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- 196 - 196657658Dadurch wurde zwangsläufig die Meßlatte für eine Verfassungsbeschwerde zumBVerfG mit der Behauptung, der europäische Grundrechtsstandard unterschreite dendeutschen, angehoben, weshalb auch das BVerfG judizierte, bezüglich des abgeleitetenGemeinschaftsrechts Verfassungsbeschwerden zu ihm für unzulässig zu erklären1121) mit der Folge, dass Beschwerdeführer und Gerichte an den EuGH verwiesenwerden. 1122)Damit setzte sich das BVerfG in seiner Maastricht-Entscheidung vom 12.10.1993 ineinen gewissen Widerspruch, 1123) als es unter Bezug auf vorgenannte Fundstelle 1124)plötzlich doch wieder betonte, auch bei abgeleitetem Gemeinschaftsrecht sichere dasBVerfG, „dass ein wirksamer Schutz der Grundrechte für die Einwohner Deutschlandsauch gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell sichergestellt werde“und zwar in einem „Kooperationsverhältnis“ zum EuGH. 1125)1121)1122)1123)1124)1125)BVerfG 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339, 387 – Solange II; Nicolaysen/NowakNJW 2001, 1233BVerfG 09.01.2001 – 1 BvR 1036/99, ZIP 2001, 350So auch Schmid NVwZ 2001, 249, 253; Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233BVerfG 12.10.1993 – 2 BvR 2134, 2159/92, BVerfGE 89, 155, 175 u.H.a. BVerfG 22.10.1986 –2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339, 386 – Solange IIBVerfG 12.10.1993 – 2 BvR 2134, 2159/92, BVerfGE 89, 155, 174 f.: „„Die in der Präambel desGrundgesetzes angelegte und in Art. 23 und 24 GG geregelte Offenheit für eine europäische Integrationhat zur Folge, dass grundrechtserhebliche Eingriffe auch von europäischen Organen ausgehenkönnen und ein Grundrechtsschutz dementsprechend für das gesamte Geltungsgebiet dieserMaßnahmen gewährleistet werden muß; dadurch erweitert sich insbesondere der räumliche Anwendungsbereichder Freiheitsrechte und die Vergleichsperspektive bei der Anwendung desGleichheitssatzes.Eine ins Gewicht fallende Minderung der Grundrechtsstandards ist damit nicht verbunden. DasBundesverfassungsgericht gewährleistet durch seine Zuständigkeit (vgl. BVerfGE 37, 271 ; 73, 339 ), dass ein wirksamer Schutz der Grundrechte für die Einwohner Deutschlandsauch gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell sichergestellt und dieserdem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im wesentlichen gleich zuachten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt. Das Bundesverfassungsgerichtsichert so diesen Wesensgehalt auch gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaft (vgl.BVerfGE 73, 339 ). Auch Akte einer besonderen, von der Staatsgewalt der Mitgliedstaatengeschiedenen öffentlichen Gewalt einer supranationalen Organisation betreffen die Grundrechtsberechtigtenin Deutschland. Sie berühren damit die Gewährleistungen des Grundgesetzes und dieAufgaben des Bundesverfassungsgerichts, die den Grundrechtsschutz in Deutschland und insoweitnicht nur gegenüber deutschen Staatsorganen zum Gegenstand haben (Abweichung vonBVerfGE 58, 1 ). Allerdings übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit überdie Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem "Kooperationsverhältnis"zum Europäischen Gerichtshof aus, in dem der Europäische Gerichtshof denGrundrechtsschutz in jedem Einzelfall für das gesamte Gebiet der Europäischen Gemeinschaftengarantiert, das Bundesverfassungsgericht sich deshalb auf eine generelle Gewährleistung der unabdingbarenGrundrechtsstandards (vgl. BVerfGE 73, 339 ) beschränken kann.“ 1125)Kritisch dazu Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233, 1234, wonach diese Rechtsprechung desBVerfG im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des EuGH stand, der für sich seineLetztentscheidungskompetenz ableitete aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts auch gegenübermitgliedstaatlichem Verfassungsrecht.

