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- 208 - 208703704705706Entweder im Anschluß hieran oder nach Erörterung der Sach- und Rechtslage (§ 93Abs. 1 FGO) werden die Anträge gestellt, wobei es nicht ungewöhnlich ist, dass derVorsitzende oder Berichterstatter bzw. der Einzelrichter in der beim FG üblichen Weisedie Anträge aufgrund der vorliegenden Schriftsätze bereits vorformuliert vorschlägt.1189) Denn das Gericht ist an die Fassung gestellter Anträge nicht gebunden(§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Zu den gestellten Anträgen können auch Beweisanträgegehören, sofern sie nicht schon vor der mündlichen Verhandlung gestellt wurden. 1190)Wenngleich das FG an die Fassung gestellter Anträge nicht gebunden ist, ist es aberan das Klagebegehren gebunden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), so daß es nicht über einenanderen Sachverhalt entscheiden darf, als dem im streitgegenständlichen Steuerbescheiderfaßten Sachverhalt. 1191)Alsdann wird zwischen Gericht und den Beteiligten die Streitsache tatsächlich undrechtlich erörtert. 1192)Je tiefergehend die schriftsätzlichen Ausführungen in der Klagebegründung waren, umso tiefergehender kann die Erörterung sein. Während der mündlichen Verhandlung bestehtzudem die Möglichkeit, Verfahrensrügen und sonstige Anträge (z.B. Befangenheitsantrag)zu Protokoll zu erklären, was nach Schluß der mündlichen Verhandlung(§ 93 Abs. 3 Satz 1 FGO) nicht mehr möglich ist. 1193) Wird folglich erkennbar vomGericht ein Beweisantrag übergangen, so muß die entsprechende Verfahrensrüge zuProtokoll erklärt werden. Und sollte sich das Gericht weigern, einen Beweisantrag zuProtokoll zu nehmen, so muß eine entsprechende Protokollberichtigung beantragt werden.1194) Ein rügeloses Einlassen kann zum Verlust des Rügerechts führen. 1195) Dies istnicht ganz ungefährlich, wenn nämlich keine Fortsetzung der mündlichen Verhandlungoder Beweisaufnahme nachfolgen sollte, wo man die Verfahrensrüge noch zuProtokoll geben könnte. 1196)Die Erörterung des Sach- und Streitstandes ist auch deshalb wichtig, weil daran sichmessen läßt, ob eine unzulässige Überraschungsentscheidung vorliegt. 1197) Denn voneiner Überraschungsentscheidung ist dann die Rede, wenn ein Gericht1189)1190)1191)1192)1193)1194)1195)1196)1197)Bilsdorfer NJW 2001, 331, 336; Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, 5. Aufl. 2001,Seite 122Bilsdorfer NJW 2001, 331, 336BFH 19.02.2009 – II R 49/07, BFH/NV 2009, 1291Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, 5. Aufl. 2001, Seite 122BFH 29.04.1988 – VII S 20/87, BFH/NV 1989, 112; BFH 31.01.1989 – VII B 162/88, BStBl. II1989, 372; Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, Seite 127BFH 04.03.1992 – II B 201/91, BStBl. II 1992, 562; Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht,Seite 128BFH 29.09.1988 – V R 53/83, BStBl. II 1988, 1027BFH 31.01.1989 – VII B 162/88, BStBl. II 1989, 372; BFH 15.07.1997 – VIII R 56/93, BStBl. II1998, 152; BFH 25.07.2000 - VII B 2/00, n.V.BFH 23.09.1999 - VI R 106/98, BFH/NV 2000, 448; BFH 15.03.2002 – X B 175/01, BFH/NV2002, 944; BFH 10.12.2002 – V B 263/02, BFH/NV 2003, 494; BFH 18.08.2006 – IV B 101/05,BFH/NV 2007, 202, 204

