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19 B 1191/12 - RP Online

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17.06.2013-13:40 0251 505 352OVG NRW S. 4/14- 3 -der Barbara-Gerretz-Schule wohnen und nach ihren Angaben beabsichtigen_zum Schuljahr 2013/2014 an dieser Schule anzumelden. Die Klage- und Antragsbefugnisfür Rechtsschutz gegen eine Schulauflösung steht nicht nur den Eltern undKindern zu, welche die aufzulösende Schule gegenwärtig besuchen, sondern auchdenjenigen Eltern und Kindern, welche sie in naher Zukunft (im bevorstehendenSchuljahr) besuchen wollen.VG Minden, Urteil vom 8. Februar 2013 - 8 K1834/<strong>12</strong> -, StuGR 2013, 30, juris, Rdn. 29; VGGelsenkirchen, Beschluss vom 9. Mai 2008 - 4 L1143/07 -, juris, Rdn. 26; zum bis 2005 geltendenRecht: BVerfG, Beschluss vom 13. Juni <strong>19</strong>79- 1 BvR 699/77 -, BVerfGE 51, 268, juris, Rdn. 35;OVG NRW, Urteil vom 1. Juni <strong>19</strong>84 - 5 A 736/84-,NVwZ <strong>19</strong>84, 806 f. sowie Beschlüsse vom23. Februar <strong>19</strong>89 -15 B 2575/88 -, NWVBI. <strong>19</strong>89,373, juris, Rdn. 5, und vom 2. April <strong>19</strong>84 - 5 B403/84 -, NVwZ <strong>19</strong>84,804.Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist begründet, weil das Aussetzungsinteresseder Antragsteller das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Der Organisationsbeschlussder Antragsgegnerin vom 28. Juni 20<strong>12</strong> ist nach gegenwärtigem Erkenntnisstandrechtswidrig. Er findet seine Rechtsgrundlage insbesondere nicht in § 81Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW, auf den der Rat seine Entscheidung gestützt hat und derals einzige Ermächtigung für diesen Beschluss in Betracht kommt.Maßgebend für die Beurteilung dieser schulorga-nisatorischen Maßnahme ist dieSach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieses Senatsbeschlusses. Sie ist ein Verwaltungsaktmit Dauerwirkung. Der Rat muss seinen Beschluss bis zum Eintritt seinerUnanfechtbarkeit an etwa veränderte tatsächliche oder rechtliche Umstände anpassen.OVG NRW, Beschluss vom 20. April <strong>19</strong>93 - <strong>19</strong> B772/93 -, S. 7 des Beschlussabdrucks; Urteile vom3. Mai <strong>19</strong>91 - <strong>19</strong> A 2515/89 -, S. 10 des Urteilsabdrucks,und vom 1. Juli <strong>19</strong>88 - <strong>19</strong> A 1433/87 -, S. 2der Veröffentlichungsfassung .Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW beschließt der Schulträger über die Auflösungeiner Schule nach Maßgabe der Schulentwicklungsplanung. Der Beschluss istFax F von 10: 0251 505 352 an: FaxMail 17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK 5.004/014


17.06.2013-13:40 0251 505 352OVG NRW S. 5/14- 4-schriftlich festzulegen und auf der Grundlage der Schulentwicklungsplanung zu begründen(Satz 3). Soweit Gemeinden Schulträgeraufgaben nach § 78 SchulG NRWzu erfüllen haben, sind sie nach § 80 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW verpflichtet, für ihrenBereich eine Schulentwicklungsplanung zu betreiben. Sie dient nach Maßgabedes Bedürfnisses (§ 78 Abs. 4) der Sicherung eines gleichmäßigen und alle Schulformenund Schularten umfassenden Bildungs- und Abschlussangebots (Satz 2). DieGemeinden sind nach § 78 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW für eine zukunftsgerichteteWeiterentwicklung der Schulen verantwortlich. Sie sind verpflichtet, Schulen fortzuführen,wenn in ihrem Gebiet ein Bedürfnis dafür besteht (Satz 2). Ein Bedürfnis besteht,wenn die Schule im Rahmen der Schulentwicklungsplanung erforderlich ist,damit das Bildungsangebot der Schulform