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- 304 - 30411001101- Die Gegenvorstellung gehört grundsätzlich nicht zum zu erschöpfenden Rechtswegdes § 90 Abs. 2 Satz 1 GG. 1832) Die Gegenvorstellung hemmt grundsätzlichdie Frist zur Einlegung einer Verfassungsbeschwerde nicht. 1833) Die Rechtsprechungdes BVerfG anerkennt jedoch dann eine fristenwahrende Gegenvorstellung,wenn mit ihr die Verletzung von Prozeßgrundrechten durch das letztinstanzlicheGericht gerügt werden (z.B. Verletzung rechtlichen Gehörs, Anspruch aufden gesetzlichen Richter aufgrund fachgerichtlicher Selbstkontrolle). 1834) In Anbetrachtdes nachfolgend geschilderten Risikos, dass durch die Einlegung einerGegenvorstellung die Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde für denFall ihrer Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit nicht gehemmt sein könnte undüber die Gegenvorstellung eine Verfassungsbeschwerde verfristen könnte, sollteman von der Gegenvorstellung in denen vom BFH gegen seine Entscheidungenfür zulässig erachteten Fällen vorsichtshalber nur dann Gebrauch machen, wennman nicht die Absicht hat, im Falle der Zurückweisung der Gegenvorstellungdann doch Verfassungsbeschwerde einzulegen.- Die Gegenvorstellung ist innerhalb der für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerdezu beachtenden Frist (§ 93 Abs. 1 BVerfGG) zum BFH zu erheben,wenn dem sich eine Verfassungsbeschwerde soll anschließen können. 1835) DieMonatsfrist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde selbst (§ 93 Abs. 1Satz 1 BVerfGG) beginnt bei einer zulässigen und begründeten Gegenvorstellungmit Zustellung der Entscheidung über diese Gegenvorstellung an zu laufen, 1836)dagegen wird sie bei einer unzulässigerweise erhobenen oder unbegründeten Gegenvorstellungnicht gehemmt. 1837) Ob dieser Grundsatz in der Rechtsprechungdes BVerfG bleibt, ist zweifelhaft geworden. Denn die 3. Kammer des 1. Senatesdes BVerfG 1838) hat in einer Entscheidung ausgeführt, wegen des Grundsatzes der1832)1833)1834)1835)1836)1837)1838)BVerfG 28.09.1999 - 2 BvR 1897/95, NJW 2000, 273; BVerfG 13.11.2001 – 2 BvR 1879/01,NStZ-RR 2002, 109; BVerfG 27.09.2002 – 2 BvR 855/02, NJW 2003, 575. Siehe aber BVerfG15.08.1996 - 2 BvR 662/95, NJW 1997, 46, wonach dem Beschwerdeführer zur Beseitigung grobenprozessualen Unrechts grundsätzlich sehr wohl zumutbar sein soll, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde,Abhilfe zunächst durch Einlegung auch eines außerordentlichen Rechtsbehelfsim fachgerichtlichen Verfahren zu suchen. Die Monatsfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerdewerde dann durch eine auf einen solchen Rechtsbehelf hin ergehende Entscheidungneu in Lauf gesetzt. Zu dem daraus resultierenden Fristendilemma Buchheister NVwZ 2000,1356, der empfiehlt, „Prozessrisiken in einer solchen Situation durch ein zweigleisiges Vorgehenzu vermeiden, indem vor den Fachgerichten auch in ihrer Zulässigkeit zweifelhaft erscheinendeformlose Rechtsbehelfe wie etwa die Gegenvorstellung eingelegt, zugleich aber vorsorglich Verfassungsbeschwerdeerhoben wird, gegebenenfalls verbunden mit der Bitte an das Verfassungsgericht,die Sache zunächst - bis zur abschlägigen Bescheidung der Gegenvorstellung - nur in dasAllgemeine Register einzutragen.“BVerfG 27.09.2002 – 2 BvR 855/02, NJW 2003, 575; BVerfG 25.11.2008 – 1 BvR 848/07, NJW2009, 829BVerfG 13.11.2001 – 2 BvR 1879/01, NStZ-RR 2002, 109; BVerfG 27.09.2002 – 2 BvR 855/02,NJW 2003, 575.BVerfG 24.07.1995 - 1 BvR 1822/94, NJW 1995, 3248BVerfG 22.09.2000 - 1 BvR 1059/00, NJW 2001, 744, 745BVerfG 20.02.1984 - 1 BvR 166/84, StRK BVerfGG § 93 R.17; BVerfG 28.09.1999 - 2 BvR1670/99, NJW 2000, 274, 275BVerfG 28.03.2002 – 1 BvR 229/02, NJW 2002, 3387

