte Hofmauer sahso gemütlich und "malerisch" aus. Aber Gesundheit geht vor Romantik, auch beiHäusern. Häuser haben Anspruch darauf, wie lebende Wesen behandelt zu werden.Das dritte Haus bekam neue Dachziegel (sie wurden von den Zöglingen inlanger Reihe hinaufgereicht); die Mansarde an der dem Hof und der Reitbahn zugewenSeite erforderte Ausbesserungsarbeiten, die uns recht lange aufhielten.Auch an der Mansarde des zweiten Hauses nach der Reitbahn zu, also an der Wetterseite,waren die alten glatten "Zungen" nicht mehr zuverlässig. Wenn der Sturm siefaßte, löste sich doch die eine oder andere und konnte Unheil anrichten. Als die altenZungen nun der Reihe nach abgenommen wurden, entdeckte man, daß die erste inder obersten Reihe die Jahreszahl 1805 trug. Wir haben sie gut aufgehoben. Die"Zungen" wurden durch Falzziegel ersetzt. Ob diese auch 123 Jahre halten werden?Unter dem Teil des dritten Hauses, der nicht unterkellert ist, wurde ein Hohlraumgegraben, um dem Haus auch an dieser Stelle Lüftung zu verschaffen. So gewannenwir wieder Material zur Erweiterung des Schanzplatzes an der Nordostecke; dortwaren uns auch die großen Schuttmengen willkommen, die bei den Dacharbeitenabfielen. Köllner, Lohmüller und Steinhaus schafften sie vom Boden hinunter, tagelangin ihrer freien Zeit; eine staubige Arbeit. Auf das Abbrausen im Baderaumhaben sie sich jedesmal gefreut. Der vordere Teil des Schanzplatzes war nun fertigund der neue Abhang genügend fest geworden, um einem starken schmiedeeisernenZaun Halt zu geben, der, 2 m hoch, vorläufig die ersten 30 m gegen den Abhangabschließt. Die Zaunpfosten wurden tief in Zement eingelassen. Der Schanzplatz bekameine Bedeckung von gelbem Pflasterkies; er ist weich, und da er keine scharfkantigenSteinchen hat, werden die Knie beim Hinfallen nicht zu arg zerschunden. Das "Wetterhäuschund der von Weißdorn umgebene Regenmesser sind verschwunden. HerrProfessor Dr. Baarmann hatte seine regelmäßigen meteorologischen Beobachtungen,die mit täglichen Berichten nach Berlin und mit viel sonstiger Schreibarbeit verbundenwaren, am 1. April aufgegeben. Der Entschluß, sich von dieser — rein ehrenamtlichen— Arbeit zu trennen, die ihn vier Jahrzehnte in Anspruch genommen hatte,ist ihm gewiß nicht leicht geworden.Am 20. April wurde Herr Emil Strube, der der ältesten Generation der nochlebenden alten <strong>Schnepfenthäler</strong> angehört (er war 1863/64 Zögling) 80 Jahre alt. VonHerzen freuten wir uns mit ihm, daß er diesen Tag bei guter Gesundheit und in besterStimmung verleben durfte. Daß wir seiner mit unseren besten Wünschen gedenken,sei ihm auch an dieser Stelle versichert.Mit Ende der Osterferien wurden unsere drei Obersekundaner in die Unterprimaaufgenommen, in Friedrichroda (Oberrealschule), Erfurt (Reformrealgymnasium),Eisenach(Realgymnasium).Am Dienstag, dem 24. April, begannen wir mit der gemeinsamen Morgenandachtunsere Arbeit wieder. Herr stud. phil. Horst Hösel aus Halle kam neu zu uns; erunterrichtet in Deutsch, Griechisch und Geschichte.Am 25. Mai gedachten wir des 80. Geburtstages Richard Bosses, der nun schonvor 26 Jahren aus diesem Leben abberufen wurde.


Am 26. Mai starb in Reutlingen, erst 40 Jahre alt, Fräulein Klara Lepple.In den Kriegsjahren führte sie hier die Küche in einer Weise, die man nur genialnennen kann. Gleich nach Kriegsausbruch begann sie für alle Möglichkeiten vorzusorgen.Und als der berüchtigte Kohlrübenwinter kam, wußte sie mit ihrer künstlerischenErfindungsgabe die verpönte Kohlrübe in so vielerlei Gestalt auf den Tisch zu bringen,daß wir uns nicht über Mangel an Abwechslung bei den Mahlzeiten zu beklagenhatten. Wer die Kriegsnöte in Erinnerung hat und für die Ernährung anderer verantworeinewar, wird verstehen, daß wir der so früh Heimgegangenen gegenüber zeitlebensDankesschuld fühlen.In der Pfingstwoche feierte in Berlin die Gesellschaft für Erdkunde ihr hundertjährigeBestehen. Mitbegründer und erster Vorsitzender der Gesellschaft war KarlRitter, Salzmanns erster Schnepfenthaler Zögling. Salzmann nahm den Sechsjährigen,der mit seinem älteren Bruder Johannes von seinem Erzieher Guts Muths vonQuedlinburg hierher begleitet wurde, ganz auf seine Kosten hier auf und entließ denSiebzehnjährigen mit der Reife zum Universitätsstudium (eine Reifeprüfung gab esdamals noch nicht). Salzmann und Guts Muths gaben Ritters Lebensarbeit die entscheidRichtung. Wir empfanden es daher als unsere Ehrenpflicht, die Gesellschaftfür Erdkunde mit einem Glückwunschtelegramm zu grüßen. Ihr jetziger Präsident,Geheimrat Penck in Berlin, war wiederholt in Schnepfenthal, um die geistige HeimatKarl Ritters kennenzulernen.Mai und Juni waren bei uns ganz so, wie der Landwirt sie sichwünscht: "kühlund naß". Die kleine Flotte von Motor- und Segelbooten der verschiedenstenGrößenund Typen, Fabrikware und Handarbeit, konnte auch bei kühlem Wetter auf demTeiche vor dem Haus in See gehen und Zuschauer jedes Alters fesseln, selbst in denPausen, beinahe über das Klingelzeichen hinaus.Der Himmelfahrtstag ließ mit Kälte und Regen nur einen kurzen Vormittagsspaziergzu, in vier Gruppen, mit Herrn Fuhrmann, Herrn Albertz, Herrn Höselund Fräulein Agathe Lucius. Abends musizierten Herr Dr. Thiemer und Herr KriegerimSpeisesaal.Zwei Tage später führte uns Herr Scheler aus Steinach (Thüringer Wald), der unsseit Jahrzehnten ab und zu besucht, das Glasblasen vor. Die Anschaulichkeit seinesVortrags und seine fabelhafte Geschicklichkeit fesselten, wie immer, alt und jung.Am andern Tage besuchten wir Herrn Laufers Forellenbrutanstalt in der Dammmühlebei Friedrichroda. Herr Laufer ist einer der ersten Forellenzüchter und in derganzen Fachwelt bekannt.Am Nachmittag des 25. Mai waren wir alle fröhlich de Schokolade und Kuchenan festlich geschmücktenTischen im Speisesaal vereint; es wurde musiziert, wir hörtenausgezeichneten Chorgesang unter Herrn Kriegers Leitung und ein Geigenduett, vonHerrn Krieger und Herrn Albertz vorgetragen, an dem wir uns bewundernd freuten.Und dann kam eine Überraschung. Wir wurden in den Unterhaltungssaal hinaufgebetener war verdunkelt, links der Zuschauerraum, rechts die von der englischenAufführung (im März) her bekannte Bühne, aber erweitert und verändert. Mir wurdeein prächtig in Rot und Gold gebundenes Manuskript überreicht "<strong>Schnepfenthäler</strong>


Geisterchen", eigenhändig geschrieben von der Verfasserin, unserer lieben Tante AnnaNobiling. Der Vorhang ging auf, da stand in großen Plakatbuchstaben "Schnepfenthal", und naturgetreu war alles zu sehen und zu lesen, was zu unserer Bahnstationgehört. Alles Schriftliche und Bildliche entstand unter der — linken! — Hand deszehnjährigen Gerhard Kirchhoff. Und gleich erschienen unsere acht Jüngsten, mit denenFräulein Agathe Lucius in aller Heimlichkeit (die Kleinen hatten sämtlich "dichtgehalten"!) das Stück eingeübt hatte, und machten ihre Sache ganz vortrefflich. DerBeifall nach dieser Erstaufführung war stürmisch, und das mit vollem Recht. AllenBeteiligten gebührte wirklich freudigster Dank.In den nun folgenden Pfingsttagen ging es nicht ohne Beurlaubungen ab; aberwir konnten mit Befriedigung feststellen, daß diese Urlaubswünsche zu Pfingsten dochvon Jahr zu Jahr abnehmen. Mir liegt daran, daß wir nicht nur Arbeitstage,sondern auch freie Tage gemeinsam verleben. Das Wetter erlaubte am Pfingstmontagund -dienstag Vormittagsausflüge.Am Dienstagnachmittag durften wir zahlreiche alte Freunde in Schnepfenthalbegrüßen. An solchen Tagen kommt uns auch diese Seite unseres Berufs stärker zumBewußtsein: Denen die Heimat zu erhalten, die hier aufwuchsen und auch mit ergrauteHaar, bewußt oder unbewußt, fühlen: In Schnepfenthal bin ich geborgen.Habt Dank ihr alle, die ihr Schnepfenthal grüßtet, sichtbar oder unsichtbar, auch ihr,die ihr schweigend und selbstverständlicheuch mit Schnepfenthal verbunden fühlt. Besonderdanke ich im Namen Schnepfenthals euch, die ihr in der Stiftung und in derVereinigung tätig für Schnepfenthal eintretet !Für die fröhliche Schokoladenfeier unter unserer alten Linde dankten die aktiven<strong>Schnepfenthäler</strong> den "Alten" durch eine zweite Aufführung der "Geisterchen", eineÜberraschung für die von auswärts kommenden Freunde.Am Mittwoch nach Pfingsten gab uns Herr Professor Dr. Thorbecke-Köln einesehr fesselnde, anschauliche Darstellung der Entstehung der Klimate der Tropen, derEntstehung ihrer Winde, der Regen- und Trockenzeiten, der feuchten und trockenenGebiete und der Pflanzenwelt in ihnen. Am Nachmittag des anderen Tages gingen wirmit den Zöglingen nach dem Geizenberg, und dort erzählte Frau Marie Pauline Thorbeckeden vor ihr zwischen den hohen Fichtenstämmen hingelagerten Zöglingen von den Erlebnissenmit Tieren während der Forschungsreise in Kamerun, die sie mit ihrem Gattengemeinsam unternommen hatte. Es kamen der Reihe nach alle Tiere daran, vom kleinstenbis zum größten, vom Sandfloh bis zum Elefanten. Wer hätte da nicht mit Spannungzugehört ! Für die Erzählerin war es wohl ein besonderes Vergnügen, alle diegespannt Lauschenden vor sich zu sehen, jeden einzelnen in einer seiner besonderenArt entsprechenden unwillkürlichen Haltung.Vierzehn Tage später erzählte uns Herr Pfarrer Otto Ausfeld, Gießen (1886 bis1888), der eine kurze Urlaubswoche bei uns verlebte, von der Arbeit mit seinenBibelkränzlern und anderen mit seinem Beruf verbundenen sozialen Aufgaben.Nach weiteren vierzehn Tagen gab uns (den Erwachsenen) Herr Dr. Thiemereine klare Übersicht über die Gedankengänge, die Oswald Spengler zur Gestaltungseines Werkes "Untergang des Abendlandes" führten.


In den letzten Tagen des Juni lockte das spät und fast unvermittelt einsetzendeSommerwetter alt und jung aus der Stube hinaus ins Freie, sooft sich irgend dieMöglichkeit bot. Sogar die Wochenzensuren wurden am Sonnabendabend draußenverlesen unter der Blutbuche vorm ersten Hause. In dieser letzten Juniwoche gingendie Zöglinge dreimal zum Schwimmen nach dem Cumbacher Teich.Der Sommer war da und mit ihm die Heuernte, bei der mancher von unserenZöglingen mit Freude und Geschick geholfen hat. Die Ferien ließen dies Jahr etwaslänger auf sich warten, und bis dahin gab's noch eine Menge zu erleben. Dochdas gehört in den nächsten Bericht.Allen alten <strong>Schnepfenthäler</strong>n möchte ich verraten, daßHerr Professor Dr. Baarmannam 21. Oktober seit 40 Jahren in Schnepfenthal tätig ist.Wir freuen uns darauf, dem seit dem 19. August Siebzigjährigen anseinem Ehrentage danken zu dürfen, wir, die wir seine Schüler waren,und wir, die mit ihm die Berufsarbeit noch heute teilen.FriedrichAusfeld.Im zweiten Vierteljahr 1928 besuchten uns:Herr Walter Schlehuber, Mylau i. V.; Frau Oberlehrer Hofmann, Neumarki. V., Herr Otto Hübener, Hamburg (1901/04); Herr Scharfenberg,Breitungen a. d. Werra; Primaner Gerhard Lucius, Herrenbreitungen; Herr cand.ing. Wilhelm Pertsch, Darmstadt; Herr Hermann Wich (1911/13) und Frau Grethel,Altona-Bahrenfeld; Herr Victor Russenberger (1900/05) und Frau, Paris; HerrArthur Russenberger (1902/06) und Frau, Paris; Herr Ing. Hans Maerkerund Frau; Primaner Rolf Maerker (1924/26); Herr Paul Kammerer undFräulein Käthe und Marianne Kammerer, Hamburg; Herr Amtsgerichtsrat Schaedel(1892/95), Waltershausen; Herr und Frau Dr. Kurd Hochheim, Gotha; Herr undFrau Hauptmann Eduard Ausfeld, Berlin; Frau Dr. Borsche und FräuleinHedwig d'Arrest, Eisenach; Herr Rittergutsbesitzer Kämmerer, Haina; FräuleinFrieda Barg, Preetz i Holst.; Fräulein Margarete Löhrke, Stolp i. Pomm.;Fräulein Thilde Lange, Langensalza i. Th., Herr Karl Volckmar, Barchfeld a.d.Werra; Fräulein Maria Hübener, Oels/ Schlesien; Fräulein Selma Zander,Sonnenburg N.M., Fräulein Marie Kammer, Hanau a.M.; Fräulein Aga Weigelt,Meseritz /Grenzmark; Herr Paul Nickel, Wittenberg; Herr Alfons Balthesen,Hanau; Herr Pfarrer Langenhan, Friedrichroda; Frau Archivdirektor Ausfeld,


