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Vor 60 Jahren in Allenstein - Stadtgemeinschaft Tilsit eV

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drei Soldaten und e<strong>in</strong>en Eisenbahner– von den Verletzten ganz zu schweigen.Allenste<strong>in</strong> hatte damals rund 50.000E<strong>in</strong>wohner; dazu waren zahlreicheFlüchtl<strong>in</strong>ge aus den Kreisen Lyckund Treuburg notdürftig untergebracht.Die planmäßigen Personenzüge<strong>in</strong> Richtung Marienburg warenschon vormittags überfüllt.Erst am 21. Januar, kurz nach 13.00Uhr, kam der Räumungsbefehl fürdie Bevölkerung; die Rote Armeestand bereits am Stadtrand. Unterdem Geschützdonner schwoll derFlüchtl<strong>in</strong>gsstrom <strong>in</strong> der Abenddämmerungbeängstigend an. Die Bahnsteigewaren derart überfüllt, daßman kaum durchkam. Reichsbahnober<strong>in</strong>spektorSchimanski leitete denBetrieb; sämtliche Eisenbahner gabenihr Letztes – vom Rangierarbeiterbis zum Amtmann – um die vollgestopften Räumzüge abzufertigen.Züge mit Militär standen sofort nachdem Ausladen wieder für Zivilpersonenzur Verfügung; sie konnten nurmehr <strong>in</strong> Richtung Marienburg,Rothfließ und Wormditt abgelassenwerden. Mit Mühe und Not konnteich me<strong>in</strong>e Frau und e<strong>in</strong>e Nachbar<strong>in</strong>noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en gedeckten Güterwagenh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zwängen, me<strong>in</strong>er Er<strong>in</strong>nerungnach e<strong>in</strong>er der alten Flachdach– G 10 Bauart „Kassel“ oder „Stett<strong>in</strong>“.Ich blieb auf me<strong>in</strong>em Posten: alsVerb<strong>in</strong>dungsmann zwischen Reichsbahnund dem Eisenbahn-Luftschutz-LeiterBergmann.Bis spät <strong>in</strong> die Nacht wurden an diesemSonntag etwa 25.000 Zivilpersonenabgefahren. Gegen 21.00 Uhrkam e<strong>in</strong> Wehrmachtstransport mitPanzern an der Westrampe <strong>in</strong> derNähe des Hotels Rittel an, dessenBegleitwagen nach der Entladungfür die Zivilbevölkerung freigegebenwurden (der aber nicht mehr herauskam).Gegen 23.00 Uhr begann dieBeschießung des Rangierbahnhofs;der Abtransport stockte.Unsere drei Bahnhofs-Rangierloks,G7und T 13, waren am 22. Januarnach Zurückziehung der polnischenund russischen „Fremdarbeiter“ nurmehr mit den RangieraufsehernPenzerz<strong>in</strong>ski, Behlau und OberrangiermeisterPoschmann besetzt. Um3.00 Uhr war das BefehlsstellwerkAp (Allenste<strong>in</strong> Pbf) im Ostteil desBahnhofs unbesetzt. Der Rangierbahnhoflag weiterh<strong>in</strong> unter Panzerbeschußund MG-Feuer; Züge konntennicht mehr abfahren.Beim Stellwerk Ao (Allenste<strong>in</strong> Ost)stand e<strong>in</strong> aus Neidenburg gekommenerZug, den alle Insassen, unterZurücklassen ihres Gepäcks, beiE<strong>in</strong>setzen des Beschusses fluchtartig<strong>in</strong> Richtung Allenste<strong>in</strong>er Stadtwaldverlassen hatten. Die auf demBahnhof stationierten Eisenbahn-Flakgeschütze mußten befehlsgemäßgesprengt werden; noch heutesehe ich den verzweifelten Blick desOberleutnants.Von 4.00 Uhr bis 0.00 Uhr hielt ichmich im Stellwerk Aw (Allenste<strong>in</strong>West) <strong>in</strong> der Nähe der Brücke Bahnhofstraße– Trautziger Straße auf, alsgegen 5.00 Uhr StellwerksmeisterWill angelaufen kam. Er schilderteaufgeregt, die Russen hätten ihm ander Westrampe die Uhr abgenommen,den <strong>in</strong> dem bereitstehendenZug wartenden Frauen Uhren,Schmuck und R<strong>in</strong>ge. Gleichzeitigbeobachteten wir, wie die Barackedes Bahnhofsoffiziers <strong>in</strong> hellen Flammenstand.17

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