- 305 - 30511021103Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) müsse ein Beschwerdeführervon einem Rechtsbehelf grundsätzlich selbst dann Gebrauch machen,wenn dessen Statthaftigkeit zweifelhaft sei. Gegen eine unanfechtbare gerichtlicheEntscheidung müssen bei gerügtem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GGzunächst Gegenvorstellung erhoben werden. Und in diesem Zusammenhang führtdas BVerfG aus, der Beschwerdeführer sei gehalten, mit der Einlegung der Verfassungsbeschwerdezuzuwarten, bis über die Gegenvorstellung entschieden wordensei. Allerdings baute diese Aussage des BVerfG auf der Aussage auf, dassnach der vom BVerfG zitierten Rechtsprechung der BGH über eine fristgemäßeingelegte Gegenvorstellung gegen eine von ihm erlassene Streitwertfestsetzunggrundsätzlich sachlich entschieden werde. Andererseits soll nach dieser Entscheidungdes BVerfG auch bei zweifelhaften Rechtsbehelfen Gegenvostellung erhobenwerden. Wie folglich bei Gegenvorstellungen zu verfahren ist, bei denennicht sicher ist, dass das letztinstanzliche Gericht sachlich entscheiden werde undob künftig in jedem Fall zu erhebender Gegenvorstellung die Frist zur Einlegungeiner Verfassungsbeschwerde erst nach Zustellung der Entscheidung über dieGegenvorstellung zu laufen beginnt, 1839) ist offen.Ob die Gegenvorstellung noch eine ausreichende rechtliche Legitimation hat, wenn siewegen Verletzung von Verfahrensgrundrechten gegen letztinstanzliche Entscheidungenerhoben wird, ist allerdings aufgrund der neueren Rechtsprechung des Plenumsdes BVerfG 1840) fraglich geworden. Es hat nämlich entschieden, dass Verstöße gegenVerfahrensgrundrechte überprüfbar sein müßten und es den verfassungsrechtlichenAnforderungen der Rechtsmittelklarheit nicht genüge, wenn sich solches nicht aus dergeschriebenen Rechtsordnung ergebe. Außerordentliche Rechtsbehelfe (wozu die Gegenvorstellunggehört) erfüllten solche Anforderungen nicht, weswegen das BVerfGes dem Gesetzgeber aufgegeben hat, bis zum 31.12.2004 eine Lösung zu finden. Zwarerging diese Entscheidung zur ZPO, diese Grundsätze stellen sich aber hier wegen §155 FGO in gleichem Maße. Es ist folglich fraglich, ob der außerordentliche Rechtsbehelfder Gegenvorstellung bis zum Ablauf der vom BVerfG dem Gesetzgeber vorgegebenenFrist 31.12.2004 noch eine ausreichende verfassungsrechtliche Grundlagehatte. 1841)Erstmals mit seinem Beschluss vom 31.01.2007 hat der V. Senat des BFH 1842) die Gegenvorstellungals solche in Frage gestellt, da sie im Hinblick auf die Rechtsprechungdes BVerfG 1843) den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit vonRechtsbehelfen nicht genüge. Er schränkt dies aber sogleich wieder ein, indem dieGegenvorstellung ausnahmsweise dann zulässig sein solle, wenn z.B. eine Entschei-1839)1840)1841)1842)1843)Immerhin wird in BVerfG 11.07.2002 – 1 BvR 226/2002, NJW 2002, 338 nochmals betont, dasses der Subsidiaritätsgrundsatz erfordere, alle prozessualen Möglichkeiten auszuschöpfen, „um esnicht zu einem Verfassungsverstoß kommen zu lassen oder um eine geschehene Grundrechtsverletzungzu beseitigen“, ohne dass aber damit etwas zur Frage des Beginns des Laufs einer Verfassungsbeschwerdefristgesagt ist. Ähnlich in BVerfG 05.08.2002 – 2 BvR 1108/02, BauR 2002,1740, 1741BVerfG 30.04.2003 – 1 PBvU 01/02, NJW 2003, 1924, 1928Kirchberg BRAK-Mitt. 2003, 179; Voßkuhle NJW 2003, 2193, 2198BFH 31.01.2007 – V S 26/06, BFH/NV 2007, 953, 954BVerfG 30.04.2003 – 1 PBvU 01/02, BVerfGE 107, 395