Berlin; Fräulein Margot Hochheim, Weißenfels; Frau Elisabeth Topf-Reemtsma,Erfurt; Herr und Frau Fabrikbesitzer Fuhrmann, Jessen/Elster; Herr FabrikbesitzerRoeßel, Hohenstein-Ernstthal i. Sa.; Herr und Frau Fabrikbesitzer Obenauf, Erfurt;Herr Fabrikbesitzer Günther, Dresden; Herr Pfarrer Albert Ausfeld (1869/73),Haarhausen; Herr Ernst Mossel Marienborn b. Mainz; Herr Stationsassistent WalterSalzmann, Waltershausen; Herr Pfarrer Bodenstein, Schirgiswalde; FräuleinElsbeth Kufer, Eßlingen a. N, Fräulein Annekathrin Klemm, Plauen i. V.;Fräulein Margarete Zorn, Zehden a. O.; Schwester Johanna Bolhoevener,Sangerhausen; Schwester Alwine Rath, Gummersbach; Schwester Margarete Seidel,Tabarz; Fräulein Aline Röse, Schnepfenthal; Herr Architekt Eduard Gildemeister,und Frau, Bremen; Herr Johann v. Kapff, Bremen; Herr Carl-Heinz Wimmer(1920/22), Schlotheim i. Th.; Frau Emmy Speidel, Leipzig, Sekundaner HansDeman (1925/28), Berlin; Herr und Frau Prof. Thorbecke, Köln; Herr Fr. R.Hans Müller, T. H., Dresden; Herr stud. paed. Erich Georgi; Herr stud. paed.Herbert Trinks, Dresden; Fräulein stud. paed. Hanna Maas, Jena- Soest (Westf.);Fräulein Liselotte Scharfschwerdt, Jena-Bremen; Herr Ernst Küchler, Dresden;Herr Herm. Berndt, Dresden-Leubnitz; Herr und Frau Alfred Merkel Mylaui. V.; Herr Erbgerichtsbesitzer Hellmuth Geibel (1883/86), Riechberg b. Hainichen/ Sa.;Herr Verlagsbuchhändler Dr. Carl Geibel (1897/1900), München; Frau FabrikbesitzerRöll, Aue i. Erzgeb.; Herr und Frau Dr. Voeckler, Halle a. d. S.; Herrund Frau Dr. Kirchberger, Leipzig-Raschwitz; Fräulein Liselotte Kirchberger;Herr und Frau G. Baer, Apolda; Herr und Frau Lehrer Baer, Rödichen; Herrund Frau G. Baer, Apolda; Frau E. Kaufmann, Potsdam; Fräulein Dr. PaulaKauffmann, Reifenstein; Fräulein Ite von Dewitz, Reifenstein; Frau RittergutsbesitzerHeise, Wildberg; Herr Druckereibesitzer O. Drubig, Dresden; Herr RolfLütkemeyer (1919/22), Coburg; Herr Hans Engel (1920/24), Berlin; Frau Dr.E. Heß und Fräulein Anna Heß, Jena; Herr und Frau Er. Roth, Höchst a.M.;Herr und Frau Major Wilcke, Rittergut Kötitz b. Dahlen; Herr Oberförster EduardScuhr (1900/O4) und Frau, Trostadt b. Themar i. Th.; Herr Stud.- Rat J. L. Müller,Hellerau, Dresden; Herr Dipl.- Ing. Claudio Schetelig (1889/92), Leipzig; Herr Prof.Dr. iur. et. phil. Arthur Prüfer (1871/74), Leipzig; Freiherr Ernst-Adolf vonWintzingerode-Knorr, Wehnde b. Ferna; Fräulein stud. phil. Elsa Wagner,Breslau; Herr Senior und Superintendent D. Dr. Fischer, Erfurt; Herr MartinFischer, Erfurt; Herr Lehrer Walter Schulz, Mechterstädt; Fräulein Luise Fahrionund Fräulein Lies Thiel, Loheland; Heir Hans Carl Gadegast (1902/06), Leipzig;Herr Oberst a. D. Ernst Heyne (1881/85) und Frau Dora Heyne; Rödichen;Fräulein Erna Fey, Nebra; Fräulein Annemarie Geyer, Eisenach; Herr HorstJoachim Aurich, Zittau; Herr Stud.- Rat Kurt Lucius , Magdeburg; Herr SpinnereibesitzeJosef Kürzel (1895/98), Crimmitschau; Frau Martha Kürzel und FräuleinMaria Kürzel; Herr Mittelschullehrer Wilhelm Dehne" Teuchern, Bez. Halle;Herr Fabrikbesitzer Rolf Sauer, Suhl; Herr Herbert Schönfeld, Nordenham, mit16 Oberprimanern der Oberrealschule Nordenham; Herr D. Dr. Karl Fleischmann,Kirchenpräsident, Speyer; Herr Oberkirchenrat D. Eugen Mayer, Speyer; Herr


Pastor F. Werner, Dessau; Frau Christine Werner- Heinze, Dessau; FräuleinTheodora Blume, Lyzealoberlehrerin, Berlin-Spandau; Frau Hedwig Willikens,Leipzig; Herr Pfarrer Otto Ausfeld (1886/88), Gießen; Herr und Frau RudolfGeorgi, Leipzig; Frau Pfarrer Knab, , Gustavsburg; Frau Baurat Backofen,Stettin; Frau M. Adler, Waltershausen; Frau Gretchen Schlichter, Hamburg;Herr W. H. Schlichter, Neuyork; Frau L. Kolbe, Berlin; Frau Hedwig Gerbing,Leipzig; Fräulein Bertha Bergfeld, Bremen; Fräulein Käthe Müller, Kassel;Frau Änne Gerhardt, Brake i. Oldenburg; Fräulein Sophie Dettmer, Hannover;Herr Arnd Schichhold (1919/20), Dresden-Radebeul; Frau Rosefranziska Barth,Weigelshof b. Nürnberg; Fräulein Oberrauch, Bozen; Herr und Frau Dr. Heinz,Leipzig; Se. Erlaucht Graf und Herr von Schlitz gen. von Görtz, Schlitz; Herr undFrau Kuschminder, Kirchberg i. Sa.; Herr Landesbaurat Greymann, Rotenburga. d. Fulda; Fräulein Dr. Anna Lifschitz, Moskau- Berlin; Herr und Frau PfarrerNeßler, Friedrichroda; Herr Kommerzienrat Arthur Schmidt; Fräulein HerthaWoelker; Fräulein Annemarie Schmidt, Streckewalde.Berichtüber unserTurn- und Sportfestam 3. Juli 1928.Wer jemals in Schnepfenthal den Turnunterricht erteilt hat, der wird mir darinzustimmen müssen, daß man mit einem tiefen Empfinden freudiger Dankbarkeitam Morgen unserer Turn- und Sportfeste vor die Riege der <strong>Schnepfenthäler</strong> Zöglingetritt. Welche Freude, welcher Wille und Ernst strahlt aus den frischen Gesichtern, undwelche Begeisterung leuchtet aus den frohen Augen. Sie wollen ja heute ihr Bestesgeben! Und sie geben es aus einem dankerfüllten Herzen. Wo solcherWille Ausdruckfindet, da ist Erzieherarbeit lohnend!Die eine Stunde Unterricht am Morgen des 3. Juli war schnell abgesessen.Dannstand schon die blanke Riege geordnet auf dem Schanzplatz da. Ein Pfiff: die Reiherichtet sich; ein zweiter noch: die Riege fliegt auseinander, und auf dem Platze verteiltharrt ein jeder der Freiübungen. Köllner turnt vor. Er macht es gut. Die andereneifern ihm nach. Es ist ein schönesBild für den Zuschauer. Die Größeren führen dieÜbungen mit einer Selbstverständlichkeit aus, die Gewohnheit ahnen läßt. Die Kleinengeben sich auch viel Mühe, doch gelingt ihnen noch nicht jede Bewegung. Aber siewollen es auch tun! Die Freiübungen sind zu Ende, und der Wettkampf beginnt. DieRiegen treten an ihre Geräte. Die erste turnt zunächst am Barren, hernach am Pferd.Man sieht den Jungen an, daß sie in ihren Zöglingsjahren durch eine harte, abergute Schule gegangen sind. Die Leistungen werden gewertet. Köllner, Kraushaar,Lohmüller und Bezold schaffen hohe Punktzahlen. Auch im Sturmhoch. 2,55 m wirdübersprungen. Die Vierkämpfer stoßenKugel. Hillig erreicht 7,70 m; das sind 37 Punkte.Graupner erreicht 32, Hendel und Kohl 20, Jurran 18. Im Hochsprung gelingen Hendel10 Punkte bei 1,30 m. Der Bock reicht für sie nicht aus; auch Engel und Kirchbergersind fast ausgesprungen. — Die dritte Riege läuft 75 m. Zeyßig braucht 115/10, Voeckler117/10 Sekunden. Hernach stoßen sie den Medizinball. Das sieht lustig aus, wie sie


sich mit dem großen Ball abmühen müssen! — Jetzt folgen Mannschaftskämpfe:Kugelstoßen und Tauziehen, eine3x100 - m-Staffel, in der die Gruppe Kolbe, Jurran,Voeckler siegreichist; dann ein Schlagballwettspiel. Fröhliches Tauspringen beendet denVormittag.Der Nachmittag bringt für die beiden ersten Riegen noch einmal harte Kämpfe,Die Fünfkämpfer werfen Diskus. Köllner erreicht 23 m, Kraushaar 22,5 m, Röll 21,2 m.Die zweite Riege ist unterdessenzum 400-m-Lauf angetreten. Hillig durchläuft die Streckein 65 Sekunden. Graupner, Jurran, Kohl und Roth holen auch gute Zeiten heraus.Ein 100-m-Lauf der ersten Riege beendet dann die Wettkämpfe. Man erwartet ihnmit einer gewissen Spannung, denn unsere Jungen sind zum Teil gute Läufer! Da!— alle Achtung! — Kraushaar und Schoenner sind die Kurzstrecke in 12 Sekundengelaufen, Kalbe in 123/10 Sekunden. Das sind wirklich gute Erfolge unserer Zöglinge!— Wir kehren auf den Schanzplatz zurück und sind Zuschauer einiger vergnügterTurnspiele. Die Jungen veranstalten einen Auskleidelauf, einen Schubkarrenlauf, siespielen "Ball durch die Gasse", laufen eine Medizinballstaffel u. a. m. Es gibt vielzu lachen und zuzuschauen, und die Photos arbeiten heute fleißig.Indessen ist die Nachmittagshitze fast unerträglich geworden. Das Turnfest möchtezu Ende gehen. Noch ein Geländelauf über 1500 m steht aus. 10 — 15 Läufer harrenschon auf den Startpfiff. Schon sausen sie davon. Der Haufen zieht sich bald auseinandEs bildet sich eine lange Reihe. Zuschauer beobachten durch den Feldstecher,wie unsere Läufer Meter um Meter gewinnen und verlieren, und die Photographenstehen ungeduldig wartend am Ziele. Da geht der Erste auch schon nach 3 Minuten135/10 Sekunden durchs Ziel. Es ist Kraushaar. Köllner folgt ihm knapp g Sekundenspäter. Auch die übrigen halten brav durch.Ein Stündchen später findet dann unter der Linde die Preisverteilung statt. Dortsieht es festlich aus. Die Tische sind gedeckt, Kuchen und Schokolade duften herrlich,Geschenke und Kränze liegen für die Sieger bereit, und unsere Schnepfenthaler Fahnenlassen uns Ernst und Freude des Tages so recht nachempfinden. Ich will die Preisträgeraufzählen: Im Fünfkampf erhalten den ersten Preis: Kraushaar (57 Punkte),den zweiten: Köllner (56 Punkte), den dritten: Lohmüller (38 Punkte) ; im Vierkampf:1. Hillig (72 Punkte), 2. Graupner (66 Punkte), 3. Jurran (50 Punkte);im Dreikampf: 1. Zeyßig (30 Punkte), 2. Fischer und Voeckler (je 29 Punkte),3. E. Ausfeld (26 punkte). Die ersten Sieger werden mit einer Plakette, die nächstenmit schönen Kränzen belohnt. Köllner und Jurran erhalten noch, um Leistungen undInteresse für Turnen und Sport besonders anzuerkennen, je ein Diplom.Es war ein schönes Turnfest, ein Festtag war es für ganz Schnepfenthal, undjeder erinnert sich wohl gern an diesen Tag, an dem unsere Jungen ihr Bestesgaben, jeder nach seinen Kräften. Wir sind ihnen dankbar und wünschen den Zöglingennoch recht viele frohe Feste.R. Fuhrmann.