in zumutbarer Entfernung wahrgenommenwerden kann (Satz 3).Nach diesen Vorschriften besteht im vorliegenden Fall keine zwingende Verpflichtungder Antragsgegnerin nach § 78 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW zur Fortführung derBarbara-Gerretz-Schule (A.). Vielmehr steht ihre Fortführung im Organisationsermessender Antragsgegnerin. Dieses Organisationsermessen hat sie bislang fehlerhaftausgeübt (B.).A. Das Bedürfnis im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW für eine der dreistädtischen Grundschulen in Meerbusch-Osterath ist weggefallen, weil das Bildungsangebotder Schulform Grundschule in zumutbarer Entfernung auch an zwei Grundschulenwahrgenommen werden kann.Nach der Legaldefinition des Bedürfnisbegriffs in dieser Vorschrift ist das Bedürfnisausschließlich schulformbezogen zu ermitteln ("Bildungsangebot der Schulform"),hier also in Bezug auf die Schulform Grundschule (§ 10 Abs. 2 SchulG NRW). DieseErmittlung hat schulartübergreifend zu erfolgen, also unabhängig davon, welchekonfessionelle Ausrichtung der Grundschule Eltern für ihr Kind nachfragen (§ 26Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW). Denn § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW benennt als Ermittlungskriteriumnur die Schulform, nicht auch die Schulart. Das Schulwahlverhaltender Eltern und die daraus abzuleitenden Schülerzahlen nach Schularten sindnach § 80 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Nr. 2 SchulG NRW vielmehr erst auf der Stufe derFax F von ID: 0251 505352 an: FaxMaiI17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK5.005/014


17.06.2013-13:40 0251 505 352OVG NRW S. 7/14- 6 -sation des örtlichen Schulwesens und räumen ihr Planungsermessen mit der sichdaraus ergebenden planerischen Gestaltungsfreiheit ein. Für die Planung einerschulorganisatorischen Maßnahme wie der Auflösung einer Schule findet das fürjede rechtsstaatliehe Planung auch im sonstigen Fachplanungsrecht geltende AbwägungsgebotAnwendung. Der Schulträger muss danach die für und gegen die geplanteMaßnahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange mit dem ihnenjeweils zukommenden Gewicht in seine Entscheidung einstellen und den Ausgleichzwischen den Belangen in einer Weise vornehmen, die ihrer jeweiligen objektivenBedeutung gerecht wird. Hierzu gehört insbesondere eine Alternativenprüfung, alsodie Berücksichtigung, Ermittlung und Gewichtung aller ernsthaft in Betracht kommendenAlternativlösungen. Der Schulträger verletzt das Abwägungsgebot unter anderemdann, wenn er das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belangeverkennt oder wenn er eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigtlässt.BVerwG, Beschluss vom 7. Januar <strong>19</strong>92 - 6 B32.91 -, juris, Rdn. 3 und 10 Uahrgangsweise Auflösungeiner Hauptschule); OVG NRW, Beschluss vom10. August 2009 - <strong>19</strong> B 1<strong>12</strong>9/08 -, juris, Rdn. 22 (Bildungeines Grundschulverbundes); Urteil vom 3. Mai<strong>19</strong>91, a. a. 0., S. 10 und 14 des Urteilsabdrucks; allgemeinzum planerischen AbwägungsgebotBVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 9 A23.10 -, BVerwGE 141, 171, juris, Rdn. 54.Mit dem Ratsbeschluss vom 28. Juni 20<strong>12</strong> zur Auflösung der KGS Barbara-Gerretz­Schule hat die Antragsgegnerin beide genannten Abwägungsfehler begangen. DerRat hat das Gewicht des Fortführungsinteresses dieser Schule als der einzigen katholischenBekenntnisschule im Ortsteil Meerbusch-Osterath mit einem zu geringenGewicht in seine Abwägung eingestellt (1.). Unabhängig davon hat er die Alternativlösungeiner Fortführung der KGS Barbara-Gerretz-Schule am Standort NeusserFeldweg in Osterath-Bovert unberücksichtigt gelassen (11.).I. Der Rat hat das Gewicht des privaten Interesses der Antragsteller und anderer betroffenerEltern und Kinder an der Fortrührunq der KGS Barbara-Gerretz-Schule alsder einzigen katholischen Bekenntnisschule im ortsteiI Meerbusch-Osterath inmehrfacher Hinsicht mit einem zu geringen Gewicht in seine Abwägung eingestellt.Fax F von ID: 0251 505 352 an: FaxMail 17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK 5.007/014


