Rest wurde bereits nach Ende desKrieges als deutsches Altpapier vernichtet.Während des Zweiten Weltkriegeshatte die Gestapo im Erdgeschossdieses Gebäudes ihren Sitz. Mangelangte zu ihr, <strong>in</strong>dem man durchdas Tor und den Innenhof an derKleeberger Straße h<strong>in</strong>durch g<strong>in</strong>g.Dem 1995 verfassten Bericht e<strong>in</strong>esehemaligen Zwangsarbeiters <strong>in</strong> Ostpreußenzufolge fertigten Gestapofunktionäre<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der ZimmerPersonalakten von Ausländern füre<strong>in</strong>e spezielle Kartei an. Der Verfasserdes besagten Berichts, der nachdem Krieg <strong>in</strong> Allenste<strong>in</strong> wohnte,wurde 1943 an diesen Ort gebracht,um fotografiert zu werden und e<strong>in</strong>enF<strong>in</strong>gerabdruck zu h<strong>in</strong>terlassen.Im Gebäudekomplex befand sich allerd<strong>in</strong>gske<strong>in</strong>e Dienstwohnung desRegierungspräsidenten. Er wohnteseit 1909 <strong>in</strong> der Allenste<strong>in</strong>er Burg,dort, wo sich heute die Büroräumedes Museums vom Ermland undMasuren bef<strong>in</strong>den. Zunächst hatteman vor, für den Regierungspräsidentene<strong>in</strong>e freistehende Villa <strong>in</strong> derUmgebung der Bezirksregierung zuerrichten. Das Bauvorhaben wurdeletztlich jedoch nicht verwirklicht,weil man der Me<strong>in</strong>ung war, dass e<strong>in</strong>eWohnung auf der Burg erheblichrepräsentativer sei. Aus diesemGrund wohnten auf der Burg folgendePräsidenten der Allenste<strong>in</strong>er Bezirksregierung:Hans von Hellmann(1914), Matthias von Oppen (1924),Max von Ruperti (1932), Dr. KarlSchmidt (1937).Darüber h<strong>in</strong>aus befand sich <strong>in</strong> demGebäude <strong>in</strong> der Freiherr-von-Ste<strong>in</strong>-Straße im Jahre 1920 die lokaleKommission der Alliierten, die denVerlauf der Volksabstimmung überwachensollte. Hier waltete zudemihr <strong>Vor</strong>sitzender Ernst Rennie.Nach dem Zweiten Weltkrieg, ausdem das Bauwerk mit ger<strong>in</strong>gemSchaden <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es verbranntenDaches des l<strong>in</strong>ken Seitenflügels hervorg<strong>in</strong>g,fand hier die Direktion derPolnischen Eisenbahn ihren Sitz.Nachdem die Allenste<strong>in</strong>er Direktionder Staatlichen Bahn 1963 geschlossenwurde, übernahm die DanzigerDirektion ihre Aufgaben. Später, <strong>in</strong>sbesondere<strong>in</strong> den 90er <strong>Jahren</strong>, siedeltensich <strong>in</strong> dem Bürogebäude e<strong>in</strong>eReihe von Institutionen und Firmenan, die nicht mit der Bahn verbundenwaren. So hatte hier beispielsweisedie Redaktion des Allenste<strong>in</strong>erNachmittagsblattes „Dziennik Pojezierza“ihre Büroräume.Ende der 90er Jahre befand sichfast das ganze Gebäude im Besitzder Staatlichen Polnischen Bahn, die<strong>in</strong> ihm eigene Agenturen, wie etwadas Büro zur Ertragskontrolle, denBetrieb für Warentransporte, das Informationszentrumsowie die Krankenversorgungder Bahn unterbrachte.Darüber h<strong>in</strong>aus hatten hiere<strong>in</strong>e Abteilung der Stiftung „Semafor“,e<strong>in</strong>e Werbeagentur und im Untergeschossdes rechten Seitenflügelse<strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esisches Restaurantihren Sitz.E<strong>in</strong> weiteres <strong>in</strong>teressantes Detail ausder Geschichte des Gebäudes ist,dass die lokalen Machthaber aufWoiwodschaftsebene 1946 erhebliche<strong>Vor</strong>behalte gegenüber der Übernahmedes Gebäudes durch dieBahn, die bereits seit 1945 dort residierte,hegten. Sie hielten sich fürdie eigentlichen Erben des vorherigenNutzers, also der Bezirksregie-54
ung. Ihre sehr <strong>in</strong>tensiven Bemühungenendeten letztlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fiasko.Die Allenste<strong>in</strong>er Bahndirektiongalt <strong>in</strong> der Stadt an der Alle von Anfangan als e<strong>in</strong>e der mächtigsten lokalenInstitutionen. Reiste ihr Chefdienstlich nach Warschau, so wurde– der Position e<strong>in</strong>es höheren Funktionärsangemessen – auf der StreckeAllenste<strong>in</strong>-Warschau e<strong>in</strong> speziellerSalonwaggon an den Schnellzugangekoppelt.Ob sich <strong>in</strong> der nächsten Zeit etwasan dem Charakter des Gebäudesändert, wird die Zeit zeigen. Im Jahre2002 g<strong>in</strong>g das Gebäude von derStaatlichen Polnischen Bahn <strong>in</strong> denBesitz des Allenste<strong>in</strong>er Magistratsüber. Im ersten Stock des Gebäudessoll <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>e Abteilung desHöchsten VerwaltungsgerichtesPlatz f<strong>in</strong>den. Das Gebäude soll Sitzdes z.Zt. auf verschiedene Gebäudeverteilten Marschallamtes werden.aus „Allenste<strong>in</strong>er Nachrichten“Nr. 3 vom 25.3.2005Schwieriger FallDe K<strong>in</strong>derchens hucken bedutt <strong>in</strong>ne Schul,E Tafel hängt anne Wand,Dem F<strong>in</strong>ger dem haben se tief <strong>in</strong>ne Nas,Dem Griffel fest <strong>in</strong>ne Hand.Der Mart<strong>in</strong> is dammlich, er weiß es nich,Drum kriegt er e<strong>in</strong>s iebergerissen.„Bis morgen frieh“, sagt der Lehrer streng,„Me<strong>in</strong> Jungche, da wirst du das wissen!“Der Lehrer steht annem Pult und tutNach ihre Eltern se fragen,Auch wie der Vatche mit <strong>Vor</strong>namen heiß,Das missen se alle ihm sagen.„Nun „, fragt der Lehrer am andern Tag,„Wie heißt er denn, Karl oder Fritz?Vielleicht gar August?“ Der Mart<strong>in</strong> der grientUnd dreht <strong>in</strong>ne Hand se<strong>in</strong>e Mitz.„De Muttche läßt sagen“, so legt er denn los,„Daß se leider das auch nich weiß.Se wär all froh, wenn se wenigstens wußd,Wie der Vater mit Nachnamen heiß.“Dr. Alfred Lau55