Unser Jubilar, Herr Professor Dr. Baarmann, schrieb für uns auf Bitten derSchriftleitungfolgendeErinnerungen aus dem altenInder Arbeitsstunde.Schnepfenthal.Dieälteren Zöglinge erinnern sich gewiß noch gern der löblichen Einrichtung derAufsichten, wie sie bis in den Anfang dieses Jahrhunderts in Schnepfenthalbestanden. Die Knaben waren in sechs Gruppen eingeteilt, jede unterstand einem derjungeren Lehrer und war in allen Arbeits- und Beschäftigungsstunden sowie auf denMittags- und Abendspaziergängen mit ihm vereint. Ich hatte Aufsicht während derArbeitsstunden im Lehrsaal 6; die Zöglinge saßen auf Bänken, ich vorn auf demKatheder. Da war einer, sein Name ist mir leider entfallen, hochgeehrt bei allenKameraden als Dichter. Während ich eines Tages meinen Blick über die Köpfe undHände schweifen lasse, fällt mir der ungewohnte Fleiß dieses Quartaners (?) auf. Ersinnt angestrengt nach, dann fliegt die Feder übers Papier. Aha, ein deutscher Aufsatz!Neugierig, wie zuweilen selbst Lehrer sein sollen, gehe ich näher und will michnach dem Thema erkundigen; da sieht er mich kommen und verdeckt errötend seinHeft mit dem Löschblatte. Nun nehme ich doch das Löschblatt weg und lese, vorläufignoch ins Unreine geschrieben, eine Ode mit der vielsagenden Überschrift: Ansie. Das mußte ich lesen; vielleicht erfuhr ich da auch das Objekt der glühendenSchülerliebe. (Sonst pflegte ich Zettelchen ungelesen in Stücke zu zerreißen und demBetreffenden mit dem Ersuchen zurückzugeben, er solle mich fragen, wenn er etwaswissen wolle.) Ja, wer war sie? Eine Jungfrau! Freilich keine ganz junge mehr,sondern Tante Marie, die Vorsteherin der Küche. Sie wurde gebeten, ihm doch öftereinen Extra-Apfel zu geben, während andere Zöglinge mit an einem Stach gebundenemMesser-. Ach nein, nichts verraten! Ich las das wenn auch etwas holprige Gedichtden andern unter ihrem Indianergeheul vor und versprach, es, wenn auch unvollendet,an die richtige Adresse zu befördern. Ich stand mich sehr gut mit Tante Marie, unddaher faßte sie die Sache auch so auf, wie sie gemeint war, und hat, davon bin ichüberzeugt, den Bitten des Knaben nicht widerstehen können. Auf dem Rückwegenach meinem Stuhle sollte ich noch etwas anderes erleben. Auf einer einzeln stehendenBank satz W. aus Wien, der seine Nachbarn nicht hatte auf sein Heft sehen lassenwollen. Als ich vorbeiging, verschwand auch seine Arbeit unter dem Löschblatte. Nochein Gedicht?? Aber diesmal war es nichts. Krampfhaft das Papier bedeckend undvor meinen gierigen Augen und Händen schützend, lispelte er: Ich beichte meineSünden. Und so war es in der Tat, der Zwölfjährige mußte das Bekenntnis amfolgenden Sonntage dem katholischen Pfarrer in Gotha mitbringen. Nach den "Sünden"(!)hatte ich kein Verlangen und drang nicht weiter in die Geheimnisse ein.Kartoffelfest.Kaum waren die Zöglinge aus den Sommerferien zurückgekehrt und hattenuntereinander ihre Erlebnisse ausgetauscht, benutzten sie jeden Augenblick, wo "Ausfeld"


ihrer Meinung nach gute Laune hatte (Schüler beurteilen jedes Wort desLehrers nach seiner "Laune"), ihn ums Kartoffelfest zu bitten. Welcher Jubel, wennes dann an einem besonders schönen und warmen Herbsttage um 9 Uhr hieß: Frei!Heute Kartoffelfest! Die Handwagen wurden herbeigeschleppt, jede Aufsicht bepackteden ihren mit Milch, Fett, Mehl, Semmeln und unendlich vielen Eiern, dazuSchokolade, Zucker, Topf und Tiegel und was weiß ich sonstnoch. Uber die Kleidungwurden die blau und weiß gestreiften Waschanzüge gezogen, und unter Trommelwirbelund mit fliegenden Fahnen marschierte alt und jung nach dem Geizenberge.Die Kleineren mußten dürres Holz zusammensuchen, die Größeren bauten für ihreAufsicht eine Feuerstätte, und dann ging überall die Küchenarbeit los. Wo es garnicht klappen wollte, halfen die Lehrerfrauen mit; aber im allgemeinen setzte manseinen Stolz ein, selbständig zu backen. Schokolade geriet immer, wenn sie auchregelmäßig überkochte; aber die Pfann- oder Eierkuchen! Riß der Teig auseinander,waren es eben Schmarren; fiel beim Wenden der Kuchen auf die Erde, wurde ermit allen anhängenden Tannennadeln wieder aufgepackt. Geschmeckthat alles, unddie Erwachsenen mußten überall mit kosten. Wir stärkten uns dann an neuenKartoffeln und Bratwurst; auch die Zöglinge bekamen, nachdem sie ihre Vorräteaufgebraucht hatten, davon, und da konnte man sehen: Wenn ein Junge satt ist,kann er immer noch eine Menge verdrücken. Nachdem noch manches schöneSchnepfenthalerLied gesungen war, ging der Zug gegen 5 Uhr zur Anstalt zurück, und Spielenauf dem Schanzplatze beschloß den herrlichen Tag. 1895 saßen wir zum letzten Maleim Walde so fröhlich beisammen und hatten einander so lieb; dann kamen alle Jahreso unüberwindbare Hindernisse, daß eine Wiederholung des Festes unmöglich war.Jetzt wissen weder Lehrer noch Zöglinge etwas von jenen fröhlichen Stunden.TanteMarie.Die Stopftagstube ist dem Namen nach auch den heutigen Zöglingen bekannt,ist sie doch das jetzige große Empfangszimmer links vom Speisesaale, die Stopftagsgesellsselbst hat längst ein Ende genommen. Und doch ist sie ein Stück Geschichtein unserer Anstalt. Jeden Freitagnachmittag kamen die zu Schnepfenthal in irgendeinerBeziehung stehenden Damen zusammen, um die Strümpfe der Zöglinge zustopfen. Auch von Waltershausen, Ibenhain, Friedrichroda, zuweilen noch von weiterher waren sie gekommen, erquickten sich bei fleißiger Arbeit an Kaffee und Stopftagkuchenund tauschten die Erlebnisse der Woche miteinander aus. Als meine Fraugleich nach unserer Verheiratung zum erstenmal in dem Kreise erschienen war, wurdesie allseitig so freundlich aufgenommen, daß sichdas ursprüngliche Herzklopfen baldlegte und sie beobachten konnte. Da fiel ihr vor allem der patriarchalische Ton aufund die Hochachtung und Eherbietung, die dem damals sehr stark vertretenen Altergezollt wurde. Da ! Die Unterhaltung stockt plötzlich, alles erhebt sich und geht nachder soeben sich öffnenden Tür. Ja, was ist denn da los? Der Knäuel lichtet sichallmählich, und drin erscheint eine kleine alte Dame mit schneeweißen Haaren, diefeierlich nach dem Ehrenplatze geleitet wird. Es ist "Tante Marie", die immer nochrüstig der Küche vorsteht, nach dem Vesper der Zöglinge noch das Wegschaffen der


Vorräte überwacht hat und nun ein Stündchen sichdem Kreise zugesellt. Tante Mariewar die Respektsperson in Schnepfenthal, die mit unerbittlicher Strenge, aber auchmit gütigem Wohlwollen über alle herrschte und mit geradezu vorbildlicher Gewissenhaftigkdie Pflichten erfüllte, die sie zum Segen Schnepfenthals übernommen hatte.Von ihr gingen Imponderabilien aus, die einen jeden Mitarbeiter zwangen, Nervenund Willen, Muskeln und Hirn unter gegenseitiger Ergänzung zum Erreichen desvorgesteckten Zieles aufzubieten.Bericht über die Leipziger Tagung am 7. Juli 1928.Wiewir unseren Lesern bereits in der letzten Nummer der <strong>Schnepfenthäler</strong> <strong>Nachrichten</strong>mitteilen durften, konnten die Vorstandssitzungen der Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung und auch der Vereinigung Alter <strong>Schnepfenthäler</strong> zu Pfingsten infolgemangelhafter Beteiligung der Vorstandsmitglieder, die in ihrer Mehrzahl wegen Krankheitabsagen mußten, leider nicht stattfinden. Der Vorsitzende hielt es deshalb fürangebracht, die Vorstandssitzungen gemäß § 13 der Satzungen der Stiftung für den7. Juli erneut nach Leipzig einzuberufen und hiermit gleichzeitig einen HerrenabendAlter <strong>Schnepfenthäler</strong> in Leipzig zu verbinden, zu dem an alle in Leipzig und UmgebungansässigenAlten <strong>Schnepfenthäler</strong>, insoweit ihre Anschriften uns bekannt waren,Einladungen ergingen.Freundlicherweise hatten unser lieber Mitzögling Herr Dr. Stumme und seinehochverehrte Gattin die Liebenswürdigkeit, uns für die Dauer der Sitzungen Asylrechtin ihrem reizenden Heim Elsterstraße 33 einzuräumen, wo wir nach freundlicherBewirtung mit Kaffee und Kuchen zur sachlichen Arbeit übergehen konnten.Müller1. Vereinigung Alter <strong>Schnepfenthäler</strong>.Bezüglich dieser Vorstandssitzung verweisen wir auf den Bericht des Herrn Studienratin der letzten Nummer der Schnepfenthaler <strong>Nachrichten</strong> über die Hauptversammlungbei der Pfingsttagung 1928. Der Verlauf der Leipziger Vorstandssitzung hielt sich imgleichen Rahmen.2. Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung.An den Vorstandssitzungen nahmen außer dem VorsitzendendieHerrGadegast,Herr Major a. D. Heyne,Herr Amtsgerichtsrat Schaedel,Herr Dr. Stummeteil. Es fehlten entschuldigt wegen Krankheit:Herr Rittergutsbesitzer Fischer,HerrHofbuchdruckereibesitzerGeibel,Herr Major a. D. und Rittergutsbesitzer v. Freyhold,Herr Dr. med. h. c. Springer,HerrFabrikbesitzer Weiß.Vorstandsmitglieder:


derDie Versammlung war gemäß § 13 der Satzungen ohne Rücksichtauf die AnzahlErschienenen beschlußfähig.In dem Augenblick, wo wir diese Zeilen niederschreiben, erhalten wir die tieftraurigNachricht, daß unser Vorstandsmitglied Herr Fabrikbesitzer Weiß am 13. August1928 in Braunlage im Harz, wo er Heilung von seinem Herzleiden erhoffte, aus diesemLeben abberufen worden ist. Schon seit Jahren zwang ein Herzleiden den Verstorbensich von unseren Sitzungen fernzuhalten. Wir gedenken seiner als Vorstandsmitglieund alten Mitzöglings in aufrichtiger Trauer und Dankbarkeit.Jahresbericht.Auch in diesem Jahre konnte der Vorsitzende über den Fortgang unserer liebenErziehungsanstalt Schnepfenthal nur Erfreuliches berichten. Für die Zukunft dürfenwir erwarten, daß wir über die lebende Geschichte der Anstalt Schnepfenthal einvollkommeneres Bild erhalten werden, da der Leiter der Anstalt uns bei der Pfingsttagung1928 laufende Berichte in den <strong>Schnepfenthäler</strong> <strong>Nachrichten</strong> zugesagt hat, wasallerseits dankbar und freudig begrüßt werden dürfte.Die Finanzlage der Stiftung hat eine geringe Aufwärtsbewegung genommen.Rechnungslegung, Entlastung, Voranschlag.Der Vorsitzende legte einen gedruckten Geschäftsbericht vor, den wir nachstehendfolgen lassen.l. Laufendes Konto.Einnahmen RM PfAusgaben RM PfKassenbestand1927 1045 96Schenkungenim Geschäftsjahr1927/28 146Überweisungen der V. A. S. 450Zinsen aus Bankguthaben. 7 50Zinsen aus Sparkassenguthaben59 78Coupons aus dem Anlagekapital144Summe RM 1853 24Pensionszuschüsse und Ehrenzulagen450 —Allgemeine Unkosten derTagung 1927 91 50Depotgebühren 1 —PersönlicheAuslagen d. Vorsitzenden12 —Kassenbestand1928 1298 74Summe RM 1853 24


Heyne, Alexander, Major a. D.;Springer, Dr. med. h. c. Ferdinand,Verlagsbuchhändler;Stumme , Dr. med. Gerhard.b) Stiftungsrat.Die obigen zehn Mitglieder desVorstandes; fernervon Asseburg, Dr..jur .Max, Landrat a .D.;Ausfeld, Dr. phil.. Karl, Professor;Ausfeld, Otto, Pfarrer;Bagel,August;Bardenheuer, Max, Fabrikbesitzer;Barth, Walter, Kaufmann;Beyer, Hans, Oberstleutnant a. D. ;Bosse, Paul, Studienrat;Brockhaus, Dr. jur. Fritz, Verlagsbuchhändler; gutsbesitzer;Brockhaus,Dr. phil. Heinrich, Professor;Compton, Edward Harrison, Kunstmaler;Eckstein, Arno, Oberstleutnant a. D.;Ehwald, Dr. Karl, Amtsgerichtsrat;Fels, Dr. phil. Albert;Franz, Dr. Ehrhart;Geibel, Hellmuth, Erbgerichtsbesitzer;Geibel, Dr. jur. h. c. Carl;Geibel, Lothar, Oberstwachtmeister;Gröger, Fritz, Kaufmann;Haase, Hans, Stadtältester;Hartmann, Erich, Major a. D.;Hey, Erich, Rechtsanwalt;BesondereHochheim, Dr. phil. Franz, ProfessorKisKer jun., Eduard, Kaufmann;Kothe, Dr. Richard;Kürzel, Josef, Fabrikbesitzer;Küstner, Arthur, Kaufmann;von Lauchert, Joseph, Forstmeister;Lübben, , Dr. med. Fritz;Martens , Erwin, Kaufmann;Meurs- Gerken , Paul, Ingenieur;Meyer, Alfred, Rittergutsbesitzer;Meyer, Rudolf, Rittmeister a. D.;Pfennig, Eduard, Kunstmaler;Prüfer, Dr. Artur, Universitätsprofessorvon Reuter, Alexander, GeneralmajorRummel , Alfred, Studienrat;Schad von Mittelbiberach, RitterSchetelig, Claudio, Diplome IngenieurScuhr, Eduard, Oberförster;Skene, Dr. Richard, Ritter von ;Sprengel, Albert, Gärtnereibesitzer;Strube, Emil, Privatmann;Thiem, Professor Dr. phil. Walter, Fabrikbesitzer;von Veltheim, Dr. Hans Hasso;Wecke, Dr. Richard;Weidlich, Fritz, Verlagsbuchhändler;Weidlich, Hermann, RittergutspächterFreiherr von Wintzingerode-KnorrAdolf Ernst, Rittergutsbesitzer;Ziegler, Eduard, Fabrikbesitzer.Anträge.Der Termin für die nächste Tagung wurde im Einverständnis mit der V. A. S.auf den 21 Mai 1929, Dienstag nach Pfingsten, festgesetzt,und zwar:12 ,15 Uhr: Sitzung des Vorstandes der Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung im HotelGerth in Friedrichroda. Kein gemeinsames Essen.15 ,30 Uhr: Sitzung der V. A. S. in der Erziehungsanstalt Schnepfenthal.Anschließend Zöglingsschokolade, gegeben von der V. A. S., zu der auch die Beamtenschaftund ihre Damen gebeten werden sollen. Abends zwangloses Beisammensein;Ort wird bei der Tagung beschlossenwerden.Schluß der Sitzung 16 ,40 Uhr.


