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- 166 - 166556Nach der Rechtsprechung des EuGH ist folglich das Rückwirkungsverbot Ausdruckdes Vertrauensschutzgrundsatzes, wonach die Geltungsdauer eines Rechtsaktes derGemeinschaft nicht auf einen Zeitpunkt bezogen werden darf, der vor der Veröffentlichungdieses Rechtsaktes liegt. 921) Ausnahmsweise kann dies nur dann anders sein,wann das angestrebte Ziel dies erfordert und der Vertrauensschutz Betroffener beachtetwurde. 922) Ein solcher Vertrauensschutz ist wiederum nur dann gegeben, wenn dieöffentliche Gewalt selbst eine Lage geschaffen hatte, welche Berechtigtes Vertrauenhervorrufen konnte. 923)557558(5.) VertrauensschutzAus dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgt der Grundsatz des Vertrauensschutzes.Auf diesen können sich Privatpersonen bzw. Wirtschaftsteilnehmer berufen, wennstaatliche Stellen Vertrauen geweckt haben. Folglich können sich Regierungen bzw.Mitgliedstaaten nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um den Folgeneiner Vertragsverletzung bzw. einer Rechtsprechung des EuGH zu entgehen. 924)Dabei ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen,in der sich ein Mitgliedstaat zum Ablauf der Frist befand, die ihm für die Abgabe einerStellungnahme durch die EU-Kommission gesetzt wurde, ohne daß spätere Veränderungenzu berücksichtigen wären. 925)Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist Teil der Gemeinschaftsordnung und mußvon den Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen beachtetwerden. 926) Zu diesem Grundsatz des Vertrauensschutzes gehört, dass einem Steuerpflichtigennicht durch eine Änderung nationalen Rechts rückwirkend ein aufgrund921)922)923)924)925)926)EuGH 25.01.1979 – Rs. 99/79, Slg. 1979, 101. Zu einem darauf bezogenen Vorlageantrag desBFH siehe BFH 30.11.2000 – V R 30/00, BB 2001, 292, 294EuGH 15.07.2004 – Rs. C-459/02 (Gerekens und Procola), Slg. 2004, I-7315 Rdn. 23 f. m.w.N.EuGH 15.07.2004 – Rs. C-459/02 (Gerekens und Procola), Slg. 2004, I-7315 Rdn. 29EuGH 18.01.2001 – C-83/99, Beilage zu BFH/NV 8/2001, 124, 125EuGH 30.01.2002 – Rs. C.103/00 (Kommission/Griechenland), Slg. 2002, I-1147 Rdn. 23; EuGH20.11.2003 – Rs. C-296/01 (Kommission/Frankreich), Slg. 2003, I-13909 Rdn. 43; EuGH01.07.2004 – Rs. C-65/03 (Kommission/Belgien), Slg. 2004, I-6427 Rdn. 20; EuGH 07.07.2005 –Rs. C-147/03 (Kommission/Österreich), Slg. 2005, I-5969 Rdn. 23; EuGH 12.07.2005 -–Rs. C-6263 (Kommission/Frankreich), Slg. 2005, I-6263 Rdn. 30; EuGH 14.07.2005 – Rs. C-135/03(Kommission/Spaniern), Slg. 2005, 6909 Rdn. 31; EuGH 14.07.2005 – Rs. C-433/05 (Kommission/Deutschland),Slg. 2005, I-6985 Rdn. 28, 32; EuGH 15.09.2005 – Rs. C-372/03 (Kommission/Deutschland),Slg. 2005, I-8109 Rdn. 51EuGH 26.04.1988 – Rs. 316/86 (Krücken), Slg. 1988, 2213 Rdn. 22; EuGH 01.04.1993 – Rs. C-31/91 – C-44/91 (Lageder), Slg. 1993, I-1761 Rdn. 33; EuGH 03.12.1998 – Rs. C-381/97 (Belgocodex),Slg. 1998, I-8153 Rdn. 26; EuGH 08.06.2000 – Rs. C-396/98, Slg. 2000, I-4279 Rdn. 44;EuGH 11.07.2002 – Rs. C-62/00 (Marks & Spencer), Slg. 2002, I-6325 Rdn. 44; EuGH29.04.2004 – Rs. C-487/01 und C-07/02 (Gemeente Leusden und Staatssecretaris Financien),BFH/NV Beilage 3, 2004, 250 Rdn. 59 m.w.N.; EuGH 07.06.2005 – Rs. C-17/03 (VEMW U.A.),Slg. 2005, I-4983 Rdn. 73; Looks DStR 2009, 513, 515 m.w.N.

