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UMWELTBILDUNG – WAS WIRKT? - Stiftung Mercator Schweiz

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Dokumentation<strong>UMWELTBILDUNG</strong><strong>–</strong> <strong>WAS</strong> <strong>WIRKT</strong>?Eine gemeinsame Tagung der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong>und des WWF <strong>Schweiz</strong>InhaltREFERATEin Modell für die UmweltbildungStudieEmpfehlungen des Integrierten HandlungsmodellsREFERATWissen und HandelnREFERATWirksames Lernen ist soziales LernenfishbowlDiskussion im GoldfischglasWorkshop aWie müssen Umweltbildungsprojekte gestaltet sein?workshop bWie kann man die Wirkung von Umweltbildungsprojektenmessen?workshop cWie kann man den Erfahrungsaustausch fördern?workshop dWie erzielen Projekte Verhaltensänderungen?


Impressionen


Impressionen


vorwortLiebe Leserinnen und LeserWir möchten nicht nur für zentrale Umweltthemen sensibilisieren.Wir möchten zusammen mit unseren Partnern Kinder, Jugendlicheund Erwachsene motivieren, tatsächlich für die Umwelt aktiv zuwerden. Wir möchten sie darin stärken, ihren Alltag umweltbewusstzu gestalten. Doch wie können Umweltbildungsprojekte dieseWirkung optimal entfalten? Wann bewirken sie umweltfreundlichesVerhalten? Das sind nicht nur für unsere <strong>Stiftung</strong> wichtige Fragen.Deshalb haben wir zusammen mit dem WWF <strong>Schweiz</strong> am 14. Dezember2012 die Tagung ‹Umweltbildung <strong>–</strong> was wirkt?› organisiert. 40Vertreter unterschiedlicher Organisationen und Institutionenaus der Umweltbildung haben wir eingeladen, sich mit diesem Themaauseinanderzusetzen.Wir sind überzeugt: Um gesellschaftliche Fragen voranzubringen,muss man zentrale Akteure zusammenbringen. Man mussihnen die Möglichkeit bieten, ihre Erfahrungen auszutauschenund gemeinsam neue Erkenntnisse und Ideen zu erarbeiten. Daswar ein wichtiges Ziel unserer Tagung. Und die Teilnehmer habendiese Gelegenheit intensiv genutzt: Mit beeindruckendem Engagement,mit grossem Interesse und Fachwissen haben sie zentraleFragen der Umweltbildung weiterentwickelt <strong>–</strong> im Austausch mitden Referenten, in den vier Workshops, aber auch am Randeder Tagung im persönlichen Gespräch. Im Idealfall entstehen ausdiesen Kontakten neue Kooperationen und Projekte.Die Inhalte und Erkenntnisse der Tagung tragen wir mitdies er Dokumentation über den Kreis der Teilnehmer hinaus. Als<strong>Stiftung</strong> ist es uns ein grosses Anliegen, Wissen und Erfahrungenzu teilen. Denn nur so kann sich die Gesellschaft weiterentwickeln.Nadine Felix,Geschäftsführerin der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong>


vorwortLiebe Leserinnen und LeserIch freue mich, dass der WWF gemeinsam mit der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><strong>Schweiz</strong> die Tagung ‹Umweltbildung <strong>–</strong> was wirkt?› organisierendurfte. Die Tagung war aus drei Gründen wichtig: Erstens,weil die Frage nach der Wirkung für jede Organisation von zen -traler Bedeutung ist. Ob staatliche Stelle, privatwirtschaftlichesUnternehmen oder Non-Profit-Organisation <strong>–</strong> sie alle sind da,um bestimmte Ziele zu erreichen. Das merken wir auch am Spendenmarkt:Spenderinnen und Spender geben sich nicht mehrdamit zufrieden, einfach ‹etwas Gutes› zu unterstützen. Sie wollenberechtigterweise wissen, was ihre Spende bewirkt. Nur wenigeNon-Profit-Organisationen sind auf diese neue Herausforderunggut vorbereitet.Zweitens hatte die Tagung auch das richtige Thema <strong>–</strong> näm -lich die Umweltbildung. Gelegentlich höre ich, Umweltbildungsei zwar nett, aber es wäre doch viel sinnvoller, Umweltproblemedirekt zu bekämpfen. Denn bei der Umweltbildung seien dieResultate sehr unsicher und unter Umständen erst in Jahrzehntensichtbar. Ich bin überzeugt, es braucht im Umweltbereich kein‹Entweder-oder›, sondern ein ‹Sowohl-als-auch›: Wir müssen Umweltproblemewie die Abholzung des Amazonas rasch angehenund gleichzeitig in die Umweltbildung investieren <strong>–</strong> um langfristigeWirkung zu erzielen. In beiden Fällen müssen wir die Wirkungaufzeigen können.Damit bin ich beim dritten Punkt: Wir müssen gemeinsamerforschen, was wirkt. Das war der Lösungsansatz dieser Tagung.Ich halte ihn für sehr wichtig. Die Ergebnisse, die in dieser Publikationzusammengefasst werden, sind ein wichtiger Schritt hin zueinem besseren Verständnis der Wirkungszusammenhänge inder Umweltbildung. Das Ziel: Gemeinsam mehr Wirkung entfalten!Thomas Vellacott,CEO WWF <strong>Schweiz</strong>


ReferatEin Modell für dieUmweltbildungReferentenDr. Felix Keller ist Glaziologe und beschäftigtesich intensiv mit dem Permafrostproblem von Pont -resina. Seit 2010 leitet er an der PädagogischenHochschule Graubünden ein Forschungsprojekt zumerlebnisorientierten Outdoorunterricht.Katia Weibel studierte Philosophie an der UniversitätFreiburg und an der Freien Universität Berlin.Nach ihrem Studium arbeitete sie in der Medienabteilungder Sozialdemokratischen Partei der <strong>Schweiz</strong>.Seit 2004 ist sie beim WWF <strong>Schweiz</strong> tätig. Sieleitet die Abteilung ‹Jugend›.Die Zusammenarbeit zwischen Felix Kellerund dem WWF <strong>Schweiz</strong> reicht ins Jahr 1998zurück: Damals hatten der WWF <strong>Schweiz</strong>und die Engadiner Naturforschende Gesellschaftgemeinsam den ersten Klima-ErlebnispfadEuropas auf dem Muottas Muragloberhalb von Pontresina eröffnet. Seit2008 ist der gesamte Klimaweg in interaktiverForm auf den Bildungsserver educETHzugänglich. Aus diesem Projekt entwi -ckelte sich die Idee, in einem Forschungsprojektdie Wirksamkeit von Indoor- undOutdoor-Unterricht am Beispiel des ThemenkomplexesKlimawandel im Oberengadinzu vergleichen: Der Doktorand Andreas Imhofuntersucht in sechs Projektwochen mitSchulklassen die Wirkungen auf Umweltwissenund Umwelteinstellung. So weit wiemöglich soll auch die langfristige Wirkungeinbezogen werden. Der Projektabschlussist für August 2013 geplant. Die Projektlei -tung liegt bei Christina Colberg und FelixKeller, Professorin Elsbeth Stern von derETH Zürich betreut die Dissertation.Dieses Projekt hat das Interesse desWWF <strong>Schweiz</strong> geweckt: Die Jugendabtei -l ung des WWF ist schon seit längerer Zeitauf der Suche nach praxisrelevanten,wissenschaftlich fundierten Aussagen zurWirkung von Umweltbildung. Deshalbhat der WWF die Wissenschaftler Felix Keller,Christina Colberg und Andreas Imhof damitbeauftragt, eine Literaturübersicht mitHandlungs empfehlungen für das Design vonUmweltausbildungen zu erstellen.elemente der literaturübersicht /Die Literaturrecherche zeigt, dass es Umweltbildungsprojektemit einer nachweislichenWirkung auf das Alltagsverhaltender Teilnehmer gibt. Die Studie analysiertMechanismen von Ansätzen, die Verhaltensänderungenauslösen, und identifiziertErfolgsfaktoren von Programmen undProjekten. Dabei zeigt sich, dass insbesondereein Modell <strong>–</strong> das Integrierte Handlungsmodell(IHM) <strong>–</strong> sehr gut beschreibt, warumeinzelne Projekte erfolgreich sind undandere weniger. Man kann davon ausgehen,dass Projekte, die entsprechend diesesModells aufgebaut sind, eher Erfolg zeigen.Das Integrierte Handlungsmodell lässtsich gut in Planung, Durchführung und Eva -luation von Projekten einsetzen.Im Integrierten Handlungsmodellwerden drei Phasen zur Entwicklung vonumweltrelevantem Wissen unterschieden:— Motivationsphase— Handlungsauswahlphase— Volitionsphase (auch Handlungsumsetzungsphase;lat. volo: ich will)Diese drei Phasen bauen aufeinander auf:Wird keine Motivation ausgebildet, erfolgtkeine Handlung. Kann keine passendeHandlung gefunden werden, kommt es zukeiner Handlungsumsetzung. Entspre -chend sollte bei der Planung von Umweltbildungsmassnahmenstets beachtet werden,dass Elemente der Motivationsphase, derHandlungsauswahlphase und der Volitions-Wie der WWF die Ergebnisse der Studie in diePraxis umsetzt, erklärt Katia Weibel.


