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Gute Herstellungspraxis (GMP) und Konformitätserklärung für ...

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J. Verbr. Lebensm. (2010) 5:111–122<br />

DOI 10.1007/s00003-009-0523-0<br />

LEITTHEMA: HALTBARMACHEN VON LEBENSMITTELN<br />

<strong>Gute</strong> <strong>Herstellungspraxis</strong> (<strong>GMP</strong>) <strong>und</strong> <strong>Konformitätserklärung</strong><br />

<strong>für</strong> Lebensmittelbedarfsgegenstände: Konkretisierung<br />

der Anforderungen<br />

Werner Altkofer • Beate Brauer •<br />

Konrad Grob • Helma Haffke • Rüdiger Helling<br />

Eingegangen: 4 November 2009 / Online publiziert: 18 December 2009<br />

Ó Birkhäuser Verlag, Basel/Switzerland 2009<br />

1 Einleitung<br />

Im Rahmenpapier ,,<strong>Gute</strong> <strong>Herstellungspraxis</strong> (<strong>GMP</strong>)<br />

<strong>und</strong> <strong>Konformitätserklärung</strong> <strong>für</strong> Lebensmittelbedarfsgegenstände:<br />

Interpretation der amtlichen<br />

Überwachung‘‘ wurden die Prinzipien der <strong>Gute</strong>n<br />

Der Beitrag wurde von den Autoren federführend erarbeitet<br />

<strong>und</strong> in der ALS-AG ,,Bedarfsgegenstände‘‘ abgestimmt. Er<br />

konkretisiert das als ALS-Stellungnahme 2009/52<br />

veröffentlichte Rahmenpapier zu ,,<strong>GMP</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Konformitätserklärung</strong> bei Lebensmittelbedarfsgegenständen‘‘<br />

(siehe JVL (2009) 3?4:416–419) <strong>und</strong> wird vom Arbeitskreis<br />

Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder <strong>und</strong> des<br />

BVL (ALS) inhaltlich uneingeschränkt unterstützt.<br />

W. Altkofer<br />

CVUA Stuttgart, Schaflandstr.<br />

3/2, 70736 Fellbach, Germany<br />

B. Brauer<br />

CVUA Münsterland-Emscher-Lippe,<br />

Joseph-König-Str. 40, 48147 Münster, Germany<br />

K. Grob<br />

Kantonales Labor Zürich, Fehrenstr. 15,<br />

8032 Zürich, Schweiz<br />

H. Haffke<br />

CVUA Ostwestfalen Lippe, Oststr. 55,<br />

33604 Bielefeld, Germany<br />

R. Helling (&)<br />

LUA Sachsen, Standort Dresden,<br />

Jägerstr. 8/10, 01099 Dresden, Germany<br />

e-mail: Ruediger.Helling@lua.sms.sachsen.de<br />

Journal <strong>für</strong> Verbraucherschutz <strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit<br />

Journal of Consumer Protection and Food Safety<br />

<strong>Herstellungspraxis</strong> (<strong>GMP</strong>) <strong>und</strong> der <strong>Konformitätserklärung</strong>en<br />

als Bestandteile der Konformitätsarbeit<br />

dargelegt. Die wichtigsten Punkte sind:<br />

– Die Verordnung (EG) Nr. 2023/2006<br />

(<strong>GMP</strong>-Verordnung) verdeutlicht, dass es keine<br />

,,ungeregelten‘‘ Bedarfsgegenstände <strong>und</strong> ,,ungeregelten‘‘<br />

Substanzen gibt, die aus<br />

Lebensmittelbedarfsgegenständen migrieren.<br />

Der Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/<br />

2004 (Rahmenverordnung) gilt allgemein. Es gibt<br />

allerdings viele Substanzen <strong>und</strong> Lebensmittelkontaktmaterialien,<br />

<strong>für</strong> welche der Gesetzgeber<br />

bisher keine spezifischen Regelungen getroffen<br />

hat, um diese allgemeinen Anforderungen zu<br />

konkretisieren.<br />

– Jede Firma in der Wertschöpfungskette trägt<br />

Verantwortung. Verantwortung bedeutet, <strong>für</strong><br />

jeden relevanten Aspekt entweder Konformität<br />

mit Artikel 3 der Rahmenverordnung <strong>und</strong> den<br />

spezifischen Anforderungen zu garantieren oder<br />

entsprechende Konformitätsarbeit sowie die<br />

da<strong>für</strong> notwendigen gr<strong>und</strong>legenden Informationen<br />

zu delegieren.<br />

– Für spezifisch geregelte Lebensmittelbedarfsgegenstände<br />

ist eine <strong>Konformitätserklärung</strong><br />

erforderlich, <strong>für</strong> die übrigen ist diese nicht<br />

rechtsverbindlich vorgeschrieben. Nicht delegierte<br />

Konformitätsarbeit bedeutet allerdings <strong>für</strong><br />

Lebensmittelbedarfsgegenstände aller Materialien,<br />

dass der Hersteller die umfassende<br />

Verantwortung übernimmt, was einer stillschweigenden<br />

Gewährleistung der Konformität<br />

gleichkommt. Es ist also geboten, offene Punkte<br />

zu benennen <strong>und</strong> zu delegieren.


112 W. Altkofer et al.<br />

1.1 Interne Dokumentation <strong>und</strong> produktbegleitende<br />

Deklaration<br />

Die <strong>für</strong> alle Lebensmittelbedarfsgegenstände erforderlichen<br />

Unterlagen bestehen aus interner<br />

Dokumentation <strong>und</strong> Produkt-begleitender Deklaration,<br />

die sich ergänzen <strong>und</strong> entsprechend zusammen<br />

betrachtet werden müssen.<br />

1. Die interne Dokumentation (Supporting Documentation<br />

(SD) <strong>und</strong> <strong>GMP</strong>-Dokumentation) hält<br />

die geleistete Konformitätsarbeit fest <strong>und</strong><br />

begründet die Konformität. Sie muss nur den<br />

zuständigen Behörden offen gelegt werden. Bei<br />

Analysen oder mathematischer Modellierung<br />

sind nicht nur die Resultate, sondern auch<br />

die angewandten Testbedingungen <strong>und</strong> die<br />

Analysenmethoden bzw. verwendete Software/<br />

Algorithmen festzuhalten.<br />

2. Die produktbegleitende Deklaration spezifiziert<br />

das Produkt <strong>und</strong> dessen Anwendungsbereich,<br />

erklärt ggf. die Konformität bzw. delegiert ggf.<br />

Konformitätsarbeit.<br />

1.2 Gliederung der Inhalte<br />

Für die Darstellung der geleisteten Konformitätsarbeit<br />

gibt es keine vorgeschriebenen Formate oder<br />

Formulare. Abgesehen von spezifischen Vorgaben <strong>für</strong><br />

Keramik, Kunststoffe sowie aktive <strong>und</strong> intelligente<br />

Materialien <strong>und</strong> Gegenstände ergeben sich die<br />

Inhalte aus den Anforderungen der Rahmenverordnung<br />

<strong>und</strong> der <strong>GMP</strong>-Verordnung.<br />

Die nachfolgende Gliederung gibt einen Überblick<br />

über die wesentlichen Angaben <strong>und</strong> Inhalte, die im<br />

Rahmen der Konformitätsarbeit berücksichtigt werden<br />

müssen. Auch wenn sie sich an den Vorgaben <strong>für</strong><br />

Kunststoffe, entsprechend der Richtlinie 2002/72/EG,<br />

orientiert, ist sie entsprechend auf alle anderen<br />

Materialien übertragbar:<br />

1. Name <strong>und</strong> Adresse der Firma<br />

2. Identität <strong>und</strong> Spezifikation der Substanz, des<br />

Zwischenprodukts oder des Bedarfsgegenstandes<br />

sowie der beabsichtigten Verwendung, worauf<br />

sich die Konformitätsarbeit bezieht <strong>und</strong> wo<strong>für</strong><br />

die Konformität gewährleistet wird (z. B. Anwendungen,<br />

Verarbeitungsbedingungen, Art der<br />

Lebensmittel), Konformität hinsichtlich organoleptischer<br />

Anforderungen <strong>für</strong> die vorgesehenen<br />

Anwendungen.<br />

3. Konformität aller verwendeter Substanzen, einschließlich<br />

jener, wo<strong>für</strong> vom Lieferanten<br />

Konformitätsarbeit delegiert worden ist, aber<br />

ggf. ohne Nennung der Substanzen, wo<strong>für</strong> dieser<br />

die Konformitätsarbeit bereits abgeschlossen hat.<br />

4. Konformität mit Substanz-spezifischen Restriktionen,<br />

z. B. mit spezifischen Migrationsgrenzwerten<br />

(SMLs) oder materialbezogenen Grenzwerten<br />

(QMs oder QMAs), Einschränkungen in der<br />

Anwendung <strong>und</strong> Reinheitsanforderungen.<br />

5. Konformität des Gesamtmigrats (falls erforderlich).<br />

6. Konformität der nicht absichtlich zugefügten<br />

Substanzen (not intentionally added substances,<br />

NIAS), wie z.B. der Reaktionsprodukte <strong>und</strong><br />

Verunreinigungen.<br />

7. Datum <strong>und</strong> Unterschrift des Produktverantwortlichen.<br />

Für die interne Dokumentation <strong>und</strong> die daraus<br />

abgeleitete Deklaration kann die gleiche Gliederung<br />

verwendet werden, da sie aufeinander Bezug nehmen.<br />

Dies wird im Anhang beispielhaft verdeutlicht.<br />

1.3 Bündelung/Zusammenführung der<br />

Konformitätsarbeit<br />

Während der Herstellung eines Bedarfsgegenstandes<br />

über mehrere Produktionsstufen werden die Deklarationen<br />

der Komponenten zusammengeführt. Sie<br />

verdeutlichen, welche Konformitätsarbeit (explizit<br />

oder implizit) abgeschlossen <strong>und</strong> welche noch zu<br />

leisten ist. Der Käufer eines Produkts trägt nur<br />

die Verantwortung <strong>für</strong> die Aufgaben, die an ihn<br />

delegiert worden sind; <strong>für</strong> alle übrigen konformitätsrelevanten<br />

