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flow_03 / Juni 2012 - Verbund

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Ich will, dass Österreich beimKlimaschutz schneller ans Ziel kommt:Das schafft Strom aus Wasserkraft.<strong>flow</strong><strong>03</strong>/<strong>2012</strong>Das Magazinvon VERBUNDema: KlimaschutzNur gemeinsam können wir Österreichs Klimaziele erreichen – durch bewussteren Verbrauch undumweltfreundliche Herstellung von Strom. Deshalb gewinnt VERBUND schon heute mehr alsvier Fünftel des Stroms aus Wasserkraft und deckt so – ergänzt durch Wind- und modernsteWärmekraftanlagen – fast die Hälfte des österreichischen Strombedarfs. Mehr darüber erfahrenSie unter www.verbund.com<strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong>Finden Sie uns auf Facebook.


02 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> Editorial Klimaschutz <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> <strong>03</strong><strong>flow</strong> to goMich gibt’s jetzt auchfür unterwegs – zumLesen, Entdecken undtiefer Eintauchen._Inhalt_06_14_01_24schwerpunktKlimaschutzEinfach im iTunes Store „verbund <strong>flow</strong>“suchen und schon finden Sie meineVorgänger, Nachkommen und michselbst bequem fürs iPad:www.verbund.com/<strong>flow</strong>Besonders freue ich mich über Ihr Feedback imBlog unter www.verbund.com/blogDer Schutz des Klimas ist diebrennendste Herausforderungunserer Zeit. Entdecken Sie mituns in dieser <strong>flow</strong>-Ausgabe dievielfältigen Seiten dieses Themas– von der klimaneutralenStromerzeugung bis zum Klimaschutzauf Facebook & Co.Haben Sie gewusst, dasseine Hauskatze weniger CO 2erzeugt als ein Kaninchen?Mit etwas Glück gewinnenSie beim Klimaschutz-Quiz einWochenende im BerghotelMalta in Kärnten. Auf unseremUnternehmensblog erwartenSie weitere spannendeStorys. Wir freuen uns aufIhr Feedback!www.verbund.com/blogS 06_10Herausforderung KlimaschutzDas Ziel ist ein klimaneutrales Energie-System. Doch wann ist es so weit und welcheHürden warten auf dem Weg dahin?S 12_13Effizienz bremst KlimawandelLässt sich der Treibhausgas-Ausstoß senken?Klima-Experte Arnulf Grübler über Klimawandel,Skeptiker und Perspektiven.S 14_17Wirtschaftsfaktor Green IndustriesUmwelttechnologien sind die Wachstumsbrancheschlechthin. Allein in Österreichgibt es rund 210.000 Green Jobs.S 18_19Pro & ContraWas Sie schon immer über Klima undKlimawandel wissen wollten. 10 populäreHalbwahrheiten im Experten-Check.S 20_23Fußabdruck: unser CO 2 -RucksackWir alle produzieren rund 10 Tonnen CO 2pro Jahr. Die Faktoren: Wohnen, Mobilität,Ernährung, Konsum.S 24_28Generation KlimaschutzZwischen Facebook und Aktivismus: Warumsich Jugendliche für Klimaschutz einsetzenund wie sie ihren Protest ausdrücken.S 30Ablasshandel – was lernen wir?Was haben CO 2 -Zertifikate mit demkirchlichen Ablasshandel gemein?Eine ironisch-kritische Betrachtung.


04 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> Editorial<strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 05Wolfgang AnzengruberVorstandsvorsitzender der VERBUND AGIMPRESSUM Offenlegung gem. § 25 Medien -gesetz: „<strong>flow</strong>“ – Corporate Magazine von VER-BUND, Österreichs führendem Stromunternehmen.– Medieninhaber (100 %), Herausgeber undVerleger: VERBUND AG, Am Hof 6a, 1010 Wien,FN 76023z, www.verbund.com. – Unternehmensgegenstand:Erzeugung, Übertragung, Handel undVertrieb von und mit elektrischem Strom. – Vorstand:Wolfgang Anzengruber (Vorsitzender), JohannSereinig (Stv. Vorsitzender), Ulrike Baumgartner-Gabitzer,Günther Rabensteiner. – Aufsichtsrat:Gilbert Frizberg (Vorsitzender), Peter Püspök (1.Stv. Vorsitzender), Reinhold Süßenbacher (2. stv.Vorsitzender), Alfred H. Heinzel, Harald Kaszanits,Herbert Kaufmann, Peter Layr, Gabriele Payr,Christa Wagner, Siegfried Wolf; Anton Aichinger,Ingeborg Oberreiner, Kurt Christof, Harald Novak,Joachim Salamon. – Gesellschafter, deren Einlage25 % übersteigt: Republik Österreich (51,0 %),Syndikat (>25,0 %) bestehend aus EVN(Niederösterreichische Landes-BeteiligungsholdingGmbH 51 %, EnBW Energie Baden-WürttembergAG 32,5 %) und Wiener Stadtwerke (100 % imEigentum der Stadt Wien). – Blattlinie: „<strong>flow</strong>“orientiert sich an den Interessen der Stromkonsumentenund informiert über Ereignisse, Entwicklungenund Hintergründe im Energiebereich,v. a. auf dem Elektrizitätssektor.IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber:VERBUND AG, Am Hof 6a, 1010 Wien Idee undKreation Winnie Matzenauer Chefredaktion BeateMcGinn Chefinnen vom Dienst BarbaraLiechtenstein, Julia Weber (Grayling Austria GmbH)Redaktionsleitung Claudia Riedmann AutorenReinhard Böhm, Theo Kratscheck, Martin Kugler,Karin Legat, Wolfgang Pauser, Albert Velic,Helmut Wolf Fotos Thomas Topf IllustrationenArtur Bodenstein Art-Direktion/Grafik Jo SantosDesign Brainds, Deisenberger GmbHProduktion Lindenau Productions, 1<strong>03</strong>0 Wien.Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH, 3580 Horn._EditorialEs ist Zeit, aufzuwachen!Liebe Leserin, lieber Leser, am 5. <strong>Juni</strong> begehen wir zum 40. Malden Weltumwelttag und das 20-Jahr-Jubiläum des Nachhaltigkeits-Weltgipfels in Rio steht Ende <strong>Juni</strong> bevor. Daher beschäftigen wiruns diesmal in <strong>flow</strong> mit einem ema, das uns alle angeht – demKlimaschutz. Denn wir alle müssen Verantwortung übernehmen.Wir dürfen die Augen nicht verschließen und uns zurücklehnen,wenn wir unseren Planeten für die Zukunft erhalten wollen.Klimaneutrale Strom-Zukunft. Für VERBUND ist der Schutzdes Klimas seit jeher vorrangig. Mit vier Fünftel Strom aus Wasserkraftund einem der geringsten CO 2 -Footprints zählen wir zuden Vorreitern unserer Branche. Unser gemeinsames Ziel: eineklimaneutrale Stromproduktion bis 2050.Doch der Weg zum Energie-System der Zukunft ist lang und steinig.Welche Schwierigkeiten erwarten uns, welche politischen undtechnischen Weichenstellungen sind erforderlich? Lesen Sie unsereTitelstory und erfahren Sie, was uns in den kommenden Jahrenbevorsteht und wie sich die beteiligten Akteure darauf einstellen.Profiteure und Kritiker. Umwelttechnologien sind in Österreicheine Wachstumsbranche. Wir zeigen Ihnen, in welchen Bereichenunsere Wirtschaft davon profitiert und welche Chancen sichnoch ergeben. Lesen Sie außerdem, woraus sich der individuelleCO 2 -Fußabdruck der Österreicher zusammensetzt und wie sichJugendliche für Klimaschutz einsetzen.Die Diskussion zum Klimawandel ruft auch Kritiker auf den Plan.Wollen wir die Klimaziele tatsächlich erreichen, ist vor allem Effizienzgefragt, sagt der Klimaforscher Arnulf Grübler im Interview.Gehen Sie mit uns populären Klimamythen auf den Grund underfahren Sie, warum es nicht reicht, sich von CO 2 -Sünden freizukaufen.Es ist 5 vor 12 – Zeit, aufzuwachen!klimaschutzGefragt: CO 2 -SparpaketJede Österreicherin und jeder Österreicherbläst durchschnittlich 10 Tonnen CO 2 proJahr in die Atmosphäre. Mit dem Aufschwungnach der Wirtschaftskrise stiegendie Emissionen in Österreich 2010 wiederan: von 80,1 Mio. Tonnen im Jahr 2009auf 84,6 Mio. Tonnen CO 2 ,Tendenz steigend. Die Verursacher sindVerkehr, Industrie, Energie-Erzeugung,Landwirtschaft, Heizen und Abfallwirtschaft.Um Ende <strong>2012</strong> das Kyoto-Zielerreichen zu können, kauft ÖsterreichCO 2 -Zertifikate zu.Emissionshandel –Weg oder Irrweg?Im Jahr 2005 führte die EU den Emissionshandelein. Die Idee: Die erlaubten Treibhausgas-Emissionenwerden pro GebietKlimaschutzKlimaschutz umfasst alle Maßnahmen,die der durch Menschen verursachtenglobalen Erwärmung entgegenwirken,mögliche Folgen abmildern oder verhindern.Hauptansatz ist die Verringerungvon Treibhausgasen und die Förderungder Natur, die CO 2 aufnimmt – zumBeispiel tropische Regenwälder oderFeuchtgebiete.TreibhauseffektBei Sonnenschein ist es im Treibhauswärmer als draußen. Ähnlich ist es inder Erdatmosphäre, wo Gase wie CO 2 dieWärmestrahlung festhalten. Ohne diesennatürlichen Effekt wäre Leben auf derErde schwer vorstellbar. Doch weil derMensch seit etwa 250 Jahren zusätzlichTreibhausgase in die Atmosphäre bläst,steigt die Temperatur. Klimaforschergehen davon aus, dass es bei uns heuteschon wärmer ist als noch vor 200 Jahrenund dass die globale Erwärmung weitervoranschreiten wird.und Zeitraum festgelegt. Für jede zusätz -liche Tonne CO 2 müssen Unternehmenim Gegenzug Zertifikate erwerben. DasSystem ruft aber auch Kritiker auf denPlan. Ihre Forderung: Damit der Handelin Schwung kommt, muss die Zahl derZertifikate reduziert werden. Ein Weg,den die EU ab 2013 einschlagen wird –dann wird sich zeigen, ob der Emissionshandeltatsächlich ein effektivesInstrument zum Klimaschutz ist.Gefährliche HebelwirkungDer Klimawandel führt in Sibirien zu einerKettenreaktion: Durch die globale Erwärmungtaut der Dauerfrostboden auf. Dabeikönnten im Lauf der Jahre MilliardenTonnen Methan und CO 2 aus den Sümpfenfreigesetzt werden. Beide Treibhausgaseverstärken den Klimawandel. Auch dieKlimapolitik im Zeitraffer1979: Durch die Weltklimakonferenz in Genferfährt die Öffentlichkeit von der globalenErwärmung.1988: Die Vereinten Nationen gründen denWeltklimarat IPCC, um Ursachen und Folgendes Klimawandels zu erforschen.1994: Die UN-Klimarahmenkonvention wirdwirksam, heute zählt sie 194 Mitglieder.2005: Das Kyoto-Protokoll tritt in Kraft: DieIndustriestaaten mit Ausnahme der USAwollen ihre Treibhausgas-Emissionen 2008bis <strong>2012</strong> um 5 % im Vergleich zu 1990 senken.2007: Die EU-Länder einigen sich auf eineeuropäische Klimaschutzstrategie (20 % wenigerEmissionen bis 2020 gegenüber 1990).2009: Die G8-Staaten setzen sich zum Ziel,ihren CO 2 -Ausstoß bis 2050 durchschnittlichum 80 % zu senken. Die globale Erwärmungsoll auf höchstens 2 °C ansteigen.2011: Auf der UN-Klimakonferenz in Durban(Südafrika) wird beschlossen, das <strong>2012</strong> auslaufendeKyoto-Protokoll zu verlängern.<strong>2012</strong>: Der Weltgipfel Rio+20 Ende <strong>Juni</strong> in Riode Janeiro steht vor der Tür, zu Jahresendefolgt die UN-Klimakonferenz in Katar.Amazonas-Wälder sind in einer Doppel rolle:Einerseits sind sie durch die Erwärmung inihrer Existenz bedroht. Gleichzeitig wirddurch die Zerstörung der Tropenwälder dieErde weiter aufgeheizt.Affenhitze und GletschersterbenIn den vergangenen 100 Jahren hat sich dieDurchschnittstemperatur in Österreich um1,8 °C erhöht. Bis 2085 werden plus 2,5 bis5 °C prognostiziert. Doch nicht für alles istallein der vom Menschen verursachte Klimawandelverantwortlich, wie der Rückgangder Gletscher zeigt. In den Ostalpen verlorendiese bereits in den letzten 150 Jahren 52 %ihrer Fläche und 60 % ihrer Masse. Daran warzunächst der überwiegend natürliche Klimawandelschuld. Erst der starke Rückgangnach 1980 geht zum größten Teil auf den vonuns verursachten Treibhauseffekt zurück.