Referatphase vorkommen. Handlungsempfeh lungenzu jeder Phase des Integrierten Hand lungsmodellsfasst die Tabelle in dieser Ta gungsdokumentationzusammen. Dort werdenauch weitere Befunde der Studie, die nichtin einem direkten Zusammenhang mit demHandlungsmodell stehen, dargestellt.über arbeitet. Der WWF ist sich bewusst,dass die Aussagen einer solchenEvaluation streng wissenschaftlichgesehen nicht haltbar sind. Sie lieferneinzig Hinweise darauf, ob der Anspruch,Wirkung zu erzielen, tätsächlichplausibel ist.Dr. Felix Keller und sein Team haben eine Literaturübersichtmit Handlungsempfehlungen fürUmweltbildungsprojekte zusammengestellt.Was macht der WWF nun damit? /Die Studie liegt seit Februar 2012 vor.Seither hat der WWF einige Anpassungen inseiner Arbeit vorgenommen. Dazu zählen:— Anpassungen des Projektportfolios:Der WWF hat Projekte für die Zielgruppeder Vier- bis Siebenjährigen eingeführtund die Anzahl der Kinder- undJugendlager erhöht. Vor- und Nachbereitungselementewerden konsequen -ter in die Projekte eingeführt.— Anpassungen bestehender Projekte:Der WWF plant unter anderem neueElemente wie Prompts (Erinnerungshilfen)und Selbstkontrollmechanismenein und er erhöht den Anteil derWissensvermittlung in den Lagern.Diese Anpassungen sind in die internenJahresziele eingebaut, sie werdengemessen und im Leistungsbericht desWWF veröffentlicht.— Überarbeitung der Evaluationen:Die Evaluationen konzentrierten sichbisher auf zwei Aspekte <strong>–</strong> auf denquantitativen Überblick und auf Fragenzur Kundenzufriedenheit. Der WWFhat sich entschieden, die Stufen desIntegrierten Handlungsmodells in seineEvaluationen einzubeziehen, um dieWirkung der Angebote aufzuzeigen. Sukzessivewerden alle EvaluationenSchulbesuche unter der Lupe /Die Auseinandersetzung mit der Literaturbestärkt den WWF darin, dass er bereitsvieles richtig macht: Der methodische Ansatz,dass die Kinder und Jugendlichen selbstLösungen erarbeiten, ist wie die direkte Na -turerfahrung bereits seit Jahren in derStrategie des WWF verankert. Einzelne Um -weltbildungsangebote möchte der WWFin Zukunft noch genauer überprüfen <strong>–</strong> zumBeispiel die Schulbesuche: Als rein punk -tuelle Intervention ist ein Schulbesuch ver -mutlich nicht wirksam genug. Wie kannman hier eine gute Vor- und Nachbereitunggewährleisten? Ausserdem sucht der WWFProjekte, mit denen er so viele (Schul-)Kinder wie möglich ‹in den Wald schicken›kann.Die Literaturübersicht und dasNationalfonds-Projekt von Andreas Imhofwerfen neue Fragen auf: Es würde sichanbieten, zu untersuchen, welche Auswirkun -gen die Änderungen haben, die der WWFan seinem Programm vornimmt. Die PädagogischenHochschulen Graubünden undThurgau und der WWF suchen zur zeitnach einer Möglichkeit, die begonnene Zusammenarbeitzu vertiefen und in einForschungsprojekt einfliessen zu lassen.Text / katia weibel und DR. felix keller


StudieEMPFEhLUNGEN DESINTEGRIERTENHANDLUNGSMODELLSMotivationsphaseBedrohungswahrnehmung— Nur was das Herz liebt, wird auch als schützenswert empfunden:Die Motivation sollte zum Beispiel an ein geliebtes Tiergebunden werden.— Vermittlung von Wissen (Informationen zu Ursachen,Betroffenen, Schadenspotenzial, Schadenswahrscheinlichkeit,Zeithorizont).— Bedrohungswissen und Bewältigungswissen stets aufeinanderabstimmen.— Weniger ist mehr: nur so viele Informationen wie nötig.Verantwortungszuschreibung— Aufzeigen der Position/Rolle des Kindes im entsprechendenSzenario: Das steigert die Wahrscheinlichkeit der Verantwortungsübernahme.— Nicht moralisieren.Soziale Bedürfnisse— Die sozialen Bedürfnisse der Zielgruppen müssen bekannt sein,um diese zu befriedigen und die Motivation für Umwelthandelnzu stärken.IntentionsphaseHandlungsergebniserwartung— Aufzeigen, welche Umwelthandlungen zum gewünschtenErgebnis führen.— Vorstellung von Umwelthandlungen, die die Kinder nichtkennen.Kompetenzerwartung— Förderung von Handlungserfahrungen: Diese stärken dieKompetenzerwartung («Ich kann das»).— Informationen zur Umsetzung einer als schwierig eingestuftenHandlung helfen, diese Handlung als realisierbar einzuschätzen(«Das ist gar nicht so schwierig»).— Leichter durchführbare Handlungen zuerst empfehlen.VolitionsphaseSozialer Kontext— Einsatz von Beeinflussungsstrategien: Feedback, Zielvorgabe,Commitment, Belohnung.Ressourcen— Um die Ressourcen der Kinder zu stärken, sollte man 1. ihreHandlungsbarrieren identifizieren, 2. nach Möglichkeitensuchen, wie die identifizierten Handlungsbarrieren abgebautwerden können, 3. die Handlung so lange trainieren, bissie automatisiert erfolgt.Selbstkontrolltechniken— Selbstkontrolltechniken anregen und fördern. Diese tragendazu bei, eine Handlungsabsicht aufrechtzuerhalten und zuverstärken.Information— Die Kinder müssen wissen, wie, wo und wann sie in ihremeigenen Alltag handeln können. Sie sollten deshalb ermutigtwerden, detaillierte Handlungspläne zu entwickeln und mitden dazu nötigen Informationen versorgt werden.— Die Vermittlung von Umsetzungswissen und Handlungswissensollte sich auf dieselbe Umweltschutzhandlung beziehen.PLANUNG VON PROJEKTENGemäss dem Integrierten Handlungsmodell sollteman bei der Planung von Umweltbildungsmassnahmenbeachten, dass Elemente der Motivationsphase,der Intentionsphase (Handlungsauswahlphase)und der Volitionsphase (Handlungsausführung)vorkommen. Diese Zusammenstellung basiert aufeiner aktuellen Literaturstudie des WWF <strong>Schweiz</strong>.Instrumentalisierungserwartung— Indem zielführende Wirkungen der geplanten Handlungenaufgezeigt werden, wird die Erwartung gefördert, dass dieHandlung wirkt.


studieWEITEREEMPFEHLUNGENBeteiligung— Die Kinder sollten so oft wie möglich aktiv einbezogen werden.Alter— Möglichst junge Kinder miteinbeziehen.Vorbildfunktion— Kinder ahmen das Verhalten von Vorbildern nach. Mitarbeitermüssen sich deshalb vorbildlich verhalten und ihr Verhalten fürdie Kinder transparent machen. Dies gilt auch für Eltern, diewenn immer möglich in die Bildungsaktivitäten miteinbezogenwerden sollten.Dauer— Mehrtägige Programme sind kürzeren vorzuziehen.— Regelmässige Aktivitäten sind in sich geschlossenen Aktivitätenvorzuziehen.Vor- und Nachbereitung— Kinder sollten zur Vor- und Nachbereitung der Programmeanimiert werden.Naturkontakt— Naturkontakte fördern vor allem das langfristige Umweltverhaltennachhaltig.Schulzimmeraktivitäten— Handlungstrainings sollten eher im Schulzimmer durchgeführtwerden.Informationsvermittlung— Die Informationen sollten zielgruppenspezifisch nachMotivationstypen und/oder Handlungsbarrieren ausgerichtetvermittelt werden.


