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- 260 - 260923chung des EuGH ? Wie auch immer, in einem solchen Fall wäre nach einem erfolglosenNichtzulassungsbeschwerdeverfahren im Hinblick auf die Rechtsprechung desEuGH die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde wegen Verstoßes gegen Art. 267Abs. 3 AEUV, 101 Abs. 1 Satz 1 GG möglich. Voraussetzung wäre jedoch, daß bereitsin der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung im einzelnen aufgezeigt wird, daßund warum dann, wenn das FG die Vorlage zum EuGH nicht vorgenommen hat, es fürden BFH als Nichtzulassungsbeschwerdegericht zwingend geboten wäre, vorzulegen,wozu es einer ausführlichen gemeinschaftsrechtlichen und verfassungsrechtlichenBegründung bedarf.Die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens betreffendVerfahrensmangel könnte nach folgendem Raster vorgenommen werden:I. Beschreibung des VerfahrensmangelsII.Rüge in der mündlichen Verhandlung?1. Zu Protokoll?2. Aufrechterhaltung der RügeIII. Entscheidungserheblichkeit924925e) FazitZu berücksichtigen ist, daß alleine die Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung des FGkeinen Zulassungsgrund – auch nicht den eines Verfahrensmangels - darstellt. 1535)Ergibt ferner eine Prüfung durch den Prozeßbevollmächtigten, daß Nichtzulassungsbeschwerdegründegegeben sind, so ist zusätzlich im Hinblick auf den auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahreneinschlägigen § 126 Abs. 4 FGO zu prüfen, ob sichdie Entscheidung des FG nicht aus anderen Gründen als denen im Urteil mitgeteiltenals richtig erweisen könnte. 1536) Vor diesem Hintergrund hat der Prozessbevollmächtigteder 1. Instanz den Mandanten und dessen Steuerberater darüber zu informieren,ob und inwieweit das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bzw., wenn zugelassen,die Revision möglich wäre. Da die Intension des BFH darauf ausgerichtet ist,die formellen Voraussetzungen für eine Nichtzulassungsbeschwerde außerordentlichhoch anzusetzen und u.U. sogar selbst dann nicht anzunehmen, wenn an sich die Zulassungsvoraussetzungenerfüllt wären, wird man vom 1.-instanzlichen Bevollmächtigtenkeine Aussagen dazu erwarten dürfen, ob und inwieweit mit einer Erfolgswahrscheinlichkeitzu rechnen ist. Ohnehin sind Prognosen betreffend die Erfolgsaussichtvon Gerichtsentscheidungen nicht sehr verläßlich, sagt doch der Volksmund: „VorGericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand.“Dem Mandanten bzw. dessen Steuerberater ist seitens des Prozessbevollmächtigtenaber zu verdeutlichen, dass es sich bei der Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revisionnicht um eine 2. Instanz handelt, bei der alles in der 1. Instanz vorgetragene erneut zurÜberprüfung gestellt werden kann, sondern dass eine Überprüfung des finanzgerichtlichenUrteils nur nach den vorgenannten Maßgaben möglich ist.1535)1536)BFH 28.01.2004 – I B 71, 72/03, BFH/NV 2004, 915; BFH 08.03.2004 – VII B 334/03, BFH/NV2004, 974BFH 10.12.2003 – X B 134/02, BFH/NV 2004, 906

- 261 - 261926927928f) Grundsätzliche ÜberlegungenHat das FG eine Auslegung von Willenserklärungen vorgenommen, die im Hinblickauf die §§ 133, 157 BGB vertretbar ist und weder gegen Denkgesetze noch allgemeineErfahrungssätze verstößt, dann handelt es sich dabei um tatsächliche Feststellungendes FG, woran der BFH grundsätzlich gebunden ist. 1537)Der BFH iudiziert, es fülle keinen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO aus,wenn das finanzgerichtliche Urteil „nur“ in sich widersprüchlich ist bzw. an materiellenRechtsfehlern leidet, sofern nicht ein über den Einzelfall hinausgehendes Interessean der Entscheidung des BFH besteht. 1538) Selbst wenn die Entscheidung des FG objektivwillkürlich ist, weil sie auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinemrechtlichen Aspekt vertretbar ist, soll dies nach der Rechtsprechung des BFH keinenZulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO begründen. 1539) Es wurde oben schon daraufhingewiesen, dass diese Rechtsprechung des BFH mit der Rechtsprechung desBVerfG nicht in Einklang steht. Der BGH verfährt inzwischen in Anbetracht des novelliertenNichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsrechts der ZPO nicht mehr vergleichbarzum BFH. 1540)Eine andere grundsätzliche Überlegung ist in folgendem begründet:Obwohl im finanzgerichtlichen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des FG gilt(§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) 1541) und obwohl das FG an Vortrag und Beweisanträge nichtgebunden ist (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO), soll nach Meinung des BFH 1542) das Übergeheneiner beantragten Beweiserhebung als Verfahrensfehler i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 3FGO davon abhängig sein, dass hinreichend dargelegt wurde, dass und warum dasangebotene Beweisemittel entscheidungserheblich ist. Wird gar kein Beweisantraggestellt und wird die Unterlassung einer gebotenen Beweiserhebung von Amts wegennicht in der mündlichen Verhandlung gerügt, dann wertet der BFH dies einfach als1537)1538)1539)1540)1541)1542)BFH 25.03.2010 – X B 165/09, BFH/NV 2010, 1461BFH 12.12.2002 – III B 124/01, BFH/NV 2003, 783, 784; BFH 24.02.2003 – III B 117/02,BFH/NV 2003, 810BFH 24.07.2002 – III B 54/02, BFH/NV 2002, 1488; BFH 12.12.2002 – III B 124/01, BFH/NV2003, 783, 784a.A. wonach jedenfalls bei schwerwiegenden Rechtsfehlern eine Zulassung der Revision gebotensein kann: BFH 18.07.2001 – X B 46/01, BFH/NV 2001, 1596; BFH 30.08.2001 – IV B 79,80/01, BStBl. II 2001, 837; BFH 17.12.2002 – I B 35/02, BFH/NV 2003, 784Auf die Offensichtlichkeit eines schwerwiegenden und gegen das Willkürvebot verstoßendenRechtsfehlers kommt es nicht an: BGH 11.05.2004 – XI ZB 39/03, WM 2004, 1407; BGH07.10.2004 -–V ZR 328/03, NJW 2005, 153. Maßgebend ist, ob eine gegen die Vorschriften desformellen bzw. materiellen rechts verstoßende Entscheidung von Verfassungs wegen einer Korrekturbedarf: BGH 07.10.2004 -–V ZR 328/03, NJW 2005, 153 u.H.a. BGH 27.03.2003 – V ZR291/02, BGHZ 154, 288, 296BFH 27.10.2011 – VI B 79/11, BFH/NV 2012, 235 Rdn. 4, wonach der Amtsermittlungsgrundsatzinsbesondere dort vom FG zu beachten ist, wo es um Fragen von entscheidungserheblicherBedeutung geht. „In diesen Fällen muß es [das FG] jedenfalls solchen tatsächlichen Zweifelnnachgehen, die sich ihm nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen müssen...“BFH 14.02.2006 – II B 30/05, BFH/NV 2006, 1056, 1057

