vom Reich getrennt worden, sondernauch <strong>in</strong> diesem <strong>in</strong>sularen TeilDeutschlands gegenüber dem Nordender Prov<strong>in</strong>z etwas zurückgebliebenwar. Kurz, ohne Königsbergse<strong>in</strong>e naturgegebene und historischüberkommene <strong>Vor</strong>rangstellung zubestreiten, sollte Allenste<strong>in</strong> mit Blickrichtungauf das ehemalige Abstimmungsgebietzu e<strong>in</strong>em zweiten,wenn auch bescheideneren Zentrumdes ostpreußischen Theaterlebensgemacht und durch e<strong>in</strong> eigenesHaus mit modernen technischenE<strong>in</strong>richtungen dem neuen Kunst<strong>in</strong>stitutdie notwendigen <strong>Vor</strong>aussetzungenfür e<strong>in</strong>en se<strong>in</strong>er hohen Aufgabeangemessenen künstlerischen Ranggegeben werden. Diese ihr vonvornhere<strong>in</strong> gesteckten Ziele bestimmtenauch Trägerschaft und organisatorischeStruktur der neuen Bühne:Nicht Stadttheater sollte sie werden,sondern Landestheater mit e<strong>in</strong>erGröße des künstlerischen Apparates,der e<strong>in</strong>e gleichzeitige täglicheBespielung Allenste<strong>in</strong>s und 19 andererStädte gestattete, und zwarDeutsch-Eylau, Osterode, Hohenste<strong>in</strong>,Neidenburg, Wartenburg,Guttstadt, Seeburg, Ortelsburg, Willenberg,Bischofsburg, Sensburg,Rössel, Rastenburg, Angerburg,Lötzen, Arys, Johannesburg, Lyckund Treuburg. Die <strong>in</strong>terne Gliederungergab sich so fast von selbst: Esmussten zwei komplette Ensemblesgebildet werden, e<strong>in</strong>es für gesprocheneund e<strong>in</strong>es für musikalischeWerke. In der letzten Kategorie sahendie kommenden Bühnenverhältnissee<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>beziehung auch derKunstgattung der großen Oper vor,womit dem neuen Theater das ihmzugedachte Format gegeben werdensollte. E<strong>in</strong> Zufall ermöglichte es,den Großteil e<strong>in</strong>es geschulten, bühnenerfahrenenOrchesters zu engagieren,nämlich das der KönigsbergerKomischen Oper, deren Schließungsich abzeichnete.Als Bauplatz für das Theater stelltedie Stadt ihr Gartenetablissement„Kaisergarten“ <strong>in</strong> der H<strong>in</strong>denburgstraße,also <strong>in</strong> der Ortsmitte, zur Verfügung.Rechtsträger<strong>in</strong> des Baueswurde die „Treudank GmbH” mitzwei Gesellschaftern, dem Kulturvere<strong>in</strong>Masuren – Ermland e.V. undder Stadt Allenste<strong>in</strong>, die das Grundstückmit Gaststättengebäude e<strong>in</strong>brachte.Der eigentliche Theaterbetriebwurde von e<strong>in</strong>er dafür spätergegründeten „Landestheater GmbH”durchgeführt, die das spielfertigeHaus von der „Treudank GmbH“ zurBenutzung erhielt und hierfür die laufendenKosten mit Ausnahme derBauunterhaltung übernahm. Gesellschafterder „Landestheater GmbH”waren die Stadt Allenste<strong>in</strong>, der Kulturvere<strong>in</strong>Masuren – Ermland e.V.und die damals bestehenden Besucherorganisationen,der Bühnenvolksbundund der Verband derVolksbühnenvere<strong>in</strong>e, beide mit demSitz <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Den <strong>Vor</strong>sitz <strong>in</strong> der Gesellschafterversammlungführte MaxWorgitzki. <strong>Vor</strong>sitzender des Aufsichtsrateswar nach dem Gesellschaftsvertragder jeweilige Oberbürgermeisterder Stadt Allenste<strong>in</strong>.Im Aufsichtsrat waren alle Gesellschaftermit Sitz und Stimme vertreten,die Stadt durch Mitglieder desMagistrats und der Stadtverordnetenversammlung,der Kulturvere<strong>in</strong>durch Mitglieder se<strong>in</strong>es <strong>Vor</strong>standes,die Besucherorganisationen durchdie <strong>Vor</strong>sitzenden ihrer Allenste<strong>in</strong>er6
Ortsgruppen. Geschäftsführer derLandestheater GmbH waren der jeweiligeIntendant als künstlerischerLeiter und e<strong>in</strong>e von der Stadt Allenste<strong>in</strong>zu stellende Person als kaufmännischerGeschäftsführer, die dieGesellschaft geme<strong>in</strong>sam vertraten.Erster künstlerischer Geschäftsführerwar Intendant Ernst Theil<strong>in</strong>g, ersterkaufmännischer GeschäftsführerStadtober<strong>in</strong>spektor Paul Peters.Der Bau des Theatergebäudes verzögertesich erheblich aus Gründen,die wohl hauptsächlich <strong>in</strong> den durchdie fortschreitende Inflation liegendenf<strong>in</strong>anziellen Schwierigkeiten zusuchen s<strong>in</strong>d. Bauplanung und -leitung lagen <strong>in</strong> den Händen desortsansässigen Architekten Feddersen,durch dessen Geschick die verlangteE<strong>in</strong>beziehung von Teilen desalten Gaststättengebäudes gelang.Der Gesamtbau umfaßte außer demTheatersaal mit rd. 700 Sitzplätzen(Parterre und e<strong>in</strong> Rang) e<strong>in</strong> geräumigesFoyer im Parterre und erstemStockwerk, Garderobe, e<strong>in</strong> Bühnenhausmit versenktem Orchesterraumund Seitenbühnen, Probe-, UmkleideundBüroräume, Werkstätten undRequisitenlagerraum. Die Gaststätte„Treudank” lag im Keller des Gebäudes,war aber <strong>in</strong>folge der Geländebeschaffenheitvon der Straße her zuebener Erde zu erreichen. Die technischeAusstattung des Bühnenhauseswar mit den Beleuchtungsanlagen,dem Rundhorizont und demSchnürboden modern. Leider wardem zunächst geplanten E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>erHebe- und Drehbühne ke<strong>in</strong>e Erfüllungbeschieden.Das neue Haus wurde am 25. August1925 mit Goethes „Faust”, IntendantErnst Theil<strong>in</strong>g <strong>in</strong> der Titelrolle,würdig se<strong>in</strong>em Zwecke zugeführt,e<strong>in</strong> bedeutsames künstlerisches wiegesellschaftliches Ereignis, das <strong>in</strong>7