Aspekte trägt der Lieferant die<br />

Verantwortung. Abgeschlossene Konformitätsarbeit<br />

erlaubt Geheimhaltung gegenüber dem Käufer.<br />

• Für Produkte einer frühen Herstellungsstufe wird<br />

in der Regel ein großer Teil der Konformitätsarbeit<br />

delegiert.<br />

• Für den fertigen Bedarfsgegenstand muss die<br />

Konformitätsarbeit in allen Punkten abgeschlossen<br />

sein.<br />

• Wenn eine <strong>Konformitätserklärung</strong> gesetzlich<br />

gefordert ist, ist diese Bestandteil der<br />

Deklaration;<br />

• gemäß der <strong>GMP</strong>-Verordnung kann die Konformität<br />

stillschweigend gewährleistet werden.<br />

<strong>Konformitätserklärung</strong>en, die mit einer Schlussbemerkung<br />

(,,Disclaimer‘‘) enden, welche dem<br />

Abpacker generell die gesamte Verantwortung <strong>für</strong><br />

die Sicherheit des Endproduktes überantwortet, sind


<strong>GMP</strong> <strong>und</strong> <strong>Konformitätserklärung</strong> <strong>für</strong> Lebensmittelbedarfsgegenstände 113<br />

nicht akzeptabel: Verantwortung kann nur delegiert<br />

werden, wenn sie von konkreten Instruktionen<br />

begleitet ist, z. B. welche Substanzen zu überprüfen<br />

sind.<br />

2 Konkretisierung der Inhalte<br />

2.1 Spezifikation der Produkte<br />

Die Spezifikation beschreibt die vorgesehenen<br />

Anwendungen, welche durch die Konformitätsarbeit<br />

abgedeckt sind, <strong>und</strong> unterstellt damit das Produkt<br />

der Bedarfsgegenständegesetzgebung (Produkt,<br />

geeignet <strong>für</strong> den Lebensmittelkontakt, oder Vorstufe<br />

eines solchen Produktes).<br />

Da der Hersteller die Konformität (explizit oder<br />

stillschweigend) <strong>für</strong> alle jene Punkte gewährleistet,<br />

<strong>für</strong> die er keine Arbeit delegiert, ist es <strong>für</strong> ihn unerlässlich,<br />

die Anwendung sowie z. B. Verarbeitungsoder<br />

Lagerbedingungen so einzuschränken, dass er<br />

die Verantwortung übernehmen kann. Im Falle einer<br />

nachgewiesenen Nichtkonformität können diese<br />

Spezifikationen <strong>für</strong> die Frage entscheidend sein, ob<br />

die Anwendung ggf. außerhalb des spezifizierten<br />

Bereichs lag. Spezifikationen <strong>und</strong> Einschränkungen<br />

können beispielsweise folgende Punkte betreffen:<br />

• Die Polymere <strong>und</strong> die Bedarfsgegenstände, wo<strong>für</strong><br />

eine Substanz oder ein Zwischenprodukt geeignet<br />

ist;<br />

• Verarbeitungsbedingungen: z. B. Mindest- oder<br />

Höchsttemperaturen, Mindestzeiten <strong>für</strong> eine<br />

Aushärtung;<br />

• Die maximale Oberfläche des Gegenstands <strong>und</strong><br />

das zulässige Volumen des Lebensmittels, welches<br />

in Kontakt gebracht werden darf, um z. B. einen<br />

SML sicher einzuhalten;<br />

• Arten von Lebensmitteln, wo<strong>für</strong> das Produkt<br />

geeignet ist;<br />

• Bedingungen beim Abfüllen (Erhitzung) <strong>und</strong><br />

Lagerdauer, wo<strong>für</strong> die Konformität gewährleistet<br />

werden kann.<br />

2.2 Konformität der verwendeten Substanzen<br />

Dieser Punkt befasst sich mit den Substanzen, die zur<br />

Herstellung des Produkts eingesetzt werden, wie z.<br />

B. Papiergr<strong>und</strong>stoffe, Monomere <strong>für</strong> Kunststoffe,<br />

Additive, Lösungsmittel, Katalysatoren, Hilfsstoffe,<br />

usw. Diese Substanzen werden in der internen<br />

Dokumentation aufgelistet, zusammen mit den Substanzen,<br />

<strong>für</strong> welche der Lieferant Konformitätsarbeit<br />

delegiert hat. Nanopartikel müssen gesondert gelistet<br />

werden, da die Toxizität einer Substanz in Form von<br />

Nanopartikeln von jener in anderen Formen abweichen<br />

kann.<br />

Für jede Substanz ist zu prüfen, ob die Konformität<br />

abschließend beurteilt werden kann oder ob Arbeit<br />

delegiert werden muss. Diese Entscheidungen <strong>und</strong><br />

deren Begründungen werden in der internen Dokumentation<br />

festgehalten. Konformität von Substanzen<br />

kann z. B. auf folgende Weise nachgewiesen werden:<br />

1. Präsenz der Substanz in einer Positivliste <strong>für</strong> die<br />

Art der Anwendung (z. B. Kunststoff-Monomere);<br />

2. Präsenz in einer <strong>für</strong> andere Anwendungen gültigen<br />

EU-Liste autorisierter Substanzen;<br />

3. Präsenz in einer nationalen Liste in Europa. Ggf.<br />

ist zu prüfen, ob eine ausreichende toxikologische<br />

Bewertung existiert;<br />

4. eine Beurteilung durch die EFSA;<br />

5. toxikologische Untersuchungen, welche dem<br />

Ausmaß der Migration entsprechen (s. EFSA<br />

Leitlinien <strong>für</strong> die Risikobewertung);<br />

6. Anwendung einer funktionellen Barriere, welche<br />

eine Migration ins Lebensmittel oberhalb<br />

0,01 mg/kg ausschließt (Substanzen, die als kanzerogen,<br />

mutagen oder reproduktionstoxisch<br />

gelten oder Nanopartikel darstellen, dürfen<br />

ungeachtet einer funktionellen Barriere nicht<br />

nachweisbar übergehen)<br />

7. Migration unterhalb einer Schwelle, die toxikologische<br />

Relevanz beinhaltet;<br />

8. Einhaltung der Anforderungen an aktive<br />

Releasersysteme <strong>und</strong> Dual Use Stoffe.<br />

Die in der internen Dokumentation gelisteten<br />

Substanzen müssen in der produktbegleitenden<br />

Deklaration nur dann zwingend offengelegt werden,<br />

wenn<br />

1. die abschließende Konformitätsarbeit delegiert<br />

werden muss, was Substanzen einschließen kann,<br />

<strong>für</strong> welche bereits von einer früheren Stufe<br />

Konformitätsarbeit delegiert worden ist;<br />

2. die Substanz reaktiv ist <strong>und</strong> möglicherweise<br />

Verbindungen generiert, deren Konformität<br />

nicht garantiert werden kann.<br />

Wenn es sich bei dem Produkt um ein spezifisch<br />

geregeltes Material handelt oder es <strong>für</strong> die Herstellung<br />

eines solchen eingesetzt werden kann, ist ggf.<br />

eine <strong>Konformitätserklärung</strong> gefordert.