Für den Herrenabend, der am gleichen Tage um 19 ,30 Uhr in Leipzig in AuerbachsKeller stattfand, hatte der Vorsitzende 63 Einladungen hinausgehen lassen. Wennauch nicht alle erschienenwaren, sowardie Anzahl der Teilnehmer docheine recht stattliche.Des allgemeinen Interesses halber lassenwir ihre Namen mit Angabe der Jahrgänge folgen.Herr Dr. Stumme (83/85)" Gutsbesitzer Wagner (81 /85" Professor Dr. Hochheim (85 /88" Schreck sen. ( — )Kaufmann Spengler (95 /99" Reichsbahnrat Rasch (96/00)" Fabrikbesitzer Kürzel (94/98)" Amtsgerichtsrat Schaedel (92 /95" Dr. Gerbing (89/95)" Dipl. Ing. Schetelig (89 /92" Dr. Vockerodt (86/91)Major a. D. Heyne, Alex. (86 /91Kaufmann Gadegast (O2 /06Herr Verlagsbuchhändler Lücke (70/75)Studienrat Müller (13 /15)Dr. Pinkau (04/08)Kaufmann Rieffenberg (00/03)Verlagsbuchhändlerv. Bressensdorf (87 /91)Geheimrat Herfurth (76/78)Dr. Weidlich (99/01)stud. Käps ' (15 /18)Kaufmann Steinbach (10/14)Kaufmann Reibstein (99 /04)Musikverleger Brockhaus (77/79)Fabrikbesitzer Gnüchtel (90/92)" Oberst a. D. Heyne, Ernst (81/85)Der Abend verlief in äußerst animierter Stimmung. Nach einem einfachen Essen, dasdem Rufe von Auerbachs Keller in Leipzig alle Ehre machte und uns durchausverständlich erscheinen ließ, was seinerzeit Fausten trieb, sichin Begleitung Mephistosdas dortige Treiben anzusehen, blieb die Tafelrunde bis in die späte Nacht versammeAlte Schnepfenthaler Erinnerungen wurden aufgefrischt. Das in unserenJugendjahren so oft gesungene Lied " Prächtig steigt des Berges Rücken aus der Ebenehimmelan" erklang aus den alten Kehlen. Unser neugewählter Schriftführer, HerrStudienrat Müller aus Hellerau, wußte durch einen fesselndenVortrag über " Schnepfenthaleinst und jetzt" die Teilnehmerzu erfreuen, und so verrauschte Stunde auf Stunde,bis sich schließlich in der zweiten Morgenstunde der Schwarm verlaufen hatte. DerGedanke der Wiederholung solcher Herrenabende an diesem oder anderem zentralgelegenen Orte wurde warm begrüßt und empfohlen.Und doch! Wehmütige Erinnerung erfüllt unsere Herzen, wenn wir dieses LeipzigerHerrenabends gedenken, an dem unser lieber Mitzögling Dr. Gerbing frohenHerzens unter uns geweilt hat. Wer hätte geahnt, daß er uns schon wenige Wochenspäter genommen werden sollte. Er ist am 28. Juli in Schmiedefeld, wo er sich zumKurgebrauch aufhielt, auf einem Spaziergang vom Herzschlag betroffen worden. Wirwerden diesem treuen Menschen ein ehrenvolles Andenken bewahren- — gleich seinenlieben Eltern, deren Namen mit der Geschichte Schnepfenthals so eng verbunden ist.Wer unter dem alten Gerbing gezeichnet hat oder mit ihm gewandert ist, wird ihnnicht vergessen können. Die gleiche Verbundenheit mit der Natur erfüllte die Mutterdes Verstorbenen, die der Volksmund in unserer Gegend noch heute "die Waldfrau"nennt.Für uns alten Zöglinge hat der Name " Gerbing" einen unauslöschlichehrenvollen Klang.Nun auch der Sohn, von tödlichem Herzeleid getroffen,dahinsank, schreibenwir auf seinenGrabstein das Wort Brahmsscher Melodei: " Genesen". Ernst Heyne.


Dr. Walter Gerbing zum Gedächtnis.Mit Walter Gerbing ist ein Mann aus dem Erdenleben geschieden,der, obwohl er nicht in Schnepfenthal wirkte und arbeitete, dochmit ihm aufs tiefste verbunden, <strong>Schnepfenthäler</strong> Blutes war.Sein Vater, Reinhold Gerbing, kam 1856 als Achtzehnjähriger nachSchnepfenthal, gerufen durch Wilhelm Ausfeld, der die innere Lebendigkeitdes jugendlichen Mannes erkannte und ihn fest mit dem Lebender Anstalt verband.Vor allemgabGerbingZeichenunterrichtund war hierinebensoKünstlerwie Lehrer; woeineinechte künstlerischeBegabungeinem Zöglingschlummerte,wußte er sie zuwecken undihrerArt gemäß erstaunlichzu— HermannPrell und HarrisonfördernZeugen — ;Compton sind diefeinsinnigerNachschöpfung, und über dieser Darstellung wurde er zum Naturwissenschaftler,aberauch den Durchschnittsschülefesselte seine anregendeArt, sodaßdas Niveau der<strong>Schnepfenthäler</strong>Zeichnungen unterihmaußerordentlichhochwar. Fürsichselberarbeiteteund studierte erunablässig;Pflanzen-TierweltunddieseinerUmgebung bot ihmAnlaß zu liebevollster,der geistig das Geschaute durchdrang; seine Schüler führteer in die aufmerksame, eindringliche Naturbeobachtung ein, die er sichselbst errungen hatte.Im Jahre seines Eintritts in Schnepfenthal wurde im zweiten HauseLuise Ausfeld geboren, Tochter von Gustav Ausfeld und Fanny, geb.Richter, Enkelin von Ernst Ausfeld und Johanna Salzmann. Unter derFührung einer klugen Mutter erwarb sie weit mehr an Bildung undKenntnissen, als damaliger Mädchenunterricht zu bieten pflegte. ReinholdGerbing war ihr Lehrer gewesen und wurde 1877 ihr Gatte; erhatte tiefes Verständnis für ihre eigenartige, von jeder Konvention


unabhängige Persönlichkeit und ließ ihr in einer für damalige Zeitunerhörten Weise Freiheit und Mußte zu weiterer Ausbildung undwissenschaftlicherArbeit. Mit durch seine Anregung fand sie ihr eigentlichesArbeitsfeld, die Heimatkunde des Thüringer Landes, in der sieim Laufe eines langen, reichen Forscherlebens auf der Grundlage Naturkundlicher,volkskundlicher und geschichtlicher Quellenstudien Großesgeleistet hat.Als einziges lebendes Kind von Reinhold und Luise Gerbing wurdeWalter Gerbing am 28. Mai 1880 in Schnepfenthal im vierten Hausegeboren. Er nahm von 1889 bis 1895 an Unterricht, Spaziergängenund Spielen der Zöglinge teil, wohnte jedoch im Elternhaus, und seineJugend war beherrscht von dem Eindruck einer in der Form ungewöhnlichen,dennoch in innerer Harmonie verharrenden Ehe zweier seltenerund starker Persönlichkeiten. Beide Eltern gaben ihm das Beispiel unablässigerTätigkeit, strenger Gründlichkeit in geistiger Arbeit und innererUnabhängigkeit, die nicht nach billigem Erfolg hascht, sondern Befriedigungnur in der eigenen Gewissenhaftigkeit findet.Von früherer Jugend auf begleitete Walter seine Mutter oft aufihren weiten Wanderungen, lernte unbewußt wissenschaftliche Arbeitsmethodenkennen und gewann hier schondas Urteil über gründliche oderoberflächliche Forschung und Beobachtung, das ihm später instinktsichereigen war. Die natürliche, unlösbare Verbindung und gegenseitige Abhängigkeitvon Bodengestalt, Klima, Pflanzen und Tierwelt, MenschlicherSiedlung und Arbeit — diese wahrhaft geographische Auffassungdrang schon dem Knaben durch die Teilnahme an solchen forschendenWanderungen ins geistige Wesen ein.Als Kamerad der Zöglinge war er wohlgelitten, jedoch immer einklein wenig abseitig, nie ganz " mitten drin" , sowohl aus dem Gefühlheraus, daß er doch eine andere Stellung zu Schnepfenthal habe als siealle, wie auch aus der natürlichen Verschlossenheitseines Wesens. Er warein Altersgenosse seines Vetters Dr. Friedrich Ausfeld, des heutigen Leitersvon Schnepfenthal; sie gehörten jahrelang der " Aufsicht" von Prof. Pertschan und kamen 1895 zusammen nach Gotha aufs Gymnasium.Nach Ablegung des Abiturientenexamens Ostern 1899 wurde GerbingStudent in Halle, von Anfang an in der ausgesprochenen Absicht,Geographie zu studieren. Seine Mutter hatte durch ihre Arbeiten freundschaftlicheFühlung mit Alfred Kirchhoff gewonnen, der, einer der hervorragendstengeographischen Universitätslehrer seiner Zeit, nicht in den


Spezialfächern der allgemeinen Geographie, sondern in der Synthese,der Länderkunde den wahren Inhalt seiner Wissenschaft erkannte. Erwar der Lehrer, den Gerbing brauchte, um seine natürlichen Anlagenzu entwickeln und seine bis dahin mehr unbewußte Auffassung wissenschaftlichzu begründen. Im Einverständnis mit diesem Lehrer legte ereine breite naturwissenschaftliche Grundlage, indem er Botanik undZoologie als Nebenfächer wählte und so auch die vom Vater ererbteNeigung zur Naturwissenschaft ausbaute. Durch historische Studien verbreiterteer die Basis geographischer Auffassung. Zwei Semester in Berlinbei Richthofen, eines in Heidelberg bei Hettner weiteten seinen Blick undsein Urteil. Um diese Semester an anderen Universitäten durch Wanderungenund kleine Reisen geographisch voll auszunützen, legte er sichselbst mit eiserner Strenge und Selbstverleugnung die äußerste Beschränkungin der Lebenshaltung auf, verzichtete auf jede mögliche materielleAnnehmlichkeit um des geistigen Gewinnes willen. In Heidelberg wurdeihm vom geographischen Institut die Aufgabe übertragen, ein vorhandenesRelief der Umgebung Heidelbergs geologisch morphologisch inFarben anzulegen, ein zweites pflanzen und Siedlungsgeographisch.Mit dem kleinen Honorar, das diese Arbeit ihm eintrug, machte er seineerste selbständige Studienreise in den Schweizer Jura, das Berner Oberlandund an den Vierwaldstätter See. ,Nach Halle zurückgekehrt, ging er an seine Doktorarbeit undpromovierte 1904 mit einer Dissertation über "Die Pässe des ThüringerWaldes in ihrer Bedeutung für den innerdeutschen Verkehr" , einermusterhaften Leistung geographischer Heimatkunde, wie sie nur möglichwird, wenn der Verfasser aufs engste mit dem Heimatboden verwachsenist und doch den Abstand und die Kritik wissenschaftlicher Schulunggewonnen hat. Eine Arbeit seiner Mutter über die Straßenzüge in SüdwestThüringen hatte ihm mit als Material gedient.Gerbing trug nach Anlagen, Jugenderziehung und Ausbildung dasZeug zu einem bedeutenden Geographen in sich; die frühe Schulung imBeobachten, die innere Unabhängigkeit von allen Bequemlichkeiten desKulturlebens prädestinierten ihn in Wahrheit zum Forschungsreisenden.Daß diese Veranlagung sich nicht auswirken konnte, beruht auf einerErkrankung, die er sich als Student zuzog: Durch heftige Erkältungwurde ein sehr schwerer Gelenkrheumatismus ausgelöst; das Herz wurdein Mitleidenschaft gezogen, und ein Herzfehler blieb zurück, der ihn immerwieder hemmte und keine körperlichen Anstrengungen mehr erlaubte.


