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Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg

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LANDESUMWELTAMTBRANDENBURGNLNATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURGHeft 1/2, 1996E<strong>in</strong>zelverkaufspreis 9,– DM<strong>und</strong>


2 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996ImpressumHerausgeber:Schriftleitung:Beirat:Anschrift:Landesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>(LUA)Referat Öffentlichkeitsarbeit/Berichte (ÖA)LUA/Abteilung <strong>Naturschutz</strong>Dr. Matthias HilleBarbara KehlDietrich BraaschDr. Mart<strong>in</strong> FladeDr. Bärbel LitzbarskiDr. Annemarie SchaepeDr. Thomas SchoknechtDr. Dieter SchütteDr. sc. Friedrich ManfredWiegankDr. Frank ZimmermannLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>Abt. N, PF 60106114410 PotsdamTel. 0331/277 62 16Fax 0331/277 61 83Autoren werden gebeten, Manuskripte <strong>in</strong> Masch<strong>in</strong>enschrift(wenn möglich auf Diskette – WP-Fließtext) andie Schriftleitung zu senden. Fotos nach Absprache.Autoren erhalten e<strong>in</strong>ige Exemplare des betreffendenHeftes. Die Redaktion behält sich e<strong>in</strong>e Überarbeitunge<strong>in</strong>gesandter Beiträge <strong>in</strong> Abstimmung mit den Autorenvor. Bereits <strong>in</strong> anderen Zeitungen veröffentlichteBeiträge können nur <strong>in</strong> besonderen Fällen berücksichtigtwerden.Redaktionsschluß: 18.12.1995Titelgestaltung: Rohde/ZapfGesamtherstellung,Anzeigen, Vertrieb: UNZE-Verlagsgesellschaft mbHWollestraße 4314482 PotsdamTel. 0331/74 75 60Fax 0331/70 88 31ISSN: 0942-9328Bezugsbed<strong>in</strong>gungen:Jährlich ersche<strong>in</strong>en 4 Hefte.Bezugspreis im Abonnement: 16,- DM pro JahrgangAbonnementsbestellungen s<strong>in</strong>d an den Verlag zu richten.In loser Folge ersche<strong>in</strong>ende Sonderhefte s<strong>in</strong>d nicht Bestandteildes Abonnements. Der E<strong>in</strong>zelpreis wird jeweilsgesondert festgesetzt. Er schließt die Zustellkostene<strong>in</strong>. Bestellungen s<strong>in</strong>d an den Verlag zu richten.Die Lieferung erfolgt nach Zahlung e<strong>in</strong>er Vorausrechnung.Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nichtunbed<strong>in</strong>gt die Me<strong>in</strong>ung der Redaktion wieder.Titelbild:Rücktitel:Großtrappenhahn <strong>in</strong> der Balzzeit(Notte-Niederung)Foto: B. LudwigBlick <strong>in</strong> das Großtrappene<strong>in</strong>standsgebietder Notte-Niederung vomGroß Machnower We<strong>in</strong>berg ausFoto: B. LudwigDiese Zeitschrift ist auf chlorfrei gebleichtem Papiergedruckt.Auflage: 5 000<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong><strong>Landschaftspflege</strong><strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>5. Jahrgang Heft 1/2, 1996Inhaltsverzeichnis des HeftesHEINZ LITZBARSKIVorwort zum Internationalen Workshop„CONSERVATION AND MANAGEMENT OF THE GREAT BUSTARDIN EUROPE“ <strong>Naturschutz</strong>station Buckow, 25.-28. Mai 1995 4HANS PETER KOLLAR, HANS WURMZur Bestandssituation der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758) <strong>in</strong> Österreich 7JOZEF CHAVKO, SLAVO VONGREJGroßtrappenschutz <strong>in</strong> der Slowakei – e<strong>in</strong>e Übersicht 10SÁNDOR FARAGÓLage des Großtrappenbestandes <strong>in</strong>Ungarn <strong>und</strong> Ursachen für den Bestandsrückgang 12DIMITER GEORGIEVVorkommen <strong>und</strong> Schutz der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)<strong>in</strong> Bulgarien 18ALEXANDER ANTONCHIKOVDie Großtrappenpopulation (Otis t. tarda L., 1758) <strong>in</strong> Saratov –Probleme des Schutzes <strong>und</strong> der Erfassung der Tiere 21MARCIA VALLA PINTO, JOACHIM HELLMICHGroßtrappenzählungen an der spanisch-portugiesischen Grenzeim W<strong>in</strong>ter 1994 <strong>und</strong> Frühjahr 1995 24MAX DORNBUSCHSituation <strong>und</strong> Schutz der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)<strong>in</strong> Sachsen-Anhalt 28BERND LUDWIGNeue Ergebnisse zum Bestand, zur Brutbiologie<strong>und</strong> -ökologie sowie zum Schutz der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)<strong>in</strong> der Notte-Niederung südlich von Berl<strong>in</strong> 30NORBERT ESCHHOLZGroßtrappen (Otis t. tarda L., 1758) <strong>in</strong> den Belziger Landschaftswiesen 37HEINZ LITZBARSKI, BIRGIT BLOCK, PETER BLOCK,KERSTIN HOLLÄNDER, WERNFRIED JASCHKE,BÄRBEL LITZBARSKI, SIEGFRIED PETRICKUntersuchungen zur Habitatstruktur <strong>und</strong> zum Nahrungsangebot anBrutplätzen der Großtrappen (Otis t. tarda L., 1758) <strong>in</strong> Spanien,Ungarn <strong>und</strong> Deutschland 41


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996 3ISTVAN KURPÉBeziehungen zwischen Großtrappenschutz <strong>und</strong> Landwirtschaftim Raum des Landschaftsschutzgebietes Dévaványa 51JOACHIM HELLMICHGibt es e<strong>in</strong>e Abhängigkeit der Großtrappenbestände<strong>in</strong> Cáceres (Extremadura, Spanien) von der traditionell betriebenenLandwirtschaft? 54BÄRBEL LITZBARSKI, HEINZ LITZBARSKIDer E<strong>in</strong>fluß von Habitatstruktur <strong>und</strong> Entomofauna auf dieKükenaufzucht bei der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758) 59MANUEL MORALES, JUAN C. ALONSO, JAVIER A. ALONSO,ENRIQUE MARTINGr<strong>und</strong>sätze zur Erhaltung der Großtrappenbestände –Empfehlungen nach e<strong>in</strong>er Untersuchung mit besenderten Tieren 65ASTRID EISENBERGZur Raum- <strong>und</strong> Habitatnutzung handaufgezogener Großtrappen(Otis t. tarda L., 1758) 70BIRGIT BLOCKWiederf<strong>und</strong>e von <strong>in</strong> Buckow ausgewilderten Großtrappen(Otis t. tarda L., 1758) 76JAVIER A. ALONSO, ENRIQUE MARTÍN, JUAN C. ALONSO,MANUEL MORALESVergleichende Analyse der Markierungsmethoden fürjuvenile Großtrappen (Otis t. tarda L., 1758) im Feld 80JUAN C. ALONSO, ENRIQUE MARTÍN, JAVIER A. ALONSO,MANUEL MORALESNeues Verfahren zur praktischen Geschlechtsbestimmungjunger Großtrappen(Otis t. tarda L., 1758) im Feld 84CHRISTIAN PITRA, HEINZ LITZBARSKI, BÄRBEL LITZBARSKI,JOACHIM HELLMICH, WOLF JÜRGEN STREICHGenetische Variabilität <strong>und</strong> Inzucht <strong>in</strong> regionalen Populationender Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758) 87WOLF JÜRGEN STREICH, CHRISTIAN PITRA, HEINZ LITZBARSKI,CHRISTIANE QUAISSERZur Populationsdynamik der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758) -e<strong>in</strong>e Computersimulation 91SÁNDOR FARAGÓTrappenschutz <strong>in</strong> Ungarn – Theorie <strong>und</strong> Praxis 95SIEGFRIED PETRICKZur Brutplatzwahl der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)im Land <strong>Brandenburg</strong> 99CHRISTIANE QUAISSERDer E<strong>in</strong>fluß von Reizen auf die Herzschlagrate brütenderGroßtrappen (Otis t. tarda L., 1758) 103Landschaft <strong>und</strong> Biotop,Pflanzen <strong>und</strong> Tieredes Jahres 1996Vogel des Jahres:Kiebitz<strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong> Deutschland (NABU),Landesb<strong>und</strong> Vogelschutz <strong>in</strong> BayernWildtier des Jahres:FeldhamsterSchutzgeme<strong>in</strong>schaft Deutsches Wild e.V.(SDWi)Fisch des Jahres:MeerforelleVerband Deutscher Sportfischer e.V.(VDSF)Blume des Jahres:KuhschelleStiftung <strong>Naturschutz</strong> HamburgBaum des Jahres:Ha<strong>in</strong>bucheSchutzgeme<strong>in</strong>schaft Deutscher Wald e.V.(SDW)Pilz des Jahres:HabichtspilzDeutsche Gesellschaft für Mykologie e.V.Orchidee des Jahres:FrauenschuhVorstände der deutschen ArbeitskreiseHeimische OrchideenBiotop des Jahres:Bach<strong>Naturschutz</strong>zentrum HessenLandschaft des Jahres:Alpen (1995/1996), Naturfre<strong>und</strong>e International(NFI)An unsere Leser<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> LeserDieses Heft widmet sich vollständig demThema Großtrappe. Die hohe Anzahl derBeiträge erforderte e<strong>in</strong>en größeren Zeitaufwand<strong>in</strong> der Bearbeitung <strong>und</strong> Herstellungdes nun vorliegenden Heftes.Wir bitten deshalb um Ihr Verständnis fürdie zeitliche Verzögerung im Ersche<strong>in</strong>en.SchriftleitungBÄRBEL LITZBARSKIZum Pestizidgehalt <strong>in</strong> Eiern, Küken <strong>und</strong> erwachsenen Tierender Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758) 107


4 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 4-6HEINZ LITZBARSKI, LEITER DER NATURSCHUTZSTATION BUCKOWInternationaler Workshop„Conservation and Management of the Great Bustard <strong>in</strong>Europe“ <strong>Naturschutz</strong>station Buckow, 25. bis 28. Mai 1995Gefördert durch das LIFE-Projekt der Europäischen Union (EU) „Erhaltung von Lebensräumenfür die Großtrappen im Land <strong>Brandenburg</strong>“Die starke Zunahme der Landnutzungdurch den Menschen hat <strong>in</strong> den zurückliegenden150 Jahren <strong>in</strong> Europa das Verbreitungsarealder Großtrappe (Otis tarda L.)dramatisch e<strong>in</strong>geschränkt. Gegenwärtiglebt die Art offenbar nur noch <strong>in</strong> 12 LändernEuropas, <strong>und</strong> die Geschw<strong>in</strong>digkeit,mit der sie aus ihren Lebensräumen verdrängtwird, ist trotz zahlreicher Ansätzezu ihrem Schutz nicht gebremst.Die <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit zurRettung der Großtrappen hat Tradition, imWesten, wie im Osten. Jedoch konnten dieExperten nur selten über Erfolge sprechen.Die DDR z.B. war 1983 <strong>und</strong> 1988 Gastgeberfür Beratungen der TrappenspezialistenOsteuropas.Die jüngste <strong>in</strong>ternationale Veranstaltungzu Problemen des Schutzes der Großtrappenvom 25. bis 28. Mai 1995, ausgerichtetvon der <strong>Naturschutz</strong>station Buckowdes Landesumweltamtes <strong>Brandenburg</strong>,vere<strong>in</strong>igte 42 Fachleute aus 8 Ländern Europas.Von den weiträumigen Landwirtschaftsgebietenan der unteren Wolga imOsten über den pannonischen Raum Zentraleuropasbis h<strong>in</strong> zum spanisch-portugischenVerbreitungsschwerpunkt im Südwestenwaren Experten aus nahezu allenGebieten vertreten, <strong>in</strong> denen heute nochGroßtrappen existieren.Die Veranstaltung spiegelt e<strong>in</strong>e verstärkte<strong>und</strong> engere <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeitauf diesem Gebiet wider. Die neuenpolitischen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Europa s<strong>in</strong>ddafür e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung.Die neue Qualität <strong>in</strong> der grenzüberschreitendenZusammenarbeit für die Erhaltungder Großtrappen wird u.a. dar<strong>in</strong> deutlich,daß diese Veranstaltung als Teil e<strong>in</strong>es LIFE-Projektes von der Europäischen Union f<strong>in</strong>anziellgetragen wurde. Das LIFE-Projektenthält ausdrücklich Forderungen zur Ausweitungder <strong>in</strong>ternationalen Zusammenarbeit,vor allem auch nach Osteuropa. DieEU stützt damit maßgeblich die aktuellenErfordernisse <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Entwicklungenzum Schutz der Trappenlebensräume.Auf der Veranstaltung wurde deutlich, daßsich die Aktivitäten zur Rettung der Großtrappen<strong>in</strong> den letzten Jahren im gesamtenVerbreitungsgebiet verstärkt haben.Im Verlauf der Tagung <strong>in</strong> Buckow wurdeDie Teilnehmer desWorkshopsFoto: B. BlockThe participants ofworkshop


HEINZ LITZBARSKI: INTERNATIONALER WORKSHOP „CONSERVATION AND MANAGEMENT OF THE GREAT BUSTARD IN EUROPE“ 5Verbreitung der Großtrappe (Otis tarda) im Land <strong>Brandenburg</strong>von 1975 bis 19951 cm der Karte entspricht 15 km der Natur1 cm of the figure corresponds to 15 km of natureMaßstab 1 : 150 000(Scale)Spread<strong>in</strong>g of the Great Bustard (Otis tarda) <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> from 1975 to 1995