17.06.2013-13:40 0251 505 352OVG NRW S. 8/14- 7 -1. Dieses Gewicht ergibt sich in erster Linie aus dem verfassungsrechtlichen Rangdes bereits erwähnten Grundrechts der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinderzu bestimmen. Dieses Grundrecht beinhaltet die Erziehung und Bildung geradeauch in religiöser Hinsicht. Das nordrhein-westfälische Landesverfassungsrecht ergänztes um das grundsätzliche Recht der Eltern, die konfessionelle Ausrichtung deröffentlichen Grundschulen mitzubestimmen. Das ergibt sich aus Art. <strong>12</strong> Abs. 2 Satz 2LV NRW, wonach die in Satz 1 bezeichneten Grundschulen (Gemeinschaftsschulen,Bekenntnisschulen oder Weltanschauungsschulen) "auf Antrag der Erziehungsberechtigten"einzurichten sind, soweit ein geordneter Schulbetrieb gewährleistet ist(bis 28. Oktober 2011 Art. <strong>12</strong> Abs. 3 Satz 2 LV NRW, Art. 1 Nr. 4 Buchstabe c) desGesetzes zur Änderung der LV NRW vom 25. Oktober 2011, GV. NRW. S. 499).Dieses Recht hat der Landesverfassungsgeber den Eltern gerade im Hinblick auf ihrErziehungsrecht sowie ihre Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 LV NRW, Art. 4Abs. 1 GG eingeräumt.OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2009 -<strong>19</strong> B1314/07 -, juris, Rdn. 6 (Umwandlung einer Gemeinschaftsschulein eine evangelische Bekenntnisschule);Urteil vom <strong>19</strong>. Dezember <strong>19</strong>60 - VA313/60 -, OVGE 16, <strong>12</strong>8 (<strong>12</strong>9); Ennuschat, inLöwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung desLandes Nordrhein-Westfalen, 2002, Art. <strong>12</strong>, Rdn. 29;zu Art. 7 Abs. 5 GG: BVerwG, Urteil vom <strong>19</strong>. Februar<strong>19</strong>92 - 6 C 3.91 -, BVerwGE 90, 1, juris, Rdn. 27.Diesen hohen verfassungsrechtlichen Rang des privaten Interesses der Antragstelleran der Fortführung der KGS Barbara-Gerretz-Schule hat der Rat der Antragsgegnerinnur formal berücksichtigt, den sachlichen Gehalt der Verfassungsgarantie inArt. <strong>12</strong> Abs. 2 Satz 2 LV NRW dabei hingegen weitgehend verfehlt. Er hat seine.Abwäqunq" im Anschluss an die Stellungnahme der Bezirksregierung vom 9. März20<strong>12</strong> auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage beschränkt, ob sich ausdieser Verfassungsbestimmung eine .Bestandsqarantie von Bekenntnisschulen" ableitenlässt und diese Frage verneint (S. 5 f. der Beschlussvorlage vom 29. Mai 20<strong>12</strong>unter .b) Abwägung"). Diese Feststellung ist nach dem oben zu A. Ausgeführten sowohlgenerell als auch für den hier vorliegenden Einzelfall zutreffend, erschöpft aberbei weitem nicht die rechtlichen Wirkungen des Art. <strong>12</strong> Abs. 2 Satz 2 LV NRW. SieFax F von ID: 0251 505352 an: FaxMaii 17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK5.008/014