Text Theo Kratschek Fotos Thomas Topf <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 07HERAUSFORDERUNGKLIMASCHUTZWege in die Energie-Zukunftklare zieleKurs auf KyotoIn den kommenden Jahren hatÖsterreich eine Reihe energie- undklimapolitischer Ziele zu erfüllen.Eines der bekanntesten ist die Verpflichtungaufgrund des Kyoto-Protokollsvon 1997: Österreich muss seineTreibhausgas-Emissionen gegenüberdem Wert des Jahres 1990 um 13 %auf 68,8 Mio. Tonnen senken. DieserWert ist im Durchschnitt der Jahre2008 bis <strong>2012</strong> zu erreichen.Weniger CO 2 . Zu diesem Zweckwurden Maßnahmen zur Reduktionvon Emissionen im Inland veranlasst.Überdies werden rund 710 Mio. Euroin Projekte zur Emissionssenkung imAusland investiert. Österreich erhältdafür Zertifikate, die eine Treibhausgas-Reduktion von etwa 83 Mio. Tonnenrepräsentieren. Im Jahr 2010 – neuereDaten liegen noch nicht vor – beliefensich die Emissionen auf rund84,6 Mio. Tonnen.VERBUND-WindparkBruck an der Leitha/Niederösterreich: Erneuerbare,klimafreundliche Energien wieWindkraft sind bedeutendfür unsere Zukunft.Das Ziel ist ambitioniert: Laut derEnergy Roadmap 2050 der EuropäischenKommission vom Dezember2011 sollen die Treibhausgas-Emissionenin der EU bis 2050 um 80 bis 95 %sinken. Aber was ist erforderlich, bis es soweit ist? Wie lässt sich die Umstellung auf einklimafreundliches, auf erneuerbaren Energienbasierendes Energie-System schaffen?Bedeutung von Strom steigt. Einen wesentlichenBeitrag dazu muss aus Sicht derKommission die E-Wirtschaft leisten: Stromwerde „künftig eine erheblich größere Rollespielen“ und müsse zur Dekarbonisierungdes Verkehrs sowie der Bereitstellung vonEnergie für Heizung und Kühlung beitragen.Überdies überarbeitet die EU-Kommissionzurzeit ihre Richtlinie für Energie-Effizienz.Diese soll künftig verbindliche Ziele für dieeinzelnen Mitgliedsstaaten enthalten – einAnsatz, der allerdings heftig umstritten ist.Davon ausgehend legte Eurelectric, dereuropäische Branchenverband der E-Wirtschaft,im Februar <strong>2012</strong> ein Strategiepapiervor. Die Kernaussage: Für die „Energiewende“braucht es einen umfassenden Ansatz,der auf marktwirtschaftlichen Prinzipienbasiert und für kosteneffiziente Lösungensorgt. Er muss Anreize für Effizienz-Maßnahmenund für den Ausbau der erneuerbarenEnergien bieten und der E-WirtschaftRahmenbedingungen für den Ausbau ihrerInfrastruktur für die zuverlässige Stromversorgungbieten. Klar ist laut Eurelectric eines:„Der Klimawandel ist eine globale Herausforderungund bedarf daher globaler Antworten.“Europäische Alleingänge brächtendagegen wenig.Gute Ausgangslage in Österreich. UnserLand ist für den Umbau des Energie-Systemsnicht schlecht aufgestellt. Laut Ökostromberichtder Regulierungsbehörde E-Controlwerden schon derzeit rund 70 % des Strombedarfsmit erneuerbaren Energien inklusiveWasserkraft gedeckt. Mit dem Ökostrom -gesetz <strong>2012</strong> soll dieser Anteil bis 2020 auf85 % steigen. Außerdem ist der Entwurf einesEnergie-Effizienz-Gesetzes in Diskussion,das parallel mit der neuen EU-Richtliniein Kraft treten soll.Schon heute zählen Österreichs Energieversorgerzu den weltweit klimafreundlichsten.So weist etwa verbund im Vergleich einender niedrigsten CO 2 -Footprints auf. Diespezifischen Emissionen lagen 2011 bei 123Gramm CO 2 pro Kilowattstunde Strom.Auch im aktuellen Carbon Disclosure Projectbelegte das Unternehmen einen Spitzenplatz.An diesem weltweit größten Klimaratingnahmen 3.714 Unternehmen mit einemMarktwert von 71 Bil. US-Dollar teil. Erstmalsstieg verbund darin 2011 in den Leadership-Indexder 250 größten UnternehmenDeutschlands und Österreichs auf.


<strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 09Grüne Batterie. Pumpspeicher – wie der VERBUND-Speicher Zillergrund – gleichen die schwankende Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenkraft aus.Brücke in die Zukunft. Wie der österreichischeWeg in die Energie-Zukunft aussehenkönnte, beschreibt der Geschäftsführervon Klimabündnis Österreich, Peter Molnar,so: Gelinge es, den Strombedarfszuwachsvon derzeit rund 2 % auf 1 % pro Jahr zusenken und gleichzeitig die erneuerbarenEnergien ambitioniert auszubauen, „könntenwir in etwa 10 bis 15 Jahren auf rund 100 %Erneuerbare kommen.“Bis es so weit ist, sind effiziente Gaskraftwerkeals klimaschonende Brückentechnologieerforderlich. Sie decken den steigendenBedarf und versorgen Bevölkerung undWirtschaft wetterunabhängig mit Strom. Im<strong>Juni</strong> geht das Gas-Kombikraftwerk im steirischenMellach mit 800 Megawatt (MW)Leistung ans Netz. Das modernste WärmekraftwerkÖsterreichs ersetzt 5 stillgelegteKohle- und Ölkraftwerke.Effizienz ist gut fürs Klima. Eine höhere Effizienzvon Kraftwerken wirkt sich positiv aufdie Umwelt aus: Je höher der Wirkungsgradeiner Anlage ist, umso weniger Kohlendioxidwird ausgestoßen. Mellach hat als Gas-Kombikraftwerkmit einem Wirkungsgrad von 59%und CO 2 -Emissionen von ca. 350 g/kWh ausgezeichneteWerte. Zum Vergleich: Im SteinkohlekraftwerkDürnrohr werden 810 g/kWherreicht, Braunkohlekraftwerke weisen nochhöhere Emissionen auf.Zurzeit sind Gaskraftwerke allerdingseuropaweit wirtschaftlich unter Druck:Durch die vertraglich vereinbarten hohenErdgaspreise lassen sich mit den stagnierendenStrompreisen kaum kompensieren.In Verhandlungen mit den Gasproduzentenwird versucht, die Lieferverträge flexiblerzu gestalten, vor allem, was die Bindung desGaspreises an den Erdölpreis betrifft. Längerfristigkönnte Wasser mit Strom aus erneuerbarenEnergien in Sauerstoff und Wasserstoffzerlegt werden. Letzterer ließe sichdurch Reaktion mit CO 2 in Methan umwandelnund in die Gasnetze einspeisen. Nochist das nicht wirtschaftlich, doch Forschungsarbeitensind im Gang.Chancen nützen. Laut Peter Molnar bewegtsich die Strombranche mit dem Kurs auferneuerbare Energien grundsätzlich in dierichtige Richtung. Pumpspeicher-Kraftwerke,wie sie nicht zuletzt verbund baut und erweitert,um die schwankende Stromerzeugungvon Windparks und Solaranlagen auszugleichen,hält auch er für unverzichtbar:„Pumpspeicher haben Sinn, wobei natürlichauf die Umwelt zu achten ist. Naturschutzgebietemüssen tabu sein. Aber sonst sollteman die Chancen, die man hat, nützen.“Und eines ist für den Klimabündnis-Geschäftsführer ebenfalls klar: Ohne leistungsfähigeStromnetze ist der Ausbau der„Erneuerbaren“ nicht zu machen. Molnar:„Man kann nicht für die erneuerbaren Energienund gleichzeitig gegen den Ausbau derStromnetze sein. Beides ist notwendig, wenndie Energiewende funktionieren soll.“Für sinnvoll hält Molnar auch, die Elektro-Mobilitätzu forcieren. Allerdings müsseder Strom für die Elektro-Fahrzeuge mitHilfe erneuerbarer Energien erzeugt werden:„Wenn das nicht geschieht, emittiert einElektro-Auto rund 138 Gramm CO 2 proKilometer. Das ist schlechter als ein effizienterDiesel oder Benziner.“ Außerdem dürfenicht der gesamte Ökostromausbau ausschließlichdem Mehrbedarf für die Elektro-Mobilitätdienen: „Da werden wir unsnoch etwas überlegen müssen.“ — ENERGIEWENDE IST NÖTIGInterview mit Stefan Schleicher<strong>flow</strong>_ Die „Energiewende“ im Sinne eines grundlegendenUmbaus des Energie-Systems ist inaller Munde. Ist eine solche notwendig und fallsja, was wären ihre wichtigsten Elemente?Stefan Schleicher_ Das Energie-System inseiner heutigen Form ist nicht zukunfts -fähig. Mit den derzeitigen Technologien dieNuklearenergie zu nutzen, ist auch finanziellnicht leistbar. Erdöl ist zwar noch füreinige Zeit verfügbar, aber das Preisniveauwird sich über kurz oder lang etwa 200 US-Dollar pro Barrel annähern. Kohlekraftwerkestoßen an die Grenzen der Akzeptanz,weil sie nicht nur CO 2 emittieren, sondernauch andere Schadstoffe. Den Ausbau dererneuerbaren Energien wiederum bremstdie Staatsschuldenkrise. Das alles zwingtuns letztlich zu einer „KopernikanischenWende“ des Energie-Systems.<strong>flow</strong>_ Wie meinen Sie das konkret?Stefan Schleicher_ Zurzeit fragen wir: Wokommt die Energie her? Künftig müssen wiruns überlegen, wofür wir Energie brauchen.Wir können Gebäude so errichten, dass siemehr Energie erzeugen, als sie benötigen. Wirhaben guten Grund, uns eine Zukunft vorzustellen,in der alle notwendigen Energie-Dienstleistungen mit den halben derzeitigenEnergiemengen erbracht werden können.Österreich deckt rund 30 % seines Brutto-Endenergiebedarfs mit erneuerbaren Energien.Gelingt es, den Bedarf zu halbieren,decken die Erneuerbaren bereits 60 %. Diekünftige Struktur des Energie-Systems ist amehesten mit dem Internet vergleichbar. Eswird nicht nur Konsumenten geben, sondernauch „Prosumer“, die selbst Energie erzeugenund in öffentliche Netze einspeisen. →Energie-Experte Stefan Schleicher plädiert für ein Umdenken: Woher kommt unsere Energie und wofür brauchen wir sie?E-MOBILITÄTGUT FÜRWIRTSCHAFTUND KLIMAMitte des Jahres wollen VERBUNDund Siemens mit einem E-Mobility-Provider durchstarten. Elektro-Mobilitätist volkswirtschaftlich sowieökologisch sinnvoll, wenn der Stromaus erneuerbaren Energien stammt.Das belegt eine Studie des BeratungsunternehmensA.T. Kearney mit derTechnischen Universität Wien.Durch verminderte Erdölimporte istmit einer beträchtlichen Verbesserungder Handelsbilanz zu rechnen.Österreich würde rund 33 bis 88 Mio.Euro pro Jahr sparen, bis 2<strong>03</strong>0 somitinsgesamt 2,5 bis 5,4 Mrd. Durch diegesteigerte Stromproduktion aus erneuerbarenEnergien würde zusätzlicheWertschöpfung generiert. Dieseschlüge 2<strong>03</strong>0 mit etwa 231 Mio.Euro zu Buche, womit fast 1.800Vollzeit-Arbeitsplätze geschaffenwerden könnten.Überdies wirkt sich E-Mobilität aufBasis erneuerbarer Energien positivauf die Klimabilanz aus: Bis 2<strong>03</strong>0lassen sich mit ihrer Hilfe CO 2 -Emissionenvon bis zu 2,5 Mio. Tonnen proJahr vermeiden. Das entspricht etwaeinem Neuntel der jährlichen Emissionenim Verkehr. Darüber hinauskönnte E-Mobilität zum Klima- undEnergiepaket der EU beitragen. DerAnteil erneuerbarer Energien für denVerkehr muss sich in Österreich 2020auf mindestens 10 % belaufen. Mehrals ein Drittel davon könnte E-Mobilitätbereitstellen.


