PDF Version des Buchs herunterladen - Dr. iur. Klaus-R. Wagner

PDF Version des Buchs herunterladen - Dr. iur. Klaus-R. Wagner PDF Version des Buchs herunterladen - Dr. iur. Klaus-R. Wagner

13.07.2015 Aufrufe

- 272 - 272dem keine grundsätzliche Bedeutung zukommen könne, ist dies nicht nachvollziehbar.Gerade dann, wenn ein FG als Institution des Mitgliedstaates BundesrepublikDeutschland seiner Amtspflicht nicht entspricht, dem Gemeinschaftsrecht zum Durchbruchzu verhelfen, mag dies ein Einzelfall sein. Da aber auch der BFH im Rahmendes Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens – selbst wenn dies im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrennicht gerügt worden wäre – von Amts wegen eigenständig verpflichtetwäre, dem Gemeinschaftsrecht zum Durchbruch zu verhelfen, hat er deshalbwegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zuzulassen, um durch Revisionsentscheidungdem Gemeinschaftsrecht zum Durchbruch zu verhelfen. 1613)966967968c) KlärungsfähigkeitZur Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage gehört die Rechtserheblichkeit der aufgeworfenenFrage und dass eine Klärung auch erwartet werden kann, 1614) was voraussetzt, daßdie klärungsfähige Rechtsfrage auch entscheidungserheblich ist. 1615) Es muß sich folglichum reversibles Bundesrecht handeln oder um Landesrecht, für das der Finanzrechtswegeröffnet ist (§ 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO). Nicht klärungsfähig ist z.B. irreversiblesRecht oder Vertragsauslegungsfragen. 1616)Im Hinblick auf Vertragsauslegung kann sich aber die Frage stellen, ob und inwieweitder BFH an die vom FG vorgenommene Vertragsauslegung gebunden ist (§ 118 Abs.2 FGO) oder nicht, was u.U. der Klärung der Rechtsfrage vorauszugehen hat. Hier giltes, zwischen Grundsatz und Ausnahme zu unterscheiden:- Grundsatz: Der BFH ist an die Vertragsauslegung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2FGO), wenn den gesetzlichen Auslegungsregeln entspricht, auch wenn sie nichtzwingend sondern nur möglich ist. 1617)- Ausnahme: Der BFH ist an die Vertragsauslegung des FG nicht gebunden undkann sie folglich dieserhalb auch überprüfen, wenn das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln(§§ 133, 157 BGB) nicht beachtet hat bzw. gegen Denkgesetze undErfahrungssätze verstoßen hat. 1618)1613)1614)1615)1616)1617)1618)Zur Parallelproblematik beim Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren im Zivilprozess siehe dazuVorwerk in: Kniffka/Quack/Vogel/Wagner (Hrsg.), FS f. Thode, 2005, Seite 645; Vorwerk in:Göcken/Remmers/Vorwerk/Wolf (Hrsg.), FS f. Scharf, 2008, Seite 317 jeweils m.w.N.BFH 27.10.1998 - X B 71/98, BFH/NV 1999, 631; BFH 26.07.2001 – X B 06/01, BFH/NV 2002,37, 38; BFH 21.11.2001 – VII B 82/01, BFH/NV 2002, 471 f.; BFH 31.10.2002 – XI B 42/02,BFH/NV 2003, 483; BFH 10.04.2003 – X B 109/02, BFH/NV 2003, 1082; BFH 17.07.2003 – XB 19/03, BFH/NV 2003, 1594; BFH 28.08.2003 – VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493; BFH14.03.2006 – I B 110/05, BFH/NV 2006, 1317 f.. Beermann DStZ 2001, 155, 157; Lange DB2001, 2312, 2313BFH 28.07.2004 – VII B 08/04, BFH/NV 2004, 1680; BFH 12.06.2006 – XI B 122/05, BFH/NV2006, 1789,BFH 29.11.2002 – VIII B 127/02, BFH/NV 2003, 746, 747: An eine Vertragsauslegung des FG,die den gesetzlichen Auslegungsregeln entspricht und die nicht offensichtlich gegen Denkgesetzeund allgemeine Erfahrungsgrundsätze verstößt, ist im Gegenteil der BFH sogar gebunden. AberBFH 22.01.2003 – II R 76/01, BFH/NV 2003, 1137, 1138: Eine Vertragsauslegung, die keinenAnhalt im Vertragswortlaut findet, verstößt gegen gesetzliche Auslegungsregeln.BFH 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900BFH 03.03.2004 – X R 12/02, BStBl. II 2004, 722

