PDF Version des Buchs herunterladen - Dr. iur. Klaus-R. Wagner
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- 22 - 22373839- Kann eine denkbare Klimaverschlechterung mit dem Finanzamt für den Fall eineszu führenden Steuerprozesses im Hinblick auf vielleicht andere zu klärende Bereichein Kauf genommen werden?- Rechtfertigt die voraussichtliche Verfahrensdauer mit vielleicht unerwünschtenFolgewirkungen gleichwohl die Durchführung des konkreten Steuerprozesses? 32)Ein hinzugezogener Steueranwalt sollte sich daher gegenüber dem Steuerberater desMandanten oder gegenüber dem Mandanten selbst in einem kurzen schriftlichenStatement nicht nur zur Frage der Erfolgsaussicht (nicht gegeben oder denkbar) sondernauch zu vorgenannten Fragen äußern.402. Anlässe für einen SteuerprozessDiese können hier nicht erschöpfend aufgeführt werden. Sie sollen daher nur exemplarischbehandelt werden.41a) Schlussbesprechung anläßlich einer AußenprüfungErgeben sich aufgrund des Ergebnisses einer Außenprüfung Änderungen der Besteuerungsgrundlagen,so ist eine Schlußbesprechung durchzuführen. Dabei „sind insbesonderestrittige Sachverhalte sowie die rechtliche Beurteilung der Prüfungsfeststellungenund ihre steuerlichen Auswirkungen zu erörtern“ (§ 201 Abs. 1 AO). 33) Läßtder Prüfungsverlauf der Außenprüfung erkennen, dass sich Sachverhalts- bzw. Rechtsfragenals schwierig oder streitig herausstellen sollten, so empfiehlt es sich, bereits zudiesem frühen Zeitpunkt den Steuerberater oder Steueranwalt zur Schlußbesprechung32)33)Wenn Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, Seite 27 die durchschnittliche Verfahrensdauervor Finanzgerichten in 1998 mit 15,7 Monaten beschreibt (Die durchschnittliche Verfahrensdauernicht unzulässiger Klagen betrug: Nach EFG 2001, 1094, 106 in 2000 26,3 Monate.Nach EFG 2004, 2, 4 in 2002 26,8 Monate. Nach EFG 2006, 942 in 2003 17,4 Monate und in2004 17 Monate. Nach EFG 2008, 2 in 2005 18,6 Monate und in 2006 19 Monate) und nach EFG2009, 1702, 1705 18,5 Monate in 2007 sowie 18 Monate in 2008, so kann ich solches aus meinerPraxis nicht bestätigen. Hier liegt der Durchschnitt bei 4 ½ bis 6 ½ Jahren bis zu ersten mündlichenVerhandlung mit nochmals erheblicher Zeit bis zum Vorliegen der schriftlichen Entscheidungsgründe.Selbst eine Beschwerde gegen eine ablehnende Befangenheitsentscheidung einesFG dauerte beim BFH über 1 Jahr. Die veröffentlichten statistischen Zahlen stimmen folglich mitder Lebenswirklichkeit nicht überein und für die Planung eines Steuerprozesses sollte man vonder Lebenswirklichkeit und nicht von davon krass abweichenden Statistiken ausgehen.Zur Überlangen Verfahrensdauer siehe ferner Beermann/Brandt, Steuerliches Verfahrensrecht,EinfFGO Rdn. 4f.;Die Nichtdurchführung einer Schlußbesprechung begründet kein Verwertungsverbot (BFH26.06.1997 - XI B 174/96, BFH/NV 1998, 17). Auch kann auf die Versagung rechtlichen Gehörsbei einer Schlußbesprechung nicht eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §§ 116 Abs. 3, 115Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützt werden, da ein solcher Verfahrensmangel sich nur auf einen im finanzgerichtlichenVerfahren aufgetretenen Gehörsmangel beziehen kann (BFH 15.09.1999 – V B97/99, BFH/NV 2000, 329). Es ist unklar, ob der Verfahrensfehler der Unterlassung der Schlußbesprechungdadurch geheilt werden kann, dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, sichzum Außenprüfungs-Bericht vor und im Einspruchsverfahren zu äußern (FG Baden-Württemberg30.01.1997 - 6 V 1/96, EFG 1997, 779; a.A. FG München 02.05.1995 - 1 V 4197/92, EFG 1995,867, das u.U. eine Nachholung der Schlußbesprechung für notwendig hält).
