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Importance Sampling für Diffusionsprozesse mit Anwendungen in ...

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Masterthesis <strong>in</strong> der F<strong>in</strong>anzmathematik<strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong><strong>mit</strong> <strong>Anwendungen</strong> <strong>in</strong> derDerivatebewertungMichael EspendillerBetreuer:PD Dr. Volkert PaulsenInstitut <strong>für</strong> Mathematische StatistikFachbereich 10 - Mathematik und InformatikWestfälische Wilhelms-Universität Münster22. Januar 2013


InhaltsverzeichnisE<strong>in</strong>leitung 51 E<strong>in</strong>führung 91.1 Variationsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.1 Fixierte Randpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.1.2 h<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.1.3 variable Randpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171.1.4 Endpunkte auf Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.2 Theorie der großen Abweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.2.1 Varadhan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.2.2 Transformation von LDPs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361.2.3 LDP <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381.2.4 Austrittszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Monte Carlo Simulation und <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> 452.1 Monte Carlo Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462.2 <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502.2.1 <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong> . . . . . . . . . . . . 523 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechsel 553.1 Anwendung: Call im Black-Scholes Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . 623.2 Digitale Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683.3 Anwendung im Black-Scholes Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713.4 Anwendung: Barriereoptionen im Black-Scholes Modell <strong>mit</strong> zeitabhänigenBarrieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743.5 Anwendung: Zweiseitige Barriereoptionen im BS-Modell . . . . . . . . . . 784 Dynamische Maßwechsel via Preisapproximation 794.1 Call im Black-Scholes Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823


Inhaltsverzeichnis4.2 Dynamisches <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> asiatische Optionen . . . . . . . . 894


E<strong>in</strong>leitungIm Jahr 2011 lag nach Schätzungen der Bank for International Settlements (2012, [1])die Höhe der global ausstehenden nom<strong>in</strong>alen Volum<strong>in</strong>a von over-the-counter (OTC)Derivaten bei ca.1.354.646.000.000.000 US-Dollaroder anders ausgedrückt, betrug das globale nom<strong>in</strong>ale Marktvolumen <strong>für</strong> OTC Derivateim Jahr 2011 ca. 1.35 Billarden US-Dollar. Dabei verzeichnete der Derivatemarkt <strong>in</strong> denletzten Jahren starke Zuwachsraten.Auch wenn e<strong>in</strong> Vergleich dieser Summe <strong>mit</strong> realwirtschaftlichen Größen nicht ohne Weiteresmöglich ist, so zeigt sich doch, dass Derivate auf dem weltweiten F<strong>in</strong>anzmarkt e<strong>in</strong>egroße Rolle spielt.800700Billionen US-Dollar600500400300200Jun.2006Dez.2006Jun.2007Dez.2007Jun.2008Dez.2008Jun.2009Dez.2009Jun.2010Dez.2010Jun.2011Dez.2011Abbildung: Global ausstehende Beträge von OTC Derivaten pro Halbjahr5


Aus mathematischer Sicht besteht Bedarf an der Modellierung von F<strong>in</strong>anzmärkten undder Bewertung von Derivaten im H<strong>in</strong>blick auf ihr Risikoprofil und ihren Wert. Je nachWahl des Modells stehen <strong>für</strong> bestimmte Derivate analytische Formeln zur Verfügung(beispielsweise Callpreise im Black-Scholes Modell). In e<strong>in</strong>igen Fällen kann e<strong>in</strong> Preisauch durch Lösung e<strong>in</strong>er partiellen Differentialgleichung (PDE-Ansatz) oder durch Berechnunge<strong>in</strong>er Fourieretransformierten bestimmt werden. Bei komplizierten Derivatenist dies nicht ohne Weiteres möglich. In solchen Fällen kann e<strong>in</strong>e Monte Carlo Simulationzur Er<strong>mit</strong>tlung e<strong>in</strong>er Nährungslösung angewandt werden.Dieses Verfahren ist zwar sehr e<strong>in</strong>fach umzusetzen allerd<strong>in</strong>gs im Vergleich zu den obengenannten Methoden nicht besonders effizient. Das zentrale Ziel dieser Arbeit ist dieVerbesserung von Monte Carlo Simulationen. Dabei wird das <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> alsAnsatz ausgewählt: Unter Anwendung der Formel von Bayes soll e<strong>in</strong>e Verbesserung desMonte Carlo Schätzers durch e<strong>in</strong>e Varianzreduktion nach e<strong>in</strong>em Maßwechsel erreichtwerden. Es gibt nun im Allgeme<strong>in</strong>en sehr viele Maßwechsel, die <strong>in</strong> Frage kommen. Nichtjeder dieser wird e<strong>in</strong>e Varianzreduktion zur Folge haben. Es bleibt also noch e<strong>in</strong> Auswahlproblemzu lösen.Zur Lösung des Maßwechselauswahlproblems werden nun heuristische Gütekriterien <strong>für</strong>Maßwechsel <strong>mit</strong> Hilfe der Theorie der großen Abweichungen und der Variationsrechnungentwickelt. Da es sich bei den vorgestellten Methoden lediglich um Heuristiken handelt,werden die Methoden durch umfangreiche Simulationen getestet und anschließend <strong>in</strong>H<strong>in</strong>blick auf die Varianzreduktion des Monte Carlo Schätzers und den Rechenaufwandbewertet.Zu Beg<strong>in</strong>n dieser Arbeit wird <strong>in</strong> Kapitel 1 das Basiswissen <strong>für</strong> die Variationsrechnung unddie Theorie der großen Abweichungen durch e<strong>in</strong>e kompakte Zusammenfassung gegeben.Als erstes Ergebnis gel<strong>in</strong>gt dabei die Herleitung e<strong>in</strong>es Berechnungsverfahrens zur Bestimmungder Asymptotik der Austrittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit von <strong>Diffusionsprozesse</strong>n ausGebieten <strong>mit</strong> differenzierbarem Rand.In Kapitel 2 wird anschließend die Monte Carlo Simulation und das <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong><strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong> beschrieben. Dabei werden auch die technischen Herangehensweisenzur Durchführung von Maßwechseln gegeben. Diese s<strong>in</strong>d im Wesentlichen die Formelvon Bayes zur Bestimmung der Auswirkung von Maßwechseln auf Erwartungswerte sowie6


Varianzen und der Satz von Cameron-Mart<strong>in</strong>-Girsanov, der Maßwechsel <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong>charakterisiert.Dieses Wissen führt dann <strong>in</strong> Kapitel 3 zur Entwicklung der asymptotischen Optimalitätals erstes Gütekriterium <strong>für</strong> Maßwechsel <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf ihre Varianzreduktion beider Monte Carlo Methode. Dabei werden Resultate zur Herleitung von asymptotischoptimalen Maßwechseln <strong>für</strong> das Black-Scholes Modell und E<strong>in</strong>faktormodelle erzielt. DasVerfahren wird dabei <strong>für</strong> mehrere Fälle empirisch untersucht.Als Alternative wird <strong>in</strong> Kapitel 4 e<strong>in</strong>e Heuristik zur Bestimmung dynamischer Maßwechselhergeleitet. Dieser kann bei Kenntnis des Preisprozesses und des Hedgeprozessesproblemlos bestimmt werden. Da diese allerd<strong>in</strong>gs unbekannt s<strong>in</strong>d, wird die Theorie dergroßen Abweichungen zur approximativen Er<strong>mit</strong>tlung herangezogen. Das Vorgehen wird<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vergleichsanalyse im Black-Scholes Modell <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Calloption getestet, um dieAuswirkung der Approximation auf die Qualität des Maßwechsels zu bestimmen. Anschließendwird das Konzept auf asiatische Optionen erweitert.Für viele Berechnung war es notwendig, auf das Computeralgebrasystem Maple zurückzugreifen.Zusammen <strong>mit</strong> den Quellcodes <strong>für</strong> die realisierten Simulationen f<strong>in</strong>den sichdie Worksheets auf dem beigelegten Datenträger.7


1 E<strong>in</strong>führungZiel dieses Abschnittes ist die E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die mathematischen Grundlagen, die <strong>für</strong> dasVerständnis dieser Arbeit notwendig s<strong>in</strong>d. Für die Modellierung von F<strong>in</strong>anzmärkten s<strong>in</strong>d<strong>Diffusionsprozesse</strong> wichtige Werkzeuge. Die spätere Anwendung der Theorie der großenAbweichung <strong>für</strong> solche Prozesse verlangt häufig die Lösung von Optimierungsproblemenüber Funktionenräume. Vor e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Theorie der großen Abweichungwerden zunächst die Techniken zur Lösung solcher Optimierungsprobleme vorgestellt.1.1 VariationsrechnungDie Variationsrechnung beschäftigt sich <strong>mit</strong> der M<strong>in</strong>imierung von speziellen Funktionalen.E<strong>in</strong> Funktional bezeichnet dabei e<strong>in</strong>e Abbildung F : X → R, wobei X e<strong>in</strong> Raumreellwertiger Funktionen ist. Anders ausgedrückt ist e<strong>in</strong> Funktional e<strong>in</strong>e „Funktion vonFunktionen“. E<strong>in</strong> Optimierungsproblem dieser Form taucht beispielsweise bei der Fragenach der kürzesten Verb<strong>in</strong>dung zwischen zwei Punkten auf. Für die spätere Anwendungtreten sie vor allem bei der Berechnung von Ratenfunktionen und Erwartungswertenauf.Die Variationsrechnung befasst sich <strong>mit</strong> solchen Fragestellungen. Dieses klassische 1 Themengebietist schon sehr gut erforscht und es gibt weitreichende Lösungsverfahren. Füre<strong>in</strong>e weiterführende Recherche s<strong>in</strong>d Gelfand und Fom<strong>in</strong> (1963, [10]) und Elsgolc (1962,[18]) zu empfehlen, die auch die Basis dieses Abschnittes bilden.1 Die Variationsrechnung ist auch als 23. Problem e<strong>in</strong> Bestandteil von Hilberts Liste. Er stellt dort dieFrage, wie die Methoden der Variationsrechnung weiterentwickelt werden können.9


1 E<strong>in</strong>führungDas ProblemFür t 1 < t 2 sei F = F (t, x, y) : [t 1 , t 2 ] × R n × R n → R e<strong>in</strong>e C 2 -Funktion und seiX ⊆ C 1 [t 1 , t 2 ] e<strong>in</strong>e Menge differenzierbarer Funktionen. Betrachte nun das FunktionalJ(u) =J : X → R∫ t2t 1F (t, u(t), ˙u(t)) dt.Das Variationsproblem bezeichnet das Auff<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>imums u ∗ von J, d. h. es istfolgendes Optimierungsproblem zu lösenJ(u ∗ ) = <strong>in</strong>fu∈X J(u).E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Interpretation besteht aus der Vorstellung von J als Kostenfunktion, diejeder differenzierbaren Funktion u die Kosten J(u) zuordnet. Je nach dem, welche weiterenBed<strong>in</strong>gungen u erfüllen muss, unterscheiden sich die Lösungsverfahren <strong>für</strong> dasOptimierungsproblem. Diese werden im Folgenden vorgestellt.Zunächst setzen wir abkürzend folgende Notationen:F x (t, x, y) := d F (t, x, y)dx FF xx (t, x, y) := d2F (t, x, y)dx F 2˙u(t) := d dt u(t)y(t, x, y) := d F (t, x, y)dyyy(t, x, y) := d2F (t, x, y)dy2 d2ü(t) :=dt u(t). 21.1.1 Fixierte RandpunkteEs seien t 1 < t 2 , u a , u b ∈ R und A := (t 1 , u a ), B := (t 2 , u b ) zwei feste Punkte aufder Ebene. Gesucht ist nun e<strong>in</strong>e Funktion u, die die Punkte A und B verb<strong>in</strong>den unddabei das Funktional J m<strong>in</strong>imieren. Dies entspricht dem Variationsproblem <strong>mit</strong> fixenRandpunktenX := {u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ] | u(t 1 ) = u a , u(t 2 ) = u b }<strong>in</strong>f J(u).u∈X10


1.1 Variationsrechnungu(t)BAu ∗ (t)tÄhnlich wie <strong>in</strong> der Analysis können nun h<strong>in</strong>reichende und notwendige Bed<strong>in</strong>gungen ane<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum formuliert werden. Das wichtiste Resultat ist die Euler-Lagrange Gleichung.Da<strong>mit</strong> ist es möglich das Optimierungsproblem auf das Lösen von Systemen vonDifferentialgleichungen zu reduzieren.Satz 1.1. E<strong>in</strong>e Lösung u ∗ des OptimierungsproblemsX := {u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ] | u(t 1 ) = u a , u(t 2 ) = u b }erfüllt die Euler-Lagrange Gleichung<strong>in</strong>f J(u) (1.1)u∈XF x (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) − d dt F y(t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) = 0 <strong>für</strong> alle t 1 ≤ t ≤ t 2 . (1.2)Das Theorem übersetzt nun das Variationsproblem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Differentialgleichung zweiterOrdnung und liefert da<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>en ersten möglichen Ansatz zur Bestimmung des M<strong>in</strong>imums.Zunächst wird die Euler-Lagrange Gleichung gelöst. Nach der Theorie der Differentialgleichungenwerden die Lösungen im Allgeme<strong>in</strong>en von zwei Konstanten abhängen.Diese können dann zur Anpassung der Randbed<strong>in</strong>ungen u ∗ (t 1 ) = u a und u ∗ (t 2 ) = u b genutztwerden. Existiert solch e<strong>in</strong>e Funktion u ∗ , dann ist sie e<strong>in</strong> erster möglicher Kandidat<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>imalstelle. Beachte, dass die Euler-Lagrange Gleichung nur e<strong>in</strong>e notwendige,aber ke<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gung an die M<strong>in</strong>ima liefert.E<strong>in</strong>e ausführliche Darstellung <strong>mit</strong>samt Beweisen ist <strong>in</strong> Elsgolc (1963, [18], S. 14 ff) zuf<strong>in</strong>den.11


1 E<strong>in</strong>führung1.1.2 h<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gungenÄhnlich wie <strong>in</strong> der Analysis können nun h<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gungen <strong>für</strong> M<strong>in</strong>ima hergeleitetwerden. Dabei werden lokale und globale Extrema unterschieden, welche <strong>mit</strong> jeweilsunterschiedlichen Techniken zu untersuchen s<strong>in</strong>d.Für die späteren <strong>Anwendungen</strong> dieser Arbeit müssen globale M<strong>in</strong>ima bestimmt werden.Allerd<strong>in</strong>gs ist es nicht immer möglich, diese Eigenschaft direkt nachzuweisen. E<strong>in</strong>eh<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gung an F ist die Konvexität:Lemma 1.2. Erfüllt u ∗ die Euler-Lagrange Gleichung (1.2) und ist die Abbildung (x, y) ↦→F (t, x, y) <strong>für</strong> alle t ∈ [t 1 , t 2 ] konvex, dann ist u ∗ e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imierer <strong>für</strong> (1.1).Beweis. vgl. [3], S. 47 ff, Theorem 2.1 (2) und (3)Die Konvexitätsbed<strong>in</strong>gung an F ist häufig verletzt. Deshalb s<strong>in</strong>d noch weitere h<strong>in</strong>reichendeBed<strong>in</strong>gungen notwendig, die sich allerd<strong>in</strong>gs als etwas schwieriger herausstellen.Def<strong>in</strong>ition 1.3. Die Weierstrassfunktion <strong>für</strong> das FunktionalJ(u) =ist def<strong>in</strong>iert als∫ t2t 1F (t, u(t), ˙u(t)) dtE(t, x, p, y) := F (t, x, y) − F (t, x, p) − (y − p)F y (t, x, y),<strong>für</strong> alle t 1 ≤ t ≤ t 2 , x, y, p ∈ R.Def<strong>in</strong>ition 1.4. Es sei u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ] gegeben. Die Jacobigleichung von F bezüglich u istdef<strong>in</strong>iert als(F xx (t, u(t), ˙u(t)) − d )dt F xy(t, u(t), ˙u(t)) h(t) − d (Fyy (t, u(t),dt˙u(t))ḣ(t)) = 0<strong>für</strong> alle t 1 ≤ t ≤ t 2 . Wir sagen, u erfüllt die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung, falls e<strong>in</strong>e Lösung h ∗ derJacobigleichung existiert, die h ∗ (t 1 ) = 0 und h ∗ | (t1 ,t 2 ] ≠ 0 erfüllt.Mit Hilfe der Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung und der Weierstrassfunktion können nun weitere h<strong>in</strong>reichendeBed<strong>in</strong>gungen formuliert werden.Satz 1.5. Erfüllt u ∗ die Euler-Lagrange Gleichung, die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung und giltF yy (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) > 0 <strong>für</strong> alle t 1 ≤ t ≤ t 2 ,12


1.1 Variationsrechnungso ist u ∗ e<strong>in</strong> lokales M<strong>in</strong>imum <strong>für</strong> (1.1).Satz 1.6. Erfüllt u ∗ die Euler-Lagrange Gleichung, die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung und giltF yy (t, u(t), ˙u(t)) ≥ 0 (1.3)<strong>für</strong> alle t 1 ≤ t ≤ t 2 und alle u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ], so ist u ∗ e<strong>in</strong> globales M<strong>in</strong>imum <strong>für</strong> (1.1).Gleichung (1.3) wird auch Legrendebed<strong>in</strong>gung genannt.Satz 1.7. Erfüllt u ∗ die Euler-Lagrange Gleichung, die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung und giltE(t, u(t), p, y) ≥ 0 (1.4)<strong>für</strong> alle t 1 ≤ t ≤ t2, p, y ∈ R und u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ], so ist u ∗ e<strong>in</strong> globales M<strong>in</strong>imum <strong>für</strong>(1.1).Entsprechende Aussagen <strong>für</strong> Maximalstellen erhält man durch Übergang zu −F , was zue<strong>in</strong>er Umkehrung aller Ungleichheiten führt. Die Sätze 1.5, 1.6 und 1.7 s<strong>in</strong>d lediglich Zusammenfassungender <strong>für</strong> uns relevanten Aussagen. Es ist möglich, weitere h<strong>in</strong>reichendeBed<strong>in</strong>gungen unter schwächeren Voraussetzungen zu folgern. So ist beispielsweise ausreichend,die Ungleichung (1.4) bzw. (1.3) <strong>für</strong> Funktionen u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ] zu fordern, die„nahe“ an u ∗ liegen. E<strong>in</strong>e weiterführende Übersicht und e<strong>in</strong> Lokalitätsbegriff <strong>für</strong> Funktionenräumeist beispielsweise <strong>in</strong> Elsgolc (1962, [18], S. 124 f) zu f<strong>in</strong>den.BeispielEs seien s 0 , y 1 , r, σ ∈ R <strong>mit</strong> y 1 > s 0 und 2 ln ( y 1s 0)> r. Betrachte das FunktionalGesucht ist das M<strong>in</strong>imum des FunktionalsF : [0, T ] × R × R → R( y − rxF (t, x, y) =σxJ : C 1 [0, T ] → R J(u) :=) 2∫ T0F (t, u(t), ˙u(t)) dt,wobei u <strong>in</strong> A = (0, s 0 ) starten und <strong>in</strong> B = (T, y 1 ) enden soll, d. h. es ist folgendesOptimierungsproblem zu lösenX := {u ∈ C 1 [0, T ] | u(0) = s 0 , u(T ) = y 1 }13


1 E<strong>in</strong>führung∫ T<strong>in</strong>fu∈X 0( ) 2˙u(t) − ru(t)dt.σu(t)Zunächst wird die Euler-Lagrange Gleichung von F er<strong>mit</strong>telt. Dazu werden e<strong>in</strong>ige Differentialeberechnet:(y − rx) rF x (t, x, y) = −2σ 2 x 2F y (t, x, y) = 2 y − rxddt F y(t, u(t), ˙u(t)) = 2σ 2 x 2ü(t) − r ˙u(t)σ 2 (u (t)) 2− 2− 4(y − rx)2σ 2 x 3Dies ergibt zusammengefasst die Euler-Lagrange Gleichung( ˙u(t) − ru (t)) ˙u(t)σ 2 (u (t)) 3 .0 = F x (t, u(t), ˙u(t)) − d dt F y(t, u(t), ˙u(t)) = 2 ( ˙u(t))2 − u(t)ü(t)σ 2 (u (t)) 3 .Da<strong>mit</strong> ist folgende nicht l<strong>in</strong>eare Differentialgleichung zweiter Ordnung zu lösen˙u(t) 2 = u(t)ü(t).Es gilt⇔ d dt˙u(t) 2 = u(t)ü(t)⇔ ˙u(t)u(t) = ü(t)˙u(t)˙u(t)ln (u(t)) =u(t) = ü(t)˙u(t) = d ln ( ˙u(t))dt⇔ u(t) = ˙u(t)⇔ u(t) = c 1 exp(c 2 t),<strong>für</strong> c 1 , c 2 ∈ Rwo<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>e Lösung gefunden ist. Zusammen <strong>mit</strong> den Randbed<strong>in</strong>gungen u(0) = s 0 undu(T ) = y 1 ergibt sich e<strong>in</strong> Kandidat <strong>für</strong> die M<strong>in</strong>imalstelle( )1u ∗ (t) = s 0 expT log(y 1) t .s 0Für den Nachweis der Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung muss etwas gerechnet werden:F xx (t, x, y) = 2r2 (y − rx) r (y − rx)2+ 8 + 6σ 2 x2 σ 2 x 3 σ 2 x 414


F xy (t, x, y) = 2σ 2 x + 4 y − rx2 σ 2 x 31F yy (t, x, y) = 2σ 2 x 21.1 VariationsrechnungF xx (t, u(t), ˙u(t)) − d dt F xy(t, u(t), ˙u(t)) = 2 −4 r ˙u(t)u(t) + 9 ˙u(t)2 − 2 u (t) ü(t)σ 2 u (t) 4Durch E<strong>in</strong>setzen vonerhält manZusammen <strong>mit</strong>(F yy (t, u(t), ˙u(t)) =2σ 2 u(t) 2( )1u ∗ (t) = s 0 expT log(y 1) ts 0F xx (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) − d dt F xy(t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t))= 2 1 ( y1σ 2 s 2 0) −2 t ( ) (( ))y1y1ln −4 r + 7 lns 0 s 0 s} {{ 0}=:k= 2 1 ( ) y1 −2 tk.σ 2 s 2 0 s 0d (Fyy (t, u(t), ˙u(t)) ·dtḣ(t)) = 1 ( ) y1 −2t ( ( ) )σ 2 s 2 0 s 4ḣ(t) ln y1−0 s 2ḧ(t) 0)ergibt sich die Jacobigleichung(F xx (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) − d )dt F xy(t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t) h(t) − d (Fyy (t, u(t),dt˙u(t))ḣ(t)) = 0⇔ 2 1 ( ) y1 −2 t (( ) )k · h (t) +σ 2 s 2 0 s 2ḣ(t) ln y1−0 s ḧ(t) = 00( )⇔ −k · h(t) − 2ḣ(t) ln y1+ ḧ(t) = 0.s 0Diese homogene l<strong>in</strong>eare Differentialgleichung zweiter Ordnung <strong>mit</strong> konstanten Koeffizientenwird gelöst durchh(t) = c 1 exp(λ 1 t) + c 2 exp(λ 2 t),15