- 260 - 260923chung <strong>des</strong> EuGH ? Wie auch immer, in einem solchen Fall wäre nach einem erfolglosenNichtzulassungsbeschwerdeverfahren im Hinblick auf die Rechtsprechung <strong>des</strong>EuGH die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde wegen Verstoßes gegen Art. 267Abs. 3 AEUV, 101 Abs. 1 Satz 1 GG möglich. Voraussetzung wäre jedoch, daß bereitsin der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung im einzelnen aufgezeigt wird, daßund warum dann, wenn das FG die Vorlage zum EuGH nicht vorgenommen hat, es fürden BFH als Nichtzulassungsbeschwerdegericht zwingend geboten wäre, vorzulegen,wozu es einer ausführlichen gemeinschaftsrechtlichen und verfassungsrechtlichenBegründung bedarf.Die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens betreffendVerfahrensmangel könnte nach folgendem Raster vorgenommen werden:I. Beschreibung <strong>des</strong> VerfahrensmangelsII.Rüge in der mündlichen Verhandlung?1. Zu Protokoll?2. Aufrechterhaltung der RügeIII. Entscheidungserheblichkeit924925e) FazitZu berücksichtigen ist, daß alleine die Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung <strong>des</strong> FGkeinen Zulassungsgrund – auch nicht den eines Verfahrensmangels - darstellt. 1535)Ergibt ferner eine Prüfung durch den Prozeßbevollmächtigten, daß Nichtzulassungsbeschwerdegründegegeben sind, so ist zusätzlich im Hinblick auf den auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahreneinschlägigen § 126 Abs. 4 FGO zu prüfen, ob sichdie Entscheidung <strong>des</strong> FG nicht aus anderen Gründen als denen im Urteil mitgeteiltenals richtig erweisen könnte. 1536) Vor diesem Hintergrund hat der Prozessbevollmächtigteder 1. Instanz den Mandanten und <strong>des</strong>sen Steuerberater darüber zu informieren,ob und inwieweit das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bzw., wenn zugelassen,die Revision möglich wäre. Da die Intension <strong>des</strong> BFH darauf ausgerichtet ist,die formellen Voraussetzungen für eine Nichtzulassungsbeschwerde außerordentlichhoch anzusetzen und u.U. sogar selbst dann nicht anzunehmen, wenn an sich die Zulassungsvoraussetzungenerfüllt wären, wird man vom 1.-instanzlichen Bevollmächtigtenkeine Aussagen dazu erwarten dürfen, ob und inwieweit mit einer Erfolgswahrscheinlichkeitzu rechnen ist. Ohnehin sind Prognosen betreffend die Erfolgsaussichtvon Gerichtsentscheidungen nicht sehr verläßlich, sagt doch der Volksmund: „VorGericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand.“Dem Mandanten bzw. <strong>des</strong>sen Steuerberater ist seitens <strong>des</strong> Prozessbevollmächtigtenaber zu verdeutlichen, dass es sich bei der Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revisionnicht um eine 2. Instanz handelt, bei der alles in der 1. Instanz vorgetragene erneut zurÜberprüfung gestellt werden kann, sondern dass eine Überprüfung <strong>des</strong> finanzgerichtlichenUrteils nur nach den vorgenannten Maßgaben möglich ist.1535)1536)BFH 28.01.2004 – I B 71, 72/03, BFH/NV 2004, 915; BFH 08.03.2004 – VII B 334/03, BFH/NV2004, 974BFH 10.12.2003 – X B 134/02, BFH/NV 2004, 906

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