6 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996e<strong>in</strong> Aktionsplan für den <strong>in</strong>ternationalenSchutz der Großtrappen, der während desWorkshops 1994 <strong>in</strong> Ungarn formuliertwurde, überarbeitet <strong>und</strong> verabschiedet.Außerdem wurde im Rahmen der Convention„On the Conservation of MigratorySpecies of Wild Animals“ (CMS) e<strong>in</strong> Dokumentzum Schutz wandernder Großtrappendiskutiert <strong>und</strong> dem Sekretariat für„United Nations Environment Programme“(UNEP) <strong>in</strong> Bonn zugeleitet.Die Fachleute aus Ungarn, Österreich, derSlowakei <strong>und</strong> Tschechien haben sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er„Pannonischen Gesellschaft Großtrappenschutz“zusammengef<strong>und</strong>en, umgrenzübergreifend Bestandserfassungen<strong>und</strong> Schutzmaßnahmen zu koord<strong>in</strong>ieren.In Spanien <strong>und</strong> Portugal konzentrieren sichdie Trappenexperten mit ihren Arbeitentrotz aktuell hoher Bestandszahlen zunehmendauf Probleme des Lebensraumschutzes,denn durch die von der EU geförderteIntensivierung der landwirtschaftlichenProduktion werden dort großräumigdie wertvollsten „Steppenhabitate“ Europas<strong>und</strong> damit die Lebensräume für dieTrappen zerstört. Hier ist <strong>in</strong> Brüssel im S<strong>in</strong>nee<strong>in</strong>er effektiveren Förderpolitik dr<strong>in</strong>gende<strong>in</strong>e sorgfältige Absprache zwischenden <strong>Naturschutz</strong>- <strong>und</strong> Landwirtschaftsprojektenerforderlich.In Rußland, wo unter den neuen politischen<strong>und</strong> wirtschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungender <strong>Naturschutz</strong> vor sehr ernsten Problemensteht, hat sich mit der Gründung derrussischen <strong>Naturschutz</strong>organisation „RussianBird Conservation Union (RBCU)“e<strong>in</strong>e neue Kraft herausgebildet, die sichauch auf den Schutz von Steppenvogelartenkonzentriert hat. Das erste Großtrappenschutzprogrammder RBCU wurde vonJULIA ANTONCHIKOVA (Saratov) erarbeitet.Der Ideenreichtum <strong>und</strong> Enthusiasmusdieser jungen Frau war e<strong>in</strong> wertvollesStartkapital für die Schutzbemühungender russischen Kollegen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e wichtigeHilfe bei der Entwicklung unserer Zusammenarbeitmit Osteuropa. Ihr plötzlicherUnfalltod hat uns persönlich <strong>und</strong> <strong>in</strong> unsererArbeit sehr getroffen. „Bird Life International“hat ihr den <strong>in</strong>ternationalen Aktionsplanfür den Schutz der Großtrappengewidmet. Die Teilnehmer des Workshops<strong>in</strong> Buckow waren sich e<strong>in</strong>ig im stillen Gedenkenan diese aktive Mitstreiter<strong>in</strong> für dieSicherung der letzten TrappenlebensräumeEuropas.Bestand der Großtrappe <strong>in</strong> Europa im Jahre 1980Stock of Great Bustards <strong>in</strong> Europe <strong>in</strong> 1980Dr. He<strong>in</strong>z LitzbarskiBestand der Großtrappe <strong>in</strong> Europa im Jahre 1995Stock of Great Bustards <strong>in</strong> Europe <strong>in</strong> 1995


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 7-9 7HANS PETER KOLLAR, HANS WURMZur Bestandssituation der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)<strong>in</strong> Österreich1. E<strong>in</strong>leitungVon den verbliebenen Verbreitungskernendes Großtrappenbestandes der Weltstrahlt jener des Donau-Karpatenbeckensauch <strong>in</strong> die östlichen Flachländer Österreichsaus. Die Populationsgruppe der ungarischenTiefebene hat sich allerd<strong>in</strong>gs,wie be<strong>in</strong>ahe alle Trappenbestände derWelt, während der letzten drei Jahrzehntestark verdünnt. Die Bestände verkle<strong>in</strong>ertensich fast ohne Ausnahme. An den Rändernder Verbreitungsgebiete erloschen e<strong>in</strong>igekle<strong>in</strong>ere Populationen; weitere, <strong>und</strong> zwarsolche, die <strong>in</strong>tensives Agrarland bewohnen,stehen kurz vor dem Verschw<strong>in</strong>den;nur e<strong>in</strong>ige s<strong>in</strong>d zur Zeit stabil oder wachsen.Das betrifft stets solche, die <strong>in</strong> landwirtschaftlichweniger begünstigten Lagenmit hohem Bracheanteil leben.2. Überblick über dieGroßtrappenbestände<strong>in</strong> ÖsterreichIn Österreich s<strong>in</strong>d von den e<strong>in</strong>stmals ca.1 200 Großtrappen (1942, nach LUK-SCHANDERL 1971) <strong>in</strong>sgesamt noch etwa50 bis 60 Individuen übriggeblieben, diesich auf vier Restpopulationen aufteilen(Abb. 1).Im Seew<strong>in</strong>kel, Burgenland, angrenzend anUngarn, lebt e<strong>in</strong>e Population, derenganzjähriges E<strong>in</strong>standsgebiet Flächen beiderseitsder Staatsgrenze umfaßt: r<strong>und</strong> 40Individuen, davon etwa 18 im österreichischenSeew<strong>in</strong>kel, nördlich davon reicht dasE<strong>in</strong>standsgebiet e<strong>in</strong>es westungarischenBestandes von 50 Individuen (1995) aufösterreichisches (<strong>und</strong> slowakisches) Gebiet.E<strong>in</strong> ebenfalls zu den Trappen diesesburgenländisch-ungarischen Raumes gehörenderBestand von 4 bis 5 Hennen brütetetwas weiter nordwestlich davon, aufder Parndorfer Platte. Von den früherenBeständen ist der letzte (1 bis 3 Individuen)im pannonisch geprägten Ackerbaugebiet,im Wiener Becken südlich der Donau aufder Rauchenwarther Platte erst vor kurzem(1995) erloschen. Nördlich der Donau hältsich bis heute der Trappenbestand desMarchfeldes: 14 Individuen (Frühjahr1995). Räumlich isoliert von diesen Beständenzeigt e<strong>in</strong>e Population an der nördlichenStaatsgrenze, deren E<strong>in</strong>standsgebietauf österreichischem <strong>und</strong> tschechischemGebiet liegt, offenbar e<strong>in</strong>e stabile oderleicht steigende Bestandsentwicklung –r<strong>und</strong> 30 Individuen im W<strong>in</strong>ter 1994/95,ca. 24 davon halten sich überwiegend <strong>in</strong>Österreich auf (1995).Insgesamt kann die Zahl der österreichischenGroßtrappen, abzüglich der dem angrenzendenAusland zuzurechnenden Bestandesteile,derzeit (1995) mit 62 bis 65angegeben werden (18 im Seew<strong>in</strong>kel, 5auf der Parndorfer Platte, 14 bis 15 imMarchfeld, ca. 25 im We<strong>in</strong>viertel) (Tab. 1).LegendeVerbreitung der Großtrappe <strong>in</strong> Österreich 1995Spread<strong>in</strong>g of the Great Bustard <strong>in</strong> Austria <strong>in</strong> 1995Begrenzung des pannonischen KlimabezirksDemarcation of the pannonic climatic region3. Die Beständeim e<strong>in</strong>zelnenSeew<strong>in</strong>kelVon den <strong>in</strong>sgesamt 24 Hennen der PopulationMosonszolnok-Seew<strong>in</strong>kel waren imFrühjahr 1995 maximal 12 im österreichischenTeil des Hanság zu beobachten, 8davon brüteten hier (PATAK, mündl.). Diemeisten der Bruten liegen seit m<strong>in</strong>destense<strong>in</strong>em Jahrzehnt stets <strong>in</strong> dem als Kommassantenwiesenbenannten Teil des Nationalparksim österreichischen Seew<strong>in</strong>kel,


8 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Tabelle:Bestände der Großtrappe <strong>in</strong> den vier 1995 verbliebenen Verbreitungsgebieten<strong>in</strong> Österreich für die Jahre 1978, 1988 <strong>und</strong> 1994Parndorfer Hanság Marchfeld We<strong>in</strong>viertelPlattezierten 2 Hennen 2 Junge (LEEB, mündl.).Auch hier ist Bewässerung durch Hochpumpenvon Gr<strong>und</strong>wasser nicht möglich,Landwirtschaft wird ähnlich extensiv betriebenwie auf der Parndorfer Platte.1978 14 57 ca. 25 ca. 251988 5 16 24 ca. 181994 5 18 15 23Stocks of Great Bustards <strong>in</strong> the 4 rema<strong>in</strong><strong>in</strong>g spread<strong>in</strong>g areas of 1995 <strong>in</strong> Austria for theyaers of 1978, 1988 and 1994seit e<strong>in</strong>igen Jahren vere<strong>in</strong>zelt auch <strong>in</strong> denBrachen, die um dieses verbliebene Brutgebietherum angelegt worden s<strong>in</strong>d (PA-TAK, mündl.). Der andere Teil dieser österreichisch-ungarischenPopulation brütetim <strong>in</strong>tensiven Ackerbaugebiet bei Mosonszolnok(Ungarn).Die zur Zeit <strong>in</strong>sgesamt 13 Hähne der Populationhalten sich zur Balzzeit jeweils <strong>in</strong>den beiden Teilarealen auf (im österreichischenSeew<strong>in</strong>kel, z.B. 1995 maximal 6 Hähne,davon 4 bis 5 balzend). Sie verlagernihr E<strong>in</strong>standsgebiet aber nach der Brutzeitbald auf ungarisches Gebiet <strong>und</strong> stehendann über den W<strong>in</strong>ter im Trupp abwechselndim ungarischen <strong>und</strong> österreichischenGebiet (WURM 1993, 1994a, b 1995).Der Bruterfolg <strong>in</strong> beiden Teilarealen ist derzeitger<strong>in</strong>g. Im österreichischen Teil ist seitetwa 3 Jahren das unvermittelte Verschw<strong>in</strong>dender jeweils 3 bis 4 fast flüggenJungen zu verzeichnen. Anzeichen sprechendafür, daß sich die <strong>in</strong>folge geänderterJagd<strong>in</strong>tensität gestiegene Fuchsdichte imeng umschriebenen Gebiet der Kommassantenwiesen(130 ha, 5 bis 6 Fuchsbauten,PATAK, mündl.) negativ auf den Bruterfolgder Population auswirkt.Im ungarischen Teilareal bei Mosonszolnokliegt der Bruterfolg im Intensivagrarlandbei 0 bis 1 Junges pro Jahr.Parndorfer PlatteDer Trappenbestand dieser pannonischgeprägten Hochebene (Platte), die durchden tiefliegenden Gr<strong>und</strong>wasserspiegel <strong>und</strong>fehlende künstliche Bewässerung gekennzeichnetist, besteht seit 8 Jahren aus 3 bis5 Hennen, die seit e<strong>in</strong>igen Jahren mit sehrgutem Erfolg regelmäßig brüten (1993<strong>und</strong> 1994 jeweils 3 flügge Junge von 4Hennen). Hähne (1 bis 2) werden hier jeweilsnur kurz im Frühjahr beobachtet(WURM 1993, 1994a, b, 1995).MarchfeldDer Trappenbestand des Marchfeldes,e<strong>in</strong>er als Gemüse-, Zuckerrüben- <strong>und</strong>Getreideanbaugebiet <strong>in</strong>tensiv genutztenfruchtbaren Ebene östlich der MillionenstadtWien, hat <strong>in</strong> diesem Frühjahr e<strong>in</strong>enTiefststand von 14 bis 15 Individuen erreicht.Im Jahre 1966 waren es 101 (LUK-SCHANDERL 1971) <strong>und</strong> 1989 nur noch 28Tiere (KOLLAR 1989). Wenn auch von den10 bis 11 adulten Hennen Jahr für Jahr 4bis 7 Gelege bekannt werden, ist der Fortpflanzungserfolgvon 0 bis 3 flüggen Jungenwährend der letzten 10 Jahre doch zuger<strong>in</strong>g, um den Abgang auszugleichen,<strong>in</strong>sbesondere seit die Population regelmäßigüber den W<strong>in</strong>ter verstreicht (seit1991; KOLLAR u. SEITER 1992; KOLLAR1988a). Von den Hähnen s<strong>in</strong>d zwei adult,e<strong>in</strong>er hat die Geschlechtsreife erreicht(balzt), e<strong>in</strong> weiterer ist zweijährig.We<strong>in</strong>viertelDer Bestand von <strong>in</strong>sgesamt etwa 30 Individuen,davon etwa 25 Hennen <strong>und</strong> 5 bis6 Hähne, verteilt sich zur Brutzeit auf zweiGebiete <strong>in</strong> Österreich <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> Südmähren.Der Bruterfolg der größeren derbeiden Teilpopulationen im We<strong>in</strong>viertel, dieaus derzeit 16 Hennen <strong>und</strong> 4 Hähnen bestehen,ist wechselnd (0 bis 4 Junge, STAD-LER, mündl.). Die kle<strong>in</strong>ere Gruppe brütet of-fenbarregelmäßigerfolgreich–1994produ-4. SchutzmaßnahmenSeew<strong>in</strong>kelDas <strong>Naturschutz</strong>gebiet Kommassantenwiesen,<strong>in</strong> dem die meisten der verbliebenenBrutplätze der Großtrappenpopulationdieses Gebietes liegen, ist heute Teil desNationalparks Neusiedlersee-Seew<strong>in</strong>kel.Schon zuvor, seit 1987, wurden vor allemüber Betreiben des WWF (World WideF<strong>und</strong> for Nature) Österreich <strong>und</strong> der BurgenländischenLandesregierung ca. 140 ha(1988) Brachflächen r<strong>und</strong> um das Schutzgebietangelegt, <strong>in</strong> denen ab 1993 vere<strong>in</strong>zeltTrapphennen brüteten (PATAK,mündl.).Ob für die Sicherung des Bruterfolges dieAbb. 1In der Bewahrungszone Hanság des Nationalparkes Neusiedler See/Seew<strong>in</strong>kel (Österreich) wird mitextensiver Grünlandwirtschaft <strong>und</strong> Stillegungsflächen versucht, die ger<strong>in</strong>ge Nachwuchsrate derGroßtrappen zu verbessern.Foto: H. LitzbarskiIn the area of Hanság of the Nationalpark „Neusiedler See -Seew<strong>in</strong>kel“ (Austria) they try to optimizethe lower breed<strong>in</strong>g success of Great Bustards with extensive used grassland and set-asides.Wiederaufnahme der früher <strong>in</strong>tensivenDezimierung des Fuchses notwendig se<strong>in</strong>wird, ist Gegenstand von Diskussionen(<strong>und</strong> geplanter Studien).Parndorfer PlatteNach der Anlage von Brachen im Brutgebiet,die früher vom WWF Österreich <strong>und</strong>,als geförderte Grünbrache, zuletzt vomLandwirtschaftsm<strong>in</strong>isterium <strong>und</strong> demWWF f<strong>in</strong>anziert wurden, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesemGebiet nach dem Beitritt Österreichs zurEuropäischen Union im Jahr 1995 <strong>in</strong>sgesamtr<strong>und</strong> 200 ha Brache im Rahmen desÖPUL, des Österreichischen Programmes


