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Büchsenmacher-PorträtDer Kolbenh<strong>als</strong>einer <strong>Kesslerin</strong>im Vergleich zueiner normalen98er-Büchse.Detailverliebt– die Kugel <strong>des</strong>Kammerstengelsist ein kleinesKunstwerk undwirkt trotzdemnicht protzigoder überladen.aber, dass nur ein Schuss vorhanden ist. Trifft dieerste Kugel nicht die richtige Stelle und kommt dasStück außer Sicht, bevor man nachgeladen hat,steht eine Nachsuche an, was im Gebirge für Jägerund Hund besonders schwierig und auch gefährlichsein kann.Roland Kessler bevorzugte daher auch bei der Bergjagdstets Repetierer, ärgerte sich aber über ihrhohes Gewicht. So lag der Gedanke nahe, einenRepetierer zu bauen – so schlank und leicht wieeine Kipplaufbüchse, aber nicht mit deren beschränkterFeuerkraft. Drei Schuss sollten reichenfür einen Bergjäger.Fabrikmäßig hergestellte Repetierer haben größereMagazine, was sie entsprechend groß und schwermacht. Auch Systeme und Schäfte sind oft überdimensioniert.Schaut man sich alte Büchsen (etwadie ersten Mannlicher Schönauer) an, staunen moderneJäger, wie schlank sich eigentlich Repetiererbauen ließen.<strong>Die</strong> Idee war geboren, doch sie auch umzusetzen,war alles andere <strong>als</strong> einfach. 1999 war es so weit:<strong>Die</strong> erste <strong>Kesslerin</strong> war fertig. Und Roland Kesslerließ sich einen Gebrauchsmusterschutz für denKompaktabzug eintragen, der zu den maßgeblichstenBauteilen der neuen Büchse gehört.<strong>Die</strong> erste <strong>Kesslerin</strong>Das Herz der <strong>Kesslerin</strong> ist ein 98er-System, eigentlichalles andere <strong>als</strong> die ideale Ausgangsbasis füreinen superleichten Repetierer, dafür aber immernoch eines der sichersten und besten Systeme.Kessler verwendete 98er-Militärsysteme aus BerlinerDWM-Fertigung <strong>von</strong> 1909 – beliebte Systeme fürCustom Repetierer, die durch in großer Stückzahlhergestellte Militärsysteme einst auch noch ausreichendzur Verfügung standen. Heute sind 1909er-Systeme dagegen selten – und auch schon langenicht mehr günstig.Aber zurück ins Jahr 1999: Jagdbüchsen mit 98er-System waren nie wirklich schlank, auch wenn dieursprünglich <strong>von</strong> Mauser selbst gefertigten Pirschbüchsenschon sehr elegant waren. Der mit35,8 mm reichlich stark dimensionierte Hülsenkopfund das militärische Kastenmagazin für fünfPatronen verhindern wirkungsvoll eine schlankeund im Magazinbereich niedrige Schäftung.Nur mit einem Kürzen <strong>des</strong> Magazins war es auchnicht getan, denn dann reicht der Platz für den Abzugnicht mehr aus – alle auf dem Markt vertretenenNachrüstabzüge für 98er sind für die Standardbauhöheausgelegt. Kessler musste für seinen 98er-Repetierer mit schlankem Drei-Schuss-Magazin<strong>als</strong>o ein völlig neues Abzugssystem konstruieren:Der zur Verfügung stehende Platz nach der Reduzierungder Magazinkapazität auf drei Patronenbeträgt knapp 2,5 cm – nicht gerade viel. Derpatentierte Kessler-Abzug ist daher zweigeteilt –ein Teil ist auf dem Abzugsblech montiert. <strong>Die</strong>Konstruktion ist an sich ganz einfach und simpel.Es werden auch weitgehend modifizierte Originalteile<strong>des</strong> Militärabzuges verwendet. Das federbelastete,mit dem Abzugsblech verbundene Züngelist mit einem Kreuzstück verbunden, das oben einangearbeitetes V-förmiges Raststück aufweist, aufdem sich der Abzugsstollen abstützt.<strong>Die</strong> Kraft der Schlagfeder wird über die angeschrägteSchlagbolzenmutter und die Rast <strong>des</strong> Abzugsstollens56 ■ Jagdpraxis 2/2013


