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DIE ZEIT - Der Verdachthttp://zeus.zeit.de/text/2003/26/NinaSeite 4 von 1026.06.2004Im September 2001 nimmt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken die Ermittlungen gegenAlexander Müller auf – mit unübersehbarer Zurückhaltung. Erkennen dieStrafverfolgungsbehörden von Anfang an, dass die Beschuldigungen des Kindes nichtplausibel sind? Kein Kriminalbeamter taucht bei den Müllers auf, um den Vater zuverhaften oder auch nur zu verhören. Niemand inspiziert die Vertiefung im Garten, keinZeuge wird vernommen. Man wartet vorerst ab, dass der Familienrichter etwasherausbekommt.Vor dem geben die Müllers an, sie hätten keinerlei Erklärung für Lenas Aussagen. Diesemüssten dem Kind von Fremden eingeflüstert worden sein. Der Familienrichter ordnetdeshalb die aussagepsychologische Begutachtung der kindlichen Zeugin an. Er beauftragtden Rechtspsychologen Michael A., der in Lenas Heimatort als psychologischer Gutachterin Familiensachen eine Art Monopolstellung hat, mit der Klärung der Frage: „Ist LenasAussage glaubhaft?“ Das Gericht bittet um rasche Erledigung des Auftrags und entziehtden Eltern das so genannte Aufenthaltsbestimmungsrecht über ihr Kind. Gleichzeitigergeht die Anordnung, das Kind dürfe sich zweimal pro Woche anderthalb Stunden langmit seiner Mutter treffen, damit sich keine Entfremdung einstelle.Doch es kommt anders. Weder erledigt der Psychologe seine Arbeit zügig, noch sorgt dasJugendamt dafür, dass Mutter und Kind sich regelmäßig begegnen. Im Gegenteil: DieSachbearbeiterin des Jugendamtes beginnt die Eltern zu schikanieren. Ist sie schon vonder Schuld der Eltern überzeugt? „Frau Müller zeigt bisher keine Ansätze, die Angaben desKindes zu überdenken oder sich damit auseinanderzusetzen“, schreibt die Frau an dasFamiliengericht. Und sie findet tausend Gründe, um den Willen des Gerichts zumissachten und das Kind nicht zu den Besuchsterminen in die dafür bestimmten Räumeder Caritas zu bringen. Für die Eltern ist sie fünf Wochen lang telefonisch nicht erreichbarund ruft auch nicht zurück. In dieser endlos scheinenden Zeit kann Beate Müller ihreTochter nicht in die Arme nehmen. Vor Verzweiflung glaubt sie den Verstand zu verlieren.Der Rechtsanwalt der Müllers äußert schriftlich den Verdacht, dass „pflichtwidrig versucht“werde, „den Umgang der Antragsteller mit ihrer Tochter zu verhindern“. Daraufhin wirdder Mutter mitgeteilt, Lena habe es „mittlerweile mit so vielen Personen zu tun“, dass esnach Ansicht des Jugendamtes nicht „im Sinne des Kindes“ sein könne, wenn es dieMutter so oft sehe. Derart feindselig verhält sich das Amt, dass das Gericht denwöchentlichen Besuchskontakt zwischen Lena und ihrer Mutter mit einem weiterenBeschluss durchsetzen muss.Am 26. Oktober 2001 erheben die Eltern Müller beim Landrat des LandkreisesDienstaufsichtsbeschwerde gegen die für sie zuständige Sachbearbeiterin desJugendamtes: Das Handeln der Frau vom Amt sei von Willkür bestimmt, sie versuche, dieBesuchskontakte zu hintertreiben. Drei Monate braucht es, bis der Landrat antwortet. DerNot der Eltern begegnet er mit Worthülsen: In solchen Situationen komme es eben „zuunterschiedlichen Interpretationen und Einschätzungen“, und „von Seiten der Verwaltungsei ein gesetzeskonformes Verfahren sichergestellt“.Schützenhilfe im Feldzug gegen die Eltern erhält das Jugendamt auch von derRechtsanwältin Ursula T. Als bestellte Verfahrenspflegerin ist sie dem Wohl des Kindesverpflichtet. Obwohl zu ihren Aufgaben auch der Kontakt zu den Eltern gehört, sucht dieAnwältin nicht das Gespräch, sondern fängt Streit mit den Müllers an. Nicht ein einzigesMal lässt sie sich bei ihnen blicken, nie ruft sie an. Lieber verfasst Frau T. aggressiveSchriftsätze, in denen sie Lenas Eltern „unempathisches Verhalten“ und „keinerleiEinsichtsfähigkeit“ vorwirft. Der Mutter kreidet die Anwältin an, dass sie Lenas Aussagennicht glaubt, und als ceterum censeo fordert sie das Gericht auf, die „Besuchskontakte“zwischen Mutter und Kind einzuschränken.„Jeder Richter hätte das Gutachten in der Luft zerrissen“Von einem derartigen Umspringen mit Eltern – und gar mit solchen, deren Schuld nichtfeststeht – ist im Kinder- und Jugendhilfegesetz nichts zu lesen. Vielmehr verlangt derGesetzgeber, dass die Familien zusammengehalten werden. Das Jugendamt soll dafür

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