HANS PETER KOLLAR, HANS WURM: ZUR BESTANDSSITUATION DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) IN ÖSTERREICH 9zur umweltgerechten Landwirtschaft, <strong>in</strong>Erfüllung der EU-Richtl<strong>in</strong>ie 2078 angelegtbzw. unter Vertrag genommen worden.Projektbetreuer ist Hans Wurm für diePannonische Gesellschaft Großtrappenschutz,e<strong>in</strong>em im Februar 1995 gegründetenVere<strong>in</strong>, der Mitglieder aus Österreich,Ungarn, der Slowakei <strong>und</strong> Tschechienzwecks geme<strong>in</strong>samer Aktivitäten zumTrappenschutz vere<strong>in</strong>t.MarchfeldBemühungen, den Bruterfolg der Trapphennendes Marchfeldes mittels sogenannterTrappenäcker zu heben, laufenseit 1979 (vgl. KOLLAR 1983, 1988a, b).Zuletzt, 1994, bestanden <strong>in</strong>sgesamt r<strong>und</strong>170 ha Trappenschutzfläche, die über Projekte<strong>und</strong> Förderungen des B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isteriumsfür Umwelt, der <strong>Naturschutz</strong>abteilungdes Landes Niederösterreich, desJagdverbandes, des <strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong>es,des Vere<strong>in</strong>s für Ökologie <strong>und</strong> Umweltforschung<strong>und</strong> andere f<strong>in</strong>anziert wurden(KOLLAR u. SEITER 1993a, b, 1994). Projektzielwar <strong>und</strong> ist es, möglichst alle bekanntenBrutplätze, die <strong>in</strong> diesem Fall weitverstreut im etwa 100 km 2 großen E<strong>in</strong>standsgebietder Trappenpopulation desMarchfeldes liegen, mit Brachflächen zuversorgen. Da die Trappen erfahrungsgemäß„Trappenäcker“, sofern die Jungenschlüpfen, als Jungenaufzuchtsraum annehmen,meist aber <strong>in</strong> Feldkulturen brüten,wurden ab 1992 jeweils im Mittelteilder Trappenschutzflächen gezielt Getreide-Mischkulturenangelegt (KOLLAR u.SEITER 1994).Mit dem Beitritt zur Europäischen Unionwurde es jedoch auch im Marchfeld notwendig,e<strong>in</strong> Programm im Rahmen desÖPUL zu starten. Angesichts der Verdienstmöglichkeiten<strong>und</strong> der Marktgegebenheiten<strong>in</strong> diesem Intensivagrarlandkonnten jedoch vorerst nur 57 ha Dauerbracheauf fünf Jahre unter Vertrag genommenwerden.We<strong>in</strong>viertelAuch im We<strong>in</strong>viertel wurden seit 1979 gezieltLuzerne- <strong>und</strong> Bracheflächen <strong>in</strong> denBrutgebieten der Großtrappen angelegt.Auch hier stützen sich nunmehr dieBemühungen vorwiegend auf Brachflächen<strong>in</strong>nerhalb des ÖPUL (STADLER u.LEEB, mündl.). Das genaue Flächenausmaßdieser EU-Dauerbrachen ist nochnicht bekannt.5. Zusammenfassung <strong>und</strong>AusblickAlle österreichischen Teilpopulationen derGroßtrappe zeigen seit Jahren e<strong>in</strong>e mehroder weniger deutliche Abnahme der Bestandeszahlen;am stärksten jene, die sich<strong>in</strong> landwirtschaftlichen Gunstlagen, also <strong>in</strong><strong>in</strong>tensiven Ackerbaugebieten mit künstlicherBewässerung, so z.B. im Marchfeld(<strong>und</strong> ungarischen Teil der Hanság-Population)aufhalten. Hier wirkt sich der verm<strong>in</strong>derteBruterfolg <strong>in</strong>folge häufigerStörungen durch die <strong>in</strong>tensive Landbewirtschaftungaus.Bei Beständen, die <strong>in</strong> Gebieten ohne künstlicheBewässerung <strong>und</strong> mit extensivererLandnutzung – nunmehr auch verb<strong>und</strong>enmit vergleichsweise hohem Bracheanteil –leben, ist e<strong>in</strong> besserer Bruterfolg zu verzeichnen:Jeweils nur 4 <strong>und</strong> 2 bis 3 Hennenauf der Parndorfer Platte sowie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erTeilpopulation des We<strong>in</strong>viertels reproduzierengut.E<strong>in</strong> Sonderfall sche<strong>in</strong>t der Bestand desHanság im österreichischen Teil des Nationalparkeszu se<strong>in</strong>. Hier spricht e<strong>in</strong>igesdafür, daß lokal erhöhter Prädatorendruckden an sich guten Bruterfolg der Populationzunichte macht.Nach den unterschiedlich erfolgreichenBemühungen der letzten Jahre, Bracheflächenim Ackerbaugebiet gezielt als Bruthilfefür Trapphennen anzulegen <strong>und</strong> denLebensraum <strong>in</strong>sgesamt durch Brachen,Entstörung von Gebieten <strong>und</strong> anderes zuverbessern, wird nun der weitere Erfolgflächenbezogener Schutzmaßnahmenwohl von Ausmaß, Betreuung <strong>und</strong> Pflegezukünftiger EU-Brachen abhängen.SummaryAll Austrian partial populations of GreatBustards have shown a more or less cleardecrease <strong>in</strong> livestock number, that meansmostly those which are liv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>in</strong>tensivefarmland with artificial water<strong>in</strong>g, e.g. <strong>in</strong>marchfeld (and the Hungarian part of theHanság population). Repeated disturbancesby <strong>in</strong>tensive farm<strong>in</strong>g have led to adecreased breed<strong>in</strong>g success here.Populations liv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> areas without artificalwater<strong>in</strong>g and with more extensive farm<strong>in</strong>g,from now on with a comparativelyhigh portion of fallows as well, have succeeded<strong>in</strong> better breed<strong>in</strong>g results: Only 4and 2 to 3 hens respectively have reproducedwell on the Parndorfer Platte as well as<strong>in</strong> a partial population of the We<strong>in</strong>viertel.The Hanság population <strong>in</strong> the Austrianpart of the national park seems to be a specialcase. There is every reason to believethat many local predators have a negative<strong>in</strong>fluence on the potentially good breed<strong>in</strong>gresults of the population.After various successful efforts of the lastyears to lay out fallows <strong>in</strong> farmland as abreed<strong>in</strong>g help for Great Bustard hens andto improve the habitat altogether by fallows,by reduc<strong>in</strong>g the number of disturbances<strong>in</strong>side the areas and by other measuresto be taken, the further success of protectivemeasures related to the area will surelydepend on size, care and attention of thefuture fallows of EU.LiteraturKOLLAR, H. P. 1983: Der E<strong>in</strong>fluß von Trappenschutzflächenauf den Aktionsraum der Großtrappe (Otistarda L.) im Marchfeld (Niederösterreich). -Egretta26(2): 33-42KOLLAR, H. P. 1988a: Arten- <strong>und</strong> Biotopschutz amBeispiel der Großtrappe (Otis tarda L.). Umwelt.-Schr.R. Ökologie Ethologie. Hrsg. Vere<strong>in</strong> ÖkologieUmweltforschung. Wien. -56 S.KOLLAR, H. P. 1988b: ArtenschutzprogrammGroßtrappe. -Vogelschutz <strong>in</strong> Österreich 2: 63-67KOLLAR, H. P. 1989: Zur Bestandsentwicklung derGroßtrappe (Otis tarda L.) im Marchfeld. -Egretta 32:73-75KOLLAR, H. P. u. SEITER, M. 1992: Die Großtrappen(Otis tarda L.) des Marchfeldes verstreichen im W<strong>in</strong>ter.-Vogelk<strong>und</strong>l. Nachrichten aus Österreich 3(2): 1-3KOLLAR, H. P. u. SEITER, M. 1993a: Trappenschutzim Marchfeld. -Vogelschutz <strong>in</strong> Österreich 8: -43 S.KOLLAR, H. P. u. SEITER, M. 1993b: Anlage, Bewirtschaftung<strong>und</strong> begleitende Kontrolle sowie wissenschaftlicheBearbeitung von Schutzflächen für dieGroßtrappe im Marchfeld. Bericht an das B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isteriumfür Umwelt, Jugend <strong>und</strong> Familie: 22 (unveröff.)KOLLAR, H. P. u. SEITER, M. 1994: Anlage, Bewirtschaftung<strong>und</strong> begleitende Kontrolle sowie wissenschaftlicheBearbeitung von Schutzflächen für dieGroßtrappe im Marchfeld. Bericht 1994 S. 19 (unveröff.)LUKSCHANDERL, L. 1971: Zur Verbreitung <strong>und</strong> Ökologieder Großtrappe (Otis tarda L.) <strong>in</strong> Österreich. -J.Orn. 112: 70-93PATAK, E. 1994: Sonderteil Hanság. W<strong>in</strong>terzählung1991/92, 1992/93. In: WURM, H. (1994a). -16 S. (unveröff.)WURM, H. 1993: WWF-Projekt „Großtrappe“. Brutbericht1992. Parndorfer Platte, Heideboden. -12 S.(unveröff.)WURM, H. 1994a: Ergebnisse der Großtrappenzählung<strong>in</strong> den W<strong>in</strong>terhalbjahren 1990/91-1992/93.Parndorfer Platte, Heideboden, Monsonszolnok,Hanság. -16 S. (unveröff.)WURM, H. 1994b: WWF-Projekt Großtrappe. Brutbericht1993. Parndorfer Platte, Heideboden, Mosonszolnok.-27 S. (unveröff.)WURM, H. 1995: WWF-Projekt Großtrappe. W<strong>in</strong>terzählung1993/94, Brutbericht 1994, W<strong>in</strong>terzählung1994/95. Parndorfer Platte, Heideboden, Mosonszolnok(Hanság) -48 S. (unveröff.)VerfasserDr. Hans Peter KollarDorfstraße 8A-2286 Har<strong>in</strong>gseeIng. Hans WurmGoldbergstraße 10A-7122 Gols


10 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 10-11JOZEF CHAVKO, SLAVO VONGREJGroßtrappenschutz <strong>in</strong> der Slowakei – e<strong>in</strong>e Übersicht1. BestandsentwicklungDie Großtrappe kommt nur im südwestlichenTeil des Landes <strong>in</strong> der Donauebenevor. Die Donauebene ist heute landwirtschaftlich<strong>in</strong>tensiv genutztes Land mitgroßflächigen Äckern. Die Reste der ursprünglichenSteppenbiotope s<strong>in</strong>d hauptsächlichim Laufe der 50er <strong>und</strong> 60er Jahrevollständig verändert worden. Im Zuge derIntensivierung der Landwirtschaft wurdenfast alle Flächen entwässert <strong>und</strong> umgepflügt.Nach Angaben <strong>in</strong> der Literatur (CHOBOT1991,1992; Abb. 1,2,3) war der Bestandder Großtrappe <strong>in</strong> der Slowakei zwischen1950 <strong>und</strong> 1970 etwa 1 000 Vögel stark.Ab 1970 setzte e<strong>in</strong> starker Rückgang derPopulation e<strong>in</strong>.2. UrsachenCSSR ˇAbb. 1Vorkommen der Großtrappe <strong>in</strong> der CSSR ˇ (Slowakei) 1964Existence of Great Bustard <strong>in</strong> Slovakia 1964NITRAUrsache dieser Abnahme war die immerschwächere ökologische Stabilität des Gebietesauf Gr<strong>und</strong> des starken anthropogenenDrucks auf die Natur. Der Verlust dernatürlichen Steppenbiotope hatte vielleichtden größten negativen E<strong>in</strong>fluß, aberauch die Steigerung der landwirtschftlichenProduktion <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>eneChemisierung der Landwirtschaft warenwirksam. E<strong>in</strong>e gewisse Rolle spieltenauch der Bau von Hochspannungsleitungensowie die Vergrößerung von Siedlungen<strong>und</strong> die Urbanisierung des Landes, die<strong>in</strong>sgesamt starke E<strong>in</strong>schränkungen für dieGroßtrappe zur Folge hatten.Offensichtlich s<strong>in</strong>d diese negativen E<strong>in</strong>flüsseauch <strong>in</strong> anderen Ländern <strong>in</strong> analogerWeise als Störungen <strong>und</strong> Ursachen für denBestandsrückgang dieser Vogelart zu betrachten.Abb. 2Vorkommen der Großtrappe <strong>in</strong> der Slowakischen Republik 1990Existence of Great Bustard <strong>in</strong> the Slovakian Republic 19903. Schutzmaßnahmen <strong>und</strong>ihre WirksamkeitIn den letzten Jahren wurde <strong>in</strong> der Slowakeider Großtrappe allerd<strong>in</strong>gs nur ungenügendeAufmerksamkeit gewidmet. FormaleAnsätze, die nur gesetzliche Regelungenbetrafen, blieben wirkungslos, da sie sogut wie ke<strong>in</strong>e praktischen Schutzmaßnahmenenthielten.Auch e<strong>in</strong> Schutzgebiet, das für dieGroßtrappe <strong>in</strong> der mittleren Donauebeneauf e<strong>in</strong>er Fläche von mehr als 9 000 ha e<strong>in</strong>gerichtetwurde, erfüllte se<strong>in</strong>en ZweckAbb. 3Vorkommen der Großtrappe <strong>in</strong> der Slowakischen Republik 1995Existence of Great Bustard <strong>in</strong> the Slovakian Republic 1995


