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- 180 - 180601602603Soweit das BVerfG 1019) in einer früheren Entscheidung iudizierte, der Gesetzgeber seiberechtigt, die ursprünglichen Rechtsfolgen auch gegen Jahresende mit Wirkung fürden gesamten Veranlagungszeitraum zu ändern, hat das BVerfG dies in einer späterenEntscheidung allerdings dies wieder relativiert. 1020)Von einer „unechten Rückwirkung“ bzw. „tatbestandlichen Rückanknüpfung“ sprichtman dagegen, wenn ein Gesetz zeitlich zwar erst nach Verkündung in Kraft tritt, aberbereits Sachverhalte erfaßt, die vor der Verkündung „ins Werk gesetzt worden sind,“ohne abgeschlossen gewesen zu sein. Solche gesetzliche Regelungen „unterliegenweniger strengen Beschränkungen.“ 1021) Fraglich ist nur, ob als Unterscheidungsmerkmalder Sachverhalt abgeschlossen sein muß oder auch seine steuerliche Zuordnung.Der BFH 1022) meint, ein vor Verkündung des Gesetzes abgeschlossener Sachverhalt seidann noch nicht abgeschlossen, wenn für das Jahr des abgeschlossenen Sachverhaltesdie zum Jahresende erst eintretende Veranlagung als Rechtsfolge noch nicht erfolgt seiund ordnet daher rückwirkende Eingriffe in deshalb nicht abgeschlossene Sachverhalteder unechten Rückwirkung zu. Der vom BFH in diesem Zusammenhang zitiertenRechtsprechung des BVerfG läßt sich dies so nicht entnehmen. 1023) So geht dasBVerfG für den zeitlichen Anwendungsbereich einer Norm davon aus, damit die zeitlicheZuordnung der normativ angeordneten Rechtsfolgen im Hinblick auf den Zeitpunktder Verkündung der Norm in Betracht zu ziehen. Es geht folglich bei der echtenRückwirkung um eine solche von Rechtsfolgen bis zum Zeitpunkt der Gesetzesverkündung,während die tatbestandliche Rückanknüpfung die unechte Rückwirkungausmacht. 1024)Schutzwürdiges Vertrauen entfällt aber ab dem Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlussesüber die Neuregelung, da man ab diesem Zeitpunkt mit dem Inkrafttretender Neuregelung rechnen muß. Folglich kann der Gesetzgeber für Neuregelungen denZeitraum vom Gesetzesbeschluss bis zur Gesetzesverkündung mit einbeziehen. 1025)Rückwirkungsverbote darf der Gesetzgeber durchbrechen, wenn zwingende Gründedes gemeinen Wohls oder wegen eines nicht mehr schutzwürdigen Vertrauens des1019)1020)1021)1022)1023)1024)1025)BVerfG 14.05.1986 – 2 BvL 02/83, BVerfG 72, 200BVerfG 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 67, 80; Kirchhof StuW 2000, 221, 223; MellinghoffDStR 2003, Beilage 3 Seite 13*BVerfG 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 79; BVerfG 03.07.2001 – 1 BvR 382/01,DB 2001, 1650; BFH 09.05.2001 – XI B 151/00, BStBl II 2001, 552; BFH 27.08.2002 – XI B94/02, DStR 2002, 1985, 1986BFH 27.08.2002 – XI B 94/02, DStR 2002, 1985, 1986Siehe etwa BVerfG 14.05.1986 – 2 BvL 02/83, BVerfGE 72, 200, 240BVerfG 14.05.1986 – 2 BvL 02/83, BVerfGE 72, 200, 242BVerfG 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 79
- 181 - 181604Einzelnen es gebieten und dadurch nicht in den „grundrechtlichen Schutz des Lebenssachverhaltes“eingegriffen wird, was von Fall zu Fall zu prüfen ist. 1026)„Der Steueranspruch entsteht gemäß § 38 i.V.m. § 37 Abs. 1 AO grundsätzlich, sobald derTatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Das Einkommensteuergesetzallerdings bestimmt in § 36 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1, dass die Einkommensteuerin der Regel mit Ablauf des Kalenderjahres als Veranlagungszeitraum entsteht. Nach diesergesetzlichen Vorgabe finden die Regeln der tatbestandlichen Rückanknüpfung Anwendung,wenn nicht schon der gesamte gesetzliche Steuertatbestand vor Inkrafttreten des Gesetzes verwirklichtworden ist (vgl. BVerfGE 72, 200 ; ebenso Bundesfinanzhof, BStBl II1993 S. 151 ).Bietet aber ein Steuergesetz dem Steuerpflichtigen eine Verschonungssubvention an, die er nurwährend des Veranlagungszeitraums annehmen kann, so schafft dieses Angebot für diese Dispositionin ihrer zeitlichen Bindung eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtigeseine Entscheidung über das subventionsbegünstigte Verhalten stützt. Er entscheidet sich umdes steuerlichen Vorteils willen für ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten, das er ohne densteuerlichen Anreiz so nicht gewählt hätte.Mit dieser Entscheidung ist die Lenkungs- und Gestaltungswirkung des Subventionsangebotsabschließend erreicht. Diese Dispositionsbedingungen werden damit vom Tag der Entscheidungan zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage.“ 1027)Möchte man folglich die Verfassungswidrigkeit einer Norm wegen rückwirkenderBelastungswirkung angreifen, so muß folglich in der Klagebegründung dargelegt werden,- ob ein Fall echter oder unechter Rückwirkung gegeben ist,- ob die Rückwirkung auf die Zeit vor den Tag des Gesetzesbeschlusses zurückreicht,- dass es keine zwingenden Gründe des gemeinen Wohls gibt,- dass das schutzbedürftige Vertrauen des Einzelnen durchbrochen wurde,- dass dadurch in einen grundrechtlich geschützten Lebenssachverhalt (z.B. Art. 2Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 2 GG 1028) ) eingegriffen wurde.1026)1027)1028)BVerfG 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 79. Ähnlich BFH 05.03.2001 – IX B90/00, BStBl II 2001, 405: „Schutzwürdig ist jedenfalls --vom Tag der Dispositionsentscheidungan-- das betätigte Vertrauen, d.h. eine hinreichend gewichtige Investition oder wirtschaftlicheDisposition des Steuerpflichtigen, die auf dem Vertrauen in das zu diesem Zeitpunkt geltendeRecht beruht (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 5. Mai 1987 1 BvR 724, 1000, 1015/81; 1 BvL 16/82und 5/84, BVerfGE 75, 246, 280 und in BVerfGE 97, 67, 80). Entscheidet sich der Steuerpflichtigewegen eines vom Gesetzgeber als Subvention angebotenen steuerlichen Vorteils für ein bestimmteswirtschaftliches Verhalten, das er ohne den steuerlichen Anreiz so nicht gewählt hätteund nimmt der Gesetzgeber die Verschonungssubvention für die in der Vergangenheit begründeteDisposition des Steuerpflichtigen zurück, kann darin eine Verletzung verfassungsmäßig geschützterRechte liegen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 97, 67, 80). Ist es aber dem Gesetzgeberdem Grunde nach verwehrt, das betätigte Vertrauen des Steuerpflichtigen auf einmal geschaffeneDispositionsgrundlagen durch rückwirkende Streichung von begünstigenden Subventionsnormenzu enttäuschen, muss es ihm erst recht von Verfassungs wegen verwehrt sein, ein vergleichbaresVertrauen durch Ausweitung einer Eingriffsnorm zu enttäuschen.“ Dazu Pleyer NJW 2001, 1985;Schaumburg DB 2000, 1884BVerfG 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 79BVerfG 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 79
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