17 .06 .2013-13 :40 0251 505 352OVG NRW S. 9/14- 8 -beinhaltet nicht mehr als die fallübergreifende Aussage, dass eine Schulauflösunggenerell im Organisationsermessen eines jeden Schulträgers steht, soweit keineeinfachgesetzliche Fortführungspflicht besteht (§ 78 Abs. 4 Sätze 2 und 3 SchulGNRW). In diesem Sinn ist sie rechtliche Voraussetzung der nach den §§ 80 Abs. 1Satz 1,81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW vorgeschriebenen einzelfallbezogenen planerischenAbwägung, vermag diese jedoch selbstverständlich nicht zu ersetzen.Auch die Auseinandersetzung des Rates mit den Grundrechten von Eltern und Kindernauf Seite 6 der zitierten Beschlussvorlage weist keinerlei Einzelfallbezug auf.Sie erschöpft sich vielmehr darin, über fast eine ganze Seite hinweg längere Passagenaus den Rdn. 63 und 65 des BVerfG-Beschlusses vom 17. Dezember <strong>19</strong>75- 1 BvR 548/68 - zur nordrhein-westfälischen Gemeinschaftsschule (BVerfGE 41,88,juris) wörtlich wiederzugeben, ohne diese Zitate als solche zu kennzeichnen. Infolgedessenhat der Rat auch in diesem Zusammenhang nicht erkennbar berücksichtigt,dass Art. <strong>12</strong> Abs. 2 Satz 2 LV NRW Eltern das erwähnte grundsätzliche schulorganisatorischeMitbestimmungsrecht bei der konfessionellen Ausrichtung der öffentlichenGrundschulen einräumt, welches der Schulträger nur auf der Grundlage einer einzelfallbezogenenplanerischen Abwägung überwinden kann. Ihm ist entgangen, dasshinreichend gewichtige AUflösungsgründe vorliegen müssen, um dieses landesverfassungsrechtlicheMitbestimmungsrecht im Wege der Abwägung überwinden zukönnen, und dass diese Gründe nach § 81 Abs. 2 Satz 3 SchulG NRW in der Begründungdes AUflösungsbeschlusses konkret zu benennen sind. Stattdessen meinteer auf der Grundlage der Zitate aus dem erwähnten BVerfG-Beschluss, die Elternohne Weiteres darauf verweisen zu können, dass ihre Kinder den katholischen Religionsunterrichtan einer der beiden verbleibenden Gemeinschaftsgrundschulen besuchenkönnen (S. 5 f. der Beschlussvorlage vom 29. Mai 20<strong>12</strong>).Mit dieser Erwägung hat der Rat zugleich den Charakter der KGS Barbara-Gerretz­Schule als Bekenntnisschule verkannt. In einer Bekenntnisschule werden Kinder deskatholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaftnach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen(Art. <strong>12</strong> Abs. 3 Satz 2 LV NRW, § 26 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW). Die Bekenntnisschuleerfüllt einen spezifischen Erziehungsauftrag. Von einer Gemeinschaftsschuleunterscheidet sie sich durch den Umfang ihrer Bindung an die GrundsätzeFax F von ID: 0251 505 352 an: FaxMaii 17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK 5.009/014


17.06.2013-13:40 0251 505 352OVG NRW S. 10/14- 9 -des betreffenden Bekenntnisses: Während diese Bindung bei der Bekenntnisschuleden gesamten Unterricht und die Erziehung des Kindes in jeder Hinsicht erfasst, istsie bei der Gemeinschaftsschule auf den Religionsunterricht beschränkt (Art. 7Abs. 3 Satz 2 GG, Art. 14 Abs. 3 LV NRW).OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2009 - <strong>19</strong> B1314/07 -, juris, Rdn. 13 m. w. N.Dieser grundlegende Unterschied zwischen den Schularten und deren verfassungsrechtlicherSchutz werden durch den von der Antragsgegnerin besonders betontenArt. <strong>12</strong> Abs. 3 Satz 1 LV NRW, § 26 Abs. 2 SchulG NRW weder beseitigt noch relativiert.Nach diesen Vorschriften werden Kinder auch in der Gemeinschaftsschule aufder Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichenBekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsamunterrichtet und erzogen. Die genannten Vorschriften vermögen nichts daranzu ändern, dass in der Bekenntnisschule der gesamte Unterricht und die gesamteErziehunq nach den religiösen Grundsätzen des jeweiligen Bekenntnisses stattfindet,während dies an der