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- 28 - 2855zung befugt ist 64) und Finanzgerichte an Beurteilungen von Strafgerichte nicht gebundensiind. 65) Aber gemäß § 396 AO können 66) sowohl das Ermittlungsverfahren wieauch der steuerstrafrechtliche Prozess ausgesetzt werden, wenn ein Besteuerungsverfahrenanhängig ist und von diesem abhängig ist, ob Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigteSteuervorteile erlangt worden sind. 67) Zwar wird in der Praxis davon wenigGebrauch gemacht - Gast-de Haan 68) und Thomas 69) sprechen gar von einer „Rarität“-, aber in Einzelfällen kann eine solche Aussetzung geboten sein, sich folglicheine Ermessensreduzierung auf null ergeben. 70) Wenngleich folglich ein drohendesoder laufendes Steuerstrafverfahren mittels eines Steuerprozesses nicht zwingend beeinflußtwerden kann, empfiehlt es sich, gerade im Falle eines laufenden oder drohendenSteuerstrafverfahrens 71) nicht auf die Möglichkeit eines Steuerprozesses zu verzichten.Zum einen deshalb, um sich die Möglichkeit der Aussetzung des Steuerstrafverfahrenszumindest offen zu halten. Zum anderen aber deshalb, weil es durchaus vorkommt,dass die vom Strafgericht ermittelte hinterzogene Steuer und die vom Finanzgerichtfestgestellte zu zahlende Steuer nicht identisch sein müssen und ganz erheblich divergierenkönnen. So kann es durchaus gerade für den Fall einer verweigerten Aussetzunggem. § 396 AO ein denkbares Ziel sein, wenigstens mittels des Steuerprozessesbei der Finanzgerichtsbarkeit zu einer geringeren Steuerbelastung zu kommen, als dieim Steuerstrafverfahren zur Grundlage einer Bestrafung gemachte hinterzogene Steuer.Ähnliche Überlegungen gelten für das Verhältnis eines Haftungsverfahrens zu einemSteuerstrafverfahren. 72)64)65)66)67)68)69)70)71)72)BFH 07.12.1999 - IV B 146/99, BFH/NV 2000, 413; BFH 19.09.2001 – XI B 06/01, HFR 2002,179, 180BFH 15.11.2006 – XI B 19/06, BFH/NV 2007, 400, 401; BFH 17.03.2010 – X B 120/09,BFH/NV 2010, 1240; BFH 24.05.2013 – VII B 167/12, BFH/NV 2013, 1588 Rdn. 12Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit einer steuerstrafrechtlichen Vorfragenkompetenzund freien Ermessensausübung bei § 396 AO BVerfG 15.10.1990 - 2 BvR 385/87, NJW 1992, 35,36; so auch Kohlmann, Steuerstrafrecht, Lfg. 27.11.1999, § 396 AO Rdn. 10, 15. Nach Meinungdes BFH 17.12.1992 – VIII B 88 und 89/92, DStZ 1993, 506 sollte das Strafgericht jedenfallsdann nach § 396 AO aussetzen, wenn sich schwierige steuerrechtliche Fragen stellen; a. A. Kohlmann,Steuerstrafrecht, Lfg. 27.11.1999, § 396 AO Rdn. 45.2Ist eine Aussetzung gem. § 396 AO erfolgt, kommt eine Aussetzung eines finanzgerichtlichenVerfahrens gem. § 74 FGO allerdings nicht in Betracht: BFH 26.02.1991 - VII R 77-78/87,BFH/NV 1992, 87; BFH 16.03.1993 - X B 204/92, n. V.. Ist dagegen im Steuerstrafverfahrenkeine Aussetzung erfolgt, kann der Steuerprozess gem. § 74 FGO ausgesetzt werden: BVerfG15.10.1990 - 2 BvR 385/87, NJW 1992, 35 f. u.H.a. Groh NJW 1985, 993, 997Gast-de Haan in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 396 Rdn. 5 und 20Thomas NJW 1991, 2333, 2335Gast-de Haan in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 396 Rdn. 20Bereits während einer Außenprüfung kann es parallel zu einer Steuerfahndungsprüfung kommen:BFH 17.01.2002 – V B 88/01, BFH/NV 2002, 748Schwedhelm DStR 2006, 1017, 1021