114 W. Altkofer et al.<br />

2.3 Konformität mit spezifischen Restriktionen<br />

Die interne Dokumentation listet alle Substanzen mit<br />

spezifischen Restriktionen auf, wie SMLs, QMAs, QMs,<br />

Einschränkungen in der Anwendung oder speziellen<br />

Reinheitsanforderungen sowie toxikologischer Relevanz.<br />

In frühen Stufen des Herstellungsprozesses<br />

kann z. B. Konformität nachgewiesen werden, wenn<br />

die eingesetzte Menge der Substanz so klein ist, dass<br />

auch ein vollständiger (oder maximal denkbarer)<br />

Übergang ins Lebensmittel den Grenzwert nicht<br />

überschreiten würde (möglicherweise verb<strong>und</strong>en mit<br />

der Angabe einer darauf bezogenen Spezifikation).<br />

Anderenfalls muss die Kontrolle der Migration delegiert<br />

werden.<br />

Erklärte Konformität mit Substanz-spezifischen<br />

Restriktionen muss in der internen Dokumentation<br />

begründet werden. Wenn sie auf Messungen beruht,<br />

müssen z. B. Testbedingungen, analytische Daten <strong>und</strong><br />

Berechnungen festgehalten werden.<br />

Folgende Angaben zu spezifischen Restriktionen<br />

sollten, sofern zutreffend, in der produktbegleitenden<br />

Deklaration enthalten sein:<br />

1. <strong>Konformitätserklärung</strong> bezüglich der spezifischen<br />

Restriktionen, falls der fertige<br />

Bedarfsgegenstand spezifisch geregelt ist;<br />

2. Delegation von Konformitätsarbeit;<br />

3. Offenlegung einer Substanz, die möglicherweise<br />

auch aus anderen Teilen des fertigen Bedarfgegenstandes<br />

migriert oder als Zusatzstoff im<br />

Lebensmittel verwendet werden könnte (Richtlinie<br />

2002/72/EG, Anhang VIa/Nr. 6) oder eine<br />

technologische Wirkung auf das Lebensmittel<br />

haben kann;<br />

4. Angaben zur Reinheit, wenn die Substanz auch<br />

als Lebensmittelzusatzstoff verwendet werden<br />

kann <strong>und</strong> da<strong>für</strong> in der entsprechenden Gesetzgebung<br />

Reinheitskriterien gelten.<br />

Spezifische Migrationsgrenzwerte (SMLs) beziehen<br />

sich nach Artikel 3 der Rahmen-Verordnung auf das<br />

Lebensmittel.<br />

– Wenn die Konformität mittels Simulation überprüft<br />

wurde <strong>und</strong> keine Sicherheit besteht, dass<br />

der SML auch im Lebensmittel eingehalten wird,<br />

ist es hilfreich, dies <strong>und</strong> die Simulationsbedingungen<br />

in der <strong>Konformitätserklärung</strong><br />

festzuhalten <strong>und</strong> ggf. eine weitere, abschließende<br />

Kontrolle zu delegieren.<br />

– Wenn der SML im Lebensmittel eingehalten wird,<br />

nicht aber bei der Simulation, muss mit den<br />

dokumentierten Testbedingungen nachgewiesen<br />

werden, dass die Simulation die reale Anwendung<br />

nicht wiedergespiegelt hat.<br />

2.4 Konformität des Gesamtmigrats<br />

Der Gesamtmigrationsgrenzwert ist gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

auf den fertigen Lebensmittelbedarfsgegenstand<br />

anzuwenden. Die Deklarationen früherer Herstellungsstufen<br />

dürften diese Problematik in aller Regel<br />

delegieren.<br />

Das Gesamtmigrat wird i.d.R. durch Simulation<br />

bestimmt. Da sich die Begrenzung gemäß der Rahmenverordnung<br />

auf das Lebensmittel bezieht, muss<br />

das Ergebnis jedoch auf Plausibilität geprüft werden.<br />

Eine Addition der spezifischen Migrationen der<br />

Komponenten im Lebensmittel darf nicht zur Überschreitung<br />

des Gesamtmigrationsgrenzwertes<br />

führen.<br />

In der internen Dokumentation müssen die angewendeten<br />

Migrationsbedingungen <strong>und</strong> die<br />

Analysenmethode spezifiziert werden.<br />

2.5 Konformität der übrigen Migratkomponenten<br />

Dieser Punkt behandelt die ,,not intentionally added<br />

substances (NIAS)‘‘, d. h. die Migratkomponenten, die<br />

nicht unter 2.2 abgehandelt wurden, wie Verunreinigungen<br />

<strong>und</strong> Reaktionsprodukte. Sie müssen bis zu<br />

einer Mindestkonzentration kontrolliert werden, die<br />

gewährleistet, dass die Konformität aller NIAS mit<br />

Artikel 3 der Rahmenverordnung gesichert ist.<br />

In Europa gibt es keine gesetzlich definierte<br />

Schwellenkonzentration oder – aufnahmemenge<br />

(Exposition), unterhalb welcher das toxikologische<br />

Risiko als vernachlässigbar angesehen werden kann<br />

(Threshold of Toxicological Concern oder Threshold<br />

of Regulation). Eine Nachweisgrenze von 0,01 mg/kg<br />

im Lebensmittel oder Simulanz wird jedoch <strong>für</strong> das<br />

Konzept der funktionellen Barriere anerkannt, wenn<br />

die verwendeten Substanzen nicht kanzerogen,<br />

mutagen oder reproduktionstoxisch sind. Die zu<br />

akzeptierende Konzentration im Bedarfsgegenstand<br />

hängt von der Höhe der Migration <strong>und</strong> der Menge<br />

des Materials im Lebensmittelkontakt ab.<br />

Die gef<strong>und</strong>enen NIAS müssen nach den gleichen<br />

Leitlinien der EFSA beurteilt werden wie die originär<br />

eingesetzten Substanzen.<br />

2.5.1 Verunreinigungen<br />

Für die Argumentation, dass Verunreinigungen in<br />

der toxikologischen Beurteilung einer Substanz


<strong>GMP</strong> <strong>und</strong> <strong>Konformitätserklärung</strong> <strong>für</strong> Lebensmittelbedarfsgegenstände 115<br />

miterfasst <strong>und</strong> bewertet wurden, müssen zwei<br />

Bedingungen erfüllt sein:<br />

1. Die Verunreinigungen <strong>und</strong> deren Konzentrationen<br />

müssen mit denen der getesteten Substanz<br />

übereinstimmen. Wenn eine Referenzprobe vorhanden<br />

ist, lässt sich diese Übereinstimmung<br />

analytisch nachweisen. Die Herstellung der Substanz<br />

aus den gleichen Ausgangsmaterialien<br />

gleicher Reinheit unter gleich gebliebenen Bedingungen<br />

kann ebenfalls als Beweis ausreichen.<br />

2. Die Verunreinigungen migrieren nicht stärker<br />

ins Lebensmittel als die Substanz, die sie begleiten.<br />

Dies ist aus verschiedenen Gründen fraglich,<br />

z. B. in Abhängigkeit von der Molekülgröße,<br />

Polarität <strong>und</strong> Reaktivität. Reaktive Substanzen (z.<br />

B. Monomere) reagieren ab, während eine weniger<br />

reaktive Verunreinigung im Verhältnis dazu<br />

angereichert wird.<br />

Anderenfalls sind Verunreinigungen separat hinsichtlich<br />

der Konformität des fertigen Materials zu<br />

bewerten.<br />

2.5.2 Reaktionsprodukte<br />

Reaktionsprodukte lassen sich in drei Gruppen<br />

einteilen:<br />

1. Oligomere <strong>und</strong> cyclische Verbindungen geringer<br />

Molekularmasse aus Polymeren<br />

Oligomere werden nicht gr<strong>und</strong>sätzlich durch die<br />

Autorisierung der Monomere legitimiert. Aus der<br />

Überlegung, dass sie gleiche Strukturelemente <strong>und</strong><br />

funktionelle Gruppen wie das Monomer enthalten,<br />

resultiert als logische Konsequenz, dass sie in den SML<br />

oder QM/QMA des Monomeren einbezogen werden<br />

müssen (beschränkt auf Molekulargewichte, die eine<br />

Resorption durch den menschlichen Organismus<br />

erlauben bzw. Strukturen, die hydrolysierbar sind). Es<br />

sind allerdings auch Oligomere mit f<strong>und</strong>amental<br />

verschiedenem toxikologischem Profil bekannt, welche<br />

eine separate Beurteilung nötig machen.<br />

2. Reaktionsprodukte zwischen verschiedenen<br />

Substanzen<br />

Obige Annahmen können nicht gelten, wenn verschiedene<br />

Substanzen miteinander reagieren <strong>und</strong><br />

damit neue Strukturen <strong>und</strong> funktionelle Gruppen<br />

bilden.<br />

a. Solche Reaktionen können beabsichtigt sein, wie<br />

z. B. bei der Reaktion von Antioxidantien oder<br />

der Wirkung eines HCl-Scavengers, der aus PVC<br />

abgespaltenen Chlorwasserstoff entfernt.<br />

b. Andere Reaktionen können nicht beabsichtigt,<br />

aber voraussehbar sein, wie z. B. die Hydrolyse<br />

restmonomerer Isocyanate, thermische Zersetzung<br />

oder die Wirkung von Bestrahlung.<br />

c. Schwer voraussehbare Reaktionen sind nur durch<br />

Analysen feststellbar.<br />

3. Migrierende Substanzen aus Bedarfsgegenständen,<br />

die aus oder mit Harzen hergestellt<br />

werden, wie Lacken, Klebern, Papier/Karton <strong>und</strong><br />

Druckfarben<br />

Harze sind komplexe Gemische (Reaktionsprodukte),<br />

deren Reaktionen untereinander oder mit<br />

weiteren Komponenten die Komplexität zusätzlich<br />

erhöhen. Der Nachweis der Konformität solcher<br />

Gemische wird i.d.R. vergleichsweise schwierig <strong>und</strong><br />

aufwändig sein. Ähnliches gilt <strong>für</strong> modifizierte<br />

Naturprodukte, wie z. B. Latex, Papier, Karton.<br />

2.5.3 Set-off <strong>und</strong> andere technologische Effekte<br />

Der Anhang der <strong>GMP</strong>-Verordnung fordert explizit <strong>für</strong><br />