<strong>Die</strong> Waffe ist schlankwie eine Kipplaufbüchse:Das Magazin fasstdrei Patronen.Skelettierter Magazinkastender Ur-<strong>Kesslerin</strong>.auf das Kreuzstück übertragen. <strong>Die</strong> so entstandenengünstigen Hebelverhältnisse machen einen (Rück-)Stecher, der sich beim noch verbliebenen Spielraumsowieso nie unterbringen ließe, überflüssig.Bei wirklich trockener Abzugscharakteristik löst einKessler-Abzug bei 600–800 Gramm aus – ein erstklassigerAbzug, der aber sehr saubere Arbeit beimEinschäften verlangt.<strong>Die</strong> Systemlage muss bei diesem zweigeteilten Abzugunbedingt unveränderlich festgelegt sein, sonstkommt es zu Störungen, da die exakte Passung derRastgriffe ja durch die Zusammenführung <strong>von</strong> Hülseund Abzugsblech erfolgt. Der Magazinkasten wurdegekürzt und nimmt jetzt noch drei Patronen auf, einKlappdeckel ermöglicht das Entladen nach unten.Der Drücker für den Magazindeckel sitzt vorn imAbzugsbügel. Magazinkasten und Klappdeckelsind aber keine Neuanfertigung, diese Einrichtungbesaß das Mauser-System 1909 schon <strong>von</strong> Hauseaus. Der Magazinkasten wurde zur Gewichtserleichterungmit Bohrungen skelettiert.<strong>Die</strong> Nase am Kammerhalter fräst Kessler ab undtauscht die militärische Flügelsicherung gegen einehorizontal arbeitende aus. Seine Version hat, wiedie Origin<strong>als</strong>icherung, eine Mittelstellung und erlaubtdas Öffnen <strong>des</strong> Verschlusses bei gesicherterSchlagbolzenmutter.Damit sich der Kammerfang bequem bedienenlässt, ist die Stirnseite mit griffiger Fischhaut verschnitten.<strong>Die</strong> sorgsam polierten Verschlussbahnensorgen für einen gleitenden Verschlussgang.Der Kammerstengel mit großer Kugel ist so gebogen,dass er in Höhe <strong>des</strong> Abzuges endet und soschnelles Repetieren ermöglicht.Um die Büchse möglichst schlank zu halten, wurdeder Durchmesser <strong>des</strong> Hülsenkopfes <strong>von</strong> ursprüng-lich 35,8 auf 32,4 mm verringert. Das Systemerscheint dadurch wesentlich zierlicher.Durch die aufwendigen und umfangreichen Modifikationenverwandelte Kessler ein grobes Militärsystemin ein schlankes, niedrig bauen<strong>des</strong> Systemfür elegante Jagdbüchsen.In den jetzt schlanken Hülsenkopf wird ein kaltgehämmerter, 55 cm-Heym-Stufenlauf geschraubt.Eigentlich wäre ein noch schlankerer Lauf zu erwartengewesen (um Gewicht zu sparen), doch derLauf der <strong>Kesslerin</strong> misst an der Mündung noch15 mm. Sehr dünne Läufe haben selten eine wirklichgute Schussleistung und sind entsprechendwärmeempfindlich. Kessler wählt daher eine etwasstärkere Laufkontur und geht diesem Problem damitaus dem Weg – sicher ein guter Kompromiss,denn was nützen eingesparte 100 Gramm, wenndie Waffe dadurch nicht präzise schießt?Für den Schaft wird Nussbaumholz mit ölgeschliffenerOberfläche verwendet. <strong>Die</strong> Schaftform kannnur <strong>als</strong> gelungen bezeichnet werden und erinnertan Kipplaufbüchsen.Der Hinterschaft mit leichtem Schweinsrückenund kantiger, bayerischer Doppelfalzbacke ist zumSchuss übers Zielfernrohr ausgelegt. Der schlankePistolengriff mit leichter Verdickung an der rechtenSeite ist so schlank, dass er auch in zierliche Damenhändepasst. Das Pistolengriffkäppchen bestehtaus Edelholz.Durch das gekürzte Magazin und den flach bauendenAbzug hat die Kessler keinen „Bauch“ undbleibt auch im Magazinbereich schnittig. Um denÜbergang vom filigranen Pistolengriff in den wesentlichbreiteren Systembereich optisch gut zuüberbrücken, verdickt sich der Schaft mit formschönenBacken an der hinteren Hülsenbrücke –Jagdpraxis 2/2013 ■ 57