JOZEF CHAVKO, SLAVO VONGREJ: GROSSTRAPPENSCHUTZ IN DER SLOWAKEI – EINE ÜBERSICHT 11nicht. Hier beschränkte sich der Großtrappenschutzauf ger<strong>in</strong>gfügige E<strong>in</strong>schränkungenvon landwirtschaftlichen Aktivitäten,<strong>und</strong> es ist nicht gelungen, wenigstens e<strong>in</strong>enTeil des Gebietes <strong>in</strong> Steppenbiotopeumzuwandeln oder weniger <strong>in</strong>tensiv bewirtschaftenzu lassen.Angesichts der weiteren Bestandsrückgängemuß befürchtet werden, daß dieGroßtrappe <strong>in</strong> der <strong>in</strong>tensiv landwirtschaftlichgenutzten Kulturlandschaft nicht erhaltenwerden kann.E<strong>in</strong> wesentliches H<strong>in</strong>dernis für die Erarbeitungvon Schutzkonzepten war auch, daßwährend der letzten 15 Jahre ke<strong>in</strong>e flächendeckendeZählung stattfand.Nach Kenntnis des gegenwärtigen Bestandeskann man nur e<strong>in</strong>schätzen, daß die Situationfür die Großtrappe kritisch ist <strong>und</strong>daß e<strong>in</strong> Schutzprogramm für die Großtrappenpopulationdes Landes, vor allem mit<strong>in</strong>ternationaler Zusammenarbeit, erarbeitetwerden muß, um die Schutzbemühungeneffektiver <strong>und</strong> repräsentativer gestaltenzu können. Auch aus diesem Gr<strong>und</strong> arbeitetdie Slowakei im Rahmen des neugegründeten Vere<strong>in</strong>s „Pannonische GesellschaftGroßtrappenschutz“ geme<strong>in</strong>sammit Österreich, Ungarn <strong>und</strong> Tschechien amSchutz der Großtrappe.Die erste geme<strong>in</strong>same Aktivität dieser Gesellschaftwar e<strong>in</strong>e Frühjahrs-Synchronzählungder Trappenbestände am 9. April1995. In der Slowakei organisierte die slowakischeUmweltagentur diese Zählung,an der sich 45 Ornithologen beteiligten.Fast alle potentiellen Vorkommensgebietewurden aufgesucht. Die Wetterverhältnisseboten allerd<strong>in</strong>gs für die Erfassung ke<strong>in</strong>egünstigen Bed<strong>in</strong>gungen – es herrschtestarker W<strong>in</strong>d. Im Ergebnis wurden nur 12Großtrappen gesehen. Trotz dieses Zählergebnissesist anzunehmen, daß dietatsächlichen Bestandszahlen höher liegen<strong>und</strong> etwa 30 Großtrappen auf dem Gebietder Slowakei leben.Die Frühjahrszählung zeigte, daß dieGroßtrappenpopulation der Slowakei <strong>in</strong>sehr kle<strong>in</strong>e Gruppen zersplittert ist. Es wurdennicht mehr als 3 Vögel geme<strong>in</strong>sam gesehen,am häufigsten jeweils 2 Hennen<strong>und</strong> 1 Hahn. Dieser Umstand kann vielleichtals letzte Überlebensstrategie derbedrohten Population aufgefaßt werden.Angesichts dieser Situation des slowakischenGroßtrappenbestandes <strong>und</strong> entsprechenddem <strong>in</strong>ternationalen Aktionsplanfür den Schutz der Großtrappe arbeitetedie slowakische Agentur für Umwelt(AZP) e<strong>in</strong> Schutzprogramm aus, das demM<strong>in</strong>isterium für Umwelt vorgelegt wurde.Die Gr<strong>und</strong>ziele dieses Programmes s<strong>in</strong>d:Abb. 4In denTrappengebietender Slowakei läßt<strong>in</strong>tensiverAckerbau der Artnur wenigChancen zumÜberleben (KreisKomarno).Foto: H. LitzbarskiBecause of the<strong>in</strong>tensiveagriculturallanduse of GreatBustard areas <strong>in</strong>Slovakia the birdshave only smallchances to survive(district ofKomárno).- Umwandlung von Teilen der Flächen <strong>in</strong>den Trappene<strong>in</strong>standsgebieten <strong>in</strong> natürlicheSteppenhabitate- Sicherung e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen fachlichenGebietsbetreuung mit der Aufgabe,e<strong>in</strong> Monitor<strong>in</strong>g durchzuführen, beiBedarf auf Störe<strong>in</strong>flüsse zu reagieren<strong>und</strong> Schutzmaßnahmen zu betreuen.Zur Zeit läuft bereits e<strong>in</strong> vorbereitendesSchutzprogramm, das aus drei E<strong>in</strong>zelprojektenbesteht, die f<strong>in</strong>anziert werden vom- Regional Environmental Center (Budapest)- Global Environmental Facility (Bratislava)<strong>und</strong> von der- Gesellschaft für Vogelschutz <strong>in</strong> der Slowakei(SOVS) <strong>in</strong> Zusammenarbeit mitder slowakischen Umweltagentur.Der Großtrappenschutz <strong>und</strong> die Erhaltungdieser Art für die slowakische Natur wirdaußerordentlich schwierig. Die gesamtenBemühungen erfordern e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit,hohe E<strong>in</strong>satzbereitschaftder Mitarbeiter, die Anwendung von Erfahrungen<strong>und</strong> den klugen E<strong>in</strong>satz von f<strong>in</strong>anziellenMitteln.4. ZusammenfassungDie Großtrappe kommt nur im südwestlichenTeil der Slowakei vor. Die Beständes<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten starkzurückgegangen (von 1970 noch r<strong>und</strong>1000 Tieren auf gegenwärtig knapp 30 Exemplare).Als Ursachen werden genannt:- Verlust der natürlichen Steppenbiotope,verb<strong>und</strong>en mit der Intensivierung derLandwirtschaft,- der Bau von Hochspannungsleitungen<strong>und</strong>- die zunehmende Urbanisierung des Landes.Möglicherweise kann die Pannonische GesellschaftGroßtrappenschutz e<strong>in</strong> wirksamesKonzept für die Großtrappenbestände<strong>in</strong> der Slowakei, <strong>in</strong> Tschechien, Ungarn <strong>und</strong>Österreich erarbeiten <strong>und</strong> durchsetzen.SummaryThe Great Bustard could only be observed<strong>in</strong> the south-west of Slovakia. The populationshave been decreased from 100 birds<strong>in</strong> 1970 to 30 <strong>in</strong>dividuals at the moments<strong>in</strong>ce the last decades. The loss of steppehabitats connected with the <strong>in</strong>tensificationof land use, the construction of high-voltagel<strong>in</strong>es and the <strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g urbanisationare the reasons for this.We hope that the Pannonic Society forProtection of Great Bustards will accept aneffective concept for the populations <strong>in</strong>Slovakia, Hungary and Czechoslovakia.LiteraturCHOBOT, J. 1991: Výskum opatrení na záchranu DropaVel´kého na Slovensku. Záverecná správa za ciastkovúúlohu. Výskumný ústav zivocisnej výroby v Nitre:H 05-529-005-04CHOBOT, J. 1992: Moznosti záchrany Dropa Vel´kého(Otis tarda L.). Záverecná práca z postgraduálneho stúdia„Myslivost v CSFR a v zahranici“. Vysoká skola zemedelskáv Brné; Fakulta lesnická, Katedra myslivostiVerfasserJozef Chavko,Slavo VongrejSlowakische Umweltagentur (SAZP)Hanulova Str. 9/ASK-84440 Bratislava


12 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 12-17SÁNDOR FARAGÓLage des Großtrappenbestandes <strong>in</strong> Ungarn <strong>und</strong> Ursachenfür den Bestandsrückgang1. Veränderungen desGroßtrappenbestandes<strong>in</strong> UngarnDie Verbreitung der Großtrappen <strong>in</strong> Ungarn<strong>und</strong> die Bestandsentwicklung warenimmer Indikatoren der Umweltverhältnisse.Die Großtrappen waren von Anbeg<strong>in</strong>nan Glieder, bisweilen Nutznießer des sichentwickelnden agrarökologisch-ökonomischenSystems. Die Waldrodungen <strong>und</strong>Trockenlegungen eröffneten ihnen neueLebensräume, auf die sie mit der Erweiterungihres Verbreitungsgebietes reagierten(FARAGÓ 1987 a; Abb. 1).Zur Jahrh<strong>und</strong>ertwende überschritt der Bestandder Großtrappen <strong>in</strong> Ungarn – unterZugr<strong>und</strong>legung des heutigen Gebietes –8 000 Exemplare, <strong>und</strong> an dieser Anzahl ändertesich bis zum zweiten Weltkrieg – trotzdes Drucks, der durch die Jagd ausgeübtwurde – nichts (im Jahre 1941 waren es8 557Exemplare)(FODOR1975).DerKrieg<strong>und</strong> die ungeregelten Jagdverhältnisse, dieBodenreform, die Zunahme der Jagd <strong>und</strong>dann die Intensivierung der Landwirtschaftführten zu e<strong>in</strong>er starken Bestandsabnahme<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er zerstreuten Verbreitung der Art(FODOR et al. 1971). Das frühere zusammenhängendeAreal ist <strong>in</strong> isolierte Gebietezerfallen. Bevor die Großtrappen im Jahre1969 unter Schutz gestellt wurden, hattee<strong>in</strong>e Zählung 2 300 Exemplare ergeben.Die Schutzmaßnahmen waren zunächsterfolgreich: Der Bestand stieg laut Erhebungenauf mehr als 3 000 Exemplare an(STERBETZ 1979). Seit Anfang der 80erJahre ist jedoch e<strong>in</strong> stetiger Rückgang zuverzeichnen (FARAGÓ 1993a). Diese Ersche<strong>in</strong>ungist ke<strong>in</strong>e Besonderheit der Großtrappen,sie ist bei allen auf Wiesen lebenden(Vogel-)Arten wie Rebhuhn, Wachtel,Fasan, auch bei dem Feldhasen zu beobachten.Infolge des Rückgangs der Individuenzahlder Großtrappen hat sich der Isolationsprozeßbeschleunigt: Randpopulationenwurden aufgerieben, das Verbreitungsgebietder Art verkle<strong>in</strong>erte sich, dieAnzahl der Populationen, die Bestandsdichte<strong>und</strong> die Individuenzahl g<strong>in</strong>genzurück (FARAGÓ 1987a; 1991; Abb. 2).Bis heute sank der Großtrappenbestand <strong>in</strong>Ungarn auf nahezu 1 100 bis 1 300 Exemplare,der Rückgang beträgt im Vergleichzum Beg<strong>in</strong>n ihrer Unterschutzstellungetwa 50 %, im Vergleich zu dem maximalenWert nach der Unterschutzstellungsank der Bestand jedoch auf e<strong>in</strong> Drittel.Diese abnehmende Tendenz ist auf demGebiet des gesamten Areals zu beobachten,wo die Umweltnutzung, <strong>in</strong>sbesonderedie Nutzung durch die Landwirtschaft, <strong>in</strong>e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven Abschnitt überg<strong>in</strong>g.Abb. 1Verbreitung der Großtrappen von etwa 1700 bis 1987 <strong>in</strong> Ungarn (FARAGÓ 1987a)Spread<strong>in</strong>g of the Great Bustards <strong>in</strong> Hungary from about 1700 to 1987 (FARAGÓ 1987a)


SÁNDOR FARAGÓ : LAGE DES GROSSTRAPPENBESTANDES IN UNGARN UND URSACHEN FÜR DEN BESTANDSRÜCKGANG 13Abb. 2Verbreitung der Großtrappen zwischen 1981 <strong>und</strong> 1990 <strong>in</strong> Ungarn (FARAGÓ 1991)Spread<strong>in</strong>g of the Great Bustards <strong>in</strong> Hungary from 1981 to 1990 (FARAGÓ 1991)2. Ursachen für dieAbnahme desBestandesIm Interesse des wirksamen Schutzes desGroßtrappenbestandes müssen die Ursachengef<strong>und</strong>en werden, die zu dem Bestandsrückganggeführt haben, weil nurmit deren Kenntnis e<strong>in</strong>e Schutzstrategieerarbeitet werden kann. Das Ziel desSchutzes ist die Schaffung e<strong>in</strong>es ökologischenSystems, welches letztlich zur Zunahmeder Populationen führt.Dazu müssen die primären Parameter derPopulationen <strong>und</strong> die diese bee<strong>in</strong>flussendenUmweltbed<strong>in</strong>gungen bekannt se<strong>in</strong>.2.1 Primäre Parameter, die diePopulationsdichte derGroßtrappe bee<strong>in</strong>flussenDie Dichte der Population wird von demjeweiligen Verhältnis des gegensätzlichenFaktorpaares der Fruchtbarkeit (Natalität)<strong>und</strong> der Sterblichkeit (Mortalität) bzw. derZu- <strong>und</strong> Abwanderung bestimmt (KREBS1978).Der Gegensatz Natalität – Mortalität wirdam deutlichsten durch e<strong>in</strong> Reproduktionsmodellbeleuchtet (FARAGÓ 1992). DasModell zeigt, daß die Fruchtbarkeit <strong>und</strong> dieDichte erhöht werden können, wenn dafürgesorgt wird, daß- weniger Erstgelege vernichtet werden,- die Embryomortalität (Vernichtung derGelege) herabgesetzt wird,- mehr Jungvögel überleben,- weniger Nachgelege vernichtet werden,- mehr Jungvögel aus Nachgelegen überleben.Je mehr dieser fünf Faktoren durch landschaftsgestalterischeMaßnahmen günstigbee<strong>in</strong>flußt werden können, um so erfolgreicherwird die Reproduktion <strong>und</strong> um soprogressiver wird die Entwicklung derGroßtrappenpopulation se<strong>in</strong>.Heute bewegt sich <strong>in</strong> Ungarn die nach derAufzucht der Jungen aus Erst- <strong>und</strong> Nachgelegebrutberechnete durchschnittlicheNachwuchsrate um 0,60 Jungen/Henne,was im günstigen Fall e<strong>in</strong>e Stagnation, imungünstigen Fall e<strong>in</strong>en langsamen Rückgangzur Folge haben kann.Unter den Bed<strong>in</strong>gungen der extensivenLandwirtschaft <strong>in</strong> Spanien konnte günstigenfallse<strong>in</strong>e Nachwuchsrate von 1,07 bis1,55 Jungen/Henne (ALONSO u. ALON-SO 1990) <strong>und</strong> unter ungarischen Verhältnissen<strong>in</strong>folge der trappenfre<strong>und</strong>lichen Bewirtschaftungvon 1,31 Jungen/Henne(MOSON-PROJECT) erreicht werden (FA-RAGÓ 1992).Die starke Ortsgeb<strong>und</strong>enheit der Trappen,die Bodenständigkeit <strong>und</strong> die höchstensger<strong>in</strong>gfügige Migration der Gruppen haben,da der Austausch der Individuen zwischenden Beständen gewährleistet wurde,die Dichte der Populationen nicht gr<strong>und</strong>legendbee<strong>in</strong>flußt. Der gelegentliche Wegzugder Trappen <strong>in</strong> kalten W<strong>in</strong>tern war nur<strong>in</strong> den 80er Jahren von Bedeutung, als dieBestände Verluste von annähernd 35 %erlitten. Die Ursachen für die Abwanderungkönnen wie folgt benannt werden(FARAGÓ 1990a; 1992):- Auch <strong>in</strong> Mitteleuropa lebt <strong>in</strong> denGroßtrappen latent der Zug<strong>in</strong>st<strong>in</strong>kt, zudessen Manifestierung es e<strong>in</strong>er entsprechendenPeriode <strong>und</strong> klimatischen Lagebedarf.- Der mit e<strong>in</strong>er frühen starken Kältewelle<strong>und</strong> Schnee e<strong>in</strong>hergehende Wettere<strong>in</strong>bruchim Dezember führt zu e<strong>in</strong>erschnellen, im Januar zu e<strong>in</strong>er langsamenAbwanderung.- E<strong>in</strong>e Witterungsverschlechterung imFrühjahr verursacht ke<strong>in</strong>en Vogelzugmehr, jetzt ist der sich auf die Balzplatzsuchekonzentrierende Fortpflanzungs<strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktschon stärker. In dieser Zeit istder Anteil von verendeten Tieren groß.- Die aus Ungarn wegziehenden Trappennehmen die südwestlichen <strong>und</strong> traditionellensüdlichen Vogelzugrouten, so ziehensie vorrangig Richtung Balkan <strong>und</strong>Italien.- Der Vogelzug setzt wahrsche<strong>in</strong>lich eher


