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- 308 - 308111311141115Die Praxis zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist. 1855)Der deutsche Grundrechtsschutz in der Theorie ist dagegen mehr als umfassend. NebenGrundgesetz und Landesverfassungen sind Europäische Menschenrechtskonvention,das Postulat der Gemeinschafts-Grundrechtsbindung in der Rechtsprechung derEuGH (Richterrecht) und demnächst die Grundrechte-Charta der Europäischen Unionvon Bedeutung.Hier soll nicht der von Hirsch 1856) aufgeworfenen Frage nachgegangen werden, ob diesnicht zuviel des Guten sei, sondern es soll der Versuch unternommen werden, aufzuzeigen,in welchem Verhältnis diese Grundrechte zueinander stehen, wenn im Glaubenan diese Theorie unter Ausblendung der zuvor skizzierten Praxis doch der Versuchunternommen werden sollte, eigenen Grundrechten wegen Verletzung derselben zurGeltung verhelfen zu wollen.111611172. Europäische RechtsentwicklungAm 03.09.1953 trat die am 04.05.1950 in Rom unterzeichnete Europäische Menschenrechtskonvention(EMRK) in Kraft. Es handelte sich dabei um einen die Vertragspartnerbindenden völkerrechtlichen Vertrag, der sie verpflichtete, ihren Bürgern und ihrerHoheitsgewalt unterworfenen Menschen die darin beschriebenen Menschenrechte zugewähren und die Einhaltung dieser Verpflichtungen durch internationale Organeüberwachen zu lassen. Die EMRK steht in Deutschland – so das BVerfG 1857) - imRang eines Bundesgesetzes unterhalb des Grundgesetzes, ist aber bei der Auslegungdes Grundgesetzes Auslegungshilfe. Kontrollinstanzen sind die Menschenrechtskommission,der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sowie das Ministerkomiteedes Europarates. 1858)Aufgrund des 11. Zusatzprotokolls vom Mai 1994, das am 01.11.1998 in Kraft trat,sind die Vertragsstaaten automatisch der Gerichtsbarkeit des EGMR unterworfen undBetroffene können sich nach Erschöpfung des nationalen Rechtsweges direkt an den1855)1856)1857)1858)Immerhin gilt es ferner zu bedenken, dass zuvor bereits auf andere Weise Rechtsschutzverkürzungbetrieben wird: Im Finanzgerichtsverfahren gibt es nur 1 Tatsacheninstanz. Die Revision istim wesentlichen aufgrund nur bei Vorliegen eines gesetzlichen Zulassungsgrundes vom FG zuzulassen.Da FG damit äußerst zurückhaltend umgehen, haben Nichtzulassungsbeschwerden Zahlenmäßigein vielfaches von Revisionsverfahren angenommen. Und bei 87% aller Nichtzulassungsbeschwerdenwird vom BFH die Zulassung verweigert (so Handelsblatt vom 17.10.2000,Seite 6). Mit Seer (Handelsblatt vom 17.10.2000, Seite 6) ist die Zulassung einer Revision inzwischenzum Lotteriespiel geworden.Ähnlich die Situation im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, wo für nach dem VermG zu beurteilendeVerfahren gem. § 34 Abs. 2 Satz 1 VermG die Berufungsinstanz abgeschafft ist. EineÜberprüfung fehlerhafter Urteile findet auch hier nicht statt, da die Fehlerhaftigkeit eines - wieauch im finanzgerichtlichen Verfahren - Urteiles weder ein Revisions- noch ein Nichtzulassungsbeschwerdegrundist. Eine dies beklagende Verfassungsbeschwerde vom 27.09.2000 (1 BvR1793/00) wurde nicht angenommen.Hirsch FAZ vom 12.10.2000, Seite 11BVerfG 04.05.2011 – 2 BvR 2365/09, NJW 2011, 1931 Rdn. 86 f.Bernhardt [1981-1998 Richter und 1998 Präsident des EGMR], FAZ vom 27.09.2000, Seite 10

