04.12.2012 Aufrufe

KoNKRet - Magazin Humanité

KoNKRet - Magazin Humanité

KoNKRet - Magazin Humanité

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das Rote Kreuz und die Schweiz<br />

ein Geschenk an die Welt<br />

Das Rote Kreuz wurde in der<br />

Schweiz gegründet. Dafür wird<br />

unser Land international immer<br />

bewundert. Henry Dunants Gedanken<br />

beeinflussten die Schweizer<br />

Aussenpolitik. Gilt dies auch noch<br />

heute und morgen?<br />

TExT: PHILIPPE BENDER<br />

Im Jahr, in dem sich Henry Dunants Todestag<br />

(30.10.1910) zum hundertsten<br />

Mal jährt, ist es nicht abwegig, wichtige<br />

Fragen zu stellen:<br />

Soll stolz hervorgehoben werden, dass zwischen<br />

der Schweiz und dem Roten Kreuz<br />

Verbindungen bestehen? Ist es angebracht,<br />

weiterhin verherrlichend auf das gemeinsame<br />

Symbol – das Zeichen des roten und<br />

des weissen Kreuzes – hinzuweisen? Ein so<br />

starkes Symbol, dass es als Ausdruck echter<br />

Menschlichkeit unsere Nation unter den<br />

Nationen der Welt hervorhebt?<br />

Schon 1963 hatte Bundesrat Friedrich<br />

Traugott Wahlen mit Stolz erklärt: «Das<br />

Rote Kreuz ist das schönste Geschenk,<br />

das die Schweiz der Völkergemeinschaft<br />

gemacht hat.» Einige Jahre darauf doppelte<br />

sein Kollege Hans-Peter Tschudi<br />

nach: «Falls man die Existenz der kleinen<br />

Schweiz rechtfertigen muss, ist das Rote<br />

Kreuz – das seit über einem Jahrhundert<br />

zum Wohl aller Menschen dieser Erde zuverlässig<br />

geführt worden ist – allein schon<br />

eine ausreichende Rechtfertigung. Unsere<br />

Landesflagge ist seit mehr als hundert Jahren<br />

eng mit dem Gedanken der Wohltätigkeit<br />

und der Barmherzigkeit verbunden.»<br />

Aber eine Minderheit würde dies gerne<br />

ausblenden. Statt Not auszumerzen sei<br />

die humanitäre Arbeit nur darauf ausgerichtet,<br />

Leid zu lindern. Aber vertuscht eine<br />

solche Behauptung nicht die Tatsache,<br />

dass in der Welt tagtäglich Menschen gerettet<br />

werden, gegen Unrecht angekämpft<br />

und Hilfe geleistet wird, wo es nötig ist?<br />

Nun, es ist eine Tatsache, dass das Rote<br />

Kreuz in der Schweiz entstanden ist und es<br />

hat sich von hier aus entwickelt. Dies vor<br />

allem dank dem «Geist von Genf» und der<br />

Neutralitätspolitik. Aber dies ist auch dem<br />

Schweizer Volk zu verdanken, welches in<br />

schwierigen Zeiten seine Grosszügigkeit bewiesen<br />

hat. Es fanden sich glücklicherweise<br />

stets beherzte Männer und Frauen, um die<br />

humanitäre Schweiz zu verkörpern. Der<br />

Zweite Weltkrieg liefert uns einige bewundernswerte<br />

Beispiele dieser «Gerechten»:<br />

«Sie stellten die Liebe zu den Menschen und<br />

zum Leben nötigenfalls über die Gesetze des<br />

Staates», schrieb Jean-Claude Favez, Professor<br />

für Geschichte an der Universität Genf.<br />

Selbstverständlich darf die enge Verbindung<br />

zwischen der Schweiz und dem Roten<br />

Kreuz kein Vorwand sein, um einen humanitären<br />

Nationalismus zu kultivieren. Vielmehr<br />

übeRzeuGt<br />

Ausschnitt aus dem Bourbaki-Panorama von Luzern: 1871 nahm die Schweiz 87 000 französische Soldaten auf, darunter<br />

16 000 Verwundete. Dadurch verbreitete sich das Ideal des Roten Kreuzes. Die Schweiz entwickelte daraus eine der<br />

Maximen ihrer Aussenpolitik: Neutralität, verbunden mit Menschlichkeit.<br />

sollte sie die Diskussion beleben, über die<br />

Rolle, die unser Land auf internationalem<br />

Parkett zu spielen hat. Die Diskussion auch<br />

darüber, was unsere Pflicht ist, wenn wir<br />

dem Ideal von Henry Dunant treu bleiben<br />

wollen. Nämlich die Solidarität gegenüber<br />

den Schwächsten fördern, für die Unversehrtheit<br />

aller Menschen eintreten, auf Frieden<br />

hinarbeiten, ungeachtet des Kampfes<br />

der Kulturen und der Interessen.<br />

Schliesslich wirft diese Debatte die zentrale<br />

Frage auf, welchen Platz unser Land<br />

in der Welt einnehmen soll: Will die<br />

Schweiz nur ein Kleinstaat im Europa<br />

sein? oder eine Nation, die nach höheren<br />

Werten strebt? Nämlich genau deshalb,<br />

weil sie verbunden ist mit dem Roten<br />

Kreuz und dem humanitären Völkerrecht,<br />

das sich wie ein letzter Schutzwall gegen<br />

die Unmenschlichkeit erhebt.<br />

Philippe bender<br />

Er ist Historiker und<br />

Mitarbeiter des Kommunikationsdienstes<br />

SRK.<br />

© Emanuel Ammon/AURA<br />

<strong>Humanité</strong> 4/2010 15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!