Seitdem ging ein Bruch durch dieses reich veranlagte Leben und ließ esnie zu voller Entfaltung kommen.Trotz dieser körperlichen Hemmung erstrebte Gerbing einen wissenschaftlichenBeruf; das Lehren an der Schule lockte ihn nicht, deshalbverzichtete er auf ein Staatsexamen und wurde 1904 Hilfsarbeiter beimpreußischen meteorologischen Zentralinstitut; 1905 trat er zur Landesanstaltfür Gewässerkunde im preußischen Ministerium des Innern über.Es war die Zeit der furchtbaren Oderhochwasser, und er beschaffte dasMaterial für die Bearbeitung der Beziehungen zwischen Wetterlage undHochwasser.Da sein Vater inzwischen gestorben war, zog seine Mutter zu ihm;sie lebten in einem Vororte Berlins ein ganz der Wissenschaft geweihtesLeben, in dem der Verkehr im Hause des geographischen GeschwisterpaaresEduard und Ida Hahn Höhepunkte bildete.Aber die innere Unabhängigkeit von Gerbings Charakter und deroft mechanische Dienst in einem großen wissenschaftlichenBetrieb vertrugensich auf die Dauer nicht; so wandte er sich literarischer Tätigkeitzu, die schon immer seine freie Zeit neben dem Dienst erfüllt hatte. Auchlockten ihn nicht die Spezialprobleme der Meteorologie und Hydrographie,so ausgezeichnet er in ihnen Bescheid wußte; seine Neigung galtder Länderkunde. In der Erkenntnis, daß hierfür Berlin nicht der richtigeBoden war, siedelte er 1909 nach Leipzig über, um mit großen geographischorientierten Verlagen Fühlung zu gewinnen. Bald gestaltete sichein enges Verhältnis Mit dem Bibliographischen Institut, dem er, inArbeitsgemeinschaft mit dem einen seiner Chefs, dem ForschungsreisendenHans Meyer, als geographischer Redakteur von 1909 bis 1919 angehörte.Hier fand seine Vielseitigkeit ein ausgedehntes Arbeitsfeld, undwenn er auch manchmal über den " Betrieb" und seine Fesseln seufzte,so fand er doch Befriedigung in der Fülle der Aufgaben, die die Redaktiongroßer wissenschaftlicher Handbücher und Reiseführer ihm stellte. Daßsein Name dabei meist im Hintergrunde blieb, trug er, der gewöhntwar, nur der Sache zu dienen und nicht nach äußerem Erfolg zu jagen,weniger schwer als mancher andere.Schon in den letzten Berliner Jahren hatte er eine gesicherte, wennauch bescheideneExistenz und hatte 1907den eigenen Hausstand gegründetmit Hedwig Schmidt, einer Nichte Richard Bosses, seines <strong>Schnepfenthäler</strong>Lehrers und Onkels. Die unermüdliche, warme Fürsorge und Pflege seinerFrau ermöglichte es ihm, die andauernde, anstrengende Arbeit zu leisten,


die nicht, wie die akademischen Berufe, Ferien zur Erholung und freieZeit zu eigener wissenschaftlicherProduktion bot. Die frische Entwicklungdreier Kinder erfüllte ihn auch in den schwerstenJahren der Kriegs- undNachkriegszeit mit Freude und Zukunftshoffnung.Während seiner Tätigkeit im Bibliographischen Institut erschienenmit unter seinem Namen die beiden Bände des Bilderatlasses von Deutschlandund Europa. Hatte Gerbing auch nicht die zeichnerisch darstellendeGabe seines Vaters geerbt, so doch das Gefühl für Anschauung undkünstlerische Bildwirkung. Jahrelang sammelte er an dem Material dieserBilderatlanten ; Sammelreisen mit diesem Zweck führten ihn durch ganzDeutschland und in die Nachbarländer, zum erstenmal auch nach Holland,mit dem sich später engere Bande knüpften. Seine geographischen undnaturwissenschaftlichen Kenntnisse, seine sichere Kritik und sein feinesStilgefühl sind überdies manchem Werke des Bibliographischen Institutszugute gekommen, bei dem sein Name nicht auf dem Titel erscheint,so dem zweiten Bande von Hans Meyers" Kolonialreich" , Rankes " Mensch",mehreren Bänden der " Allgemeinen Länderkunde" , Weules " Leitfaden derVölkerkunde" , einigen Bänden von " Brehms Tierleben" , Kerners " Pflanzenleben", Warburgs " Pflanzenwelt" , Neumeyers " Erdgeschichte", Meyersphysikalischem Atlas, Meyers Konversationslexikon und historisch-geographischemKalender. Und wenn Meyers Reiseführer aus dem gleichenVerlag in ihren Auflagen der beiden letzten Jahrzehnte immer geographischerwurden, so ist darin Gerbings Einfluß spürbar.Der Krieg brachte ihm, der nicht mit der Waffe kämpfen konnte,vermehrte Arbeitslast durch Vertretungen im Felde stehender Mitarbeiterund durch die freiwillige Übernahme des Amtes als Angestelltenobmannund Lebensmittelkommissar. Auch hier hat er sich ausgezeichnet bewährt,was Leiter und Angestellte des Hauses bekundeten.Die schwierige Lage des deutschen Verlagsbuchhandels am Kriegsendeveranlaßte das Bibliographische Institut, das langjährige Verhältniszu lösen, und Gerbing stand mit seiner Familie in schwerstenNachkriegsjahrenvor furchtbaren Existenzsorgen. Aber seine Energie griffüberall da zu, wo sich Arbeit und Verdienst boten; der gute literarischeRuf, den er sich erworben hatte, und seine Kenntnis des Verlagswesensbrachten ihn auch bald wieder zur wissenschaftlichenTätigkeit zurück.Aber er band sich nicht mehr an einen einzigen Verlag, er bewahrtesich seine Freiheit und übernahm nur ganz bestimmte Aufträge verschiedenerVerlagshäuser, dazu geographische Korrespondenzenfür Zeitungen


und Zeitschriften. Die Arbeit wuchs ihm unter den Händen, damit aberauch wieder sicheres Einkommen. Er war in den letzten Jahren Mitarbeiterin den Verlagen S. A. Brockhaus, List & von Bressensdorf,B. G. Teubner u. a. Als maßgebender Geograph entwarf er den ausgezeichneteArbeitsplan für die länderkundlichen Artikel der jetzt erscheinendeNeuauflage des " Großen Brockhaus" ; für List & von Bressensdorfredigierte er die neuen Auflagen der Harmsschen Lehrbücher undverfaßte selbst die Bände " Vaterländische Erdkunde" und " Europa" ;bei Teubner übernahm er 1924 in Hettners " Geographischer Zeitschrift"die Redaktion der Neuigkeiten, die er erweiterte und wissenschaftlichvertiefte.Als häufiger Besucher der deutschen Geographentage lieferte erausgezeichnete wissenschaftliche Tagungsberichte in Fachzeitschriften.Trotz aller Redaktionsaibeit gelang ihm als Krönung seines Lebensdie Herausgabe eines großen, zweibändigen Werkes, das seinen Namenträgt und nach seinem Plan und unter seiner ständigen Mitarbeit vonetwa 30 Autoren verfaßt wurde: das bei List & von Bressensdorf 1926und 1927 erschienene umfangreiche "Erdbild der Gegenwart" Könnenbei der großen Zahl der Verfasser nicht alle Beiträge gleichwertig sein,so verrät das Werk doch einen einheitlichen Zug und erfüllt seine Aufgabe,für einen größeren gebildeten Kreis auf streng wissenschaftlicherGrundlage ein lebendiges, anziehendes Bild der Länder der Erde zugeben. Die ausgezeichneten Bildbeigaben nach Photographien undOriginalgemälden — unter denen an dieser Stelle besonders die vonHarrison Compton interessieren — beweisen wieder die feine GabeGerbings, aus der Fülle des Vorhandenen das geographisch Beste undkünstlerisch Wirksamsteauszuwählen.Vie umfangreiche, zeitraubende Tätigkeit des Herausgebers hat ihnselbst nur einen Abschnitt zum großen Werke beisteuern lassen: die sehranschauliche Darstellung Hollands, das er auf mehreren Reisen gründlichkennenlernte, und dessen länderkundliche Eigenart seine Arbeit ausgezeichnetwiderspiegelt. Die Gastfreundschaft Hollands hatte ihm, wieso manchem deutschen Gelehrten nach dem Kriege, neue Arbeitsfähigkeitgegeben.In all den arbeitsreichen Leipziger Jahren verlor Walter Gerbingnie die Verbindung mit Schnepfenthal. Der in Leipzig bestehendeZweigder Vereinigung alter <strong>Schnepfenthäler</strong> hatte an ihm einen treuen Besucher,und sooft es ihm möglich war, kehrte er in Schnepfenthal ein,wohin seine Mutter zurückgekehrt war. Seine weitreichenden Be


ziehungen ermöglichten ihr die Herausgabe ihres Lebenswerkes überThüringer Volkstrachten mit den reichen Beigaben von Photographienund farbigen Tafeln.Nach dem Tode der Mutter im Februar 1927 behielt er einen Teilihrer Wohnung bei, um hier mit seiner Familie die Sommerferien zuverbringen und die Verbindung mit der <strong>Schnepfenthäler</strong> Heimat aufrechtzuerhalten.Hier weilten die Seinen im Juli 1928, als er auf ärztlichenRat das höher gelegene Walddorf Schmiedefeld aufsuchte, um indieser mittleren Höhe sein angegriffenes Herz zu kräftigen. Inmittenseiner geliebten Thüringer Waldberge hat ihm hier am 28. Juli aufeinem Spaziergang ein Herzschlag einen raschen, sanften Tod bereitet.Wenn auch zu früh, erst 48jährig, hinweggenommen, so hat ihn dochdasSchicksal vor langem Siechtum gnädig bewahrt. Und seine enge Verbundenheitmit Schnepfenthal überdauert den Tod; seine Frau und seineKinder haben arbeitend und lernend Aufnahme gefunden in dem <strong>Schnepfenthäler</strong>Kreis, der den Gerbings Heimat war und ist.Franz und Marie Pauline Thorbecke.


Von unserenMitgliedernWir freuen uns, wieder einige neue Mitglieder melden zu können :Fräulein A. Brand, Göttingen, Riemannstr. 8.Frau Studienrat. Hildegard Binder, Lübeck, Wakenitzstr. 75 (Tochter des verstorbenSchnepfenthaler Lehrers W. Schill).Fräulein Marianne Geibel, Oberlehrerin in Eisenach, Wartburgchaussee 13.Frau Annemarie Kißling, Leipzig, Plagwitzer Str. 9 II.Herr Werner Hentschel, Hamburg, Petkumstr. 11Herr Studienrat Dr. Georg Hoppe und Frau Hildegard Hoppe, Bischofswerda inSachsen, Bautzener Str.50II.Herr Dr. jur. Kinkel, Wiesbaden.Herr Landschaftsdirektor Maior a. D. Hans von Niebelschütz, Metschlau beiWaltersdorf, Kreis Sprottau, Schlesien.Herr Studienrat Prof. Dr. Max Otto Paul, Dresden, Wormser Str. 8.Herr Prof. Dr. J. Röll, Aue (Erzgeb. ), Klösterlein.Oberprimaner Erich Schwerdtfeger, Kehl a. Rh., Nibelungenstr. 14.Leider haben wir aber auch in diesem Vierteljahr schwere Verluste erlitten:Am 28. Juli starb in Schmiedefeld Herr Dr. phil. Walter Gerbing, Schriftstellerund Schriftleiter in Leipzig.Am 13. August 1928 starb in Braunlage Herr Fabrikbesitzer Ernst Weiß ausLangensalza (1875 — 1879).In Leipzig verschied Herr Dr. Rudolf Jay (1876 — 1879).Folgende Änderungen wurden bekannt:Oberbaurat Paul Beck, Bremerhaven, Schifferstr. 35.Studienrat Paul Bosse, Zerbst, Friedrichsholzallee 95.Dr. Ehrhart Franz, Leipzig-Mockau, Plösner Weg 84.Lehrer Walter Schutz, Mechterstädt, Kreis Gotha, Apotheke.Freiherr Wilhelm von Schoen, Botschaftsrat, Deutsche Botschaft, Tokio, Japan.stud. phil. Döderlein, Dresden-A., Nürnberger Str. 45.stud. Ing. Heinz Zimmermann, Berlin N 113, Schönhauser Allee 89 IIVermählt: Dr Ehrhart Franz und Frau Sophie, geb. Maurer.August Vockerodt und Frau Gertrud, geb. Körber.Wir bitten immer wieder darum, jede Veränderung dem Schriftführer der V. A. S.mitzuteilen. Die Zahl der Mitglieder nähert sich dem vierten Hundert. Sie würdegewiß auf 500 steigen können, wenn unsere Mitglieder einmal das Verzeichnis vomSeptember 1927 daraufhin prüften, wer aus ihrer Schnepfenthaler Zeit in unserenReihen noch fehlt, und entweder selbst für die V. A. S. würben oder uns Anschriftenmitteilten. Vorzuziehen ist immer die persönliche Werbung unter Jugendfreunden.Werbenummern, Statuten usw. können jederzeit von mir angefordert werden. Bitte,werben Sie im nächsten Vierteljahr ein Mitglied für die V A S. !