- 167 - 167einer Richtlinie erworbenes Recht genommen wird. 927) Aber es widerspricht nicht demGemeinschaftsrecht,„wenn das nationale Recht im Bereich der Rücknahme von Verwaltungsakten und der Rückforderungvon zu Unrecht gewährten öffentlichen Geldleistungen neben dem Grundsatz derRechtmäßigkeit der Verwaltung auch die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzesberücksichtigt, die Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind.“ 928)559560(6.) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 EUV)Ergibt die europarechtliche Begründung, dass das FG entweder die entscheidungserheblicheeuroparechtliche Frage per richtlinienkonformer Auslegung selbst beantwortenmuß oder Anlaß für eine Vorlage an den EuGH nebst Vorabentscheidungsverfahrendurch diesen sein könnte, 929) sollte das gefundene Ergebnis stets noch zusätzlichdarauf überprüft werden, ob es mit dem gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzvereinbar ist. 930) Auch das Handeln von Gemeinschaftsorganen kannam Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemessen werden. 931) Die Überprüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzeshat zum Gegenstand, ob die mit einer gemeinschaftsrechtlichenNorm oder Entscheidung verfolgten Ziele erforderlich und geeignet sindund diese Ziele zu keinen übermäßigen Beeinträchtigungen führen. 932) Liegt ein Verstoßgegen den gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor, so ist diedagegen verstoßende Norm bzw. Entscheidung unwirksam. 933)Oftmals kann sich die Frage stellen, ob für den Fall eines vom EuGH zu treffendenUrteils die zeitlichen Wirkungen eines solchen Urteils zu beschränken sind, in derRegel keine Rückwirkung entfalten sollen. 934) Wenn diese Frage entscheidungserheblichsein sollte, so sollte man sie bereits in der Begründung des Vorlageantrages mitansprechen. 935) Dazu muß man allerdings wissen, dass eine zeitliche Beschränkung inder Rechtsprechung des EuGH nur ganz ausnahmsweise vorkommt,927)928)929)930)931)932)933)934)935)EuGH 08.06.2000 – Rs. C-396/98, Slg. 2000, I-4279 Rdn. 47; EuGH 11.07.2002 – Rs. C-62/00,Beilage zu BFH/NV 10/2002, 144, 147EuGH 19.09.2002 – Rs. C-336/00 (Österreich/Huber), EWS 2003, 83 Rdn. 55 u.H.a. EuGH21.09.1983 – Rs. 205/82 – 215/82 (Deutsche Milchkontor), Slg. 1983, 2633 Rdn. 30; EuGH01.04.1993 – Rs. C-31/91 – C-44/91 (Lageder), Slg. 1993, I-1761 Rdn. 33; EuGH 09.10.2001 –Rs. C-80/99 – C-82/99 (Flemmer), Slg. 2001, I-7211 Rdn. 60W. Wagner, FS 50 Jahre Fachanwälte für Steuerrecht, 1999, Seite 555, 556EuGH 05.07.1977 – 114/76, Slg. 1977, 1211 Rdn. 7; EuGH 11.07.1989 – 265/87, Slg. 1989, 2237Rdn. 21; EuGH 11.06.1998 – C-361/96, Slg. 1998, I-3495 Rdn. 30; EuGH 28.01.1999 – Rs. C-181/96, HFR 1999, 419, 420; EuGH 19.09.2000 – C-177/99 und C-181/99, Beilage zu BFH/NV8/2001, 116, 119; EuGH 13.12.2005 – Rs. C-446/03 (Marks & Spencer), DStR 2005, 2168 Rdn.4; Iglesias NJW 2000, 1889, 1891; Looks DStR 2009, 513, 515; Weber-Grellet DStR 2009, 1229,1232EuGH 19.09.2000 – C-177/99 und C-181/99, Beilage zu BFH/NV 8/2001, 116, 119EuGH 19.09.2000 – C-177/99 und C-181/99, Beilage zu BFH/NV 8/2001, 116, 119. Zu einemdarauf bezogenen Vorlageantrag des BFH siehe BFH 30.11.2000 – V R 30/00, BB 2001, 292,294. Ferner: EuGH 06.12.2005 – Rs. C- 453/03 u.a. (ABNA U.A.), Slg. 2005, 10423 Rdn. 68EuGH 19.09.2000 – C-177/99 und C-181/99, Beilage zu BFH/NV 8/2001, 116, 119EuGH 12.09.2000 – C-359/97, Beilage zu BFH/NV 5/2001, 25, 30Zur Rückwirkung von EuGH-Entscheidungen de Weerth DB 2005, 1407