Büchsenmacher-PorträtDas neue System ist technischdem 98er nachgebaut,aber wesentlich schlankergehalten.eine früher recht häufige Gestaltung, die man heutenur noch selten findet.Der Vorderschaft besteht gerade aus so viel Holz,wie unbedingt nötig und verjüngt sich stark bis zurangesetzten Tropfnase aus dunklem Edelholz.Pistolengriff und Vorderschaft sind mit scharferFischhaut verschnitten, die für besten Halt sorgt.Trotz der schlanken Schäftung liegt die <strong>Kesslerin</strong>sehr gut im Anschlag und auch „ausgewachseneMannsbilder“ können mit der zierlichen Büchse gutund sicher umgehen.Das gesamte Systembett und auch das Laufbett biskurz hinter der zweiten Stufe sind mit Kunstharzausgegossen. Hinten ist eine Pilarbettung angebracht;bei der vorderen Systemschraube sitzt derGewinde stollen durch die dort sehr schlanke Schäftungfast direkt auf dem Abzugsblech.Eine Querstollenverschraubung mit hübsch graviertenund grau gebeizten Deckschrauben sorgt füreine günstigere Übertragung der Rückstoßkräfte.<strong>Die</strong> schlanke Büchse mit Magazin für drei Patronenwurde ein Erfolg, und viele Bergjäger kamen nachDeggendorf, um sich eine <strong>Kesslerin</strong> bauen zu lassen.Große Stückzahlen konnte Roland Kessler <strong>von</strong>dieser in reiner Handarbeit entstehenden Büchseallerdings nicht herstellen, zumal das Überarbeitender 98er-Militärsysteme sehr aufwendig ist. Wer soeine individuelle Waffe haben will, nimmt aberauch gern Wartezeiten in Kauf.Nichts ist aber so gut, dass es nicht noch verbessertwerden kann. Als die wirklich guten Militärsystemeknapp wurden, dachte Roland Kessler darübernach, sein Baby zu modernisieren – und so entstanddie „neue <strong>Kesslerin</strong>“.Der flache Abzug der „<strong>Kesslerin</strong> neu“.<strong>Die</strong> neue <strong>Kesslerin</strong>Das neue Kessler-System ist technisch ein originalgetreuerNachbau <strong>des</strong> bewährten 98er-Mauser-Systems, nur wurden dazu die Dimensionen <strong>von</strong>vornherein erheblich verringert. In zwei JahrenEntwicklungszeit verpasste Roland Kessler in Zusammenarbeitmit einem CNC-Fertigungsbetriebdem alten Mausersystem neuen Dimensionen.Bei einer Neufertigung konnten natürlich auchgleich für Jagdbüchsen unerwünschte Elemente<strong>des</strong> alten Militärsystems eliminiert werden – so gibtes natürlich kein Daumenloch und die Hülsenbrückenwurden <strong>als</strong> Double-Square-Bridge aus demvollen Material herausgearbeitet. Das ermöglichtsehr elegante Zielfernrohrmontagen – das 14-mm-Prismenstück zur Hinterfußverriegelung frästKessler direkt aus der hinteren Hülsenbrücke, undder Drehring für den Vorderfuß wird einfach <strong>von</strong>oben in die vordere Brücke eingelassen und verschraubt.So muss nichts aufgelötet werden, alleswirkt wie aus einem Guss.Der lange Mauserauszieher und der Hülsenauswerferin der hinteren Hülsenbrücke sind wie beimOriginal, auch der Kammerhalter sitzt an gewohnterStelle. Im Verhältnis zum zierlichen Verschlussfällt er recht lang aus, was aber für eine sichereHandhabung erforderlich ist. <strong>Die</strong> 21,5 mm dickeKammerkugel liegt satt in der Hand.Das flache Schlösschen ist mit einer horizontalarbeitenden Dreistellungssicherung mit Verriegelungausgestattet. Um den Sicherungsflügel aus58 ■ Jagdpraxis 2/2013