Gemeinschaftsschule nur für den Religionsunterricht gilt.2. Soweit der Rat das Bestandsinteresse der KGS Barbara-Gerretz-Schule in einekonkrete einzelfallbezogene Abwägung einbezogen hat, hat er es in entscheidungserheblichemAusmaß untergewichtet, indem er nur die formell dem katholischen Bekenntnisangehörenden Schüler der Schule in seine Überlegungen zur Problemlösungeinbezogen hat. Diese Kinder machen im Mittel der letzten drei Jahre nur"knapp 55 %" der Schüler dieser Schule aus (S. 8 der BeschlussvorlageDezll/301 /20<strong>12</strong> vom 28. Februar 20<strong>12</strong>). Die übrigen 45 % bekenntnisfremder Kinderhat er ohne rechtfertigenden Grund unberücksichtigt gelassen. Seine Berechnungenund Prognosen verlieren dadurch den unabdingbaren Realitätsbezug.Eine konkrete einzelfallbezogene Abwägung wird aus der Begründung der Beschlussvorlagevom 29. Mai 20<strong>12</strong> unter .b) Abwägung" nur mittelbar erkennbar: Indemder Rat darin auf die in der Beschlussvorlage Dezll/301 /20<strong>12</strong> vom 28. Februar20<strong>12</strong> "dargestellten Abwägungsgründe" verweist, macht er sich zugleich die darinenthaltene Erwägung zu Eigen, die Alternative eines zweizügigen Grundschulverbundesbestehend aus der GGS Eichendorff-Schule (1 Zug) und der KGS Barbara-Fax F von ID: 0251 505352 an: FaxMail17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK5.010/014


17.06.2013-13:40 0251 505 352 OVG NRWS. 11/14- 10-Gerretz-Schule (1 Zug) am Standort der GGS Eichendorff-Schule in der Görresstraße4 sei zu verwerfen, weil es bei 18 Anmeldungen für den katholischen Teilstandortzu erheblichen Problemen bei der Klassenbildung kommen könne (S. 8 f.der Beschlussvorlage vom 28. Februar 20<strong>12</strong>). In derselben Beschlussvorlage heißtes, dass "für das Schuljahr 2016/2017 in der Eingangsklasse voraussichtlich nurnoch 18 katholische Schüler zu erwarten" seien und es deshalb "nicht unrealistisch"sei anzunehmen, "dass in den folgenden Jahren eine Eingangsklasse aus katholischenSchülern nicht mehr zustande käme."Aus diesen Ausführungen wird erkennbar, dass der Rat nur die formell dem katholischenBekenntnis angehörenden Schüler der KGS Barbara-Gerretz-Schule in seineBerechnungen und Prognosen einbezogen hat. Nur auf der Grundlage dieser Prämissewar es auch plausibel, die Alternative des erwähnten Grundschulverbundesmit einem einzügigen KGS-Zweig zu prüfen.Die genannte Prämisse, bekenntnisfremde Schüler vollständig unberücksichtigt zulassen, ist nicht realitätsgerecht. Sie blendet aus, dass die tatsächliche Nachfragevon Eltern nach einer Anmeldung ihres Kindes an der KGS Barbara-Gerretz-Schulein Wirklichkeit deutlich höher liegt als bei 18 Schülern. In den letzten 10 Schuljahrenlag die Anmeldezahl für die Eingangsklassen der Schule zwischen 36 und 60 Schülern.Auch für die kommenden fünf Schuljahre wird sie zwischen 38 und 50 Schülernliegen (S. 8, 15 des Kurzgutachtens Dr. Rösner vom 5. Mai 20<strong>12</strong>). Diese Anmeldezahlenrechtfertigen prognostisch eine dauerhafte zweizügige Fortführung derKGS Barbara-Gerretz-Schule auch auf der Grundlage der ab dem 1. August 2013geltenden Klassenbildungswerte für Grundschulen in § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 va zu§ 93 Abs. 2 SchulG NRW in der Fassung der Änderungsverordnung vom 13. Mai2013.Auch die rechtlichen Gründe, aus denen der Rat meinte, die bekenntnisfremdenSchüler bei seiner Abwägungsentscheidung unberücksichtigt lassen zu dürfen, sindnur im Ansatz tragfähig. Sie ergeben sich ebenfalls nicht unmittelbar aus der Ratsvorlageselbst, sondern aus der Stellungnahme des Rechtsamtes vom 28. März20<strong>12</strong>, die der Rat unter "b) Abwägung" in Bezug genommen hat. In dieser Stellungnahmebegründet das Rechtsamt die Nichtberücksichtigung bekenntnisfremder Kin-Fax F von ID: 0251 505352 an: FaxMaii 17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK 5.011/014


