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Neolithische Trepanationen als Beispiel für Medizin und Kult in der ...

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Heudorfer, <strong>Neolithische</strong> <strong>Trepanationen</strong>...abzugrenzen, hat den ernsthaften Beobachter schon immer überrascht“ (Kerharo 1979). Auchzeigen die Untersuchungen von Meschigg zu mediz<strong>in</strong>isch <strong>in</strong>duzierten operativen E<strong>in</strong>griffenam Schädel bei den Kisii <strong>in</strong> Westkenia, wie sehr sich solche Vorstellungen mischen können.Bei e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> Fälle, die Meschigg selbst beobachtete, wurde nach abgeschlossener Operatione<strong>in</strong> Stab über dem Kopf des Patienten zerbrochen, um den <strong>für</strong> den Heilungsverlauf negativenMächten die Kraft zu nehmen (Meschigg 1983). An<strong>der</strong>erseits können auch primär kultischo<strong>der</strong> kulturell motivierte E<strong>in</strong>griffe mit e<strong>in</strong>em heilbr<strong>in</strong>genden, <strong>als</strong>o im weitesten S<strong>in</strong>ne präventivmediz<strong>in</strong>ischen Aspekt e<strong>in</strong>hergehen. So schil<strong>der</strong>t zum <strong>Beispiel</strong> Margetts (1967) e<strong>in</strong>en Fallvon <strong>Trepanationen</strong> von den Bismarck<strong>in</strong>seln. Hierbei handelt es sich um <strong>Trepanationen</strong>, die <strong>in</strong>erster L<strong>in</strong>ie dazu dienen, Schädelrondelle zu gew<strong>in</strong>nen. Diesen werden allgeme<strong>in</strong>e Schutzfunktion<strong>und</strong> speziell die Hilfe zu e<strong>in</strong>em längeren Leben zugesprochen. Die Rondelle stellenhier echte Amulette dar. Auch wenn es sich dabei quasi um e<strong>in</strong>e „prophylaktische“ Operationhandelt, so ist sie <strong>für</strong> die betreffende Population doch mit e<strong>in</strong>em praktischen „mediz<strong>in</strong>ischen“Nutzen verb<strong>und</strong>en.Auch <strong>in</strong> prähistorischen <strong>Kult</strong>uren wird man von e<strong>in</strong>em ähnlichen Verständnis von <strong>Mediz<strong>in</strong></strong><strong>und</strong> Magie ausgehen können. Überträgt man e<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiges Verständnis von <strong>Mediz<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Kult</strong>auf die archäologischen Bef<strong>und</strong>e, so bedeutet dies, dass im Regelfall e<strong>in</strong>e Mischung von empirisch-mediz<strong>in</strong>ischen<strong>und</strong> kultisch-magischen Motiven zum E<strong>in</strong>griff am Schädel geführt habendürften. E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Frage ist natürlich, was davon <strong>für</strong> den Archäologen fassbar wird.Hier<strong>für</strong> gilt es Kriterien zu f<strong>in</strong>den bzw. konsequent anzuwenden, dabei jedoch nicht zu vergessen,dass die eventuell fassbare Motivation nicht die ausschliessliche gewesen se<strong>in</strong> muss.4.2. Archäologisch fassbare Kriterien zur Beurteilung <strong>der</strong> Motivation4.2.1. Trepanierter SchädelAm trepanierten Schädel s<strong>in</strong>d hauptsächlich zwei Kriterien zu berücksichtigen:1. S<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe des E<strong>in</strong>griffs Spuren krankhafter Verän<strong>der</strong>ungen erkennbar, die e<strong>in</strong>ensolchen E<strong>in</strong>griff rechtfertigen, wie dies teilweise auch schon versucht wurde (beispielsweiseBruchhaus /Holtfreter 1985)?2. Ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>griff sicher o<strong>der</strong> höchstwahrsche<strong>in</strong>lich postmortal ausgeführt worden (Grimm1965, Broca 1877)?Kriterium Nummer e<strong>in</strong>s würde eher <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en primär mediz<strong>in</strong>isch <strong>in</strong>duzierten E<strong>in</strong>griff, KriteriumNummer zwei eher <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en primär kultisch/kulturell <strong>in</strong>duzierten E<strong>in</strong>griff sprechen.4.2.2. SchädelrondellAn e<strong>in</strong>em Schädelrondell ist zu berücksichtigen:1. Ob es Bearbeitungsspuren aufweist o<strong>der</strong> nicht (Röhrer-Ertl 1993). Solche Bearbeitungsspurenwären beispielsweise Randglättung, gebohrte Löcher, Verzierungen etc.2. Ob es <strong>in</strong> sakralem o<strong>der</strong> profanem F<strong>und</strong>zusammenhang gef<strong>und</strong>en wurde.3. In seltenen Fällen, wie beispielsweise bei dem Rondell aus Sommere<strong>in</strong>, ist auch am Rondellselbst beurteilbar, ob es postmortal angefertigt wurde o<strong>der</strong> nicht. In an<strong>der</strong>en Fällenkann <strong>der</strong> Schädel identifiziert werden, von dem das Rondell entnommen wurde, <strong>und</strong> es16

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