10 Fotos OÖN/Weihbold, VKW und Gemeinde Lech, BRP-Powertrain, gugler cross media <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 11Best Practice. Sie zeigen, wie’s geht. Klimaschutz-Initiativen von Unternehmen, Einzelpersonen undNGOs, zusammengestellt von Ihrer <strong>flow</strong>-Redaktion.<strong>flow</strong>_ Welche Rolle hat die E-Wirtschaft imEnergie-System der Zukunft?Stefan Schleicher_Sie wird sich von denMonostrukturen wegbewegen, also ihr Geschäftsfelderweitern. Zusätzlich zu Stromsollte unbedingt Wärme angeboten werden,eventuell auch Erdgas. Überdies könntenEnergie-Unternehmen Tochterfirmen gründen,die hoch spezialisierte Dienstleistungenanbieten und etwa das Energie-Managementgroßer Bürogebäude, Krankenhäuseroder Hotels übernehmen.<strong>flow</strong>_Ein wichtiger Faktor bei der Energiewendesind die erneuerbaren Energien, deren Erzeugungstark schwankt. Es werden also AusgleichsundSpeichermöglichkeiten notwendig sein.Stefan Schleicher_Wir lernen unsere erstenLektionen im Umgang mit den erneuerbarenEnergien. Es fehlt an Netzstrukturen fürden Ausgleich und es fehlen die Kapazitäten,um die schwankende Erzeugung auszugleichen.In Europa denkt man dabei eher anPumpspeicher, in den USA an elektrische.Dort werden Stromspeicher für Haushalteentwickelt, die über 4 Stunden 2 KilowattLeistung abgeben und nur 1.000 US-Dollarkosten sollen. Überdies geht es darum, dieNachfrage nach Energie ohne Komforteinbußendem Angebot anzupassen. Dafür sindentsprechende Anreize notwendig, wie zeitabhängigeTarife.<strong>flow</strong>_Wo sehen Sie die größten Hindernisse fürdie Energiewende?Stefan Schleicher_In den Köpfen. Wir habenuns daran gewöhnt, dass Energie zu jederZeit billig zur Verfügung steht, ohne nachzufragen,welche Geschichte diese Energiehat. Wohnungen mit Erdgas aus Sibirien zuheizen, sollte anachronistisch sein, künftigauch der Betrieb von Fahrzeugen mit Erdölaus Nordafrika. — Univ.-Prof. Dr. Stefan Schleicher ist Professor am WegenerZentrum für Klima und Globalen Wandel sowie amInstitut für Volkswirtschaftslehre/Karl-Franzens-UniversitätWien. Darüber hinaus ist er am Wirtschaftsforschungs -institut (WIFO) tätig. Schwerpunkte seiner Forschungsind Modelle und Konzepte für zukunftsfähige Wirtschaftsstrukturen,vor allem in den Bereichen Energie und Klima.Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Wasserführungder Donau aus? Die Forschung arbeitet an Antworten.1PROGNOSENFÜR WASSER-KRAFTWie wirkt sich weniger Niederschlagoder 1 Grad Erwärmung auf die Wasserführungeines Flusses aus? Im ProjektPOWERCLIM untersucht VERBUND mitder Universität für Bodenkultur Wienund der alpS GmbH mögliche Folgendes Klimawandels für die Stromerzeugungaus Wasserkraft. Im Fokus stehenenergiewirtschaftlich wichtige Gebietein Österreich und der Türkei. Zusätzlichwerden für andere europäische Großräumelangfristige Szenarien bis zumJahr 2100 simuliert. Die Endergebnissewerden für Herbst 2013 erwartet.2WERTSTOFFSTATTSCHADSTOFFCO 2 aus den Abgasen von Wärmekraftwerkenkönnte künftig als wertvoller Rohstofffür industrielle Produktionsprozessedienen. An der Entwicklung entsprechen-der Technologien für CCU (Carbon Captureand Usage) wird weltweit gearbeitet.Der deutsche Energiekonzern RWE etwa„füttert“ am Kraftwerksstandort NiederaußemAlgen mit Rauchgas, das 15 %CO 2 enthält. Überlegt wird, die Algen zurHerstellung von Biokraftstoffen zu verwenden,die umweltfreundlicher sind alsdie derzeit verfügbaren.3ULTRALEICHTESOLARZELLENForscher des Instituts für Experimentalphysikder Linzer Johannes-Kepler-Universitätentwickelten gemeinsam mitKollegen der Universität Tokio die leichtestenSolarzellen der Welt. Sie sindetwa 2 Mikrometer dünn und wiegennur 4 Gramm pro Quadratmeter. ProGramm wird eine Leistung von etwa10 Watt erreicht. Die Zellen bestehenzu etwa einem Drittel aus energieerzeugendenElementen und zu 2 Drittelnaus dem Trägermaterial, auf das dieseaufgebracht sind. Zum Vergleich:Bei „normalen“ Solarzellen entfallenetwa 99 % auf das Trägermaterial.CO2 abspeckenEin Jahr als KlimamönchWie lebt es sich tatsächlich klimafreundlich?Der OÖN-Redakteur Edmund Brandner verkauftesein Auto, verzichtete auf Flugreisen, reduzierteden Konsum und stellte sogar die Ernährungseines Katers um. Den 1-jährigen Selbstversuchgibt es in Buchform zum Nachlesen: Tagebucheines Klimamönchs, Trauner Verlag 2011,19,90 Euro. — v o r b i l dLech. BürgermeisterMuxel macht denTourismusort zurEnergie-Modellgemeinde.Verschneite Berggipfel und Pistenspaß bestimmenunser Bild von Lech am Arlberg. Nur wenige wissen,dass die Gemeinde auch in Sachen KlimaschutzSpitzenreiter ist. In den 1990er-Jahren beschloss sie,energieautark zu werden. Heute sorgen 4 Biomasse-Heizwerke für eine fast 100%ige Wärmeabdeckungder Region – sogar die Abwärme wird in die Fernwärmeeingespeist. Mit 65 Mio. kWh werden etwa450 Liegenschaften versorgt. Die Gemeinde spartso im Jahr 7,8 Mio. Liter Heizöl und verringert denCO 2 -Ausstoß um 22.000 Tonnen.„Ich bin glücklich, dass die Lecher dieses Projektmit uns tragen. Wir handeln dabei nicht nur füruns, sondern auch für unsere Enkel“, erklärt BürgermeisterLudwig Muxel. Ein Energie-Manager berätBetriebe und Privathaushalte, wie sie durch LED-Lampen Energie sparen und zeigt mit WärmebildkamerasSchwachstellen in den Gebäudehüllenauf. Selbst für grüne Mobilität ist gesorgt: Mit den20 E-Bikes der „Vlotte“ düsen Einheimische undGäste durch autofreie Zonen. Für den bequemenTransfer bis in die Morgenstunden sorgt das Ortsbussystem,was nicht nur Abgase, sondern auch dieUnfallrate verringert. — öko-druck aus österreichWenn, dann gscheit!Das Wachauer FamilienunternehmenGugler Cross Media hältsich streng an den Cradle-to-Cradle®-Kreislauf von der sauberenPapiergewinnung über eigensentwickelte Farben bis zum100 % kompostierbaren Abfall.Nach jedem Druck wird der CO 2 -Ausstoß gemessen. Der Einsatzmacht sich bezahlt: 2006 erhieltGugler den WWF Panda Award.Demnächst verdoppelt das Unternehmenmit derzeit 90 Mitarbeiterndie Gewerbefläche auf 5.000 m².Eine Hülle aus recycelten Baustoffenmacht das Gebäude zumPassivhaus, was den Energie -verbrauch dämmt. — QuIzLässt sich derKlimakollaps verhindern,wenn wir schlank bleiben?Raten Sie mit undgewinnen Sie aufwww.verbund.com/blogGrüner MotorMehr Reichweite für E-Autos„E-Autos sind ja gut und recht, aber die Reich -weite …“ Diese Hürde will der oberösterreichischeAntriebshersteller BRP-Powertrain nun gemeinsammit der Technischen Universität Graz überwinden.Die neu entwickelte Rotax Auxiliary Power Unitwandelt bei Bedarf die bei der Verbrennung vonKraftstoff entstehende Energie in Strom um undspeist diesen in die Fahrzeugbatterie ein. Die innovativeLösung für die Straßenkreuzer von morgenüberzeugte die Jury des VERENA (VERBUNDE-Novation Award). Der Preis kürt die innovativstenIdeen in Sachen Energie-Effizienz, Strom auserneuerbaren Energien Energie und Elektro-Mobilität. www.brp-powertrain.com — Licht aus!Klimaschutz zum MitmachenKlimaschutz bietet viele Chancen, sich aktiv zubeteiligen. Der Brite Richie Sowa zum Beispielbaute eine Insel aus 250.000 Plastikflaschen inder Karibik. Wer lieber ins Dunkle taucht, nimmtam Earth-Hour-Day teil. Heuer ließen 1,8 Mil -liarden Menschen in 35 Ländern Häuser undSehenswürdigkeiten für eine Stunde „erlöschen“.Ein Licht aufgehen kann einem während derEuropäischen Mobilitätswoche im September. InÖsterreich beteiligen sich 476 Städte. Vielleichtsind auch Sie dabei? Infos: www.earthhour.at,www.mobilitaetswoche.at —


12 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / Mai <strong>2012</strong> Text Martin Kugler Foto Thomas Topf<strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 13EFFIZIENZbremstKlimawandelEnergie-Effizienz ist die Schlüsseltechnologiedes 21. Jahrhundertsfür eine klimaverträgliche Wirtschaft:Der international renommierte Klima-ExperteArnulf Grübler im Interviewüber Klimawandel, Skeptiker und Perspektivenfür die Zukunft.<strong>flow</strong>_ Manche Menschen bezweifeln, dass eseinen von Menschen gemachten Klimawandelgibt. Welches Argument halten Sie für am überzeugendsten,dass dieser Realität ist?Arnulf Grübler_ Es gibt 3 Argumente: die Gesetzeder Physik, Beobachtungen von Veränderungenund die Modellrechnungen derKlimawissenschafter. Die physikalischenGrundlagen für den Strahlungshaushalt unseresKlimas sind etabliert, und die Grundzügedes Treibhauseffekts werden von niemandemin Zweifel gezogen. Dass sich dasKlima verändert, ist gut beobachtbar – fragenSie nur einen Landwirt oder wandern Siezu den Gletschern in den Alpen. Und dieModellrechnungen zeigen den menschlichenEinfluss hinter der Veränderung von Treibhausgas-Konzentrationen:den steigendenEnergieverbrauch und die Verbrennung fossilerRohstoffe. Unter Berücksichtigung weitererLuftschadstoffe wie Schwefel und Ruß,die den Temperaturanstieg bremsen, sind dieFaktoren gut verstanden, die globale Erwärmungund regionale Abkühlung bewirken.<strong>flow</strong>_ Und doch gibt es viele „Klimaskeptiker“.Arnulf Grübler_ Als Wissenschafter kann ichmit „Klimaskeptikern“ nichts anfangen, daSteuern auf Emissionen und Strafzölle für „Klimaskeptiker“ – Klima-Experte Arnulf Grübler befürwortet neue Denkanstöße.es solche unter ernst zu nehmenden Kollegenmittlerweile nicht mehr gibt. Natürlichist alles kompliziert und für den Laien schwerverständlich. Aber zu sagen „Ich glaube nichtan den Treibhauseffekt“, ist für mich gleichwertigmit der Aussage „Ich glaube nicht andie Schwerkraft“ – auch diese ist kompliziertund für den Laien schwer verständlich. Ichwill den Skeptikern ihre Meinungen gernelassen, würde aber trotzdem davor warnen,aus dem 20. Stockwerk zu springen. Leidermachen wir ein ähnliches „Experiment“ gerademit dem globalen Klima.<strong>flow</strong>_ Können Sie sich eine – viel wärmere –Welt im Jahr 2050 vorstellen? Wie wird dieseaussehen?Arnulf Grübler_ Ich bin kein großer Freunddes Begriffs „Klimakatastrophe“. Ja, das Klimaum 2050 wird deutlich wärmer, mit verändertenJahreszeiten und wohl auch Klimaextremensein. Aber der Unterschied zuheute wird weniger dramatisch sein als oftbefürchtet. Würde ich heute von Österreichnach Sizilien übersiedeln, dann würde ichdas wohl kaum als „Katastrophe“ wahrnehmen,sondern das andere Klima genießen.Eine solch gelassene Sichtweise ist aber nurStädtern in reichen Industrieländern möglich.Sehr schwierig wird die Lage ärmererMenschen in Entwicklungsländern, da Anpassungan den Klimawandel Geld kostet.Es ist ein Mythos zu glauben, dass die Anpassungbilliger kommt als eine Vermeidungweiteren Klimawandels durch die Reduktionder Treibhausgas-Emissionen.<strong>flow</strong>_ Die EU verfolgt das Ziel, die Erderwärmungnicht über 2 Grad steigen zu lassen. Istdieses Ziel realistisch?Arnulf Grübler_ Das 2°C-Ziel ist meiner Ansichtnach zwar wünschenswert, aber wederwissenschaftlich fundiert noch politisch,ökonomisch und technologisch machbar –vor allem in Hinblick auf das WirtschaftsundEmissionswachstumspotenzial derSchwellenländer wie China und Indien.Kernfrage der Klimapolitik sollte nicht sein,einem unrealistischen Ziel nachzujagen,sondern vielmehr jetzt eine Energie- undKlimawende zu beginnen, um in denSchwellenländern einen Umstieg als Alternativeaufzuzeigen. Die Entscheidungenmüssen in diesen Ländern getroffen werden,dabei ist der Einfluss Europas extrem gering.Europa kann aber die Grundlagen der Wendevorbereiten: durch verstärkte Forschung,durch Entwicklung und Anwendung von alternativenEnergieformen und vor allemdurch eine drastische Steigerung der Energie-Effizienz. Das Interesse Chinas und Indiensan solchen Alternativ-Konzepten ist groß,aber deren Machbarkeit und Wirtschaftlichkeitmuss zuerst bewiesen werden.<strong>flow</strong>_ Viele Experten sehen in der Steigerungder Energie-Effizienz den wichtigsten Hebel,um den Treibhausgas-Ausstoß zu senken.Arnulf Grübler_ Energie-Effizienz ist DIESchlüsseltechnologie des 21. Jahrhundertsfür eine klimaverträgliche Wirtschaft undfür „Green Growth“-Konzepte. WenigerEnergieverbrauch durch höhere Effizienzbedeutet nicht nur weniger Treibhausgase,sondern auch weniger Luftschadstoffe, Importabhängigkeitetc. Zudem können Energie-Alternativennur mit drastisch gesteigerterEffizienz und vermindertem VerbrauchMarktanteile gewinnen. Österreich ist dabeiein gutes – wenn auch negatives – Beispiel:Trotz kostspieliger Fördermaßnahmen hatall der Neubau von Wind- und Solaranlagennur den Nachfragezuwachs bei Strom aufgefangen.Eine Substitution fossiler Stromerzeugunghat bislang nicht stattgefunden.<strong>flow</strong>_ In letzter Zeit sprießen Klimawandel-Anpassungsstrategien wie die Schwammerl ausdem Boden – auch in Österreich. Ist man damitauf dem richtigen Weg?Arnulf Grübler_ Absolut. Anpassung undVermeidung sind beide erforderliche Strategien,um mit dem unvermeidbaren Klimawandelumzugehen und weitergehendenWandel zu vermeiden. Dabei gibt es Synergien,die bislang zu wenig beleuchtet sind.Ein Beispiel aus Österreich, das ich gernemeinen amerikanischen Studenten vorstelle,ist die solarthermische Kühlanlage einesWeinguts in der Südsteiermark: Das ist Anpassungan den Klimawandel und zugleichEnergie ohne Treibhausgase.zur personKlima-ExperteUniv.-Prof. Dr. Arnulf Grüblerstudierte an der TU Wien Maschinenbauund habilitierte sich an der Montan-Universität Leoben im Fach Systemforschung.Seit 1976 arbeitet er amInternationalen Institut für angewandteSystemanalyse in Laxenburg, woer das Programm „Transition To NewTechnologies“ leitet. Seit 1994 istGrübler Mitglied im UN-Weltklimarat(IPCC). Er war Mitautor bei 3 IPCC-Berichten und Mit-Laureat desFriedensnobelpreises 2007.Seit 2002 ist Grübler Professor ander renommierten Yale Universityin den USA. Zuletzt arbeitete er andem 4-jährigen Großprojekt „GlobalEnergy Assessment“ mit. Diese Studiewird bei der UN-Umweltkonferenz„Rio+20“ im <strong>Juni</strong> präsentiert.<strong>flow</strong>_ Wie könnte man den derzeitigen Stillstandin der internationalen Klimapolitik überwinden?Arnulf Grübler_ Man muss völlig umdenken.Die Idee, dass Diplomaten ein globales Klima-Abkommenunter dem Einstimmigkeitsprinzipaushandeln – unter Einbeziehungaller Treibhausgase, aller Sektoren vonLandwirtschaft bis Industrie und aller Nationen–, ist sowohl vermessen als auch naiv.Kritik zu üben ist allerdings einfacher, alspraktikable Alternativen aufzuzeigen. Auchdie Sozial- und Politikwissenschaft wird umdenkenmüssen. Vielleicht sollte man Erkenntnisseder Spieltheorie auf Klimaverhandlungenanwenden: „tit for tat“ („wiedu mir, so ich dir“). Was spricht dagegen,Emissionen zu besteuern und wettbewerbsverzerrende„Klimaskeptiker“ wie die USAund China durch Zölle zur Kooperation„einzuladen“? Solche Denkanstöße müssenerst umfassend untersucht werden, bevorman konkrete Vorschläge unterbreiten kann.In der Zwischenzeit wird wohl die „Klimakarawane“noch zu vielen weiteren Verhandlungsrundenin exotischen Konferenzortenweiterziehen. —