1 E<strong>in</strong>führungwobei( )√( ) y1 y1 2λ 1,2 = ln ± ln + ks 0 s 0( )√( ) y1 y1 2 ( ) (( ))y1y1= ln ± ln + ln −4 r + 7 lns 0 s 0 s 0 s 0( )( ) (( ))y1= ln ±s 4 lny1y1−r + 2 ln0 √ s 0 s} {{ 0}>0Insbesondere gilt λ 1 ≠ λ 2 . Um die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung zu erfüllen, benötigen wir e<strong>in</strong>eLösung, die aus der Null startet und h(t) ≠ 0 <strong>für</strong> alle t ∈ (0, T ] erfüllt. Es folgt aush(0) = 0 direkt c 1 + c 2 = 0. Wähle willkürlich c 1 = 1 und c 2 = −1. Da<strong>mit</strong> ist e<strong>in</strong>eLösung der Jacobigleichung durchh ∗ (t) = exp(λ 1 t) − exp(λ 2 t)gefunden, da λ 1 ≠ λ 2 gilt, folgt direkth ∗ (t) ≠ 0<strong>für</strong> alle t > 0. Die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung an die potentielle M<strong>in</strong>imalstelle u ∗ ist da<strong>mit</strong> erfüllt.Zusammen <strong>mit</strong> der Legrendebed<strong>in</strong>gungF yy (t, x, y) = 21σ 2 x 2 > 0folgt wegen Satz 1.6, dass u ∗ bereits e<strong>in</strong> globales M<strong>in</strong>imum ist.Durch E<strong>in</strong>setzen kann der Wert des M<strong>in</strong>imums bestimmt werden. Es gilt zunächstund da<strong>mit</strong>( ˙u ∗ (t) − ru ∗ ) 2 ( 1(t) T= log( y 1σu ∗ (t)( )˙u ∗ y1(t) = log u ∗ (t)s 0s 0)u ∗ (t) − ru ∗ (t)σu ∗ (t)) 2 ( log(1 y 1T=σs 0) − r) 2Der Wert des M<strong>in</strong>imums ist da<strong>mit</strong>16


1.1 Variationsrechnung1.1.3 variable Randpunkte∫ ( T ˙uJ(u ∗ (t) − ru ∗ ) 2(t)) =0 σu ∗ (t)dt∫ ( T 1=)1 2T s 0) − r0 σdt= 1 (log( y ) 21T σ 2 x ) − rT .Das Optimierungsproblem ändert sich, wenn die Endpunkte A und B von u lediglichauf den gegebenen Geraden t = t 1 und t = t 2 liegen müssen, d. h. nun ist die kosteneffizientesteFunktion zwischen zwei senkrechten Geraden gesucht. Dies entspricht demVariationsproblem<strong>in</strong>f J(u).u∈C 1 [t 1 ,t 2 ]u(t)u ∗ (t)t 1t 2tEs gel<strong>in</strong>gt wieder, das Ausgangsproblem auf die Lösung von Differentialgleichungen zureduzieren.Satz 1.8. E<strong>in</strong>e Lösung u ∗ des Optimierungsproblems<strong>in</strong>f J(u) (1.5)u∈C 1 [t 1 ,t 2 ]17


1 E<strong>in</strong>führungerfüllt die Euler-Lagrange Gleichung (1.2) und die Bed<strong>in</strong>gungenF y (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t))| t=t1 = 0 F y (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t))| t=t2 = 0. (1.6)E<strong>in</strong> möglicher Ansatz zur Bestimmung der Lösung im Falle von zwei flexibler Randpunktebesteht zunächst wieder <strong>in</strong> der Lösung der Euler-Lagrange Gleichung. Anschließendkönnen die zwei weiteren Gleichungen (1.6) zusammen <strong>mit</strong> den auftretenden freien Konstantenzur Anpassung der Randbed<strong>in</strong>gungen genutzt werden. Ist e<strong>in</strong>e solche Funktionu ∗ gefunden, ist sie e<strong>in</strong> möglicher Kandidat <strong>für</strong> e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum. Für den Fall e<strong>in</strong>es flexiblenrechten (l<strong>in</strong>ken) und e<strong>in</strong>es variablen l<strong>in</strong>ken (rechten) Endpunktes, erfüllt u ∗ lediglich dierechte (l<strong>in</strong>ke) Gleichung von (1.6) und zusätzlich die fixe Endpunktbed<strong>in</strong>gung u ∗ (t 2 ) = u b(bzw. u ∗ (t 1 ) = u a ). Zusätzliche Details s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Elsgolc (1963, [18], S. 64 ff) zu f<strong>in</strong>den.BeispielEs sei T > 0 und x 0 , r, σ, K ∈ R und setze a := r − 1 2 σ2 . Betrachte das FunktionalGesucht ist das Maximum des FunktionalsF (t, x, y) := 2x 0(σy + a) exp (σx + at)x 0 exp (σx + at) − K − y2 .J : C 1 [0, T ] → R, J(u) :=∫ T0F (t, u(t), ˙u(t)) dt<strong>mit</strong> l<strong>in</strong>kem fixen Endpunkt A = (0, 0) und rechtem variablen Endpunkt auf der Geradent = T , d. h. es ist folgendes Optimierungsproblem zu lösenX := {u ∈ C 1 [0, T ] | u(t 1 ) = 0}∫ Tsup F (t, u(t), ˙u(t)) dt.u∈X 0Zunächst muss die Euler-Lagrange Gleichung von F er<strong>mit</strong>telt werden. Dazu werden dieDifferentiale berechnet. E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Rechnung ergibtF x (t, x, y) = 2 x 0 (σ y + a) σ e σ x+atx 0 e σ x+at − K− 2 x 0 2 (σ y + a) (e σ x+at ) 2 σ(x 0 e σ x+at − K) 218


F y (t, x, y) = 2x 0σ e σ x+atx 0 e σ x+at − K − 2 yddt F y(t, u(t), ˙u(t)) = 2 x 0(σddt u (t) + a) σ e σ u(t)+atx 0 e σ u(t)+at − K1.1 Variationsrechnung− 2 x 0 2 ( σ d dt u (t) + a) ( e σ u(t)+at) 2σ(x 0 e σ u(t)+at − K) 2 − 2 d2dt 2 u (t) .E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Vergleich zeigt nun, dass sich <strong>in</strong> der Euler-Lagrange Gleichung fast alleTerme gegenseitig elem<strong>in</strong>ieren. Man erhält0 = F x (t, u(t), ˙u(t)) − d d2F (t, u(t), ˙u(t)) = 2dt dt u (t) . 2Diese Differentialgleichung kann <strong>mit</strong>tels Integration gelöst werden. Die Lösung ist gegebendurchu ∗ (t) = c 1 t + c 2<strong>für</strong> zwei Konstanten c 1 , c 2 ∈ R. Weiter gilt wegen dem l<strong>in</strong>ken fixen Endpunkt u(0) = 0und da<strong>mit</strong>c 2 = 0.Um c 1 zu bestimmen kann Satz 1.8 herangezogen werden. Demnach muss die Bed<strong>in</strong>gung(1.6) <strong>für</strong> den rechten flexiblen Endpunkt erfüllt se<strong>in</strong>, d. h.F y (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) =[2 x 0σ e σ ]u∗ (t)+atx 0 e σ u∗ (t)+at− K − 2 ˙u∗ (t)t=T= 2 x 0σ e σ c 1T +aTx 0 e σ c 1T +aT− K − 2 c 1 = 0. (1.7)Die Lösung <strong>für</strong> diese Gleichung ist e<strong>in</strong>deutig, falls sie existiert. Die E<strong>in</strong>deutigkeit istleicht <strong>mit</strong> <strong>mit</strong>teln der Analysis nachzuweisen. Die Lösung ist im Allgeme<strong>in</strong>en numerischnach c 1 zu lösen. Ist dies gemacht, so bleibt zu klären, ob e<strong>in</strong>e Lösung u ∗ tatsächliche<strong>in</strong>e Maximalstelle ist. Dazu muss die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung untersucht werden. Es kannnachgerechnet werden, dassF xx (t, u(t), ˙u(t)) − d dt F xy(t, u(t), ˙u(t)) = 0 und F yy (t, u(t), ˙u(t)) = 0<strong>für</strong> alle u ∈ C 1 [0, T ] und <strong>in</strong>sbesondere <strong>für</strong> u ∗ gilt. Da<strong>mit</strong> ist die Jacobi-Bed<strong>in</strong>gung 1.4trivialerweise erfüllt. Weiter berechnet sich die Weierstrassfunktion <strong>für</strong> beliebige u ∈19


1 E<strong>in</strong>führungC 1 [t 1 , t 2 ] und y ∈ R zuE(t, u(t), p, y) = −(y − p) 2 ≤ 0,wo<strong>mit</strong> alle Bed<strong>in</strong>gungen <strong>für</strong> Satz 1.7 erfüllt s<strong>in</strong>d und das Funktional J da<strong>mit</strong> <strong>in</strong> u ∗ e<strong>in</strong>globales Maximum annimmt.1.1.4 Endpunkte auf KurvenEs ist auch nötig, e<strong>in</strong> Verfahren zur Bestimmung des günstigsten Weges von e<strong>in</strong>emStartpunkt zu e<strong>in</strong>er Kurve zu er<strong>mit</strong>teln. Dazu seien e<strong>in</strong>e C 1 -Kurve φ : [t 1 , t 2 ] → R unde<strong>in</strong> Punkt A = (t 1 , u a ) gegeben. Für e<strong>in</strong>e Funktion u : [t 1 , t 2 ] → R def<strong>in</strong>ieren wir denersten Schnittpunkt <strong>mit</strong> φ alsτ(u) := <strong>in</strong>f{t ∈ [t 1 , t 2 ] | u(t) = φ(t)}ohne dabei explizit φ <strong>in</strong> die Notation <strong>mit</strong> aufzunehmen und setzen τ(u) = ∞, falls ke<strong>in</strong>Schnittpunkt existiert. Das Variationsproblem ist nun gegeben durchX := {u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ] | u(t 1 ) = u a , τ(u) ≤ t 2 }∫ τ(u)<strong>in</strong>f F (t, u(t), ˙u(t)) dt.u∈X t 1u(t)φ(t)u ∗ (t)Aτ(u ∗ )tAuch <strong>in</strong> diesem Fall kann e<strong>in</strong> System von Differentialgleichungen hergeleitet werden.Satz 1.9. E<strong>in</strong>e Lösung u ∗ des OptimierungsproblemsX := {u ∈ C 1 [t 1 , t 2 ] | u(t 1 ) = u a , τ(u) ≤ t 2 }20


∫ τ(u)<strong>in</strong>f F (t, u(t), ˙u(t)) dtu∈X t 1erfüllt die Euler-Lagrange Gleichung (1.2) und die transversal condition1.1 Variationsrechnung[F (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) − ( ˙φ(t) − ˙u ∗ (t) ) F y (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) ] = 0. (1.8)t=τ(u ∗ )Das Lösungsverfahren <strong>für</strong> dieses Variationsproblem besteht zunächst <strong>in</strong> der Lösung derEuler-Lagrange Gleichung. Anschließend kann der fixe l<strong>in</strong>ke Endpunkt und die transversalcondition genutzt werden, um die zwei auftretenden Konstanten zu er<strong>mit</strong>teln.Existiert solch e<strong>in</strong>e Funktion u ∗ , dann ist sie e<strong>in</strong> erster Kandidat <strong>für</strong> e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum.BeispielEs seien T > 0, α, µ, σ, θ, x 0 , K 0 ∈ R <strong>mit</strong> x 0 < K 0 gegeben. Betrachte das Funktionalund die C 1 -KurveF : [0, T ] × R × R F (t, x, y) =φ : [0, T ] → R( y − θ(µ − x)σφ(t) = K 0 exp(αt).Gesucht ist die günstigste Verb<strong>in</strong>dung zwischen dem Punkt A = (0, x 0 ) und der C 1 -Kurve φ im Intervall [0, T ], d. h. es ist folgendes Optimierungsproblem zu lösenX := {u ∈ C 1 [0, T ] | u(0) = x 0 , τ(u) ≤ T }∫ τ(u)<strong>in</strong>f F (t, u(t), u(t)) dt.u∈X 0Bevor <strong>mit</strong> der Berechnung möglicher Extremstellen begonnen wird, wird die Konvexitätder Funktion F untersucht:Da<strong>für</strong> ist es h<strong>in</strong>reichend, die positive Def<strong>in</strong>itheit der Hessematrix von F zu beweisen.Man rechnet nach:F x (t, x, y) = 2(y − θ (µ − x)) θy − θ (µ − x)Fσ 2 y (t, x, y) = 2σ 2F xx (t, x, y) = 2 θ2σ 2 F xy (t, x, y) = 2 θ σ 2) 2F yx (t, x, y) = 2 θ σ 2 F yy (t, x, y) = 2 1 σ 2 . 21


1 E<strong>in</strong>führungDie Hessematrix von F ist da<strong>mit</strong> gegeben durch⎛ ⎞⎝ 2 θ2 2 θσ 2 σ 2 ⎠ .2 θ 2 1σ 2 σ 2Diese symmetrische Matrix besitzt die Eigenwerteλ 1 := 2 + 2 θ2σ 2 und λ 2 := 1.Da beide Eigenwerte positiv s<strong>in</strong>d, ist die Matrix positiv def<strong>in</strong>it und die Funktion (x, y) ↦→F (t, x, y) <strong>für</strong> alle t ∈ [0, T ] konvex. Ist dann e<strong>in</strong>e Funktion u ∗ gefunden, die die Euler-Lagrange Gleichung erfüllt, so ist sie nach Lemma 1.2 bereits e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum.Berechnen wir nun mögliche Kandidaten <strong>für</strong> die Extremstellen. Dazu wird die Euler-Lagrange Gleichung hergeleitet:(y − θ (µ − x)) θF x (t, x, y) = 2σ 2y − θ (µ − x)F y (t, x, y) = 2ddt F y(t, u(t), ˙u(t)) = 2wo<strong>mit</strong> nun folgende Differentialgleichung zu lösen ist:σ 2ü(t) + θ ˙u(t) (t)σ 2 ,2( ˙u (t) − θ (µ − u (t))) θσ 2− 2ü (t) + θ ˙u (t)σ 2 = 0.Umgeformt ergibt dies e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>homogene l<strong>in</strong>eare Differentialgleichung zweiter Ordnung<strong>mit</strong> konstanten Koeffizienten:ü(t) − θ 2 u(t) = −θ 2 µ.Der homogene Teil wird gelöst durchu hom (t) = c 1 exp(λ 1 t) + c 2 exp(λ 2 t),wobei λ 1,2 die Lösungen des charakteristischen PolynomsP (λ) = λ 2 − θ 222


1.1 Variationsrechnungs<strong>in</strong>d, welches die Lösungen λ 1 = θ und λ 2 = −θ hat. Das ergibtu hom (t) = c 1 exp(θt) + c 2 exp(θt).Zur Lösung der <strong>in</strong>homogenen Gleichung wird die Störfunktion −θ 2 µ betrachtet. Diesentspricht e<strong>in</strong>em Polynom vom Grad 0, wo<strong>mit</strong> der Störterm u stör e<strong>in</strong>e Konstante istu stör (t) = A 0 ∈ R.Die Lösung u der <strong>in</strong>homogenen Gleichung hat da<strong>mit</strong> die Formu(t) = u hom (t) + u stör (t) = c 1 exp(λ 1 t) + c 2 exp(λ 2 t) + A 0 .Nun gilt <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>fachem nachrechnenu(t) = ü(t)θ 2 + A 0 .E<strong>in</strong>setzen <strong>in</strong> die <strong>in</strong>homogene Gleichung liefert−θ 2 µ = ü(t) − θ 2 u(t) = ü(t) − ü(t) − θ 2 A 0 = −θ 2 A 0und da<strong>mit</strong> A 0 = µZusammen <strong>mit</strong> der l<strong>in</strong>ken Randpunktbed<strong>in</strong>gung u(0) = x 0 folgtx 0 = u(0)⇔ x 0 = c 1 + c 2 + µ⇔ c 1 = x 0 − c 2 − µ.Nun kann die transversal condition (1.8) zur Bestimmung von c 2 genutzt werden. Dazuwird berechnet:˙φ(t) = αK 0 exp(αt)˙u ∗ (t) = −θ e −θ t c 2 + θ e θ t (x 0 − c 2 − µ)(−θ e−θ t c 2 + θ e θ t (x 0 − c 2 − µ) − θ ( −e −θ t c 2 − e θ t (x 0 − c 2 − µ) )) 2F (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) =σ 2F y (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) = −2 θ e−θ t c 2 + 2 θ e θ t (x 0 − c 2 − µ) − 2 θ ( −e −θ t c 2 − e θ t (x 0 − c 2 − µ) )σ 2 23


1 E<strong>in</strong>führungNach E<strong>in</strong>setzen und Vere<strong>in</strong>fachen hat die transversal condition (1.8) nun die Darstellung0 = [ F (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) − ( ˙φ(t) − ˙u ∗ (t) ) F y (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) ] t=τ(u ∗ )= −4 θ eθ τ(u∗) (−x 0 + c 2 + µ) ( K 0 α e α τ(u∗) + θ e −θ τ(u∗) c 2)Es kommen zwei mögliche Lösungen <strong>in</strong> Frage:x 2 = x 0 − µ oder c 2 = − K 0αθσ 2 .exp ((α + θ)τ(u ∗ ))Für beide Fälle müssen noch die Schnittpunkte τ(u ∗ ) berechnet werden. Im ersten Fallgiltu ∗ (τ(u ∗ )) = φ(τ(u ∗ ))⇔ −θ exp (−θτ(u ∗ )(x 0 − µ)) + µ = K 0 exp(ατ(u ∗ )).Im zweiten Fall ist die relevante Gleichung⇔ − K 0α e α τ(u∗ )θu ∗ (τ(u ∗ )) = φ(τ(u ∗ ))(+ e θ τ(u∗ )x 0 + K 0α e α )τ(u∗ )− µ + µ = Kθ e −θ τ(u∗ ) 0 e α τ(u∗) .Dies ist im Allgeme<strong>in</strong>en numerisch nach τ(u ∗ ) aufzulösen. Für die Parameterθ = 1 µ = 0.25 x 0 = 0.2σ = 0.1 α = 0.001 K 0 = 0.4ist die erste Gleichung nicht lösbar. Die numerische Lösung der zweiten Gleichung führtzu e<strong>in</strong>em Schnittpunktτ(u ∗ ) = 4.847106473.24


1.2 Theorie der großen AbweichungenDies e<strong>in</strong>gesetzt <strong>in</strong> die Extremalstelle liefertu ∗ (t) = −0.05119607392 e −t + 0.0011960739 e t + 0.25,welche aufgrund der Konvexität von F bereits e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum ist. Dabei beträgt der Wertdes M<strong>in</strong>imums ∫ τ(u ∗ )F (t, u ∗ (t), ˙u ∗ (t)) dt = 2.320771837.01.2 Theorie der großen AbweichungenDie Theorie großer Abweichungen beschäftigt sich <strong>mit</strong> Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten seltener Ereignisse.Als Hauptreferenz wird <strong>in</strong> diesem Abschnitt das Buch von Dembo und Zeitouni(1993, [6]) genutzt, was sowohl als E<strong>in</strong>führung als auch als Nachschlagewerk <strong>für</strong> die Theorieder großen Abweichungen zu empfehlen ist. Weitere Quellen zu diesem Themengebiets<strong>in</strong>d Deuschel und Stroock (1989, [7]) und Freidl<strong>in</strong> und Wentzell (1998, [9]).Die Techniken werden hier überwiegend auf <strong>Diffusionsprozesse</strong> angewandt. Auf e<strong>in</strong>e ausführlicheVorstellung großer Abweichungen <strong>für</strong> endlichdimensionale Räume wird daherverzichtet. Als wichtigste Werkzeuge werden sich das Theorem von Varadhan und dieTheorien von Freidl<strong>in</strong>-Wentzell herausstellen.Gegen Ende dieses Abschnittes werden dann Pr<strong>in</strong>zipien der Variationsrechnung <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<strong>mit</strong> der Freidl<strong>in</strong>-Wentzell Theorie auf Austrittszeiten <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong>angewandt. Das liefert e<strong>in</strong>e Strategie zur Er<strong>mit</strong>tlung des Grenzverhaltens von Austrittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e große Klasse von Prozessen und resultiert von Fall zu Fall<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fach zu realisierenden Algorithmus.SetupFür e<strong>in</strong>en topologischen Raum (X , τ) bleibt die Topologie häufig unbenannt und er wirdabkürzend nur <strong>mit</strong> X bezeichnet. Um Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitstheorie auf X betreiben zukönnen, muss zusätzlich e<strong>in</strong>e σ-Algebra angegeben werden. Dazu ist die vervollständigteBorel σ-Algebra B X geeignet, d. h. die kle<strong>in</strong>ste σ-Algebra bezüglich der alle offenenMengen von X messbar s<strong>in</strong>d und zusätzlich enthält B X alle Teilmengen von Nullmengen.In der F<strong>in</strong>anzmathematik s<strong>in</strong>d reellwertige zeitstetige Prozesse <strong>für</strong> die Modellierung vonF<strong>in</strong>anzmärkten vonnöten. Die Menge alle stetigen Funktionen ϕ : [0, T ] → R n wird<strong>mit</strong> C[0, T ] bezeichnet. In der folgenden Anwendung ist n ∈ N häufig klar und wird25


1 E<strong>in</strong>führungdaher nicht <strong>in</strong> der Notation erwähnt. Im Folgenden sei C[0, T ] immer <strong>mit</strong> der Metrikd(ϕ, ψ) := sup 0≤t≤T |ϕ t − ψ t | versehen. E<strong>in</strong>e Folge (ϕ n ) n konvergiert <strong>in</strong> C[0, T ] genaudann gegen ϕ, fallssup |ϕ n t − ϕ t | → 0.0≤t≤TDeshalb nennt man die von d <strong>in</strong>duzierte Topologie auf C[0, T ] auch die Topologie dergleichmäßigen Konvergenz.Wir kommen zu den grundlegenden Def<strong>in</strong>itionen:Def<strong>in</strong>ition 1.10. Es sei I : X → [0, ∞] e<strong>in</strong>e Funktion.(1) Die Funktion I heißt Ratenfunktion, falls I von unten halbstetig ist, d. h. die Mengen{x ∈ X | I(x) ≤ M}s<strong>in</strong>d <strong>für</strong> alle M ≥ 0 abgeschlossen.(2) Die Funktion I heißt gute Ratenfunktion, falls <strong>für</strong> alle M ≥ 0 die Mengen{x ∈ X | I(x) ≤ M}kompakt s<strong>in</strong>d.In Hausdorff-Räumen s<strong>in</strong>d kompakte Mengen auch abgeschlossen. In diesem Fall ist alsojede gute Ratenfunktion auch e<strong>in</strong>e Ratenfunktion. Beispielsweise ist dies <strong>für</strong> metrischeRäume und da<strong>mit</strong> <strong>in</strong>sbesondere <strong>für</strong> den Raum C[0, T ] automatisch erfüllt.Def<strong>in</strong>ition 1.11. (Large Deviation Pr<strong>in</strong>ciple) Es sei X e<strong>in</strong> topologischer Raum <strong>mit</strong>σ-Algebra B und I : X → [0, ∞] e<strong>in</strong>e Ratenfunktion. E<strong>in</strong>e Familie (µ ɛ ) ɛ≥0 von Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsmaßenauf (X , B) erfüllt das Large Deviation Pr<strong>in</strong>ciple (LDP) <strong>mit</strong> RatenfunktionI falls<strong>für</strong> alle B ∈ B gilt.− <strong>in</strong>f I(x) ≤ lim <strong>in</strong>fx∈˚Bɛ→0ɛ log µ ɛ (B) ≤ lim sup ɛ log µ ɛ (B) ≤ − <strong>in</strong>f I(x)ɛ→0x∈BDie <strong>mit</strong>tlere Ungleichung ist <strong>in</strong> jedem Fall erfüllt. Das ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Resultat derAnalysis. Für Beweise ist es häufig von Vorteil, folgende Äquivalenz zu nutzen:26