ReferatWissen und HandelnReferentFlorian Kaiser ist Professor für Sozial- und Persönlichkeitspsychologiean der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Sprecher der FachgruppeUmweltpsychologie der Deutschen Gesell schaftfür Psychologie. In seiner Forschung untersuchtder <strong>Schweiz</strong>er Wissenschaftler unter anderem, warumsich Menschen für den Umweltschutz einsetzen.Nach seiner Promotion an der Universität Bern undseiner Habilitation an der Universität Zürich warFlorian Kaiser von 1998 bis 2000 Assistenzprofessorfür Mensch-Umwelt-Beziehungen an der ETHZürich. Von 2000 bis 2008 war er Assoziierter Pro -fessor für Sozial- und Umweltpsychologie an derTechnischen Universität Eindhoven, Niederlande.Die Müllsackgebühr hat dazu geführt, dassdie Abfallmenge in den Privathaushalten der<strong>Schweiz</strong> erheblich sank. In Deutschlandstieg in den vergangenen Jahren die Nach -frage nach privaten Solaranlagen, weil esdafür Fördergelder gab. «Das Umweltverhaltenwird heute zu einem grossen Teil überBestrafungs- und Belohnungsanreize gesteuert», erklärt Professor Florian Kaiser.Doch gegenüber solchen Anreizen ist erskeptisch: «Wenn sie wegfallen, kehren dieMenschen zu ihrem ursprünglichen Verhaltenzurück.» Eine politisch gewollte nachhaltigeEntwicklung sei auf nach haltigdenkende und handelnde Menschen angewiesen,betont der Psychologe der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. «Eineausgezeichnete Möglichkeit, die Eigenmotivationzu umweltfreundlichem Verhaltenzu fördern, ist Umweltbildung.»Umweltfreundliches Verhalten ist lautFlorian Kaiser immer auch Ausdruck vonSelbstlosigkeit. Es verursache nämlich ver -gleichbar mehr persönliche Kosten alspersönlichen Nutzen <strong>–</strong> und genau das ist dasProblem: Um die Umwelt zu schützen,müssen wir uns freiwillig für weniger Kon -sum, für Verzicht entscheiden. Ob wirdies tun, hängt für den <strong>Schweiz</strong>er Umweltpsychologeninsbesondere von unserer‹Umwelteinstellung› ab. Seine statistischenErhebungen zeigen: Je ausgeprägter unsereUmwelteinstellung (beziehungsweise dasUmweltbewusstsein) ist, desto eher bringenwir Altglas zum Container und nutzen verbrauchsarmeHaushaltsgeräte. Wir verzichteneher auf einen Wäschetrockner oderauf langes Lüften. Wir fahren eher mit demFahr rad oder mit öffentlichen Verkehrsmittelnzur Arbeit, drosseln die Heizung, verzichtenauf ein eigenes Auto oder spendenfür den Umweltschutz.Gezielte Bildungsmassnahmen /«Die Rolle der Umwelteinstellung als we sentlicherMotivationsfaktor für umweltfreundlichesVerhalten wird bisher stark unterschätzt»,stellt Florian Kaiser fest. Möchtenwir eine nachhaltige Lebensstilveränderungin unserer Gesellschaft erreichen, solltenwir mit gezielten und langfristig angelegtenBildungsmassnahmen genau dort ansetzen:«Wenn es uns gelingt, die Umwelteinstellungsystematisch zu fördern, nehmendie Menschen Umweltschutz vermehrt alspersönliches Ziel wahr und richten ihr Lebendanach aus.»In seiner Forschung hat Florian Kaiserzwei wesentliche Faktoren erfasst, dieunsere Umwelteinstellung beeinflussen: Umweltwissenund eine positive Einstellungzur Natur. «Wissen trägt dazu bei, umweltrelevanteProbleme überhaupt zu verstehen»,erklärt er. «Dieses Problemverständnismotiviert uns, umweltfreundlich zu handeln.»Der Experte unterscheidet drei Arten vonWissen: Umweltsystemwissen hilft uns, Vorgängein den Ökosystemen nachvoll ziehenzu können. Handlungswissen zeigt auf,welche Handlungsoptionen bestehen. UndOb wir uns umweltfreundlich verhalten, hängt vonunserer Umwelteinstellung ab. Professor FlorianKaiser macht statistische Zusammenhänge deutlich.


ReferatWirksamkeitswissen macht das Umweltschutzpotenzialunterschiedlicher Verhaltensalternativendeutlich. Abstraktes Umweltsystemwissenallein reicht zwar nicht aus,damit wir umweltfreundlich handeln, doch esbeeinflusst die beiden anderen Wissensarten<strong>–</strong> und damit auch unsere Umwelteinstellung.Untersuchungen von Florian Kaiserzeigen, dass insbesondere das Wissen umdie Ökobilanz verschie dener Verhaltensweiseneinen wichtigen Einfluss auf das Umweltverhaltenhaben könnte. Jedoch sei geradedieses Wirksamkeitswissen in der Bevölkerungnur sehr beschränkt vorhanden.Begegnungen mit und in der Natur /Weitaus mehr als Umweltwissen beeinflussteine positive Natureinstellung unsere Umwelteinstellungund unser Verhalten. «Wer dieNatur wertschätzt, ist motiviert, die Umweltzu erhalten», betont Florian Kaiser. Inseinen Untersuchungen erkennt er zudeminteressante Wechselwirkungen zwischenNatureinstellung und Umweltsys temwissen.Eine positive Natureinstellung führt dazu,dass wir mehr über die Funk tionsweise vonUmweltsystemen erfahren möchten. Gleichzeitigkann vermehrtes Umweltsystemwisseneine Faszination für die Natur auslösen.Das bedeutet für die Umweltbildung:«Sie sollte sich auf die Ver mittlung allerdrei Wissensarten konzen trieren und persönlicheErfahrungen mit der Natur ermö g-lichen», fasst Florian Kaiser zusammen.Die Schule ist für ihn der zentraleOrt für Umweltbildung. Sie erreicht alle Kin -der und Jugendlichen <strong>–</strong> und dies im passendenAlter: «Die Einstellung zur Umweltentwickelt sich ab dem zwölften Lebensjahr»,sagt Florian Kaiser. «Anschliessendverfestigt sie sich.» Doch heute stehe inder Schule <strong>–</strong> wenn überhaupt <strong>–</strong> vor allemdas Umweltsystemwissen im Zentrum. Zielmüsse es sein, im Unterricht zudem Handlungs-und Wirksamkeitswissen zu vermitteln.Auch Naturkontakte sollte man stärkerin die Schule bringen. So könne man denWald zum Beispiel für Schulreisen nutzen,zur Erho lung oder zum Austoben, um diefür umweltfreundliches Verhalten so wichtigeNatur einstellung schon früh positiv zubeeinflussen.Nachhaltige Lebensstilveränderung /Für Florian Kaiser ist die Umweltbildung der«zentrale Hoffnungsträger», um das Umweltverhaltenin der Gesellschaft nachhaltigzu beeinflussen. Daneben sieht er ein ge -wisses Potenzial in begleitenden Informationskampagnen.Diese können den Menschenimmer wieder in Erinnerung rufen: «DieHerausforderungen sind nach wie vor gross.Wir müssen uns weiterhin für die Umweltengagieren.» Wie solch eine Informationskampagneaussehen kann, zeigen FlorianKaiser und sein Team in einer Studie, die sieaktuell in Magdeburg durchführen. DieWissenschaftler haben dafür eine Kampagnezu energiebewusstem Verhalten lanciert.Das Besondere an dieser Massnahme: Stattallgemeine Slogans wie «Seien Sie umweltbewusst!»oder «Schützen Sie das Klima!» zuverbreiten, machten die Anzeigen deutlich,welches Quartier in Magdeburg besonders umweltfreundlichist, und was die Menschendort konkret tun. Auf diese Weise wurden sozialeVorbilder in der eigenen Stadt gezeigt<strong>–</strong> in der Hoffnung, andere Menschen zumotivieren, das umweltbewusste Verhal -ten nachzuahmen. «Die Kurzzeitwirkung warda», sagt Florian Kaiser. Die Langzeitwirkunguntersuchen die Wissenschaftler zurzeit.Text / nadine fiekeDrei Arten von UmweltwissenFlorian Kaiser unterscheidet zwischen drei Artenvon Umweltwissen: Umweltsystemwissen, Handlungswissenund Wirksamkeitswissen. Wo die Unterschiedein diesen Wissensarten liegen, machen dreiBei spiele deutlich:<strong>–</strong> Umweltsystemwissen: Man weiss, was der Treib -hauseffekt ist, und wie CO2 die Klimaerwärmungchemisch bewirkt.<strong>–</strong> Handlungswissen: Man weiss, wie sich die persönlicheCO2-Bilanz verringern lässt <strong>–</strong> zum Beispieldurch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittelstatt des Autos.<strong>–</strong> Wirksamkeitswissen: Man weiss, um wie viel sichdie Energiebilanz mit einer konsequenten fleischlosenErnährung gegenüber einer Standardernährungverbessern lässt.