14 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 3Jährliche Bestandsveränderung von dreiGroßtrappenpopulationen (FARAGÓ 1992)A: zunehmend, optimales HabitatB: stagnierend, suboptimales HabitatC: zurückgehend, unter stark anthropogenerWirkung stehendes HabitatAnnual change of the stock of three GreatBustard populations (FARAGÓ 1992)A: <strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g, optimal habitatB: stagnat<strong>in</strong>g, suboptimal habitatC: decreas<strong>in</strong>g, habitat be<strong>in</strong>g <strong>und</strong>er a stronganthropogene <strong>in</strong>fluenceAbb. 4Mehrjährige Bestandsentwicklung dreierGroßtrappenpopulationen (A, B, C) (FARAGÓ1992)I. <strong>in</strong> normalen W<strong>in</strong>ternII. bei W<strong>in</strong>terflucht (Verenden) <strong>in</strong>folge harterW<strong>in</strong>terPerennial development of the stock of threeGreat Bustards populations (A, B, C) (FARAGÓ1992)I. <strong>in</strong> normal w<strong>in</strong>tersII. w<strong>in</strong>ter flight because of strong w<strong>in</strong>ter (death)meg elö túzokok - Anteil noch lebender Großtrappen, % portion of still liv<strong>in</strong>g Great Bustardstél - W<strong>in</strong>ter w<strong>in</strong>terköltö populacio - brütende Populationbreed<strong>in</strong>g populationróka - Füchse foxeskaszalás - Mahd cutvarjúfélék - Krähen crowsaratás - Ernte harvestszaporodási ciklus – Vermehrungszyklus – breed<strong>in</strong>g cyclekemény tél – harter W<strong>in</strong>ter – strong w<strong>in</strong>ter


SÁNDOR FARAGÓ : LAGE DES GROSSTRAPPENBESTANDES IN UNGARN UND URSACHEN FÜR DEN BESTANDSRÜCKGANG 15Puszta – Pußta, Steppe – Puszta, steppeEgyéb – sonstiges – otherRense – Raps – rapeLuzerna – Luzerne – lucerneGyep – Grünland – pasturelandAbb. 5Habitatnutzung der Großtrappen<strong>in</strong>dividuen unterschiedlichen Geschlechts <strong>und</strong> Alters (FARAGÓ <strong>und</strong> SZÈLL 1991)Use of habitat by Great Bustards with different sexes and ages (FARAGÓ and SZÈLL 1991)e<strong>in</strong>, wenn e<strong>in</strong> Teil der Population dieseRoute schon e<strong>in</strong>mal (vielleicht sogarmehrere Male) zurückgelegt hat, eventuellführt auch e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerer meteorologischerE<strong>in</strong>fluß zum Vogelzug.- Ist der Zug<strong>in</strong>st<strong>in</strong>kt geweckt, s<strong>in</strong>d dieGroßtrappen mit landschaftsgestalterischeMaßnahmen nicht mehr am Ort zuhalten.- In früheren Zeiträumen wurden dieZugverluste während e<strong>in</strong>iger Fortpflanzungszyklenvon den Populationenkompensiert, heute s<strong>in</strong>d sie dazu wegender ger<strong>in</strong>gen Natalität so gut wie nichtmehr <strong>in</strong> der Lage.In harten W<strong>in</strong>tern ist damit zu rechnen,daß der ungarische Großtrappenbestandweitere Verluste erleiden wird, die nurdurch e<strong>in</strong>e Erhöhung der Fruchtbarkeit zukompensieren s<strong>in</strong>d.Die populationsdynamischen Modelle stellendie jährliche oder mehrjährige Bestandsentwicklunge<strong>in</strong>er Population <strong>in</strong> Abhängigkeitvon den Hauptfaktoren dar(Abb. 3 bis 4).Beim Jahresmodell s<strong>in</strong>d Elemente des aufdie Fortpflanzungsperioden bezogenenReproduktionsmodells zu erkennen. In e<strong>in</strong>erPopulation, <strong>in</strong> der die Embryomortalitätniedrig <strong>und</strong> auch die Kükensterblichkeit<strong>und</strong> die w<strong>in</strong>terlichen Verluste ger<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>d (Population „A“), ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr sogarre<strong>in</strong>e 70- bis 80%ige Zunahme der Individuenzahlzu erreichen. Bei durchschnittlichenAuswirkungen („Population„B“) – wie sie heute <strong>in</strong> Ungarn kennzeichnends<strong>in</strong>d – ist e<strong>in</strong>e Stagnation festzustellen.Dort, wo bei e<strong>in</strong>er durchschnittlichenEmbryomortalität die Kontrolle der Prädatorenvernachlässigt wird oder auchErnährungsprobleme im W<strong>in</strong>ter auftreten,s<strong>in</strong>kt die Größe der Population (Population„C“). Sieht man sich die mehrjährige Dynamikdieser drei charakteristischenGr<strong>und</strong>typen an, ist erkennbar, daß sich diePopulation „A“ <strong>in</strong>nerhalb weniger Jahrevervielfachen kann, die Population „B“stagniert, <strong>und</strong> die Population „C“ stirbtlangsam aus. Tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em oder mehrerenW<strong>in</strong>tern wegen des strengen Frostes e<strong>in</strong>Vogelzug oder Verenden e<strong>in</strong>, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>zigdie Populationen vom Typ „A“ <strong>in</strong> derLage, sich zu regenerieren, die Typen „B“stagnieren weiter auf niedrigerem Niveau<strong>und</strong> das Aussterben der Typen „C“ wirdbeschleunigt.Die Modelle bestätigen anschaulich, daßdie Schutzmaßnahmen erfolgreich s<strong>in</strong>d,wenn die Populationen e<strong>in</strong>e wenigstensm<strong>in</strong>imale jährliche Bestandszunahme zeigen.Diese ist nur zu erreichen, wenn dieUmweltfaktoren, die die Mortalität bestimmen,aufgedeckt werden <strong>und</strong> <strong>in</strong> derenKenntnis e<strong>in</strong>e Schutzstrategie entwickeltwird.2.2 Umweltfaktoren, die dieDichte der Großtrappenpopulationenbee<strong>in</strong>flussenDer Schutz der Großtrappenpopulationenist ohne Kenntnis der Ansprüche, die dieGroßtrappen an die Umwelt stellen, e<strong>in</strong>hoffnungsloses Unterfangen <strong>und</strong> kann nure<strong>in</strong>e symptomatische Behandlung se<strong>in</strong>.Die durch die Umwelt ausgelösten Reaktionsnormene<strong>in</strong>er Art s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerhalb bestimmterGrenzen erblich bed<strong>in</strong>gt. Betrachtetman die Umweltgegebenheitendes Großtrappenareals, s<strong>in</strong>d die Großtrappenals e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> weiten Grenzen tolerante,euryöke Art anzusehen. Da sie mehreren


16 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Tabelle 1: Als Großtrappennistplatz gewertete Bonität der Agrarhabitate(FARAGÓ 1993b)5 4 3 2 1W<strong>in</strong>terweizen Raps Luzerneneusaat Zuckerrüben stehender MaisW<strong>in</strong>tergerste Erbsen Sonnenblumen Silomais HybridmaisSommergerste Kartoffeln Silomais (g)Roggen Handelsmais Roggen (g)BracheHaferg = grün verfüttert, stetig geerntetW<strong>in</strong>tergerste (g)Grasklee (g)ZichorieMais, GemüseGood agricultural habitats for the use as breed<strong>in</strong>g places of Great Bustards (FARAGÓ1993b)Tabelle 2: Wertung der Flächen des LAJTA- <strong>und</strong>MOSON-PROJEKTES h<strong>in</strong>sichtlich des Nistens der Großtrappen(FARAGÓ 1993b)Kategorie LAJTA-PROJEKT MOSON-PROJEKTVol.-% Red.-Vol.-% Vol.-% Red.Vol.-%5 36,70 (x 1,00) 36,70 67,85 (x 1,00) 67,854 11,49 (x 0,75) 8,62 14,37 (x 0,75) 10,783 11,45 (x 0,50) 5,73 0,00 0,002 16,44 (x 0,25) 4,11 0,00 0,001 23,92 (x 0,00) 0,00 17,78 (x 0,00) 0,00Insgesamt 100,0 56,16 100,0 78,63Evaluation of areas of two projects (LAJTA-, MOSON-PROJECT) regard<strong>in</strong>g the breed<strong>in</strong>gof Great Bustards (FARAGÓ 1993b)Faktoren gegenüber euryök s<strong>in</strong>d, habensie folglich e<strong>in</strong>e große ökologische Valenz.Das heißt: Es handelt sich nicht um e<strong>in</strong>e„ermüdete, alte“ Art, sondern um e<strong>in</strong>e derRettung bedürfenden <strong>und</strong> gleichzeitigauch dafür „geeignete“ Art.Die Großtrappen s<strong>in</strong>d Glieder komplizierterUmweltsysteme. Die Wahl des Habitatsist als Resultat der Umweltbed<strong>in</strong>gungen zuwerten.Aufgr<strong>und</strong> der Analyse der Habitatswahlvon annähernd 9 000 Vögeln (Abb. 5) <strong>und</strong>des Vorkommens von 860 Nestern kanngesagt werden, daß die Großtrappen heute<strong>in</strong> Ungarn überwiegend <strong>in</strong> landwirtschaftlichemUmfeld leben (FARAGÓ <strong>und</strong>SZÉLL 1991; FARAGÓ 1992). Die Bestandsdichteder <strong>in</strong> diesem Umfeld lebendenPopulationen wird über die vierprimären Hauptparameter der Populationendurch die Struktur des Habitats, dieNahrungsquelle, die landwirtschaftlichentechnologischen Prozesse, die Witterungsfaktoren<strong>und</strong> die Prädatoren bestimmt(PANEK 1988).Die veränderten günstigen Bed<strong>in</strong>gungenauf landwirtschaftlich genutzten Flächen(im Vergleich zu den ursprünglichen Lebensräumen,der Steppe) führen dazu, daßGroßtrappen diese Flächen bevorzugt alsLebens- <strong>und</strong> Brutraum nutzen. FolgendeUrsachen s<strong>in</strong>d dafür zu nennen:- Die Struktur des Lebensraumes war <strong>und</strong>ist e<strong>in</strong>e Gewähr für die Lebensbed<strong>in</strong>gungenbei großbetrieblicher Pflanzenproduktion(e<strong>in</strong>stige Großgr<strong>und</strong>besitze,Staatsgüter, Produktionsgenossenschaften)das ganze Jahr h<strong>in</strong>durch.- Die Bestandsstruktur der wichtigstenBruthabitate ist geeignet, die Gelege zuverbergen. Die verschiedenen Kulturensichern während der Jugenaufzucht dieentsprechende Habitatsdiversität (FA-RAGÓ 1989).- Von den mikroklimatischen Verhältnissender Bruthabitate her s<strong>in</strong>d Agrarhabitateam günstigsten, weil sie frei von Extremendie äußeren mikroklimatischenBed<strong>in</strong>gungen für die Bebrütung der Eiergewährleisten. Die ger<strong>in</strong>gere Amplitudeder Boden- <strong>und</strong> Lufttemperatur bzw. derrelativen Luftfeuchtigkeit ist e<strong>in</strong>e Voraussetzungfür den erfolgreicherenSchlupf der Küken (FARAGÓ 1981,1986).- In der Periode der Kükenaufzucht erweisensich die mikroklimatischen Verhältnisseder Agrarhabitate ebenfalls alsgünstig. Das äußert sich <strong>in</strong> der erhöhtenAnzahl der Arthropoden als Nahrungsgr<strong>und</strong>lagefür die Küken sowie im ausgeprägtenKomfortverhalten der Küken(FARAGÓ 1987b, 1992).- Die Agrarhabitate bieten beim Nisten<strong>und</strong> bei der Jungenaufzucht <strong>in</strong> UngarnNahrung tierischen Ursprungs <strong>in</strong> entsprechenderMenge <strong>und</strong> Qualität (FA-RAGÓ 1987, 1990b).- Das Nahrungsangebot der angebautenKulturen mit unterschiedlicher Saatzeit,Wachstumsperiode <strong>und</strong> somit Erntezeitergänzt oder ersetzt teilweise die durchdie zurückgedrängten oder abgeerntetenHabitate gebotenen Nahrungsquellen(FARAGÓ 1992).- Die wichtigste Nahrungspflanze derGroßtrappen ist im W<strong>in</strong>ter der Raps, dieBeziehung zu dieser angebauten Pflanzebzw. die B<strong>in</strong>dung an deren Umgebungweist ebenfalls auf e<strong>in</strong>e Habitatsveränderung(FODOR et al. 1971; STERBETZ1980, KOVÁCS 1993).All diese Faktoren haben dazu geführt, daßdie Großtrappen seit Beg<strong>in</strong>n der landwirtschaftlichenProduktion Teil des agrarökologischen<strong>und</strong> ökonomischen Systems zwischenMensch <strong>und</strong> Umwelt s<strong>in</strong>d.Die gegenwärtig hauptsächlich durchAgrarhabitate charakterisierten Lebensräume– <strong>in</strong> denen sich die Großtrappe heuteauf dem Gebiet ihres gesamten Arealsvermehrt – s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> widersprüchliches Umfeldgeworden, da ihre Umweltfaktorenfür den Nestbau geeignet – sogar geeigneterals <strong>in</strong> den Steppengebieten – s<strong>in</strong>d, jedochdie später durchgeführten landwirtschaftlichenArbeiten auch die Vernichtungder „angelockten“ Großtrappen bedeuten.Natürlich können die angebauten Pflanzennicht gleichrangig als Bruthabitat gewertetwerden. Sie werden nach e<strong>in</strong>er fünfstufigenSkala bewertet (FARAGÓ 1993b):5 sehr günstig: beim Brüten werden ke<strong>in</strong>eoder wenige Arbeiten durchgeführt,4 günstig: Arbeiten werden selten durchgeführt,jedoch bei der Ernte könnendie Nachgelege vernichtet werden,3 mittelmäßig: nur während der Bebrütungvon Nachgelegen werden ke<strong>in</strong>eArbeiten durchgeführt,2 ungünstig: <strong>in</strong>folge der Sommersaats<strong>in</strong>d nur Nachgelege erfolgreich,1 sehr ungünstig: wegen der Mahd oderder <strong>in</strong>tensiven Technologie wird sowohldas Erst- als auch das Nachgelegevernichtet.