1.2 Theorie der großen AbweichungenLemma 1.12. Die Familie (µ ɛ ) ɛ erfüllt das LDP <strong>mit</strong> Ratenfunktion I genau dann, wennfolgende beide Schranken erfüllt s<strong>in</strong>d:Für alle offenen B ∈ B gilt− <strong>in</strong>f I(x) ≤ lim <strong>in</strong>f ɛ log µ ɛ (B)x∈B ɛ→0(untere Schranke).Für alle abgeschlossenen A ∈ B giltlim sup ɛ log µ ɛ (A) ≤ − <strong>in</strong>f I(x)ɛ→0x∈A(obere Schranke).Beweis. Die H<strong>in</strong>richtung folgt direkt aus ˚B = B <strong>für</strong> alle offenen Mengen und A =A <strong>für</strong> alle abgeschlossenen Mengen. Die l<strong>in</strong>ke Ungleichung der Rückrichtung folgt <strong>mit</strong>˚B ⊆ B direkt aus der Monotonie des Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsmaßes µ ɛ (˚B) ≤ µ ɛ (B) und derMonotonie des Logarithmus− <strong>in</strong>f I(x) ≤ lim <strong>in</strong>f ɛ log µ ɛ (˚B) ≤ lim <strong>in</strong>f ɛ log µ ɛ (B)x∈˚Bɛ→0ɛ→0Die zweite Ungleichung folgt analog.Das LDP f<strong>in</strong>det häufig Anwendung bei Zufallsvariablen. Verkürzend def<strong>in</strong>ieren wir daher,dass die Familie von Zufallsvariablen (X ɛ ) ɛ≥0 auf (Ω, B, P) das LDP erfüllt, falls dies <strong>für</strong>die Maße P ɛ := P ◦ (X ɛ ) −1 der Fall ist.Die Ratenfunktion e<strong>in</strong>er Familie von Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsmaßen (P ɛ ) ɛ nimmt nun e<strong>in</strong>ezentrale Position <strong>in</strong> der Theorie der großen Abweichungen an. Ist sie bekannt, so stehenviele Werkzeuge zur Bestimmung von Asymptotiken zur Verfügung. Dies wird nunim nächsten Abschnitt vorgestellt. Anschließend bleibt noch die Frage zu klären, <strong>in</strong>wiefernRatenfunktionen bestimmt werden können. Dies wird dann im zweiten Teil diesesKapitels bearbeitet.1.2.1 VaradhanIn Anlehnung an an Dembo und Zeitouni (1993, [6]) formulieren und beweisen wir nune<strong>in</strong>en der fundamentalsten Sätze der Theorie großer Abweichungen. Ist die Ratenfunktione<strong>in</strong>er Familie (X ɛ ) ɛ≥0 bekannt, so kann unter bstimmten Voraussetzungen da<strong>mit</strong>das Grenzverhalten ɛ → 0 von Erwartungswerten unter stetigen Funktionen bestimmtwerden.27


1 E<strong>in</strong>führungFolgendes Lemma ist dabei von Vorteil und wird im Laufe noch häufiger angewandt:Lemma 1.13. Es sei N ∈ N und <strong>für</strong> jedes ɛ > 0 seien a 1 ɛ, ..., a N ɛZahlen. Dann giltlim supɛ→0N∑ɛ log( a i ɛ) =i=1maxNi=1lim sup ɛ log a i ɛ.ɛ→0≥ 0 positive reelleBeweis. Da der Logarithmus monoton wächst, giltEs folgt daherNmax logi=1 ai ɛ ≤ log(N∑i=1a i ɛ) ≤ log( maxNi=1 Nai ɛ) = log N + log( maxNN∑0 ≤ log( a i ɛ) − maxNlogi=1 ai ɛ ≤ log N.i=1i=1 ai ɛ).Nun ist N fest und daher erhalten wir lim sup ɛ→0 ɛ log N = 0. Dann folgt durch Multiplikation<strong>mit</strong> ɛ und anschließender Grenzwertbildung0 ≤ lim supɛ→0N∑(ɛ log( a i ɛ) −i=1Es ergibt sich die Behauptung <strong>mit</strong>lim supɛ→0N∑ɛ log(i=1a i ɛ) = lim supɛ→0Nmaxɛ logi=1 ai ɛ) ≤ lim sup ɛ log N = 0.Nɛ→0ɛ max logi=1 ai ɛ = maxNi=1lim sup ɛ log a i ɛ.ɛ→0Theorem 1.14 (Varadhan). Erfülle (X ɛ ) ɛ das LDP auf X <strong>mit</strong> guter RatenfunktionI : X → [0, ∞]. Es sei ϕ : X → R e<strong>in</strong>e stetige Funktion <strong>mit</strong>Dann giltlimM→∞lim sup ɛ log Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {ϕ(X ɛ )≥M} = −∞. (1.9)ɛ→0lim ɛ log Ee ϕ(Xɛ )/ɛ = sup[ϕ(x) − I(x)]. (1.10)ɛ→0Der Beweis wird <strong>in</strong> drei kle<strong>in</strong>ere Teile zerlegt. Betrachte folgende Ungleichungx∈X28


1.2 Theorie der großen Abweichungenlim sup ɛ log E exp(ϕ(X ɛ )/ɛ) (⋆)≤ sup[ϕ(x) − I(x)]ɛ→0Daraus folgt Varadhans Theoremx∈X(⋆⋆)≤ lim <strong>in</strong>f ɛ log E exp(ϕ(X ɛ )/ɛ)ɛ→0≤ lim sup ɛ log E exp(ϕ(X ɛ )/ɛ).ɛ→0lim ɛ log E exp(ϕ(X ɛ )/ɛ) = sup[ϕ(x) − I(x)].ɛ→0x∈XEs muss im Folgenden (⋆) und (⋆⋆) beweisen werden.Zunächst kann <strong>für</strong> stetige und beschränkte Funktionen die Bed<strong>in</strong>gung (1.9) umformuliertwerden.Lemma 1.15. Es sei ϕ : X → R wieder e<strong>in</strong>e stetige Funktion. Für Bed<strong>in</strong>gung (1.9) istfolgendes h<strong>in</strong>reichend: Es existiert e<strong>in</strong> γ > 1, so dasslim sup ɛ log Ee γ ɛ ϕ(Xɛ) < ∞. (1.11)ɛ→0Insbesondere wird (1.11) von allen stetigen und nach oben beschränkten Funktionen erfüllt.Beweis. Zunächst wird der Zusatz bewiesen: Es sei ϕ e<strong>in</strong>e stetige und nach oben beschränkteFunktion. Dann existiert e<strong>in</strong> K ∈ R <strong>mit</strong> ϕ(x) ≤ K <strong>für</strong> alle x ∈ X . Es folgt:( ) γɛ log E expɛ ϕ(Xɛ )( ) γ≤ ɛ log E expɛ K ( ) γɛ K= ɛ log exp= ɛ γ ɛ K= γK < ∞.Die Behauptung folgt dann <strong>für</strong> beliebig gewähltes γ > 1. Nun zur eigentlichen Aussage:29


1 E<strong>in</strong>führungEs sei ɛ > 0 beliebig und setze Z ɛ := exp( ϕ(Xɛ )−M). Nun gilt:ɛZ ɛ ≥ 1 ⇔ exp( ϕ(Xɛ ) − M) ≥ 1ɛ⇔ ϕ(Xɛ ) − M≥ 0ɛ⇔ ϕ(X ɛ ) ≥ M.Ist nun γ > 1 wie <strong>in</strong> (1.11) gewählt, dann folgte − M ɛ E(exp(ϕ(X ɛ )ɛDa<strong>mit</strong> ergibt nun e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Rechnung:lim supɛ→0ɛ log E exp( ϕ(Xɛ )ɛ)1 {ϕ(X ɛ )≥M}) = E(exp( ϕ(Xɛ ) − Mɛ= E(Z ɛ 1 {Z ɛ ≥1}))1 {ϕ(X ɛ )≥M} = lim supɛ→0≤ E(Z ɛ ) γ)1 {ϕ(X ɛ )≥M})= E exp(γ ϕ(Xɛ ) − M)ɛ= exp(−γ M )ɛ )E(exp(γϕ(Xɛ )).ɛɛ log exp( M ɛ ) exp(−M ɛ Ee ϕ(Xɛ )ɛ )1 {ϕ(X ɛ )≥M}≤ lim sup ɛ log exp( Mɛ→0ɛ ) exp(−γM ɛ )E exp(γ ɛ ϕ(Xɛ ))= (1 − γ)M + lim sup ɛ log E exp( γɛ→0ɛ ϕ(Xɛ )) .} {{ } 1 und da<strong>mit</strong> lim M→∞ (1 − γ)M = −∞. Mit demGrenzübergang M → ∞ folgt dann die Behauptung.Es wird nun (⋆⋆) bewiesen.Lemma 1.16. Es sei ϕ : X → R von unten halbstetig und erfülle (X ɛ ) ɛ das LDP <strong>mit</strong>guter Ratenfunktion I : X → [0, ∞]. Dann gilt:lim <strong>in</strong>fɛ→0ɛ log E exp( ϕ(Xɛ )ɛ) ≥ sup(ϕ(x) − I(X)).x∈XBeweis. Es seien x ∈ X und δ > 0 beliebig. Da ϕ von unten halbstetig ist, existiert e<strong>in</strong>e30


1.2 Theorie der großen Abweichungenoffene Umgebung U von x, so dass<strong>in</strong>f ϕ(y) ≥ ϕ(x) − δ.y∈UZusammen <strong>mit</strong> der Monotonie von log, der Positivität von exp und der oberen Schrankedes LDPs <strong>für</strong> (X ɛ ) ɛ folgt da<strong>mit</strong>:lim sup ɛ log Ee ϕ(Xɛ )ɛɛ→0≥ lim supɛ→0≥ lim supɛ→0ɛ log Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {X ɛ ∈U}ɛ log Ee <strong>in</strong>f y∈U ϕ(y)ɛ 1 {X ɛ ∈U}= lim sup ɛ log e <strong>in</strong>f y∈U ϕ(y)ɛ P(X ɛ ∈ U)ɛ→0= <strong>in</strong>fy∈ULDP≥ϕ(y) + lim sup ɛ log P(X ɛ ∈ U)ɛ→0<strong>in</strong>f ϕ(y) − <strong>in</strong>f I(y)y∈U y∈U≥ ϕ(x) − I(x) − δ.Da δ > 0 und x ∈ X beliebig war, folgt die Behauptung.Es wird nun (⋆) bewiesen.Lemma 1.17. Es sei ϕ : X → R von unten halbstetig und gelte (1.9). Erfülle (X ɛ ) ɛ dieuntere Schranke des LDP <strong>mit</strong> guter Ratenfunktion I : X → [0, ∞]. Dann giltlim supɛ→0ɛ log E exp(ϕ(X ɛ )/ɛ) ≤ sup[ϕ(x) − I(x)].x∈XBeweis. Wir beweisen das Lemma zunächst <strong>für</strong> beschränkte ϕ. Der allgeme<strong>in</strong>e Fall folgtdann durch Übergang zu ϕ MEnde.:= ϕ ∧ M <strong>für</strong> M < ∞ und e<strong>in</strong>er kurzen Rechnung amSei also ϕ beschränkt, etwa sup x∈X ϕ(x) ≤ M < ∞. Insbesondere erfüllt ϕ dann wegenlog 0 := −∞ die Bed<strong>in</strong>gung (1.9). Seien α < ∞ und δ > 0 beliebig. Da I e<strong>in</strong>e guteRatenfunktion ist, s<strong>in</strong>d die Mengen Φ I (α) := {x ∈ X |I(x) ≤ α} kompakt <strong>in</strong> X . DaI von unten halbstetig und ϕ von oben halbstetig ist, existieren <strong>für</strong> alle x ∈ X offeneUmgebungen U 1 (x) bzw. U 2 (x) <strong>mit</strong><strong>in</strong>f I(y) ≥ I(x) − δy∈U 1 (x)<strong>in</strong>f ϕ(y) ≤ ϕ(x) + δy∈U 2 (x)31


1 E<strong>in</strong>führungInsbesondere gelten beide Ungleichungen <strong>für</strong> die offene Umgebung A x := U 1 (x) ∩ U 2 (x),da A x ⊆ U 1 (x) und A x ⊆ U 2 (x) gilt. Zusätzlich bilden die A x e<strong>in</strong>e offene Überdeckungvon Φ I (α)Φ I (α) ⊆⋃x∈Φ I (α)Da nach Voraussetzung Φ I (α) kompakt ist, wähle e<strong>in</strong>e endliche offene TeilüberdeckungA xi , i = 1, ..., N, d. h. wir habenDann gilt:Φ I (α) ⊆A xN⋃A xii=1Ee ϕ(Xɛ )ɛ = Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {Z ɛ ∈ ⋃ A xi } + Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {Z ɛ /∈ ⋃ A xi }≤=≤≤≤N∑i=1N∑i=1N∑i=1N∑i=1N∑i=1Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {X ɛ ∈A xi } + e M ɛ P(X ɛ /∈ ⋃ A xi )Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {X ɛ ∈A xi } + e M ɛ P(X ɛ ∈ ( ⋃ A xi ) c )Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {X ɛ ∈A xi } + e M ɛ P(X ɛ ∈ ( ⋃ A xi ) c )sup ϕ(x y∈Axi i )Ee ɛ 1 {X ɛ ∈A xi } + e M ɛ P(X ɛ ∈ ( ⋃ A xi ) c )Ee ϕ(x i )+δɛ 1 {X ɛ ∈A xi } + e M ɛ P(X ɛ ∈ ( ⋃ A xi ) c )Da alle A xi offen s<strong>in</strong>d, ist ⋃ A xi offen und da<strong>mit</strong> ( ⋃ A xi ) c := X − ⋃ A xi abgeschlossen.Mit der oberen Schranke des LDP <strong>für</strong> ( ⋃ A xi ) c und <strong>für</strong> die abgeschlossenen A xiwir:lim supɛ→0lim sup ɛ log P(X ɛ ∈ A xi ) ≤ − <strong>in</strong>f I(x)ɛ→0y∈A xiɛ log P(X ɛ ∈ ( ⋃ A xi ) c ) ≤ − ⋃ <strong>in</strong>f I(x)y∈( A xi ) cerhalten32


1.2 Theorie der großen AbweichungenUnter Verwendung von Lemma 1.13 ergibt sich:lim sup ɛ log Ee ϕ(Xɛ )ɛɛ→0≤ lim supɛ→0N∑ɛ log(i=1Ee ϕ(x i )+δɛ 1 {X ɛ ∈A xi } + e M ɛ P(X ɛ ∈ ( ⋃ A xi ) c ))≤ max( maxN(ϕ(x i) + δ − <strong>in</strong>f I(y)), M −i=1 y∈A ⋃ <strong>in</strong>f I(x))xi y∈( A xi ) c≤ max( Nmaxi=1 (ϕ(x i) − I(x i ) + 2δ), M − α)≤ max( Nmaxi=1 (ϕ(x i) − I(x i )), M − α) + 2δDie Aussage <strong>für</strong> den beschränkten Fall folgt nun direkt durch Übergang δ → 0 undα → ∞.Für den allgeme<strong>in</strong>en Fall betrachte <strong>für</strong> M < ∞ die Funktion ϕ M (x) := ϕ(x)∧M ≤ ϕ(x).Dann ist ϕ M e<strong>in</strong>e beschränkte und nach oben halbstetige Funktion. Es folgt wieder unterAusnutzung von Lemma (1.13):lim sup ɛ log Ee ϕ(Xɛ )ɛɛ→0≤ lim sup ɛ log(Ee ϕ(Xɛ )ɛ 1 {ϕ(X ɛ )


1 E<strong>in</strong>führungdas LDP <strong>mit</strong> guter Ratenfunktion I. Dann gilt <strong>für</strong> alle A ⊆ X abgeschlossen:∫lim sup ɛ logɛ→0Ae F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx) ≤ sup(F (x) − I(x)).x∈ABeweis. Für A ⊆ X abgeschlossen ist die Indikatorfunktion 1 A von oben halbstetig undso<strong>mit</strong> auch 1 A F . Wegen 1 A F ≤ F bleibt die Schranke (1.9) erhalten. Anwendung vonLemma (1.17) liefert dannWeiter gilt:∫X∫lim sup ɛ logɛ→0X∫e 1 A(x)F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx) =∫=e 1 A(x)F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx) ≤ sup(F (x) − I(x)).x∈AAA∫e 1F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx) +X \Ae 0 P(X ɛ ∈ dx)e 1F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx) + P(X ɛ ∈ X \A) .} {{ }∈[0,1]Da<strong>mit</strong> folgt dann <strong>für</strong> die l<strong>in</strong>ke Seite <strong>mit</strong> Hilfe von Lemma 1.13:∫lim sup ɛ log e F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx)ɛ→0X∫= lim sup ɛ log( e 1F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx) + P(X ɛ ∈ X \A))ɛ→0A∫= max(lim sup ɛ log(ɛ→0∫A= lim sup ɛ log e F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx),ɛ→0Ae F (x)/ɛ P(X ɛ ∈ dx), lim sup ɛ log P(X ɛ ∈ X \A))ɛ→0wobei im Maximum der zweite Teil ke<strong>in</strong>e Rolle spielt, da aus x ∈ [0, 1] schon log(x) ≤ 0geschlossen werden kann und da<strong>mit</strong>Es folgt die Behauptung.lim sup ɛ log P(X ɛ ∈ X \A) ≤ 0.ɛ→0In der späteren <strong>Anwendungen</strong> bedarf es noch der Erweiterung von Varadhans Theoremauf Abbildungen F : X → [−∞, ∞) erweitern. D. h. F kann auch den Wert −∞annehmen.34


1.2 Theorie der großen AbweichungenSatz 1.19. Erfülle (Z ɛ ) ɛ das LDP auf X <strong>mit</strong> guter Ratenfunktion I : X → [0, ∞]. Essei F : X → [−∞, ∞) stetig und existiere e<strong>in</strong> γ > 1 <strong>mit</strong>Dann gilt <strong>für</strong> alle messbaren A ∈ B X :lim sup ɛ log Ee γ ɛ F (Zɛ) < ∞.ɛ→0sup[F (x) − I(x)] ≤ lim <strong>in</strong>f ɛ log E1Åe F (Zɛ )/ɛɛ→0x∈ÅInsbesondere folgt <strong>für</strong> A = X≤ lim supɛ→0Beweis. Die <strong>mit</strong>tlere Ungleichung ist klar.Die erste Ungleichung ist Lemma 1.16.ɛ log E1 Ā e F (Zɛ)/ɛ ≤ sup[F (x) − I(x)].x∈Ālim ɛ log Ee F (Zɛ)/ɛ = sup[F (x) − I(x)].ɛ→0Betrachte die dritte Ungleichung: Falls F konstant −∞ ist, ist nichts zu zeigen. Sei alsoF nicht konstant −∞. Sei C ⊆ X abgeschlossen und def<strong>in</strong>iere <strong>für</strong> M > 0 die MengeC Mx∈X:= {x ∈ X |F (x) ≥ −M} = F −1 [−M, ∞). Da F stetig ist, ist F −1 [−M, ∞) alsUrbild e<strong>in</strong>er abgeschlossenen Menge abgeschlossen und da<strong>mit</strong> C M abgeschlossen. Fürx ∈ C \ C M gilt nach Def<strong>in</strong>ition F (x) < −M. Es folgt <strong>mit</strong> Hilfe der Monotonie derExponentialfunktion∫Cexp( 1 ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx)∫= exp( 1 ∫C M ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx) + exp( 1C\C M ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx)∫≤ exp( 1 ∫C M ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx) + exp(− MC\C M ɛ )P(Zɛ ∈ dx)∫= exp( 1 ∫C M ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx) + exp(− M ɛ )1 C\C MP(Z ɛ ∈ dx)∫= exp( 1C M ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx) + exp(− M ɛ )P(Zɛ ∈ C \ C M )Da Z ɛ das LDP <strong>mit</strong> Ratenfunktion I erfüllt , folgt <strong>für</strong> den zweiten Teil der rechten Seitelim sup ɛ log(exp(− Mɛ→0ɛ )P(Zɛ ∈ C \ C M ))35


1 E<strong>in</strong>führung= lim sup ɛ log exp(− Mɛ→0ɛ= ɛ −M ɛ≤ −M −) + lim sup ɛ log P(Z ɛ ∈ C \ C M )ɛ→0+ lim sup ɛ log P(Z ɛ ∈ C \ C M )ɛ→0<strong>in</strong>f I(x)c∈C\C MFür den ersten Teil der rechten Seite betrachte die Funktion F 1 CM . Diese ist von obenhalbstetig, da C M abgeschlossen ist. Aus Lemma 1.18 folgt∫lim sup ɛ log exp( 1ɛ→0C M ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx) ≤ sup [F (x) − I(x)]x∈C MMit Lemma 1.13 erhalten wir daher∫lim sup ɛ log( exp( 1ɛ→0C M ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx) + exp(− M ɛ )P(Zɛ ∈ C \ C M ))= max(lim sup ɛ logɛ→0∫C Mexp( 1 ɛ F (Zɛ ))P(Z ɛ ∈ dx), lim supɛ→0≤ max( sup [F (x) − I(x)], −M − <strong>in</strong>f I(x))x∈C M c∈C\C M≤ max( supx∈C M[F (x) − I(x)], −M)Wir erhalten da<strong>mit</strong> die dritte Ungleichung durch Übergang M → ∞.ɛ log exp(− M ɛ )P(Zɛ ∈ C \ C M ))Mit Hilfe von Varadhans Theorem ist es nun möglich, Asymptotiken von Erwartungswertenauszurechnen.1.2.2 Transformation von LDPsEs werden zwei Techniken vorgestellt, wie man aus bestehenden LDPs neue konstruierenkann. Dabei wird e<strong>in</strong>erseits das Verhalten von Maßen und Ratenfunktionen unter stetigenAbbildungen untersucht und andererseits geklärt, wie sich das LDP auf Grenzwertevon Maßfolgen auswirkt.Kontraktionspr<strong>in</strong>zipEs stellt sich zunächst die Frage, wie sich die LDP Eigenschaft e<strong>in</strong>er Familie (X ɛ ) ɛ≥0 aufX unter Abbildungen f : X → Y verhält. E<strong>in</strong>e Antwort <strong>für</strong> den Fall e<strong>in</strong>er stetigen Funktionf liefert das Kontraktionspr<strong>in</strong>zip. Dies Konzept gehört zu den Standardtechnikenund wird noch häufig genutzt.36


1.2 Theorie der großen AbweichungenSatz 1.20 (Kontraktionspr<strong>in</strong>zip). Es seien X und Y Hausdorff-Räume und f : X → Ye<strong>in</strong>e stetige Abbildung. Erfülle (X ɛ ) ɛ≥0 das LDP auf X <strong>mit</strong> (guter) Ratenfunktion I.Dann erfüllt (f(X ɛ )) ɛ≥0 das LDP auf Y <strong>mit</strong> guter RatenfunktionJ(y) = <strong>in</strong>f{I(x) | x ∈ X , y = f(x)}und J(y) := ∞ falls die Menge leer ist.Beweis. Zunächst ist J nicht negativ, da I nicht negativ ist. Ist I e<strong>in</strong>e gute Ratenfunktion,so ist auch J e<strong>in</strong>e gute Ratenfunktion. Dazu betrachte <strong>für</strong> α ≥ 0 die beidenMengen:Ψ α I := {x ∈ X |I(x) ≤ α}Ψ α J := {y ∈ Y|J(y) ≤ α}.Nach Voraussetzung ist Ψ α Ikompakt. Zusätzlich giltf(Ψ α I ) = Ψ α J.Da Bilder kompakter Mengen unter stetigen Abbildungen ebenfalls kompakt s<strong>in</strong>d, istauch J e<strong>in</strong>e gute Ratenfunktion. Dazu:⊆ Sei y ∈ f(Ψ α I ). Dann existiert e<strong>in</strong> x 0 ∈ Ψ α I<strong>mit</strong> f(x 0 ) = y und I(x 0 ) ≤ α. Es gilt alsoJ(y) =<strong>in</strong>f I(x) ≤ I(x 0) ≤ αx∈f −1 (y)und da<strong>mit</strong> y ∈ Ψ α J.⊇ Sei umgekehrt y ∈ Ψ α J. Dann gilt<strong>in</strong>f I(x) = J(y) ≤ α.x∈f −1 (y)Es existiert also e<strong>in</strong>e Folge (x n ) n <strong>mit</strong> x n ∈ f −1 (y) und x 0 := lim n→∞ x n ≤ α. Daf −1 (y) abgeschlossen ist, gilt x 0 ∈ f −1 (y) und da<strong>mit</strong> x 0 ∈ Ψ α I . Also folgt wegenf(x 0 ) = y schon y ∈ f(Ψ α I ).Untere Schranke: Es sei B ⊆ Y offen. Da f stetig ist, ist f −1 (G) ⊆ X ebenfalls offen.37