- 197 - 197659660661Es kehrte allerdings in seinem Bananenbeschluss vom 07.06.2000 1126) wieder zu denGrundzügen seiner Rechtsprechung vom 22.10.1986 zurück, wonach eine Verfassungsbeschwerdeoder Vorlage unzulässig sei, die auf die Verletzung des GG durchsekundäres Gemeinschaftsrecht gestützt werde, ohne dass begründet werde, dassdie europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung des EuGH zeitlichnach der Entscheidung des BVerfG vom 22.10.1986 1127) generell unter denGrundrechtsstandard des GG abgesunken sei. 1128) Dabei sei „ein deckungsgleicherSchutz in den einzelnen Grundrechtsbereichen des Grundgesetzes durch das europäischeGemeinschaftsrecht und die darauf fußende Rechtsprechung des EuGH nichtgefordert.“ 1129)Die vom BVerfG in seinem Bananenbeschluss gestellten Anforderungen sind allerdingsso hoch, dass eine Verfassungsbeschwerde oder Vorlage zu ihm, die diesen Anforderungengenügen könnte, kaum noch zu bewältigen sein wird und es de facto nurunzulässige Verfassungsbeschwerden geben wird, 1130) wovon das BVerfG schon inseiner Solange II Entscheidung ausgegangen war. 1131) Das BVerfG hat damit den Wegzu ihm per Verfassungsbeschwerde erschwert, 1132) es hat aber nicht eine eigene Kontrollbefugnisgenerell aufgegeben. 1133)Dies bedeutet, dass bei einer Klage zum FG die Klagebegründung sich auch daraufstützen kann, einen Abgleich nationaler Steuerverwaltungsakte, Gesetze, Verordnungenund Rechtsprechung am Maßstab nationalen und europäischen Verfassungsrechts(primäres Gemeinschaftsrecht) vorzunehmen. 1134) Und hierbei läßt sich folgende weitereneue Entwicklung feststellen, die mit berücksichtigt werden könnte:1126)1127)1128)1129)1130)1131)1132)1133)1134)BVerfG 07.06.2000 – 2 BvL 1/97, NJW 2000, 3124; Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233, 1234 f.BVerfG 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339, 378 – 381 – Solange IISo vorher schon Grimm RdA 1996, 66, 68. Kirchhof EuR 1991, Beiheft 1, S. 24 nennt Beispiele:Der Individualrechtsschutz über Art. 173 EGV ( = Art. 230 EG)reiche nicht aus, wenn bestimmteGrundrechtstypen fehlten; der Grundrechtsschutz werde durch den EuGH generell nicht mehr gewährleistet.Dazu auch Schmid NVwZ 2001, 249, 253; Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233, 1235Zur Kritik an dieser Rechtsprechung des BVerfG vor dem Hintergrund des Art. 23 GG NettesheimNVwZ 2002, 932BVerfG 07.06.2000 – 2 BvL 1/97, NJW 2000, 3124, 3125. Zur Kritik, dass nach dieser Entscheidungauch strukturelle Verletzungen einzelner Rechtsgüter nicht mehr ausreichen, sondern dasvorlegende Gericht „die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung desEuGH seit 1986“ insgesamt beurteilen und dazu eine umfangreiche Gegenüberstellung desGrundrechtsschutzes nach nationalem und europäischem Recht vornehmen müsse, siehe SchmidNVwZ 2001, 249, 253So auch die Einschätzung von Schmid NVwZ 2001, 249, 254; Nicolaysen/Nowak NJW 2001,1233, 1236BVerfG 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339, 387 – Solange IINettesheim NVwZ 2002, 932So hat das BVerfG 17. 2. 2000 - 2 BvR 1210/98, NJW 2000, 2015, 2016 iudiziert: „........... DieFrage nach einem ausbrechenden Rechtsakt im Sinne des Maastricht-Urteils des BVerfG (vgl.BVerfGE 89, 155 [187f.] = NJW 1993, 3047) stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht.“ unddamit zu erkennen gegeben, dass die Überprüfung ausbrechender Rechtsakte keineswegs aufgegebenwurde, worauf Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233, 1236 zutreffend hinweisen. Siehe auchBVerfG 09.01.2001 – 1 BvR 1036/99, WM 2001, 749Hirsch NJW 2000, 1817, 1820