Sendungen der V. A. S. an folgende Mitglieder kamen als unbestellbar zurück:Forstrat Walter Fritsch, Weimar; Heinrich Schroth, Eisenberg; Albert Sprengel, Berlin-LichterPeter Kruse (Harburg a. d. Elbe??) ; Werner Axel von Gryczewski;Werner Behrends; Siegfried von Bültzingslöwen; Friedrich von Einsiedel. Wer kannuns die Anschriften der Herren mitteilen?Ein Beitrag zurSalzmann-Verehrung.Am ig. Mai 1822 wurde auf Vater Salzmanns Grabe folgendes Gedicht gefunden.Zum besseren Verständnis darf ich bemerken, daß Salzmann in einem Kodizill zuseinem Testament, das ich gefunden habe, am 13. August 1811 gewünscht hatte, daßauf sein Grab kein anderes Grabmal als ein Holunderbusch kommen sollte. DasGedichtlautet:Wo liegt der treue, liebe Freund der Jugend?Ich such' sein Grab umsonst in diesem Hain.Wo liegt der Mann, des Mannes Kraft und TugendNicht lehrt allein, auch übet im Verein?Deckst du vielleicht des Guten ird'sche Hülle,Du namenloses Grab, so nimm den Dank,Als ich in dieses Totenhaines StilleGerührt am Rasenhügel niedersank!Und du, o Geist, stets klarer Wahrheit Späher,So wie dem Knaben Du einst rettend bist erschienen,So sei auch stets dem Jüngling hilfreich näher,Daß er sich kann den Himmel fromm verdienen!Alle Zusendungen für dieSchriftleitung der" <strong>Schnepfenthäler</strong> <strong>Nachrichten</strong>" werdenerbetenan: Studienrat J.L.Müller,HellerauȚännichtweg 2. Veranwortlich fürdenTeil:"<strong>Nachrichten</strong> ausSchnepfenthal" : Dr.Fr. Ausfeldin Schnepfenthal,für denTeil:" Schnepfenthal Jubiläumsstiftung" : Oberst a.D. E.Heyne, Schnepfenthal Rödichen, für denTeil:"Mitteilungen der.VereinigungAlter<strong>Schnepfenthäler</strong>" : Studienrat J.L Müller, HelleraubeiDresden.Postscheckkonto für die Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung: Leipzig 45401 - Postscheck für dieV. A.S Erfurt15760.Pierersche Hofbuchdruckerei StephanGeibel& Co.in Altenburg(Thür. ).


127. JahrgangAusgegeben Mai 1928(Nummer 5)VereinigungAlter <strong>Schnepfenthäler</strong> unddieSchnepfenthal-JubiläumsstiftuMitteilungenLudwigPertschinmemoriarn.Wer ihn gekannt hat, als Lehrer, als Kollegen, als Kameraden, als Freund, dembleibt er lebendig vor Augen und in Erinnerung; seine Art, sichzu geben, unvergeßlich,mancher Satz, den er prägte, unverlierbarer Bestandteil seines Sprachschatzes.So wirkt nur eine fest umrissene Persönlichkeit.Nun dies Leben vollendet ist, versuchen wir es zu überschauen. Noch stehen wir ihmzu nah, noch verdecken uns Einzelheiten den Blick auf das Ganze. Wie wir einen Bergnicht zu übersehen vermögen und ihn, sein Werden, die Stelle, die ihm im Zuge desGebirges angewiesen wurde, noch nicht beurteilen dürfen, wenn wir ihm ganz nah anseinem Fuße stehen, so können wir noch nicht erkennen, zu welcher Form sich diesesLeben vollendete.Einst werden wir weiter gewandert sein, und in größerem Gesichtsfeld wird unsoffenbar werden, wie Kämpfen und Irren, Wachsen und Wirken in diesem, wie in jedesMenschen Leben, unlösbar und notwendig zusammengehörten.Nur das Mögliche kann Pflicht sein. Noch so nahe diesem abgeschlossenenLeben,dürfen wir uns vorerst nur Einzelheiten, mögen sie sich später als wesentlich oder unweseerweisen, in die Erinnerung zurückrufen und im Gedächtnis für später bewahren.Ludwig Pertsch¹) entstammt fränkischem Blut von Vater- und Mutterseite her. InKoburg und Saalfeld wohnten seine Voreltern. Sein väterlicher Großvater war derHofadvokat Pertsch, der in Saalfeld lebte und — wohl infolge des Römhilder Vertrags,der den Saalfelder Herzögen Koburg zusprach — nach Koburg übersiedelte und frühstarb. Dort wuchs der Sohn, Wilhelm Pertsch, der 1832 in Koburg geboren wurde,unter der Obhut seiner Mutter auf, die ihn vortrefflich erzog. Er wurde ein Gelehrtervon Weltruf, ein berühmter Kenner orientalischer Sprachen und Handschriften, und starb1899 als Direktor der Herzoglichen Bibliothek und des Münzkabinetts in Gotha. Mit¹) Ich verdanke die Angaben über seine Jugend und seine Abstammungden ErzählungenderFrau Mary Pertsch, ihres Sohnes und ihrer Töchter, den eingehendenMitteilungen des HerrnGeheimrat Dr. Samwer und des Herrn Geheimrat Dr. Pick in Gotha.


seiner Mutter verband ihn eine innige Lebensgemeinschaft; sie starb wenige Jahre vorihm in Gotha. Dorthin war er 1855 übergesiedelt, das reiche Handschriftenmaterial derBibliothek hatte ihn gelockt. Seine erste Gattin, die er bald danach heimführte, entstammder alten Koburger Familie Schröder; sie schenkte ihm zwei Söhne, Ludwig undWilhelm; in der Blüte der Jahre wurde sie ihrem Gatten und ihren Kindern durch denTodentrissen.Mit diesem tragischen Geschick war der Gestaltung der Jugendjahre beider Brüderschon eine entscheidendeRichtung gegeben.Am 15. September 1858 wurde Ludwig Pertsch in Gotha geboren. Am Dammweg— jetzt Moßlerstraße — stand und steht noch jetzt in einem kleinen Garten das einfache,aber im Innern behagliche und weiträumige Haus, das sein Vater bis zu seinem Todebewohnte. Am Giebelfenster grüßte den Besucher noch in den 90er Jahren das Profilder verehrten Großmutter Pertsch. Ihre starke Persönlichkeit, die im Sohne eine glänzendemännliche Verkörperung gefunden hatte, gab dem Hause Pertsch den besonderenReiz geistiger Lebendigkeit! und einer fröhlichen Geselligkeit guter Koburger Art. Diezweite Gattin, die Wilhelm Pertsch später in dieses Heim führte, Luise geb. Braun,ebenfalls eine Koburgerin, war wie geschaffenzu ebenbürtiger geistiger Kameradschaft.Sie überlebte ihren Gatten noch um nahezu drei Jahrzehnte und war noch im Alter von80 Jahren eine fleißige, fast unentbehrliche Mitarbeiterin an der Arbeitsstätte ihresberühmten Gemahls.Für die beiden Söhne der zu früh abberufenen Mutter (der jüngere lebt als Forstmeistei. R. in Zingst a. d. Ostsee) waren die Kinderjahre nicht leicht. Die leiblicheMutter konnte ihnen niemand ersetzen; und das warme Geborgensein am Mutterherzenhat Ludwig Pertsch, dessenGemüt namentlich in der Kindheit weich und anlehnungsbedürfwar, recht schmerzlich vermißt. Der Vater, der in seiner Jugend die Notwendigund den Wert einer festen väterlich führenden Hand nicht kennen und kaumentbehren gelernt hatte, ging ganz in seinem Gelehrtenberuf und in dem umfangreichengeistigen und geselligen Verkehr auf. So ergab sich wie von selbst für Ludwig einenger Anschluß an befreundete Familien, insbesondere an die Familie Samwer, und inseiner Gymnasialzeit wuchsen Freundschaften, wenige, aber echte, die sich später alsMännerfreundschaften bewährten.Dem Gothaer Gymnasium gehörte Pertsch von der Sexta bis zum Abiturientenexamenan. Diese vortreffliche humanistische Bildungsanstalt, von deren Lehrern manch einerin der Gelehrtenwelt einen recht guten Namen hatte, stand damals unter MarquardtsLeitung; sie gab ihm das eigentliche Rüstzeug für seinen Lebensberuf. 1878 beganndas Studium, erst in Jena, wo Delbrück und Haak seine Lehrer waren, dann in Leipzig;hier wirkte Ribbek stark auf ihn. In Jena trat Pertsch in die LandsmannschaftHercynia ein, mit der er sein Leben lang in Verbindung blieb.Nach dem Abschluß des Studiums mit dem üblichen Examen, das er für die griechische,lateinische und französische Sprache ablegte, trat er sein Probejahr (heute sagt manReferendarjahr) am Gymnasium in Gotha an und übernahm, als dies erledigt war, eineVertretung am Gymnasium in Braunschweig. An beiden Schulen fiel schon seine außerordentLehrbegabung auf. Auf Anraten seines Vaters und der Gothaer Freundeentschloß er sich, da die Aussichten auf feste staatliche Anstellung damals nicht günstigwaren, gegen Ende des Jahres 1886, mit Schnepfenthal in Verbindung zu treten.Damit war der Schritt getan, der seiner eigentlichen Begabung freie Bahn, ungehinderte


Betätigungsmöglichkeit schaffte. Daß ihm dieser Entschluß nicht leicht wurde und daßer ihn auch in späteren Jahren noch manchmal rückblickend überprüfte, ist nur verständdenn er gab manches auf, was eine aufstrebende junge Kraft nicht leicht aufgibt,eine berufliche Auswirkung in größerem Kreis, Geltung und Anerkennung als Staatsbeamtund, nicht zuletzt, größere wirtschaftliche Bewegungsfreiheit.Er stand vor der Beendigung seines dritten Lebensjahrzehntes, am Übergang zumMannesalter. Jede Übergangszeit in unserem Leben ist die Zeit einer "Krisis", einerEntscheidung, eine Zeit des Kämpfens in uns selbst, des Auseinandersetzens mit Erfahrundie sich anders gestalteten, als wir in froher Jugendzeit erwarteten. SolchenErlebnissen, wir pflegen sie Enttäuschungen in nennen, vermochteseinvon Jugend an weichesGemüt wenig Widerstandskraftentgegenzusetzen.dankbardaßanerkanAusfeldSoihm von Anfangmag es ihm wohlgetanan im beruflichenhaben, nunwie im persönlichenin ländlicher Abgeschiedenheit,aberLebenBeraterein treuergewesendoch nicht zu weitist. Eine mütterlichevon städtischer Geselligkeit,im GleichmaßFreundinPertsch infandAusfeldstäglich sichwiederholenderSchwester, FrauPflichtenRuhe zu finden.Schnepfenthalstand damals (seit1880) unter derLeitung des UrenkelsSalzmanns, SchulratDr. WilhelmAusfeld. Zu ihmfaßte Pertsch eingroßes Vertrauenund hat in seinemspäteren Leben immerProfessor LudwigPertsch.Sophie Bosse; er hatnamentlich in Zeiteninnerer Kämpfe oftmalsbei ihr Trostund Zuspruchgesuchtund gefunden.Ausfeldzur Seitestand sein SchwagerRichard Bosse; die"<strong>Nachrichten</strong> ausSchnepfenthal", dieBosse seit 1884herausgab, berichtenim Januar 1887: "Am 23. Januar trat Herr Gymnasiallehrer Louis Pertsch — Louiswar sein eigentlicher Taufname, er ersetzteihn aber später durch die deutscheNamensform— aus Gotha, bisher am Gymnasium in Braunschweig beschäftigt, in das Lehrerkollegein, um zunächst die zurückgebliebenen Lateiner und Griechen durch Nachhilfestundvorwärts zu bringen und in der Beaufsichtigung der Zöglinge andere Lehrerzu entlasten". Dieses Provisorium dauerte nicht lange, denn Ostern 1888 ließ sichProfessor Thomas pensionieren, und Pertsch übernahm dessen lateinischen und griechischenUnterricht in den oberen Klassen. Diesen Unterricht behielt er bis zu seinem letzten Lebenstag.Daneben hat er gelegentlich auch untere Klassen und andere Fächer, wie Geschichteund namentlich Deutsch, unterrichtet.Vom ersten Tage an zeigte Pertsch seine besondere Art, den Unterricht durch Anschauund Wärme anregend, ja fesselndzu gestalten. Auch den jüngsten Zöglingen