ReferatWirksames Lernen istsoziales LernenReferentDr. Rolf Jucker engagiert sich seit vielen Jahreninternational in der Umweltbildung und Bildung fürNachhaltige Entwicklung (BNE). Der Germanistund Philosoph mit einem Master of Science in BNEleitet den Bereich ‹Weiterentwicklung BNE› der<strong>Stiftung</strong> éducation21, bis Ende Dezember 2012 warer Geschäftsleiter der <strong>Stiftung</strong> Umweltbildung<strong>Schweiz</strong>.éducation21Die <strong>Stiftung</strong> éducation21 koordiniert und fördertdie Bildung für Nachhaltige Entwicklung in der<strong>Schweiz</strong>. Sie wirkt im Auftrag der Erziehungsdirektorenkonferenz,des Bundes und der Zivilgesellschaftals nationales Kompetenzzentrum für die Volksschuleund die Sekundarstufe II. éducation21 lösteam 1. Januar 2013 die bisherigen <strong>Stiftung</strong>en Bildungund Entwicklung und Umweltbildung <strong>Schweiz</strong>mit ihren Schwerpunkten Globales Lernen und Umweltbildungab. Neu hinzugekommen sind dieSchwerpunkte Gesundheit und Politische Bildunginklusive Menschenrechtslernen und Wirtschaft.éducation21 will dazu beitragen, Kinder und Jugendlicheauf ihre Zukunft in einer immer komplexerwerdenden Welt vorzubereiten./ www.education21.chFür Umweltbildung und Bildung für nach -haltige Entwicklung gibt es nur eine relevanteWirkungsdimension: ‹one planet living›,also alltagsrelevantes nachhaltiges Handeln.Damit Bildungsprojekte dies erreichen,müssen sie die Kompetenz fördern, tatsächlichumweltverträglich zu handeln <strong>–</strong> in -dem sie nicht nur Umweltbewusstsein undrelevante Wertehaltungen vermitteln,sondern auch konkretes Umweltwissen, Fertigkeitenund Fähigkeiten. Doch das al leinreicht nicht. Denn selbst wenn Umweltbildungsprojektediese Inhalte und Kompetenzenmitgestalten, steht ihnen einegrosse Herausforderung im Weg: Wie kannUmweltbildung wirken, wenn einflussrei -che ‹Schattenerzieher› nicht-nachhaltigbilden? Wirtschaft, Politik, Medien, Internet,Werbung und nicht zuletzt Familie,Freunde und Vereine <strong>–</strong> unser soziales Umfeldund gesellschaftliche Strukturen habeneinen grossen Einfluss auf unsere Umwelteinstellungund auf unser Handeln. WirkungsvolleUmweltbildung muss deshalbprioritär auch diese ‹Schattenerzieher›bilden. Sie darf sich nicht nur auf formaleBildung konzentrieren.Ökologischer Fussabdruck / ‹One planetliving› verlangt ein nachhaltiges Lebenmit einem ökologischen Fussabdruck, dernicht grösser ist als jener, der uns wieallen anderen Menschen gerechterweise zu -steht. Dies stellt uns vor ein weiteres gros -ses Problem: Wir gehen gemeinhin davon aus,dass mehr Bildung und bessere Bildung,etwa im Bereich Umweltbildung oder Nachhaltigkeit,zu nachhaltigerem Handelnführt. In der Tat sind aber ganz andere Kausalitätenam Werk: Höhere und im konventionellenSinne bessere Bildung führt inaller Regel zu besseren Jobs und zu besseremVerdienst. Dieses höhere Einkommenübersetzt sich direkt in einen grösseren ökologischenFussabdruck, also in ein zunehmendnicht-nachhaltiges Handeln.Deshalb müssen wir hier <strong>–</strong> bei derVerantwortung der heutigen Erwachsenengeneration,bei heutigen Entscheidungsträgernund bei den Vorstellungen vom Nut -zen von Bildung <strong>–</strong> ansetzen: Wir könnenunsere Probleme der Nicht-Nachhaltigkeitnicht dadurch lösen, dass wir sie an unsereKinder delegieren. Wir können nicht vonihnen erwarten, dass sie <strong>–</strong> bestens umweltgebildet<strong>–</strong> den Karren aus dem Dreck ziehen,den wir und unsere Vorgängergenerationdort hineingefahren haben. Es ist ein sys temischerAnsatz in der Umweltbildung nötig.Die Schulbildung ist nur ein kleiner, wennauch wichtiger Teil davon.Umweltbildung darf die ‹Schattenerzieher› nichtvergessen, betont Dr. Rolf Jucker.


ReferatGemeinsam statt einsam / Für den Wandelzu einer nachhaltigen Gesellschaft ist einParadigmenwechsel in Wirtschaft, Politik undindividueller Lebensführung nötig. Wirmüssen die Art und Weise, wie wir mit unsererUmwelt umgehen, grundlegend ändern.Dafür sollten wir unseren Alltag möglichst alsLernprozess begreifen und ge stalten: In derSchule, am Arbeitsplatz, beim Einkaufen oderbei ausserschulischen Umweltbildungsangebotengeht es darum, immer wieder selbstkritischzu überlegen, ob das, was wir tun,wirklich nachhaltig ist und der Umweltnützt. Solche Lern- und Entwicklungsprozessemacht man am besten nicht allein,sondern gemeinsam mit anderen. Denn wirksamesLernen, das zeigt die Lernforschung,ist soziales Lernen.Wenn Umweltbildungsprojekte diesberücksichtigen, können sie viel erreichen:Sie sollten Erwachsene und Jugendlichegemeinsam mobilisieren <strong>–</strong> in der Schule, amArbeitsplatz, im Privatleben, im Sportverein.Es geht darum, in der jeweiligen Situa tionmit all jenen, die betroffen sind und alsAkteure Handlungsspielraum besitzen,Lerngemeinschaften zu bilden. Denn nurdurch gemeinsames Lernen und Handelnin der realen Welt können wir eine nachhaltigeGesellschaft gestalten. Handlungsbereitschaftund Handlungsfähigkeit ent -stehen nur beschränkt durch abstraktesWissen oder Umweltbewusstsein. Sie entstehen,indem wir Verantwortung im eigenenUmfeld übernehmen. Wenn die Projekte esden Teilnehmern ermöglichen, zukunftsverträglichesHandeln selbst auszuprobieren,erfahren diese, wie man gemeinsam, durch‹trial and error›, etwas bewirken kann.Das wirkt motivierend und gibt wertvolleBeispiele für den Alltag. Mitbestimmung undMitgestaltung, langfristiges Engagementund lösungsorientiertes gemeinsamesLernen sollten die Projekte prägen. Entscheidendist, in den Lerngemeinschaften stetsdas Ziel eines ökologisch nachhaltigen Le bensim Blick zu behalten und zu leben, wasman predigt.Text / dr. Rolf Jucker