- 273 - 273969970Bei irreversiblem Recht kann sich, da die Erschöpfung des Rechtsweges beim FGeintritt, die Frage stellen, bereits im Anschluß an die Entscheidung des FG Verfassungsbeschwerdezum BVerfG und/oder zum Landesverfassungsgericht zu erheben,ohne erst noch Nichtzulassungsbeschwerde erheben zu müssen.Eine Klärungsfähigkeit ist auch dann nicht gegeben, wenn von einem anderenSachverhalt auszugehen wäre, als dem vom FG festgestellten. 1619) Hat folglich das FGden Sachverhalt nicht zutreffend festgestellt, so ist es auch aus diesem Grund wichtig,fristgemäß beim FG einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt zu haben und diesenzu begründen (§ 108 FGO), um dann, wenn das FG diesen zurückweist, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrendie Möglichkeit zu haben, u.H.a. Art. 103 Abs. 1 GGi.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dies zu rügen und auf diese Weise zugleich die Möglichkeitzu eröffnen, im Rahmen der Klärungsfähigkeit doch den Sachverhalt anzusprechen,den das FG rechtsfehlerhaft nicht festgestellt hat, wohl aber hätte feststellenmüssen.971d) EntscheidungserheblichkeitEs ist ferner die Entscheidungserheblichkeit der zu klärenden Rechtsfrage darzulegen,dass und inwieweit sich die vorgenannten Auffassungsunterschiede auf den Ausgangdes Rechtsstreites auswirken können. 1620) Auf die Frage der Erfolgsaussicht kommt esdabei ebenso wenig an wie auf die Frage der Entscheidungsreife. 1621)972e) Weitergehende BedeutungWeiterhin ist aufzuzeigen, warum der dargelegten streitigen Rechtsfrage über den zuentscheidenden Fall hinaus eine weitergehende Bedeutung zukommt. 1622) Dazu könnengroße wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Entscheidungen gehören. 1623) Esist aber auch darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchenGründen die aufgeworfene Frage umstritten ist. 1624)1619)1620)1621)1622)1623)1624)BFH 28.08.2003 – VII B 359/02, BFH/NV 2004, 153; BFH 08.12.2003 – I B 67/03, BFH/NV2004, 648BFH 26.07.1988 - VII B 82-83/88, BFH/NV 1989, 88; BFH 07.01.2002 – III B 34/01, BFH/NV2002, 665Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, Seite 162; Seer in: Tipke/Kruse, AO, § 115 FGORdn. 50BFH 18.02.2003 – X B 121/02, BFH/NV 2003, 623; BFH 14.08.2003 – I B 27/03, BFH/NV2004, 6364; BFH 28.08.2003 – VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493; Dürr, Der Steuerberater vordem Finanzgericht, Seite 161; Seer in: Tipke/Kruse, AO, § 116 FGO Rdn. 44Seer in: Tipke/Kruse, AO, § 116 FGO Rdn. 47BFH 18.02.2003 – X B 121/02, BFH/NV 2003, 623