- 29 - 2956Immerhin gilt es zu bedenken, dass ein eingeleitetes Steuerstrafverfahren den Steuerpflichtigennicht davon entbindet, seinen Mitwirkungspflichten im Steuerverfahrennachzukommen (§ 90 AO), 73) andernfalls das FA die Besteuerungsgrundlagen gem.§ 162 AO schätzen kann. 74) Im übrigen kann in einem Steuerverfahren zudem dargelegtwerden, aufgrund welcher materiellrechtlicher steuerrechtlicher Vorschriftenman steuerlichen Erklärungspflichten genügt hat, was auch für die Ausfüllung derBlankettvorschrift des § 370 Abs. 1 AO Bedeutung hat. 75) Und da bei einem eingeleitetenSteuerstrafverfahren auch der Steuerberater des Steuerpflichtigen strafrechtlichenRisiken ausgesetzt ist, 76) kann es im Interesse des Steuerpflichtigen und dessen Steuerberatersliegen, durch ein quasi parallel laufendes finanzgerichtliches Verfahren dieeigene Sicht der Dinge unabhängig von der Voreingenommenheit mancher – in Steuersachennicht unbedingt sachkundigen – Staatsanwälten vortragen zu können. Wirdumgekehrt ein Strafverfahren gem. § 153a StGB eingestellt, dann kann daraus nichteinfach die Schlussfolgerung abgeleitet werden, der Beschuldigte habe die ihm zurLast gelegte Tat verübt. 77)5758d) Grundsatzfragenaa)Allgemeine ErwägungenAnlaß für die Planung eines Steuerprozesses können auch zu klärende Grundsatzfragensein. Damit sind zunächst einmal Fragen gemeint, die für den Steuerpflichtigenselbst von grundsätzlicher Bedeutung sind, weil sie entweder existentielle Auswirkungenhaben können oder sich auf einen längeren zurückliegenden Zeitraum erstreckenund man insoweit gestalterisch nicht mehr gegensteuern kann etc.. Solche für denSteuerpflichtigen selbst grundsätzliche Fragen können aber darüber hinaus zugleichauch für einen großen Kreis vergleichbarer Fälle Dritter ebenfalls grundsätzliche Bedeutunghaben.Das Zusammentreffen der individuellen und allgemeinen grundsätzlichen Bedeutungist dann die Grundlage für die Frage, ob ein Steuerprozess geplant werden soll. Diesegrundsätzliche Bedeutung legt es zwar rechtlich nahe, einen Steuerprozess zu planen,ob man aber auch tatsächlich diesen Weg in Erwägung ziehen soll, bedarf einer zusätzlichengesonderten individuellen Überlegung. Denn alleine der beschriebene Umstandder Grundsätzlichkeit sagt ja noch nichts über die Erfolgsaussicht eines solchenzu führenden Steuerprozesses aus.73)74)75)76)77)BFH 19.09.2001 – XI B 06/01, HFR 2002, 179, 180 (die Einleitung eines Steuerstrafverfahrenshindert das Finanzamt nicht an der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen); BFH 23.01.2002 –XI R 10, 11/01, BStBl. II 2002, 328; BFH 13.01.2006 – VIII B 07/04, BFH/NV 2006, 914BFH 13.01.2006 – VIII B 07/04, BFH/NV 2006, 914Harms NStZ-RR 1998, 97; Harms/Jäger NStZ 2003, 189, 190Schwedhelm DStR 2006, 1017BFH 29.06.2006 – VIII B 186/05, BFH/NV 2006, 1866