- 304 - 30411001101- Die Gegenvorstellung gehört grundsätzlich nicht zum zu erschöpfenden Rechtsweg<strong>des</strong> § 90 Abs. 2 Satz 1 GG. 1832) Die Gegenvorstellung hemmt grundsätzlichdie Frist zur Einlegung einer Verfassungsbeschwerde nicht. 1833) Die Rechtsprechung<strong>des</strong> BVerfG anerkennt jedoch dann eine fristenwahrende Gegenvorstellung,wenn mit ihr die Verletzung von Prozeßgrundrechten durch das letztinstanzlicheGericht gerügt werden (z.B. Verletzung rechtlichen Gehörs, Anspruch aufden gesetzlichen Richter aufgrund fachgerichtlicher Selbstkontrolle). 1834) In Anbetracht<strong>des</strong> nachfolgend geschilderten Risikos, dass durch die Einlegung einerGegenvorstellung die Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde für denFall ihrer Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit nicht gehemmt sein könnte undüber die Gegenvorstellung eine Verfassungsbeschwerde verfristen könnte, sollteman von der Gegenvorstellung in denen vom BFH gegen seine Entscheidungenfür zulässig erachteten Fällen vorsichtshalber nur dann Gebrauch machen, wennman nicht die Absicht hat, im Falle der Zurückweisung der Gegenvorstellungdann doch Verfassungsbeschwerde einzulegen.- Die Gegenvorstellung ist innerhalb der für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerdezu beachtenden Frist (§ 93 Abs. 1 BVerfGG) zum BFH zu erheben,wenn dem sich eine Verfassungsbeschwerde soll anschließen können. 1835) DieMonatsfrist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde selbst (§ 93 Abs. 1Satz 1 BVerfGG) beginnt bei einer zulässigen und begründeten Gegenvorstellungmit Zustellung der Entscheidung über diese Gegenvorstellung an zu laufen, 1836)dagegen wird sie bei einer unzulässigerweise erhobenen oder unbegründeten Gegenvorstellungnicht gehemmt. 1837) Ob dieser Grundsatz in der Rechtsprechung<strong>des</strong> BVerfG bleibt, ist zweifelhaft geworden. Denn die 3. Kammer <strong>des</strong> 1. Senates<strong>des</strong> BVerfG 1838) hat in einer Entscheidung ausgeführt, wegen <strong>des</strong> Grundsatzes der1832)1833)1834)1835)1836)1837)1838)BVerfG 28.09.1999 - 2 BvR 1897/95, NJW 2000, 273; BVerfG 13.11.2001 – 2 BvR 1879/01,NStZ-RR 2002, 109; BVerfG 27.09.2002 – 2 BvR 855/02, NJW 2003, 575. Siehe aber BVerfG15.08.1996 - 2 BvR 662/95, NJW 1997, 46, wonach dem Beschwerdeführer zur Beseitigung grobenprozessualen Unrechts grundsätzlich sehr wohl zumutbar sein soll, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde,Abhilfe zunächst durch Einlegung auch eines außerordentlichen Rechtsbehelfsim fachgerichtlichen Verfahren zu suchen. Die Monatsfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerdewerde dann durch eine auf einen solchen Rechtsbehelf hin ergehende Entscheidungneu in Lauf gesetzt. Zu dem daraus resultierenden Fristendilemma Buchheister NVwZ 2000,1356, der empfiehlt, „Prozessrisiken in einer solchen Situation durch ein zweigleisiges Vorgehenzu vermeiden, indem vor den Fachgerichten auch in ihrer Zulässigkeit zweifelhaft erscheinendeformlose Rechtsbehelfe wie etwa die Gegenvorstellung eingelegt, zugleich aber vorsorglich Verfassungsbeschwerdeerhoben wird, gegebenenfalls verbunden mit der Bitte an das Verfassungsgericht,die Sache zunächst - bis zur abschlägigen Bescheidung der Gegenvorstellung - nur in dasAllgemeine Register einzutragen.“BVerfG 27.09.2002 – 2 BvR 855/02, NJW 2003, 575; BVerfG 25.11.2008 – 1 BvR 848/07, NJW2009, 829BVerfG 13.11.2001 – 2 BvR 1879/01, NStZ-RR 2002, 109; BVerfG 27.09.2002 – 2 BvR 855/02,NJW 2003, 575.BVerfG 24.07.1995 - 1 BvR 1822/94, NJW 1995, 3248BVerfG 22.09.2000 - 1 BvR 1059/00, NJW 2001, 744, 745BVerfG 20.02.1984 - 1 BvR 166/84, StRK BVerfGG § 93 R.17; BVerfG 28.09.1999 - 2 BvR1670/99, NJW 2000, 274, 275BVerfG 28.03.2002 – 1 BvR 229/02, NJW 2002, 3387

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