die Bedruckung von Lebensmittelbedarfsgegenständen<br />

im Außenbereich, dass diese in einer Weise<br />

durchgeführt wird, welche die Konformität mit<br />

Artikel 3 der Rahmenverordnung sicherstellt. Sowohl<br />

set-off als auch eine Migration relevanter Stoffmengen<br />

durch das Trägermaterial hindurch sind wirksam<br />

auszuschließen. Der Druckfarbenhersteller muss<br />

seine K<strong>und</strong>en ggf. entsprechend instruieren.<br />

Es gibt weitere Technologien, welche die Migration<br />

von Substanzen beeinflussen oder neue<br />

Substanzen bilden (z. B. Bestrahlung, Lichtimpulse).<br />

Die <strong>GMP</strong>-Massnahmen müssen so gestaltet sein, dass<br />

in Folge der Anwendung solcher Technologien<br />

Stoffübergänge i. S. von Artikel 3 der Rahmenverordnung<br />

wirksam ausgeschlossen werden können.<br />

3 Schlussbemerkung<br />

Wie bereits oben sowie beispielhaft <strong>und</strong> detailliert<br />

im Anhang ausgeführt, können die Anforderungen<br />

an die zu leistende Konformitätsarbeit <strong>und</strong> die bereit<br />

zu haltende interne Dokumentation komplex sein<br />

<strong>und</strong> spezielles Fachwissen (u. a. hinsichtlich chemischer<br />

Eigenschaften, Migrationsverhalten <strong>und</strong><br />

toxikologischer Bewertung der relevanten Substanzen)<br />

erfordern. In diesen Fällen kann es sinnvoll oder<br />

auch notwendig sein, externen Sachverstand


116 W. Altkofer et al.<br />

Abb. 1 Gläser mit<br />

Metallschraubdeckeln;<br />

Innenseite eines Deckels mit<br />

dem Ring aus<br />

weichgemachtem PVC,<br />

welcher gegen den Glasrand<br />

abdichtet<br />

hinzuzuziehen oder ein spezialisiertes Prüfinstitut zu<br />

konsultieren.<br />

Anhang: Konformitätsarbeit am Beispiel der<br />

Dichtung von twist-off-Verschlüssen<br />

Die nachfolgend beispielhaft dargestellte Konformitätsarbeit<br />

<strong>für</strong> twist-off-Verschlüsse (Abb. 1) soll<br />

illustrieren, wie die Arbeit konkret ablaufen könnte 1 .<br />

Sie basiert auf Annahmen, <strong>für</strong> die keine Gewähr<br />

übernommen werden kann <strong>und</strong> enthält Argumente,<br />

die nicht in jedem Fall von allen Beteiligten anerkannt<br />

sind.<br />

Die Kette der Herstellungsschritte <strong>und</strong> die wichtigsten<br />

verwendeten Komponenten sind in Abb. 2<br />

zusammengestellt, wobei hier nur die Dichtung<br />

genauer betrachtet werden soll. Diese unterliegt der<br />

Kunststoffgesetzgebung, was bedeutet, dass solche<br />

Deckel <strong>und</strong> <strong>für</strong> deren Herstellung verwendete Komponenten<br />

von einer <strong>Konformitätserklärung</strong> begleitet<br />

sein müssen.<br />

Die grauen Felder zeigen die Ausgangsstoffe, die<br />

nicht unbedingt nach <strong>GMP</strong> hergestellt sein müssen:<br />

In der deutschen Fassung der <strong>GMP</strong>-Verordnung sind<br />

,,Ausgangsstoffe‘‘ von der Pflicht der Herstellung<br />

nach <strong>GMP</strong> ausgenommen. Im englischen Text sind<br />

die ,,starting substances‘‘ ausgenommen, welche als<br />

reaktive Substanzen verstanden werden, wie z. B.<br />

Monomere, aber die Additive nicht einschließen.<br />

Abschließende Deklaration<br />

Der gewerbliche Einkäufer des im Glas verpackten<br />

Lebensmittels erhält als letzte Stufe eine<br />

1 Eine umfassendere Darstellung ist publiziert worden von:<br />

Grob K, Marmiroli G (2009) Assurance of compliance within<br />

the production chain of food contact materials by good<br />

manufacturing practice and documentation – Part 3: Lids for<br />

glass jars as an example. Food Control 20: 491–500.<br />

<strong>Konformitätserklärung</strong>, weil die Deckeldichtungen<br />

unter die Kunststoffrichtlinie 2002/72/EG fallen <strong>und</strong><br />

die <strong>Konformitätserklärung</strong> das Produkt auf allen<br />

Vermarktungsstufen, außer im Einzelhandel begleiten<br />

muss. Dies gilt nicht <strong>für</strong> das Blech <strong>und</strong> dessen<br />

Lackierung.<br />

Die in Tab. 1 gezeigte abschließende Deklaration<br />

enthält wenig Information über die Erklärung hinaus,<br />

dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.<br />

Gemäß den rechtlichen Anforderungen muss weder<br />

die Zusammensetzung der Kunststoff-Dichtung noch<br />

der Nachweis der Konformität gegenüber dem K<strong>und</strong>en<br />

offengelegt werden. Die Deklaration kann das<br />

Produkt über mehrere Stufen begleitet haben, vom<br />

Lebensmittelabfüller über einen Importeur <strong>und</strong><br />

einen Händler, ohne dass mehr als die Felder 1 <strong>und</strong> 7<br />

angepasst wurden. Da auf diesen Stufen keine<br />

Konformitätsarbeit geleistet wurde, ist auch keine<br />

interne Dokumentation vorhanden.<br />

Es gibt verschiedene Wege, zur abschließenden<br />

Deklaration zu gelangen, wie die folgenden Extremszenarien<br />

zeigen:<br />

1. Dem Deckelhersteller war die künftige Anwendung<br />

bekannt, <strong>und</strong> er schloss die ganze<br />

Konformitätsarbeit ab, was auch bedeutet, dass<br />

er die volle Verantwortung trägt.<br />

2. Der Deckelhersteller lieferte dem Lebensmittelabfüller<br />

eine offene Deklaration mit detaillierten<br />

Angaben, überließ aber die Untersuchungen<br />

(<strong>und</strong> damit die Verantwortung) dem Lebensmittelunternehmer.<br />

Im Extremfall entspricht das<br />

einer vollständigen Delegation über die ganze<br />

Herstellerkette.<br />

3. Die komplette Konformitätsarbeit wurde an ein<br />

spezialisiertes Institut delegiert: Alle in die Herstellung<br />

der Dichtung involvierten Firmen haben<br />

die relevanten Informationen an dieses Institut<br />

(das ggf. eine Vertraulichkeitsvereinbarung<br />

unterzeichnete) übermittelt <strong>und</strong> dieses erstellte<br />

die Dokumentation <strong>und</strong> die Deklaration <strong>für</strong> jede<br />

Stufe.