FishbowlDiskussion imGoldfischglas«Wissen bringt man am einfachsten über konkreteProjekte in die Schule. So trägt man die Themenauch weiter an die Eltern.»Daniel Lüscher, myblueplanet«Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben,dass Wissen ökologisches Verhalten beeinflusst,sagt Andreas Kyriacou von der InitiativePsychologie im Umweltschutz, als ersich zu Professor Florian Kaiser (UniversitätMagdeburg), Dr. Rolf Jucker (éducation21), Katia Weibel (WWF <strong>Schweiz</strong>) undDr. Felix Keller (Academia Engiadina) in dieRunde setzt. Er weiss aus eigener Erfahrung:Umweltthemen sind komplex und oftschwer zu vermitteln. «Kann man Umweltzusammenhängeüberhaupt altersgerecht aufbereiten?»Als erster Tagungsteilnehmernutzt er die Gelegenheit, den Experten eineFrage zu stellen <strong>–</strong> und eröffnet damit dieFishbowl-Diskussion. Viele weitere Interessiertefolgen. In den nächsten 50 Minutenentwickelt sich ein spannender Austauschüber die Vermittlung von Umweltwissen,über Möglichkeiten und Grenzen von Bildungsprojekten.Die Runde beleuchtetMotivationsgründe für umweltfreundlichesHandeln, sie macht sich Gedanken überZielgruppen der Umweltbildung und über dienachhaltige Wirkung von Projekten.«Kinder und Jugendliche sind nicht die Entscheidungsträgervon morgen, sondern von heute.Es ist nur eine Frage der Möglichkeiten, die manihnen gibt.»Barbara Tauscher, WWF ÖsterreichZwei Kreise / ‹Fishbowl› <strong>–</strong> diese Diskussionsmethodeverdankt ihren Namen der Sitzordnung:Wie in einem ‹Goldfischglas› sitzendie Experten in der Mitte des Saals. Umdiesen Kreis herum platzieren sich die Gästeder Tagung und beobachten die Diskussionen,die im inneren Kreis stattfinden. Wennjemand aus dem äusseren Kreis etwas zumGespräch beitragen möchte, setzt er sich zuden Experten in die Mitte. Auf diese Weiseentsteht ein thematisch fokussiertes Gespräch,da immer nur eine kleine Gruppe gleichzeitigdiskutieren und ihre Erfahrungen austauschenkann.Text / nadine fieke


Fishbowl«Wir haben die Tendenz, schwer lösbare Herausforderungenan die Schulbildung zu delegieren.Doch man darf die ‹Schattenerzieher›nicht vergessen: Wirtschaft, Politik, Medien unddas soziale Umfeld beeinflussen unser Umweltverhaltensehr stark. Umweltbildung muss sichdeshalb auf verschiedene gesellschaftlicheBereiche konzentrieren.»Dr. Rolf Jucker, éducation21«Ich habe festgestellt, dass viele Jugendlichemotiviert sind, etwas für die Umwelt zu tun <strong>–</strong>doch sie wissen nicht, wie. Ihnen fehlt das Handlungswissen.»Dr. Felix Keller, Academia Engiadina«Medienberichte wirken meist nur kurzfristigauf das Umwelthandeln, wie das Beispiel desReaktorunfalls in Fukushima zeigt. Als einigeMonate danach kaum noch Medien darüberberichteten, flachte im Kanton Zürich auch dieNachfrage nach Ökostrom wieder ab.»Barbara Gugerli-Dolder, Pädagogische Hochschule Zürich«Ob wir uns umweltfreundlich verhalten, hängtvon unserer Umwelteinstellung ab. Wenn eseinmal gelungen ist, eine positive Umwelteinstellungzu schaffen, bleibt sie stabil.»Professor Florian Kaiser, Universität Magdeburg


workshop AWie müssenUmweltbildungsprojektegestaltet sein?WorkshopleitUNGHeleni Sironi, WWF <strong>Schweiz</strong>Es gibt viele Umweltbildungsprojekte <strong>–</strong> undtrotzdem ändert sich wenig in Bezug aufdas Umweltverhalten. Dabei sollen die Projektedoch dazu beitragen, umweltschädlicheGewohnheiten abzulegen. Wie müssen alsoUmweltbildungsprojekte gestaltet werden,damit sie eine optimale Wirkung und langfristigeVerhaltensänderungen erzielen? DieTeilnehmer des Workshops ‹Versace› suchennach Antworten auf die Frage nach demDesign von Projekten.«Es braucht mehr lösungs- statt problemorientierteProjekte», erklären die Expertenim Workshop. Die Projekte müssenkonkrete Handlungsmöglichkeiten aufzeigenund den Teilnehmern die Gelegenheitbieten, diese direkt auszuprobieren. Sokönnte man als Projektverantwortlicher beispielsweisemit Schulkindern zur Abfallsammelstellegehen, statt das Thema Abfalltrennungnur im Klassenzimmer zu vertiefen.Liegt der Fokus eines Projekts auf derSensibilisierung von Primarlehrern, so istes wichtig, diese zusammen mit ihren Klassenzu begleiten, wenn sie zum ersten Malfür ein Naturerlebnis in den Wald gehen. Sokann man dazu beitragen, dass sie solcheProjekte auf Dauer ohne Fachbegleitungdurchführen.Herausforderung ‹Langfristigkeit› /Als Herausforderung empfinden es die Workshopteilnehmer,nach einer erfolgreichenProjektinitiierung eine nachhaltige Finanzierungzu finden. Langfristigkeit ist aberessenziell, wenn es darum geht, die Wirkungvon Umweltbildungsprojekten zu sichern:Umweltschädliche Verhaltensweisen dauerhaftabzulegen, ist schwierig <strong>–</strong> deshalb mussman kontinuierlich an den Verhaltensänderungenarbeiten. Entsprechend müssen dieProjekte ausgelegt sein.Wenn möglich, darin sind sich dieWorkshopteilnehmer einig, sollten Umweltbildungsprojekteunterschiedliche Zielgruppeneinbeziehen. Das trägt dazu bei, Verhaltensänderungenin verschiedenenBevölkerungskreisen zu erreichen. Werdenbeispielsweise bei Projekten für Kinderauch die Eltern in die Sensibilisierung einbezogen,so sind die Erfolgschancen vielhöher. Kindern muss aber vor allem die Verantwortungfür ihr Tun bewusst gemachtwerden. Durch Mitgliedschaften oder Commitmentskann man zudem einen Anreizschaffen, sich langfristig für die Umwelt einzusetzen.Als Beispiel wird das Projekt‹Jede Zelle zählt <strong>–</strong> Solarenergie macht Schule›der Organisation myblueplanet genannt.Ziel dieses Projekts ist es, Schulhausdächermit gesponserten Solarzellen auszustatten<strong>–</strong> dafür sind die Kinder auf die Hilfe von Lehrern,Eltern, Politikern und Fachpersonenangewiesen. Wichtig für den Erfolg des Pro -jekts ist es, dass die Kinder von Anfang anin die Entwicklung einbezogen werden.«Dies sollte bei Umweltbildungs projektenallgemein vermehrt gemacht werden»,stellt die Workshop-Gruppe fest. Kinderund Jugendliche seien nämlich nicht dieEntscheidungsträger von morgen, sonderndie ‹Changemaker› von heute.Lehrer als Botschafter / «Lernen ist einsozialer Prozess», betonen die Workshopteilnehmer.«Nimmt man das ernst, so bekommtdie Vermittlung von Umweltthematikeneine zentrale Bedeutung.» Aus derForschung weiss man, dass der Lerner -folg damit zusammenhängt, wie und vonwem Wissen vermittelt wird. EntsprechendIn kleinen Gruppen diskutieren die Workshopteilnehmerüber das Design von Projekten.sind auch in der Umweltbildung Lehrer alsBotschafter gefordert. Allerdings fühlensich diese aufgrund der Komplexität vielerUmweltthemen oft überfordert. Sie braucheneine fachkundige Betreuung <strong>–</strong> hier sindAkteure der Umweltbildung gefragt.Handlungsorientierte Projekte /Umweltbildungsprojekte müssen vermehrtbei Multiplikatoren wie politischen Entscheidungsträgernund eben auch Lehrernansetzen, stellen die Workshopteilnehmerfest. Besser noch sollten diese Personenschon im Studium für die Vermittlung vonUm weltthematiken sensibilisiert werden.Einen solchen Ansatz verfolgt beispielsweisedas internationale Bildungsprogramm‹Globe›. Es bietet unter anderem Weiterbildungenfür Lehrpersonen an und führtpraxisorientierte Projekte durch, die an denLehrplan angepasst sind. Zentral ist auchdie Art der Wissensvermittlung: «Schlussmit lustigen 3D-Spielen im Internet, indenen man Tiere vor dem Aussterbenbewahren kann», fordern die Fachpersonen.Solche Projekte seien vor allem themenundnicht handlungsorientiert. Die Projektemüssen die Verhaltensänderung in denMittelpunkt rücken. Denn was nützt es,wenn ich bestens über die Klimaerwärmung