17.06.2013-13 :40 0251 505 352 OVG NRWs. <strong>12</strong>/14- 11 -der mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung des beschließenden Gerichts, nach derdiese Kinder "keinen Anspruch auf Zugang zu einer Bekenntnisschule [haben], wenneine andere öffentliche Schule in zumutbarer Entfernung erreichbar ist" (S. 3 f, Anlage3 der Beschlussvorlage vom 29. Mai 20<strong>12</strong>).Dieser Hinweis des Rechtsamtes ist in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Das beschließendeGericht hat vielmehr auch bekenntnisfremden Eltern einen unmittelbaraus Art. 4 Abs. 1 GG folgenden kapazitätsabhängigen Aufnahmeanspruch in die Bekenntnisschulezugesprochen, wenn diese die Ausrichtung der Schule auf die Grundsätzedes fremden Bekenntnisses voll und ganz bejahen, also insbesondere auch mitder Erteilung von Religionsunterricht im fremden Bekenntnis durch eine diesem Bekenntnisangehörende staatliche oder kirchliche Lehrkraft einverstanden sind. Imkonkreten Einzelfall hat der Senat ihre ausdrückliche Erklärung genügen lassen, ihrKind solle katholisch erzogen werden und zu diesem Zweck auch am katholischenReligionsunterricht teilnehmen.OVG NRW, Beschluss vom 3. Januar <strong>19</strong>89 - <strong>19</strong> B2262/88 -, juris, Rdn. 20 bis 23 (Aufnahme einesevangelischen Schülers in eine katholische Bekenntnisschule);Urteil vom 27. Februar <strong>19</strong>81 - 5 A1<strong>12</strong>8/80 -, OVGE 36, 31 (39); vgl. auch Kamp, in:Heusch/Schönenbroicher, Die LandesverfassungNordrhein-Westfalen, 2010, Art. 13, Rdn. 8.Nach diesen Grundsätzen hätte der Rat bei der Ermittlung des Bedarfs für den Fortbestandder KGS Barbara-Gerretz-Schule ermitteln müssen, wie hoch der Anteil bekenntnisfremderEltern von gegenwärtigen und künftigen Schülern dieser Schule ist,die diese Voraussetzungen erfüllen oder bereit sind zu erfüllen. Als Instrumente fürdiese Sachverhaltsermittlung kamen eine entsprechende Nachfrage bei der Schule,ebenso aber auch die vom Gutachter Dr. Rösner auf S. 16 seines Kurzgutachtensangesprochene Elternbefragung über deren Schulwahlmotive insbesondere in religiöserHinsicht in Betracht. Der Senat hält für wahrscheinlich, dass diese Sachverhaltsermittlungeinen 55 % deutlich übersteigenden Fortbestandsbedarf für dieKGS Barbara-Gerretz-Schule ergeben hätte und es deshalb voraussichtlich auchfehlerhaft war, sie als nur 1-zügiges System in ihre Folgeüberlegungen einzubeziehen.Fax F von ID: 0251 505 352 an: FaxMaii 17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK 5.0<strong>12</strong>/014


17.06.2013-13:10 0251 505 352 OVG NßWS. 13/11- <strong>12</strong> -Der Rat durfte die möglichst exakte Ermittlung des Anteils bekenntnisfremder Elternmit grundrechtlich geschütztem Aufnahmeanspruch auch nicht deshalb unterlassen,weil er meinte, diese wegen der auch dort vorgeschriebenen christlichen Werteorientierungauf die Gemeinschaftsgrundschule verweisen zu können. Auch mit dieser anArt. <strong>12</strong> Abs. 3 Satz 1 LV NRW orientierten Erwägung hat er vielmehr den Charakterder planerischen Abwägung nach den §§ 80 Abs. 1 Satz 1,81 Abs. 2 Satz 1 SchulGNRW grundlegend verkannt. Denn die Gewichtung und Abwägung gegenläufigerBelange setzt deren vorherige möglichst exakte Ermittlung voraus. Der Planungsträgerdarfvon der vorherigen Ermittlung der für die Gewichtung eines Belangs