<strong>GMP</strong> <strong>und</strong> <strong>Konformitätserklärung</strong> <strong>für</strong> Lebensmittelbedarfsgegenstände 117<br />

Nachfolgend wird angenommen, dass jeder Hersteller<br />

die Konformitätsarbeit selber ausführt.<br />

PVC-Hersteller<br />

Plastisol<br />

PVC-Pulver mit Additiven verarbeiten<br />

PVC<br />

Polymerisierung von Vinylchlorid<br />

Vinylchlorid<br />

Katalysator<br />

Antioxidans Emulgator<br />

ESBO<br />

Für das PVC wird angenommen, dass es nach dem<br />

Mikrosuspensionsverfahren hergestellt wurde, mit<br />

Dipalmitoylperoxydicarbonat and Dimyristoylperoxid<br />

als Katalysatoren sowie partiell hydrolysiertem<br />

Polyvinylazetat <strong>und</strong> 9,10-Dihydroxystearinsäure als<br />

Emulgatoren <strong>und</strong> Irganox 1076 als Antioxidans.<br />

Weil das PVC <strong>für</strong> einen Bedarfsgegenstand in<br />

Sinne der Richtlinie 2002/72/EG eingesetzt werden<br />

Deckelhersteller<br />

Metall formen <strong>und</strong><br />

Dichtung einsetzen<br />

Polyadipat<br />

Oleamid,<br />

Erucamid<br />

Siliconöl<br />

Stabilisator<br />

Füller (TiO2)<br />

Beschichtetes Blech<br />

Mehrere Lagen von Lackierung<br />

Blech<br />

Lösungsmittel<br />

Kettenstopper<br />

Formaldehyd<br />

Abb. 2 Schema der Deckelherstellung, wovon hier nur die linke Hälfte diskutiert wird<br />

Tab. 1 Abschließende Deklaration <strong>für</strong> Deckel, wie sie z.B. ein<br />

Lebensmittelabfüller erhalten könnte<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 Twist-off-Verschlüsse <strong>für</strong> Produkte, die bei 75–100°C<br />

pasteurisiert werden. Geeignet <strong>für</strong> alle<br />

Gläsergrössen, wenn das Lebensmittel \2% freies Öl<br />

enthält. Geeignet <strong>für</strong> ölreichere Produkte, wenn ein<br />

63 mm Deckel <strong>für</strong> ein Glas mit mindestens 1,8 dm 2<br />

interner Kontaktfläche verwendet wird (oder<br />

ähnliche Größenverhältnisse Deckel/Glas).<br />

3 Alle <strong>für</strong> die Herstellung verwendeten Substanzen sind<br />

mit der EU-Gesetzgebung konform.<br />

4 Die spezifischen Migrationen ins Lebensmittel halten<br />

die SMLs <strong>und</strong> die anderen Substanz-spezifischen<br />

Restriktionen <strong>für</strong> Produkte mit bis zu 5 Jahren<br />

Mindesthaltbarkeit ein.<br />

5 Das Gesamtmigrat ins Lebensmittel liegt (in mg/dm 2 )<br />

<strong>für</strong> Produkte mit bis zu 5 Jahren Mindesthaltbarkeit<br />

unter dem zulässigen Grenzwert.<br />

6 Migrierende Bestandteile, die nicht als<br />

Ausgangssubstanzen verwendet wurden, erfüllen die<br />

Anforderungen des Artikels 3 der Verordnung (EG) Nr.<br />

1935/2004.<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift des Verantwortlichen)<br />

Lack<br />

Herstellung aus Harzen<br />

Harz 1 Harz 2<br />

Phenol<br />

Katalysator<br />

BADGE<br />

Bisphenol A<br />

Butanol<br />

Tab. 2 Deklaration, welche das Vinylchlorid begleitet<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 Vinylchlorid <strong>für</strong> die Herstellung von<br />

Lebensmittelbedarfsgegenständen<br />

3 Vinylchlorid ist in der Positivliste der <strong>für</strong> Kunststoff<br />

autorisierten Monomere aufgeführt (Richtlinie 2002/<br />

72/EG).<br />

4 Die Überprüfung der Konformität von Vinylchlorid mit<br />

dem QM in PVC <strong>und</strong> dem SML in Lebensmitteln wird<br />

delegiert.<br />

5 Die Überprüfung der Konformität mit dem<br />

Gesamtmigrationsgrenzwert wird delegiert.<br />

6 Das Vinylchlorid ist ca. 99% rein <strong>und</strong> enthält als<br />

Nebenkomponenten Tetrachlorkohlenstoff,<br />

Chloroform, 1,1-Dichlorethan, 1,1,2-Trichlorethan,<br />

Trichlorethylen <strong>und</strong> Benzol (Nachweisgrenze 100 mg/<br />

kg). Die Bewertung dieser Nebenkomponenten wird<br />

delegiert.<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)<br />

soll, müssen die Ausgangssubstanzen von einer<br />

<strong>Konformitätserklärung</strong> begleitet sein.<br />

Oft werden Vinylchlorid <strong>und</strong> PVC von der gleichen<br />

Firma hergestellt, wodurch die Deklaration <strong>für</strong> das<br />

Vinylchlorid entfällt, doch die interne Dokumentation<br />

muss die gleichen Punkte abdecken.<br />

Deklaration <strong>für</strong> das Vinylchlorid<br />

Tab. 2 zeigt die Deklaration <strong>für</strong> das Vinylchlorid.<br />

Vinylchlorid ist in der Positivliste <strong>für</strong> Monomere der<br />

Kunststoff-Richtlinie genannt (Feld 3). Die Arbeit zur<br />

Migration (Felder 4 <strong>und</strong> 5) wird delegiert. Feld 6 führt<br />

die relevanten Verunreinigungen auf, delegiert<br />

jedoch deren Bewertung, weil erwartet werden kann,<br />

dass sie vor der Fertigstellung des Deckels verdampfen.<br />

Die Angabe der Nachweisgrenze schützt den<br />

Hersteller: Falls einmal hochtoxische Komponenten


118 W. Altkofer et al.<br />

Tab. 3 Schematische interne Dokumentation des PVC Herstellers<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 PVC <strong>für</strong>die Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen<br />

3 Vinylchlorid Monomer in der Positivliste der Richtline 2002/72/EG;<br />

mit Höchstmenge geregelt durch Richtlinie 78/142/EWG<br />

Irganox 1076 Liste der Additive in der Richtlinie 2002/72/EG<br />

0,1% Dipalmitoylperoxydicarbonat <strong>und</strong> Dimyristoylperoxid BfR-Empfehlungen, max. Konzentration…<br />

0,3% Partiell hydrolysiertes Polyvinylazetat BfR-Empfehlungen, max. Konzentration…<br />

0,1% Dihydroxystearinsäure EFSA-Bewertung, 13. Liste, 2006<br />

4 QM <strong>für</strong>Vinylchlorid (1 mg/kg, Richtlinie 78/142/EWG) \0,3 mg/kg, analytische Daten abgelegt in…<br />

SML <strong>für</strong> Vinylchlorid (0,01 mg/kg, Richtlinie 78/142/EWG) Ist durch Überprüfung des QM-Wertes erfüllt<br />

Irganox 1076: SML = 6 mg/kg (Richtlinie 2002/72/EG) SML wird selbst bei vollständiger Migration<br />

deutlich unterschritten (siehe…)<br />

5 Die Konformitätsarbeit bezüglich des<br />

Gesamtmigrates wird delegiert<br />

6 Cetylalkohol SCF-Liste 3<br />

Myristinsäure Lebensmittelinhaltsstoff<br />

Oligomere des partiell hydrolysierten Polyvinylazetats …<br />

Benzol, \600 mg/kg PVC Konformitätsarbeit delegiert<br />

Tetrachlorkohlenstoff, \800 mg/kg Konformitätsarbeit delegiert<br />

Chloroform, \100 mg/kg Konformitätsarbeit delegiert<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)<br />

in kleineren Konzentrationen gef<strong>und</strong>en würden,<br />

wäre das außerhalb seiner Verantwortlichkeit.<br />

Die interne Dokumentation (hier nicht gezeigt)<br />

enthält genauere Angaben zur Analyse, deckt sich im<br />

Übrigen aber mit der Deklaration.<br />

Der PVC-Hersteller erhält eine ähnliche Deklaration<br />

<strong>für</strong> das Antioxidans <strong>und</strong> die übrigen verwendeten<br />

Substanzen.<br />

Konformitätsarbeit des PVC-Herstellers bezüglich<br />

verwendeter Substanzen<br />

Der PVC-Hersteller führt eine interne Dokumentation<br />

durch, welche gleichermaßen der supporting documentation<br />

<strong>für</strong> die <strong>Konformitätserklärung</strong> sowie der<br />

<strong>GMP</strong>-Dokumentation zuzuordnen ist. Sie ist in Tab. 3<br />

gezeigt <strong>und</strong> führt zur Deklaration in Tab. 4.<br />

– Feld 2 spezifiziert das Produkt ohne Einschränkung<br />

der Verwendung (möglicherweise neben<br />

technischen Angaben, die hier nicht relevant<br />

sind).<br />

– Feld 3 listet alle verwendeten Substanzen (außer<br />

Wasser) <strong>und</strong> beschäftigt sich vor allem mit deren<br />

Sicherheit. Die Katalysatoren <strong>und</strong> andere Hilfsstoffe<br />

sind in der EU nicht gesetzlich geregelt,<br />

aber in den deutschen BfR-Empfehlungen mit<br />

maximalen Anwendungsmengen aufgelistet. Für<br />

die Dihydroxystearinsäure <strong>und</strong> bestimmte<br />

Tab. 4 Deklaration des PVC Herstellers<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 PVC <strong>für</strong>die Herstellung von Bedarfsgegenständen<br />

3 Alle verwendeten Substanzen sind in den EU-Listen der<br />

Monomere <strong>und</strong> Additive autorisiert oder erfüllen die<br />

Anforderungen des Artikels 3 der Rahmenverordnung.<br />

4 Der SML von Vinylchlorid wird sicher eingehalten wenn<br />

das Mengenverhältnis Lebensmittel/PVC [30 ist.<br />

5 Die Konformitätsarbeit bezüglich des Gesamtmigrats<br />

wird delegiert.<br />

6 Die Migration von Benzol (\600 mg/kg PVC),<br />

Tetrachlorkohlenstoff (\800 mg/kg) <strong>und</strong> Chloroform<br />

(\100 mg/kg) muss überprüft werden (verdampft<br />

vermutlich bei der Aushärtung).<br />

Die übrigen Nebenkomponenten erfüllen die<br />

Anforderungen von Artikel 3 der Rahmenverordnung,<br />

wenn ihre Konzentration in der fertigen Dichtmasse<br />

unter 5 mg/kg liegt (= einzuhaltende<br />

Nachweisgrenze).<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)<br />

Oligomere davon wird eine aktuelle Beurteilung<br />

der EFSA angeführt. Da BfR-Empfehlungen <strong>und</strong><br />

EFSA-Beurteilungen als ausreichende Argumente<br />

<strong>für</strong> den Nachweis der Konformität mit Artikel 3<br />

gelten, kann in der Deklaration <strong>für</strong> die verwendeten<br />

Substanzen die Konformität erklärt werden.<br />

Die Substanzen werden nicht offen gelegt.