workshop ainformiert bin, aber trotzdem immer dasFenster im beheizten Zimmer offen lasse?Wichtig ist es, insbesondere Jugendlichenzu vermitteln, dass sie mit ihremHandeln etwas bewirken können. Wenn dieProjekte dann noch Spass machen, wenndie jungen Teilnehmer spielerisch lernen kön -nen und ein langfristiger Anreiz entsteht,umweltfreundlich zu handeln, dann kann manvon einem gelungenen Projekt sprechen.Als Beispiel wird der nachhaltige Supermarkt‹Clever› der <strong>Stiftung</strong> Biovision genannt:Diese Wanderausstellung lädt dazu ein, fiktiveinen Einkauf zu tätigen, der an der Kassenach ökologischen und sozialen Kriterien bewertetwird.Übergabe von Verantwortung /Betrachtet man die grosse Spannbreite vonUmweltbildungsprojekten, ist es sehr anspruchsvollherauszukristallisieren, welcheRahmenbedingungen für ein erfolg reichesProjekt nötig sind. Die Workshop teilnehmerkommen in ihren Diskussionen zu folgenderErkenntnis: Erfolgreiche und nachhaltigeProjekte sind langfristig ausgerichtetund spielerisch. Sie beziehen das Umfeld mitein, vermitteln von Mensch zu Mensch,sind praxis- und wirkungsorientiert und übergebendie Verantwortung an die Zielgruppe.Damit Umweltbildungsprojekte Wirkung erzielen,müssen sie schon bei der Gestaltung gewissePunkte berücksichtigen. Die Workshopgruppe fasstihre Erkenntnisse schauspielerisch zusammen.Text / Barbara Barco


workshop bWie kann man die Wirkungvon Umweltbildungsprojektenmessen?WorkshopleitUNGKatia Weibel, WWF <strong>Schweiz</strong>Umweltakteure stehen vor einer grossen Herausforderung,wenn sie Projekte evaluieren,die eine nachhaltige Verhaltensän der ungzum Ziel haben: Menschliches Ver haltenlässt sich nur schwer messen. Denn der Grundeiner Verhaltensänderung kann auf unzähligeErfahrungen, Wissenselemente undGefühle zurückzuführen sein. Zudem sindEvaluationsmethoden häufig für die Naturwissenschaftenkonzipiert und nur schwerauf die Messung von Verhaltensänderungenbeim Menschen übertragbar. Welche Faktorenmuss man also messen, um die Wirkungvon Umweltbildungsprojekten einschätzenzu können? Mit dieser Frage setztsich der Evaluationsworkshop ‹Rotstift›unter Leitung von Katia Weibel auseinander.Klare Ziele / Kampagnen zur Umweltbildungsollten so gestaltet werden, dass ihre Wirkungüberhaupt dokumentiert werden kann,betonen die Workshopteilnehmer. Manmüsse sich darüber im Klaren sein, was manmit seinem Projekt erreichen und wie mandieses Ziel messen möchte. Die einfachsteMöglichkeit ist es, in einer Evaluation zu fragen,wie viele Personen durch das Projekterreicht wurden. Viel schwieriger ist es hingegenzu untersuchen, welche Auswirkungeneine bestimmte Umweltbildungsinterventionbei der Zielgruppe hat. Denndas setzt eine lange und oft kostspielige Nachkontrollevoraus.Umweltbildungsinterventionen sind immerzeitlich beschränkt <strong>–</strong> und ihre Wirkungenkönnen Tage, Wochen oder gar Jahrenach Ende einer Kampagne aufgespürtwerden. Deshalb ist es nach Überzeugungder Workshopteilnehmer wichtig, einenVorher-Nachher-Vergleich im Verhaltender Zielgruppe durchzuführen. Für ein stich -haltiges Ergebnis ist es darüber hinausentscheidend, Kontrollgruppen in die Wirkungsmessungzu integrieren. Man vergleichtzum Beispiel Schulklassen, die aneinem Umweltbildungsprojekt teilgenommenhaben, mit solchen, die nicht dabeiwaren.Nach jeder Evaluation stehen Umweltakteurevor einer zentralen Frage: Wie könnensie die Erkenntnisse einer Umweltstudieoder einer Projektevaluation am Bestenverwenden? Ein möglicher Weg, so betontdie Workshopgruppe, sei es, die Zielgruppeimmer wieder auf die Kernbotschaft derStudie aufmerksam zu machen, um dieErkenntnisse im öffentlichen Be wusstseinzu verankern. Was schliesslich mit dengewonnenen Informationen gemacht wird,hängt von unzähligen Faktoren ab <strong>–</strong> letztlichspielen dabei finan zielle und personelleDie Wirkungsmessung von Umweltbildungsprojektenist eine Herausforderung. Am besten tut mansich zusammen und entwickelt ein gemeinsamesEvaluationsmodell, betont die Workshopgruppe inihrer Abschlusspräsentation.Ressourcen eine wesentliche Rolle. Eines istden Fachpersonen im Workshop klar:Wissen allein genügt nicht, es müssen Tatenfolgen.Drei Gruppen <strong>–</strong> drei Themen / In drei Gruppendiskutieren die Workshopteilnehmer,welche Herausforderungen und Chancen dieEvaluation von Umweltbildungsprojektenmit sich bringt. Die erste Gruppe befasst sichmit dem Thema ‹Einstellungsänderung›,die zweite Gruppe mit ‹Handeln› und die drittemit ‹Wissen›.— Einstellungsänderung: Ziel einerUmweltbildungsintervention ist es, dieUmwelteinstellung der Zielgruppe


workshop bzu beeinflussen. Doch was führt zu einerEinstellungsänderung? Wie könnenUmweltakteure diese Veränderungen feststellen?Die erste Gruppe betont, dasses wichtig sei, sich bei der Untersuchungauf bestimmte Verhaltensweisen zukonzentrieren (zum Beispiel Fleischkonsum,Nutzung von Auto und Flugzeug)und diese als Indiz für die Wirkungvon Umweltinterventionen zu nehmen.Eine Kontrollgruppe und ein Vorher-Nachher-Vergleich sind dabei wichtig.— Handlung: Die zweite Gruppe befasstsich insbesondere mit der Frage derlangfristigen Wirkung von Umweltbildungsinterventionen.Aus eigenerErfahrung wissen die Teilnehmer, dassein wichtiges Mittel zur Gewährleistungeiner nachhaltigen Bewusstseinsveränderungeine öffentliche Selbstverpflichtungsein kann. Zum Beispiel:«Ich esse in den nächsten zwei Wochenkein Fleisch.» Die Selbstverpflichtungin einer Gruppe wirkt motivierend,es entwickelt sich eine Gruppendynamik.Die Kontrolle durch Gleichgesinntekann sehr hilfreich sein,um die Einhaltung von Umweltversprechenzu verstärken.dass sie etwas gelernt haben. Sie verdeutlichennicht, was sie aufgrund ihresneuen Wissens tatsächlich für dieUmwelt tun.Mehr Umweltbildung / Am Ende desWorkshops sind sich die Teilnehmer einig,dass mehr Umweltbildung notwendig ist.Diese sollte eine klare Zielsetzung haben.Sonst wird dem wichtigsten Anliegen derUmweltbildung <strong>–</strong> eine nachhaltige umweltfreundlicheVerhaltensänderung <strong>–</strong> nichtgenügend Rechnung getragen. Am Ende formulierendie Workshopteilnehmer einenWunsch: Es könnte sehr nützlich sein, eingemeinsames Evaluationsmodell zu entwickeln,das im Rahmen von kleinen Umwelt -bildungsinterventionen von verschiede nenUmweltakteuren benutzt werden könnte.Text / Gabriel ZalazarDie Teilnehmer setzen sich mit Chancen und Herausforderungenvon Evaluationen auseinander.— Wissen: Welche Wirkung hat Umweltwissenauf das Verhalten von Menschen?Die Wirkung von Wissen könnenicht gemessen werden, Wissen könnenur getestet werden, stellte die dritteGruppe fest. Man erfährt durch Testsjedoch nicht, ob das Wissen tatsächlichVerhaltensänderungen bewirkt. Undso zeigen viele Evaluationen nur, wie vielePersonen durch eine Umweltbildungsinterventionerreicht wurden und