Eine neue <strong>Kesslerin</strong> <strong>als</strong> Stutzen –genauso schlank, aber etwas kürzer.der hintersten Position zu bewegen, muss erst dieDrucktaste seitlich am Schlösschen betätigt werden– so wird unbeabsichtigtes Entsichern(bekannte Schwachstelle vieler horizontal arbeitender98er-Sicherungen) sicher vermieden.Das System läuft seidenweich und lässt sich fließendrepetieren – gegenüber alten Militärsystemeneine spürbare Verbesserung.Auch der Abzug wurde noch einmal verbessert undlöst jetzt schon bei 500 bis 600 g aus.<strong>Die</strong> Läufe der 2. Generation stammen <strong>von</strong> LotharWalther und werden dort nach speziellen Vorgaben<strong>von</strong> Roland Kessler gefertigt.Durch die Neufertigung <strong>des</strong> 98er-Systems sind jetztauch Linkswaffen möglich.Kessler-Abzug für jedermann<strong>Die</strong> Qualität <strong>des</strong> Kessler-Abzuges sprach sichschnell herum und viele Kunden fragten, ob dieserAbzug nicht auch in ihrer Jagdbüchse eingebaut


Büchsenmacher-Porträtwerden kann. Obwohl Kessler ein 98er-Systemverwendet, lässt sich sein Abzug leider nicht fürStandard-98er verwenden, denn der niederbayerischeTüftler verkleinert bei der <strong>Kesslerin</strong> ja, wiebeschrieben, die Magazinbauhöhe, um eine möglichstelegante Büchse zu bauen. Dadurch ändertsich natürlich die komplette Bauhöhe, wodurchder Kessler-Abzug für normale 98er zu niedrig ist.Aufgrund der Nachfrage konstruierte Roland Kesslerdann aber auch einen Flintenabzug für Standard-Systeme,der sich problemlos in jede Jagdbüchsemit 98er-System verbauen lässt – einUmbau, der sich lohnt.Der Abzug besteht komplett aus Stahl und machteinen äußerst soliden Eindruck. Eine Fixierschraubesorgt für sicheren Halt am System, einstellbarsind Vorzug, Abzugswiderstand und Triggerstopp.<strong>Die</strong> Abzugscharakteristik hat Matchqualität – werdenVorzug und Triggerstopp sorgsam justiert,verhält sich der Abzug wie „brechen<strong>des</strong> Glas“.Im Abzugsfinger ist nicht der geringste Weg zuspüren – einfach den Druck erhöhen, bis es knallt.<strong>Die</strong> solide Ganzstahlkonstruktion wird gern beiGroßwildbüchsen verwendet, darin sollte der Abzugaber nicht zu leicht justiert werden. Durch die vielfältigenEinstellmöglichkeiten ist die Justierung ganznach eigenem Geschmack aber völlig problemlos.Ein zweiter KlassikerEin Mannlicher Schönauer-Stutzen in seiner ursprünglichenForm ist für viele <strong>Waffen</strong>liebhaber dieeleganteste Repetierbüchse überhaupt. <strong>Die</strong> kurze,sehr schlanke Waffe mit dem legendären Trommelmagazinund dem butterweichen Schlossgang istzwar technisch längst nicht mehr auf der Höhe derZeit, doch sie ist eben ein echter Klassiker.Roland Kessler hat aber noch eins draufgesetzt undbaut Mannlicher-Stutzen, die gegenüber dem Originalnoch schlanker und eleganter ausfallen.Nimmt man eine solche Waffe zur Hand, ist sofortdas „vertraute Gefühl“ da, das jeder kennt, der jeeinen solchen Stutzen führte.Doch irgendwas ist anders – die Büchse ist rundums Magazin deutlich schlanker, ganz wie bei derberühmten <strong>Kesslerin</strong>. Beim Mannlicher ist das jedochnoch wesentlich aufwendiger:• Ein 98er-Magazin zu kürzen, ist nicht wirklichschwer.• Einen Abzug zu konstruieren, der in den verbleibendenRaum passt, schon deutlich aufwendiger.Das Trommelmagazin eines Mannlicher kann manaber nicht einfach unten absägen.Roland Kessler hat das Problem gelöst, sein Kessler-Mannlicher-Stutzen hat ein Trommelmagazin fürdrei Patronen, das genauso funktioniert wie gewohnt:Wird die Taste im Auswurffenster gedrückt,spuckt das Magazin die Patronen aus – nur gehendort statt fünf eben nur drei Patronen hinein.Dafür ist die Büchse im Bereich <strong>des</strong> Magazins nurnoch 48 mm hoch – eine kräftige Männerhand kannsie dort einfach umschließen.Kessler benutzt originale Mannlicher Systeme fürseine Stutzen – alles andere ist neu.