<strong>GMP</strong> <strong>und</strong> <strong>Konformitätserklärung</strong> <strong>für</strong> Lebensmittelbedarfsgegenstände 119<br />

– Feld 4 listet die Substanzen mit gesetzlichen<br />

Restriktionen auf <strong>und</strong> betrachtet deren Migration.<br />

• Für Vinylchlorid gelten der Maximalgehalt im<br />

PVC (QM, 1 mg/kg) <strong>und</strong> der SML in Lebensmitteln<br />

(nicht nachweisbar bei einer<br />

Nachweisgrenze von 0,01 mg/kg; Richtlinie<br />

78/142/EWG). Der Hersteller überprüft den<br />

Vinylchlorid-Restgehalt in seinem PVC regelmäßig.<br />

Der höchste betriebsintern tolerierte<br />

Gehalt beträgt in diesem Beispiel 0,3 mg/kg.<br />

• Irganox 1076 hat einen SML von 6 mg/kg.<br />

Wegen der geringen Anwendungsmenge ist<br />

dieser selbst bei vollständiger Migration bei<br />

weitem unterschritten, wenn das Mengenverhältnis<br />

von Lebensmittel zu PVC mindestens<br />

30 erreicht (auf einem Zusatzblatt beispielhaft<br />

dargelegt). Also kann auch diese Arbeit abgeschlossen<br />

werden, ohne das Additiv nennen zu<br />

müssen.<br />

• Die Dihydroxystearinsäure <strong>und</strong> ihre Oligomere<br />

halten auch bei vollständiger Migration die<br />

Richtwerte ein, die sich aus dem TDI der EFSA<br />

<strong>und</strong> klassischen Expositionsszenarien ableiten<br />

lassen.<br />

• Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass<br />

von einem anderen Teil des fertigen Bedarfsgegenstandes<br />

die gleichen Substanzen ins<br />

Lebensmittel migrieren. Da aber die Beiträge<br />

des PVCs weniger als 10% der SMLs erreichen,<br />

wäre das PVC bei einer Überschreitung des<br />

SMLs nicht die relevante Quelle. Deswegen<br />

hält es dieser Hersteller nicht <strong>für</strong> nötig, diese<br />

Substanzen offen zu legen (s. auch Punkt 5 im<br />

Anhang VIa von Richtlinie 2007/19/EG).<br />

– Feld 5 delegiert die Überprüfung des Gesamtmigrats.<br />

Verunreinigungen <strong>und</strong> Reaktionsprodukte<br />

Das Feld 6 listet die Nebenkomponenten, <strong>für</strong> die in der<br />

Deklaration des Vinylchlorids <strong>und</strong> des Antioxidans<br />

die Konformitätsarbeit delegiert wurde. Der PVC-<br />

Hersteller analysierte sein Produkt <strong>und</strong> fügt die<br />

gef<strong>und</strong>enen weiteren Komponenten hinzu.<br />

Die <strong>für</strong> eine abschließende Beurteilung zu<br />

erreichende Nachweisgrenze im PVC wurde auf der<br />

Basis einer Nachweisgrenze im Lebensmittel von<br />

0,01 mg/kg abgeschätzt. In einem Glas mit 100 g<br />

Inhalt entspricht 0,01 mg/kg einer Menge von 1 lg.<br />

Wenn diese Menge aus 200 mg PVC im Dichtungsmaterial<br />

mit Lebensmittelkontakt stammt, entspricht<br />

sie einer Konzentration im PVC von 5 mg/kg. Für<br />

eine abschließende Deklaration analysiert der PVC-<br />

Hersteller die Nebenkomponenten <strong>und</strong> garantiert<br />

einen Gehalt unterhalb dieses Niveaus.<br />

Für einige Verunreinigungen, wie die Fettsäuren<br />

oder Cetylalkohol, ist die Konformität einfach nachzuweisen.<br />

Die Konformitätsarbeit <strong>für</strong> Benzol,<br />

Tetrachlorkohlenstoff <strong>und</strong> Chloroform wird delegiert:<br />

Die Konzentrationen sind noch hoch, sinken<br />

aber erfahrungsgemäß auf den nachfolgenden<br />

Verarbeitungsstufen unter die Nachweisgrenze.<br />

Plastisol-Hersteller<br />

Eingegangene Deklarationen<br />

Es wird davon ausgegangen, dass der Plastisolhersteller<br />

das PVC mit der in Tab. 4 dargestellten<br />

Deklaration, zusätzlich ein Polyadipat <strong>und</strong> ESBO als<br />

Weichmacher, Oleamid, Erucamid <strong>und</strong> Silikonöl als<br />

Gleitmittel, sowie Zink/Calcium-Salze von Fettsäuren<br />

als Stabilisatoren einsetzt. Für die Additive sind<br />

Deklarationen vorhanden, wobei die des ESBO als<br />

Beispiel herausgegriffen wird.<br />

Die <strong>Konformitätserklärung</strong> beruht auf der in Tab.<br />

5 umrissenen internen Dokumentation. Feld 3 befasst<br />

sich mit der geforderten Qualität des eingesetzten<br />

Sojaöls <strong>und</strong> den übrigen eingesetzten Substanzen.<br />

Die Nebenkomponenten sind durch die toxikologische<br />

Untersuchung des ESBO abgedeckt, weil (1) sie<br />

im gleichen Maße migrieren wie die Triglyceride des<br />

ESBO, die zur Bestimmung der Migration des ESBO<br />

gemessen werden, <strong>und</strong> (2) das Produkt gleich hergestellt<br />

wurde wie das damals untersuchte ESBO (der<br />

Hersteller ist der gleiche, der damals die toxikologische<br />

Untersuchung veranlasste). Die Sicherheit von<br />

Nebenkomponenten, wie z. B. epoxydierten Sterinen,<br />

kann als abgesichert gelten, solange die Migration<br />

von ESBO den SML einhält.<br />

Auch die Deklaration (Tab. 6) ist einfach auszufüllen.<br />

Die Migration muss auf einer späteren<br />

Herstellungsstufe überprüft werden. Deswegen <strong>und</strong><br />

wegen der möglichen Reaktionsprodukte muss die<br />

chemische Identität offengelegt werden. Die Konformitätsarbeit<br />

bezüglich der Reaktionsprodukte<br />

wird delegiert, weil ESBO auch als PVC-Stabilisator<br />

dient <strong>und</strong> dazu mit aus dem PVC abgespaltenem HCl<br />

reagieren muss.