- 272 - 272dem keine grundsätzliche Bedeutung zukommen könne, ist dies nicht nachvollziehbar.Gerade dann, wenn ein FG als Institution <strong>des</strong> Mitgliedstaates Bun<strong>des</strong>republikDeutschland seiner Amtspflicht nicht entspricht, dem Gemeinschaftsrecht zum Durchbruchzu verhelfen, mag dies ein Einzelfall sein. Da aber auch der BFH im Rahmen<strong>des</strong> Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens – selbst wenn dies im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrennicht gerügt worden wäre – von Amts wegen eigenständig verpflichtetwäre, dem Gemeinschaftsrecht zum Durchbruch zu verhelfen, hat er <strong>des</strong>halbwegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zuzulassen, um durch Revisionsentscheidungdem Gemeinschaftsrecht zum Durchbruch zu verhelfen. 1613)966967968c) KlärungsfähigkeitZur Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage gehört die Rechtserheblichkeit der aufgeworfenenFrage und dass eine Klärung auch erwartet werden kann, 1614) was voraussetzt, daßdie klärungsfähige Rechtsfrage auch entscheidungserheblich ist. 1615) Es muß sich folglichum reversibles Bun<strong>des</strong>recht handeln oder um Lan<strong>des</strong>recht, für das der Finanzrechtswegeröffnet ist (§ 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO). Nicht klärungsfähig ist z.B. irreversiblesRecht oder Vertragsauslegungsfragen. 1616)Im Hinblick auf Vertragsauslegung kann sich aber die Frage stellen, ob und inwieweitder BFH an die vom FG vorgenommene Vertragsauslegung gebunden ist (§ 118 Abs.2 FGO) oder nicht, was u.U. der Klärung der Rechtsfrage vorauszugehen hat. Hier giltes, zwischen Grundsatz und Ausnahme zu unterscheiden:- Grundsatz: Der BFH ist an die Vertragsauslegung <strong>des</strong> FG gebunden (§ 118 Abs. 2FGO), wenn den gesetzlichen Auslegungsregeln entspricht, auch wenn sie nichtzwingend sondern nur möglich ist. 1617)- Ausnahme: Der BFH ist an die Vertragsauslegung <strong>des</strong> FG nicht gebunden undkann sie folglich dieserhalb auch überprüfen, wenn das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln(§§ 133, 157 BGB) nicht beachtet hat bzw. gegen Denkgesetze undErfahrungssätze verstoßen hat. 1618)1613)1614)1615)1616)1617)1618)Zur Parallelproblematik beim Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren im Zivilprozess siehe dazuVorwerk in: Kniffka/Quack/Vogel/<strong>Wagner</strong> (Hrsg.), FS f. Thode, 2005, Seite 645; Vorwerk in:Göcken/Remmers/Vorwerk/Wolf (Hrsg.), FS f. Scharf, 2008, Seite 317 jeweils m.w.N.BFH 27.10.1998 - X B 71/98, BFH/NV 1999, 631; BFH 26.07.2001 – X B 06/01, BFH/NV 2002,37, 38; BFH 21.11.2001 – VII B 82/01, BFH/NV 2002, 471 f.; BFH 31.10.2002 – XI B 42/02,BFH/NV 2003, 483; BFH 10.04.2003 – X B 109/02, BFH/NV 2003, 1082; BFH 17.07.2003 – XB 19/03, BFH/NV 2003, 1594; BFH 28.08.2003 – VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493; BFH14.03.2006 – I B 110/05, BFH/NV 2006, 1317 f.. Beermann DStZ 2001, 155, 157; Lange DB2001, 2312, 2313BFH 28.07.2004 – VII B 08/04, BFH/NV 2004, 1680; BFH 12.06.2006 – XI B 122/05, BFH/NV2006, 1789,BFH 29.11.2002 – VIII B 127/02, BFH/NV 2003, 746, 747: An eine Vertragsauslegung <strong>des</strong> FG,die den gesetzlichen Auslegungsregeln entspricht und die nicht offensichtlich gegen Denkgesetzeund allgemeine Erfahrungsgrundsätze verstößt, ist im Gegenteil der BFH sogar gebunden. AberBFH 22.01.2003 – II R 76/01, BFH/NV 2003, 1137, 1138: Eine Vertragsauslegung, die keinenAnhalt im Vertragswortlaut findet, verstößt gegen gesetzliche Auslegungsregeln.BFH 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900BFH 03.03.2004 – X R 12/02, BStBl. II 2004, 722

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!