- 166 - 166556Nach der Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH ist folglich das Rückwirkungsverbot Ausdruck<strong>des</strong> Vertrauensschutzgrundsatzes, wonach die Geltungsdauer eines Rechtsaktes derGemeinschaft nicht auf einen Zeitpunkt bezogen werden darf, der vor der Veröffentlichungdieses Rechtsaktes liegt. 921) Ausnahmsweise kann dies nur dann anders sein,wann das angestrebte Ziel dies erfordert und der Vertrauensschutz Betroffener beachtetwurde. 922) Ein solcher Vertrauensschutz ist wiederum nur dann gegeben, wenn dieöffentliche Gewalt selbst eine Lage geschaffen hatte, welche Berechtigtes Vertrauenhervorrufen konnte. 923)557558(5.) VertrauensschutzAus dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgt der Grundsatz <strong>des</strong> Vertrauensschutzes.Auf diesen können sich Privatpersonen bzw. Wirtschaftsteilnehmer berufen, wennstaatliche Stellen Vertrauen geweckt haben. Folglich können sich Regierungen bzw.Mitgliedstaaten nicht auf den Grundsatz <strong>des</strong> Vertrauensschutzes berufen, um den Folgeneiner Vertragsverletzung bzw. einer Rechtsprechung <strong>des</strong> EuGH zu entgehen. 924)Dabei ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen,in der sich ein Mitgliedstaat zum Ablauf der Frist befand, die ihm für die Abgabe einerStellungnahme durch die EU-Kommission gesetzt wurde, ohne daß spätere Veränderungenzu berücksichtigen wären. 925)Der Grundsatz <strong>des</strong> Vertrauensschutzes ist Teil der Gemeinschaftsordnung und mußvon den Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen beachtetwerden. 926) Zu diesem Grundsatz <strong>des</strong> Vertrauensschutzes gehört, dass einem Steuerpflichtigennicht durch eine Änderung nationalen Rechts rückwirkend ein aufgrund921)922)923)924)925)926)EuGH 25.01.1979 – Rs. 99/79, Slg. 1979, 101. Zu einem darauf bezogenen Vorlageantrag <strong>des</strong>BFH siehe BFH 30.11.2000 – V R 30/00, BB 2001, 292, 294EuGH 15.07.2004 – Rs. C-459/02 (Gerekens und Procola), Slg. 2004, I-7315 Rdn. 23 f. m.w.N.EuGH 15.07.2004 – Rs. C-459/02 (Gerekens und Procola), Slg. 2004, I-7315 Rdn. 29EuGH 18.01.2001 – C-83/99, Beilage zu BFH/NV 8/2001, 124, 125EuGH 30.01.2002 – Rs. C.103/00 (Kommission/Griechenland), Slg. 2002, I-1147 Rdn. 23; EuGH20.11.2003 – Rs. C-296/01 (Kommission/Frankreich), Slg. 2003, I-13909 Rdn. 43; EuGH01.07.2004 – Rs. C-65/03 (Kommission/Belgien), Slg. 2004, I-6427 Rdn. 20; EuGH 07.07.2005 –Rs. C-147/03 (Kommission/Österreich), Slg. 2005, I-5969 Rdn. 23; EuGH 12.07.2005 -–Rs. C-6263 (Kommission/Frankreich), Slg. 2005, I-6263 Rdn. 30; EuGH 14.07.2005 – Rs. C-135/03(Kommission/Spaniern), Slg. 2005, 6909 Rdn. 31; EuGH 14.07.2005 – Rs. C-433/05 (Kommission/Deutschland),Slg. 2005, I-6985 Rdn. 28, 32; EuGH 15.09.2005 – Rs. C-372/03 (Kommission/Deutschland),Slg. 2005, I-8109 Rdn. 51EuGH 26.04.1988 – Rs. 316/86 (Krücken), Slg. 1988, 2213 Rdn. 22; EuGH 01.04.1993 – Rs. C-31/91 – C-44/91 (Lageder), Slg. 1993, I-1761 Rdn. 33; EuGH 03.12.1998 – Rs. C-381/97 (Belgocodex),Slg. 1998, I-8153 Rdn. 26; EuGH 08.06.2000 – Rs. C-396/98, Slg. 2000, I-4279 Rdn. 44;EuGH 11.07.2002 – Rs. C-62/00 (Marks & Spencer), Slg. 2002, I-6325 Rdn. 44; EuGH29.04.2004 – Rs. C-487/01 und C-07/02 (Gemeente Leusden und Staatssecretaris Financien),BFH/NV Beilage 3, 2004, 250 Rdn. 59 m.w.N.; EuGH 07.06.2005 – Rs. C-17/03 (VEMW U.A.),Slg. 2005, I-4983 Rdn. 73; Looks DStR 2009, 513, 515 m.w.N.

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