1 E<strong>in</strong>führungUnter Ausnutzung des LDPs <strong>für</strong> (X ɛ ) ɛ≥0 folgt− <strong>in</strong>f J(y) = − <strong>in</strong>f <strong>in</strong>f I(x)y∈G y∈G x∈f −1 (y)= − <strong>in</strong>fx∈f −1 (G) I(x)≤ lim <strong>in</strong>fɛ→0= lim <strong>in</strong>fɛ→0ɛ log P(X ɛ ∈ f −1 (G))ɛ log P(f(X ɛ ) ∈ G)Obere Schranke: Dieser Teil folgt genau wie oben unter Ausnutzung der Tatsache, dass<strong>für</strong> A ⊆ Y abgeschlossen auch f −1 (A) ⊆ X abgeschlossen ist.1.2.3 LDP <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong>Wie bereits angekündigt, ist die Betrachtung e<strong>in</strong>es LDP <strong>für</strong> Maße auf dem Raum vonFunktionen notwendig. Zur Anwendung der oben vorgestellten Techniken muss nun dieRatenfunktion bestimmt werden. Das erste und wichtigste Beispiel ist der Wienerprozess.Zunächst muss allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e speziellere Klasse von Funktionen def<strong>in</strong>iert werden:Def<strong>in</strong>ition 1.21. Es sei h : [0, T ] → R n e<strong>in</strong>e Funktion. Wir nennen h absolutstetig,falls h fast überall differenzierbar ist, ḣ lebeque<strong>in</strong>tegrierbar ist und<strong>für</strong> alle t ∈ [0, T ] gilt.h t = h a +∫ taḣ u duBeachte, dass absolutstetige Funktionen fast überall differenzierbar s<strong>in</strong>d und daher dasIntegralwohldef<strong>in</strong>iert ist.∫ T0|ḣt| 2 dtDef<strong>in</strong>ition 1.22. Wir bezeichnen den Raum der absolut stetigen Funktionen <strong>mit</strong> quadrat<strong>in</strong>tegrierbarerAbleitung gegeben durch∫ TH T x := {h | h abs. stetig, h 0 = x, |ḣt| 2 dt < ∞}038


1.2 Theorie der großen Abweichungenals Cameron-Mart<strong>in</strong> Raum und setzen H T := H T 0Im Folgenden wird immer angenommen, dass der zugrunde liegende Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsraum(Ω, F, P) <strong>mit</strong> der augmentierten rechtsseitigstetigen Wienerfiltration versehen ist.E<strong>in</strong> allererstes LDP Resultat wurde von Schilder <strong>für</strong> den Wienerprozess bewiesen.Theorem 1.23 (Schilder). Es sei W e<strong>in</strong> n-dimensionaler Wienerprozess auf (Ω, F, P).Dann erfüllt ( √ ɛW ) ɛ≥0 das LDP auf C 0 [0, T ] <strong>mit</strong> guter Ratenfunktion⎧⎪⎨I(h) =⎪⎩Beweis. vgl. [6], S. 161, Theorem 5.2.312∫ T0 |ḣt| 2 dt falls h ∈ H T∞ sonst.Freidl<strong>in</strong>-Wentzell TheorieNun kann Schilders Theorem und das Kontraktionspr<strong>in</strong>zip genutzt werden, um e<strong>in</strong> LDP<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Familie von Lösungen stochastischer Differentialgleichungen herzuleiten. AlsNachschlagewerk der stochastischen Analysis ist Rogers und Williams (1987, [24]) zuempfehlen. E<strong>in</strong>e gute E<strong>in</strong>führung <strong>mit</strong> Fokus auf stochastischen Differentialgleichungen<strong>mit</strong> f<strong>in</strong>anzmathematischen <strong>Anwendungen</strong> ist <strong>in</strong> Øksendal (1998, [20]) zu f<strong>in</strong>den. Es seizunächst e<strong>in</strong>e Familie stochastischer DifferentialgleichungendSt ɛ = b(St ɛ )dt + √ ɛσ(St ɛ )dW t (1.12)S0 ɛ = s 0 ,<strong>für</strong> zwei beschränkte gleichmäßig lipschitzstetige Funktionen b : R n → R n und σ : R n →R n×d <strong>mit</strong> geeigneten Integrationsbed<strong>in</strong>gungen. Def<strong>in</strong>iere nun e<strong>in</strong>e AbbildungF : H T → H T s 0F (g) = h,wobei h die e<strong>in</strong>deutige Lösung der Gleichung∫ th(t) = s 0 b(h(s)) ds +0∫ t0σ(h(s))ġ(s) ds0 ≤ t ≤ Tist. Dabei wird die E<strong>in</strong>deutigkeit der Lösung durch die Lipschitzbed<strong>in</strong>gung sichergestelltund die Abbildung F ist wohldef<strong>in</strong>iert. Es soll nun e<strong>in</strong>e Art Kontraktionspr<strong>in</strong>zip auf die39


1 E<strong>in</strong>führungProzessfamilie (W ɛ ) ɛ und die Abbildung F angewandt werden, um das LDP <strong>für</strong> (S ɛ ) ɛherzuleiten. Dabei ist zu bemerken, dass die Abbildung F im Allgeme<strong>in</strong>en nicht stetigist und sich der Beweis daher etwas technischer gestaltet. Wir verzichten deswegen andieser Stelle darauf und verweisen <strong>für</strong> die Details auf Dembo und Zeitouni (1993, [6], S.189, Theorem 5.6.7).Theorem 1.24 (Freidl<strong>in</strong>-Wentzell). Es sei (S ɛ ) ɛ e<strong>in</strong>e Familie stochastischer Prozessegegeben durch (1.12). Dann erfüllt (S ɛ ) ɛ das LDP auf C[0, T ] <strong>mit</strong> guter Ratenfunktion⎧⎪⎨I s0 (h) =⎪⎩<strong>in</strong>fg∈F −1 (h)1 ∫ T2 0 |ġ t| 2 dt falls h ∈ H T s 0∞sonst.In e<strong>in</strong>igen Situationen ist die Abbildung F bijektiv, wodurch die Ratenfunktion ohneEr<strong>mit</strong>tlung des Infimums auskommt.Korollar 1.25. Ist <strong>für</strong> alle x ∈ R n die quadratische Matrix a(x) := σ(x)σ(x) Tdef<strong>in</strong>it, dann reduziert sich die Ratenfunktion zu⎧⎪⎨I s0 (h) =⎪⎩12∫ T0 (ḣs − b(h s )) T a −1 (h s )(ḣs − b(h s ))ds falls h ∈ H T s 0∞sonst.positivBeweis. vgl. [6], S. 189Im e<strong>in</strong>dimensionalen Fall ergibt sich <strong>in</strong> dieser Situation dann die Ratenfunktion zu⎧⎪⎨I s0 (h) =⎪⎩1 ∫ T2 0( ) 2 ḣs−b(hs)σ(h s) ds falls h ∈ HTs0∞sonst.Als entscheidendes Resultat der Freidl<strong>in</strong>-Wentzell Theorie kann nun die Ratenfunktionvon Familien von <strong>Diffusionsprozesse</strong>n bestimmt werden. Da<strong>mit</strong> stehen nun e<strong>in</strong>e großeMenge an Werkzeugen der Theorie der großen Abweichungen zur Verfügung.1.2.4 AustrittszeitenWir können das Theorem von Freidl<strong>in</strong>-Wentzell benutzen, um asymptotische Aussagenüber die Austrittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit der Familie (S ɛ ) ɛ gemäß der stochastischen Differentialgleichung(1.12) zu machen. Es sei D ⊆ R n e<strong>in</strong>e beschränkte Menge <strong>mit</strong> glattem40


1.2 Theorie der großen AbweichungenRand ∂D und nach außem gerichteten Normalenvektor v auf ∂D. Def<strong>in</strong>iere <strong>für</strong> e<strong>in</strong>estetige Funktion ϕ : [0, T ] → R die Erstaustrittszeitτ D (ϕ) := <strong>in</strong>f{t ∈ [0, T ] | ϕ t /∈ D}.Es ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit P(τ D (S ɛ ) ≤ T ) gesucht. Mit Hilfe der Theorie der großenAbweichungen ist es wieder möglich, die Asymptotik dieser Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit zu er<strong>mit</strong>teln.Satz 1.26. Es sei (S ɛ ) ɛ e<strong>in</strong>e Familie von Prozessen gegeben durch die stochastischeDifferentialgleichung (1.12). Die Ratenfunktion dieser Familie ist nach Freidl<strong>in</strong>-Wentzellgegeben durchI S (ϕ) = 1 2∫ ( T ˙0ϕt − b(ϕ t )σ(ϕ t )) 2dt,falls ϕ ∈ H T s 0und I S (ϕ) = ∞ sonst. Für e<strong>in</strong> Gebiet D ⊆ R n <strong>mit</strong> glattem Rand ∂D gelteweiter s 0 ∈ D und b · v < 0 auf ∂D (Skalarprodukt). Dann giltlim ɛ log P(τ(S ɛ ) ≤ T )ɛ→0= − <strong>in</strong>f{ 1 2∫ ( τ D (ϕ) ˙0ϕt − b(ϕ t )σ(ϕ t )Beweis. vgl. [8], S. 1378, Theorem 4.1) 2dt | ϕ ∈ C[0, T ], ϕ 0 = s 0 , τ D (ϕ) ≤ T }.Zur Er<strong>in</strong>nerung: Für e<strong>in</strong>e C 1 -Kurve φ : [0, T ] → R haben wir den ersten Schnittpunkt<strong>mit</strong> der Funktion u : [0, T ] → R def<strong>in</strong>iert alsτ φ (u) := {t ∈ [0, T ] | u(t) = φ(t)}.Ist nun das Gebiet D <strong>mit</strong> Hilfe e<strong>in</strong>er Funktion φ def<strong>in</strong>iert, so kann die Aussage etwasmodifiziert werden, um Variationsrechnung anwenden zu können.Korollar 1.27. Es sei φ : [0, T ] → R e<strong>in</strong>e C 1 -Kurve. In der Situation von Satz 1.26 sei∂D der Graph von φ und D die Menge oberhalb (unterhalb) des Graphen, falls s 0 < φ(0)(bzw. s 0 > φ(0)). Dann giltlim ɛ log P(τ D (S ɛ ) ≤ T )ɛ→0= − <strong>in</strong>f{ 1 2∫ ( τ D (ϕ) ˙0ϕt − b(ϕ t )σ(ϕ t )) 2dt | ϕ ∈ C[0, T ], ϕ 0 = s 0 , τ φ (ϕ) ≤ T }.41


1 E<strong>in</strong>führungBeweis. Für stetige Funktionen ϕ folgtτ D (ϕ) Def= <strong>in</strong>f{t ∈ [0, T ] | ϕ t /∈ D}stetig= <strong>in</strong>f{t ∈ [0, T ] | ϕ t ∈ ∂D}Def= τ φ (ϕ).D. h. e<strong>in</strong>e stetige Funktion kann nicht <strong>in</strong> das Gebiet h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> spr<strong>in</strong>gen, sondern muss zuvorden Rand ∂D passieren. Die Behauptung folgt dann direkt unter Anwendung von Satz1.26.Mit dem Korollar ist es nun gelungen, die Berechnung des Grenzverhaltens vonP(τ D (S ɛ ) ≤ T )auf e<strong>in</strong> Optimierungsproblem zu reduzieren. Genauer entspricht dies nun dem Variationsproblem<strong>mit</strong> l<strong>in</strong>kem festen Randpunkt A = (0, s 0 ) und rechtem Endpunkt auf derC 1 -Kurve φ : [0, T ] → R:X := {u ∈ C[0, T ] | u(0) = s 0 , τ φ (u) ≤ T }∫ ( )1 τ φ (u)2ϕt ˙ − b(ϕ t )<strong>in</strong>fdt.u∈X 2 0 σ(ϕ t )Dieses Problem wurde <strong>in</strong> Abschnitt 1.1.4 ausführlich behandelt.Beispiel: Vasicek-ProzessBetrachte den ProzessdS ɛ t = a(b − S ɛ t )dt + √ ɛσdW tS ɛ 0 = s 0zusammen <strong>mit</strong> der C 1 -Kurveφ(t) = K 0 e αt s 0 < K 0 .Da<strong>mit</strong> ist <strong>in</strong> dieser Situation nun folgendes Variationsproblem <strong>mit</strong> l<strong>in</strong>kem festen RandpunktA = (0, s 0 ) und rechtem Endpunkt auf der Kurve φ zu lösen:42


1.2 Theorie der großen AbweichungenX := {u ∈ C[0, T ] | u(0) = s 0 , τ φ (u) ≤ T }1<strong>in</strong>fu∈X 2∫ τ φ (u)0( ) 2ϕt ˙ − a(b − (ϕ t ))dt.σϕ tDas Optimierungsproblem entspricht dem Beispiel am Ende von Abschnitt 1.1.4. Fürdie Parametera = 1 b = 0.25 s 0 = 0.2σ = 0.1 α = 0.001 K 0 = 0.4konnte dort der Wert m des M<strong>in</strong>imums er<strong>mit</strong>telt werdenm = 2.320771837.Es folgt nun <strong>mit</strong> Korollar 1.27Für ɛ = 1 ergibt das e<strong>in</strong>e Approximationlim ɛ log P(τ D (S ɛ ) ≤ T ) = −2.320771837.ɛ→0P(τ D (S ɛ ) ≤ T ) ∼ exp(−2.320771837) = 0.09819776368.Dieses Verfahren kann von Fall zu Fall auf e<strong>in</strong>e größere Klasse von Prozessfamilien(S ɛ ) ɛ und Kurven φ erweitert werden. Dazu s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Änderungen im anhängendenMaple Worksheet vonnöten. Insgesamt ergibt sich e<strong>in</strong>e erfolgreiche Strategie <strong>mit</strong>samtnumerischen Lösungsverfahren <strong>für</strong> die Berechnung des asymptotischen Grenzverhaltensvon Austrittszeiten <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong>n aus Gebieten, die durch e<strong>in</strong>e differenzierbareKurve bestimmt s<strong>in</strong>d.43


2 Monte Carlo Simulation und<strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>In der F<strong>in</strong>anzmathematik ist e<strong>in</strong> wesentliches Problem die Berechnung von Erwartungswertenvon stochastischen Prozessen der FormdS t = b(S t )dt + σ(S t )dW tS 0 = s 0 .Für e<strong>in</strong> messbares Funktional G : C s0 [0, T ] → R <strong>mit</strong> E|G(S)| < ∞ ist der ErwartungswertI G := EG(S)gesucht. Dabei wird G häufig als Auszahlung oder treffender als Auszahlungsfunktionalbezeichnet, da es die Auszahlung e<strong>in</strong>es Derivates repräsentiert. Die Berechnung von I Gentspricht dann dem Preisfestsetzungsproblem oder Bewertungsproblem <strong>für</strong> Derivate.Die Handhabbarkeit von I G hängt stark von der gewählten Dynamik und der betrachtetenAuszahlungsfunktion ab. In e<strong>in</strong>igen Fällen kann e<strong>in</strong>e geschlossene Formel <strong>für</strong> denErwartungswert angegeben werden (zum Beispiel im Black-Scholes Modell <strong>für</strong> Call- undPutoptionen). Häufig muss bei dem Preisfestsetzungsproblem <strong>für</strong> Derivate jedoch e<strong>in</strong>numerisches Verfahren angewandt werden, um den Preis des F<strong>in</strong>anzgutes approximativzu berechnen. Ziel dieses Abschnittes ist e<strong>in</strong>e kurze Vorstellung der Monte Carlo Simulation<strong>mit</strong> anschließender E<strong>in</strong>leitung <strong>in</strong> das <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>. Dabei wird zunächsterläutert, was unter <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> und dem da<strong>mit</strong> verbundenen Maßwechselauswahlproblemverstanden wird. Dieses Auswahlproblem wird im nächsten Abschnittdann basierend auf Guasoni und Robertson (2007, [12]), Robertson (2010, [23]) undPham (2010, [22]) <strong>mit</strong> Hilfe der Theorie großer Abweichungen gelöst.45


2 Monte Carlo Simulation und <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>2.1 Monte Carlo SimulationE<strong>in</strong>e Monte Carlo Simulation <strong>für</strong> die Derivatebewertung <strong>für</strong> e<strong>in</strong> F<strong>in</strong>anzprodukt <strong>mit</strong> AuszahlungG besteht aus e<strong>in</strong>er Generierung von N Pfaden S 1 , ..., S N der gegebenen DynamikdS t = b(S t )dt + σ(S t )dW t (2.1)S 0 = s 0 .<strong>mit</strong> anschließender MittelwertbildungI N G := 1 NN∑G(S i )i=1als Approximation <strong>für</strong> den Preis. Es wird IGN im Folgenden als Monte Carlo Schätzerbezeichnet. Zunächst ist allerd<strong>in</strong>gs <strong>für</strong> dieses Vorgehen e<strong>in</strong> Zufallsgenerator <strong>für</strong> Pfade vonS nötig. Dies kann etwa durch das Euler-Maruyama oder das Milste<strong>in</strong>verfahren erreichtwerden. In dieser Arbeit wird das erste Verfahren genutzt:Def<strong>in</strong>ition 2.1 (Euler-Maruyama). Es sei 0 = t 0 < t 1 < ... < t N = T e<strong>in</strong>e äquidistanteZerlegung des Intervalls [0, T ] <strong>mit</strong> konstanter Schrittweite ∆t := δ. Def<strong>in</strong>iere rekursivS n+1 = S n + b(S n )∆t + σ(S n )∆W n ,wobei∆W n := W tn+1 − W tn ∼ N(0, t n+1 − t n ) =√t n+1 − t n N(0, 1) = √ δN(0, 1).Betrachte die stückweise def<strong>in</strong>ierte l<strong>in</strong>eare Funktion S δS δ | [ti ,t i+1 ](t) = S ti −( )Sti+1 − S ti(t i − t), 0 ≤ i ≤ N − 1,t i+1 − t idie durch Verb<strong>in</strong>den der Gitterpunkte entsteht. Nun ist S δ e<strong>in</strong> simulierter Pfad von S.Der eigentliche Monte Carlo Schätzer besteht nun <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e vorher gewählte Schrittweiteδ > 0 aus der Generierung von e<strong>in</strong>er Stichproben S 1 , ..., S N , welche durch S δ 1, ..., S δ Ngemäß Euler-Maruyama approximiert werden, d. h. der eigentliche Monte Carlo Schätzer46


2.1 Monte Carlo SimulationistI N,δG= 1 NN∑G(Si δ ).i=1Um die Konsistenz dieses Schätzers zu begründen, musslim limN→∞ δ→0 IN,δ G= limlimδ→0 N→∞ IN,δ G= EG(S)<strong>in</strong> Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit gelten.Zunächst ist es s<strong>in</strong>nvoll, den Approximationsfehler <strong>in</strong> Folge der Diskretisierung durchdas Euler-Maruyama Verfahren genauer zu untersuchen:Lemma 2.2. Es seien b und σ lokal lipschitzstetige Funktionen. Dann gilt()lim E sup |St δ − S t | 2 = 0.δ→00≤t≤TBeweis. vgl. [14], Theorem 2.2, S. 1043Insbesondere gilt dies auch <strong>in</strong> Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, d. h.()lim P sup |St δ − S t | > ɛ = 0.δ→00≤t≤TLemma 2.3. Es seien b und σ lokal lipschitzstetige Funktionen und G : C s0 [0, T ] → Re<strong>in</strong> lipschitzstetiges Funktional. Der Monte Carlo Schätzer I N,δG ist konsistent, d. h. <strong>für</strong>alle ɛ > 0 giltlim limN→∞ δ→0 P(|IN,δ G− EG(S)| > ɛ) = 0 = lim limN→∞ P(|IN,δ G − EG(S)| > ɛ).Beweis. Es sei ɛ > 0 und S 1 , S 2 , ... e<strong>in</strong>e unabhänige gemäß (2.1) identisch verteilteStichprobe von S und S δ 1, S δ 2, ... die entsprechenden Euler-Maruyama Approximationen.Es giltδ→0|I N,δG− EG(S)| = | 1 N= | 1 N≤ | 1 NN∑G(Si δ ) − EG(S)|i=1N∑G(Si δ ) − G(S i ) + G(S i ) − EG(S)|i=1N∑G(Si δ ) − G(S i )| + | 1 N∑G(S i ) − EG(S)|i=1Ni=147


2 Monte Carlo Simulation und <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>≤ 1 NN∑|G(Si δ ) − G(S i )| + | 1i=1NN∑G(S i ) − EG(S)|i=1Wegen E|G(S)| 2 < ∞ erfüllt die Folge G(S 1 ), G(S 2 ), ... das schwache Gesetz der großenZahlen, d. h. <strong>für</strong> alle ɛ > 0 giltlimN→∞ P (| 1 N)N∑G(S i ) − EG(S)| > ɛ = 0.i=1Nach Lemma 2.2 gilt S δ δ→0→ S <strong>in</strong> L 1 <strong>in</strong> C s0 [0, T ]. Zusammen <strong>mit</strong> der Lipschitzstetigkeitvon G <strong>mit</strong> Lipschitzkonstante C > 0|G(S δ ) − G(S)| ≤ C||S δ − S|| ∞folgt0 ≤ E ( |G(S δ ) − G(S)| ) ≤ E ( C||S δ − S|| ∞)→ 0 <strong>für</strong> δ → 0.Unter Anwendung der Markovungleichung gilt nun <strong>für</strong> alle ɛ > 0( 1PN<strong>für</strong> δ → 0 und <strong>in</strong>sgesamtAnalog folgt)N∑|G(Si δ ) − G(S i )| > ɛ ≤ E ( 1 ∑ Ni=1|G(SNi δ ) − G(S i )| )i=1ɛ= E ( |G(S1) δ − G(S 1 )| )→ 0ɛ( )1N∑0 ≤ lim lim P |G(Si δ ) − G(S i )| > ɛδ→0 N→∞ Ni=1E ( |G(S1) δ − G(S 1 )| )≤ lim limδ→0 N→∞ ɛE ( |G(S1) δ − G(S 1 )| )= lim= 0δ→0 ɛ( )1N∑0 ≤ lim lim P |G(Si δ ) − G(S i )| > ɛN→∞ δ→0 Ni=1≤ lim limE ( |G(S1) δ − G(S 1 )| )N→∞ δ→0 ɛ48


2.1 Monte Carlo SimulationInsgesamt ergibt dies <strong>für</strong> alle ɛ > 0lim lim P ( |I N,δG − EG(S)| > ɛ )N→∞ δ→0≤ limN→∞ limδ→0 P ( 1N= limN→∞ limδ→0 P ( 1N= 0und analog= limδ→0E ( |G(S δ 1) − G(S 1 )| )ɛN∑|G(Si δ ) − G(S i )| > ɛ )i=12N∑|G(Si δ ) − G(S i )| > ɛ )i=12= 0.+ limN→∞ limδ→0 P (| 1 N+ limN→∞ P (| 1 Nlim lim P ( |I N,δG − EG(S)| > ɛ ) = 0.N→∞δ→0Da<strong>mit</strong> folgt die Behauptung.N∑G(S i ) − EG(S)| > ɛi=12)N∑i=1G(S i ) − EG(S)| > ɛ 2)Als entscheidendes Resultat dieses Lemmas erhalten wir nun, dass Monte Carlo Simulationen<strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong> unter stetigen Funktionalen <strong>für</strong> kle<strong>in</strong>e Schrittweiten δ undgroße Simulationsumfänge N sehr nahe gegen den tatsächlichen Erwartungswert vonG(S) konvergieren.Um die Qualität e<strong>in</strong>es Monte Carlo Schätzers zu bestimmen, können Konfidenz<strong>in</strong>tervalleherangezogen werden.Lemma 2.4. Es sei (X n ) n∈N e<strong>in</strong>e Folge unabhäniger, identisch verteilter Zufallsgrößen<strong>mit</strong> µ = EX 1 und 0 < VX 1 < ∞. Def<strong>in</strong>iere das Stichproben<strong>mit</strong>tel der Zufallsstichprobe(X 1 , ..., X n ) alsX n := 1 n∑X <strong>in</strong>i=1und die Stichprobenvarianz der Zufallsstichprobe (X 1 , ..., X n ) alsS 2 n := 1n − 1n∑(X i − X n ) 2 .i=1Dann konvergiert die Zufallsgröße √ n Xn−µS n<strong>in</strong> Verteilung gegen e<strong>in</strong>e Standardnormalverteilung√ X n − µ n → N (0, 1).S n49