<strong>Die</strong> 50-cm-Läufe stammen wie bei der <strong>Kesslerin</strong>aus Lothar-Walther-Fertigung. Damit kommt dieBüchse auf eine Gesamtlänge <strong>von</strong> 104 cm undwiegt 2,9 kg.Das System ist sorgfältig poliert und hochglänzendbrüniert. Hier wurde nichts verändert, auch dieOriginal-Flügelsicherung und der charakteristische,flache Kammerstengel sind erhalten.Nicht verwendet werden kann der originale Abzug;durch das gekürzte Magazin passt er nicht mehr.Daher verbaut Kessler den modifizierten Abzug ausseiner „<strong>Kesslerin</strong>“ – der trockenstehende Flintenabzuglöst bei 650 g aus und ist dem originalen MannlicherAbzug deutlich überlegen.Individuelle SchäftungWer jetzt einen klassischen Mannlicher-Stutzenschafterwartet hat, wird enttäuscht. Roland Kesslerwählte eine Form, die vom Mannlicher-Stil abweichtund die Individualität seiner Büchse unterstreicht.Der Hinterschaft hat einen leichtenEleganter kann man Repetierer kaum noch bauen.60 ■ Jagdpraxis 2/2013


<strong>Die</strong>ses Schildhängt in Deggendorf beiKessler im Laden – Humor hat er auch.Der Kessler-Abzug für die Mauser 66 istdem alten deutschen Stecher haushoch überlegen.Er sitzt weit hinten im Bügel und lässtsich auch mit Handschuhen bequem bedienen.Schweins rücken und eine bayerische Backe mitDoppelfalz. Der Pistolengriff mit Edelholzabschlussfällt steil aus und hat eine handfüllende Verdickungan der rechten Seite. Der schlanke Vorderschaftwird ebenfalls mit einer Nase aus Edelholz abgeschlossenund hat auf halber Länge eine „Krawatte“,wie sie bei frühen Mauser-Stutzen üblich war.Vorderschaft und Pistolengriff sind mit feingeschnittener Fischhaut griffig gemacht. Das lässtKessler außer Haus machen, während die Handschäftungin eigener Werkstatt erfolgt.Der vordere Riemenbügel ist in klassischerStutzen-Manier in U-Form am Vorderschaft befestigt.Eine Querstollenverschraubung sorgt für diegleichmäßige Übertragung der Rückstoßkräfte aufden Schaft.Jede Büchse <strong>von</strong> Roland Kessler entsteht aufKundenwunsch, und wer keine bayerische Backean „seinem“ Mannlicher haben will, bekommt natürlichauch einen typischen Schönauer-Schaft.<strong>Die</strong>ser Stutzen ist die eleganteste Repetierbüchse,die ich bisher gesehen habe – noch zierlicher <strong>als</strong>das Original, erstklassig verarbeitet und mit einemtollen Abzug. <strong>Die</strong> technischen Details <strong>des</strong> altenMannlichers, auf die Kenner so großen Wert legen,blieben erhalten – eine extrem führige Pirschbüchsein dezenter, aber edler Aufmachung.Noch ein Abzug<strong>Die</strong> dritte klassische Büchse, der sich Roland Kesslerzuwendet, ist die Mauser 66. <strong>Die</strong>ser Repetiererwar zu seiner Zeit eine sensationelle Neuheit undhat heute Kultstatus. Fast 70 000 Stück <strong>von</strong> demhandlichen Repetierer mit Teleskopverschluss undWechsellaufmöglichkeit fertigte Mauser. Der größteTeil dieser hochwertig verarbeiteten <strong>Waffen</strong> istheute noch im Einsatz – zur vollen Zufriedenheitihrer Besitzer. Zumin<strong>des</strong>t fast, denn eine Kleinigkeitstört viele 66-Fans – der Abzug.Bis auf wenige Ausnahmen wurde die Mauser 66mit dem Deutschen Doppelzüngelstecher ausgeliefert,für die 70er-Jahre der klassische Abzug <strong>des</strong>deutschen Waidmanns.Jagdpraxis 2/2013 ■ 61