SÁNDOR FARAGÓ : LAGE DES GROSSTRAPPENBESTANDES IN UNGARN UND URSACHEN FÜR DEN BESTANDSRÜCKGANG 17Der Rang der angebauten Pflanzen <strong>in</strong>nerhalbder angegebenen Kategorien ist <strong>in</strong> derTabelle 1 zu f<strong>in</strong>den.Dementsprechend können Gebiete <strong>und</strong>Lebensräume von Trappenpopulationengewertet werden. E<strong>in</strong> Gebiet ist um sogünstiger, je ger<strong>in</strong>ger der Anteil der Kategorien3, 2 <strong>und</strong> 1 ist. Mit den so gewonnenenWerten können auch die Lebensräumeder verschiedenen Trappen mite<strong>in</strong>anderverglichen werden, was am Beispielder Gebietsangaben für das LAJTA-PRO-JECT <strong>und</strong> das MOSON-PROJECT <strong>in</strong> Westungarnvorgestellt wird (Tabelle 2).Bei der Bewertung der Gebiete wird zuerstder prozentuale Anteil der zu den e<strong>in</strong>zelnenKategorien gehörenden Flächen angegeben,dann werden diese mit der Wichtezahlder Kategorien (mit e<strong>in</strong>em Faktor)multipliziert, der der Wertigkeit der Kategorienentspricht:Kategorie 5: 1.00Kategorie 4: 0,75Kategorie 3: 0.50Kategorie 2: 0.25Kategorie 1: 0.00Dadurch erhält man die reduzierte Fläche,die zum Ausdruck br<strong>in</strong>gt, wieviel Prozentder erhaltene Wert vom Maximum ausmacht.100 % stehen für den Zustand,wenn sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet nur Habitateder 5. Kategorie bef<strong>in</strong>den. Der Unterschiedzwischen den bewerteten zwei Gebietenwird an der Tatsache deutlich, daß<strong>in</strong> den annähernd gleich großen Populationenim Jahre 1992 im LAJTA-PROJECT 3<strong>und</strong> im MOSON-PROJECT 17 aufgezogeneJunge nachgewiesen werden konnten.Zwischen den beiden Gebieten gibt es e<strong>in</strong>engr<strong>und</strong>legenden Unterschied <strong>in</strong> der Bewirtschaftung,was die Intensität <strong>und</strong> dieangewandten Technologien anbelangt.3. SchlußfolgerungenDer vorstehend skizzierte Bestandsrückgangökologischen Ursprungs kann nurdurch e<strong>in</strong>e auf gleicher Anschauung beruhendeSchutzstrategie gestoppt bzw. umgekehrtwerden. Es müssen vor allem dienegativen Auswirkungen des widersprüchlichenUmfeldes im Freiland überw<strong>und</strong>enwerden. Nur dann kann man sicherse<strong>in</strong>, daß es im dritten Jahrtausendnoch Großtrappen im Karpatenbecken gebenwird. All diese Probleme treten auch <strong>in</strong>den übrigen Gebieten des Areals als Folgeder <strong>in</strong>tensiven Landwirtschaft auf. Die auslösendenUrsachen <strong>und</strong> die Antworten zuihrer Lösung s<strong>in</strong>d s<strong>in</strong>ngemäß <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnenVerbreitungsgebieten jedoch unterschiedlich.In jedem Land <strong>und</strong> sogar <strong>in</strong> jederPopulation müssen die Ursachen, diezu den Bestandsm<strong>in</strong>derungen führen, gesondertaufgedeckt werden, <strong>und</strong> im Spiegeldes ökologischen Zustandes s<strong>in</strong>d diefür jede Population spezifischen Wege derSchutzstrategie herauszuf<strong>in</strong>den <strong>und</strong>durchzusetzen.4. ZusammenfassungDer Rückgang von 8 000 Großtrappen umdie Jahrh<strong>und</strong>ertwende bis auf gegenwärtigetwa 1 100 bis 1 300 Exemplare <strong>in</strong> Ungarnist neben den Kriegsauswirkungen, denÄnderungen der Jagdverhältnisse <strong>und</strong> derBodenreform im wesentlichen auf ökologischeUrsachen sowie die Intensivierungder Landwirtschaft zurückzuführen. DerVernichtung der Gelege, Embryonen <strong>und</strong>Jungvögel kann wiederum nur durch ökologischeMethoden gegengesteuert werden.Der Wegzug der Trappen als Schlüsselfaktorfür die Bestandsabnahme zeigtesich nur <strong>in</strong> den 80er Jahren, als e<strong>in</strong> frühzeitigerKältee<strong>in</strong>bruch den Zug<strong>in</strong>st<strong>in</strong>kt derTiere weckte. Im wesentlichen müssenaber die negativen Auswirkungen des widersprüchlichenUmfeldes beim Bestandsschutzim Freiland überw<strong>und</strong>en werden,damit auch im nächsten Jahrtausend dieGroßtrappe im Karpatenbecken noch vorzuf<strong>in</strong>denist.SummaryThe decrease from 8000 Great Bustards tonearly 1 100 to 1 300 <strong>in</strong> Hungary from theturn of the century up to now has been putdown to ma<strong>in</strong>ly ecological reasons, thatmeans to the <strong>in</strong>tensification of agricultureapart from the effects of the war, the changesof hunt<strong>in</strong>g conditions and the redistributionof land. The destruction of nests,embryos and juvenile birds can only be reducedby ecological methods. The trail ofthe Bustards as a key factor for the decreasecould only be realized <strong>in</strong> the 80s whenan early cold spell aroused the <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ct ofthe animals to trail. But the negative effectsof the contradictory surro<strong>und</strong><strong>in</strong>gs concern<strong>in</strong>gthe protection of livestock <strong>in</strong> thefield have to be essentially surmounted sothat the Great Bustard will also still be there<strong>in</strong> the bas<strong>in</strong> of the Carpathians.LiteraturverzeichnisALONSO, J. C. and ALONSO, J. A. (ed.) 1990: Parametrosdemo graficos, seleccion de habitat y distributionde 1a avutarda (Otis tarda) en tres regionesEspanolas.Colección Técnica, ICONA-F.E.P.M.A. MadridFARAGÓ, S. 1981: Vergleichs-Mikroklima-Untersuchung<strong>in</strong> den wichtigeren Nistbiotopen der Großtrappe(Otis t. tarda L.) <strong>in</strong> der Hanság. Vadbiológiai Kutatás27. Nimród Fórum März 1981: 25 - 32FARAGÓ, S. 1986: Investigations on the nest<strong>in</strong>g ecologyof the Great Bustard (Otis tarda L. 1758) <strong>in</strong> theDévaványa Nature Consevation District I. ComparativceStudies of Microlimate. Aquila 92: 133 - 173FARAGÓ, S. 1987a: Der Großtrappenbestand (Otistarda L.) Ungarns. Proceed<strong>in</strong>gs of the C.I.C. Symposium<strong>in</strong> Budapest on June 2nd 1987: 27 - 42FARAGÓ, S. 1987b: Investigation <strong>in</strong> breed<strong>in</strong>g ecologyof Great Bustard (Otis tarda) <strong>in</strong> the Dévaványa NatureConservation District II. Comparative study of foodavailability. Aquila 95: 123 - 141FARAGÓ, S. 1989: E<strong>in</strong>fluß der Landwirtschaft auf denBestand der Großtrappen (Otis tarda L.) <strong>in</strong> Ungarn.Nimród Fórum Oktover 1989: 12 - 30FARAGÓ, S. 1990a: The effect of heavy w<strong>in</strong>ters on Bustard(Otis tarda L.) populations <strong>in</strong> Hungary (ung.). ÀllattanniKözlemények 76: 51 - 62FARAGÓ, S. 1990b: Untersuchungen über die Nahrungsbasistierischer Herkunft des Federwildes <strong>in</strong> denAgrargebieten Ungarns II. Mosonszolnok (Kle<strong>in</strong>e Tiefebene)(ung.). Erdészeti és Faipari Tudományos Közlemények1989 (2): 193 - 308FARAGÓ, S. 1991: Die Großtrappe <strong>in</strong> Ungarn (ung.).Budapest VenatusFARAGÓ, S. 1992: Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen für denErhalt des Bestandes der Großtrappen (Otis tarda L.) <strong>in</strong>Ungarn. Sopron. Dissertation, pp. 131 +FARAGÓ, S. 1993a: Development of Great Bustardpopulations <strong>in</strong> Hungary <strong>in</strong> the period 1981 - 1990. FoliaZoologica 42 (3): 221 - 236FARAGÓ, S. 1993b: Möglichkeiten des Erhalts derwildlebenden Tierarten <strong>in</strong> landwirtschaftlicher Umgebung<strong>in</strong> Ungarn. WWF-füzetek 4, pp. 24, BudapestFARAGÓ, S. u. Széll, A. 1991: Choice of habitat andflock formation of Great Bustards <strong>in</strong> Hungary In:Csányi, S. and Ernhaft, J. (ed.): Transactions of XXthCongress of the IUGB, Part 2: 435 - 441FODOR, T. 1975: Bestandsänderung der Großtrappenpopulation<strong>in</strong> Ungarn bis zum Jahre 1973. Aquila80 - 81: 121 - 138FODOR, T.; NAGY, L. u. STERBETZ, I. 1971: DieGroßtrappe (ung.) Budapest. Mezógazdasági KiadóKOVÁCS, G. 1993: Study of the colony and habitats ofthe Great Bustard (Otis tarda L.) <strong>in</strong> the region of theHortobágy between 1975 and 1992 (ung.). Aquila100: 151 - 159KREBS, Ch. J. 1978: Ecology the experimental analysisof distribution and ab<strong>und</strong>ance. Second edition. Harperand Row Publishers, New York, Hagerstown, San Francisco,LondonPANEK, M. 1988: Conception of a study on the function<strong>in</strong>gof the partridge population <strong>und</strong>er environmentalconditions of Poland. Common Partridge InternationalSymposium, Poland ‘85: 273 - 276STERBETZ, I. 1979: Der Großtrappenbestand Ungarnsim Jahre 1977 (ung.) Állattani Közlemények 65: 127 -136STERBETZ, I. 1980: Investigations <strong>in</strong>to the nutrition ofthe Great Bustard (Otis t. tarda L.) <strong>in</strong> the w<strong>in</strong>ter aspectof 1977/1978. Aquila 86: 93 - 100VerfasserProf. Sándor FaragóLehrstuhl für WildwirtschaftUniversität für Forst- <strong>und</strong> HolzwirtschaftenBajczsy-Zs.u. 4H-9400 Sopron


18 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 18-20DIMITER GEORGIEVVorkommen <strong>und</strong> Schutz der Großtrappe (Otis t. tarda L.,1758) <strong>in</strong> Bulgarien1. E<strong>in</strong>leitungDie Großtrappe war <strong>in</strong> Bulgarien zu ke<strong>in</strong>erZeit Gegenstand spezieller <strong>und</strong> zielgerichteterForschungen. Deshalb s<strong>in</strong>d die vorliegendenBestandsschätzungen mit hohenUnsicherheiten behaftet. Angaben zu Bestandszahlenstützen sich auf gelegentlicheBeobachtungen von Ornithologen beider Feldarbeit zu anderen Vogelarten sowieauf Informationen der <strong>in</strong> diesen Gebietenlebenden Bauern oder Jäger, wobeidie von den Jägern vorgelegten Zahlen kritischzu bewerten s<strong>in</strong>d. Als Ergebnis e<strong>in</strong>ergründlichen Forschungstätigkeit würdensich für den Nordosten <strong>und</strong> andere Landesteilemit Sicherheit höhere Bestandszahlenergeben.2. Bestand <strong>und</strong>BestandsentwicklungZu Beg<strong>in</strong>n dieses Jahrh<strong>und</strong>erts lebten dieGroßtrappen <strong>in</strong> Bulgarien hauptsächlich <strong>in</strong>drei Regionen (vgl. Abb.1).Die Bestände umfaßten etwa 200 Tiere,leider fehlen jegliche Angaben über Bruthennen,das Geschlechtsverhältnis <strong>und</strong> dieAnzahl der Tiere <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Verbreitungsgebieten.Im Nordwesten <strong>und</strong> Südosten des Landeshat sich der Brutvogelbestand bis Ende der40er Jahre kont<strong>in</strong>uierlich zugenommen.Danach jedoch wurden nur <strong>in</strong> schwerenW<strong>in</strong>tern <strong>und</strong> während der Zugperiode kle<strong>in</strong>eGruppen von höchstens e<strong>in</strong>igen Dutzendbeobachtet. Allgeme<strong>in</strong> bestanden diebevorzugten Lebensräume <strong>in</strong> diesen Regionenaus natürlichen <strong>und</strong> naturnahenWiesen <strong>und</strong> Weiden, weniger aus extensivgenutztem Ackerland.Es ist anzunehmen, daß die <strong>in</strong>tensiv betriebeneLandwirtschaft, <strong>in</strong>sbesondere dasUmpflügen, die Tiere verdrängt hat.In dem <strong>in</strong> Nordostbulgarien gelegenendritten Gebiet hat die Großtrappe bis <strong>in</strong> diefrühen 80er Jahre gebrütet. Der letzte bestätigteBrutnachweis (e<strong>in</strong>e Henne mit dreiJungen) stammt aus dem Jahre 1983. Fürdie Jahre danach liegen aus den SommerperiodenBeobachtungen von Hennenoder Jungvögeln <strong>in</strong> Gruppen zwischen 5<strong>und</strong> 20 Tieren vor. Darüber h<strong>in</strong>aus gab esim Sommer 1994 e<strong>in</strong>e unbestätigte Meldungüber e<strong>in</strong>e brütende Henne. Auchwerden weiterh<strong>in</strong> fast <strong>in</strong> jedem W<strong>in</strong>terHerden von bis zu 40 Trappen beobachtet.Entsprechende Sichtungen überraschenkaum, denn <strong>in</strong> diesem Teil Bulgariens befandensich großräumige landwirtschaftlichnicht genutzte Steppengebiete, vondenen jedoch e<strong>in</strong> Großteil <strong>in</strong> den 50er bish<strong>in</strong> zu den 70er Jahren unter den Pflug genommenwurde. Nur e<strong>in</strong>ige kle<strong>in</strong>e Landstrichehaben bis heute ihre Ursprünglichkeitbewahrt. Trotz der <strong>in</strong>tensiven landwirtschaftlichenNutzung des Bodens bis <strong>in</strong>die 80er Jahre h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, nutzten e<strong>in</strong>ige Tiereim W<strong>in</strong>ter brachliegende Felder sowie Luzerneschläge.Auch nach der politischenWende 1989 <strong>und</strong> während der laufendenLandrückgabe gab es zahlreiche zeitweiligungenutzte Ländereien, die für dieGroßtrappen besonders zur Zeit der Fortpflanzunggeeignete Lebensräume darstellen.Da die Hennen mit 3 bis 4 Jahren <strong>und</strong> dieHähne mit 5 bis 6 Jahren geschlechtsreifAbb. 1Hauptverbreitungsgebiete der Großtrappe zur Brut-, Zugzeit <strong>und</strong>im W<strong>in</strong>ter <strong>in</strong> BulgarienMa<strong>in</strong> spread<strong>in</strong>g areas of the Great Bustard <strong>in</strong> Bulgaria (breed<strong>in</strong>gseason, migration phases and dur<strong>in</strong>g w<strong>in</strong>ter)bis Ende 1969 till the end of 1969ab 1970 from 1970