wußte er Freude zu machen mit Bildern und an diese sich anschließende Unterhaltungen.Und diese besondere Art ist ihm unverändert und jugendfrisch geblieben bis in die dreiUnterrichtsstunden, die er noch an seinem Todestage hielt.Es ergab sich daher wie von selbst, daß das Vertrauen, das er seinem Direktor entgegenin vollem Maße erwidert wurde und seinen äußeren Ausdruck schonnachwenigen Jahren in einem rechtsgültigen Vertrag fand, der ihn unter gewissen Voraussetzunwirtschaftlich sicherstellte, auch für den Fall einer späteren Pensionierung.Damit war für Schnepfenthalein Mitarbeiter gewonnen, der in der Reihe ausgezeichneterLehrer früherer Jahrzehnte den besten ebenbürtig zur Seite treten konnte. Denn seineihm eigene Art wirkte im wahren Sinn erzieherisch: Pertsch verlangte ganze Arbeit,und er setzte sie auch durch. Streng blieb er, aber wenn er strafte, strafte er nie kalt,nie ungerecht, immer mit einer fühlbaren Wärme des Herzens. Daher hat ihm wohlkeiner seiner Schüler je eine Strafe übelgenommen; meist war sie ja auch mit Humorgewürzt.Als Thomas in Pension ging, bekam Pertsch auch eine "Aufsicht", eine Gruppe vonetwa 12 Zöglingen, die, ihrer Charakterveranlagung nach zusammengestellt, etwa fünfStunden fast täglich mit ihrem Lehrer zusammenwaren, zu Schularbeiten, Beschäftigungenund Spaziergängen. Diese "Aufsichten" gehörten zu den wertvollsten Mitteln alter SchnepfenthalerErziehung. Wer sie miterlebte, mag sie in seiner Erinnerung nicht missen. Hierzeigte sich, daß Pertsch nicht einseitig war; der altsprachlich Gebildete war ein feinerund kenntnisreicher Naturbeobachter. Wer könnte das Aquarium vergessen, mit demsinnreich angelegten, scheinbar unerschöpflichen Springbrunnen, den wir damals ebensobestaunten, wie die geheimnisvollen Köcherfliegen, die wir für altes Holz hielten, dasauf rätselhafte Weise lebendig wurde. Groß war ja seine Liebe zu aller lebendenKreatur. Von jeher sprach er gern zu uns über die Tierseele und versuchte, uns zuderen Verständnis zu führen, und mahnte, sie nicht zu unterschätzen, da die Tiere sichuns ja nicht in unserer Sprache mitteilen können. Einen Hund hatte er stets um sichund hielt Vögel, von denen er wußte, daß ihnen die Gefangenschaft keine Qual war.Pertsch ließ seine "Aufsicht" aber auch an seinem eigensten Arbeitsgebiet teilnehmen,und als er an einer biographischen Studie über Peter Wilhelm Forchhammer (Kiel)arbeitete, durften wir an der Ordnung der Notizen, die er auf einzelne Blätter aufgeschhatte, mithelfen. Diese Studie erschienspäter, 1897, in der VerlagsbuchhandlungH. Eckardt, Kiel, als Einleitung zu dem Werk des Dr. A. Höck, Husum, über ForchhammwissenschaftlicheArbeiten.Inzwischen hielt Pertsch mit dem Elternhaus in Gotha und mit seinen alten Freundeneinen regen Verkehr aufrecht. Er blieb ja stets eine gesellige Natur. Den Kreisen, indenen er gern verkehrte, blieb er ebenso treu, wie seinen Jugendfreunden; der einzigeaus dem alten Kreise, der ihn überlebte, ist Geheimrat Dr. Karl Samwer, Generaldirektoder Gothaer Versicherungsbanken. Rudolf Agricola, Oberstleutnant a. D., Sohndes Reichsgerichtsrats, war schon dahingegangen, der Mathematiker Petter hatte beimBrand des Burgtheaters in Wien einen frühen Tod gefunden; ein erschütterndes Erlebnisfür Pertsch. Wie oft sprach er in Erinnerung an diesen Freund das griechischeDichterwort; íÝïò ü'aÜðüëíè'üí ôéí' Ü'í øéëã, èåüò (Jung stirbt der, den Gott lieb hat).Über solche Stimmungen halfen ihm stramme Fußwanderungen hinweg; er liebte sieund gab sie auch dann noch nicht ganz auf, als sie ihn in höherem Alter merklich anstrengEr bedurfte der freien Natur als Trösterin und Kraftspenderin. Den Weg


nach Gotha legte er oft zu Fuß zurück und wählte statt der bequemen Landstraße gernden reizvolleren Weg durch das Berlach. Die Zöglinge begleitete er oft auf Spaziergängeund größeren Wanderungen; besonders gern führte er sie auf den Inselsberg,zuweilen auch nach Eisenach, auf die Wartburg, oder nach Oberhof, das ihm durchJugenderinnerungen lieb war, denn sein Vater hatte Oberhof "entdeckt", er war dererste regelmäßige Gast dieses jetzt weltbekannten Kurortes gewesen.Pertsch war etwa 36 Jahre alt, als er bei seinem Bruder, der damals in Thal Oberförstewar, seine Lebensgefährtin kennenlernte, Mary Thew, mit der er am 13. Oktober1894 in Schnepfenthal einen eignen Hausstand gründete. Für seine Zöglinge war dieerste Nachricht von einer solchen Möglichkeit einfach unfaßlich. Der Mann, vor demwir einen unbegrenzten Respekt hatten und den wir im geheimen — aber zu Pertschsstillem Vergnügen — nur mit dem Namen eines assyrischenGottes benannten, er solltesich herablassen können und einer Frau Beachtung schenken? Keiner konnte es glauben,und schließlichgab es eine allgemeine Prügelei, anders fanden wir uns aus dieser Unbegrenicht heraus. Doch die Zeit wirkte beruhigend, und wie gern kehrtenwir dann in den jungen Hausstand ein, in dem eben erbautenHaus im Grasgarten.Bei Kaffee und duftendem Spritzkuchen wurden wir in die Sprache und Dichtung Homerseingeführt, und die homerische Formenlehre ist wohl keinem angehenden Sekundaner eineso sympathische Angelegenheit schönsterErinnerung gewesen wie uns. Als wir dannaufs Gymnasium kamen, waren wir überzeugt, viel besserBescheid zu wissen als unsereneuen Kameraden; denn wie konnte jemand etwas gründlich können, nach unsererMeinung, der nicht von Pertsch unterrichtet war?Wir ließen uns damals für unsern lieben Pertsch, der uns durch die Aufregung, indie er uns versetzt hatte, menschlich näher gekommen war, photographieren, und als25 Jahre vergangen und wir alle, trotz Krieg und Revolution, noch am Leben waren,wurde die Aufnahme in der gleichen Anordnung wiederholt und dem Ehepaar Pertschzur silbernen Hochzeit überreicht.Drei Kinder wuchsen ihm in dieser Zeit heran, gesund und tüchtig, ein Sohn und zweiTöchter. Auch sie wurden seine Schüler.Zu seiner Berufsarbeit war inzwischen die Verwaltung der Schnepfenthaler Bibliothekhinzugekommen, eine Tätigkeit, die ihm sozusagen im Blute lag und Bedürfnis war.Später, von 1902 ab, nach Richard Bosses Tod, übernahm Pertsch das Wecken derZöglinge und die Aufsicht beim Waschen am Morgen, erst abwechselnd mit seinemDirektor, dann, fast ohne Ablösung, außer durch die Ferien, jahraus jahrein, 25 Jahrelang, bis zu seinem letzten Morgen. Er war ja Frühaufsteher, — aber doch — eineerstaunliche Leistung! Das Zusammen-Erleben der ersten Morgenstunde mit den Zöglingenwar ihm Bedürfnis geworden; ihm war das Wecken ebenso Herzenssachewie sein Unterricht;den Gedanken, einmal beides mit Rücksicht auf sein Alter aufgeben zu müssen,mochte er nicht ausdenken.Wenn die Ferien kamen, so übernahm er gerne eine der damals oft nötigen Reisebegleso nach Berlin, Leipzig, Dresden, München, eine ihm sehr willkommeneGelegenheit, seinen Gesichtskreis zu erweitern. Eine solche Bereicherung brachten ihmauch einige Reisen, wie die nach England, die er im Sommer 1895 mit seiner jungenFrau unternahm, später nach Bad Reichenhall zur Wiederherstellung seiner Gesundheit.Er hatte viel gesehen und viel gelesen und wußte anregend davon zu erzählen. Erwußte auch dann das rechte Wort zu finden, wenn in frohem Kreise ans Glas geklopft


wurde, oder wenn es galt, in ernster, schwerer Stunde einem Heimgegangenen ein Abschiedzu sagen.Als am 31. Oktober 1911 hundert Jahre seit Christian Gotthilf Salzmanns Todevergangen waren, sprach Pertsch bei der Gedenkfeier im Betsaal über Salzmanns Lebensarbeites war ein auf gründlichen Vorstudien aufgebauter Vortrag, dessenAusarbeitungihm bei aller Mühe doch viel Freude brachte; er hat in späteren Jahren gerade an dieseArbeit gern zurüchgedacht.Der Krieg kam, und Pertsch gehörte zu dem alten Stamm Schnepfenthaler Lehrer,deren aufopfernder Bereitwilligkeit es zu danken war, daß die Arbeit in Schnepfenthalohne Unterbrechung und ohne merkliche Einschränkung fortgeführt werden konnte; denndie Not des Vaterlandes rief die jungen Kollegen zu höheren Pflichten. 1917 zog auchsein eigner Sohn mit Kriegsabitur den feldgrauen Rock an. Der Vater trug schwer anden bangen Sorgen, bis der Sohn bald nach Kriegsende aus englischer Gefangenschaftzurückkehrte.Die Kriegszeit und namentlich die auf den Zusammenbruch folgenden schweren Jahreriefen aber auch Pertsch zu neuen Pflichten und brachten eine Begabung zur Geltung,die bis dahin kaum Gelegenheit zur Betätigung gefunden hatte, die Gabe, auch ingrößerem Kreise zu vermitteln und zu führen. Als Mitglied und Vorsitzender des Gemeindder Gemeinde Rödichen und Schnepfenthal verstand er es, zwischen den entgegenpolitischen Einstellungen zu vermitteln und durch die Autoriät seinerPersönlichkeit, durch die Klarheit seines Denkens und die Ruhe, die sich anderen unwillkürlichmitteilte, sachlicheArbeit zum Besten der Gemeinde möglich zu machen. Er wurdedaher auch stets gebeten, bei den zahlreichen Wahlen, die es seit 1919 gab, das schwierigeAmt des Wahlvorstehers zu übernehmen.Noch ein neues, ihm aber immer lieber werdendes Amt brachte ihm die Nachkriegszeit,das Amt des Schriftführers der Vereinigung alter Schnepfenthaler Zöglinge und Lehrer;es gab ihm wieder Fühlung mit seinen früheren Schülern und Kollegen und schenkteihmam Abend seines Lebens eine gesegnete Erntezeit. Alte Bande, die in der Jugendzeitdie Schüler mit dem Lehrer verbunden hatten, bekamen neue Gestalt, neuen Inhalt.Manch einer fand in dem Manne, den er aus Jugendjahren dochmehr als eine Respektspersoin Erinnerung hatte, einen treuen, verständnisvollen Freund wieder. Pertschscheute aber auch keine Mühe, alte Beziehungen zu Schnepfenthal wieder zu beleben.und wie freute er sich, wenn er der Vereinigung neue Mitglieder zuführen konnte. Aufdie Ergebnisse seiner Arbeit, der er den größten Teil seiner freien Zeit opferte, die ihmnach dem Krieg doch reichlicher als in früheren Jahren zur Verfügung stand, konnte ermit Recht stolz sein. Den Lesern dieser Blätter ist Pertschs Jahresbericht, den er in demletzten von ihm herausgegebenen Mitteilungsheft veröffentlichte, gewiß nochin Erinnerung.So schwer er unausbleibliche Enttäuschungen nahm, so beglückt war er, wenn dieHand, die er darbot, warm und dankbar festgehalten wurde. Er empfand dahereine tiefe, innige Freude, als im Herbst 1927, also wenige Wochen vor seinem Tode,einer seiner ersten Schnepfenthaler Schüler ihn bat, Patenstelle bei seinem Sohn zuübernehmen.Anerkennung und Dankbarkeit war Pertsch ja schon in früheren Jahren entgegengebraworden, so als 25 Jahre nach seiner Ankunft in Schnepfenthal vergangen waren,am 23. Januar 1912, bei seiner silbernen Hochzeit 1919 und bei mancher anderenGelegenheit. Als Schnepfenthal im Jahre 1909 sein 125jähriges Bestehenfeierte, verlieh


ihm — gleichzeitig mit seinem Kollegen und Altersgenossen Baarmann — der Herzogvon Koburg und Gotha den Professortitel.Was er denen geworden war und bedeutete, für die er gelebt und gearbeitet hatte,das durfte er von neuem erfahren, als seine 40jährige Mitarbeit in Schnepfenthal gefeiertwurde. Die Liebe, Verehrung und Dankbarkeit, die ihm an diesem Tage von sovielen Seiten zum Ausdruck gebracht wurde, war wie eine helle, frohe Abendsonne, diesein Leben noch einmal überstrahlte und gleichzeitig wie eine Verheißung. Das beglückErlebnis dieses Tages blieb ihm ein stiller Begleiter, der ihn unmerklich ander Hand hielt, als es um ihn dunkel wurde und der Genius die Lebensfackel senkte.Es war am Abend des 15. November 1927. Und als wir am 18. sein Sterblicheszur letzten Ruhe geleiteten, wurde noch einmal offenbar, daß die Saat dieses Lebens zureicher Ernte gereift war. Aber aus dieser Ernte wird neue Saat durch die, die er führteund lehrte; und diese Saat zu neuer Ernte zu führen, das sei unser Dank!FriedrichAusfeld.Aus Alt-Waltershausen.Von LuiseGerbing.Wer heute durch die nüchtern-geschäftigen Straßen des Städtchens Waltershausenwandert, vorbei an den neuzeitlich eingerichteten Läden, dem wird es schwer, sichdiemalerisch-altertümlichen Reize zurückzurufen, die sich der Ort bis gegen die Mitte desvorigen Jahrhunderts erhalten hatte.Die herrliche, amphitheatralische Lage am Abhange und am Fuße des burggekröntenTennebergs haben sie dir nicht rauben können, du altes Nest! Wo aber blieben deintraulicher, mit Fachwerkhäusern umstandener Markt, deine malerischenTore, deine stattlichenErinnerungsbauten an die längst entschwundene Klosterzeit?Bis in die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts stand noch der größte Teil der StadtbefestVon Gotha her zogen, am alten Sonderhof vorüber, Tag für Tag dieschweren Fuhrmannswagen und -karren durch das stattliche Klaustor, um südwärts dieStadt durch das Bremertor zu verlassen und auf der "Salzunger" oder "Schweinaer"Straße über den Wald dem Frankenlande zuzustreben.Westwärts führte ein Pförtchen beim Töpfersturm auf die "Eisenacher Straße" zurVerbindung mit Hessen, das "Burgtor" vermittelte den Verkehr nach dem Schloß, undostwärts, durch die Bornpforte, wanderte, wer im Kloster Reinhardsbrunn zu tun hatte,oder wer die "Waldsaumstraße" nach Ohrdruf zu benutzen wollte.Von all diesen mittelalterlichen Befestigungswerken hat sichnur das Klaustor erhaltenund der Töpfersturm am Ostabhang des Ziegenberges, nahe der alten Eisenacher Straße.Wie reizvoll wirkte das Marktbild noch zu Anfang der sechziger Jahre des vorigenJahrhunderts!Der eigenartige Rundbau der Kirche, verbunden mit dem ehrwürdig-romanischen Unterbaudes Turmes das zwar ganz schlichte, aber durch die Anbauten der "Fleischbänke"