14 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> Text Albert Velic Fotos: Thomas TopfWIRTSCHAFTSFAKTORGreen IndustriesRundum ist Hügelland. Saftige Wiesenbedecken die sanften Kuppenin diesem Teil des Mühlviertels,durchsetzt mit Nadelwald- und Mischbaumbeständen.Es ist ein Landstrich, in dem einGroßteil der Menschen noch im Einklangmit der Natur lebt. Josef Eibl ist einer vonihnen. Mit seiner Familie bewohnt er einEinfamilienhaus am Ortsrand von Niederkappel.Rudolf Kirchschläger, der frühereBundespräsident, kam von hier. Niederkappelist auch dank des Unternehmens Ökofenüber die Grenzen hinaus bekannt.Pionier der Pelletsheizung. Ökofen-FirmengründerHerbert Ortner hat 1997 die erstevollautomatisierte Pelletsheizung auf denMarkt gebracht. 10 Jahre später ist auch derNiederkappler Josef Eibl von Öl auf Pelletsumgestiegen. „Das war wohl die Nähe zuÖkofen, aber nicht allein“, sagt er und nenntnoch andere Beweggründe. Schon seit geraumerZeit habe er überlegt, wie die Ölabhängigkeitangesichts von Klimadiskussionund steigenden Preisen verringert werdenkönne. 4.000 Liter habe seine Familie imSchnitt pro Heizsaison verbraucht. Jetzt reicheein Pelletstank. Zuletzt habe er 1.700Euro für das Auffüllen bezahlt. Eibl: „Hättenwir noch die alte Ölheizung, wären 4.200Euro fällig gewesen.“ Dass sich die Heizungschon in 5 Jahren amortisieren würde, habeniemand vorhergesehen.Zwar sind Heizsysteme auf Basis erneuerbarerEnergien trotz diverser Förderungenin der Anschaffung noch immer teurer alsherkömmliche; im Betrieb sind sie aber zumTeil deutlich günstiger. Das gilt auch fürWindkraft, Fotovoltaik und Biomasse. In allenBereichen spielt Österreich mit Unternehmenwie Bachmann Electronic, GreenOne-Tec, Ökofen und anderen eine weltweit führendeRolle.Wachstumstreiber und Jobmotor. Umwelttechnologienwaren in den vergangenenJahren die Wachstumsbranche schlechthin,vergleichbar der IT-Industrie in den 1990er-Jahren. Gibt man im Google-Suchfeld „GreenJobs“ ein, erhält man 1,43 Mrd. Treffer.Schränkt man die Suche auf Österreich ein,bleiben immer noch 34,2 Mio. Ergebnisse.Auch das zeigt den Stellenwert, den dieBranche inzwischen hat. Dabei steht nachEinschätzung von Experten die große Zeitder Green Economy erst bevor. Viele neueArbeitsplätze werden in diesem Segmententstehen, unterstützt durch gesellschaftlichenDruck und Gesetze.Der Begriff „Green Collar Job“ ist vergleichsweisealt, schon in den 1970er Jahrenwar in den USA von grün gefärbten Arbeits-green jobsWas das bedeutetDie Abgrenzung zu klassischen Jobsist mitunter fließend. Laut EU-Defini -tion sind Green Jobs Arbeitsplätze inder Herstellung von Produkten, Technologienund Dienstleistungen, dieUmweltschäden vermeiden und natürlicheRessourcen erhalten. Diese Arbeitsplätzefindet man in den verschiedenstenSparten wie zum Beispiel erneuerbareEnergien, nachhaltiges Bauenund Sanieren sowie Wasser- und Abwassermanagement.Trendsetter USA. Der Begriff GreenCollar Workers, von dem sich die BezeichnungGreen Jobs ableitet, tauchteerstmals 1976 in den USA auf. In Analogiezu Blue Collar Workers (Arbeiter)und White Collar Workers (Angestellte)wurden und werden darunter Beschäftigteverstanden, die in der klassischenUmweltindustrie tätig sind, speziell inder Wasser- und Abfallwirtschaft.Herbert Ortner ist mit dem FamilienunternehmenÖkofen in 15 Ländern aktiv. Seinevollautomatisierte Pelletsheizung brachteSchwung in den Markt.


<strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 17Josef Eibl heizt sein Haus miteiner Pelletsheizung „made inAustria“. Er spart damit rund4.000 Liter Heizöl pro Saisonund düngt mit der Asche, die erdaraus gewinnt, seinen Garten.plätzen die Rede. Populär wurden GreenJobs zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Sie geltenheute als qualitativ hochwertige Arbeitsplätze,die spezielles Wissen und Fertigkeitenvoraussetzen. Nach letzten von StatistikAustria erhobenen Daten für 2010 sind inÖsterreich rund 210.000 Menschen in derGreen Economy tätig, darunter auch Personen,die im Handel mit Umweltgüternund -technologien ihr Brot verdienen. Ohnediese sind es 188.000 oder 5,4 % der Erwerbstätigen(nach 5,0 % 2009 und 4,9 %2008). Zusammen setzten die Green Workers33,7 Mrd. Euro um.Saubere Technologien gefragt. „Seit Mitteder 1990er-Jahre beobachten wir einen deutlichenStrukturwandel in der Umwelttechnikindustrie“, sagt Angela Köppl vom Wirtschaftsforschungsinstitut(Wifo). Zahlenreihenseit 1995 zeigten, dass der Anteil dernachgelagerten Umwelttechnologien, etwaFilteranlagen zur Reduzierung negativerUmweltauswirkungen, deutlich geschrumpftund jener sauberer Technologien stark gestiegenist. Darüber hinaus sei die Industrieviel internationaler geworden.Allein in der Herstellung von Umwelttechnologiegab es nach letzten verfügbarenWifo-Zahlen aus dem Jahr 2007 einen exportrelevantenUmsatz von 3,94 Mrd. Euro– bei Gesamtumsätzen von rund 6 Mrd.Euro ein erheblicher Brocken, der auf Auslandsmärktenerwirtschaftet wird. Derzweitwichtigste Absatzmarkt nach Österreichsind die Länder der EU-15.Auf Umwelttechnologien im engerenSinn, die das Wifo seit 1995 in regelmäßigenAbständen untersucht (die neuesten Ergebnissewird es Ende des Jahres geben), warenin Österreich zuletzt 375 Unternehmen spezialisiert.Sie beschäftigten zusammen22.200 Mitarbeiter. Laut Köppl hat sich dieseZahl seit 1995 verdoppelt. Regional sind diemeisten einschlägigen Unternehmen inOberösterreich und in der Steiermark tätig.Grüne Perspektiven. In ganz Österreich sollenlaut Masterplan des Umweltministe -riums bis 2020 rund 100.000 zusätzlicheGreen Jobs entstehen. Weil die gesuchtenQualifikationen häufig nicht mit den angebotenenübereinstimmen, gibt es in einzelnenBundesländern verschiedene Initiativenzur Behebung des Mangels. Dabei spielendie lokalen Arbeitsmarktservice-Stellen eineentscheidende Rolle.So hat etwa das AMS Graz mit dem LandSteiermark eine Energiestiftung ins Lebengerufen. Über dieses Vehikel erhalten alsarbeitslos vorgemerkte Personen eine spezielleAusbildung im Bereich erneuerbareEnergien, die es am freien Markt so nichtgibt. „Wir finanzieren etwa einen Lehrgangfür Fotovoltaik, den Energie-Ausweis, denSolarwärmeplaner, Passivhaus-Projektierungen,Bioenergie-Heizanlagen und vielesmehr“, sagt Hermann Gössinger vom AMSSteiermark. Pro Jahr stehen 250.000 Eurozur Verfügung, was zur Qualifizierung von100 Personen reicht.Und Josef Eibl, der nun seit 5 Jahren mitPellets heizt, geht in den Garten und holteinen Salatkopf. Groß und kräftig ist er. DieErde ist gut gedüngt – mit Asche, die bei derPelletsverbrennung übrig bleibt und währendder Heizsaison in der Regel einmal proMonat entleert werden muss. — jobmotorGreen Jobs in ÖsterreichIm weiteren Sinn gibt es rund210.000 Green Jobs in Österreich.Damit hat jeder 20. Arbeitsplatz einengrünen Anstrich. Laut Statistik Austriawurden 2010 in diesem Sektor 11,8 %des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet.Zieht man Beschäftigte im Handelab, bleiben 188.000 Green Jobs in derProduktion und im Dienstleistungs -sektor. In Vollzeitäquivalenten sinddas 5,4 % der Erwerbstätigen.Gefragt: erneuerbare Energien. Dasbedeutendste Segment der Umweltwirtschaftist das Management derEnergieressourcen. Es erbrachte 2010mit 34,7 % der Umweltbeschäftigten49,5 % des Umweltumsatzes undumfasst unter anderem erneuerbareEnergien und Maßnahmen zurEnergie-Einsparung.WINDMEISTERAUS DEMLÄNDLEWenn der Wind geht, freut esein Unternehmen besonders:Bachmann Electronic ausVorarlberg. Der Familienbetriebaus Feldkirch ist seit mehr als40 Jahren mit Automatisierungstechnikbeschäftigt. DasUnternehmen ist Weltmarktführerbei Steuerungen für Windkraftanlagen.In jedem zweitenneu errichteten Windrad stecktein Steuermodul von Bachmann.Einen Rückschlag musste daserfolgsverwöhnte Unternehmenzuletzt in China wegen Ver -zögerungen beim Windkraftausbauhinnehmen. Statt deserhofften Zuwachses von70 auf 80 Mio. Euro fielen dieGesamterlöse 2011 auf 57 Mio.Euro. Mit Kurzarbeit versuchtman – in Abstimmung mitAMS, Gewerkschaft undWirtschaftskammer – die Zeitbis zum erhofften Aufschwungzu überbrücken. BachmannElectronic beschäftigt rund 500Mitarbeiter an 20 Standorten inÖsterreich, Deutschland, denNiederlanden, Dänemark, denUSA, China und Indien.INNOVATIVESPELLETSSYSTEMDer Name ist Programm.Einen Ofen möglichst ökologischbetreiben – das war undist es, was sich Ökofen-GründerHerbert Ortner zum Zielgesetzt hat. 1997 brachte dasUnternehmen aus Niederkappel/Oberösterreich den ersten vollautomatischenPelletsofen aufden Markt. Es folgten eine Reihevon Innovationen, die mitdiversen Preisen bedacht wurden.Den Innovationspreis BoisEnergie gab es 2011 für PellematicSmart, ein Heizsystem,das Pellets- und Solarwärmemit Heizungshydraulik aufengstem Raum kombiniert.Inzwischen ist Ökofen in 15Ländern vertreten, von Italienbis Amerika. Den größten Zuwachsgab es im Vorjahr inFrankreich, mit einem Umsatzanteilvon 40 % inzwischen derstärkste Markt des MühlviertlerFamilienunternehmens. 300Mitarbeiter haben zuletzt knapp30 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet.Die Exportquote vonEuropas Spezialist für Pelletsheizungenliegt bei gut 80 %.Foto: Bachmann electronic GmbH, ÖkoFEN, GREENoneTEC Solarindustrie GmbH, VERBUNDKÄRNTNERSONNEN-KAISEREs begann 1991 in einer Garage.Inspiriert von einer Selbstbaugruppekonstruierte undproduzierte der Kärntner RobertKanduth seine ersten Solar -kollektoren – und schlittertefast in die Pleite. Doch ähnlichwie viele US-amerikanischeUnternehmer sah Kanduth dasfinanzielle Desaster im erstenJahr als Chance und lernte ausden Fehlern. GreenOneTec istinzwischen der weltweit führendeHersteller hochwertigerthermischer Sonnenkollektorenund dazugehöriger Befestigungssysteme.Als OriginalEquipment Manufacturer(OEM) stellt GreenOneTec imAuftrag von MarkenproduzentenMarkenware her. Im Vorjahrwurden am neuen Standort inSt. Veit an der Glan 700.000Quadratmeter Kollektorflächeproduziert, 85 % davon gingenin den Export. Das Unternehmengehört zu der auf erneuerbareEnergien spezialisiertenKioto-Gruppe. Diese setzte2011 mit 380 Mitarbeitern130 Mio. Euro um. BRÜCKE INDIE ZUKUNFTWirtschaftsmotor Klimaschutz:Im <strong>Juni</strong> wird Österreichs modernstesWärmekraftwerk eröffnet.Das steirische Gas-KombikraftwerkMellach erzeugt klimaschonendStrom und versorgtden Ballungsraum Grazmit Fernwärme. Die hocheffizienteAnlage ersetzt 5 alte Kohle-und Öl-Kraftwerke. Damitspart VERBUND mehr als dieHälfte der CO 2 -Emissionen –2 Mio. Tonnen jährlich – ein. Inder 3,5-jährigen Bauzeit wurdenallein in Mellach mehr als3 Mio. Arbeitsstunden geleistet.Zu Spitzenzeiten waren aufÖsterreichs größter Kraftwerksbaustellebis zu 1.200 Fachkräftegleichzeitig beschäftigt.Wesentliche Komponentenstammen aus Österreich, diebeiden Blocktransformatorenwurden vom Siemens-Werk inWeiz geliefert. Die inländischeWertschöpfung ist hoch, rundein Drittel der investierten 550Mio. Euro fließt in die heimischeWirtschaft.