2 Monte Carlo Simulation und <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>Da<strong>mit</strong> gilt <strong>für</strong> alle x ∈ R( √nlim P X n − µn→∞ S n≤ x)= Φ(x),wobei Φ(x) die Verteilungsfunktion e<strong>in</strong>er Standardnormalverteilung ist.Korollar 2.5. Es sei X 1 , ..., X n e<strong>in</strong>e Stichprobe und α ∈ (0, 1) vorgegeben. Dann ist[X n − q 1−α2S n√ n, X n + q 1−α2]S√ n. ne<strong>in</strong> asymptotische Konfidenz<strong>in</strong>tervall zum Niveau 1 − α <strong>für</strong> µ = EX 1 , wobei q 1−α das2(1 − α )-Quantil e<strong>in</strong>er standardnormalverteilten Zufallsgröße bezeichnet.2Beweis. Die Behauptung folgt un<strong>mit</strong>telbar aus Lemma 2.4:lim P(X n − q 1−αn→∞ 2S n√ n< µ < X n + q 1−α2S n√ n) = lim n→∞P(−q 1−α2 < √ n X n − µS n= Φ(q 1−α2 ) − Φ(−q 1− α 2 )= 1 − α.< q 1−α2 )Die Länge des Konfidenz<strong>in</strong>tervalls ist jetzt e<strong>in</strong> entscheidendes Qualitätskriterium <strong>für</strong> dieSchätzung von µ. Dabei verursachen gute Schätzer kle<strong>in</strong>e Konfidenz<strong>in</strong>tervalle. Die Längedes Intervalls ist2q 1−α2S n√ n.Um da<strong>mit</strong> die Genauigkeit des Schätzers um e<strong>in</strong>e Nachkommastelle zu verbessern, mussdie Anzahl der Simulationen verhundertfacht werden.Kann stattdessen die Standardabweichung der Stichprobe S n halbiert werden, so halbiertsich auch die Länge des Intervalls. Dieses Vorgehen wird im nächsten Abschnittuntersucht.2.2 <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>Bei e<strong>in</strong>er Monte Carlo Simulation besteht großes Interesse daran, die Stichprobenvarianzkle<strong>in</strong> zu halten, um e<strong>in</strong>e genauere Schätzung abgeben zu können. Dies lässt sich durch50


2.2 <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>e<strong>in</strong>e Erhöhung des Stichprobenumfangs N erreichen. Dabei steigt allerd<strong>in</strong>gs auch derSimulationsaufwand. Gel<strong>in</strong>gt es stattdessen die Standardabweichung zu reduzieren, soverkle<strong>in</strong>ert sich auch das Intervall. Die Schätzung wird genauer.E<strong>in</strong> zweiter Ansatz zur Optimierung des Konfidenz<strong>in</strong>tervalls besteht <strong>in</strong> der Reduktionder Stichprobenvarianz. E<strong>in</strong>e Möglichkeit, e<strong>in</strong>e solche Varianzreduktion zu erreichen, istdie Änderung des zu Grunde liegenden Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsmaßes P. Dieses Vorgehenist <strong>in</strong> der Literatur als <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> bekannt. Dass dieses Vorgehen bei richtigerHandhabung nicht zur Veränderung von Ergebnissen führt, kann <strong>mit</strong>tels Bayessichergestellt werden:Lemma 2.6 (Bayes-Formel). Es seien (Ω, F, P) e<strong>in</strong> Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsraum und (F t ) 0≤t≤Te<strong>in</strong>e Filtration. Weiter sei Q e<strong>in</strong> zu P äquivalentes Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsmaß auf F T . Bezeichne<strong>für</strong> t ∈ [0, T ] <strong>mit</strong> L t die Radon-Nikodym-Dichte von Q|F t bezüglich P|F t , d.h.L t = dQdP |F t.Dann gilt <strong>für</strong> jede Q-<strong>in</strong>tegrierbare, F T -messbare Zufallsgröße G<strong>für</strong> alle 0 ≤ t ≤ T .E Q (G|F t ) = E(L T G|F t )L tFür den Fall t = 0 gilt also EG = E Q G dPdP, sodass GdQ dQunter Q ist. Die Varianz dieses Schätzers unter Q istV Q G dP (dQ = E G 2 dP )− (EG) 2 .dQe<strong>in</strong> alternativer Schätzer <strong>für</strong> EGDurch e<strong>in</strong>en Maßwechsel von P nach Q kann <strong>mit</strong> Hilfe der Radon-Nikodym Dichte sichergestelltwerden, dass der Erwartungswert unverändert bleibt. Allerd<strong>in</strong>gs wird diesgewünschte Auswirkungen auf die Varianz haben. Dabei kann e<strong>in</strong> Maßwechsel zur Erhöhungoder Verr<strong>in</strong>gerung der Varianz führen. Ziel ist es nun, e<strong>in</strong> Maß Q zu f<strong>in</strong>den, dassdie Varianz reduziert, um da<strong>mit</strong> kle<strong>in</strong>ere Konfidenz<strong>in</strong>tervalle des Monte Carlo Schätzerszu erhalten. Bezeichne P(P) := {Q | Q ∼ P} die Menge aller zu P äquivalenten Maße.Es ist also folgendes Optimierungsproblem zu lösen:( ) ( (dP<strong>in</strong>f V QG = <strong>in</strong>f E G 2 dP ) ) ( (− (EG) 2 = <strong>in</strong>f E G 2 dP ))− (EG) 2 .Q∈P(P) dQ Q∈P(P) dQQ∈P(P) dQ51


2 Monte Carlo Simulation und <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>Dabei beleibt (EG) 2 durch e<strong>in</strong>en Maßwechsel unberührt und kann daher bei der Optimierungunberücksichtigt bleiben. Das Maßwechselauswahlproblem beim <strong>Importance</strong><strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> ist nun das Auff<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>er Lösung des Optimierungsproblems(<strong>in</strong>f E G 2 dP ).Q∈P(P) dQ2.2.1 <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> <strong>Diffusionsprozesse</strong>Für <strong>Diffusionsprozesse</strong> s<strong>in</strong>d Maßwechsel durch den Satz von Cameron-Mart<strong>in</strong>-Girsanovcharakterisiert. Dadurch kann das Maßwechselauswahlproblem etwas umformuliert werden.Betrachte zunächst wieder e<strong>in</strong>en DiffusionsprozessdS t = b(S t )dt + σ(S t )dW tS 0 = s 0 ∈ R,wobei b und σ zwei gleichmäßig lipschitzstetige Funktionen s<strong>in</strong>d, die geeignete Integrationsbed<strong>in</strong>gungenerfüllen.Für Funktionen h ∈ H T kann der Satz von Cameron-Mart<strong>in</strong>-Girsanov angewandt werden.Wir betrachten dazu das Doleansexponential von ∫ •0 ḣs dW s def<strong>in</strong>iert durch(∫ tL t := exp ḣ s dW s − 1 ∫ t )ḣ 2 s ds .0 2 0Wegen der Novikovbed<strong>in</strong>gung und ∫ T0 |ḣs| 2 ds < ∞ ist gesichert, dass L = (L t ) 0≤t≤Te<strong>in</strong> Mart<strong>in</strong>gal <strong>mit</strong> 1 = EL 0 = EL t ist. Wir können also <strong>für</strong> jedes h ∈ H T e<strong>in</strong> zu Päquivalentes Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsmaß Q h durchdQ hdP | F t= L tangeben und nennen Q h das von h <strong>in</strong>duzierte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsmaß. Nach Satz vonGirsanov ist W t := W t − ∫ t0 h sds e<strong>in</strong> Wienerprozess bezüglich Q h . Der Prozess S folgtdann unter diesem neuen Maß der DynamikdS t = ( b(S t ) + σ(S t ) ˙ h t)dt + σ(St )dW tS 0 = s 0 ∈ R.Schreibt man F := log G, so reformuliert sich <strong>mit</strong> Anwendung der Bayes-Formel das52


2.2 <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>Maßauswahlproblem unter dem von h ∈ H T <strong>in</strong>duzierten Maßwechsel zuE P G 2 (S)( )(dP∫ t= EdQ h P G 2 (S) exp − ḣ s dW s + 1 ∫ t02 0(∫ t= E P exp log(G 2 (S)) − ḣ s dW s + 102( ∫ t= E P exp 2F (S) − ḣ s dW s + 1 ∫ t02 0=: M var (h).Für das Maßwechselauswahlproblem muss nun)|ḣs| 2 ds∫ t0|ḣs| 2 ds)|ḣs| 2 ds)<strong>in</strong>f M var(h)h∈H Tbestimmt werden. Da<strong>mit</strong> reduziert sich das Problem auf die Er<strong>mit</strong>tlung e<strong>in</strong>er m<strong>in</strong>imierendenFunktion h. Trotzdem ist die varianzbee<strong>in</strong>flussende Größe M var (h) immernochschwer zu erfassen. Dazu wird im nächsten Kapitel e<strong>in</strong>e Approximation dieser Größe <strong>mit</strong>telsTheorie der großen Abweichungen genutzt, um Qualitätskriterien <strong>für</strong> Maßwechselherzuleiten.53


3 Determ<strong>in</strong>istische MaßwechselBasierend auf den Arbeiten von Guasoni und Robertson (2008, [12]) und Robertson(2010, [23]) wird e<strong>in</strong> heuristisches Verfahren zur Lösung des Maßwechselauswahlproblemsim <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> vorgestellt. Die grundlegende Idee ist dabei, die Auswirkunge<strong>in</strong>es determ<strong>in</strong>istischen Maßwechsels <strong>mit</strong>tels Varadhans Theorem zu approximieren, umanschließend e<strong>in</strong>en im S<strong>in</strong>ne dieser Approximation optimalen Maßwechsel auszuwählen.Die Methode wird zunächst im Black-Scholes Modell vorgestellt und dort ausführlichuntersucht. Anschließend kann das Resultat erfolgreich auf e<strong>in</strong>ige E<strong>in</strong>faktormodelle ausgeweitetwerden.Es sei W e<strong>in</strong> Wienerprozess und G = G(W ) : C[0, T ] → R + e<strong>in</strong> nicht negatives Auszahlungsfunktional,dessen Wert sich basierend auf den Pfaden des Wienerprozesseser<strong>mit</strong>teln lässt. Mit F := log G konnte bereits <strong>in</strong> Abschnitt 2.2.1 die Varianz unter demvon h <strong>in</strong>duziertem Maß Q h bestimmt werden. Wir erhalten da<strong>mit</strong> e<strong>in</strong> Funktional(M var : H T → R, h ↦→ E exp 2F (W ) −∫ T0ḣ t dW t + 1 2∫ T0|ḣt| 2 dtNun gibt M var (h) die Varianz von G(W ) unter dem Maß Q h an. Wir s<strong>in</strong>d an der Lösungdes Maßwechselauswahlproblems, d.h. an e<strong>in</strong>er Funktion ĥ ∈ HT <strong>mit</strong>).M var (ĥ) = <strong>in</strong>f M var(h)h∈H T<strong>in</strong>teressiert. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Größe M var (h) immernoch schwer zu erfassen. Die Ideeist nun, e<strong>in</strong>e Approximation von M var (h) <strong>mit</strong>tels Theorie der großen Abweichungenheranzuziehen. Dazu muss geklärt werden, welche Familie von Zufallsgrößen (X ɛ ) ɛ undwelche Funktion ϕ h : X → [−∞, ) <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Approximation geeignet s<strong>in</strong>d. Nach Annahmeist der Wienerprozess die entscheidende Zufallsgröße im Auszahlungsfunktional, def<strong>in</strong>ieredaher auf X = C 0 [0, T ] e<strong>in</strong>e Familie von Zufallsgrößen gegeben durch X ɛ = √ ɛW . Esgilt X ɛ=1 = W und ( √ ɛW ) ɛ erfüllt das LDP nach Schilders Theorem. Nun setzen wir55


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechsel<strong>für</strong> h ∈ H T ϕ h : C 0 [0, T ] → R,ϕ h (ω) = 2F (ω) −∫ T0ḣ t dω t + 1 2∫ T0|ḣt| 2 dt. (3.1)Es ist zunächst zu klären, ob das Integral ∫ T0 ḣtdω t existiert, da<strong>mit</strong> die Abbildung ϕ hwohldef<strong>in</strong>iert ist. Zusätzlich muss ϕ h stetig se<strong>in</strong> und die Voraussetzung von VaradhansTheorem erfüllen. Zunächst treffen wir folgende Annahme an das Auszahlungsfunktional.Annahme 3.1. Das Auszahlungsfunktional F = log G : C 0 [0, T ] → [−∞, ∞) ist stetigund erfülltfor Konstanten K 1 , K 2 > 0 und α ∈ (0, 2).F (x) ≤ K 1 + K 2 maxt∈[0,T ] |x t| αNun können die notwendigen Eigenschaften von ϕ h nachgerechnet werden.Lemma 3.2. Die Abbildung ϕ h def<strong>in</strong>iert durch (3.1) ist <strong>für</strong> alle h ∈ H Tstetig und erfülltlimM→∞wohldef<strong>in</strong>iert,( ) 1lim sup ɛ log E expɛ→0ɛ ϕ(Xɛ ) 1 {ϕ(X ɛ )≥M} = −∞, (3.2)d. h. auf ϕ h kann Varadhans Theorem angewandt werden.Beweis. Es seien also h ∈ H T und ω ∈ C 0 [0, T ] beliebig. Zunächst ist ḣ e<strong>in</strong>e Funktion vonbeschränkter Variation nach Def<strong>in</strong>ition von H T . Da ω stetig ist, existiert das Integral∫ T0 ω tdḣt pfadweise im Stieltjes S<strong>in</strong>n. Nach partieller Intergrationsformel <strong>für</strong> StieltjesIntegrale (Hille und Phillips 1957, [15], Theorem 3.3.1, S. 63) existiert dann auch dasIntegral ∫ T0 ḣtdω t . Da<strong>mit</strong> ist die Abbildung ϕ h wohldef<strong>in</strong>iert. Als weitere Konsequenzerhalten wirInsbesondere gilt∫ T0∫ Tḣ t dω t = ḣ(T )ω(T ) − ḣ(0)ω(0) − ω t dḣt∫ T= ḣ(T )ω(T ) − ω t dḣt.∫ T∫ T| ḣ t dω t | = |ḣ(T )ω(T ) − ω t dḣt|00∫ T≤ |ḣ(T )ω(T )| + | ω t dḣt|00056


≤ |ḣ(T )ω(T )| + sup|ω t |0≤t≤T} {{ }


3 Determ<strong>in</strong>istische MaßwechselLemma 3.3. Es gilt( 1lim ɛ log E expɛ→0 ɛ ϕ h(W ))ɛ = sup 2F (ω) + 1 ∫ T∫ T|ḣt − ˙ω t | 2 dt − | ˙ω t | 2 dt Def= M(h).ω∈H T 2 00(3.3)Im Folgenden wird nun die Notation A ∼ B <strong>für</strong> A approximiert B genutzt. Wir können<strong>mit</strong> dem obigen Resultat nun die Approximation <strong>für</strong> die Varianz unter dem von h<strong>in</strong>duzierten Maßwechsel bestimmen( ) 1log M var (h) = E expɛ ϕ h(W ɛ ) | ɛ=1 ∼ M(h).Das Optimierungsproblem (3.3) zur Bestimmung von M(h) kann nun <strong>mit</strong> Mitteln derVariationsrechnung gelösen werden und gestaltet sich daher e<strong>in</strong>facher, als den ErwartungswertM var (h) direkt zu berechnen. Die Heuristik besteht nun dar<strong>in</strong> anzunehmen,dass auch das M<strong>in</strong>imum durch die asymptotische Approximation gut angenähert werdenkannDas motiviert folgende Def<strong>in</strong>ition:<strong>in</strong>f log M var(h) ∼ <strong>in</strong>f M(h).h∈H T h∈H TDef<strong>in</strong>ition 3.4. E<strong>in</strong>e Funktionĥ heißt asymptotisch optimal, falls es e<strong>in</strong>e Lösung <strong>für</strong><strong>in</strong>f M(h)h∈H Tist und wir nennen das vonĥ <strong>in</strong>duzierte Maß asymptotisch optimales Maß.Bemerkung 3.5. Der Raum H T ist nicht abgeschlossen. Die Weierstraßfunktion bildetda<strong>für</strong> e<strong>in</strong> Gegenbeispiel: Es sei dazu e<strong>in</strong>e Funktionenfolgen∑f n (t) = a n cos(b n πt),i=00 < a < 1, b ∈ N und ab > 1 + 1 3 πgegeben. Nun konvergiert die Funktionenfolge (f n ) n nach dem weierstraßschem Majorantenkriteriumgleichmäßig gegen e<strong>in</strong>e Funktion f. Wir bezeichnen f dann als Weierstraßfunktion.Diese ist bekanntermaßen stetig, aber nirgends differenzierbar und da<strong>mit</strong>f /∈ H T . Andererseits ist <strong>für</strong> jedes n ∈ N die Funktion f n differenzierbar und das Integral| f ˙ n (t)| 2 dt existiert, da f ˙ n <strong>für</strong> jedes n ∈ N beschränkt ist. Also gilt f n ∈ H T . Da<strong>mit</strong> ist∫ T0e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> H T konvergente Folge gefunden, deren Grenzwert nicht <strong>in</strong> H T liegt. Der Raumist da<strong>mit</strong> nicht abgeschlossen.58


E<strong>in</strong> asymptotisch optimales ĥ muss da<strong>mit</strong> nicht unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> HT liegen. Da allerd<strong>in</strong>gsbeim <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> das von ĥ <strong>in</strong>duzierte Maß von Belangen ist, ist vorher zuprüfen, ob <strong>mit</strong>tels ĥ tatsächlich e<strong>in</strong> äquivalentes Maß Q ĥdef<strong>in</strong>iert werden kann.Wir fassen kurz zusammen, wie nun <strong>mit</strong>tels asymptotischer Optimalität <strong>Importance</strong><strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> betrieben werden kann:Es sei G e<strong>in</strong> Auszahlungsfunktional, das die Annahme 3.1 erfüllt. Gibt es e<strong>in</strong> asymptotischoptimales ĥ, sodass das <strong>in</strong>duzierte äquivalente Maß Q ĥexistiert, so folgt derPreisprozess S dann unter dem neuen Maß der DynamikdS t =S 0 = s 0(b(S t ) + σ(S t )˙ĥ t)dt + σ(S t )dŴt<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Wienerprozess Ŵ bezüglich Q ĥ. Der neue Monte Carlo Schätzer unter demMaß Q h <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Stichprobe S 1 , ..., S N von S bezüglich Qĥ und zugehörigen DichtequotientenprozessenL 1 , ..., L N ist nun gegeben durchN∑G(S i )L i .i=1Es sollte zunächst die Existenz und Eigenschaften e<strong>in</strong>er Lösung von (3.3) untersuchtwerden. Diese Ergebnisse führen dann zu e<strong>in</strong>em Algorithmus zur Bestimmung von ĥ.Lemma 3.6. Es sei h ∈ H T , sodass ḣ von beschränkter Variation ist und gelte Annahme3.1. Dann existiert e<strong>in</strong>e Lösung des Optimierungsproblems (3.3).Lemma 3.7. Gelte Annahme 3.1, dann existiert e<strong>in</strong>e Lösung ˆx ∈ H T <strong>mit</strong>2F (ˆx) −∫ T0∫ Tˆẋ 2 t dt = sup 2F (x) −x∈H T 0ẋ 2 t dt. (3.4)Die Beweise dieser beiden Lemmata s<strong>in</strong>d von starker technischer Natur und werdendaher hier ausgelassen. Die Details s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Guasoni und Robertson (2008, [12], Theorem3.5) zu f<strong>in</strong>den.Durch Lösung von (3.4) kann e<strong>in</strong> asymptotisch optimales ĥ berechnet werden. Bevorwir die Aussage formulieren, präsentieren wir kurz die Idee. Nutzen wir das Ergebnisaus Lemma 3.3, so ist das Optimierungsproblem zur Bestimmung e<strong>in</strong>es asymptotisch59


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechseloptimalen ĥ gegeben durch<strong>in</strong>f M(h) = <strong>in</strong>f sup 2F (ω) + 1 ∫ T∫ T|ḣt − ˙ωh∈HT t | 2 dt − | ˙ω t | 2 dt.h∈H T ω∈H T 2 00Dies entspricht nun e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>imaxproblem, d. h. e<strong>in</strong>em Optimierungsproblem der Form<strong>in</strong>f supx∈X y∈YF (x, y)<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Abbildung F : X × Y → R. Im Allgeme<strong>in</strong>en gilt<strong>in</strong>f supx∈X y∈YF (x, y) ≠ supy∈Y<strong>in</strong>fx∈XF (x, y),sodass die Ordnung des M<strong>in</strong>imaxproblems nicht problemlos vertauscht werden kann.Nehmen wir <strong>in</strong> unserer Situation zunächst an, dass die Ordnung getauscht werden kann:<strong>in</strong>fh∈H Tsup 2F (ω) + 1 ∫ T∫ T|ḣt − ˙ω t | 2 dt −ω∈H T 2 00= supω∈H T<strong>in</strong>f 2F (ω) + 1h∈H T 2= supω∈H T 2F (ω) −= supω∈H T 2F (ω) −∫ T0∫ T0∫ T0|ḣt − ˙ω t | 2 dt −| ˙ω t | 2 1dt + <strong>in</strong>fh∈H T 2| ˙ω t | 2 dt,| ˙ω t | 2 dt∫ T0∫ T0| ˙ω t | 2 dt|ḣt − ˙ω t | 2 dtwo<strong>mit</strong> wir das Optimierungsproblem (3.4) erhalten. Es wird sich heraustellen, dass dieVertauschung der Ordnung des M<strong>in</strong>imaxproblems ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die asymptotischeOptimalität hat:Lemma 3.8. Istĥ e<strong>in</strong>e Lösung von (3.4) und gelteM(ĥ) = 2F (ĥ) −∫ T0˙ĥ 2 t dt, (3.5)dann istĥ asymptotisch optimal und die Lösung von (3.4) ist e<strong>in</strong>deutig.Beweis. Es seien h, x ∈ H T beliebig. Es gilt∫ T0(ḣt − ẋ t) 2dt ≥ 0.60


Da<strong>mit</strong> folgtM(h) = sup 2F (x) + 1x∈H T 2≥ supx∈H T 2F (x) −∫ T0∫ T0|ẋ t − ḣt| 2 dt −∫ T0ẋ 2 t dtẋ 2 t dt. (3.6)Ist nun ĥ e<strong>in</strong>e Lösung des Optimierungsproblems (3.6), d. h. e<strong>in</strong>e Lösung von (3.4), sodef<strong>in</strong>iert es e<strong>in</strong>e untere Schranke <strong>für</strong> M gegeben durchFalls nunoptimal.∫ T<strong>in</strong>f M(h) ≥ 2F (ĥ) −h∈H T 0˙ĥ 2 t dt.ĥ diese Schranke erreicht, d. h. (3.5) erfüllt, so ist es schon asymptotischFür die E<strong>in</strong>deutigkeit seien h und g bezüglich des Lebesgue-Maß fast sicher verschiedeneLösungen <strong>für</strong> (3.4). Dann folgt wegen strikter KonvexitätM(h) = (i)sup 2F (x) + 1x∈H T 2≥ 2F (g) + 1 2> 2F (g) −= 2F (h) −∫ T0∫ Tġt2 0∫ T0∫ T0|ẋ t − ḣt| 2 dt −|ġ t − ḣt| 2 dt −dtḣ 2 t dt,∫ Tġt2 0∫ T0dtẋ 2 t dtwobei die dritte Ungleichung wegen h ≠ g strikt ist. Das widerspricht nun der Optimalität(3.4) <strong>für</strong> h. Die E<strong>in</strong>deutigkeit folgt.ZusammenfassungEs sei G = G(W ) : C 0 [0, T ] e<strong>in</strong> Auszahlungsfunktional. Um <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>mit</strong>telse<strong>in</strong>es determ<strong>in</strong>istischen Maßwechsels zu betreiben, müssen wir wie folgt vorgehen:1. Beweise, dass F = log G Annahme 3.1 erfüllt.2. Bestimme die Lösung ĥ des Optimierungsproblems (3.4). 61