sowie eines Erkers hübsch gegliederte, mit wildem Wein bewachseneRathaus. Vor allemaber trat der stattliche Bau der Apotheke hervor. Starke Mauern, weite Dielen, gewaltigDachboden, zierliche rundbogige Renaissancetüren erzählten von den wohlhabendenZeiten, als zu Walpurgis und Michaelis die Bauern der Umgegend hier ihr Zinsgetreideden Reinhardsbrunner Brüdern von der grauen Kutte ablieferten.Ein zweites "Klosterhaus", dessen feste Quadern sich stattlich abhoben von den benachbFachwerkbauten, deshalb das "Steinhaus" genannt, stand etwas nordwärtsvon der Apotheke, an der Ecke der Borngasse, da, wo sich das ArnoldischeHaus erhebt.Mit seinen zum Teil rundbogigen Türbauten, dem altertümlichen dreiteiligen Ladenfensteund dem Bäckerinnungszeichen— einer Brezel — über der Tür, verkörperte esso recht die Wohlhäbigkeit altstädtischen Bürgertums, stolz erhoben sichdie vierstöckigenTreppengiebel über die niederen Nachbarhäuser. Im Hintergrund einer der geräumigen,gewölbten Keller entdeckte man einst eine vermauerte Tür, und nun erhielt die Sage,daß das Steinhaus mit dem etwa drei Kilometer entfernt liegenden einstigen KlosterReinhardsbrunn durch einen unterirdischen Gang verbunden gewesen sei, neue Nahrung.Den Gang, der sich hinter der geheimnisvollen Tür auftat, hat man nicht weiter verfolgt.Aber tatsächlich hob der glückliche Besitzer des alten Hauses einen Schatz noch kurz, ehedie letzte Stunde des ehrwürdigen Gebäudes schlug. In einer gemauerten Kellernischekam prachtvolles Zinngeschirr zum Vorschein; daneben lagen ein paar samtene "MönchskäppcIn welchen schweren Kriegsläuften mag wohl hier das blinkende Gerät verwahrtworden sein? Was aber alle wilden Kriegsstürme nicht vermocht hatten, dasbrachten die Veränderungen des 19. Jahrhunderts zustande.Straßenweise verschwanden die hübschen Fachwerkbauten mit den geschnitztenTüren.Auch die Quadern des Steinhauses hielten nicht Stand; am 27. November 1873 stürztendie Mauern des uralten Baues zusammen.Der Sage nach waren beide Gebäude, die Apotheke wie das Steinhaus, ReinhardsbrunneEigentum. Das Kloster hatte in Waltershausen und Umgegend bedeutendenGrundbesitz; unter anderem gehörte den Benediktinern das große Gelände des Tiergartensnordwestlich von der Stadt. 1296 und 1298 übergab Landgraf Albrecht dem Klosterje einen Hof in Waltershausen. Es ist nicht ausgeschlossen,daß wir in der jetzigenApotheke und dem alten Steinhaus die beiden Klosterhöfe vor uns haben. Noch stehtder erstgenannte stattliche Bau, leider im Innern völlig verbaut und im Äußeren mitKalkbewurf verkleistert.Verschwunden ist auf dem Markt vor der Badegasse die mit Enten belebteSchwemme. Auch der wappengeschmückte,kreisrunde Brunnen wurde von seinem wohlabgewPlatz vor der Apotheke. in die Mitte des Marktes gerückt. Über denfigürlichen "Schmuck", den er erhalten hat, schweigt besserdes Sängers Höflichkeit, ebensoüber dienüchterne Fassade des Rathauses.Waltershausen hat das Unglück gehabt, gerade zur Zeit des ärgsten Tiefstandes unseresKunstverständnissesseine Neugestaltung zu erfahren. Der größte Teil des einstigen architektonReizes ist damit für immer dahingegangen. Noch aber schauen die ehrwürdigLandgrafenveste und die Reste des alten Burgwartbaues, der "Kemenate" aufdas Städtchen herab und sicher ließe sich aus manchem kalkverputzten Gebäude (z. B.Hospital) ein schön geschnitzter Fachwerkbau herausschälen.


Vom Klima.Man hat einmal gesagt, Mitteldeutschland hätte neun Monate Winter und drei Monatekeinen Sommer. Ganz so schlimm ist es nun zwar, wenigstens in Schnepfenthal, nicht,aber völlig unnormale, nie der Jahreszeit entsprechendeWitterung hatten auch wir 1927beinahe jeden Monat. Einem milden Januar und Februar und einem ganz außergewöhnlichwarmen März standen viel zu kalt gegenüber Mai und Juni und vor allem diebeiden Monate am Jahresende. Auch die Niederschläge waren sehr ungleichmäßig verteilt,das erste Vierteljahr war sehr trocken, der April und die Sommermonate vom Juni bisSeptember viel zu naß, und der Oktober wieder zu trocken. Die Gesamtniederschlagssumim Jahre, die normalerweise 750 mm betragen sollte, überstieg, wie schon 1926,wiederum 900 mm. Zwei aufeinanderfolgende zu nasse Sommer sind in der 40jährigenBeobachtungsreihe Schnepfenthals selten. Von den einzelnen Monaten läßt sich nochfolgendes sagen: Im Januar sank die Temperatur nur selten unter 0°, die Sonnenscheiwar um 50 % zu hoch, und die Niederschläge fielen meistens als Regen,nur selten in der zweiten Hälfte als Schnee. Der Februar begann zwar mit einerKälteperiode, aber die letzte Woche war so milde, daß das Monatsmittel noch 1,5° überdem normalen lag. Die Schneedecke,die sich an einigen Tagen bilden konnte, erreichtenie eine größere Höhe als 1 cm. Der März war im ganzen Reiche so milde, daß ihnBerlin als den wärmsten seit Beginn der Beobachtungen 1720 nannte. Im trüben Aprilbetrug die Regenmenge 200 % der normalen und war häufig von Graupelschauern begleiteam 25. und 29. hatten wir die ersten Gewitter. Der Mai war ein rechter"Wonnemonat" mit häufigem Nebel, viel zu wenig Sonnenscheinund wiederholten SchneeundGraupelschauern. Das Wärmemittel war viel zu niedrig, einmal sank das Thermometernoch unter 0°, und nur die letzten paar Tage brachten eine plötzliche starke ErwärmuAm 21. und 31. traten Gewitter auf, das erstere von glücklicherweisekeinenSchaden verursachenden Hagelschauern begleitet. Die warmen letzten Tage setzten sichnoch im Juni kurze Zeit fort, dann wurde es empfindlich kalt, trübe und regnerisch.Gewitter waren trotzdem häufig. Auch in den beiden folgenden Sommermonaten wurdenrecht oft elektrische Erscheinungen beobachtet, und die Behauptung, die immer mehr gesteigeRadiofunkentwicklung sei die Ursache der vielen Wetterkatastrophen, kann nichtohne weiteres von der Hand gewiesen werden. Von den wolkenbruchartigen Regengüssenblieb unser Gebiet glüchlicherweise verschont. Der September war zwar zu warm, aberdie Niederschlagsmengen betrugen 150 % der normalen; von einem schönen Herbstausflugekam man jedesmal durchnäßt zurück. Im Oktober konnten wir uns nach häufigenMorgennebeln am Tage meist des herrlichsten Sonnenscheins erfreuen, in der Mitte desMonats sank das Thermometer zum erstenmal unter 0°. Der November begann miteiner ungewöhnlichen Wärme. so daß wir noch über 17° beobachten konnten, dann abergewann ein Hochdruckgebiet im Nordosten die Oberhand. Eisige östliche, zeitweisestürmischeWinde ließen die Temperatur an 19 Tagen unter 0 fallen, an 9 Tagen sogarmittags nicht 0° erreichen (Eistage!). Der letzte Monat des Jahres endlich ist noch inaller Erinnerung. Nicht, daß er im Mittel 4½° zu kalt war, daß er 23 Tage miteiner Schneedeckeund 19 Tage aufweisen konnte, an denen die Sonne auch nicht eineMinute das dichte Gewölk zu durchbrechen vermochte, war das bemerkenswerteste, aberdaß wir bei hohem Schnee am 21. fast 25° Kälte und schon48 Stunden darauf, am


23. das Maximum des Monats mit 8° Wärme hatten, war ein Naturereignis, daswohl nur selten einzutreten pflegt. Als die Weihnachtstage vorüber waren, setzte dieKälte wieder ein, und 27 Frost- und 21 Eistage stempelten den Monat zu einem inunseren Breiten seltenen echten rechten Wintermonate. J. Baarmann.VereinigungAlter <strong>Schnepfenthäler</strong> (VAS).Eingetreten:Dr. jur. P. S. Richter (1897 — 1899), Vorstand der Siemens-Schuckertwerkein Königsberg(Preußen), Mitteltragheim 38;Franz E. Brockhaus (1879 — 1881), Lugano-Paradiso (Schweiz).Angemeldet als Mitglieder:Zotho Dietzsch (1906 — 1907) aus Gotha, Kaufmann in New York;Edgar Schilling (1924 — 1927), Schüler in Keilhau bei Rudolstadt;Georg Gneist (1924 — 1928), Schönfeld bei Greiz.Verstorben:Professor Ludwig Pertsch, Schnepfenthal; auf den Nachruf in dieser Nummer darf ichverweisen;Wilhelm v. Treuenfels (1866 — 1869), Gutsbesitzerin Damerow bei Goldberg (Meckl.);Pfarrer Ernst Ausfeld (1867-— 1871) in Sülzenbrücken, Kr. Gotha;Eberhard von Keil (1869 — 1872), Oberstleutnant in Dresden.Verlobt:Fritz Zeuner in San José mit Fräulein Martha Fabian daselbst.Ein Sohn geboren:Hans Hultzsch in Spandau. — Werner Hentschel in Hamburg.Anschriften:Dr. Ehrhardt Franz, Frankfurt a. Main, Feuerbachstr. 5.Nils Kallin, Göteborg, Söndra Vägen 76, Rot 12.Fritz Röber, Wirtschafter, Gut Kaltenhof bei Kirchdorf in Meckl.-Schw. (Insel Poel).Dr. Erich Sundhaußen, Frankfurt a. M., Gärtnerweg 43.Dr. Paul Sundhaußen, Sagan (Schlesien), Keplerstr. 45/46.Zum Schlussenoch eine Mitteilung, die besondere Freude erregen wird:Am 20. April konnte unser allverehrter Mitzögling Herr Emil Strube, Zögling von1863 1864, in größter Zurückgezogenheit seines Tusculums in Rödichen den 80. Geburstagfestlich begehen. Im Namen der Vereinigung alter <strong>Schnepfenthäler</strong> hat der Vorsitzendem Jubilar die herzlichsten Glückwünsche seitens der alten <strong>Schnepfenthäler</strong> überbrachund ihm als Angebinde eine Kollektion schöner Rheinweine überreicht. HerrStrube hat sich über diese Ehrung außerordentlich gefreut und läßt hierdurch allen liebenMitzöglingen und Freunden seinen herzlichsten Dank zum Ausdruck bringen.


Einladungzur Vorstandssitzung der Schnepfenthal-Jubiläumsund der VAS.Die diesjährige Vorstandssitzungder Schnepfenthal-Jubiläums-Stiftungfindet am 29. Mai, dem erstenDienstag nach Pfingsten, 12¼ Uhr im KurhauseFriedrichroda statt. Ein offizielles Essenfindet nicht statt.3½ Uhr Nachmittag beginnend folgt die Sihung der VAS. in der ErziehungsanstaltSchnepfenthal, woran sich gegen 4½ Uhr die Zöglingsschokolade,gegebenvon den alten <strong>Schnepfenthäler</strong>n, anschließt.Wir würdenuns freuen, die gesamte Lehrerschaftund die übrigen Beamten der Anstaltmit ihren Damen hierbei begrüßen zu dürfen.Über ein eventuelles zwangloses Beisammensein in den Abendstundenim Kurhause Friedrichroda soll bei der VorstandssitzungBeschluß gefaßtwerden.Besondere Einladung zur Sitzung erfolgt nur an die Vorstandsmitglieder.Ansagen zur Tagung werden bis 23. Mai an den Unterzeichnetenerbeten.Alle ehemaligen <strong>Schnepfenthäler</strong> und ihre Damen sinduns herzlich willkommen. Kommt zahlreich!Der VorstandErnst Heyne, Oberst a. D.Der Jahresmindestbeitrag beläuft sich:auf 6 RM für wirtschaftlich selbständige,auf 2 RM fürwirtschaftlich noch nicht selbständige Mitglieder.Postscheckkonto Erfurt 15760.Alle Zusendungen für dieSchriftleitung derVAS. sindzurichtenan Amtsgerichtsrat Schaedel,Waltershausen, Thür.Veranwortlich für denTeil "Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung": Obersta. D. E. Heyne, Schnepfenthal-Rödichen,Thür.;für denTeil "Vereinigung Alter <strong>Schnepfenthäler</strong>": Amtsgerichtsrat Schaedel.Postscheck für die Schnepfenthal-Jubiläumsstiftung: Leipzig45401.— Postscheck für die VAS.: Erfurt 15760.PiererscheHofbuchdruckerei StephanGeibel& Co.in Altenburg(Thür.).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!