- 309 - 309111811191120EGMR wenden. 1859) Dies gilt auch nach Erschöpfung des finanzgerichtlichen Rechtsweges.In Deutschland wird inzwischen beklagt, dass trotz Art. 53 EMRK 1860) und trotz Art.25 GG 1861) deutsche Gerichte die EMRK bei der Würdigung nationaler Grundrechtezu wenig beachten bzw. zu sehr aus der Perspektive des deutschen Rechts gewürdigtwerde und zum Teil nationale Gerichte dem EGMR die Gefolgschaft versagten. 1862)Dazu paßt auch, dass das BVerfG 1863) jüngst nochmals betonte, Verfassungsbeschwerdenund Vorlagen gem. Art. 100 Abs. 1 GG seien unzulässig, wenn Gemeinschaftsrechtzum Maßstab auch für Grundrechte gemacht würden; denn das BVerfG befassesich damit nur dann, wenn dargelegt werde, dass die europäische Rechtsentwicklungeinschließlich der Rechtsprechung des EuGH unter den „erforderlichen Grundrechtsstandard“abgesunken sei. Dass deutscher Grundrechtsstandard gemäß der Rechtsprechungdes BVerfG hinter eine europäische Rechtsentwicklung zurückfalle, hält mananscheinend für ausgeschlossen; hierauf wird noch einzugehen sein.Die EU-Staaten hatten im Juni 1999 einen Konvent, bestehend aus Persönlichkeitender Mitgliedstaaten und der EU-Institutionen, 1864) ins Leben gerufen, der die Aufgabehatte, eine Grundrechts-Charta der Europäischen Union auszuarbeiten. 1865) Auf derKonferenz von Nizza wurde am 08.12.2000 die unter der Leitung von Herzog erarbeiteteEuropäische Grundrechtscharta proklamiert. Unklar ist derzeit jedoch, welcheRechtsfolgen diese Charta haben soll: Soll sie nur eine politische Absichtserklärungder Mitgliedstaaten sein oder nach Rechtsverbindlichkeit individuellen Grundrechtsschutzsichern? 1866)1859)1860)1861)1862)1863)1864)1865)1866)Laut Bernhardt FAZ vom 27.09.2000, Seite 10 waren im Jahre 2000 beim EGMR 13.771 Verfahrenregistriert, wobei bei fast 10.000 mit der Prüfung noch nicht begonnen worden sei. In derVergangenheit seien 90% und mehr der Verfahren unzulässig gewesen. Laut FAZ vom 27.10.2000, Seite 2 seien 1999 mehr als 20.000 Beschwerden beim EGMR eingegangen, wovon rd.8.000 nach einer Vorprüfung registriert worden seien.Art. 53 EMRK: „Die hohen Vertragschließenden Teile übernehmen die Verpflichtung, sich inallen Fällen, an denen sie beteiligt sind, nach Entscheidung des Gerichtshofs zu richten.“ MitGrabenwarter DVBl 2000, 1755, 1756 bleibt weiterreichender nationaler Grundrechtsschutz unberührt(Günstigkeitsprinzip).Art. 25 GG: „Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts. Siegehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner desBundesgebietes."Lt. FAZ vom 30.09.2000, Seite 5 Frohwein auf dem 63. Deutschen Juristentag in LeipzigBVerfG 09.01.2001 – 1 BvR 1036/99, n.V. u.H.a. BVerfG 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE73, 339, 376-389; BVerfG 12.10.1993 – 2 BvR 2134, 2159/92, BVerfGE 89, 155; BVerfG07.06.2000 – 2 BvL 1/97Lt. Handelsblatt vom 27.09.2000, Seite 11 setzte sich der Konvent zusammen aus 15 Beauftragtender Staats- und Regierungschefs, 30 Vertretern aus den 15 nationalen Parlamenten, 16 Abgeordnetendes Europaparlaments sowie dem EU-Innen- und Justizkommissar Vitorino, der den EU-Kommissionspräsident Romano Prodi vertrat. Roman Herzog wurde am 17.12.1999 zum Vorsitzendendes Konvents ernannt.Busse NJW 2000, 1074, 1075FAZ vom 30.10.2000, Seite 5: Gegen eine individuellen Grundrechtsschutz sind Großbritannienund Irland. Schaffe man neben dem Rechtsschutzsystem den nationalen Grundrechtsschutzesi.V.m. dem EGMR ein konkurrierendes Rechtsschutzsystem, dann bestehe die Gefahr unterschiedlicherAuslegungen fundamentaler Rechte.