18 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong>Text Reinhard Böhm Illustrationen Artur Bodenstein <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 19PRO & CONTRA10 populäre Halbwahrheitenzu Klima und Klimawandel01Klimaschwankungen hates immer schon gegeben.Seit es die Erde gibt, gibtes Eiszeiten und Wärmeperioden.Wozu also dieAufregung um denKlimawandel?Es ist richtig, dass esimmer schon Klimaschwankungengegebenhat. Diese waren zum Teildrastisch, und der Bogendes Erdklimas ist sehr weitgespannt. Es reicht vonMillionen Jahren stabilenWarmklimas ohne jedeVereisung – auch nicht derPole – im Erdmittelalterund im frühen Tertiärbis zum Eiszeitklima deraktuellen 1,5 Mio. Jahre.In der letzten Kaltzeit,vor „erst“ 25.000 Jahren,bedeckte ein geschlossenesEisstromnetz die Alpentäler,das bis zu 2.000 Metermächtig war. Das alleswar durch natürlicheFaktoren gesteuert.Derartiges steht uns erstwieder in einigen 10.000Jahren ins Haus undbetrifft somit nicht Zeitspannen,die für eineoder auch mehrere Generationender Menschheitvon Belang sind. Unsereund die kommendenGenerationen sollten sichauf eine weitere Erwärmungvorbereiten. Diesewird die nächsten 100Jahre dominieren undbesitzt somit zweifellosgroße Bedeutung für uns.02Nur 0,3 bis 0,4 Promilleder Erdatmosphärebestehen aus CO 2 –und das soll sich so aufsKlima auswirken?Tatsächlich stellt das„Spurengas“ CO 2 nureinen verschwindendkleinen Bestandteil derErdatmosphäre dar.Etwas weniger als 0,3Promille waren es vor200 Jahren, mittlerweilebewegen wir uns auf 0,4Promille zu – mit weiterhinsteigender Tendenz.Trotzdem genügt das,um auf das Erdklimaeinen gewissen Einflusszu haben, da CO 2 undandere Spurengase wieMethan (CH4) zwar diekurzwellige Sonneneinstrahlung durchlassen,jedoch die langwellige Wärmeausstrahlungder Erde ins Weltall vermindern.Der direkte Effekt dieser „Treibhausgase“ istzwar gering, wird aber durch positive Rückkopplungenverstärkt. Beispielsweise kannwärmere Luft mehr Wasserdampf beinhaltenals kältere. Wasserdampf ist ein viel stärkeresTreibhausgas als CO 2 und treibt somit denEffekt „selbstverstärkend“ noch weiter an.Das führt dazu, dass man bei einer noch indiesem Jahrhundert realistisch zu erwartendenVerdopplung der Treibhausgase miteiner globalen Temperaturerhöhung vonnicht nur 1 sondern einigen °C rechnen muss.<strong>03</strong>Und wenn schon: Ein bisschen mehrWärme schadet nicht. Da müssen wirweniger heizen und können das ganzeJahr Tomaten im Garten anbauen.Natürlich gibt es im Klimawandel nichtnur Verlierer, sondern auch Gewinner.Der Mainstream der öffentlichen Meinungbefasst sich zurzeit mit den negativenAspekten. Der kluge und einer Zivilisationwie der unseren angemessene Umgang mitVeränderungen wäre jedoch – wie bei jedemanderen „Wandel“ auch – alle Aspekte sogut wie möglich zu erforschen und dannim Sinne einer vorsorgendenPolitik die Nachteilemöglichst gering zuhalten und die Vorteile zunutzen. Alle Hoffnungenallein auf eine Vermeidungsstrategiezu setzen,wäre riskant.04Überhaupt rührt die Erd -erwärmung doch von derSonne her und nicht vomMenschen. Unser Anteildaran ist wirklich gering.Das ist eine der typischenHalbwahrheiten in derKlimadiskussion. Natürlichhaben die Schwankungender Sonne einenEinfluss auf die Klima -variabilität, auch wenner von den „Alarmisten“gern wegdiskutiert wird.Zusammen mit demVulkanismus hat sie bisvor 50 bis 60 Jahren sogardie Klima-Antriebe durchdie Verwendung fossilerEnergie in Form vonKohle, Erdöl und Erdgasübertroffen. Es ist allerdingsebenso eine Tatsache– und das hören die„Skeptiker“ nicht gern –,dass seit etwa 3 bis 4 Jahrzehntender vom Menschenverursachte Treibhauseffektdie natürlichenKlima-Antriebe übertrifftund das wohl auch nochweiterhin tun wird.05Die Technik ist schonso weit fortgeschritten.Da werden wir das Klimawohl bis zum Ende des21. Jahrhunderts in denGriff kriegen.Tatsächlich ist eine weitereTechnologie-Entwicklungdie einzige realistischeHoffnung. Das betrifftbeide Strategien – sowohldie Eindämmung als auchdie Anpassung. Die völligeBeherrschbarkeit derNatur – auch im Fall desKlimawandels – ist eineChimäre. Wir werdenden weiteren Zuwachsder anthropogenen, vomMenschen verursachtenTreibhausgase in derAtmosphäre nicht zurGänze vermeiden können.Das ist auch ein wirtschaftlichesund eminent globalpolitischesProblem.Andererseits werden wirzweifellos auch nicht alleauf uns zukommenden Negativfolgen technologischabfedern. Das ist ein Grund mehr,beides gleichzeitig anzugehen – und zwarauf rationale Art und Weise.06Die Gletscher gehen bereits zurück. Das istdoch ein klarer Beweis dafür, dass der Klimawandelauch bei uns schon voll im Gang ist.Der Gletscherrückgang ist eine der wenigenFolgen, die deutlich sichtbar sind. Trotzdemwird auch damit viel Halbwahrheit verbreitet.Die meisten Foto-Vergleiche frühererGletscherzungen mit den kläglichen Restengehen zurück ins 19. Jahrhundert. In denAlpen hat der Gletscherrückgang bereits um1850 begonnen – lange bevor rund 100 Jahrespäter der Treibhauseffekt einsetzte. Waswir auf derartigen Fotos sehen, ist zumgrößeren Teil natürlicher Klimawandel.07Überschwemmungen, Vermurungen, Lawinen:Durch die globale Erwärmung wird dasKlima in Österreich immer extremer.Abgesehen davon, dass heiße Temperaturenhäufiger werden und kalte seltener, handeltes sich bei dem die Diskussion dominierenden„Klimawandel = Zunahme der Extremwerte“meist um „weiche Fakten“, wennman in die Klimadaten-Archive blickt. Sosind in Mitteleuropa weder die Stürme nochdie Hochwässer in den aktuellen Treibhaus-Jahrzehnten häufiger und stärker als in denZeiten des natürlich angetriebenen Klimasvor 100 bis 200 Jahren.08Wenn die durchschnitt -liche Temperatur auf derErde um 2 °C steigt, wirddas Klima katastrophalkippen.Der berühmte Kipp-Punktdes Klimas bei +2 °C überdem „vorindustriellen natürlichenKlima“ stammtvor allem aus der Welt desKlimawandel-Marketings.Der wahre Kern ist, dasses im Klimasystem positiveRückkopplungseffektegibt, was zu raschen Veränderungenführen kann.„Rasch“ ist relativ zu verstehen,wie etwa der geologischschnelle Übergangvon der letzten Eiszeit zuraktuellen Zwischeneiszeitin wenigen Jahrtausenden.09Grönland schmilzt, baldsitzen die Eisbären aufdem Trockenen. Für denKlimaschutz ist es ohnehinbereits zu spät.Ständige Übertreibungund das Spiel mit derAngst kann zur Abstumpfungführen. Aus Lethargieerwächst mit Sicherheitnicht der nötige Antriebzum rationalen Umgangmit einem Problem. Nachdem tausendsten Videoclipvon hungrigen Eisbären,denen das Packeisunter den Beinen wegschmilzt,stellt sich eineSättigung ein. Als Wissenschaftlerfragt man sichdarüber hinaus, ob nichtdie Sendezeit für tatsächlicheInformationen genütztwerden sollte. Oder gehtes nur noch um Weltuntergangs-Infotainment?10Bis 2100 wird der Meeresspiegelum 2 Meter steigen.60 % der Weltbevölkerungleben in Küstenstädten,sie werden im Wasserversinken.Zwar sind die 2 MeterMeeresspiegel-Anstiegstark übertrieben, jedochist dies wohl die dieMenschheit am stärkstenbetreffende Klimafolge.Die Geschwindigkeit desAnstiegs entscheidet, obund auf welche Weise wirdamit umgehen können.Das ema ist noch nichteinwandfrei geklärt – dieWissenschaft arbeitetdaran mit Hochdruck.Lust auf weitere Informationenzum Klimawandel? Klicken Sie aufwww.zamg.ac.at/klimawandelAutorDr. Reinhard Böhm studierteMeteorologie und Geophysik an derUniversität Wien. Er ist Mitarbeiterder Zentralanstalt für Meteorologieund Geodynamik (ZAMG) undbefasst sich mit Klimageschichteund Klimaschwankungen.


