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Vor 60 Jahren in Allenstein - Stadtgemeinschaft Tilsit eV

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tanzten nicht mehr; nachdem sie e<strong>in</strong>ehalbe Stunde vergebens auf se<strong>in</strong>eAufforderung gewartet hatte – siewar jetzt stur! –, stand sie auf undverließ endgültig den Saal.Er folgte ihr auf den Fersen und holtesie kurz vor der L<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>. Sie g<strong>in</strong>genjetzt nebene<strong>in</strong>ander, doch um e<strong>in</strong>enMeter getrennt. Ke<strong>in</strong>er hatte seit ihrem„Komm“ e<strong>in</strong> Wort gesprochen.Nun war sie die erste, die dasSchweigen brach.„Da steht ja die druschlige Marjell!“sagte sie plötzlich.Er sah nur das strohblonde Haar.Häcksel, dachte er. Erna zog wütenddie Schultern hoch und warf sich <strong>in</strong>Positur. Herausfordernd blieb sie vordem Mädchen stehen, stemmte dieHände <strong>in</strong> die vom Lackgürtel e<strong>in</strong>geschnürtenHüften und blitzte ihreNebenbuhler<strong>in</strong> heftig an. „Biest!“zischte sie, drehte sich auf demrechten hohen Absatz um, so daßdieser gefährlich knirschte, und verließden L<strong>in</strong>denbaum.Er blieb ratlos stehen. Verstohlenschaute er nach dem Blondschopf,sah sich nach Ernas blondem Haarum.„Was stehst wie <strong>in</strong> Ochs vorm Berg?“fragte das fremde Mädchen. „Weißtnich, wo du h<strong>in</strong>sollst? Erst hast michbeim Tanzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tour fixiert, undjetzt . . . Na, lauf ihr doch nach!“Er wußte nicht, ob er ihrem Rat folgensollte.„Oder liebst sie vielleicht nich?“ fragtedas Mädchen.Er schüttelte den Kopf; und wiederkonnte es ja oder ne<strong>in</strong> heißen; für siewar es e<strong>in</strong> Ne<strong>in</strong>. Doch dann fiel ihme<strong>in</strong>: Er hatte sie ja gar nicht fixiert; erhatte beim Tanzen nur blondesStroh gesehen, nur an den Häckseldaheim gedacht. Und er g<strong>in</strong>g weiter.Sie ließ ihn zehn Schritte gehen undräusperte sich dann. Aber er schautesich nicht um. Nach weiterenzehn Schritten räusperte sie sichwieder, diesmal lauter. Ihn störte esnicht.Das war ihr denn doch zu bunt!Als Erna, ehe sie <strong>in</strong> die lange Dorfstraßee<strong>in</strong>bog, sich noch e<strong>in</strong>mal umdrehte,sah sie, wie das Mädchenihm nachlief und ihn beim Arm ergriff.„Komm endlich, du Dämlack!“sagte die andere.Und Erna sah beide <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Nebenstraßeverschw<strong>in</strong>den.Als sie heimkam, saß ihre Mutterbeim Ofen und stopfte Socken.„Nun“, fragte sie, „hast ihn nich mitgebracht?“Erna schüttelte den Kopf. Sie setztesich zum Fenster und schaute h<strong>in</strong>aus.„Hast denn gar nichts zu erzählen?“fragte die Mutter. Erna blieb stumm.„Hat er dich etwa . . . sitzenlassen?“Erna schüttelte den Kopf. (Es konnteja, es konnte auch ne<strong>in</strong> heißen.)„Was hat er denn gesagt?“ wolltedie Mutter wissen.„Nichts“, erwiderte Erna, „garnichts!“Jetzt war es an der Mutter, den Kopfzu schütteln: „Hab ich dir nich immergesagt, daß er e<strong>in</strong> dammlicher Pomuchelskoppist?“ Erna nickte nurnoch und g<strong>in</strong>g schlafen.51

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