- 28 - 2855zung befugt ist 64) und Finanzgerichte an Beurteilungen von Strafgerichte nicht gebundensiind. 65) Aber gemäß § 396 AO können 66) sowohl das Ermittlungsverfahren wieauch der steuerstrafrechtliche Prozess ausgesetzt werden, wenn ein Besteuerungsverfahrenanhängig ist und von diesem abhängig ist, ob Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigteSteuervorteile erlangt worden sind. 67) Zwar wird in der Praxis davon wenigGebrauch gemacht - Gast-de Haan 68) und Thomas 69) sprechen gar von einer „Rarität“-, aber in Einzelfällen kann eine solche Aussetzung geboten sein, sich folglicheine Ermessensreduzierung auf null ergeben. 70) Wenngleich folglich ein drohen<strong>des</strong>oder laufen<strong>des</strong> Steuerstrafverfahren mittels eines Steuerprozesses nicht zwingend beeinflußtwerden kann, empfiehlt es sich, gerade im Falle eines laufenden oder drohendenSteuerstrafverfahrens 71) nicht auf die Möglichkeit eines Steuerprozesses zu verzichten.Zum einen <strong>des</strong>halb, um sich die Möglichkeit der Aussetzung <strong>des</strong> Steuerstrafverfahrenszumin<strong>des</strong>t offen zu halten. Zum anderen aber <strong>des</strong>halb, weil es durchaus vorkommt,dass die vom Strafgericht ermittelte hinterzogene Steuer und die vom Finanzgerichtfestgestellte zu zahlende Steuer nicht identisch sein müssen und ganz erheblich divergierenkönnen. So kann es durchaus gerade für den Fall einer verweigerten Aussetzunggem. § 396 AO ein denkbares Ziel sein, wenigstens mittels <strong>des</strong> Steuerprozessesbei der Finanzgerichtsbarkeit zu einer geringeren Steuerbelastung zu kommen, als dieim Steuerstrafverfahren zur Grundlage einer Bestrafung gemachte hinterzogene Steuer.Ähnliche Überlegungen gelten für das Verhältnis eines Haftungsverfahrens zu einemSteuerstrafverfahren. 72)64)65)66)67)68)69)70)71)72)BFH 07.12.1999 - IV B 146/99, BFH/NV 2000, 413; BFH 19.09.2001 – XI B 06/01, HFR 2002,179, 180BFH 15.11.2006 – XI B 19/06, BFH/NV 2007, 400, 401; BFH 17.03.2010 – X B 120/09,BFH/NV 2010, 1240; BFH 24.05.2013 – VII B 167/12, BFH/NV 2013, 1588 Rdn. 12Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit einer steuerstrafrechtlichen Vorfragenkompetenzund freien Ermessensausübung bei § 396 AO BVerfG 15.10.1990 - 2 BvR 385/87, NJW 1992, 35,36; so auch Kohlmann, Steuerstrafrecht, Lfg. 27.11.1999, § 396 AO Rdn. 10, 15. Nach Meinung<strong>des</strong> BFH 17.12.1992 – VIII B 88 und 89/92, DStZ 1993, 506 sollte das Strafgericht jedenfallsdann nach § 396 AO aussetzen, wenn sich schwierige steuerrechtliche Fragen stellen; a. A. Kohlmann,Steuerstrafrecht, Lfg. 27.11.1999, § 396 AO Rdn. 45.2Ist eine Aussetzung gem. § 396 AO erfolgt, kommt eine Aussetzung eines finanzgerichtlichenVerfahrens gem. § 74 FGO allerdings nicht in Betracht: BFH 26.02.1991 - VII R 77-78/87,BFH/NV 1992, 87; BFH 16.03.1993 - X B 204/92, n. V.. Ist dagegen im Steuerstrafverfahrenkeine Aussetzung erfolgt, kann der Steuerprozess gem. § 74 FGO ausgesetzt werden: BVerfG15.10.1990 - 2 BvR 385/87, NJW 1992, 35 f. u.H.a. Groh NJW 1985, 993, 997Gast-de Haan in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 396 Rdn. 5 und 20Thomas NJW 1991, 2333, 2335Gast-de Haan in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 396 Rdn. 20Bereits während einer Außenprüfung kann es parallel zu einer Steuerfahndungsprüfung kommen:BFH 17.01.2002 – V B 88/01, BFH/NV 2002, 748Schwedhelm DStR 2006, 1017, 1021

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