- 209 - 209707708709„seine Entscheidung auf einen bis zur Entscheidung nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichenGesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch eingewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Prozessesnicht rechnen mußte.“ 1198)Hinzu kommen muß, daß der Betroffene die Umstände, die er als ihm vorenthaltenrügt, „nicht bereits anderweitig hat kennen können und müssen.“ 1199)Dies bedeutet:- Das, was erörtert worden ist, muß seitens des FG auch verarbeitet werden undfolglich auch Eingang in Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des FGfinden.- Das, was nicht erörtert wurde, darf seitens des FG nicht zur Entscheidungsgrundlagegemacht werden. Denn: Gemäß § 96 Abs. 2 FGO darf ein Urteil nurauf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligtenäußern konnten. 1200) Auch müssen Beteiligte sich zu maßgeblichen rechtlichenErwägungen äußern können. 1201) Geschieht dies nicht und wird die gerichtlicheEntscheidung auf Erwägungen gestützt, mit denen Verfahrensbeteiligte nach demVerlauf des Rechtsstreites nicht rechnen mußten, dann liegt ein Verstoß gegenArt. 103 Abs. 1 GG in Form einer unzulässigen Überraschungsentscheidungvor. 1202)„Der Anspruch auf Schutz vor Überraschungsentscheidungen ist daher nicht schon dannverletzt, wenn das FG rechtliche Gesichtspunkte, die im bisherigen Verfahren nicht imVordergrund standen, in der Entscheidung als maßgebend herausstellt (Beschluß desBVerfG vom 14. April 1978 2 BvR 238/78, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Grundgesetz,Art. 103 Abs. 1, Rechtsspruch 160; BFH-Urteil vom 14. März 1989 I R 105/88,BFHE 157, 72, BStBl II 1989, 741). Ein Verstoß kommt allerdings dann in Betracht,wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunktzur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat und damit dem Rechtsstreit eineWendung gegeben hat, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrensnicht zu rechnen brauchten (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juli 19854 C 62/82, Neue Juristische Wochenschrift 1986, 445; BFH-Beschlüsse vom 19. Juli 19961198)1199)1200)1201)1202)BFH 06.08.2004 – II B 69/03, BFH/NV 2004, 1666; so auch BFH 28.10.2004 – VII B 298/03,BFH/NV 2005, 1021; BFH 15.12.2005 – IX B 131/05, BFH/NV 2006, 904; BFH 18.08.2006 – VB 178/05, BFH/NV 2007, 62, 63; BFH 14.09.2006 – II B 100/05, BFH/NV 2007, 79; BFH07.07.2008 – II B 09/07, BFH/NV 2008, 1811; BFH 15.03.2011 – VI B 151/10, BFH/NV 2011,1003BFH 21.02.2013 – X B 53/11, BFH/NV 2013, 972 Rdn. 27BVerfG 11.10.1978 - 2 BvR 214/76, BVerfGE 49, 325; BFH 23.09.1999 - VI R 106/98, BFH/NV2000, 448BVerfG 19.05 1992 - 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133, 144; BFH 21.03.1995 XI R 85/93, BStBlII 1995, 732, 734; BFH 23.09.1999 - VI R 106/98, BFH/NV 2000, 448BFH Urteile vom 21. August 1997 V R 65/94, BFH/NV 1998, 971; vom 17. Juni 1998 II R 29/97,BFH/NV 1999, 185; Beschlüsse vom 2. Dezember 1998 II B 60/98, BFH/NV 1999, 792; vom 1.Juli 1998 IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511; BFH 15.03.2002 – X B 175/01, BFH/NV 2002,944; BFH 27.05.2002 – XI B 87/01, BFH/NV 2002, 1464; BFH 10.12.2002 – V B 263/02,BFH/NV 2003, 494; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93 FGO Tz. 3, § 96 FGO Tz. 114