- 23 - 234243mit hinzuzuziehen, der für den Fall eines für denkbar gehaltenen Steuerprozesses diesenund im Vorfeld dazu das Einspruchsverfahren sowie die AdV- Verfahren (§ 361Abs. 2 AO und § 69 FGO) führen soll.Dies auch aus folgendem Grund:Es kann sich durchaus anbieten, im Rahmen der Schlußbesprechung eine tatsächlicheVerständigung über den der Steuerfestsetzung zugrundeliegenden Sachverhalt zu treffen.Dazu muß auf Seiten des Finanzamtes ein Amtsträger beteiligt sein, der zur Entscheidungüber die Steuerfestsetzung befugt ist. 34) Damit wird in aller Regel beabsichtigtsein, letztlich die steuerliche Behandlung von Sachverhalten einvernehmlich festzulegen,um an Hand dessen z.B. eine Schätzung vorzunehmen. 35) Es kommt jedochimmer wieder vor, dass das Finanzamt zu einem späteren Zeitpunkt, weil z.B. inzwischendie BFH-Rechtsprechung sich zu Gunsten des Finanzamtes entwickelt hat, versucht,diese tatsächliche Verständigung nicht mehr gegen sich gelten zu lassen. Manberuft sich u.U. auf Formmängel, 36) man habe sich nicht über Tatsachenfragen sondernunzulässigerweise über Rechtsfragen verständigt, 37) eine Bindungswirkung für Folgefragenentfalle wegen Änderung des Sachverhaltslage, 38) eine Unwirksamkeit der tatsächlichenVerständigung sei wegen „offensichtlich unzutreffenden Ergebnisses“ gegeben39) etc..Weil dem so ist, ist es sinnvoll, vorsorglich bereits bei der schriftlichen Abfassung einertatsächlichen Verständigung in Anwesenheit eines für die Steuerfestsetzung zuständigenAmtsträgers auch den Berater mit zugegen zu haben, der für den Fall einesursprünglich in Erwägung gezogenen Steuerprozesses denselben hätte betreuen sollen.Denn sollte es aus Gründen der tatsächlichen Verständigung später zu einem Steuerprozesskommen, so kann der entsprechende Berater dazu bereits aus eigener Kenntnisbeitragen und sich ggf. sogar selbst als Zeugen benennen.44b) Vorfrage(n) eines ZivilprozessesEs gibt vielfältige zivilrechtliche Fragen, die letztlich in Zivilprozesse einmünden undbei denen im Steuerprozess zu klärende steuerliche Fragen vorab zu klären sind.34)35)36)37)38)39)BFH 06.02.1991 - I R 13/86, BStBl. II 1991, 673FG Hamburg 21.07.2006 – 6 K 91/05, EFG 2007, 79, 80: Es handelt sich bei der tatsächlichenVerständigung um auslegungsfähige öffentlichrechtliche Willenserklärungen, ohne dass es auf diedogmatische Einordnung als öffentlichrechtlicher Vertrag oder einer Bindungswirkung aus Treuund Glauben ankommt.BFH 21.06.2000 - IV B 138/99, n.V.: „Zwar bedürfen tatsächliche Verständigungen keiner besonderenForm, die Nichteinhaltung der Schriftform, die fehlende Protokollierung und der Vorbehaltder Nachprüfung sind Indiz dafür, dass die Beteiligten sich nicht haben binden wollen.“(Leitsatz) Ferner BFH 25.11.1997 - IX R 47/94, BFH/NV 1998, 580BFH 15.03.2000 - IV B 44/99, BFH/NV 2000, 1073BFH 13.08.1997 - I R 12/97, BFH/NV 1998, 498BFH 31.07.1996 - XI R 78/95, BStBl II 1996, 625
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