20 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> Text Karin Legat Fotos Thomas TopfFUSSABDRUCKUnser aller CO 2 -RucksackVon Paris auf’s Green:Genießer kosten das Schöne im Leben aus.Mein persönlicher CO 2 -Fußabdruckliegt unter dem österreichischenDurchschnitt“, erzähltdie Wiener Businessfrau Ursula Groß ausihrem Alltag. „Ich bin in der komfortablenSituation, dass ich meinen Arbeitsplatz zuFuß erreiche. Unsere Wohnung ist südseitigausgerichtet, wodurch wir weniger heizenmüssen. Außerdem konsumieren wir überwiegendsaisonale Lebensmittel.“ Der Individualverkehrspielt als CO 2 -Verursacher fürFrau Groß und ihre Familie privat kaum eineRolle, sehr wohl aber ihre beruflich bedingtenReisen. „Mein CO 2 -Wert wird sicher vonmeinen Flugreisen negativ geprägt“, ist Großüberzeugt.Wie groß ist mein Fußabdruck? Wohnen,Mobilität, Ernährung und Konsum – diese4 Faktoren bilden die Basis der CO 2 -Footprint-Berechnung.Hier liegen auch diegrößten Einsparpotenziale. Jede Österreicherinund jeder Österreicher trägt derzeiteinen CO 2 -Rucksack von durchschnittlichrund 10 Tonnen pro Jahr. Das ist das 5-facheder langfristig verkraftbaren CO 2 -Menge.„Wenn wir das 2-Grad-Ziel erreichen wollen,das heißt, die durch den Menschen verursachteErderwärmung bis 2050 im Durchschnittauf 2 Grad zu begrenzen, müssendie global verursachten CO 2 -Emissionen imVergleich zu heute mehr als halbiert werden“,erläutert Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt.„Jedem Bürger muss klarwerden, dass sein Lebensstil massive Auswirkungenauf die Umwelt hat“, betont ernachdrücklich.Das Ausweisen der persönlichen CO 2 -Emissionen in Tonnen sagt jedoch für denEinzelnen wenig aus. „Ich erkenne dadurchzwar, ob ich über oder unter dem österreichischenSchnitt liege, aber unter 9,2 Tonnenkann ich mir wenig vorstellen,“ schildertUrsula Groß. Hier kommt der CO 2 -Fuß -abdruck ins Spiel, der die Klimawirkungenunseres Verhaltens darstellt. Einen erstenEindruck davon kann man sich über CO 2 -Rechner machen.Sind CO 2 -Bilanzen vom Lebensstil geprägt?Wir alle haben Stereotype im Kopf, zum Beispiel,dass ältere Menschen einen geringerenCO 2 -Fußabdruck haben als junge. Aberstimmt das wirklich? Eine gemeinsame Studieder Karmasin-Marktforschung und des NachhaltigkeitsinstitutsSERI hat gezeigt, dass jedeÖsterreicherin und jeder Österreicher in etwaden gleichen Energieverbrauch und CO 2 -Fußabdruckaufweist. Der Gesamtenergieverbrauchunterscheidet sich kaum, allerdingssetzt er sich je nach Milieugruppe unterschiedlichzusammen. Die Studie unterteilt unsereGesellschaft in 4 Milieus: Niveau, Harmonie,Selbstverwirklichung und Unterhaltung.Niveaumilieu:modernste Geräte,hohe Energie-EffizienzÄltere gebildete Personen bilden das Gros desNiveaumilieus, aber auch die 48-jährige FrauGroß rechnet sich mit ihrer Familie dazu. „Beimir wird auf Perfektion Wert gelegt, Leistung,Anerkennung sowie Tradition und Bildungco 2 -rechner & co.Klimaschutz-Helfer im WebWer seinen persönlichen CO 2 -Fußabdruck berechnen lassenmöchte, dem stehen im Interneteine Reihe von CO 2 -Rechnern zurVerfügung. Die Rechner arbeitenallerdings in unterschiedlichsterQualität und mit verschiedenenDatengrundlagen. Bei der Wahldes CO 2 -Rechners muss sich derSuchende immer die Frage stellen:Was möchte ich mit der Aussageerreichen? Für die meistenBürger geben Onlinerechner guteerste Anhaltspunkte. Sie lassenerkennen, in welchen Bereichen –Ernährung, Mobilität, Wohnenund Konsum – die meisten CO 2 -Emissionen auftreten. Man solltesich aber nicht auf die Kommastellenverlassen.Hilfreiche Links• www.co2-rechner.at(CO 2 -Rechner)• www.topprodukte.at(Gerätevergleich)• www.marktcheck.at(Entscheidungshilfe)Weingut, Golfplatz, Städtetrip. Die Vertreterdes Niveaumilieus legen Wert auf Traditionund Kultur. Sie verfügen über vieleHaushalts- und Luxusgeräte, achten aberauf Effizienz. Die Mobilität ist durchschnittlich:Pro Person und Jahr kommen rund5.080 gefahrene Kilometer zusammen.


22 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong>spielen eine entscheidende Rolle. Unser Haushaltumfasst eine Vielzahl moderner effizienterGeräte rund um Multimedia, Office, Sanitäresund Kochen. Dafür weisen wir aber eine hoheWohnfläche pro Kopf auf, was unsere CO 2 -Bilanz schmälert.“ Die Wohnung von FrauGroß ist zwar gut gedämmt und klimatischgünstig gelegen, durch die große Wohnflächebleibt der Energiebedarf für das Heizen imVergleich zu kleineren Wohneinheiten allerdingshoch. Ihr Beruf erfordert von der Businessfrauaußerdem viele Flugreisen.Harmoniemilieu:viel Energie für Heizenund WohnenDas Harmoniemilieu ist in der Regel wenigergebildet, eher bescheiden und sehnt sich nachGemütlichem und Vertrautem. Hier fühltsich die Mutter von Ursula Groß, MelanieRichter, zu Hause. Durch die geringe Anzahlan Geräten sowie die niedrige Mobilität mitPKW und Flugzeug lebt sie generell energiesparsam.Verbesserungsmöglichkeiten siehtaber auch sie, vor allem hinsichtlich höhererEnergie-Effizienz. „Das trifft sicher auf meineHaushaltsgeräte zu, auf die Beleuchtung undauf die thermische Qualität des Wohngebäudes.“Richter wird dem Image der Harmonie-Orientierten im Wohnbereich gerecht, dennsie wohnt ebenso wie das Gros dieser Gruppein einem Einfamilienhaus.Selbstverwirklichungsmilieu:Smartphone, PC und FlugreisenJüngere gebildete Personen wie den JungunternehmerAlexander Hanzlik, für dieIndividualität und Freiheit an oberster Stellestehen, zählt die Studie zum Selbstverwirklichungsmilieu.Sie haben meist viele elektronischeGeräte, jedoch mit einer hohenEffizienz. Die eher große Wohnfläche inMehrfamilienhäusern kommt beim CO 2 -Fußabdruck nicht so sehr zum Tragen, dieUrsache für einen hohen Energieverbrauchist zumeist die Mobilität. Diese Personengruppeweist die meisten Flugreisen und diehöchste Anzahl an PKW pro Erwachsenemauf. Mit 21,3 Tonnen CO 2 allein für die Fortbewegungspiegelt Hanzlik das Mobilitätsmusterder Selbstverwirklicher wider.Unterhaltungsmilieu:Spaß und MobilitätEin junges Publikum findet sich auch imUnterhaltungsmilieu, wo es das starke Bedürfnisnach Aufregendem, Schnellem undSchrillem gibt. Konservatives wird abgelehnt.In dieser Gruppe trifft man auf dieJus-Studentin Rika und ihren Partner, denPsychologie-Studenten Roman. „Kommunikationmuss cool und modern sein. Wirwollen Spaß“, ist ihr Anspruch. Diese Gruppeist viel mit dem Flugzeug unterwegs. VieleAktivitäten für Unterhaltung und Action sindaußerdem mit einem hohen indirektenEnergieverbrauch verbunden. Dazu zähltder Besuch von Spielhallen, Volksfesten oderBräunungsstudios ebenso wie die Sportszene.Auch Pop- und Rockkonzerte sowie Diskothekenwerden gerne frequentiert.Lebensstil ändern. „Diese Studie ist sehr interessant“,kommentiert Umweltbundesamt-Experte Jürgen Schneider. „Daraus darf abernicht der Schluss gezogen werden, dass esauf individueller Basis keine Unterschiedegibt und dass Einflussmöglichkeiten generellfehlen. Mit Verhaltensänderungen kann dereigene Fußabdruck rasch und einfach deutlichvermindert werden.“ Die Reduktion derCO 2 -Emissionen und die Eindämmung derErderwärmung sind das große ema dernächsten Jahre. Jeder Einzelne muss motiviertwerden, seinen Beitrag zu einer Senkungder CO 2 -Bilanz zu leisten bzw. mehrdarin zu investieren. „Um das Bewusstseinüber den persönlichen CO 2 -Fußabdruckweiter zu stärken, ist es wichtig, besser zuinformieren“, fordert Schneider. „Zugegeben,wenn ich jeden Tag vor Augen habe, welchennegativen Einfluss meine Aktivitäten auf dieökologische Bilanz haben, bin ich viel ehermotiviert, mein Verhalten schrittweise zuverändern“, erklärt auch Ursula Groß.Nötig sind dafür der richtige Kommunikationswegfür Informationen rund um die persönlicheCO 2 -Bilanz in den 4 Bereichen Wohnen,Mobilität, Ernährung und Konsum sowieTipps und Tricks für einen nachhaltigen, aberdennoch komfortablen Lebensstil. „Wennich nie ins Internet einsteige, werden Online-News wenig Überzeugungsarbeit leisten können“,sagt Schneider. Studien über zielführendeKommunikationswege gibt es bereits.Das Unterhaltungs- und das Selbstverwirklichungsmilieureagieren demzufolge vor allemauf moderne Kommunikationsmedienwie Internet oder SMS, aber auch auf Postwurfsendungen,Prospekte, Plakate oderTageszeitungen. Vertreter des Niveaumilieusnutzen vorwiegend Plakate und Tageszeitungen.Das Harmoniemilieu spricht vor allemauf Wochenzeitungen und Fernsehen an.„Der Weg zu einer verbesserten CO 2 -Bilanzist frei. Man muss ihn nur einschlagen –sobald als möglich,“ appelliert auch UrsulaGroß, die künftig für Kurzstrecken die Bahnnutzen möchte. — Mountainbike, Action, Fernreise. DasSelbstverwirklichermilieu ist aufgeschlossenund neugierig und liebt das Trendige.Hauptsache unterwegs: Pro Jahr werdenrund 6.000 Kilometer gefahren, außerdemgibt es die meisten privaten Flüge.Smartphone und PC sind immer dabei.Immer am Ball:Selbstverwirklicher sind überall daheim.


Text Helmut Wolf Fotos Thomas Topf <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 25GENERATION KLIMASCHUTZZwischen Facebook und Aktivismus5 minutenAls die Welt schwiegIm Alter von 12 Jahren hielt das kanadischeMädchen Severn Suzuki aufdem Umweltgipfel in Rio de Janeiro1992 eine eindrucksvolle Rede, die bisheute Gültigkeit und Strahlkraft besitzt.Das Video ihrer Rede „The Girl who silencedthe World for 5 Minutes” wurdeauf Youtube von fast 17 MillionenMenschen angesehen. Es gibt aucheine Youtube-Version mit deutschenUntertiteln. Ihr Appell an die Erwachsenen:Ihr müsst eure Wege ändern!Severn Cullis-Suzuki ist heute33 Jahre alt. Sie hat Ökologie undevolutionäre Biologie studiert und istals Umweltaktivistin, TV-Moderatorinund Schriftstellerin tätig. Mit ihremMann und Kind lebt sie auf der kanadischenInselgruppe Haida Gwaii. IhrLeben wurde in dem Dokumentarfilm„Severn“ (2010) verfilmt.Generation Klimaschutz statt No Future:Viele Jugendliche haben eine hohe Sensibilitätfür Nachhaltigkeit und Umweltthemen.Du bist das, was du tust, nicht das,was du sagst.“ Weise Worte, diedas damals 12-jährige kanadischeMädchen Severn Suzuki auf dem Umweltgipfelin Rio de Janeiro in seiner eindrucksvollenRede im Jahr 1992 gefunden hat. DasVideo ihrer Rede „e Girl who silenced theWorld for 5 Minutes“ wurde auf Youtubevon mehr als 17 Millionen Menschenangesehen und hat bis heute nichts von seinereinmaligen Strahlkraft verloren.In der Rede spricht das Mädchen vor hochrangigenPolitikern, Delegierten, Geschäftsleutenund Reportern – vor Erwachsenen –in einfachen wie treffenden Worten überseine Sorgen und Wünsche die Zukunftunserer Umwelt betreffend. Sein Appell zusammengefasst:Ich bin nur ein Kind, aberich weiß, dass die Menschen alle zusammenauf dieser Welt vereint sind und wir die Natur,das Klima und alle Lebewesen daraufschützen müssen – ihr Erwachsenen müssteuer Leben ändern!Next Generation. Die Rede beim UN-Klimagipfelder bis heute engagierten UmweltaktivistinServern Suzuki war der erste Auftritteiner Jugendlichen vor einem hochrangigenPublikum und Initialzündung für den globalenKlimakampf der kommenden Generation.Dieser Vortrag steht symbolisch fürdie anhaltende positive Energie und Leidenschaftder „Next Generation“. Umweltpflege,Klimaschutz und eine verantwortungsvolle,nachhaltige Lebensweise waren und sindjene emen, die Kinder und Jugendlichein den vergangenen Jahren und Jahrzehntenbesonders stark zu begeistern und motivierenvermochten.Artikulierte sich der Protest gegen Klimawandelund Umweltverschmutzung in denvergangenen Jahren noch in abgegrenztenÖko-Initiativen, so ist heute eine breit angelegteKlimaschutz-Avantgarde im Entstehen,die mit viel Enthusiasmus die Zukunftselbst in die Hand nehmen will. Dies belegenaktuelle Studien, die den Jugendlichenvor allem in Großstädten eine hohe Sensibilitätin Sachen Nachhaltigkeit, UmweltundKlimaschutz attestieren.Hohes Interesse an Umweltthemen. Auseiner aktuellen Umfrage der Hochschule fürangewandte Wissenschaft in Hamburg(„Green Capital of Tomorrow – Next Generations& Perspectives“, Oktober bis Dezember2011) unter Jugendlichen in 9 europäischenStädten geht hervor, dass 71 % Nachhaltigkeit,Umwelt- und Klimaschutz als bedeutendsteHerausforderungen der Zukunfteinschätzen. Diese städteübergreifende Auffassungsteht noch vor der Bekämpfung derFinanzkrise. 72 % aller Befragten sind interessiertbzw. sehr interessiert an Umweltthemen.27 % engagieren sich aktiv in konkretenProjekten.