- 197 - 197659660661Es kehrte allerdings in seinem Bananenbeschluss vom 07.06.2000 1126) wieder zu denGrundzügen seiner Rechtsprechung vom 22.10.1986 zurück, wonach eine Verfassungsbeschwerdeoder Vorlage unzulässig sei, die auf die Verletzung <strong>des</strong> GG durchsekundäres Gemeinschaftsrecht gestützt werde, ohne dass begründet werde, dassdie europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH zeitlichnach der Entscheidung <strong>des</strong> BVerfG vom 22.10.1986 1127) generell unter denGrundrechtsstandard <strong>des</strong> GG abgesunken sei. 1128) Dabei sei „ein deckungsgleicherSchutz in den einzelnen Grundrechtsbereichen <strong>des</strong> Grundgesetzes durch das europäischeGemeinschaftsrecht und die darauf fußende Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH nichtgefordert.“ 1129)Die vom BVerfG in seinem Bananenbeschluss gestellten Anforderungen sind allerdingsso hoch, dass eine Verfassungsbeschwerde oder Vorlage zu ihm, die diesen Anforderungengenügen könnte, kaum noch zu bewältigen sein wird und es de facto nurunzulässige Verfassungsbeschwerden geben wird, 1130) wovon das BVerfG schon inseiner Solange II Entscheidung ausgegangen war. 1131) Das BVerfG hat damit den Wegzu ihm per Verfassungsbeschwerde erschwert, 1132) es hat aber nicht eine eigene Kontrollbefugnisgenerell aufgegeben. 1133)Dies bedeutet, dass bei einer Klage zum FG die Klagebegründung sich auch daraufstützen kann, einen Abgleich nationaler Steuerverwaltungsakte, Gesetze, Verordnungenund Rechtsprechung am Maßstab nationalen und europäischen Verfassungsrechts(primäres Gemeinschaftsrecht) vorzunehmen. 1134) Und hierbei läßt sich folgende weitereneue Entwicklung feststellen, die mit berücksichtigt werden könnte:1126)1127)1128)1129)1130)1131)1132)1133)1134)BVerfG 07.06.2000 – 2 BvL 1/97, NJW 2000, 3124; Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233, 1234 f.BVerfG 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339, 378 – 381 – Solange IISo vorher schon Grimm RdA 1996, 66, 68. Kirchhof EuR 1991, Beiheft 1, S. 24 nennt Beispiele:Der Individualrechtsschutz über Art. 173 EGV ( = Art. 230 EG)reiche nicht aus, wenn bestimmteGrundrechtstypen fehlten; der Grundrechtsschutz werde durch den EuGH generell nicht mehr gewährleistet.Dazu auch Schmid NVwZ 2001, 249, 253; Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233, 1235Zur Kritik an dieser Rechtsprechung <strong>des</strong> BVerfG vor dem Hintergrund <strong>des</strong> Art. 23 GG NettesheimNVwZ 2002, 932BVerfG 07.06.2000 – 2 BvL 1/97, NJW 2000, 3124, 3125. Zur Kritik, dass nach dieser Entscheidungauch strukturelle Verletzungen einzelner Rechtsgüter nicht mehr ausreichen, sondern dasvorlegende Gericht „die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung <strong>des</strong>EuGH seit 1986“ insgesamt beurteilen und dazu eine umfangreiche Gegenüberstellung <strong>des</strong>Grundrechtsschutzes nach nationalem und europäischem Recht vornehmen müsse, siehe SchmidNVwZ 2001, 249, 253So auch die Einschätzung von Schmid NVwZ 2001, 249, 254; Nicolaysen/Nowak NJW 2001,1233, 1236BVerfG 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339, 387 – Solange IINettesheim NVwZ 2002, 932So hat das BVerfG 17. 2. 2000 - 2 BvR 1210/98, NJW 2000, 2015, 2016 iudiziert: „........... DieFrage nach einem ausbrechenden Rechtsakt im Sinne <strong>des</strong> Maastricht-Urteils <strong>des</strong> BVerfG (vgl.BVerfGE 89, 155 [187f.] = NJW 1993, 3047) stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht.“ unddamit zu erkennen gegeben, dass die Überprüfung ausbrechender Rechtsakte keineswegs aufgegebenwurde, worauf Nicolaysen/Nowak NJW 2001, 1233, 1236 zutreffend hinweisen. Siehe auchBVerfG 09.01.2001 – 1 BvR 1036/99, WM 2001, 749Hirsch NJW 2000, 1817, 1820

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