Büchsenmacher-PorträtEinige fertigeBüchsen hatRoland Kesslerimmer inseinem Ladengeschäft,damitder Kundeeinen Eindruckgewinnt.Heute hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dassdieser Abzug alles andere <strong>als</strong> optimal ist, ja ein echtesSicherheitsrisiko darstellt.Ungestochen ist der Abzug viel zu hart für präziseSchüsse – und bei Drückjagden zum schnellen Folgeschusserst noch den hinteren Stecher zu bedienen,ist kaum praxisgerecht.Daher bleibt die Mauser 66 oft im <strong>Waffen</strong>schrank,wenn Drückjagd oder etwa Schießkino angesagt ist.Roland Kessler konstruierte einen Direktabzug fürdie Mauser 66, der diese Probleme beseitigt.Durch den kurz bauenden Teleskopverschluss liegtbei der Mauser 66 das Magazin unterm Verschluss– und darunter liegt der Abzug. Der Platz reicht hiernicht aus, um herkömmliche Abzüge einzubauen.Technisch wäre das auch unmöglich, denn derAbzug muss ja seitlich neben dem Magazin nachoben wirken.Mauser löste das seinerzeit mit einer unterm Magazinkastenverlaufenden Wippe, die ein seitlichesÜbertragungsstück bedient – lange Wege und kompliziert,was sich im schlechten Abzugsverhalten<strong>des</strong> ungestochenen Originalabzuges widerspiegelt.Ein Stecher war dabei schon notwendig, um zumin<strong>des</strong>tüber diese „Krücke“ zu einem brauchbarenAbzugsgewicht zu kommen.Roland Kessler benutzt zwar auch eine Wippe, verwendetdazu aber einen aus wenigen Teilen bestehendenund direkt wirkenden Abzug, der so flachbaut, dass er unter den Magazinkasten passt.Abzugsgewicht und -weg lassen sich über Stellschraubenpräzise einstellen.Der Abzug hat Matchqualität, er lässt sich auf 600 geinstellen und ist völlig sicher – selbst Schläge mitdem Gummihammer aufs hintere Ende <strong>des</strong>Systems beeindrucken ihn nicht.Das Abzugsgewicht zu erhöhen, ist kein Problem –und bei Großwildbüchsen oder Drückjagd waffensogar angebracht. Roland Kessler stellt dasgewünschte Abzugsgewicht ein.Das Geheimnis dieses Abzugs liegt in der richtigenWinkelstellung. Daher muss auch die Waffe nachDeggendorf geschickt werden, wenn der Abzug gewechseltwerden soll – hier ist Büchsenmacher-62 ■ Jagdpraxis 2/2013


Katharina Kesslerbei der Arbeit aneinem neuen<strong>Kesslerin</strong>-System.handwerk gefragt, auch ein Stabilisierungsblechwird noch unten am Magazinkasten angelötet.Der Abzugsbügel muss etwas umgearbeitet werden,denn im Original hat er zwei kleine Durchbrüchefür die beiden Züngel <strong>des</strong> Stechers. Jetzt wird nurnoch ein etwas größerer Durchlass benötigt.Mit Kesslers Direktabzug wertet man eine altbewährteMauser 66 stark auf – und macht die Legendedamit fast schon modern. Sie ist so volldrückjagdtauglich – im Vergleich zum DeutschenStecher ist das Abzugsverhalten um Klassen besser.Heute besteht die Firma Kessler aus einem angehendemjungen Büchsenmachermeister, einemSchäfter, sowie Ehefrau Ingrid und Tochter Diana.Roland Kesslers neuestes Projekt ist eine superleichteGroßwildbüchse mit 4-Schuss-Magazin imKaliber .375 Holland & Holland Magnum, die ganze3,45 kg wiegt.Gravuren im eigenen HausUm Büchsen zu veredeln, muss Roland Kessler sienicht unbedingt weggeben: Seine Tochter Katharinaist gelernte Graveurin – und graviert natürlich dieBüchsen ihres Vaters gern.Was <strong>von</strong> ihr bisher zu sehen war, ist sehr vielversprechendund sie hat sich jetzt nahe demLaden geschäft in Deggendorf eine kleine, eigeneGraveurwerkstatt eingerichtet.Sie graviert sehr filigran und zierlich, der Trend zuEleganz und Stil liegt anscheinend im Blut.Auch die <strong>Kesslerin</strong> ist schließlich eher eine hocheleganteDame <strong>als</strong> ein üppiges Weib …

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