26<strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 27Jedes Kind kannnachvollziehen, dasskein unendlicherRessourcenkonsumstattfinden kann.Als besonders wichtig (79 %) wird die Verhaltensänderungund Eigenverantwortlichkeitdes einzelnen Bürgers erachtet. Als bedeutendsteHandlungsfelder für Nachhaltigkeitund Klimaschutz betrachten die Jugendlichenin Städten wie Hamburg, Zürich, Kopenhagen,Barcelona, Warschau und Wiendie Ressourcenschonung (57 %), den Ausbauerneuerbarer Energien (55 %) sowieeine verbesserte Abfallwirtschaft und denRecycling-Prozess (50 %).Diese Umfragen unter Jugendlichen belegenvor allem auch, dass hier keine Generationder Verantwortungslosigkeit undChatsüchtigen heranwächst, wie oft vermutetwird. Hier werden junge Menschen voneiner Suche nach einer verloren geglaubtenZukunftsfähigkeit angetrieben, die sich inFELIX, 14:BOTSCHAFTERFÜR DAS KLIMAMit Bäumen das Klima retten –kann das funktionieren? NachÜberzeugung von Felix Finkbeiner,14 Jahre jung, schon. Was mitder ersten Baumpflanzung vorseiner Schule im deutschender Bekämpfung einer maßlosen Konsumkulturmanifestiert. Eines Lebensstils, derden Klimawandel in den kommenden Jahrenzu beschleunigen droht. Auch ohne wissenschaftlicheBeweisführung kann heute jedesKind nachvollziehen, dass in einer endlichenWelt nicht unendlicher Ressourcenkonsumstattfinden kann.Starnberg im Jahr 2007 begonnenhat, ist zu einer weltweitenKlima-Initiative avanciert: Über14.000 „Botschafter für Klimagerechtigkeit“gibt es bereits. Rund4 Mio. Bäume wurden bisher angepflanzt.„Plant-for-the-Planet“nennt sich die von Felix initiierteUmweltplattform, die sich ausKindern im Alter zwischen 8 und14 Jahren zusammensetzt.PLANT-FOR-THE-PLANETGerade 9 Jahre war Felix Fink -beiner, als er im Unterricht vonder Umweltaktivistin und FriedensnobelpreisträgerinWangariMaathai hörte. Maathai gründetein Afrika ein Aufforstungsprojektund pflanzte rund 30 Mio. Bäume.Felix war beeindruckt undvon der Idee beseelt, die Klimakriseaufzuhalten: „Ich dachtemir, das kann ich auch“, sagte erund begann mit der Pflanzungvon Bäumen. Der ambitionierteBursche aus Oberbayern gründetedie Umweltorganisation Plantfor-the-Planet..Gemeinsam mitKindern und Schülern sollenweltweit „tausend MilliardenBäume“ gepflanzt werden, sodas ehrgeizige Ziel. „Das ist eineZahl mit 13 Stellen“, betont Felixmit leuchtenden Augen.Aktiv in Social Networks. Im Vergleich zuden Umweltbewegungen vergangener Jahre,wo sich Protest zumeist unter Intellektuellenund in ideologischen Diskussionen äußerte,ist die neue „Generation Klimaschutz“ vielmehreine grenzenlose soziale Bewegung.Der Jugendliche von heute ist bestens mitden neuen Medien vertraut, ist mit Gleich-STOP TALKING –START PLANTINGMit Unterstützung der Schuleund der Eltern wurde Plant-forthe-Planetrasch zu einer erfolgreichenInitiative. Die Idee verbreitetesich wie ein Lauffeuer,zuerst in Deutschland, dann inder Welt. Das Nachrichtenmagazin„Focus“ zählt Felix Finkbeinerzu den 100 einflussreichstenDeutschen. Internationale Medienhaben ihn als „EnvironmentalSuperstar“ bezeichnet. Gemessenwird die Zahl der angepflanztenBäume mit dem offiziellenBaumzähler der Erde – genannt„Billion Tree Campaign“. Dieserwurde Plant-for-the-Planet imDezember 2011 von der UNOübertragen. Das heißt: Alle Bäume,die weltweit gepflanzt werden,können auf dem Baumzählerder Webseite eingetragenund registriert werden. Stoptalking – start planting!www.plant-for-the-planet.orgFoto: Plant for the planetklimaschutz aktivKlasse Ideen zu EnergieVon der mit Muskelkraft betriebenenEnergietankstelle über den innovativenDüngemitteleinsatz bis zum Trickfilm„Oma Glühbirne“ – die Arbeiten derSchüler-Lehrer-Teams, die bei„EDUARD <strong>2012</strong>“ ausgezeichnetwurden, dokumentieren eindrucksvoll:Jugendliche lassen sich für Energieund Klimaschutz begeistern.Schulen aus ganz Österreichnahmen an dem von VERBUND und„Die Presse“ durchgeführten EducationAward teil. In Summe wurden 70 Projekteeingereicht. Die ersten Plätze desmit insgesamt 50.000 Euro dotiertenPreises gingen mit jeweils 12.000 Euroan die Teams der Praxis HS Graz(Kategorie Pflichtschulen) und HandelsakademieMistelbach (Kategorie HöhereSchulen). Die Projekte sind bereits inder Umsetzung. Infos: diepresse.comgesinnten in Communitys vernetzt undnutzt die gestalterische Macht der Social-Media-Kanäle – und das oft mit nur ein paarKlicks oder dem Betätigen des „Like“-Buttons.Facebook, Twitter, Flickr, Wikis undCo. sind nicht nur Kommunikations-, sondernauch Organisationsmedien, mit denenmehr Menschen erreicht werden, mehrJugendliche bewegt und begeistert werdenkönnen, als je zuvor.Soziale Medien wie Twitter und Facebooküben auf Politik und Wirtschaft weitaus höherenDruck aus, als dies klassische Parteienoder Umweltschutzorganisationen vermögen.Freunde finden, Spaß haben, Widerständeüberwinden, gemeinsam (Klima-) Zieleerreichen – so in etwa kann die Philosophieder modernen Social-Media-Aktivisten zusammengefasst werden.Moderner Umweltschutz hat nicht mehrnur mit Katastrophenargumenten und todernstenDiskussionen („Es ist 5 vor 12“) zutun. Ein lebensbejahender Spirit mitsamteiner gestaltungsfähigen Zukunftsaussichtund den grenzenlosen Möglichkeiten desInternets begeistert die Jugendlichen deutlichmehr als die tausendste PowerPoint-Präsentation über CO2-Emissionen oderden ökologischen Fußabdruck. Das Internetschafft es, den vielen Zehntausenden Klimaretterneine Stimme zu geben und denvirtuell geäußerten Protest in eine „RealWorld“-Politik zu transferieren.Hoffnung und Optimismus. Seit Jahrzehntenwarnen Wissenschaftler in unzähligen Studienvor Erderwärmung und Klimawandel,und erklären, dass sich Investitionen in Klimaschutzlohnen, um die Welt besser, lebenswerterzu machen. Passiert ist bisher(so gut wie) nichts. Die Jugend begegnetdieser Ignoranz dennoch mit großer Hoffnungund Optimismus: Hoffnung, den Klimawandelzu stoppen und Optimismus, mitbeispielsweise weniger Fleischkonsum undUmweltschutz einen kleinen Teil zur Rettungder Welt beitragen zu können. Es steckteine gewaltige, jugendliche Neugier dahinterzu erfahren, wie intelligente Stromnetze fürElektro-Autos funktionieren, wie sich dasStadtleben mit mehr Fahrrädern, häufigerzu Fuß gehen oder Carsharing gestaltet.Daniel Boese, Autor des Buchs „Wir sindjung und brauchen die Welt“, sieht hier dieerste wahrhaft globale Jugendbewegung heranwachsen.Ob in Westafrika, in Indien, inSüdamerika oder in Österreich – die Klimabewegungist zum Herz einer Generationavanciert, die dabei ist, Weltpolitik neu zudefinieren. Aus einem Gefühl der Machtlosigkeit(„Was kann ich schon tun?“) wachsennunmehr selbstbewusste Klima-Aktivistenheran. Internationale Solidarität ist nichtmehr bloß eine Parole, sondern dank Facebookund Twitter Realität. Dies hat auch der„Arabische Frühling“ im Vorjahr bewiesen.Die neue Klimabewegung kommt ohne revolutionärenGestus, ohne Hedonismus,ohne Peace, Love & Rock’n’Roll-Attitüdeaus. Das macht sie für viele (Erwachsene)schwieriger zu sehen. Das Ziel der Next Generation,analysiert Autor Daniel Boese inseinem Buch, ist nicht der radikale Wandel,sondern das Bewahren der Klimastabilitätder letzten 10.000 Jahre.Mobile Klimaschule. Jugendliche leben ineiner kommunikativen Umwelt. Nicht nurdas Internet, vor allem Eltern, Freunde,Schule und Lehrer beeinflussen den Einstellungsprozessder Heranwachsenden.Wie wichtig es deshalb ist, bereits in jungenJahren Bewusstseinsbildung für Natur undKlimaschutz zu betreiben, dokumentiertein herausragendes Schul- und Jugendprojektin Österreich. Die „verbund-Klimaschuledes Nationalparks Hohe Tauern“zeigt auf, wie Klimaschutz und Energiethemenspannend und jugendgerecht aufbereitetwerden können. Die Klimaschule wurdeim <strong>Juni</strong> 2010 ins Leben gerufen und istbereits heute ein großer Erfolg. Als 4-tägige„mobile Schule“ angelegt, werden Schülernder vierten bis zehnten Schulstufe von speziellausgebildeten Nationalpark-RangernZusammenhänge von Klima, Energie undKlimaschutz in authentischer und praxisnaherArt und Weise vermittelt.Die Nationalpark-Ranger kommen miteinem großen Experimentierkoffer, vielenanregenden Denkaufgaben und Spielen indie jeweilige Schule. An 4 Tagen fungierendie Ranger als Lehrer. In anregender undverständlicher Form werden den Schülernvermeintlich komplizierte Szenarien zwischenKlima-Erwärmung und Energieverbrauchdargestellt. Jeder Ranger stellt dabeisein eigenes Konzept zusammen. Wichtig:Nicht der drohende Zeigefinger wird erhoben,vielmehr werden clevere Lösungsansätzeund Möglichkeiten für den Einzelnenaufgezeigt. Lustvoll Bewusstsein schaffen,lautet das Motto des Klima-Unterrichts.