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechsel3. Prüfe, ob ĥ e<strong>in</strong> äquivalentes Maß Q ĥ<strong>in</strong>duziert und ob es die Bed<strong>in</strong>gung (3.5)erfüllt. Dann ist ĥ asymptotisch optimal.4. Erstelle <strong>mit</strong>tels Euler-Maruyama e<strong>in</strong>e Stichprobe S 1 , ..., S N bezüglich Qĥ.5. Bilde das arithmetische MittelN∑G(S i )L ii=1als Monte Carlo Schätzer <strong>mit</strong> <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> den Wert des durch Ggegebenen Derivates.3.1 Anwendung: Call im Black-Scholes ModellZunächst wird e<strong>in</strong>e Calloption im Black-Scholes Modell untersucht, um das Verfahrenzu testen. Es sei also e<strong>in</strong> risikobehafteter Preisprozess S bezüglich e<strong>in</strong>es äquivalentenMart<strong>in</strong>galmaßes P gegeben durchdS t = S t (rdt + σdW t )S 0 = s 0 .Dabei bezeichne r den risikolosen kostanten Z<strong>in</strong>ssatz <strong>in</strong> dem betrachten Handelszeitraum[0, T ]. Die Lösung <strong>für</strong> diese stochastische Differentialgleichung ist gegeben durch e<strong>in</strong>egeometrische Brownsche Bewegung(S t = s 0 exp σW t + (r − 1 )2 σ2 )t .Da<strong>mit</strong> hat e<strong>in</strong> Call <strong>mit</strong> Laufzeit T und Strike K als Funktional des Wienerprozessesfolgende Auszahlung:G(W ) =(s 0 exp(σW T + (r − 1 2 σ2 )T ) − K) += (S T − K) + .Ziel ist es nun, den asymptotisch optimalen Drift ĥ e<strong>in</strong>er Calloption im Black-ScholesModell auszurechnen. Die Abbildung C 0 [0, T ] → R, ω ↦→ ω T ist stetig und da<strong>mit</strong> istauch ω ↦→ log G(ω) als Kompisition stetiger Funktionen stetig. Um zu zeigen, dass log G62


3.1 Anwendung: Call im Black-Scholes ModellAnnahme 3.1 erfüllt, wähle K 1 = |(r − 1 2 σ2 )T |, K 2 = σ und α = 1. Dann folgt(F (ω) = | log s 0 exp(σω T + (r − 1 +2 σ2 )T ) − K)|(≤ | log s 0 exp(σω T + (r − 1 )2 σ2 )T ) |= |σω T + (r − 1 2 σ2 )T |≤ |(r − 1 2 σ2 )T | + σ max0≤t≤T |ω t|.Wir bestimmen nun <strong>für</strong> diesen Fall e<strong>in</strong>e Lösung des Optimierungsproblems (3.4):∫ Tsup 2 logG(x) − ẋ 2 t dtx∈H T 0= supx∈H T 2 log( (s 0 exp σx T +(r − 1 ) ) + ∫ T2 σ2 T − K)− ẋ 2 t dt. (3.7)0Für die Anwendung der Variationsrechnung muss der <strong>in</strong>nere Ausdruck <strong>in</strong> Integralformvorliegen. Zunächst kann angenommen werden, dass e<strong>in</strong>e positive Auszahlung erfolgt,ansonsten gilt log 0 = −∞ und das Variationsproblem nimmt dort nicht se<strong>in</strong> Maximuman. Nun gilt nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung( (2 log s 0 exp σx T + (r − 1 )2 σ2 )t==∫ T0∫ T0ddT[ (2 log s 0 exp(σx T +)− K(r − 1 ) )]2 σ2 T ) − KT =t2 (σẋ t + (r − 1 2 σ2 ))s 0 exp(σx t + (r − 1 2 σ2 )t)s 0 exp(σx t + (r − 1 2 σ2 )t) − KDef<strong>in</strong>iere a := r − 1 2 σ2 und betrachte das Funktionaldt.dtH : [0, T ] × R × R → RH(t, x, y) = 2 (σy + a)s 0 exp(σx + at)s 0 exp(σx + at) − K − y2 .Da<strong>mit</strong> ist das Optimierungsproblem (3.7) nun gegeben durchX := {u ∈ C[0, T ] | u(0) = 0}∫ T<strong>in</strong>f H(t, u(t), ˙u(t)) dt.u∈X 0Das entspricht dem Variationsproblem <strong>mit</strong> l<strong>in</strong>kem fixen Randpunkt A = (0, 0) und63


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechselrechtem Randpunkt auf der senkrechten Geraden t = T . Dieses Problem wurde bereits<strong>in</strong> der E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> Abschnitt 1.1.3 gelöst. Dort konnte als M<strong>in</strong>imalstelle die Funktionĥ(t) = cthergeleitet werden, wobei c folgende Gleichung löst:Da<strong>mit</strong> gilt ĥ ∈ HT2 s σ cT +aT0σ es 0 e σ cT +aT − K − 2 c = 0.und es existiert e<strong>in</strong> äquivalentes Maß Qĥ. Um die asymptotischeOptimalität von h nachzuweisen, benutzen wir Lemma 3.5. Dazu wird folgendes Variationsproblemgelöst:M(ĥ) = sup 2F (x) + 1 ∫ T|ẋ t − ˙ĥ∫ Tt | 2 dt − ẋ 2 t dtx∈H T 2 00∫ T∫ T= sup 2F (x) − ẋ 2 t dt + 1 |ẋ t − c| 2 dtx∈H T 0} {{ } 2 0} {{ }=:A=:B(3.8)Die Euler-Lagrange Gleichung bezüglich A ist bereits <strong>in</strong> Abschnitt 1.1.3 berechnet wordenund ist gegeben durch0 = A x (t, x(t), ẋ(t)) − d dt A y(t, x(t), ẋ(t)) = 2ẍ(t).Da<strong>mit</strong> kann die Euler-Lagrange Gleichung bezüglich C := A + B bestimmt werden. EsgiltB y (t, x(t), ẋ(t)) = ẋ(t) − c B x (t, x(t), ẋ(t)) = 0ddt B y(t, x(t), ẋ(t)) = ẍ(t).In Kurzschreibweise ergibt das0 = C x − d dt C y = A x − d dt A y + B x − d dt B y= 2ẍ(t) + 0 − ẍ(t)= ẍ(t).64


3.1 Anwendung: Call im Black-Scholes ModellDa<strong>mit</strong> s<strong>in</strong>d Extremstellen wieder Geraden. Zusammen <strong>mit</strong> der Randbed<strong>in</strong>gung x(0) = 0ist da<strong>mit</strong> e<strong>in</strong> Kandidatˆx(t) = kt,k ∈ R<strong>für</strong> die Extremalstelle gefunden. Zum Nachweis von (3.5) genügt es nun k = c zu beweisen.Dann folgt direkt ˆx = ĥ und da<strong>mit</strong> dannM(ĥ) = sup 2F (x) + 1x∈H T 2= 2F (ˆx) + 1 2= 2F (ˆx) −∫ T0∫ T0= 2F (ĥ) − ∫ T0∫ T0|ẋ t − c| 2 dt −|ˆx t − ĥt| 2 dt −˙ˆx 2 t dt˙ĥ 2 t dt.∫ T0∫ T0˙ˆx 2 t dtẋ 2 t dtUm k zu bestimmen kann Satz 1.8 herangezogen werden. Demnach muss die Bed<strong>in</strong>gung(1.6) <strong>für</strong> den rechten flexiblen Endpunkt erfüllt se<strong>in</strong>, d. h.[C y (t, ˆx(t), ˙ˆx(t))] t=T = [A y (t, ˆx(t), ˙ˆx(t))] t=T + [B y (t, ˆx(t), ˙ˆx(t))] t=T[= 2 x 0σ e σ ˆx(t)+at]x 0 e σ ˆx(t)+at − K − 2 ˙u(t) + [ ˙ˆx(t) − c] t=TE<strong>in</strong>e Lösung dieser Gleichung ist wegent=T= 2 x σ kT +aT0σ ex 0 e σ kT +aT − K − 2 k + k − c = 0= 2 x σ kT +aT0σ ex 0 e σ kT +aT − K − k − c = 0.2 x σ cT +aT0σ ex 0 e σ cT +aT − K − 2c = 0durch k = c gegeben. Mit e<strong>in</strong>fachen Mitteln der Analysis kann nachgewiesen werden, dassdie Gleichung höchstens e<strong>in</strong>e Lösung besitzt. Da<strong>mit</strong> folgt k = c und die asymptotischeOptimalität von ĥ ist bewiesen.Ist nun die Lösung ĉ der obigen Gleichung bekannt, dann ist die asymptotisch optimaleFunktion gegeben durch ĥt = ĉt und S folgt unter dem asymptotisch optimalen Maß Qĥder Dynamik<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Wienerprozess W bezüglich Qĥ.dS t = S t ((r + ĉσ)dt + σdW t )65


3 Determ<strong>in</strong>istische MaßwechselAuswertung der SimulationsergebnisseMit der hier vorgestellten Technik lässt sich e<strong>in</strong>e Reduktion der Standardabweichung umden Faktor 3 bis 14 erreichen. Weiter zeigt sich, dass dieses Vorgehen umso besser ist,je ger<strong>in</strong>ger die Auszahlungswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Derivates wird („out-of-the-money“).Das kann durch den stärkeren Effekt des <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>in</strong> diesem Fall begründetwerden.Der zusätzliche Rechenaufwand bei der Berechnung des asymptotisch optimalen Driftesreduziert sich auf die e<strong>in</strong>malige Berechnung von ĉ vor Beg<strong>in</strong>n der Simulation und dieBerechnung des Dichtequotientenprozess am Laufzeitende pro simulierten Pfad. Da derMaßwechsel konstant ist, ist L T gegeben durchL T = exp(ĉW T − 1 2ĉ2 T ).Die Bestimmung von L T kommt also ohne die Er<strong>mit</strong>tlung e<strong>in</strong>es stochastischen Integralsaus. Der zusätzliche Rechenaufwand <strong>für</strong> die Simulation <strong>mit</strong> <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> kanndaher als sehr ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>geschätzt werden und die Varianzreduktion ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em akzeptablenBereich. Da im Black-Scholes Modell allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e analytische Formel <strong>für</strong> denCallpreis vorliegt, ist e<strong>in</strong>e Er<strong>mit</strong>tlung <strong>mit</strong> numerischen Verfahren nicht s<strong>in</strong>nvoll.Abbildung 3.1: Ergebnisse verschiedener Monte Carlo Simulationen im Vergleich zurBlack-Scholes Formel, Preis und Standardabweichung.66


3.1 Anwendung: Call im Black-Scholes ModellVolatilität Strike P MC P IS σ MC σ IS Ratio20% 60 1.742 1.682 4.540 1.167 3.8970 0.414 0.403 2.193 0.351 6.2480 0.077 0.080 0.856 0.082 10.4390 0.017 0.014 0.400 0.016 24.62100 0.003 0.002 0.136 0.003 46.2825% 60 2.575 2.623 6.355 1.719 3.7070 0.942 0.930 3.902 0.742 5.2680 0.293 0.300 2.136 0.277 7.7190 0.101 0.091 1.249 0.094 13.23100 0.021 0.028 0.506 0.031 16.4130% 60 3.776 3.614 8.970 2.272 3.9570 1.612 1.624 5.804 1.222 4.7580 0.680 0.682 3.864 0.592 6.5290 0.313 0.287 2.611 0.273 9.55100 0.126 0.121 1.756 0.123 14.3140% 60 5.496 5.660 12.796 3.423 3.7470 3.208 3.299 10.041 2.308 4.3580 1.978 1.933 8.489 1.485 5.7290 1.217 1.083 6.622 0.929 7.13100 0.662 0.643 4.988 0.581 8.5850% 60 7.672 7.827 17.977 4.516 3.9870 5.208 5.211 15.895 3.438 4.6280 3.507 3.512 13.617 2.554 5.3390 2.354 2.378 11.372 1.871 6.08100 1.521 1.620 9.370 1.358 6.9060% 60 9.619 9.937 23.503 5.625 4.1870 7.080 7.197 21.750 4.597 4.7380 5.815 5.383 21.653 3.708 5.8490 4.162 4.027 18.252 2.945 6.20100 3.127 3.023 14.919 2.349 6.35Tabelle 3.1: Approximierter Preis und Standardabweichung der Monte Carlo Simulation<strong>mit</strong> und ohne <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> (determ<strong>in</strong>istische Maßwechsel nachVaradhan-Laplace) im Black-Scholes Modell <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Call. Als Vergleichskriteriumist die Ratio der Standardabweichungen σ MCσ ISangegeben. Die Simulationsparameters<strong>in</strong>d T = 1, S 0 = 50, r = 0.05 und N = 10000.67


3 Determ<strong>in</strong>istische MaßwechselAbbildung 3.2: Vergleich der Erwartungswerte t ↦→ ES t des Preisprozesses im Black-Scholes Modell unter dem äquivalenten Mart<strong>in</strong>galmaß P und dem asymptotischoptimalen Maß Qĥ.3.2 Digitale OptionenE<strong>in</strong>e digitale Option liefert e<strong>in</strong>e Auszahlung von 1, falls während des Handelszeitraumese<strong>in</strong>e festgelegte Bed<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>getreten ist und verfällt ansonsten. Für e<strong>in</strong>e messbareabgeschlossene Menge A ⊆ C 0 [0, T ] ist da<strong>mit</strong> die Auszahlung e<strong>in</strong>er digitalen Option <strong>in</strong>Abhänigkeit des Wienerprozesses def<strong>in</strong>iert alsG(W ) = 1 A (W ).Nun ist e<strong>in</strong>e Anwendung des obigen Verfahrens kritisch anzusehen, da das Auszahlungsfunktionallog 1 A nicht stetig ist. Um dieses Vorgehen dennoch mathematisch zu untermauern,ist es notwenig, Varadhans Theorem auf solche Funktionen zu erweitern. Diessoll im Folgenden gemacht werden:Satz 3.9. Es sei (X ɛ ) ɛ e<strong>in</strong>e Familie von Zufallsgrößen auf e<strong>in</strong>em Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsraum(X , B X , µ), sodass sie das LDP <strong>mit</strong> Ratenfunktion I erfüllt. Weiter sei F : X → Re<strong>in</strong>e Abbildung und sei <strong>für</strong> jedes δ > 0 e<strong>in</strong>e stetige Abbildung F δ : X → 0 <strong>mit</strong> F δ ≥ Fund µ(F δ ≠ F ) δ→0→ 0. Existiere <strong>für</strong> jedes δ > 0 e<strong>in</strong> γ δ > 1 <strong>mit</strong>( 1lim ɛ log E expɛ→0 ɛ γ δF δ (X ))ɛ < ∞. (3.9)Dann gilt( 1lim ɛ log E exp ))ɛ→0 ɛ F (Xɛ= sup F (x) − I(x).x∈X68


3.2 Digitale OptionenBeweis. Die Idee ist e<strong>in</strong>e Anwendung von Varadhans Theorem auf F δ <strong>mit</strong> anschließendemGrenzübergang.Aufgrund der Konvergenz ist exp(F δ (x)) − exp(F (x)) fast sicher durch e<strong>in</strong> K > 0 beschränkt<strong>für</strong> jedes δ > 0. Weiter gilt wegen F δ ≥ F <strong>für</strong> jedes X ∈ L 2Da<strong>mit</strong> folgt0 ≤ E| exp(F δ (X)) − exp(F (X))|= E exp(F δ (X)) − exp(F (X))≤ Kµ(F δ ≠ F ) δ→0→ 0.( )( )1 1lim ɛ log E expδ→0 ɛ F δ(X ɛ ) = ɛ log E expɛ F (Xɛ )<strong>für</strong> alle ɛ > 0. Weiter gilt nach Varadhan( 1lim ɛ log E expɛ→0 ɛ F δ(X ))ɛ= sup F δ (x) − I(x) < ∞.x∈XDa<strong>mit</strong> können nun die Li<strong>mit</strong>en vertauscht werden und es folgt( 1lim ɛ log E exp ))ɛ→0 ɛ F (Xɛ= limɛ→0lim( 1ɛ log E expδ→0 ɛ F δ(X ))ɛ( 1ɛ F δ(X ))ɛ= limδ→0limɛ→0ɛ log E exp= limsupδ→0 x∈XF δ (x) − I(x)= sup F (x) − I(x)x∈XKorollar 3.10. Es sei A ⊆ C 0 [0, T ] e<strong>in</strong>e abgeschlossene Menge. Dann giltlimɛ→0ɛ log E exp( 1ɛ(= supω∈C 0 [0,T ]2 log 1 A (W ɛ ) −(2 log 1 A (ω) −∫ T0∫ T0ḣ t dWt ɛ + 1 ∫ ))T|ḣt| 2 dt2 0)ḣ t dω t + 1 2∫ T0|ḣt| 2 dtBeweis. Zunächst muss e<strong>in</strong>e stetige Approximation <strong>für</strong> die Abbildungω ↦→(2 log 1 A (ω) −∫ T0ḣ t dω t + 1 2∫ T0|ḣt| 2 dt).69


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechselkonstruiert werden. Def<strong>in</strong>iere zunächstd(ω, A) := <strong>in</strong>f{||ω − a|| sup | a ∈ A}den m<strong>in</strong>imalen Abstand von ω zu der Menge A. Beachte, dass die Abbildung Ψ :C 0 [0, T ] → R + , ω ↦→ d(ω, A) als Metrik auf C 0 [0, T ] stetig ist. Setze dann <strong>für</strong> jedesδ > 0B δ := {x ∈ X | d(x, A) > δ}.Wegen B δ = Ψ −1 ([δ, ∞)) ist diese Menge abgeschlossen. Da auch A abgeschlossen istund metrische Räume immer perfekt normal s<strong>in</strong>d, existiert nach Urysohn <strong>für</strong> jedes δ > 0e<strong>in</strong>e stetige Funktion f δ : C 0 [0, T ] → [0, 1] <strong>mit</strong>f δ (a) = 1 <strong>für</strong> alle a ∈ A f δ (b) = 0 <strong>für</strong> alle b ∈ B δ .Nun konvergiert f δ <strong>für</strong> δ → 0 punktweise gegen 1 A . Für a ∈ A ist dies klar. Für b /∈ Agilt d(b, A) > 0. Da<strong>mit</strong> existiert e<strong>in</strong> δ 0 > 0 <strong>mit</strong> b ∈ B δ0 und da<strong>mit</strong> f δ (b) = 0 <strong>für</strong> alleδ < δ 0 . Wegen der Konvergenz gilt µ(log f δ ≠ 1 A ) δ→0→ 0, wobei µ das Wienermaß ist.Def<strong>in</strong>iere nunF δ (ω) =F (ω) =((2 log f δ (ω) −2 log 1 A (ω) −∫ T0∫ T0ḣ t dω t + 1 2ḣ t dω t + 1 2∫ T0∫ T0|ḣt| 2 dt|ḣt| 2 dtNach Konstruktion ist F δ stetig <strong>mit</strong> F δ ≥ F und es gilt µ(log F δ ≠ F ) δ→0→ 0. Für denNachweis von Bed<strong>in</strong>gung (3.9) betrachte die FunktionΘ(ω) =(−∫ T0ḣ t dω t + 1 2∫ T0|ḣt| 2 dtEs gilt F δ ≤ Θ. Nun ist Θ stetig und erfüllt die Voraussetzung <strong>für</strong> Lemma 3.2. Da<strong>mit</strong>existiert e<strong>in</strong> γ > 1 <strong>mit</strong>( ( 1 1lim ɛ log E expɛ→0 ɛ γF δ(W ))ɛ ≤ lim ɛ log E exp ))ɛ→0 ɛ γΘ(W ɛ < ∞.).))Da<strong>mit</strong> ist es nun möglich, das oben vorgestellte Vorgehen zur Bestimmung e<strong>in</strong>es asym-70


3.3 Anwendung im Black-Scholes Modellptotisch optimalen Maßwechsels im Falle digitaler Optionen zu benutzen.3.3 Anwendung im Black-Scholes ModellIm Falle des Black-Scholes Modell lässt sich der determ<strong>in</strong>istische asymptotisch optimaleMaßwechsel leicht berechnen. Es sei also e<strong>in</strong> Preisprozess bezüglich des äquivalentenMart<strong>in</strong>galmaßes P gegeben durchdS t = S t (rdt + σdW t )S 0 = s 0und es sei A ⊆ C 0 [0, T ] e<strong>in</strong>e messbare Teilmenge von Funktionen. Def<strong>in</strong>iere wiedera := r − 1 2 σ2 und betrachte die AbbildungS : C 0 [0, T ] → C s0 [0, T ]S(h) := t ↦→ s 0 exp (σh t + at) .Insbesondere gilt <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Wienerprozess W nun <strong>mit</strong> dieser Notation S(W ) = S. E<strong>in</strong>edigitale Option <strong>mit</strong> Bed<strong>in</strong>gung A hat folgende AuszahlungG(W ) = 1 {S(W )∈A}und kann da<strong>mit</strong> als Funktional des Wienerprozesses dargestellt werden. Es sei c ∈ R.Wir identifizieren l c ∈ C 0 [0, T ] <strong>mit</strong> der Geradenl c (t) = ct, 0 ≤ t ≤ T.Es soll der asymptotisch optimale Maßwechsel berechnet werden.Korollar 3.11. Es sei A ⊆ C 0 [0, T ] e<strong>in</strong>e messbare, abgeschlossene Teilmenge und betrachtedie MengeC := {c ∈ R | S(l c ) ∈ A}.Angenommen C ≠ ∅, dann ist der asymptotisch optimale Drift<strong>mit</strong> Bed<strong>in</strong>gung A gegeben durchĥ t = ĉt,ĥ <strong>für</strong> digitale Optionen71


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechselwobei ĉ ∈ R e<strong>in</strong>e Lösung des Optimierungsproblemsist.<strong>in</strong>f |c|c∈CDer asymptotisch optimalen Maßwechsel <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e digitale Option im Black-Scholes Modellist also immer l<strong>in</strong>ear. Die Gerade ist dabei <strong>mit</strong> betragsmäßig schwächster Steigungzu wählen, dass die Bed<strong>in</strong>gung A e<strong>in</strong>tritt.Beweis. Nach Lemma 3.8 ist zunächst folgendes Variationsproblem zu lösen:∫ Tsup 2 log 1 {S(x)∈A} −x∈H T 0ẋ 2 t dt. (3.10)Gilt S(x) /∈ A, so ist log 1 {S(x)∈A} = −∞ und das Problem nimmt dort nicht se<strong>in</strong>Maximum an. Wir erhalten also als erste Nebenbed<strong>in</strong>gung S(x) ∈ A. Da<strong>mit</strong> reduziertsich Problem (3.10) zu∫ T∫ Tsup − ẋ 2 t dt = − <strong>in</strong>f ẋ 2x∈H T 0x∈H T t dt (3.11)0S(x) ∈ ADef<strong>in</strong>ieren wir nunH : C 0 [0, T ] → RH(t, x, y) = y 2 ,so lässt sich die Euler-Lagrange Gleichung von H direkt bestimmen und ist gegebendurchd 2dt 2 x t = 0,wo<strong>mit</strong> wegen der Randbed<strong>in</strong>gung h 0 = 0 die Lösung e<strong>in</strong>e Geradex t = ct<strong>für</strong> e<strong>in</strong> c ∈ R ist. Es muss c näher bestimmt werden. Dazu wird die Nebenbed<strong>in</strong>gungS(ˆx) ∈ A genutzt. Zunächst ergibt sich durch E<strong>in</strong>setzen der Lösung x <strong>in</strong> (3.11)∫ T<strong>in</strong>f ẋ 2x∈H T t t = <strong>in</strong>f0c∈R c2 T.72


