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Vor 60 Jahren in Allenstein - Stadtgemeinschaft Tilsit eV

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Die Marjell mit dem Mediz<strong>in</strong>ballvon Hans-Ulrich StammMit Ostpreußen verhält es sich e<strong>in</strong>wenig wie mit dem amerikanischenBundesstaat Texas: An beiden Stellender Erde gibt es nach Me<strong>in</strong>ungder Ostpreußen wie der Texaner e<strong>in</strong>eReihe von D<strong>in</strong>gen, die größer oderschöner s<strong>in</strong>d als anderswo – odergar beides. In manchen Fällen magdas e<strong>in</strong>e liebenswürdige Übertreibungse<strong>in</strong>, doch vom ostpreußischenSommer läßt sich mit Gewißheitsagen, daß er tatsächlich meistschöner war als anderenorts. Werkönnte zum Beispiel e<strong>in</strong>en Sommeran der Samlandküste aus se<strong>in</strong>emGedächtnis streichen mit Tagen, andenen die Sonne fast während ihresganzen Laufes senkrecht über demLand zu stehen schien. E<strong>in</strong>e Sonnevon nahezu unwirklicher Intensität,wie man sie <strong>in</strong> diesen nördlichenBreiten nie vermutet hätte. E<strong>in</strong>e Sonne,die förmlich greifbar wurde, wennman aus dem Schatten des Waldesoder der Gärten h<strong>in</strong>austrat an denfreien, breiten Strand – und schmerzhaftspürbar, wenn man sich dortvoreilig die Schule auszog.E<strong>in</strong> solcher Sommer war es auch, <strong>in</strong>dem Hans der Marjell mit dem Mediz<strong>in</strong>ballzum erstenmal begegnete. Eswar bereits der dritte Sommer desletzten Krieges, aber am Strand vonRauschen merkte man doch nichtviel davon. Noch stand die Sonnehoch und warf ihr südliches Licht aufLand und Menschen – auf vorwiegendältere allerd<strong>in</strong>gs und wenigerjunge im Gegensatz zu vergangenen<strong>Jahren</strong>. Daß Hans und Günter mit ihrensiebzehn <strong>Jahren</strong> noch unter derkle<strong>in</strong>er gewordenen Zahl der Jungenwaren, verdankten sie <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>iedem Umstand, daß sie zu spät damitbegonnen hatten, ihre Geisteskräfteanzustrengen und <strong>in</strong>folgedessendas Klassenziel nicht erreichthatten. Die Eltern, vor wenigen <strong>Jahren</strong>mit Sicherheit noch ob solchen Anlassesvergrämt, hatten es h<strong>in</strong>gehenlassen, blieben ihnen die Söhne aufdiese Weise doch noch e<strong>in</strong> Jahr erhalten.Ohne Standpauke und dasAndrohen täglicher late<strong>in</strong>ischer undmathematischer Ferien waren dieKoffer gepackt worden.Nun also lagen sie da im weißen Sandoder vielmehr auf ihren Bademänteln,denn der Sand war zu heiß, undsangen das Lob der Faulheit. Mitgeschlossenen Augen und Lippennatürlich. Bis . . .„Aua!“ brüllte Hans plötzlich. Mit beidenHänden griff er <strong>in</strong> die Magengegend,wuchtete e<strong>in</strong> unförmigesbraunes Etwas von se<strong>in</strong>em Bauchund feuerte es bl<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> die Gegend,um dann mit ungewohnterEnergie aufzuspr<strong>in</strong>gen und gleichdarauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues Gebrüll zu verfallen,weil se<strong>in</strong> Fuß dem heißen Sandzu nahe gekommen war.Zornfunkelnd spähte er umher. Se<strong>in</strong>Blick fiel auf zwei Mädchen, die gemächlichheranschlenderten. Siemochten im gleichen Alter se<strong>in</strong> wieer und se<strong>in</strong> Freund, der nur müdedie Augen geöffnet hatte, ohne dieKörperhaltung auch nur zu verändern.Die vordere, rank und schlank,43

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