28Fotos Thomas Topf, Biohof Adamah/Stefan Zoubek, TrashDesignManufaktur <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> 29Freunde finden,Spaß haben, Wider -stände überwindenund gemeinsamZiele erreichen.Green AppsVia Smartphone CO 2 sparenKleidung, Möbel oder Apps – Klimaschutz ist trendy,vielseitig und macht Spaß. Praktische Tipps undServices, zusammengestellt von Ihrer <strong>flow</strong>-Redaktion.Kost nix gibt’s net?Kostnixläden gibt es doch!Auch spannende Outdoor-Aktivitäten stehenam Programm. Im Fokus stehen Methodenvielfalt,interaktives Lernen, Erfahren,Beobachten und Analysieren. Mit ihrem vielfältigenAngebot richtet sich die Klimaschulespeziell an Schuleinrichtungen der Nationalpark-BundesländerKärnten, Salzburgund Tirol. Ab dem kommenden Schuljahr<strong>2012</strong>/13 wird der kostenlose Klima-Unterrichtauf alle Nationalparkländer ausgeweitet.Bereits mehrere Tausend Schüler habenteilgenommen.Als Highlights für alle 10- bis 14-jährigengelten die 5-tägigen Klima Camps im NationalparkHohe Tauern in den Sommerferien.An 3 Terminen im August werden dieSchüler gemeinsam mit den Nationalpark-Rangern zu den Gletschern und EisriesenINFORMIERENWir sind jung undbrauchen die WeltIn seinem Buch„Wir sind jung undbrauchen die Welt.Wie die GenerationFacebook den Planeten rettet“beschreibt der deutsche AutorDaniel Boese die Geburt derneuen Klimaschutz-Generation.Als Reporter war Boese aufJugendgipfeln in London undNeu-Delhi unterwegs und hatKlima-Aktivisten in China,Indien, Kenia, Mexiko undDänemark begleitet.Youth Climate MovementDie Website Youthclimate.orgbietet einen tollen Blick überdie internationalen Aktivitätender Klimajugend. Das InternationalYouth Climate Movement(IYCM) ist ein Netzwerk jungerKlima-Aktivisten aus über 100Ländern. Seit 2005 werden Delegationengebildet, die auf denUN-Klimakonferenzen die offizielleStimme der Jugendlichenrepräsentieren.Ein guter Taghat 100 Punkte100 Punkte – das ist dertägliche Rahmen für eineLebensweise, die uns unddem Klima gut tut und globalgerecht ist. Eine anregendeWebsite, auf der sich derpersönliche „gute Tag“zusammenstellen lässt.Je weniger Punkteein Produkt oder eineTätigkeit hat, umso besser.www.eingutertag.orgMITMACHENKindermeilen-KampagneBei der „Kindermeilen-Kampagne“von März bis Novemberentdecken Kinder und Schüleraus ganz Europa umweltfreundlicheWege zu Schuleund Kindergarten. Für jedenumweltfreundlich zurückgelegtenWeg erhalten sie eine Klimameilein Form eines grünenAufklebers in einem Sammel -album. Das Ziel für <strong>2012</strong>? 1 Mio.Klimameilen allein in Österreich.www.klimabuendnis.at/kindermeilenWas bedeutet die Zahl 350?Am Anfang stand ein simplesYoutube-Video. Im Lauf derJahre ist die weltweit vernetzteUmweltplattform 350.org zuvordringen, Abenteuer in der Natur erlebenund Wissenswertes über das Klima erfahren.Wie gut das Projekt bei den Kindern undJugendlichen ankommt, zeigt sich auch ander starken Nachfrage anlässlich des Klimaschutzfestesam 5. <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> am Werksgeländevon verbund in Kaprun (www.nationalpark-klimaschule.at).Mit mehr als2.000 Teilnehmern wird das Klimaschutzfestnun sogar auf zwei Tage ausgeweitet. Einschönes, Mut machendes Signal zum zukünftigenWelt- und Klimaschutz ... — einem mächtigen Sprachrohrmit mehr als 300.000 jungenUmweltschützern geworden.350 parts per million (ppm)ist das Maß an maximalerKonzentra tion von Kohlendioxid,welches nach Meinungführender Wissenschaftler fürdie Erdatmosphäre erträglichist. www.350.orgWelt der Energie erspielenPhysikunterricht mal anders –das verspricht das ComputerspielLudwig. Mutige Abenteurerab 11 Jahren entdecken aufihrer Reise, wie aus Wasser,Wind und Sonne erneuerbareEnergie entsteht. Sie nutzendiese clever, um die Robotronicsvor dem drohenden Energie -kollaps zu bewahren. Zu habenist das Spiel ab 19,90 Euro aufwww.playludwig.comFoto: oekom verlag GmbHWissen Sie, wie viel CO 2 Sie beim Heizen,Wohnen oder Transport erzeugen – und wodie größten Stromfresser lauern? Mit derKlimaschutz-Allgäu-App bestimmen Sieunterwegs Ihren CO 2 -Fußabdruck und erhaltenVorschläge, um Ihre „Sünden“ wiedergutzumachen.Stählen Sie Ihren Öko-Kampfgeistmit der App EcoChallenge. Sie locktjede Woche mit einer spannenden Heraus -forderung – vom Kochen mit Zutaten ausder Region bis zum Einkauf ohne Plastik. DieWWF-Ratgeber-App spürt Energieschleudernim Haushalt auf. Die effizientesten Geräteoder die richtige Beleuchtung – Klimaschutzstartet mit wenigen Klicks. — Himmlisch biologischWohlfühlmodeGöttin des Glücks ist Österreichs erstesModelabel mit Kleidung aus einer gänzlichökofairen Produktionskette. Die FairtradezertifizierteBio-Baumwolle wird in Indiengepflückt und in Mauritius verarbeitet. Seitder Gründung 2005 stehen soziale Verantwortung,Nachhaltigkeit und Klimaschutzim Fokus – mit fairen Löhnen, schadstofffreierProduktion oder Verzicht auf Kinderarbeit.Die große Nachfrage inspiriert das3-köpfige Team laufend zu neuen Ideenwie Business- oder Sportoutfits. Infos undShops: www.goettindesgluecks.at — Kistl frei HausDer Biohof Adamah bringt’sKnackfrische Paradeiser, vom Garten indie Pfanne – wer träumt nicht davon? DerMarchfelder Biohof Adamah liefert Obst,Gemüse und weitere Bioprodukte wie Brotoder Wein frei Haus. Das Angebot lässt sichindividuell zusammenstellen – vom Mutter-Kind-Kistl bis zum Büro&Schul-Kistl. JungbauerZoubek denkt auch in der Energie-Erzeugung grün: Gerade erst wurde die dritteFotovoltaikanlage installiert sowie der Beitrittin ein Windkraft-Projekt beschlossen. „Wirtüfteln auch laufend an der Verbesserungunseres CO 2 -Fußabdrucks, den wir durch Produktionund Lieferung erzeugen“, so Zoubek.Adamah – hebräisch für „lebendiger Ackerbau“– ist das Leitmotiv der Familie Zoubek,die den Betrieb seit 1997 rein biologisch bewirtschaftet.Auf 90 ha Ackerfläche wachsenGemüse, Getreide oder Kräuter. Die Biobauernlegen nicht nur auf die Artenvielfalt Wert,sondern auch auf die richtige Fruchtfolge, dieSchonung von Grundwasser und Nützlingenund die Verwendung von Biodünger. Obstund weitere Bioprodukte werden von Partnerbetriebenbezogen. Kostproben gibt es imhofeigenen Bioladen und im Web-Shop aufwww.adamah.at. — Warum wegwerfen, was andere nochbrauchen können? In den Kostnixlädenin Wien, Graz und Innsbruck kann jedergratis Dinge mitnehmen – von Möbelnund Büchern bis zu Gewand. Im ReparaturNetzwerkWien heißt es „Aus Alt machNeu“: Ausrangierte, aber geliebte Dingewerden vor der Mülldeponie gerettet.Und wo horten Sie Ihre Schätze?Infos: www.umsonstladen.at,www.reparaturnetzwerk.at — In neuem GlanzDesign aus EdelschrottDie Wäschetrommel wird zum Tisch unddie Schallplatte zur Uhr. Die Kreationenvon TrashDesignManufaktur Wien undgarbarage upcycling design verleiten zumSchmunzeln. Kreiert und hergestellt werdensie von langzeitarbeitslosen, behindertenoder ehemals suchtkranken Menschen.Infos: www.trashdesign.at,www.garbarage.at — q u i zIst die Pille ökologisch nachhaltigerals das Kondom? Raten Sie mit undgewinnen Sie auf www.verbund.com/blog


30 <strong>flow</strong>_<strong>03</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong> Text Wolfgang PauserABLASSHANDEL –WAS KöNNEN WIr Für DIEZuKuNFT VON IHM LErNEN?Sind lange Autofahrtengesünder fürs Klima, alsin den Flieger zu steigen?Wer kein Kenner der Kirchen -geschichte ist, kann angesichtsder jüngsten Karriere des Wortes „Ablasshandel“leicht auf die Idee kommen,es handle sich dabei um ein Geschäft mitabgelassener schlechter Luft. Und hättedamit sogar recht, wenn auch nicht imBegriff, so doch in der Sache.Tatsächlich zeigt das moderne EmissionszertifikatÄhnlichkeiten mitdem päpstlichen Ablassbrief der Renaissance.Schon damals wurden verbriefteAnrechte auf Erlass einer Menge von„zeitlichen Sündenstrafen“ börsenmäßiggehandelt. Wer genug Geld hatte, konntesein schlechtes Gewissen erleichtern undsich von Sünden freikaufen. Bei wohlwollenderBetrachtung dieses seelsorgerischenAngebots möchte man meinen,die steigenden Preise fürs Sündigen würdendie Gläubigen zu mehr Wohlverhaltenbewegen. Kritisch betrachtet könnensich die Reichen vom Ablass eingeladenfühlen, sündiger als bisher zu leben. Vorallem dann, wenn sie Sünden begehen,die ihren Reichtum mehr steigern, als dieBuße kostet. Heute spricht man in solchenFällen von „Negativ-Anreizen“. Vorallem, wo es um CO 2 -Zertifikate geht.Der Ablasshandel finanzierte Romzwar den Petersdom, wurde jedochzunehmend als ungerecht und moralischverwerflich empfunden. Er provozierteLuthers Kirchenspaltung. 1570 verzichtetedie Kirche auf die so fragwürdigen wieprofitablen Früchte der Sünde. „Viele, dieüber Ablasskrämerei in der katholischenKirche lachen, üben sie doch täglichselbst. Wie mancher Mann von schlechtemHerzen glaubt sich mit dem Himmelausgesöhnt, wenn er Almosen gibt.“ Sourteilte im 18. Jahrhundert der Physikerund Dichter G. C. Lichtenberg – nichtahnend, dass seinen Worten im 21. Jahrhunderteine erneute Aktualität zukommenwürde.Um den Himmel ging es damals wieheute. Den Himmel als Projektionsflächezukünftigen Heils oder Unheils,steuerbar durch menschliche Schuld undBuße, verrechenbar einst über Rom, jetztüber Brüssel. Ausgetauscht wurde dasgöttliche Donnerwetter gegen die globaleKlimakatastrophe. Immer noch bedarf esfür Ablasshandel einer zentralen Institu -tion, die davon ausgeht, die Summe allerSünden sei relevanter als die einzelneböse Tat. Und die Sünde sei kompensierbardurch Bußzahlung an einen anderen,der Gutes tut. Die Kirche etwa, oder einfernes Land mit veralteten Kraftwerksanlagen,die modernisiert werden.Dem an Autorität orientiertenmittelalterlichen Menschen war derAblasshandel plausibel erschienen. Sichder Sünde zu enthalten schuldete er Gottund dessen Stellvertretern auf Erden. Erstdie Philosophie der Aufklärung verlegtedie Quelle und das Ziel von Moral in denMenschen hinein. Das Individuum alsSubjekt eines moralischen Urteilsvermögenssollte vernünftig entscheiden undVerantwortung übernehmen. Auch indiesem Modell führt unmoralisches Verhaltenzu Schuld – wenngleich nicht zujener Art von Schuld, die sich delegieren,kompensieren oder verkaufen lässt.Die Vernunft-Moral des KategorischenImperativs verlangt Allgemeingültigkeitihrer Regeln. Weil sie individualistischist, muss sie für jeden gelten, immerund an jedem Ort. Ausnahmen undFreibriefe für die Unmoral sind mit derEthik des aufgeklärten Menschen unvereinbar.Ein Mörder etwa kann sich nichtdarauf berufen, er hätte auch mal einenMenschen gezeugt, daher hätte er an derBilanz der Gesamtbevölkerung ohnehinnichts geändert. So zutreffend seine Behauptungim Lichte einer reinen Erfolgsethikauch wäre, so unerträglich ist siejedem Gefühl für eine moralischeGesinnung.Nun geht es beim Klimahandel nichtum den Götterhimmel, sondernum den Wetterhimmel. Nicht um gutesHandeln, sondern um gute Wirkung, obmit oder auch ohne Moral. Aus Sicht derBefürworter von Zertifikaten heiligt derZweck die Mittel. Auch wenn es demmoralischen Gefühl widerspricht, dassein europäisches Braunkohlekraftwerkweiter CO 2 ablässt, nachdem es denAblass bezahlt hat, damit in China keinweiteres Braunkohlekraftwerk errichtetwird, sondern Windräder. Ob dieses Systemder erkauften Verschmutzungsberechtigungenlangfristig den gewünschtenErfolg erzielt, muss sich erst erweisen.Tut es das nicht, wird man sich schmerzlicherinnern an den guten alten KategorischenImperativ. Der nämlich fordertdie Unteilbarkeit der Verpflichtung zumrichtigen Handeln. Er gilt in Europa nichtweniger, nur weil sich auch anderswojemand daran hält.So zu handeln, wie man es als richtigerkannt hat, könnte sich schon baldals nicht delegierbar erweisen. Nicht nurvon der Gesinnung her, sondern auchvom Effekt. Gutes tun muss jeder. Ambesten selbst, hier und jetzt. — Klimaschutz-QuizMachen Sie mit!Testen Sie online Ihr Wissen zu Klima und Klimaschutzund erfahren Sie mehr über die Hintergründe. 10 Fragenladen zum Mitmachen ein.Mit etwas Glück gewinnen Sie 1 Wochenendeim Berghotel Malta in Kärnten oder einen von5 klimafreundlichen Helfern im Alltag.Hier geht’s zum Quiz: www.verbund.com/blog

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