- 309 - 309111811191120EGMR wenden. 1859) Dies gilt auch nach Erschöpfung <strong>des</strong> finanzgerichtlichen Rechtsweges.In Deutschland wird inzwischen beklagt, dass trotz Art. 53 EMRK 1860) und trotz Art.25 GG 1861) deutsche Gerichte die EMRK bei der Würdigung nationaler Grundrechtezu wenig beachten bzw. zu sehr aus der Perspektive <strong>des</strong> deutschen Rechts gewürdigtwerde und zum Teil nationale Gerichte dem EGMR die Gefolgschaft versagten. 1862)Dazu paßt auch, dass das BVerfG 1863) jüngst nochmals betonte, Verfassungsbeschwerdenund Vorlagen gem. Art. 100 Abs. 1 GG seien unzulässig, wenn Gemeinschaftsrechtzum Maßstab auch für Grundrechte gemacht würden; denn das BVerfG befassesich damit nur dann, wenn dargelegt werde, dass die europäische Rechtsentwicklungeinschließlich der Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH unter den „erforderlichen Grundrechtsstandard“abgesunken sei. Dass deutscher Grundrechtsstandard gemäß der Rechtsprechung<strong>des</strong> BVerfG hinter eine europäische Rechtsentwicklung zurückfalle, hält mananscheinend für ausgeschlossen; hierauf wird noch einzugehen sein.Die EU-Staaten hatten im Juni 1999 einen Konvent, bestehend aus Persönlichkeitender Mitgliedstaaten und der EU-Institutionen, 1864) ins Leben gerufen, der die Aufgabehatte, eine Grundrechts-Charta der Europäischen Union auszuarbeiten. 1865) Auf derKonferenz von Nizza wurde am 08.12.2000 die unter der Leitung von Herzog erarbeiteteEuropäische Grundrechtscharta proklamiert. Unklar ist derzeit jedoch, welcheRechtsfolgen diese Charta haben soll: Soll sie nur eine politische Absichtserklärungder Mitgliedstaaten sein oder nach Rechtsverbindlichkeit individuellen Grundrechtsschutzsichern? 1866)1859)1860)1861)1862)1863)1864)1865)1866)Laut Bernhardt FAZ vom 27.09.2000, Seite 10 waren im Jahre 2000 beim EGMR 13.771 Verfahrenregistriert, wobei bei fast 10.000 mit der Prüfung noch nicht begonnen worden sei. In derVergangenheit seien 90% und mehr der Verfahren unzulässig gewesen. Laut FAZ vom 27.10.2000, Seite 2 seien 1999 mehr als 20.000 Beschwerden beim EGMR eingegangen, wovon rd.8.000 nach einer Vorprüfung registriert worden seien.Art. 53 EMRK: „Die hohen Vertragschließenden Teile übernehmen die Verpflichtung, sich inallen Fällen, an denen sie beteiligt sind, nach Entscheidung <strong>des</strong> Gerichtshofs zu richten.“ MitGrabenwarter DVBl 2000, 1755, 1756 bleibt weiterreichender nationaler Grundrechtsschutz unberührt(Günstigkeitsprinzip).Art. 25 GG: „Die allgemeinen Regeln <strong>des</strong> Völkerrechts sind Bestandteil <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechts. Siegehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner <strong>des</strong>Bun<strong>des</strong>gebietes."Lt. FAZ vom 30.09.2000, Seite 5 Frohwein auf dem 63. Deutschen Juristentag in LeipzigBVerfG 09.01.2001 – 1 BvR 1036/99, n.V. u.H.a. BVerfG 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE73, 339, 376-389; BVerfG 12.10.1993 – 2 BvR 2134, 2159/92, BVerfGE 89, 155; BVerfG07.06.2000 – 2 BvL 1/97Lt. Handelsblatt vom 27.09.2000, Seite 11 setzte sich der Konvent zusammen aus 15 Beauftragtender Staats- und Regierungschefs, 30 Vertretern aus den 15 nationalen Parlamenten, 16 Abgeordneten<strong>des</strong> Europaparlaments sowie dem EU-Innen- und Justizkommissar Vitorino, der den EU-Kommissionspräsident Romano Prodi vertrat. Roman Herzog wurde am 17.12.1999 zum Vorsitzenden<strong>des</strong> Konvents ernannt.Busse NJW 2000, 1074, 1075FAZ vom 30.10.2000, Seite 5: Gegen eine individuellen Grundrechtsschutz sind Großbritannienund Irland. Schaffe man neben dem Rechtsschutzsystem den nationalen Grundrechtsschutzesi.V.m. dem EGMR ein konkurrieren<strong>des</strong> Rechtsschutzsystem, dann bestehe die Gefahr unterschiedlicherAuslegungen fundamentaler Rechte.

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