3.3 Anwendung im Black-Scholes ModellDas ist äquivalent dazu, c betragsmäßig m<strong>in</strong>imal zu wählen. Die Nebenbed<strong>in</strong>gung istnunc ∈ C.Ist nun ĉ betragsmäßig m<strong>in</strong>imal <strong>in</strong> C gewählt, so ist ˆx t = ĉt e<strong>in</strong>e mögliche M<strong>in</strong>imalstellevon (3.11). Da die Abbildung (x, y) ↦→ H(t, x, y) = y 2 konvex ist, ist ˆx t bereits globaleM<strong>in</strong>imalstelle. Da<strong>mit</strong> gilt∫ T∫ Tsup 2 log 1 {S(x)∈A} − ẋ 2 t dt = − <strong>in</strong>f ẋ 2x∈H T 0x∈H T t dt = −ĉ 2 T (3.12)0Insbesondere kann <strong>mit</strong>tels ˆx e<strong>in</strong> äquivalentes Maß def<strong>in</strong>iert werden. Um die asymptotischeOptimalität zu beweisen, genügt es demnach Gleichung (3.5) <strong>in</strong> Lemma 3.8 zubeweisen. Sei dazuˆx t = ĉtdie Lösung von oben.Es gilt nun <strong>für</strong> die rechte Seite von Gleichung (3.5)F (ˆx) −∫ T0ˆx 2 t dt = 2 log 1 {S(ˆx)∈A} −∫ T0∫ Tˆx 2 t dt = − ˆx 2 t dt = −ĉ 2 T.0Def<strong>in</strong>iere <strong>für</strong> die l<strong>in</strong>ke Seite von Gleichung (3.5)M(ˆx) = sup 2 log 1 {S(h)∈A} + 1 ∫ T|ḣt −h∈H T 2˙ˆx t | 2 dt −0= suph∈H T 2 log 1 {S(h)∈A} + 1 2∫ T= <strong>in</strong>f(2 − log 1 {S(h)∈A} + 1h∈H T 2= <strong>in</strong>fh∈H T −2 log 1 {S(h)∈A} − 1 20∫ T0|ḣt − ĉ| 2 dt −∫ T0∫ T0∫ T0|ḣt − ĉ| 2 dt −|ḣt − ĉ| 2 dt +∫ T0ḣ 2 t dtḣ 2 t dt∫ T0ḣ 2 t dt)ḣ 2 t dt (3.13)Nun ist M(ˆx) = −ĉ 2 T zu zeigen. Dazu muss das Variationsproblem gelöst werden. E<strong>in</strong>esehr ähnliche Rechnung wie oben zeigt, dass die Lösung wieder gegeben ist durch e<strong>in</strong>eGeradeh t = bt<strong>für</strong> b ∈ R. Es ist b näher zu bestimmen. E<strong>in</strong>setzen von h <strong>in</strong> (3.13) liefert folgendes73


3 Determ<strong>in</strong>istische MaßwechselOptimierungsproblem∫ T∫ TM(ˆx) = <strong>in</strong>f −1 |ḣt − ĉ| 2 dt + ḣ 2h∈H T t dt = <strong>in</strong>f2−1 00b∈R 2 (b − ĉ)2 T + b 2 T,wobei hier wieder angenommen werden konnte, dass 1 {S(h)∈A} = 1 gilt. Die Lösung kann<strong>mit</strong>tels Differenzierung nach b er<strong>mit</strong>telt werden−(b − ĉ)T + 2bT = 0 ⇔ 0 = −b + ĉ + 2b = +b + ĉ.Da<strong>mit</strong> folgt ˆb := −ĉ und die Extremstelle ist gegeben <strong>in</strong> ˆx t = −ĉt. Das liefertM(ĥ) = −1 2 (ˆb − ĉ) 2 T + ˆb 2 T = − 1 2 (−2ĉ)2 T + ĉ 2 T = −ĉ 2 T.Die asymptotische Optimalität von ˆx folgt nun <strong>mit</strong> Lemma 3.8.3.4 Anwendung: Barriereoptionen im Black-ScholesModell <strong>mit</strong> zeitabhänigen Barrieren.E<strong>in</strong>e digitale Barriereoption liefert e<strong>in</strong>e Auszahlung von 1, falls der Preisprozess e<strong>in</strong>evorher festgelegt Barriere durchbricht. Sei diese Barriere gegeben durch e<strong>in</strong>e determ<strong>in</strong>istischeFunktion K : [0, T ] → R. Die Auszahlung ist dann als Funktional des Wienerprozessesgegeben durchG(W ) = 1 {∃t∈[0,T ]:S(W )t>Kt}.Lemma 3.12. Es sei s 0 ∈ R und K : [0, T ] → R e<strong>in</strong>e Funktion. Die MengeA := {f ∈ C s0 [0, T ] | ∃t ∈ [0, T ] : f(t) > K t }ist abgeschlossen.Beweis. Betrachte <strong>für</strong> jedes t 0 ∈ [0, T ] das stetige Funktional F t0F (f) = f(t 0 ). Es gilt:: C s0 [0, T ] → R <strong>mit</strong>A = {f | ∃t ∈ [0, T ] : f(t) > K t }= ⋃{f | f(t 0 ) > K t0 }t 0 ∈[0,T ]= ⋃t 0 ∈[0,T ]F −1t 0(K t0 , ∞]74


3.4 Anwendung: Barriereoptionen im Black-Scholes Modell <strong>mit</strong> zeitabhänigen Barrieren.Da F t0 <strong>für</strong> alle t 0 ∈ [0, T ] stetig ist, s<strong>in</strong>d die Mengen Ft −10(K t0 , ∞] offen. Da<strong>mit</strong> ist A alsVere<strong>in</strong>igung offener Mengen offen.Zur Berechnung des asymptotisch optimalen Maßwechsels ist nach Korollar 3.11 folgendeMenge näher zu bestimmen:A = {a ∈ R | Es existiert e<strong>in</strong> t ∈ [0, T ] <strong>mit</strong> S(l a ) t > K t }.Um die Rechnung etwas konkreter zu machen, betrachten wir die FunktionK t := K 0 exp(αt) K 0 > S 0<strong>für</strong> e<strong>in</strong> α ∈ R. Es seien a ∈ R und t ∈ [0, T ] beliebig. Wir rechnen nach:S(t ↦→ at) t ≥ K t⇔S 0 exp(σat + (r − 1 2 σ2 )t) ≥ K 0 exp(αt)⇔ σat ≥ log( K 0S 0) + αt − (r − 1 2 σ2 )t⇔ a ≥ 1tσ log(K 0S 0) + α σ − 1 σ (r − 1 2 σ2 ) := c tEs gilt nach Voraussetzung log( K 0S 0) > 0. Da<strong>mit</strong> ist die Funktion t ↦→ c t monoton fallend.Hat c t e<strong>in</strong>e Nullstelle, so wähle a = 0. Ist das nicht der Fall, dann folgt aus derMonotonität:Insgesamt erschließt sich:<strong>in</strong>f |a| = <strong>in</strong>f c t = c Ta∈A t∈[0,T ]= 1T σ log(K 0S 0) + α σ − 1 σ (r − 1 2 σ2 ).⎧⎪⎨ 1<strong>in</strong>f |a| = log( K 0T σ S 0) + α−(r− 1 2 σ2 )falls cσ T > 0a∈A ⎪ ⎩ 0 sonst.(3.14)Für α = 0 ist da<strong>mit</strong> nun der asymptotisch optimale Drift <strong>für</strong> digitale Barriereoptionen75


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechsel<strong>mit</strong> konstanter Barriere bekannt.Simulationsergebnisse: Barriereoptionen im Black-Scholes Modell <strong>mit</strong>zeitabhäniger BarriereMit Hilfe von <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> ist es möglich die Standardabweichung der MonteCarlo Simulation um den Faktor 1 bis 14 zu verbessern. Dabei steigt dieser Faktor,je unwahrsche<strong>in</strong>licher e<strong>in</strong>e Auszahlung wird („out-of-the-money“). Der Driftwechsel isthier konstant und kann <strong>mit</strong>tels der Formel <strong>in</strong> (3.14) er<strong>mit</strong>telt werden. Als zusätzlicherRechenaufwand fällt also lediglich die Berechnung des Dichtequotientenprozesses L Tan. Wegen des konstanten Drifts kann dies <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Berechnung realisiertwerden. Der zusätzliche Rechenaufwand kann daher als ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>geschätzt werden. E<strong>in</strong>E<strong>in</strong>satz dieser Technik ist entsprechend <strong>für</strong> digitale zeitabhänige „out-of-the-money“Barriereoptionen zu empfehlen.Abbildung 3.3: Vergleich der Auswirkung e<strong>in</strong>es Ausweitung des Simulationsumfangese<strong>in</strong>er Monte Carlo Simulation <strong>mit</strong> und ohne <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> (determ<strong>in</strong>istischerasymptotisch optimaler Maßwechsel) auf den geschätzenPreis, die Standardabweichung und die Ratio. Die Simulationsparameters<strong>in</strong>d S 0 = 50, T = 2, r = 0.1, α = 0.1 sowie σ = 0.2, K 0 = 100 (l<strong>in</strong>keSpalte) und σ = 0.3, K 0 = 60 (rechte Spalte).76


3.4 Anwendung: Barriereoptionen im Black-Scholes Modell <strong>mit</strong> zeitabhänigen Barrieren.Volatilität K 0 P MC P IS σ IS σ MC Ratio20 % 60 0.751 0.714 0.552 0.494 1.1270 0.309 0.304 0.356 0.266 1.3480 0.120 0.108 0.222 0.105 2.1290 0.054 0.041 0.149 0.053 2.82100 0.024 0.014 0.100 0.015 6.56110 0.002 0.005 0.026 0.006 4.47120 0.002 0.002 0.026 0.002 11.7625 % 70 0.471 0.429 0.439 0.345 1.2780 0.197 0.231 0.284 0.231 1.2390 0.078 0.108 0.179 0.113 1.59100 0.057 0.053 0.153 0.057 2.70110 0.028 0.022 0.107 0.025 4.32120 0.015 0.012 0.078 0.015 5.09130 0.013 0.006 0.073 0.007 11.23140 0.003 0.004 0.037 0.008 4.68150 0.002 0.002 0.026 0.002 14.0430 % 90 0.182 0.203 0.274 0.279 0.98100 0.123 0.108 0.225 0.104 2.17110 0.067 0.070 0.166 0.081 2.04120 0.041 0.037 0.129 0.043 3.03130 0.024 0.022 0.100 0.029 3.45140 0.016 0.013 0.082 0.018 4.55150 0.011 0.008 0.068 0.011 6.4435 % 90 0.262 0.257 0.328 0.224 1.46100 0.162 0.165 0.258 0.173 1.49110 0.101 0.114 0.204 0.110 1.85120 0.073 0.071 0.174 0.076 2.27130 0.049 0.059 0.142 0.131 1.08140 0.044 0.034 0.134 0.042 3.18150 0.026 0.023 0.104 0.025 4.15Tabelle 3.2: Monte Carlo Simulation <strong>mit</strong> und ohne <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> (determ<strong>in</strong>istischeasymptotisch optimaler Maßwechsel) <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e digitale Barriereoption<strong>mit</strong> zeitabhäniger Barriere K t = K 0 exp(αt) im Black-Scholes Modell <strong>mit</strong>den Parametern S 0 = 50, T = 2, r = 0.1, α = 0.1 und N = 1000.77


3 Determ<strong>in</strong>istische Maßwechsel3.5 Anwendung: Zweiseitige Barriereoptionen imBS-ModellDieser Abschnitt soll aufzeigen, dass e<strong>in</strong> <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>mit</strong> asymptotisch optimalenMaßwechseln bei grober Anwendung auch zu gegenteiligen und da<strong>mit</strong> unerwünschtenEffekten führen kann. Als Beispiel wird e<strong>in</strong> zweiseitiges Derivat <strong>mit</strong> folgender Auszahlunggewählt:G(W ) = 1 {maxt S(W ) t>K max oder m<strong>in</strong> t S(W ) t 0) erhöht sich die Durchbruchwahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>für</strong> die obere Schranke,während diese <strong>für</strong> die untere Schranke verr<strong>in</strong>gert wird. Das führt zu Problemen beim<strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>mit</strong> diesem Drift.Ist der Simulationsumfang ger<strong>in</strong>g (n < 10.000), so kann das untere Ereignis wohlmöglichnicht stattf<strong>in</strong>den und gew<strong>in</strong>nt so bei der Bewertung ke<strong>in</strong>e Bedeutung. Für großeSimulationen wird dieser Umstand durch den Dichtequotientenprozess L korrigiert. Wirerhalten diese Probleme also nur, wenn die untere Schranke beim IS sehr selten durchbrochenwird.n P MC P IS100 0.130 0.00921000 0.124 0.013610000 0.121 0.0122Tabelle 3.3: MC Simulation <strong>mit</strong> und ohne IS bei e<strong>in</strong>er zweiseitige Barriereoption <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>seitigem Driftwechsel.Aufgrund der nur e<strong>in</strong>seitigen Berücksichtigung der Barrieren, kommt es <strong>in</strong> der Simulationzu erheblichen Fehlern und zu e<strong>in</strong>er Fehlbepreisung des Derivates. E<strong>in</strong>e Anwendung von<strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> ist <strong>für</strong> diese Form von Derivaten daher nicht empfehlenswert.78


4 Dynamische Maßwechsel viaPreisapproximationBasierend auf dem Vorschlag von Pham (2010, [22]) wird e<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit zurBestimmung e<strong>in</strong>es varianzoptimierenden Maßwechsels vorgestellt. Dabei soll der Maßwechselnun vom simulierten Pfad abhängen und auch während der Simulation angepasstwerden. Wir sprechen daher von dynamischen Maßwechseln. Wie e<strong>in</strong>e kurze Rechnungzeigen wird, kann e<strong>in</strong> solcher Maßwechsel <strong>mit</strong>tels Kenntnis des Preisprozesses v(t, X t )und des Delta-Hedge D x v(t, X t ) bestimmt werden. Diese beiden Werte s<strong>in</strong>d nun allerd<strong>in</strong>gsunbekannt. Daher werden asymptotische Approximationen <strong>für</strong> diese beiden Wertegenutzt, um den dynamischen Maßwechsel durch e<strong>in</strong>e Näherung zu bestimmen. DieseTechnik kann dabei erfolgreich auf e<strong>in</strong>e große Klasse von Derivaten angewandt werdenund soll hier präsentiert werden.Der MaßwechselEs wird nun geklärt, welcher der dynamischer Maßwechsel berechnet herangezogen wird.Für e<strong>in</strong>en n-dimensionalen Diffusionsprozess bezüglich des äquivalenten Mart<strong>in</strong>galmaßesP <strong>mit</strong> der FormdX t = b(X t )dt + σ(X t )dW tX 0 = xund <strong>für</strong> e<strong>in</strong> Funktion g : R n → R und T > 0 ist der Wert E(g(X T )) gesucht. Es seizunächst h e<strong>in</strong> R n -wertiger prevesibler Prozess und Q h e<strong>in</strong> äquivalentes Maß gegebendurch(∫dQ thdP |F t = exp h t dW t − 1 ∫ t )|h t | 2 dt =: L −1t ,0 2 079


4 Dynamische Maßwechsel via Preisapproximationso dass (L −1t ) t e<strong>in</strong> Mart<strong>in</strong>gal <strong>mit</strong> EL −1T = 1 ist. Das ist beispielsweise durch die Novikovbed<strong>in</strong>gunggesichert:( 1∫ )TE exp |h t | 2 dt < ∞.2 0Nach Cameron-Mart<strong>in</strong>-Girsanov ist der ProzessW t := W t −e<strong>in</strong> Wienerprozess bezüglich Q h und die Dynamik von X ist dann gegeben durch∫ t0h t dtdX t = (b(X t ) + h t σ(X t ))dt + σ(X t )dW tX 0 = x.Wegen der Markoveigenschaft existiert e<strong>in</strong>e Funktion v : [0, T ] × R n → R <strong>mit</strong>v(t, X t ) = E P (g(X T )|F t ).Mit Hilfe von Bayes gilt nun:v(t, X t ) = E Q h(g(X T )L T |F t )L tEs ist (v(t, X t )) 0≤t≤T e<strong>in</strong> P-Mart<strong>in</strong>gal, (v(t, x)L t ) 0≤t≤T e<strong>in</strong> Q h -Mart<strong>in</strong>gal und es giltv(T, X T ) = g(X T ). Mit der mehrdimensionalen Ito-Formel folgt bezüglich Q hdv(t, X t )L t = L t dv(t, X t ) + v(t, X t )dL t + d < v(t, X t ), L t >= L t(∂ t v(t, X t )dt + D x v(t, X t )dX t + 1 2 D xxv(t, X t )d〈X〉 t)+ v(t, X t )L t h t dW t + d < v(t, X t ), L t >= L t(∂t v(t, X t )dt + D x v(t, X t )(b(X t ) − h t σ(X t ))dt + D x v(t, X t )σ(X t )dW t)+ 1 2 D xxv(t, X t )σ 2 (X t )dt + v(t, X t )L t h t dW t + σ(X t )L t h t dt.Nun fallen die Anteile beschränkter Variation wegen der Q h -Mart<strong>in</strong>galeigenschaft weg,d. h.dv(t, x)L t = L t (v(t, x)h t + D x v(t, x)σ(X t ))dW t80


In Integralschreibweise zum Zeitpunkt t also:g(X T )L T = v(X T , T )L T = v(X t , t) +∫ TtL u (v(u, X u )h u + D x v(u, X u )σ(X u ))dW uDa<strong>mit</strong> hat die Zufallsgröße g(X T )L T unter dem Maß Q h die Varianz∫ TV Qh G(X T )L T = E Qh L 2 u|v(u, X u )h u + σ(X u )D x v(u, X u )| 2 du.tZiel war es, h derart zu wählen, dass die Varianz m<strong>in</strong>imiert wird. Da der Integrandpositiv ist, wird der Erwartungswert des stochastischen Integrals m<strong>in</strong>imiert, wenn derIntegrand m<strong>in</strong>imal ist.∫ TtL 2 u |v(u, X u )h u + σ(X u )D x v(u, X u )| 2 du} {{ }=0Es liegt deshalb folgende Def<strong>in</strong>ition naheh t = − 1v(t, X t ) σ(X t)D x v(t, X t ) 0 ≤ t ≤ T.Da<strong>mit</strong> verschw<strong>in</strong>det die Varianz unter dem Maßwechsel zum<strong>in</strong>dest theoretisch. Nun istv allerd<strong>in</strong>gs unbekannt und e<strong>in</strong>e Bestimmung von h nicht möglich. E<strong>in</strong>e naheliegendeMöglichkeit ist die Approximation von v und D x v. Dazu wird die Theorie großer Abweichungenzur Herleitung e<strong>in</strong>er Heuristik genutzt.Betrachte zunächst die Prozessfamilie (X ɛ ) ɛ gegeben durchdX ɛ t = b(X ɛ t )dt + √ ɛσ(X ɛ t )dW tX ɛ 0 = x 0 .Unter Anwendung der Freidl<strong>in</strong>-Wentzell Theorie und Varadhans Lemma erhalten wir<strong>für</strong> e<strong>in</strong> stetiges Funktional G T : C x0 [0, T ], G(X) = g(X T ) zusammen <strong>mit</strong> der Markoveigenschaftvon X ɛ zum Zeitpunkt t:lim ɛ log E expɛ→0( log GT −t (X ɛ ))= supɛφ∈H T −tx 0log G T −t (φ) − I X (φ)= supφ∈H T −tx tlog g(φ T −t ) − 1 2∫ T −t0( ) 2 ˙φu − b(φ u )du.σ(φ u )81


4 Dynamische Maßwechsel via PreisapproximationDef<strong>in</strong>ieren wir nunV (t, x t ) := exp⎛⎝ supφ∈H T −tx tlog g(φ T −t ) − 1 2∫ T −t0( ) 2 ˙φu − b(φ u )du⎞⎠σ(φ u )als Wert des Supremums <strong>in</strong> Abhänigkeit von der Zeit t und dem( aktuellen)Kurswertx t . Die Funktion 1V gibt nun nährungsweise die Werte von E exp log g(X ɛT −t )<strong>für</strong> sehrɛ ɛkle<strong>in</strong>e ɛ > 0 wieder. Daher besteht die Hoffnung, dass dieser Wert <strong>für</strong> ɛ = 1 immernoche<strong>in</strong>e gute Approximation ist.Die Heuristik besteht nun dar<strong>in</strong>, <strong>für</strong> den echten Wert v(t, X t ) die Funktion V (t, X t ) alsSchätzung zu nehmen:v(t, x) ∼ V (t, x)Anschließend kann dann auf Basis von V e<strong>in</strong>e Approximation von D x v(t, x) = ∂ x v(t, x)hergeleitet werden, <strong>in</strong>dem <strong>für</strong> e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es aber festes h > 0 zum Differentialquotientenübergegangen wird:D x v(t, x) ∼V (t, x) − V (t, x + h).hDa es sich hier um e<strong>in</strong>e Heuristik handelt und genaue Fehlerabschätzungen des Verfahrensschwierig zu er<strong>mit</strong>teln s<strong>in</strong>d, wird als erstes Beispiel die Calloption im Black-ScholesModell untersucht. Dort s<strong>in</strong>d v und ∂ x v bekannt und ermöglicht so e<strong>in</strong>en Vergleich <strong>mit</strong>dem geschätzen Wert V .4.1 Call im Black-Scholes ModellZiel ist es, die Auswirkung des Fehlers e<strong>in</strong>er asymptotischen Approximation von v undD x v auf die Varianzoptimierung zu beurteilen. Dazu kann exemplarisch der Call imBlack-Scholes Modell untersucht werden. Dort s<strong>in</strong>d v und D x v bekannt. Daher bietetsich diese Situation als erster Untersuchungsstandpunkt an.Lemma 4.1. Es sei P das äquivalente Mart<strong>in</strong>galmaß im Black-Scholes Modell. Für denPreisprozessv(t, x) := E(exp(−r(T − t))(X T − K) + |X t = x)e<strong>in</strong>es Calls giltv(t, X t ) = X t φ(d 1 ) − K exp(−r(T − t))φ(d 2 )D x v(t, X t ) = φ(d 1 ),82


4.1 Call im Black-Scholes Modellwobeid 1 :=log(XtKσ2) + (r + )(T − t)2σ √ T − td 2 := d 1 − σ √ T − t.Beweis. Der Ausdruck von v ist die bekannte Black-Scholes Formel und der Beweisist Standard. Der Delta-Hedge D x v kann dann problemlos durch Differenzierung von vberechnet werden.Es wird nun Preis und Hedge <strong>mit</strong>tels Theorie der großen Abweichungen approximiert.Dazu wird im Black-Scholes Modell folgende Familie von <strong>Diffusionsprozesse</strong>n betrachtetdSt ɛ = St ɛ (rdt + √ ɛσdW t )S0 ɛ = s 0 ∈ R.Es muss zunächst e<strong>in</strong> LDP <strong>für</strong> die Familie (ST ɛ ) ɛ hergeleitet werden. Zunächst sei allerd<strong>in</strong>gsangemerkt, dass <strong>für</strong> jedes ɛ > 0 der reellwertige Prozess STɛ lognormalverteilt istund da<strong>mit</strong> die Berechnung der Ratenfunktion <strong>mit</strong>tels e<strong>in</strong>er geschickten Anwendung vonCramers Theorem und dem Kontraktionspr<strong>in</strong>zip realisiert werden kann. Dennoch wirdim H<strong>in</strong>blick auf die spätere Anwendung auf e<strong>in</strong>e größere Klasse von Modellen das LDP<strong>mit</strong>tels Freidl<strong>in</strong>-Wentzell und Variationsrechnung hergeleitet:Die Ratenfunktion von (S ɛ ) ɛ ist nach Freidl<strong>in</strong>-Wentzell gegeben durch⎧⎪⎨I S (ϕ) =⎪⎩1 ∫ T2 0( ˙ϕt−rϕ tσϕ t) 2dt falls ϕ ∈ HTs0∞sonst.E<strong>in</strong>e Anwendung des Kontraktionspr<strong>in</strong>zips auf das stetige FunktionalF : C[0, T ] → RF (ϕ) = ϕ Tliefert dann das LDP <strong>für</strong> die reellwertige Familie von Zufallsgrößen Y ɛ := F (S ɛ ) = S ɛ T .Die Ratenfunktion ist dabeiI Y (y) = <strong>in</strong>f{I S (ϕ) | ϕ ∈ H s0 , ϕ T = F (ϕ) = y}.83