DIMITER GEORGIEV: VORKOMMEN UND SCHUTZ DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) IN BULGARIEN 19Abb. 2Lebensräume der Großtrappe <strong>in</strong> Bulgarien nach 1970Habitats of Great Bustards <strong>in</strong> Bulgaria after 1970Überw<strong>in</strong>terungsgebiete – w<strong>in</strong>ter<strong>in</strong>g gro<strong>und</strong>sGebiete mit Sommernachweisen der Großtrappe – areas withproved presence of Great Bustards <strong>in</strong> summersichere <strong>und</strong> wahrsche<strong>in</strong>liche Brutplätze – certa<strong>in</strong> and possibleplaces to breedwerden, ist es denkbar, daß lediglich Jungtiere<strong>in</strong> Bulgarien verbleiben <strong>und</strong> sich südlichder Brutgebiete aufhalten. Legt mandiese Annahme zugr<strong>und</strong>e, läßt sich folgern,daß es gegenwärtig nur noch 10 bis15 Trappen <strong>in</strong> Bulgarien gibt (Abb. 2).3. SchutzmaßnahmenMit dem Inkrafttreten des bulgarischen<strong>Naturschutz</strong>gesetzes im Jahre 1962 s<strong>in</strong>dSchutzmaßnahmen für die Großtrappee<strong>in</strong>geleitet worden, die jedoch nicht wirksamwurden. Trotz der Unterschutzstellungwurde e<strong>in</strong> natürlicher Steppenbereichvon 3 600 ha im Nordosten des Landes1962 illegal umgepflügt.Lediglich <strong>in</strong> der Dobrudscha s<strong>in</strong>d im Sommer1994 für kle<strong>in</strong>e Flächen Schutzmaßnahmenerarbeitet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>geleitet worden,die jedoch ke<strong>in</strong>e tiefgreifende Veränderungenverursachen. Hier bef<strong>in</strong>den sichdas letzte Brutgebiet <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Bereich, <strong>in</strong>dem Großtrappen regelmäßig überw<strong>in</strong>tern.Aus dem Sommer 1994 liegen Beobachtungenvon 10 E<strong>in</strong>zeltieren sowie von e<strong>in</strong>emvermuteten Brutplatz vor. Die Zahlder <strong>in</strong> Bulgarien überw<strong>in</strong>ternden Vögelliegt zwischen 20 <strong>und</strong> 40. Die stichprobenhaftdurchgeführte W<strong>in</strong>terzählung1994/95 bestätigte diese Bestandszahlen.Da die Hauptursache für das Verschw<strong>in</strong>denbrütender Trappen <strong>in</strong> Bulgarien imVerlust von geeigneten Lebensräumen zusuchen ist, gilt der Pacht von Land für e<strong>in</strong>eextensive landwirtschaftliche Nutzung sowieder Wiederherstellung der <strong>in</strong> der Vergangenheitdurch Umpflügen verlorengegangenennatürlichen Steppenlandschaftbesondere Aufmerksamkeit.Unter diesen Aspekten wurden 2 100 halandwirtschaftlich genutzter Flächen imNordosten Bulgariens, die sich <strong>in</strong> staatlicheroder kommunaler Hand bef<strong>in</strong>den,untersucht <strong>und</strong> ausgewertet. Wegender beträchtlichen Pachtgebühren bzw.Bodenpreise blieben private Ländereienunberücksichtigt. Die Eigentümer von1 250 ha <strong>in</strong> dieser Region können ihr Landfür e<strong>in</strong>e trappengerechte landwirtschaftlicheNutzung lediglich <strong>in</strong> begrenztem Rahmenzur Verfügung stellen. Möglichkeitene<strong>in</strong>er Umwandlung <strong>in</strong> Weidegebiete oderFlächenstillegungen können nicht berücksichtigtwerden. Von der Vere<strong>in</strong>igung „LeBalkan“ wurden bisher 200 ha als Teil e<strong>in</strong>esProjekts gepachtet, um hier überw<strong>in</strong>terndenWildgänsen ungestörte <strong>und</strong> sichereMöglichkeiten der Futteraufnahme zubieten. Es sollen daher <strong>in</strong> diesem Gebietausschließlich Getreidekulturen angebautwerden, die wiederum von den Großtrappenals Gelegestandort bevorzugt werden.E<strong>in</strong> Ornithologe aus der Warnaer Gruppedes Bulgarischen Verbands für Vogelschutzberät den Vorstand des landwirtschaftlichenUnternehmens bei der Bewirtschaftungdieses Gebietes, so daß auch e<strong>in</strong>igeBed<strong>in</strong>gungen für den Bestandsschutz derGroßtrappe durchgesetzt werden können.Das gilt zum Beispiel für Brache, Fruchtfolge,späteres E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen der Ernte, die Unterlassungdes E<strong>in</strong>satzes von Chemikalien<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Bewachung der Lebensräume.Auch angrenzende Flächen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieseÜberwachung e<strong>in</strong>bezogen worden. Weiterh<strong>in</strong>werden die Bemühungen fortgesetzt,auch den verbleibenden Anteil vonLand zu pachten.Mit Zustimmung der Eigentümer <strong>und</strong> Nutzerwurde dem Landwirtschaftsm<strong>in</strong>isteriumder Vorschlag unterbreitet, die vor 30Jahren unter den Pflug genommenen restlichen850 ha als typische Weide oder alsSteppenfläche wiederherzustellen. Derentsprechenden Umnutzung als Weidelandhat das M<strong>in</strong>isterium jedoch lediglichfür 360 ha zugestimmt. Es handelt sich umdas Gebiet, aus dem die letzte bestätigteBrut e<strong>in</strong>er Henne <strong>und</strong> die beobachtetenJungtiere stammen. Ebenso kommt ausdem Sommer 1994 die e<strong>in</strong>zige wahrsche<strong>in</strong>licheBrutmeldung aus diesem Bereich.Auch wenn die Nutzungskonzeptefür die verbleibenden Ländereien vorerstnicht geändert werden, will der BulgarischeVerband für Vogelschutz alternativePläne für das gesamte 850 ha umfassendeGebiet vorlegen, um unter E<strong>in</strong>beziehungunterschiedlicher Schutzmaßnahmen fürverschiedene Lebensräume aus <strong>Naturschutz</strong>sichtEntwicklungsmöglichkeiten zukonzipieren.E<strong>in</strong> weiterer Aspekt der Arbeit zum Schutz


20 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 3Im NordostenBulgariens gibt esgegenwärtig nurnoch sehr wenigenaturnaheLebensräume derGroßtrappe. In derRegel wird dieLandschaft<strong>in</strong>tensivackerbaulichgenutzt.Foto: B. BlockIn the north-eastof Bulgaria thereare only fewnatural habitatsfor GreatBustards. Thelandscape ismostly used<strong>in</strong>tensively byagriculture.der Trappenbestände befaßte sich mit derFrage von rechtlichen Sanktionen für denFall von Verstößen gegen das 1962 verkündetestrenge Bejagungsverbot oder dieSchutzbestimmungen. Für solche Fälle iste<strong>in</strong>e Geldstrafe <strong>in</strong> Höhe von 30 000 Lewa(ca. 460 Dollar) vorgesehen, die spätestenszum Ende des laufenden Jahres wirksamwerden muß. Zum gegenwärtigen Zeitpunktgibt es hauptsächlich wegen fehlenderbestätigter Brutnachweise noch ke<strong>in</strong>eBemühungen, zeitweilige oder ständigeSchutzgebiete e<strong>in</strong>zurichten.Selbstverständlich müssen alle Schutzmaßnahmen<strong>und</strong> die Betreuung mit e<strong>in</strong>er detaillierten<strong>und</strong> <strong>in</strong>tensiven Überwachungder sich veränderndern Populationsgrößen<strong>in</strong> den Überw<strong>in</strong>terungsgebieten <strong>und</strong> anpotentiellen Brutplätzen e<strong>in</strong>hergehen.Entsprechende Beobachtungen stehen unterder Schirmherrschaft des M<strong>in</strong>isteriumsfür Umweltfragen; sie dienen der Suchenach geeigneten Steppengebieten <strong>und</strong> naturnahenBereichen sowie der Erarbeitungvon Maßnahmen zum Schutz derGroßtrappe. Die dafür benötigten Mittelwerden im Rahmen e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>sam vonder Schweiz <strong>und</strong> Bulgarien durchgeführtenSchutzprogramms zur Erhaltung der Artenvielfaltvon der schweizerischen Regierungzur Verfügung gestellt. E<strong>in</strong> wesentlichesKriterium für die Festlegung solcherLebensräume bilden Beobachtungen vonbrütenden oder überw<strong>in</strong>ternden Großtrappen.Der Bulgarische Verband für Vogelschutzübernimmt <strong>in</strong> diesem Projekt dieErfassung der gesamten Avifauna, e<strong>in</strong>schließlichder als Lebensräume fürGroßtrappen geeigneten geographischenBereiche. Mit der Umsetzung dieses Projektswird die Hoffnung auf die Erhaltungder Großtrappe <strong>in</strong> Bulgarien verknüpft.4. ZusammenfassungDer Autor schildert den Rückgang dergesicherten Trappenbeobachtungen vonetwa 200 Exemplaren Anfang des 20.Jahrh<strong>und</strong>erts auf gegenwärtig etwa 15Tiere. Da es ke<strong>in</strong>e regelmäßige <strong>und</strong> zielgerichteteForschungsarbeit zur Großtrappegibt, ist anzunehmen, daß die wirklicheZahl etwas höher liegt. Der e<strong>in</strong>schneidendeRückgang der Art ist <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie daraufzurückzuführen, daß geeignete Lebensräumedurch die <strong>in</strong>tensive landwirtschaftlicheNutzung von früher naturbelassenenRäumen verloreng<strong>in</strong>gen (Abb.3).Um dieser Tendenz entgegenzuwirken<strong>und</strong> das begonnene Schutzprogramm zuunterstützen, berät der Bulgarische Vogelschutzverbandlandwirtschaftliche Betriebebei der Nutzung von Flächen <strong>und</strong> befürwortetauch e<strong>in</strong>e Umnutzung <strong>in</strong>tensivgenutzter Flächen als Weideland. Mittlerweiles<strong>in</strong>d die Trappenbestände geschützt<strong>und</strong> für den Fall der Nichte<strong>in</strong>haltung vonSchutzbestimmungen drohen f<strong>in</strong>anzielleSanktionen.Voraussetzung für die E<strong>in</strong>richtung zeitweiligeroder ständiger Schutzgebiete ist dieErmittlung bestätigter Brutplätze.SummaryThe author states that the number of confirmedobservations of the Great Bustardfell from 200 to some 15. As no regularand purposeful research efforts exist, thetrue figure may be a little higher. A greatdrop cannot be denied, however, and thisis ma<strong>in</strong>ly due to <strong>in</strong>tensive agricultural useof lands formerly left alone.To strengthen the Great Bustard populationand <strong>in</strong> support of an action plan, theBulgarian Society for the Protection ofBirds advises farmers on appropriate landuseand favours the conversion of <strong>in</strong>tensively-usedacreage <strong>in</strong>to pastures. Great Bustardsare protected by law, any offences<strong>in</strong>voke f<strong>in</strong>es. Temporary or permanentprotected areas can only be established afterconfirmed observations of breed<strong>in</strong>gbirds.LiteraturAkademie der Wissenschaften Bulgariens (Ausschußfür Umweltschutz beim M<strong>in</strong>isterrat Bulgariens) 1985:Rotes Buch von Bulgarien – Tiere. Bd. 2. - Sofia: 101-102SIMEONOW, S. u. MITSCHEW, T. 1990: Fauna Bulgaria.Aves Teil I. Akademie der Wissenschaften Bulgariens.-Sofia: 273-276VerfasserDimiter GeorgievBulgarische Gesellschaft zum Schutzder VögelPO. box 492BG-9000 Varna