workshop cWie kann man denErfahrungsaustauschfördern?WorkshopleitUNGFabia Fischli, WWF <strong>Schweiz</strong>Am Ende des Workshops ist sich die Gruppeeinig: «Es braucht nicht mehr Austausch,aber besseren!» Aber zurück zum Anfang:Was gibt es überhaupt für Austauschplattformen?Was braucht es, damit die Leuteaustauschfreudig sind? Mit diesen zweiFragen leitet Fabia Fischli in den Workshop‹Feierabendbier› ein. Sofort wird die IGU(Interessengemeinschaft Umweltbildung)genannt, ebenso die von der SUB (<strong>Stiftung</strong>Umweltbildung <strong>Schweiz</strong>, seit dem 1.Januar 2013 éducation 21) finanzierte FUB(Fachkonferenz Umweltbildung) <strong>–</strong> undteilweise gibt es ob der Abkürzungen ersteratlose Gesichter. Die Frage, ob man beigewissen Netzwerken oder Austauschplattformennur auf Einladung teilnehmenkann, wird rasch geklärt: Es herrscht klardas ‹Hol-Prinzip›. Um teilzunehmen, mussman selbst auf die Kontaktpersonenzugehen.Stolpersteine für den Austausch /Viel Wissen im Bereich Umweltbildung liegtbrach <strong>–</strong> woran liegt das? Zuweilen stehenregionale oder kantonale Hürden im Weg, umSynergien zu nutzen. Weitere Stolpersteinesind schnell benannt: So sind meist personelleRessourcen der Organisationen und die persönlicheArbeitskapazität ausschlaggebenddafür, ob und an wie vielen Treffen manteilnimmt. Um den institutionellen Austauschzu pflegen, muss man schliesslich auchimmer jemanden entsenden, der das Wissennachher in die Organisation zurücktragenkann. Zudem ist es nicht einfach, bei denvielen Möglichkeiten zu entscheiden, welcheAngebote genutzt werden und wer wohingeht. Unklar ist vielen im Workshop biswei-len auch, inwiefern man das eigene täglicheGeschäft überhaupt nach aussen kommunizierendarf. Inwiefern darf und soll Wissenmit anderen geteilt werden? Und ist mannicht gerade im Umweltbildungsbereich, womehrere Institutionen denselben Marktbearbeiten, oftmals auch Konkurrent? Sollteman eigene Erfahrungen, Stolpersteineund Misserfolge nicht besser für sich behalten,als sie mit der Konkurrenz zu teilen?Rasch wird in der Diskussion deutlich, dassman viele Sorgen teilt und oftmals an dieselbenGrenzen stösst.Themen, Personen und Formate /Welche Themen, welche Personen undwelche Formate sind für den Austausch in derUmweltbildung wünschenswert? Die Diskussionim Workshop zeigt, dass die Akteureüber Erfolg, Misserfolg, Schwierigkeitenund Erfahrungen hinaus auch gerne Fragender Organisation und Administration thematisierenwürden. Daneben sollte genügendRaum sein für den informellen Austausch <strong>–</strong>auch, um die Gesichter zu bereits bekanntenNamen kennenzulernen. Als wünschenswertempfinden es die Workshopteilnehmer,nicht nur Personen aus dem Bereich derUmweltbildung, sondern auch Vertreter derjeweiligen Zielgruppen (beispielsweise Lehrpersonen),der Wirtschaft sowie der Kantonein den Austausch einzubeziehen. «Dieswürde es erleichtern oder gar ermöglichen,Synergien zu nutzen und gemeinsam Projektezu initiieren», so der Tenor der Gruppe.Als Ergänzung zu den ‹üblichen›Tagungen wünschen sich die Workshopteilnehmerneben einem Online-Portal vorallem auch Formate wie Wissenslunches oderBusiness Lunches, Montagscafés, thematischeStammtische und Formate, bei denenjeweils eine Organisation zu sich einlädt.Welche Austauschformate sind sinnvoll?Der Workshop entwickelt verschiedene Ideen.Netzwerke findet die Gruppe effektiver als Tagungen<strong>–</strong> auch, weil man sich in diesen aufgrundder grösseren Verbindlichkeit mehrengagiert. Gewisse Formate wie gemeinsameEssen und Kaffeepausen eignen sichauch zum internen Austausch, der <strong>–</strong> je nachGrösse der Organisation <strong>–</strong> durchaus bereitseine Herausforderung darstellen kann,betonen die Fachpersonen.Konkrete Ideen / «Brauchen wir mehrAustausch?», lautet die erste Frage nach derKaffeepause, die <strong>–</strong> wie zuvor angeregt <strong>–</strong>zum informellen Austausch genutzt wurde.Auf einem Blatt mit einer horizontalenLinie, die von ‹Nein› bis ‹Ja› reicht, platzierendie Teilnehmer jeweils einen Klebepunkt.Zwar findet sich vorerst nur ein roterPunkt im Bereich ‹Nein›, doch beide Seitenargumentieren ähnlich. Die ‹Nein›-Seiteverlangt nicht mehr, sondern einen effektiverenAustausch, aus dem die Teilnehmer einenNutzen ziehen können. Um dies zu erreichen,müsste vor der Gestaltung einer Veranstaltungeine Bedürfnisabklärung der Zielgruppestattfinden. Der Transfer des Gehörten inden Alltag müsste gesichert sein und viel Zeitfür den persönlichen Austausch einberechnetwerden. Die ‹Ja›-Seite knüpft daran anund schlägt drei Formate vor:


workshop c— einen regelmässigen Stammtisch, dergut in den Arbeitsalltag integriert undritualisiert werden kann— ein Online-Forum für die Recherchebereits bestehender Projektideen,für den Austausch zu Projekten unddas Einholen externer Inputs, umvorhandene Synergien aufzuzeigenund zu nutzen— eine Besuchsreihe, bei der verschiedeneOrganisationen sich und ihre Projek tegegenseitig besuchen, Herausforde -rungen diskutieren und eine Feedbackkulturetablieren.Beide Gruppen sind sich einig: Der Austauschsollte konkret sein und vor allem dieAnwendung in der Praxis thematisieren.Daneben muss viel Raum für persönlichesNetzwerken sein. Also: Es braucht nichtmehr Austausch, aber besseren! Zum Endedes Workshops reichen die Ideen der Gruppevon der Skalierung bewährter interner Austauschformennach aussen über das Vorantreibengegenseitiger Besuche bis hin zurGründung einer internen Fachgruppe zuMethodik und Didaktik.Der Austausch zwischen Organisationen ist wichtig<strong>–</strong> zum Beispiel bei einem regelmässigen Stammtisch.Diesen simuliert die Gruppe in der abschliessendenPräsentationsrunde.Text / Olivia Schaub


workshop DWie erzielen ProjekteVerhaltensänderungen?WorkshopleitUNGMartina Henzi, WWF <strong>Schweiz</strong>Herr Müller weiss zwar, dass es umweltfreundlicherwäre, seine Tochter zu Fuss odermit dem Fahrrad in den Kindergarten zubringen. Trotzdem nimmt er regelmässig dasAuto. Aus Zeitmangel oder Bequemlichkeitvergisst er seine guten Vorsätze. Frau Meierist sich bewusst, dass die herkömmlichenGlühbirnen in ihrer Wohnung zu viel Stromverbrauchen. Aber machen diese neuenLeuchtmittel nicht so ein kaltes Licht? Dabehält sie lieber die alten Stromfresser.Mit anschaulichen Beispielen eröffnet MartinaHenzi den Workshop mit dem Titel ‹Jein›.Zusammen mit den Teilnehmern sucht sienach Lösungsansätzen für eine zentraleFrage der Umweltpsychologie: Wir wissen,dass unser Verhalten schlecht für die Umweltist. Wir wissen oft auch, wie wir umweltfreundlicherhandeln könnten. Und dennochtun wir es nicht.Die Workshopteilnehmer zeigen eingewisses Mass an Skepsis, ob das ‹Jein› in derUmwelteinstellung überhaupt zu einem ‹Ja›im umweltbewussten Verhalten gewandelt werdenkann. «Wenn nicht einmal wir sensibilisiertenLeute es schaffen, das unnötigeLicht in diesem Raum zu löschen, wie kannman das vom Rest der Bevölkerung erwarten?»,meint ein Teilnehmer. Ein andererfragt, ob die Menschen wirklich gute Vorsätzehaben, die sie dann nicht verwirklichen <strong>–</strong>oder ob ihnen die Umwelt schlicht egal sei.Hürden zum Handeln / Schnell identifizierendie Workshopteilnehmer Hürden, dieeinem umweltbewussten Handeln im Weg stehen:Die Komplexität der Umweltproblematikenführen zu Überforderung und Abwehrverhalten.Zudem könne die Vielzahl anLösungsmöglichkeiten Resignation verursachen,betonen sie. Der Wildwuchs anLabels und Standards auf Konsumgütern seinur ein Beispiel dafür. Die Teilnehmer sindsich einig: Möchte man umweltfreundlichesVerhalten fördern, müssen die positivenAuswirkungen besser ersichtlich sein.Geschickt strukturiert Martina Henzidie Diskussionsfreudigkeit mit einem mehrstufigenArbeitsablauf: Die Teilnehmerformulieren Fragen, die sie mit Blick auf dieThematik als die drängendsten empfinden.Jeder soll als Experte in seinem speziellenGebiet zur Beantwortung beitragen. Dieauf Blätter notierten Eingangsfragen werdenherumgereicht, mit Notizen versehen, anschliessendan Pinnwände gehängt und inZweiergruppen begutachtet. Am Ende bildensich drei Gruppen, die je ein Thema bearbeiten.Die Herausforderung der Komplexitätvon Umweltthemen und damit ein hergehenddie fehlende Erfahrbarkeit der Auswir-Dieser Workshop hat sich für die Präsentation seinerErgebnisse ein Spiel überlegt: Je nachdem, wie sieeine Frage zu ihrem Umweltverhalten beantworten,dürfen die Tagungsteilnehmer eine ‹Base› weiterlaufen<strong>–</strong> oder eben nicht.kungen von umweltfreundlichem oder umweltschädlichemVerhalten kristallisierensich als die zentralen Punkte des Workshopsheraus. Die Arbeitsgruppen suchen schliesslichnach Projektideen, um die Auswirkungenvon umweltfreundlichem beziehungsweiseumweltschädlichem Handelnauf vielseitige Art erfahrbar zu machen.Transparenz, Ökopunkte, Emotionen /«Wenn du einmal pro Woche auf Fleisch verzichtest,sparst du so viel Energie wie einKühlschrank in einem Jahr verbraucht!» Mitdieser und ähnlichen Botschaften will dieerste Gruppe den Gästen von Uni-Mensen aufzeigen,was sie mit einer bestimmten Veränderungihrer Konsumgewohnheiten


