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KoNKRet - Magazin Humanité

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RePoRt<br />

Interview<br />

«Jedes Schicksal berührt mich<br />

auf seine Weise»<br />

Trotz Internet ist die Suche nach Vermissten für Privatpersonen fast unmöglich. Es braucht eine vertrauenswürdige,<br />

neutrale Organisation, die international vernetzt ist wie das Rote Kreuz. Im Interview erzählt<br />

Nicole Windlin, die Leiterin vom Suchdienst SRK, wie ihre Arbeit das Leben vieler Menschen verändern kann.<br />

INTER V IEW:<br />

CHRISTINA WILLIAMSoN<br />

Wieso braucht es den Suchdienst?<br />

Noch heute ist es so, dass im abgelegendsten<br />

Dorf irgendwo im Kongo ein Bote mit<br />

einem Velo einer Familie eine Rotkreuz-<br />

Nachricht von einer vermissten Person<br />

überbringt. Wir erreichen dank unserem<br />

weltweiten Netz auch schwer zugängliche<br />

Winkel der Welt, selbst wenn es dort weder<br />

Telefon noch Internet gibt. Wir arbeiten<br />

eng mit dem IKRK und den nationalen<br />

Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften<br />

zusammen. So erhalten wir Informationen,<br />

die sonst niemand erhalten würde, wie beispielsweise<br />

Informationen über registrierte<br />

8 <strong>Humanité</strong> 4/2010<br />

Nicole Windlin hat Einblick<br />

in Schicksale von Menschen,<br />

die keinen Kontakt mehr zu<br />

ihren Angehörigen haben<br />

Gefangene. Wir arbeiten alle mit demselben<br />

Emblem und den gleichen Grundsätzen.<br />

Darin liegt die Kraft der weltweiten<br />

Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung.<br />

Mit welchen Anliegen kommen die<br />

Leute zu Ihnen?<br />

Die meisten suchen ein Familienmitglied,<br />

das sie durch Krieg, auf der Flucht oder<br />

wegen einer Naturkatastrophe aus den<br />

Augen verloren haben. Manchmal geht es<br />

aber auch darum herauszufinden, welches<br />

Schicksal eine verstorbene Person zum Beispiel<br />

im Zweiten Weltkrieg erlitten hat.<br />

Woher sind die Menschen, die ihre<br />

Angehörigen suchen?<br />

Viele haben einen Migrationshintergrund.<br />

Aber wir erhalten auch Anfragen<br />

aus dem Ausland, weil eine Person in der<br />

Schweiz gesucht wird. Und natürlich gibt<br />

es Fälle, wo Schweizerinnen und Schweizer<br />

jemanden suchen, zum Beispiel den<br />

leiblichen Vater. Manchmal auch in der<br />

Schweiz selber.<br />

Viele Menschen sind seit dem Konflikt<br />

in Ex-Jugoslawien bis heute verschollen.<br />

Welche Chance haben diese<br />

Angehörigen noch?<br />

Nach so vielen Jahren wissen die meisten<br />

Angehörigen, dass die vermisste Person<br />

mit grösster Wahrscheinlichkeit tot ist.<br />

Aber ohne Beweis können sie nicht loslassen.<br />

Sie warten auf die Ausgrabung<br />

von Massengräbern. Anhand von sogenannten<br />

«Ante Mortem-Daten», also<br />

Vortodesdaten, werden die Toten identi-<br />

«Unsere Nachrichten erreichen<br />

sogar orte, in denen es weder<br />

telefon noch Internet gibt.»<br />

fiziert. Dabei können Zähne, aber auch<br />

verheilte Knochenbrüche oder Eheringe<br />

wichtige Hinweise geben.<br />

Müssen Sie auch traurige Nachrichten<br />

überbringen?<br />

Ja, leider. Viele Familien sind jedoch darauf<br />

gefasst. oft ist es für sie sogar be-

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