maßgeblichenTatsachen allenfalls dann absehen, wenn er diesen Belang mit seinemgrößtmöglichen Gewicht in seine Abwägung einstellt. Ein solcher Fall läge hier nurvor, wenn der Rat das Fortbestandsinteresse der KGS Barbara-Gerretz-Schule mit100 % seiner gegenwärtigen und künftigen Schülerschaft in seine Abwägung eingestellthätte.11. Der Rat hat die alternative Lösung, die KGS Barbara-Gerretz-Schule und dieGGS Erwin-Heerich-Schule jeweils selbstständig am Standort Neusser Feldweg 2 inOsterath-Bovert fortzuführen, zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Mit dieser Alternativehätten die von ihm verfolgten planerischen Ziele möglicherweise unter geringerenOpfern an entgegenstehenden Belangen verwirklicht werden können.Die Fortführung der Barbara-Gerretz-Schule am Standort Neusser Feldweg bei Aufgabedes Standortes Fröbelstraße stellt unter den gegebenen Umständen eineernsthaft in Betracht zu ziehende Alternative dar. Für die Fortführung der Barbara­Gerretz-Schule spricht, dass sie in den Schuljahren 2007/2008 bis 2011/20<strong>12</strong> gegenüberden beiden Osterather Gemeinschaftschulen im Durchschnitt die höchsten Anmeldezahlenin den Eingangsklassen aufgewiesen hat (Anlage zur Beschlussvorlagevom 28. Februar 20<strong>12</strong>, "Schülerentwicklung in Osterath; Aufgabe eines Grundschulstandortes",S. 17). Nach der Anmeldeprognose für die Barbara-Gerretz-Schule imKurzgutachten von Dr. Rösner vom 5. Mai 20<strong>12</strong> (S. 15) wird die Bekenntnisschuleauch in den Schuljahren 20<strong>12</strong>/2013 bis 2017/2018 mit 42, 43, 38, 50, 42 und40 Schülern die höchsten Anmeldezahlen zu verzeichnen haben. Sie lassen erwarten,dass die Schule als katholische Bekenntnisschule zweizügig fortgeführt werdenkann. Angesichts dessen hat der Gutachter ausgeführt, ließe sich "allein mit derFax F von lD: 0251 505 352 an: FaxMail 17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK5.013/014


17.06.2013-13:40 0251 505 352 OVG NRWS.14/14- 13 -Schülerzahlentwicklung (...) eine Auflösung der Barbara-Gerretz-Schule nicht begründen"(S. 15 des Gutachtens). Dass bei einem Standortwechsel der Barbara­Gerretz-Schule nach Bovert die Anmeldezahlen entscheidend zurückgehen, weil derdortige Standort von dem Standort Fröbelstraße etwa 1,5 km entfernt ist und derSchulweg für die Schüler aus dem "Dorf" entsprechend länger ist, drängt sich nicht ineinem Maße auf, dass Ermittlungen für diese Alternativenprüfung von vornhereinausgeschieden werden könnten.Schließlich hat der Rat auch die weiteren Alternativen nicht erkennbar geprüft, die§ 83 Abs. 1 bis 3 SchulG NRW für eine ein- oder zweizügige Fortführung derKGS Barbara-Gerretz-Schule an einem der beiden Schulstandorte Görresstraße 4und Neusser Feldweg 2 oder auch an beiden Schulstandorten bietet.Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. DieBedeutung der Schulauflösung für die Antragsteller, auf die es nach diesen Vorschriftenfür die Streitwertfestsetzung ankommt, bemisst der Senat in Anlehnung anNr. 38.1 des Streitwertkatalogs 2004 (NVwZ 2004, 1327) mit dem AUffangwert nach§ 52 Abs. 2 GKG. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes setzt der Senat imAnschluss an Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges in der Regel die Hälfte desStreitwertes im Hauptsacheverfahren fest.Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3,68Abs. 1 Satz 5 GKG).KampmannGelbergMüllerAusgefertigtBrinkhoff, VG-Beschäftlgleals Urkundsbearntinder GeschäftsstelleFax F von ID: 0251 505352 an: FaxMail17.06.2013 13:46:<strong>19</strong> Uhr [00:05:50] OK 5.014/014

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