- 208 - 208703704705706Entweder im Anschluß hieran oder nach Erörterung der Sach- und Rechtslage (§ 93Abs. 1 FGO) werden die Anträge gestellt, wobei es nicht ungewöhnlich ist, dass derVorsitzende oder Berichterstatter bzw. der Einzelrichter in der beim FG üblichen Weisedie Anträge aufgrund der vorliegenden Schriftsätze bereits vorformuliert vorschlägt.1189) Denn das Gericht ist an die Fassung gestellter Anträge nicht gebunden(§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Zu den gestellten Anträgen können auch Beweisanträgegehören, sofern sie nicht schon vor der mündlichen Verhandlung gestellt wurden. 1190)Wenngleich das FG an die Fassung gestellter Anträge nicht gebunden ist, ist es aberan das Klagebegehren gebunden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), so daß es nicht über einenanderen Sachverhalt entscheiden darf, als dem im streitgegenständlichen Steuerbescheiderfaßten Sachverhalt. 1191)Alsdann wird zwischen Gericht und den Beteiligten die Streitsache tatsächlich undrechtlich erörtert. 1192)Je tiefergehend die schriftsätzlichen Ausführungen in der Klagebegründung waren, umso tiefergehender kann die Erörterung sein. Während der mündlichen Verhandlung bestehtzudem die Möglichkeit, Verfahrensrügen und sonstige Anträge (z.B. Befangenheitsantrag)zu Protokoll zu erklären, was nach Schluß der mündlichen Verhandlung(§ 93 Abs. 3 Satz 1 FGO) nicht mehr möglich ist. 1193) Wird folglich erkennbar vomGericht ein Beweisantrag übergangen, so muß die entsprechende Verfahrensrüge zuProtokoll erklärt werden. Und sollte sich das Gericht weigern, einen Beweisantrag zuProtokoll zu nehmen, so muß eine entsprechende Protokollberichtigung beantragt werden.1194) Ein rügeloses Einlassen kann zum Verlust <strong>des</strong> Rügerechts führen. 1195) Dies istnicht ganz ungefährlich, wenn nämlich keine Fortsetzung der mündlichen Verhandlungoder Beweisaufnahme nachfolgen sollte, wo man die Verfahrensrüge noch zuProtokoll geben könnte. 1196)Die Erörterung <strong>des</strong> Sach- und Streitstan<strong>des</strong> ist auch <strong>des</strong>halb wichtig, weil daran sichmessen läßt, ob eine unzulässige Überraschungsentscheidung vorliegt. 1197) Denn voneiner Überraschungsentscheidung ist dann die Rede, wenn ein Gericht1189)1190)1191)1192)1193)1194)1195)1196)1197)Bilsdorfer NJW 2001, 331, 336; Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, 5. Aufl. 2001,Seite 122Bilsdorfer NJW 2001, 331, 336BFH 19.02.2009 – II R 49/07, BFH/NV 2009, 1291Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, 5. Aufl. 2001, Seite 122BFH 29.04.1988 – VII S 20/87, BFH/NV 1989, 112; BFH 31.01.1989 – VII B 162/88, BStBl. II1989, 372; Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht, Seite 127BFH 04.03.1992 – II B 201/91, BStBl. II 1992, 562; Dürr, Der Steuerberater vor dem Finanzgericht,Seite 128BFH 29.09.1988 – V R 53/83, BStBl. II 1988, 1027BFH 31.01.1989 – VII B 162/88, BStBl. II 1989, 372; BFH 15.07.1997 – VIII R 56/93, BStBl. II1998, 152; BFH 25.07.2000 - VII B 2/00, n.V.BFH 23.09.1999 - VI R 106/98, BFH/NV 2000, 448; BFH 15.03.2002 – X B 175/01, BFH/NV2002, 944; BFH 10.12.2002 – V B 263/02, BFH/NV 2003, 494; BFH 18.08.2006 – IV B 101/05,BFH/NV 2007, 202, 204

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