4 Dynamische Maßwechsel via PreisapproximationDa<strong>mit</strong> ist nun <strong>für</strong> jedes y ∈ R folgendes Variationsproblem zu lösen.∫ ( )1 T2˙ϕt − rϕ tdt = m<strong>in</strong> (Hauptbed<strong>in</strong>gung)2 0 σϕ tϕ 0 = s 0ϕ T = y(l<strong>in</strong>ke Randbed<strong>in</strong>gung)(rechte Randbed<strong>in</strong>gung)Dieses Problem wurde zu Beg<strong>in</strong>n <strong>in</strong> Abschnitt 1.1.2 behandelt. Die M<strong>in</strong>imalstelle istgegeben durchund der Wert des M<strong>in</strong>imums ist dann( 1ϕ ∗ (t) = s 0 expT log( y ))ts 0I Y (y) = 12T σ 2 (log( y x ) − rT ) 2.Es sei nun H = H(S T ) : R → R e<strong>in</strong>e stetige Abbildung, sodass e<strong>in</strong> γ > 1 existiert <strong>mit</strong>( 1lim ɛ log E expɛ→0 ɛ γ log H(Sɛ T ))< ∞.Insbesondere gilt dies <strong>für</strong> alle stetigen nach oben beschränkten Funktionen. E<strong>in</strong>e asymptotischeApproximation e<strong>in</strong>es Derivates <strong>mit</strong> Auszahlung ϕ ist nun gegeben durchEH(S T ) ∼ exp(sup log ϕ(y) − I Y (y)y∈R)= exp(sup log H(y) − 1 (log( y ) ) 2y∈R2T σ 2 x ) − rT .Wir werden nun im Folgenen zwei Verfahren vergleichend nebene<strong>in</strong>ander stellen: VerfahrenA entspricht e<strong>in</strong>er Monte Carlo Simulation <strong>mit</strong> dynamischem <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>,wobei die exakten Werte v und D x v entsprechend der Black-Scholes Formel zur Bestimmungvon h herangezogen werden, d.h.h t = − 1v(t, X t ) σ(X t)D x v(t, X t )1= −X t φ(d 1 ) − K exp(−r(T − t))φ(d 2 ) σX tφ(d 1 ).Bei Verfahren B wird h <strong>mit</strong>tels V approximiert:1h t ∼ −V (t, X t ) σ(X t)D x V (t, X t ),84


4.1 Call im Black-Scholes Modellwobei<strong>für</strong> sehr kle<strong>in</strong>es h > 0.D x V (t, X t ) ∼ V (t, X t) − V (t, X t + h)hDie Simulationsparameter s<strong>in</strong>dS 0 = 8 r = 0.1 T = 2 σ = 0.3 K = 10.Abbildung 4.1: Preis e<strong>in</strong>es Call im Black-Scholes Modell. Vergleich der Approximation(t, X t ) ↦→ V (t, X t ) (untere Fläche) <strong>mit</strong> den tatsächlichen Werten derBlack-Scholes Formel (t, X t ) ↦→ v(t, X t ) (obere Fläche).85


4 Dynamische Maßwechsel via PreisapproximationAbbildung 4.2: Hedge e<strong>in</strong>es Call im Black-Scholes Modell. Vergleich der Approximation<strong>mit</strong>tels Theorie großer Abweichungen <strong>mit</strong> den tatsächlichen Werten derBlack-Scholes Formel.Abbildung 4.3: Vergleich der Approximation von h <strong>mit</strong> den tatsächlichen Werten.86


4.1 Call im Black-Scholes ModellSimulationen P MC P IS σ MC σ IS Ratio100 0.9135 1.2790 0.2106 0.0124 17.03500 1.0573 1.2559 0.0991 0.0060 16.491000 1.3003 1.2667 0.0823 0.0048 17.042500 1.2851 1.2594 0.0504 0.0029 17.685000 1.2614 1.2574 0.0350 0.0021 16.7110000 1.2041 1.2574 0.0240 0.0014 16.9420000 1.2363 1.2588 0.0172 0.0010 17.18Tabelle 4.1: Konvergenz <strong>für</strong> Verfahren A bei steigendem SimulationsumfangVolatilität K P MC P IS σ MC σ IS Ratio0.30 8 2.1806 2.0719 0.1028 0.0060 17.119 1.7792 1.6199 0.0905 0.0051 17.6310 1.3420 1.2685 0.0831 0.0041 20.0311 0.9238 0.9705 0.0667 0.0037 18.0212 0.6675 0.7423 0.0603 0.0034 17.830.35 8 2.1843 2.2576 0.1122 0.0064 17.469 1.6715 1.8278 0.1003 0.0060 16.6310 1.6907 1.4789 0.0999 0.0060 16.7711 1.1909 1.2007 0.0894 0.0048 18.5012 0.9016 0.9634 0.0770 0.0040 19.430.40 8 2.5033 2.4383 0.1388 0.0072 19.269 1.9447 2.0377 0.1176 0.0077 15.3010 1.7660 1.6924 0.1190 0.0064 18.4911 1.4621 1.4159 0.1115 0.0058 19.2312 1.2392 1.1715 0.0997 0.0053 18.99Tabelle 4.2: Varianzreduktion <strong>für</strong> Verfahren A <strong>mit</strong> n = 1000.AuswertungEs wurden Simulationen unter Ausnutzung der Black-Scholes Formel und der Approximation<strong>mit</strong>tels der Theorie großer Abweichungen durchgeführt. Dabei kann festgestelltwerden, dass die Approximation gerade an den Randbereichen (t kle<strong>in</strong>, S t kle<strong>in</strong>) erheblicheFehler aufweist. Dies hat gravierende Effekte <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Varianzoptimalitätdes Maßwechsels. Während bei Kenntnis des genauen Preisverlaufs und Delta-Hedgese<strong>in</strong>e Reduktion der Standardabweichung um den Faktor 16-20 erreicht werden konnte(Verfahren A), lag diese Verr<strong>in</strong>gerung bei dem approximativen Verfahren B lediglich beie<strong>in</strong>em Faktor von zwei bis drei.E<strong>in</strong> Vergleich der Drifte <strong>in</strong> Abbildung 4.3 zeigt, dass die Approxmation <strong>für</strong> große Lauf-87


4 Dynamische Maßwechsel via PreisapproximationVolatilität K P MC P IS σ MC σ IS Ratio0.30 8 2.1712 2.0607 0.0964 0.0371 2.609 1.7435 1.5521 0.0932 0.0346 2.6910 1.3535 1.2524 0.0828 0.0304 2.7211 1.0189 0.9519 0.0756 0.0405 1.8712 0.7396 0.6695 0.0677 0.0186 3.650.35 8 2.0119 2.1670 0.0997 0.0425 2.359 1.9808 1.8377 0.1098 0.0375 2.9310 1.5104 1.4590 0.1009 0.0329 3.0711 1.0953 1.1683 0.0835 0.0276 3.0212 1.0736 0.9436 0.0845 0.0239 3.530.40 8 2.5731 2.3631 0.1301 0.0474 2.749 1.8774 1.9584 0.1199 0.0414 2.9010 1.5756 1.6400 0.1051 0.0370 2.8411 1.2705 1.3371 0.1015 0.0331 3.0612 1.1232 1.1744 0.0981 0.0289 3.39Tabelle 4.3: Varianzreduktion <strong>für</strong> Verfahren B <strong>mit</strong> n = 1000.zeiten (t > 1) und hohe Basiswerte (S t > K) sehr ger<strong>in</strong>ge Fehler aufweist. Im Gegenzugist allerd<strong>in</strong>gs das Fehlerpotential im relevanten Bereich (S t < K) als kritisch anzusehen.Es stellt sich letztendlich die Frage, ob nun andere Approximationsverfahren <strong>für</strong> v undD x v <strong>in</strong> diesem Bereich zu besseren Ergebnissen führen.Im approximativen Fall reduzierte sich die Berechnung von v und D x v auf die Lösunge<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen Maximierungsproblems <strong>für</strong> jedes Paar (t, S t ). Von e<strong>in</strong>er numerischen Berechnungvon v und D x v <strong>in</strong> jedem Schritt der Simulation ist abzuraten. Bei großen Simulationsumfängenwürden dann viele Werte mehrfach berechnet werden. Es empfiehltsich daher, über den relevanten Bereich des R × R die Werte <strong>für</strong> e<strong>in</strong> vorgeschriebenesGitter zu berechnen, ähnlich wie es bei der numerischen Lösung von Differentialgleichungenüblich ist. Dabei sche<strong>in</strong>t es s<strong>in</strong>nvoll, das Gitter im relevanten Gebiet (nahe beidem Graphen von t ↦→ ES t ) etwas fe<strong>in</strong>er zu gestalten.In Fall e<strong>in</strong>es Calls im Black-Scholes Modell ist e<strong>in</strong>e Anwendung der approximativenMethode <strong>für</strong> dynamische Maßwechsel nicht zu empfehlen. Insbesondere e<strong>in</strong> Vergleich<strong>mit</strong> der Methode der determ<strong>in</strong>istischen Wechsel, die bessere Varianzreduktionen <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>em weniger rechen<strong>in</strong>tensiven Verfahren aufweist, untermauert diese Empfehlung.Des Weiteren s<strong>in</strong>d noch die Konvergenz bzw. Konsistenz des Monte Carlo Schätzers <strong>mit</strong>dynamischen <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> nachzuweisen (vgl. Tabelle 4.1). Diese Frage kannhier allerd<strong>in</strong>gs nicht endgültig beantwortet werden und bietet Potential <strong>für</strong> zukünftige88


4.2 Dynamisches <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> asiatische OptionenForschungsarbeiten.4.2 Dynamisches <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> asiatischeOptionenEs sei G : C x [0, T ] → R e<strong>in</strong> Auszahlungsfunktional, S e<strong>in</strong> Diffusionsprozess und (S ɛ ) ɛdie entsprechende Prozessfamilie im Freidl<strong>in</strong>-Wentzell S<strong>in</strong>n <strong>mit</strong> S ɛ=1 = S. E<strong>in</strong> entscheidenderPunkt bei der Herleitung des dynamischen Maßwechsels der Formh t = − 1v(t, X t ) σ(X t)D x v(t, X t )0 ≤ t ≤ Tim Falle europäischer Auszahlungen G(S) = g(S T ) ist die Markoveigenschaft vom G(S).Diese Bed<strong>in</strong>gung ist <strong>in</strong> vielen Fällen verletzt und verh<strong>in</strong>dert so e<strong>in</strong>e Anwendung diesesAnsatzes. Dieser Umstand kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Situationen allerd<strong>in</strong>gs korrigiert werden. Wirmöchten das am Beispiel e<strong>in</strong>er asiatischen Option vorstellen: E<strong>in</strong>e asiatische Option aufe<strong>in</strong>en Preisprozess S ist e<strong>in</strong>e Funktion se<strong>in</strong>es Mittelwertes, d. h. e<strong>in</strong> Claim der Form( 1C = HT∫ T0S t dt<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Funktion H : R → R. Def<strong>in</strong>iere e<strong>in</strong>e Hilfsvariable)Y := 1 T∫ T0S t dt.Der Prozess (X, Y ) ist nun e<strong>in</strong> Markovprozess und ermöglicht die Anwendung der vorgestellten<strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> Methode.Betrachte die Prozessfamilie gegeben durch Y ɛ := 1 ∫ TT 0 Sɛ t dt. Gel<strong>in</strong>gt nun die Herleitunge<strong>in</strong>es LDP <strong>für</strong> (Y ɛ ) ɛ <strong>mit</strong> Ratenfunktion I Y , so liefert Varadhans Theorem e<strong>in</strong>eApproximationEH(Y ) ∼ exp(sup log H(y) − I Y (y)y∈RDa<strong>mit</strong> ist nun lediglich e<strong>in</strong> reelles Maximierungsproblem zu lösen.Der generelle Vorteil dieser Methode besteht also <strong>in</strong> der Reduktion des Rechenanteils aufe<strong>in</strong> reelles Maximierungsproblem. Es muss nun noch e<strong>in</strong> LDP <strong>für</strong> stochastische Integralehergeleitet werden:).89


4 Dynamische Maßwechsel via PreisapproximationLemma 4.2. Es sei (S ɛ ) ɛ e<strong>in</strong>e Familie stochastischer Prozesse auf C[0, T ] <strong>mit</strong> guterRatenfunktion I S . Dann erfüllt die Familie reellwertiger Zufallsgrößen gegeben durchY ɛ = 1 T∫ T0S ɛ t dtdas LDP auf R <strong>mit</strong> guter RatenfunktionI Y (y) =<strong>in</strong>fψ∈C[0,T ] {IS (ψ) | y = 1 TBeweis. Das Funktional F : C[0, T ] → R gegeben durch∫ T0ψ t dt}.F (ψ) = 1 T∫ T0ψ t dtist stetig. Die Behauptung folgt dann direkt aus dem Kontraktionspr<strong>in</strong>zip.Falls S ɛ <strong>für</strong> alle ɛ > 0 e<strong>in</strong>e Ito-Diffusion <strong>mit</strong> beschränkten gleichmäßig lipschitzstetigenKoeffizienten ist, d. h.dS ɛ t = b(S ɛ t )dt + √ ɛσ(S ɛ t )dW tS ɛ 0 = s 0 ,kann <strong>mit</strong>tels Freidl<strong>in</strong>-Wentzell die Ratenfunktion I S bestimmt werden. Nach dem Lemmaist <strong>für</strong> die Berechnung von I Ydemnach folgendes Variationsproblem <strong>mit</strong> Nebenbed<strong>in</strong>gungenzu lösen:∫1 T( ˙ψ t − b(ψ t )) 2 dt = m<strong>in</strong> (Hauptbed<strong>in</strong>gung)2 0 σ(ψ t )∫ T0ψ t dt = y · Tψ 0 = s 0(Nebenbed<strong>in</strong>gung)(Randbed<strong>in</strong>gung)Beispiel: Vasicek-ProzessE<strong>in</strong>e Familie von Vasicek-Prozessen (S ɛ ) ɛ folgt e<strong>in</strong>er Dynamik der FormdS ɛ t = θ(µ − S ɛ t )dt + √ ɛσdW tS ɛ 0 = s 0 .90


4.2 Dynamisches <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> asiatische OptionenDie Ratenfunktion kann nun durch Lösung des oben vorgestellten Variationsproblemserreicht werden. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es <strong>in</strong> diesem speziellen Fall e<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit:Für den Vasicek-Prozess ist e<strong>in</strong>e Lösung der stochastischen Differentialgleichung bekanntund es gel<strong>in</strong>gt, die Verteilung des stochastischen Integrals zu berechnen. Dabei ist Y ɛ =∫ T0 Sɛ t dt normalverteilt <strong>mit</strong> Parameternµ = s 01 − exp(−θT )θ+ µ(T − 1 − exp(−θT )θ(ɛσ 2 = ɛ σ2T − 2 − 2 exp(−θT ) + 1 − exp(−2θT )θ 2 θ2θInsbesondere ist da<strong>mit</strong> die Ratenfunktion von Y ɛ gegeben durchI Y (y) = 1 (y − µ) 2.2 σ 2Da nun die Ratenfunktion bekannt ist, kann <strong>für</strong> asiatische Optionen sehr leicht <strong>mit</strong>telsVaradhans Theorem e<strong>in</strong>e asymptotische Approximation gefunden werden.Ist nun H : R → R e<strong>in</strong>e Funktion, die die Bed<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> Varadhans Theorem erfüllt, soist folgendes Optimierungsproblem zu lösen:supy∈R(log H(y) − 1 (y − µ) 2 ).2 σ 2Asiatische Putoption: Betrachte beispielsweise e<strong>in</strong>en asiatischen Put <strong>mit</strong> Strike K > 0,Laufzeit T > 0 und oberer Schranke K:H(y) = (K − y) + 1 {y>0} ,)).dann kann das Maximum des Optimierungsproblems durch Differentialrechnung hergeleitetwerden. Falls es existiert, ist es e<strong>in</strong>deutig und gegeben durchy max = K + µ2Wir erhalten da<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>e Approximation√ (K ) + µ 2−+ σ − µK.2(E(K − Y T ) + 1 {YT >0} ∼ exp log(y max − K) − 1 ( ) )ymax − µ 2.2 σGeometrische asiatische Putoption: Betrachte <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Strike K > 0 die Auszahlungs-91


4 Dynamische Maßwechsel via PreisapproximationSimulationen Preis MC Preis IS σ MC σ IS Ratio100 0.8246 0.8133 0.0350 0.0187 1.87071000 0.8528 0.8364 0.0117 0.0065 1.78975000 0.8489 0.8262 0.0052 0.0029 1.805210000 0.8461 0.8278 0.0036 0.0020 1.790020000 0.8438 0.8297 0.0026 0.0014 1.7783Tabelle 4.4: Monte Carlo Simulation <strong>mit</strong> und ohne dynamischem <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong><strong>für</strong> die geometrische asiatische Putoption.funktionH(y) = (exp(y) − K) + .E<strong>in</strong>e Lösung y max des Optimierungsproblemserfüllt die Gleichungsupy∈R(log(exp(y) − K) − 1 (y − µ) 2 )2 σ 2exp(y max )exp(y max ) − K − y max − µσ 2 = 0wie leicht <strong>mit</strong>tels Differenzierung hergeleitet werden kann.Für dieses Beispiel wurde dynamisches <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>mit</strong> den Parameternθ = 0.8 µ = 0.3 σ = 0.15T = 2.5 S 0 = 0.2 K = 1.1durchgeführt.Bemerkung 4.3. Wie diese Beispiele zeigen, kann das Verfahren e<strong>in</strong>fach auf e<strong>in</strong>e großeKlasse von Auszahlungsfunktionen angewandt werden. Das größte Problem ist die Berechnungder Ratenfunktion I Y . Liegt <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Diffusionsmodellen ke<strong>in</strong>e analytischeLösung <strong>für</strong> I Y vor, so muss <strong>in</strong> jedem Schritt der Simulation e<strong>in</strong> Variationsproblemgelöst werden. Zusammen <strong>mit</strong> der Lösung des Optimierungsproblems ist der zusätzlicheSimulationsaufwandt beim dynamischen <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> daher enorm. In H<strong>in</strong>blickauf die notwendige Rechenleistung sollten das Verfahren zukünftig noch optimiert werden.E<strong>in</strong>e Möglichkeit da<strong>für</strong> bilden Gittermethoden, wie sie bei der numerischen Lösungvon Differentialgleichung e<strong>in</strong>e Rolle spielen.Neben asiatischen Optionen kann dynamisches <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> nach Pham auchnoch auf e<strong>in</strong>ige weitere Klasse von Optionen ausgeweitet werden, die die Markoveigen-92


4.2 Dynamisches <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>für</strong> asiatische Optionenschaft nicht erfüllen. Dies ist neben anderen etwa denkbar bei Barriereoptionen, Basketoptionen,Lookbackoptionen und Compounded Options.93


Fazit und AusblickFazitDie Derivatebewertung <strong>mit</strong>tels Monte Carlo Simulation ist e<strong>in</strong> gängiges und bewährtesVorgehen <strong>in</strong> der F<strong>in</strong>anzwirtschaft. Allerd<strong>in</strong>gs ist dieses Verfahren im Vergleich zu anderenMethoden nicht besonders effizient. Insbesondere bei exotischen Derivaten ist esnicht immer möglich auf Alternativen zurückzugreifen. Ziel dieser Arbeit war es daherdie Verbesserung von Monte Carlo Simulationen <strong>mit</strong>tels <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong>: Dabeisoll durch e<strong>in</strong>en Maßwechsel e<strong>in</strong>e Varianzreduktion erreicht werden. Es war entscheidendzu klären, welcher Maßwechsel dies am Besten erfüllt.Zur Lösung dieses Auswahlproblems wurden zwei Techniken vorgestellt, die auf der Theoriegroßer Abweichungen aufbaut: Das erste Verfahren basierte auf der E<strong>in</strong>führung derasymptotischen Optimalität als Gütekriterium <strong>für</strong> determ<strong>in</strong>istische Maßwechsel, wo<strong>mit</strong>es nun durch Lösung e<strong>in</strong>es Variationsproblems bzw. e<strong>in</strong>er Differentialgleichung möglichist, „gute“ Maßwechsel zu berechnen. Dem Anwender steht da<strong>mit</strong> e<strong>in</strong> relativ e<strong>in</strong>fachesKonzept zur Durchführung von Monte Carlo Simulationen <strong>mit</strong> <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong><strong>mit</strong> determ<strong>in</strong>istischen Maßwechseln zur Verfügung.Das Verfahren wurde <strong>für</strong> digitale Optionen, Barriereoptionen und dem Call im Black-Scholes Modell getestet. Das führt bei „out-of-the-money“ Derivaten häufig zu e<strong>in</strong>er Verbesserungder Standardabweichung. Bei zweiseitigen Barriereoptionen konnte allerd<strong>in</strong>gse<strong>in</strong> unerwünschter Effekt nachgewiesen werden, weswegen e<strong>in</strong>e generelle Anwendung desVerfahrens nicht ohne Weiteres zu empfehlen ist. Der Benutzer sollte daher zum<strong>in</strong>destüber die grundlegende Wirkungsweise des <strong>Importance</strong> <strong>Sampl<strong>in</strong>g</strong> <strong>in</strong>formiert se<strong>in</strong>, um solcheunerwünschten Effekte im Vorfeld erkennen zu können.Als alternatives Verfahren entstand e<strong>in</strong>e Heuristik <strong>für</strong> die Er<strong>mit</strong>tlung von dynamischenMaßwechseln, welche <strong>mit</strong> der Kenntnis von Preis und Hedge des Derivates <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>erFormel er<strong>mit</strong>telt werden können. Da diese Werte im Wesentlichen unbekannt s<strong>in</strong>d, wurde<strong>mit</strong> Hilfe der Theorie großer Abweichungen e<strong>in</strong> Konzept zur Approximation hergeleitet.95


Dieses wurde im Black-Scholes Modell getestet und anschließend auf asiatische Optionenerweitert.AusblickDas Potential der beiden vorgestellten Methoden ist noch nicht ausgeschöpft: So ist esbeispielsweise noch möglich weitere Konzepte zur Bestimmung des dynamischen Maßwechsels<strong>für</strong> andere Derivateklassen herzuleiten. Die Ausdehnbarkeit des Vorgehens motiviertnun auch e<strong>in</strong>e systematische Untersuchung von LDPs <strong>für</strong> f<strong>in</strong>anzrelevante stochastischeProzesse, wie sie <strong>in</strong> den Auszahlungsprofilen bekannter Derivate vorkommen.Als weitere Entwicklungsmöglichkeit besteht die Ausweitung des determ<strong>in</strong>istischen Maßwechselverfahrensauf Z<strong>in</strong>sstrukturmodelle und Z<strong>in</strong>sderivate. Im Falle von Swaptions istdieses Problem <strong>mit</strong> Hilfe des Swapratenprozesses formal <strong>mit</strong> den vorgestellten Konzeptenlösbar. Im Libormarktmodell oder <strong>in</strong> short rate Modellen s<strong>in</strong>d die genutzten Werkzeugeebenfalls <strong>Diffusionsprozesse</strong>. E<strong>in</strong>e Erweiterung der vorgestellten Methoden ist daherdurchaus e<strong>in</strong>e realistische Möglichkeit.Insgesamt konnten die Ziele dieser Arbeit, e<strong>in</strong> weitrechendes praxisrelevantes Konzept <strong>in</strong>der Derivatebewertung herzugeleiten und weiterzuentwickeln, erfolgreich erfüllt werden.Dabei entstanden auch e<strong>in</strong>ige weiterführende Fragestellungen, die Potential <strong>für</strong> zukünftigeForschungsarbeiten bieten.96


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Eidesstattliche ErklärungGemäß § 12 (5) der Prüfungsordnung <strong>für</strong> den Masterstudiengang Mathematik der WestfälischenWilhelms-Universität Münster vom 26.10.2011 versichere ich, dass ich die vorliegendeArbeit selbstständig verfasst und ke<strong>in</strong>e anderen als die im Literaturverzeichnisangegebenen Quellen und Hilfs<strong>mit</strong>tel benutzt habe. Ich erkläre weiterh<strong>in</strong>, dass die vorliegendeArbeit noch nicht im Rahmen e<strong>in</strong>es anderen Prüfungsverfahrens e<strong>in</strong>gereicht wurde.............................Reken, den 22. Januar 2013............................Michael Espendiller100

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