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Vor 60 Jahren in Allenstein - Stadtgemeinschaft Tilsit eV

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E<strong>in</strong> Bergmann fährt nach Allenste<strong>in</strong>von Kurt DzikusIn den Häusern der Auguststraße <strong>in</strong>Gelsenkirchen-Buer wohnten dieKumpels mit ihren Familien, die sozialSchwächeren. Woher stammtendiese Menschen? – Die meisten warenaus Masuren, aus den Gebietenum Osterode, Ortelsburg, Sensburg,hierher gezogen. Sie hatten ihre Lebensgewohnheitenund Sitten mitgebracht,aber vor allem ihre Sprache,die als slawische Sprache derpolnischen sehr ähnlich ist. Die masurischeSprache blieb dann überfünf Jahrzehnte die Mutterspracheneben der deutschen Sprache. DieK<strong>in</strong>der der Zugewanderten lerntennur vom H<strong>in</strong>hören die Sprache derEltern oder gar nicht. Man schämtesich der masurischen Sprache, weilman von der e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerungabwertend als „Polacken“ bezeichnetwurde. Dabei kl<strong>in</strong>gt dochdiese Sprache weich und schmeichelnd.Hören Sie selbst! So wurdeme<strong>in</strong> Vetter liebevoll von se<strong>in</strong>er Großmuttergerufen: „Moi kochanie Wnuczek!“(Me<strong>in</strong> liebes Enkelsöhnchen!)E<strong>in</strong>ige der älteren Bewohner,schwerblütig und vielleicht geistignicht so wendig, haben die deutscheSprache nicht mehr erlernen können.Der Klang des Masurischen istmir jedoch aus den Tagen me<strong>in</strong>erK<strong>in</strong>dheit noch wohl vertraut. Im Übrigenverkümmerte die klangvolleSprache zu e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Gebrauchssprache.E<strong>in</strong>mal war sie Gottesdienstsprachehier <strong>in</strong> der evangelischenKirche <strong>in</strong> Erle, <strong>in</strong> der noch1949 masurische Gottesdienste gefeiertwurden. Zum anderen bedientensich die Erwachsenen dieserSprache, wenn die K<strong>in</strong>der die Inhalteder Gesprächsgegenstände nichthören durften.Viele Masuren wollten eigentlichauch gar nicht <strong>in</strong> Erle bleiben. Siekamen, um im Bergbau Geld zu verdienen.Sie wollten eisern sparenund mit dem Ersparten zurück <strong>in</strong> dieHeimat und dort „Majentek“ (e<strong>in</strong>enkle<strong>in</strong>en Besitz) kaufen. Der mühevolleAlltag, die Sorge um die Familiemachten solche Pläne und Träumezunichte.Die Liebe zu dem „Land der dunklenWälder und kristallnen Seen“ bliebaber bei Eltern und K<strong>in</strong>dern. Als 18-Jähriger sollte me<strong>in</strong> Vater 1924 Landund Verwandte <strong>in</strong> Ostpreußen kennenlernen. Unter Mühen hat dieFamilie e<strong>in</strong> zweites Schwe<strong>in</strong> aufgezogenund gemästet. Der Erlös fürdas schlachtreife Tier wurde für dieFahrt nach Ostpreußen verwandt.E<strong>in</strong> Opfer der Familie ohnegleichen!Das Mästen e<strong>in</strong>es Schwe<strong>in</strong>s und dasHalten e<strong>in</strong>er oder mehrerer Ziegen,genannt Bergmannskühe, warennämlich lebensnotwendig für die E-xistenz der Familien mit e<strong>in</strong>er großenAnzahl von K<strong>in</strong>dern.Heimatliebe und das Verhältnis zurnotwendigen Tierhaltung mag darumfolgende Schmunzelgeschichte, vonder ich nicht genau weiß, ob sie sichtatsächlich so ereignet hat, kennzeichnen.Der Nachbar O. hatte e<strong>in</strong> Ferkel gekauftmit der Absicht, es zur47

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