120 W. Altkofer et al.<br />

Tab. 5 Schematische interne Dokumentation <strong>für</strong> das ESBO<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 ESBO als Additiv zu PVC, das <strong>für</strong><br />

Lebensmittelbedarfsgegenstände verwendet wird<br />

3 Raffiniertes Sojaöl mit Jodzahl…<br />

Essigsäure: natürlicherweise in Lebensmitteln<br />

vorkommend<br />

Wasserstoffperoxid: \…mg/kg (abgelegt in…),<br />

vollständig entfernt bei der Aushärtung des Plastisols<br />

4 Die Kontrolle der Migration wird delegiert.<br />

5 Potentiell namhafte Migratkomponente.<br />

Hervorzuheben, da bei Verwendung von<br />

Lebensmittelsimulanzien die Migration unterschätzt<br />

werden kann <strong>und</strong> dann die Gesamtmigration über<br />

die Summe der spezifischen Migrationen ins<br />

Lebensmittel abgeschätzt werden muss.<br />

6 Keine Konformitätsarbeit zu Nebenkomponenten<br />

erforderlich, weil das Produkt auf die gleiche Weise<br />

hergestellt wurde wie das toxikologisch überprüfte<br />

ESBO <strong>und</strong> die Nebenkomponenten ähnlich migrieren<br />

wie die zur Migratbestimmung gemessenen<br />

Triglyceride.<br />

Die Epoxyfunktionen können z.B. mit HCl aus dem PVC<br />

reagieren. Dieser Punkt ist an den K<strong>und</strong>en zu<br />

delegieren, weil die Überprüfung der Cl-Derivate<br />

durch die EFSA nicht abgeschlossen ist.<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)<br />

Tab. 6 Deklaration des ESBO Herstellers<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 ESBO als Additiv zu PVC, das <strong>für</strong><br />

Lebensmittelbedarfsgegenstände verwendet wird<br />

3 Produkt entsprechend der Additivliste in Richtlinie 2002/<br />

72/EG <strong>und</strong> deren Änderungsrichtlinien.<br />

4 Delegierte Migrationsüberprüfung: SML = 60 mg/kg<br />

oder 10 mg/dm 2 . In Produkten <strong>für</strong> Säuglinge <strong>und</strong><br />

Kleinkinder: SML = 30 mg/kg, keine Umrechnung in<br />

mg/dm 2 erlaubt (Richtlinie 2005/79/EG)<br />

5 Fürdie delegierte Kontrolle des Gesamtmigrates ist das<br />

Produkt eine potentiell relevante Komponente: Da<br />

Simulation das Gesamtmigrat unterschätzen kann,<br />

muss die Summe der Migrationen der relevanten<br />

Komponenten ins Lebensmittel überprüft werden.<br />

6 Die enthaltenen Nebenprodukte entsprechen den<br />

Anforderungen des Artikels 3 der Rahmenverordnung.<br />

Die Epoxyfunktionen können zu Derivaten reagieren, z.B.<br />

mit HCl aus dem PVC. Die Überprüfung derer<br />

Konformität wird delegiert<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)<br />

Konformitätsarbeit des Plastisolherstellers<br />

Der Plastisolhersteller sammelt die Deklarationen der<br />

verwendeten Substanzen <strong>und</strong> listet sie in seiner<br />

Dokumentation (Tab. 7). Da er keine weitere Substanz<br />

Tab. 7 Interne Dokumentation des Plastisolherstellers<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 Plastisol <strong>für</strong> die Herstellung von Deckeldichtungen,<br />

geeignet <strong>für</strong> Pasteurisierung bei 75–100°C<br />

3 Die Deklarationen des PVCs (…), Polyadipats (…), ESBOs<br />

(…), der Stabilisatoren (…) …erklären Konformität<br />

aller verwendeten Substanzen; keine weitere<br />

zugefügte Substanz<br />

4 Die Deklaration des PVCs erklärt Konformität, wenn das<br />

Mengenverhältnis Lebensmittel/PVC [30 beträgt.<br />

In Produkten <strong>für</strong> Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder muss die<br />

Migration von ESBO überprüft werden: SML = 30 mg/<br />

kg, keine Umrechnung in mg/dm 2 erlaubt (Richtlinie<br />

2005/79/EG).<br />

Die Kontrolle der Polyadipatmigration wird delegiert.<br />

5 Die Kontrolle des Gesamtmigrats wird delegiert.<br />

Der konventionelle Test mit Lebensmittelsimulanzien<br />

kann die Migration insbesondere in ölhaltige<br />

Lebensmittel unterschätzen. Deswegen muss im<br />

realen Produkt überprüft werden, ob die Summe der<br />

Migrationen der wichtigsten Komponenten definitiv<br />

unter dem Gesamtmigrationsgrenzwert bleibt. Die<br />

<strong>für</strong> das Gesamtmigrat mengenmäßig relevanten<br />

Komponenten sind ESBO, Polyadipat, Oleamid <strong>und</strong><br />

Erucamid.<br />

6 Die Deklaration des PVCs delegiert ‘‘ Benzol (\600 mg/<br />

kg PVC), Tetrachlorkohlenstoff (\800 mg/kg) <strong>und</strong><br />

Chloroform (\100 mg/kg). Da bei der Erhitzung <strong>für</strong><br />

die Härtung des Plastisols diese Substanzen<br />

verdampfen, wird die Kontrolle delegiert.<br />

Die Deklarationen von ESBO, Oleamid, Erucamid <strong>und</strong><br />

Silikonöl delegieren keine Konformitätsarbeit.<br />

Nebenkomponenten in Oleamid <strong>und</strong> Erucamid<br />

wurden mit einer Nachweisgrenze von 0,01%<br />

überprüft, was die maximale Migration nicht<br />

identifizierter Komponenten unter der in der EU<br />

zulässigen Grenze von 0,01 mg/kg hält.<br />

Während der Erhitzung des Plastisols reagiert ESBO mit<br />

HCl aus dem PVC. Die Überprüfung der Konformität<br />

der Reaktionsprodukte wird delegiert.<br />

Das Silikonöl weist eine Reinheit von 98% auf <strong>und</strong> ist frei<br />

von Phenylgruppen; die Verunreinigungen wurden<br />

nicht untersucht, seien aber durch die<br />

toxikologischen Tests des Öls abgedeckt.<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)<br />

beifügt, stellt er in seiner Deklaration (Tab. 8) fest,<br />

dass die Lieferanten die Konformität der Substanzen<br />

abschließend erklärt haben. Im Feld 4 zitiert er die<br />

Deklarationen des PVC Herstellers bezüglich des QM<br />

von Vinylchlorid <strong>und</strong> delegiert auch die Überprüfung<br />

der Polyadipatmigration weiter. ESBO hält den<br />

SML ein, wenn der Gesamtmigrationsgrenzwert<br />

eingehalten wird, wobei Produkte <strong>für</strong> Säuglinge <strong>und</strong><br />

Kleinkinder als Ausnahme erwähnt sind.<br />

Die Kontrolle des Gesamtmigrats wird wiederum<br />

delegiert. Ggf. wird daran erinnert, dass das


<strong>GMP</strong> <strong>und</strong> <strong>Konformitätserklärung</strong> <strong>für</strong> Lebensmittelbedarfsgegenstände 121<br />

Tab. 8 Schematische Deklaration des Plastisolherstellers<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 Plastisol <strong>für</strong> die Herstellung von Deckeldichtungen,<br />

geeignet <strong>für</strong> Pasteurisierung bei 75–100°C<br />

3 Alle verwendeten Substanzen genügen den<br />

Anforderungen der EU-Gesetzgebung.<br />

4 Die Deklaration <strong>für</strong> das PVC erklärt Konformität der<br />

spezifischen Migrationen, wenn das<br />

Mengenverhältnis Lebensmittel/PVC [30 beträgt.<br />

In Produkten <strong>für</strong> Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder muss die<br />

Migration von ESBO überprüft werden: SML = 30 mg/<br />

kg, keine Umrechnung in mg/dm 2 erlaubt (Richtlinie<br />

2005/79/EG).<br />

Die Überprüfung der Migration von Polyadipat wird<br />

delegiert: SML 30 mg/kg=5 mg/dm 2 <strong>für</strong> die<br />

Komponenten \1,000 Da (Richtlinie 2002/72/EG <strong>und</strong><br />

2004/19/EG).<br />

5 Die Kontrolle des Gesamtmigrats wird delegiert.<br />

Gemäss Richtlinie 2007/19/EG ist auch <strong>für</strong> das<br />

Gesamtmigrat die Umrechnung über die<br />

Inneroberfläche erlaubt.<br />

Der konventionelle Test mit Lebensmittelsimulanzien<br />

kann die Migration insbesondere in ölhaltige<br />

Lebensmittel unterschätzen. Deswegen muss<br />

überprüft werden, ob die Summe der Migrate der<br />

wichtigsten Komponenten definitiv unter dem<br />

Gesamtmigrationsgrenzwert bleibt. Die <strong>für</strong> das<br />

Gesamtmigrat mengenmäßig relevanten<br />

Komponenten sind ESBO, Polyadipat, Oleamid <strong>und</strong><br />

Erucamid.<br />

6 Die Deklaration des PVCs delegiert ‘‘ Benzol (\600 mg/<br />

kg PVC), Tetrachlorkohlenstoff (\800 mg/kg) <strong>und</strong><br />

Chloroform (\100 mg/kg). Da bei der Erhitzung <strong>für</strong><br />

die Härtung des Plastisols diese Substanzen<br />

weitgehend verdampfen, wird die Kontrolle<br />

delegiert.<br />

Für ESBO, Oleamid, Erucamid <strong>und</strong> Silikonöl wird keine<br />

Konformitätsarbeit delegiert. Für Oleamid <strong>und</strong><br />

Erucamid wurde die Konformität der<br />

Nebenkomponenten bis auf eine Nachweisgrenze<br />

von 100 mg/kg erklärt.<br />

Während der Erhitzung dürfte ESBO mit HCl aus dem<br />

PVC reagieren. Die Überprüfung der Konformität der<br />

Reaktionsprodukte wird delegiert.<br />

Das Silikonöl weist eine Reinheit von 98% auf <strong>und</strong> ist frei<br />

von Phenylgruppen; die Verunreinigungen wurden<br />

nicht untersucht, seien aber durch die<br />

toxikologischen Tests des Öls abgedeckt.<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)<br />