workshop Dbewirken können. Zusätzlich könnte auf dieseWeise auch die Reichweite von Verhalten s-änderungen ersichtlich gemacht werden:Mit konsequentem Löschen des Lichts läuftder Kühlschrank ‹so und so› lange, miteinem Fleischverzicht pro Woche ‹so undso› lang. Mit Stickern und Plakaten möchtedie Gruppe diese Botschaften den Studentennäher bringen. Als Grundgedanke desProjekts sehen die Teilnehmer die Ermächtigungder Konsumenten, ihr Verhalten gesamthafteinschätzen und vergleichen zu können.Ein skeptischer Einwand ist, ob dieseneue Transparenz nicht zu einem so genannten‹Rebound-Effekt› führen könnte: «Ichbin so oft Zug gefahren, jetzt kann ich mirdafür ein Schnitzel leisten.» Somit würdendie positiven Auswirkungen des neuen Verhaltensdurch Umweltsünden, die manmeint, sich nun ‹gönnen› zu können, wiederkompensiert.Die zweite Gruppe lässt sich vomCumuluspunkte-System der Migros inspi -rieren und entwickelt die Idee von ‹Ökopunkten›.Diese würden nicht für Einkäufe,sondern für umweltfreundliches Verhaltenvergeben <strong>–</strong> und zwar an Schulklassen. DieSchüler ermitteln ihren ökologischenFussabdruck, um diesen dann mit vorgeschla -genen Projekten zu reduzieren. Für jedeumgesetzte Massnahme würde die KlassePunkte erhalten, die beispielsweise fürAusflüge eingetauscht werden könnten. Wichtigsei es, dass die Punkte dem realen Umwelteinflussder Massnahme entsprechen.Die Gruppendynamik in den Klassen würdedie Verhaltensänderungen verstärken undden Schülern zeigen, dass sie gemeinsam vielerreichen können. Unsicherheit herrschtim Workshop darüber, wie sich ein äussererAnreiz <strong>–</strong> die Ökopunkte <strong>–</strong> auf die Eigenmotivation(intrinsische Motivation) derSchüler <strong>–</strong> sich umweltfreundlich zu verhalten<strong>–</strong> auswirken würde.Ziel der dritten Gruppe ist es, mitihrem Projekt mehr Emotionen in den sehrfaktenorientierten Umweltdiskurs zu bringen.Sie will einen Kontrapunkt zu den negativassoziierten Verzichtsforderungenvieler ökologischer Verhaltensempfehlungensetzen und umweltfreundliches Verhaltenmit positiven Erlebnissen verknüpfen.Als Beispiel umweltfreundlichen Verhaltenswählen sie die vegane Ernährung, das positiveErlebnis sollte ein veganes Weihnachtsfestsein. Die Gruppenmitglieder wollenüber soziale Medien und andere Kanäle dieMöglichkeiten und Vorteile eines veganenFesttagsschmauses aufzeigen und mit Hilfestellungenwie Rezepten und gemeinsamenAktivitäten den Leuten ein solches Verhaltenerleichtern.Orientierungshilfen und Strukturen/Im Verlaufe des Workshops wird klar, dass esnicht ‹ein› Mittel gegen die ‹Jein›-Einstellunggibt. Es braucht vielmehr mehrere zielgruppenspezifischeProjekte. Diese müssenauf verständliche und vor allem auch vergleichbareWeise Auswirkungen von Umweltverhaltensichtbar machen <strong>–</strong> seien diesepositiv oder negativ. Fast noch wichtiger istaber, dass die Projekte Orientierungshilfensowie Strukturen anbieten und Alternativenaufzeigen, um die Betroffenen zu unterstützen,ihr Verhalten in eine nachhaltigereRichtung zu verändern. Dies kannvon nachhaltigen Einkaufstipps und leckerenveganen Rezepten bis hin zu Netzwerkenfür Car-Sharing oder Velowegen reichen.Text / Tobias Spring


Dokumentationstiftung mercator schweizDie <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> fördertund initiiert Projekte in den drei Bereichen‹Wissenschaft›, ‹Kinder und Jugendliche›und ‹Mensch und Umwelt›. Das Engagementder <strong>Stiftung</strong> gilt einer lernbereiten undweltoffenen Gesellschaft, die verantwortungsvollmit der Umwelt umgeht. Mit ihrenProjekten an Hochschulen möchte sie zurStärkung des Wissens- und Forschungsplatzes<strong>Schweiz</strong> beitragen. Die <strong>Stiftung</strong> unterstütztdie Wissenschaft, Antwortenauf gesellschaftlich wichtige Fragen wie denSchutz der natürlichen Lebensgrundlagenzu finden. Damit Kinder und Jugendliche ihrePersönlichkeit entfalten, Engagemententwickeln und ihre Chancen nutzen können,setzt sich die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong>für optimale Bildungsmöglichkeiten innerhalbund ausserhalb der Schule ein./ www.stiftung-mercator.chwwf <strong>Schweiz</strong>Der WWF wurde 1961 in Zürich gegründet.Sein Ziel: Die weltweite Naturzerstörungstoppen und eine Zukunft gestalten, inder Mensch und Natur in Einklang leben. DerWWF <strong>Schweiz</strong> betreut zusammen mit denkantonalen Sektionen knapp 100 Umweltpro -jekte. Im Mittelpunkt stehen dabei Wald,Wasser, Klima, Alpen, Meere und der Artenschutz.Die Umweltorganisation engagiert sichregional, national und international. Rund260 000 Mitglieder und Gönner ermöglichendie Arbeit von rund 180 Mitarbeitenden.Zusätzlich arbeiten über 1000 Freiwillige fürden WWF <strong>Schweiz</strong>. Grossen Wert legt erauch auf die Zusammenarbeit mit befreundetenOrganisationen, staatlichen Stellenund der Wirtschaft./ www.wwf.che-fecte-fect eG ist ein genossenschaftlich organisiertesNetzwerk aus Experten, die sichfür eine Entwicklung hin zu einer zukunftsfähigen,nachhaltigen Gesellschaft engagieren.Im Bereich der umweltpsychologischenForschung und Expertise stellt das Netzwerkwissenschaftlich fundiertes Wissen fürMassnahmen und Projekte bereit. Es gestaltetKommunikations- und Kooperationsprozessemit zielgerichteter Moderation,Dialogbegleitung und mit dem Design vonWorkshops und Tagungen. Der UmweltpsychologeDr. Christian Hoffmann hat dieTagung ‹Umweltbildung <strong>–</strong> was wirkt?›mo deriert und die Organisatoren im Vorfeldkonzeptionell beraten./ www.e-fect.deImpressumHerausgeber<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong>Gartenstrasse 33CH <strong>–</strong> 8002 ZürichTel. +41 (0)44 206 55 80info@stiftung-mercator.chredaktionNadine Fiekebilderbildwild.ch / WWFgESTALTUNGRob & Rose Zürich© <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> 2013

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