Gesamtmigrat über die Summe der Migrate ins<br />

Lebensmittel überprüft werden sollte. Auch im Feld 6<br />

werden nur delegierte Arbeiten weiter geleitet, einschließlich<br />

der Aussage des Silikonölherstellers, dass<br />

die toxikologische Überprüfung des Öls die Verunreinigung<br />

eingeschlossen habe: Weil sie den<br />

Plastisolhersteller nicht völlig überzeugt, will er die<br />

Verantwortung da<strong>für</strong> nicht tragen.<br />

Tab. 9 Schematische Dokumentation, welche die abschließende<br />

Deklaration des fertigen Deckels bezüglich der Deckeldichtung<br />

in Tab. 1 begründet<br />

1 (Hersteller: Name <strong>und</strong> Adresse)<br />

2 Twist-off-Deckel <strong>für</strong> Produkte, die bei 75–100°C<br />

pasteurisiert werden; alle Gläsergrössen, wenn das<br />

Lebensmittel \2% freies Öl enthält; <strong>für</strong> ölreichere<br />

Produkte wenn ein 63 mm Deckel auf einem Glas mit<br />

[1,8 dm 2 interner Kontaktfläche verwendet wird<br />

(oder ähnliche Grössenverhältnisse Deckel/Glas).<br />

3 Die Deklaration des Plastisols erklärt Konformität <strong>für</strong><br />

alle verwendeten Substanzen; es wurde keine neue<br />

Substanz hinzugefügt.<br />

4 Die Deklaration <strong>für</strong> das PVC erklärt Konformität der<br />

spezifischen Migrationen wenn das<br />

Mengenverhältnis Lebensmittel/PVC [30 beträgt.<br />

Dieser Wert wird <strong>für</strong> Deckel gemäss der Spezifikation<br />

immer übertroffen.<br />

Öl ist <strong>für</strong> die Migration das kritische Medium. Die<br />

Migration von Polyadipat in Olivenöl nach Erhitzung<br />

während 1 h auf 100°C <strong>und</strong> Lagerung während 6<br />

Monaten in aufrechter Position mit regelmässigem<br />

Schütteln (Protokoll…) ergab die Daten im Blatt…Da<br />

4 mg Polyadipat/Deckel auch ohne Abtrennung der<br />

Anteile [1,000 Da nicht überschritten wurden, kann<br />

angenommen werden, dass der SML unter den<br />

spezifizierten Bedingungen auch bei Lagerung über<br />

5 Jahre eingehalten wird (5 mg/dm 2 , d.h. 9 mg/<br />

Deckel bei 1,8 dm 2 Innenoberfläche).<br />

5 Die Migration in fettfreie Lebensmittel, wie Konfitüre<br />

oder Gurken, aber auch in Mayonnaise oder Fisch in<br />

Wasser, liegt weit unter dem<br />

Gesamtmigrationsgrenzwert (siehe Dokument…).<br />

Der konventionelle Simulationstest mit Olivenöl kann<br />

das langfristige Gesamtmigrat unterschätzen (…).<br />

Deswegen wurden die Migrationen aller Additive<br />

aufsummiert (Liste…). Im Weiteren wurde<br />

angenommen, dass diese Summe mindestens 80%<br />

des Gesamtmigrats entspricht <strong>und</strong> die langfristige<br />

Migration den nach 6 Monaten gemessen Wert um<br />

bis zu 30% überschreiten könnte.<br />

Die Summe der spezifischen Migrationen <strong>für</strong> den<br />

63 mm Deckel erreichte maximal 10,5 mg/Deckel,<br />

lag also unter 6 mg/dm 2 , sofern das Glas eine<br />

Innenoberfläche von mindestens 1,8 dm 2 aufwies,<br />

was einem typischen 180–200 g Glas entspricht<br />

(Dokument…).<br />

6 Mittels Headspace GC–MS (Dokument…) wurde<br />

nachgewiesen, dass die Konzentrationen von Benzol,<br />

Tetrachlorkohlenstoff <strong>und</strong> Chloroform in der<br />

Dichtung unter 1 mg/kg lagen (Resultate…), d.h.<br />

vollständige Migration in 100 g Lebensmittel würde<br />

Werte von\3 lg/kg ergeben, was deutlich unter der<br />

zulässigen Grenze von 10 lg/kg liegt.<br />

Potentiell vorhandene Verunreinigungen in Oleamid<br />

<strong>und</strong> Erucamid von unter 0,01% ergäben eine<br />

Migration von \0,01 mg/kg, womit keine weitere<br />

Identifikationsarbeit nötig ist.<br />

Ein Dossier zu den Reaktionsprodukten von ESBO mit<br />

HCl liegt der EFSA zur Bearbeitung vor.<br />

7 (Datum <strong>und</strong> Unterschrift)


122 W. Altkofer et al.<br />

Deckelhersteller<br />

Es wird angenommen, dass der Deckelhersteller die<br />

Konformitätsarbeit abschließt. Das Ziel der Arbeit, die<br />

Deklaration mit der umfassenden <strong>Konformitätserklärung</strong>,<br />

wurde in Tab. 1 gezeigt. Die dazu<br />

geleistete Arbeit ist in der internen Dokumentation<br />

der Tab. 9 zusammengefasst.<br />

Da sich der Deckelhersteller der Problematik des<br />

konventionellen Migrationstests (Glas umgekehrt auf<br />

dem Deckel lagern; 10 Tage bei 40°C) bewusst ist, hat<br />

er seine Deckel zusätzlich in normaler Position während<br />

6 Monaten mit periodischem Schütteln getestet.<br />

Auch ohne die Abtrennung der Komponenten über<br />

1,000 Da erreichte die Migration von Polyadipat<br />

höchstens 4 mg/Deckel, woraus er schließt, dass die<br />

Migration auch über einen viel längeren Zeitraum<br />

unter dem SML bleibt.<br />

Der Deckelhersteller ging davon aus, dass die<br />

Summe der spezifischen Migrationen aller Additive<br />

mindestens 80% des Gesamtmigrates ausmacht (Literatur),<br />

also 8 mg/dm 2 erreichen darf. Weiter nahm er<br />

an, dass die langfristige Migration den Wert nach 6<br />

Monaten noch um 30% überschreiten könnte, d.h.<br />

dass diese Summe nach 6 Monaten 6 mg/dm 2 nicht<br />

überschreiten darf. Die Resultate, die er in separaten<br />

Datenblättern abgelegt hat, erlauben ihm, Konformität<br />

auch <strong>für</strong> ölhaltige Lebensmittel zu erklären,<br />

wenn 63 mm Deckel <strong>für</strong> Gläser von mindestens<br />

1,8 dm 2 Innenoberfläche verwendet werden. Eine<br />

solche Einschränkung ist unnötig, wenn das Lebensmittel<br />

kaum freies Öl enthält.<br />

Die Überprüfung des SMLs in Produkten <strong>für</strong><br />

Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder erübrigt sich, da da<strong>für</strong><br />

andere Verschlusssysteme (PT-Deckel) verwendet<br />

werden.<br />

Die flüchtigen Komponenten in der fertigen<br />

Dichtung wurden analysiert. Die Konzentrationen<br />

der drei Komponenten, <strong>für</strong> die vom PVC-Hersteller<br />

Konformitätsarbeit delegiert worden war, lagen<br />

unter 1 mg/kg, was bei vollständiger Migration<br />

\0,003 mg/kg Lebensmittel entspricht.<br />

Für ESBO wurde die Bewertung der Reaktionsprodukte,<br />

insbesondere der Chlorderivate, bei der EFSA<br />

eingereicht.<br />

Schlussbetrachtung<br />

Die Konkretisierung am Beispiel der Deckeldichtungen<br />

zeigt, dass die Konformitätsarbeit auf<br />

wenigen Seiten durchführbar ist. Eine klare<br />

Aufgabenteilung mit abgeschlossener <strong>und</strong> delegierter<br />

Konformitätsarbeit grenzt die Aufgaben jedes<br />

Herstellers ein <strong>und</strong> eliminiert die Unsicherheit über<br />

Aspekte, die übersehen oder vernachlässigt worden<br />

sein könnten. Die Verantwortlichkeiten sind eindeutig<br />

<strong>und</strong> nachvollziehbar.<br />

Das gesetzlich vorgegebene System gesteht den<br />

Herstellern maximale Geheimhaltung zu: Bei abgeschlossener<br />

Konformitätsarbeit müssen keine<br />

Informationen weiter gegeben werden, was die<br />

Kontrolle innerhalb der Industrie weitgehend<br />

unmöglich macht. Nur die Behörden haben Einblick<br />

in die internen Dokumentationen.

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