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 21-23 21ALEXANDER ANTONCHIKOVDie Großtrappenpopulation <strong>in</strong> Saratov –Probleme des Schutzes <strong>und</strong> der Erfassung der Tiere1. E<strong>in</strong>leitungDer Verwaltungsbezirk Saratov ist die Region,<strong>in</strong> der die größte russische Populationvon Großtrappen während der Brutzeitzu f<strong>in</strong>den ist. In diesem Gebiet gab es umfangreicheUntersuchungen zur Biologiedieser Vögel (CHRUSTOV 1989), <strong>und</strong> eskonnten e<strong>in</strong> Schutzgebiet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Aufzuchtstatione<strong>in</strong>gerichtet werden. Dortwurden zum e<strong>in</strong>en Eier gestörter Gelegewilder Trappen künstlich ausgebrütet, zumanderen aber auch Eier von <strong>in</strong> Gefangenschaftlebenden Tieren. Es wird angestrebt,alle <strong>in</strong> der Station aufgezogenen Großtrappenauszuwildern (CHRUSTOV et al.1992).2. Aus der Arbeit der„Russian BirdConservation“2.1 Organisation der ArbeitWegen fehlender f<strong>in</strong>anzieller Mittel kanndie Arbeit zum Schutz der Großtrappe gegenwärtignicht weitergeführt werden. Indieser sehr schwierigen Situation wurdedie Russian Conservation Union (RBCU,Zweigstelle Saratov) gegründet. Die Initiativedafür g<strong>in</strong>g von Julia Antonchikova aus,die die Arbeit dieser Gruppe richtungsweisendbestimmte. Sie entwarf 1993 e<strong>in</strong> Programmzur Untersuchung <strong>und</strong> zum Schutzder Großtrappen im Bezirk Saratov, das dieRBCU-Mitglieder <strong>in</strong> Saratov nach ihremunverhofften Tod weiterführen (Abb. 1).Der erste Schritt dieses Programms be<strong>in</strong>haltetdie Organisation von Frühjahrs<strong>und</strong>Herbstzählungen sowie die Entwicklungvon Erfassungsbögen, die <strong>in</strong> verschiedenenGebieten verteilt werden.Da sowohl die Mittel als auch die Kraftfehlten, diese Arbeit im gesamten Verwaltungsbezirkdurchzuführen, wurden vorerstdrei Regionen mit besonders großenTrappenbeständen ausgewählt. Mitbestimmendfür diese Wahl waren auch dasVerständnis <strong>und</strong> die Unterstützung derörtlichen Behörden für dieses Projekt. Leiderkonnte wegen des Geldmangels beider Zählung 1994 nur e<strong>in</strong>e Region untersuchtwerden.Die erste Großtrappenzählung <strong>in</strong> der RegionFjodorowsk des VerwaltungsbezirkesSaratov wurde vom 10. bis 16. OktoberAbb. 1Julia Antonchikova (†) (Bildmitte) bei der Feldarbeit.Foto: H. LitzbarskiJulia Antonchikova (†) (middle) dur<strong>in</strong>g field work.1994 durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkts<strong>in</strong>d bereits alle landwirtschaftlichen Aktivitätenbeendet, das Wetter ist <strong>in</strong> der Regelgut, <strong>und</strong> die Großtrappen sammelnsich vor dem Abflug <strong>in</strong> die Überw<strong>in</strong>terungsgebiete<strong>in</strong> großen Trupps. Wir habenwiederholt Gruppen von 110 bis 120 Tierenbeobachtet, erhielten aber auch Informationenüber Ansammlungen von mehrals 300 Vögeln pro Gruppe.Die Zählung wurde von zwanzig Mitgliederndes RBCU durchgeführt, denen fünfAutos zur Verfügung standen. Die Arbeiterfolgte von zwei stationären Camps aus.E<strong>in</strong>e der Stationen lag im südöstlichen Teil,die andere im nordwestlichen Teil der Region,so daß das Risiko von Doppelzählungenm<strong>in</strong>imiert werden konnte. Wir begannenim Süden <strong>und</strong> fuhren dann RichtungNorden. Im Laufe von sechs Tagen bearbeitetenwir e<strong>in</strong> Gebiet von 42 000 km 2 ,die Gesamtlänge der abgefahrenen Strekkebetrug über 2000 km.Die Zählung wurde wie folgt durchgeführt:Jedes Auto war mit e<strong>in</strong>em Fahrer <strong>und</strong>demjenigen besetzt, der den Erfassungsbogenausfüllte. Die Route wurde so gewählt,daß die Beobachtungsentfernung2 bis 2,5 km nicht überschritt. Die Autosfuhren im Zick-Zack entlang der vorgeschriebenenRoute <strong>und</strong> hielten alle 2 kmbzw. an den Punkten, an denen die Fahrtrichtunggeändert wurde. Dort stiegen dieInsassen aus <strong>und</strong> beobachteten die umliegendenFelder. Die Ergebnisse wurdendann <strong>in</strong> die Erfassungsbögen e<strong>in</strong>getragen<strong>und</strong> anschließend auf den Stationen bearbeitet.Es wurden folgende Daten festgehalten:Datum <strong>und</strong> Zeit, Gebietsbeschreibung,Wetterzustand, Anzahl der Vögel, ihre Distanzzum Beobachter, wenn möglich –Geschlecht <strong>und</strong> Alter der Tiere, ihr Verhaltensowie die Flugrichtung bei überfliegendenTieren.Des weiteren organisierten wir <strong>in</strong> der RegionFjodorovski vom 13. bis 24. April1995 Frühjahrszählungen an Stellen mitden höchsten Konzentrationen vonGroßtrappen. Die Zählungen erfolgtenvom Auto, von hohen Strohschobern, e<strong>in</strong>em15 m hohen Turm <strong>und</strong> von e<strong>in</strong>em besondersdafür vorbereiteten Beobachtungsplatz.Videoaufnahmen vervollständigtendie Dokumentation.An dieser Stelle möchte ich Herrn Dr. Litzbarskiherzlich für se<strong>in</strong>e Hilfe bei der Vorbereitungder Zählung danken. Ebenfallsgilt unser Dank dem Zentrum für Ökologiedes Verwaltungsbezirkes Saratov (gleichzeitigFördermitglied des RBCU), der Fakultätder Biologischen Abteilung <strong>und</strong> demKomitee für Umwelt- <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>.Besonders zu danken ist auch A. P. Streltsovfür die Lieferung von Benz<strong>in</strong>, der Ver-


22 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 2Areas of Great Bustards <strong>in</strong> the region of Fedorovsk – counted <strong>in</strong> autumn 1994waltung der Region Fjodorovski für die zurVerfügung gestellten Karten <strong>und</strong> A. Tsygankovfür die hervorragende Führung.Außerdem möchten wir die großzügigeUnterstützung von Kather<strong>in</strong>e Farley(VOCA, Regionalvertretung Südrußland)hervorheben.2.2 Zählergebnisse der Großtrappenim Gebiet Saratov (Herbst1994 <strong>und</strong> Frühjahr 1995)Im folgenden e<strong>in</strong>ige Bemerkungen zu denBeobachtungsergebnissen: In der RegionFjodorovski wurden zur Zeit der Zählung<strong>in</strong>sgesamt 1 030 Großtrappen registriert.Aufgr<strong>und</strong> der Mauser <strong>und</strong> der hohenFluchtdistanz war es oft schwierig, das Geschlechtder Tiere zu bestimmen.Neben den eigenen Zählergebnissen liegenuns Daten aus anderen Regionen desVerwaltungsbezirkes Saratov vor (mündl.Mitt.), die es uns ermöglichten, e<strong>in</strong>en Gesamtbestandvon nicht weniger als 6000bis 7000 Großtrappen anzunehmen. DieSicherheit für diese Zahlen müssen wirkünftig durch e<strong>in</strong>e Ausweitung des Untersuchungsgebieteserbr<strong>in</strong>gen (Abb. 2).Bei der Frühjahrszählung 1995 wurde festgestellt,daß die Anzahl der Trappen <strong>in</strong> dene<strong>in</strong>zelnen Gebieten gegenüber derHerbstzählung um 10 bis 70 %, meist um50 bis 60 %, größer war. Das Verhältnisvon Männchen zu Weibchen betrug 1 : 3bzw. 1 : 4. Wir nehmen aber an, daß imFrühjahr nicht alle Hennen gezählt werdenkonnten. Die meisten Weibchen waren bereitsbegattet – <strong>und</strong> die Brutzeit hattemöglicherweise schon begonnen. E<strong>in</strong>e Befragungder Traktoristen, die zu dieser Zeitauf den Feldern arbeiteten, ergab jedoch,daß bisher niemand Gelege gef<strong>und</strong>en hatte.Die Flächen für W<strong>in</strong>tergetreide wurden<strong>in</strong> dieser Zeit allerd<strong>in</strong>gs noch nicht bewirtschaftet.Die meisten Großtrappen, vor allem dieMännchen, hielten sich <strong>in</strong> den Steppenregionenauf. Ansonsten wurden die Tiereauf W<strong>in</strong>tergetreide, umgepflügten Äckernoder auf Wegen gesehen. Vom Turm auskonnten wir beobachten, daß sich die meistenjungen Männchen e<strong>in</strong>zeln aufhielten.Die Anzahl der Großtrappen sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong>sgesamtweitgehend gleich geblieben zu se<strong>in</strong>.Wahrsche<strong>in</strong>lich trugen seit 1990 die Verr<strong>in</strong>gerungan anthropogenen Störungen<strong>und</strong> landwirtschaftlichen Masch<strong>in</strong>en sowieder Rückgang beim E<strong>in</strong>satz von Agrochemikaliendazu bei. Der Umfang der <strong>in</strong>tensivbewirtschafteten Äcker nahm ab. Auffälligwar die ausgeprägte Vorsicht der Tieremit e<strong>in</strong>er Fluchtdistanz von 500 bis1000 m, wobei sich auch ihr vertrauensvollesVerhalten gegenüber Masch<strong>in</strong>engeändert hat (Abb. 3, 4).2.3 Weiterführende Arbeiten imGroßtrappenschutz <strong>in</strong> Gebietenmit hohem Trappenbestandoder im Gebiet SaratovParallel zu den Untersuchungen über denBestand der Großtrappe bemühten sich dieMitarbeiter der RBCU um die E<strong>in</strong>richtungvon <strong>Naturschutz</strong>gebieten an verschiedenenOrten mit großen Trappenbeständen.Dafür werden gegenwärtig Gebiete ausgewählt,erforscht <strong>und</strong> beschrieben. Ziel istes, e<strong>in</strong> System zu entwickeln, <strong>in</strong> dem dieLandnutzung aufrechterhalten <strong>und</strong> mitden Anforderungen des <strong>Naturschutz</strong>esverb<strong>und</strong>en wird. In diesen Schutzgebietengeht es nicht nur um die Erhaltung derGroßtrappen, sondern um den Schutz derartenreichen Flora <strong>und</strong> Fauna der früherenSteppengebiete, die heute nur noch <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>genResten vorhanden ist. Für die Unterstützungdieser Arbeiten oder die Bewachungder Flächen werden f<strong>in</strong>anzielle Mittelbenötigt. Es besteht die Hoffnung, daße<strong>in</strong> Teil des Geldes von der Regierung zurVerfügung gestellt wird.Die Öffentlichkeitsarbeit spielt ebenfallse<strong>in</strong>e wichtige Rolle.Gegenwärtig wird mit der Jagdverwaltung<strong>und</strong> dem Komitee für Ökologie des VerwaltungsbezirkesSaratov über E<strong>in</strong>richtung<strong>und</strong> Betreuung von Schutzgebieten gesprochen.E<strong>in</strong>e Zeitschrift des RBCU wird


ALEXANDER ANTONCHIKOV: DIE GROSSTRAPPENPOPULATION IN SARATOV – PROBLEME DES SCHUTZES UND DER ERFASSUNG DER TIERE 23Abb. 3Im Bezirk Saratov (Rußland)wird die Steppe, derursprüngliche Lebensraum derGroßtrappen, nur noch <strong>in</strong>wenigen Bereichen extensivmit Weidevieh genutzt.Foto: H. LitzbarskiIn the district of Saratov(Russia) only a few areas ofthe steppe – the orig<strong>in</strong>alhabitat of Great Bustards – areused extensively by pasture.herausgegeben, e<strong>in</strong> Film über die Großtrappevorbereitet <strong>und</strong> Informationen fürZeitungen dienen der Aufklärung der Bevölkerung.Obwohl die Erfolge unserer Arbeit nur allmählichspürbar werden, liegen erste Ergebnissevor, die e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>lage für künftigeAktivitäten bilden. Für die Zukunft istes wichtig, die Zuwege <strong>und</strong> die bevorzugtenÜberw<strong>in</strong>terungsplätze zu untersuchen,zumal e<strong>in</strong>ige dieser Plätze <strong>in</strong> den vergangenenJahren im Verwaltungsbezirk Saratovbeobachtet werden konnten. Diese Erkenntnissemüssen dann <strong>in</strong> das Schutzprogramme<strong>in</strong>fließen.Außerdem muß e<strong>in</strong> Plan zur Bestandsm<strong>in</strong>derungvon Krähen <strong>und</strong> anderen Vögeln,die Eier <strong>und</strong> Küken rauben, entworfenwerden. Es ist erforderlich, die Arbeit <strong>in</strong> derAufzuchtstation fortzuführen. E<strong>in</strong> weitererSchwerpunkt der Arbeit muß dar<strong>in</strong> liegen,die Aktivitäten zur Rettung der Großtrappeauf andere Gebiete auszudehnen.3. ZusammenfassungIm Verwaltungsbezirk Saratov, Region Fjodorovskerfolgten nach langer Zeit erstmaligim Herbst 1994 <strong>und</strong> Frühjahr 1995 Zählungendes Trappenbestandes. Sie wurdenvon der Russian Bird Conservation (RBCU,Zweigstelle Saratov) organisiert.In dieser Region wurden 1 030 Großtrappengezählt.Der Bestand für den Bereich Saratov wirdauf r<strong>und</strong> 6000 bis 7000 Tiere geschätzt.Der Frühjahrsbestand lag um 10 % (50 bis60 %) über dem Herbstbestand der Großtrappen.Der RBCU bemüht sich <strong>in</strong> diesen Bereichenum die E<strong>in</strong>richtung von <strong>Naturschutz</strong>gebieten,vorrangig von Steppengebieten, <strong>in</strong>denen e<strong>in</strong>e umweltverträgliche Landnut-zung mit den Zielen des Großtrappenschutzes<strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang gebracht werdenkann.SummarySaratov oblast is an area where the majorityof the Russian population of Great Bustardsnests. S<strong>in</strong>ce 1994 the Saratovbranch of the Russian Bird ConservationUnion has carried out work related to conservationand study of this particular birdspecies. The program of study encompassesthe follow<strong>in</strong>g: organization of bothspr<strong>in</strong>g and fall census, establishment of natureconservation areas of various types <strong>in</strong>places with a high concentration of birds,activities related to the <strong>in</strong>troduction of asystem of susta<strong>in</strong>able land use, study offlight paths and locations of hibernation ofGreat Bustards and development of a programto fight crows that destroy a largenumber of eggs and chicks of Great Bustards.Today the program has been partlyAbb. 4Intensiver Ackerbaubee<strong>in</strong>trächtigt <strong>in</strong>starkem Maße dieNachwuchsrate derGroßtrappen <strong>in</strong> denehemaligenSteppengebietenzwischen der Wolga<strong>und</strong> der Grenze zuKasachstan (BezirkSaratov, Rußland).Foto: H. LitzbarskiIn the former steppeareas between Wolgaand the border ofKazakhstan (DistrictSaratov, Russia)<strong>in</strong>tensive landusestrongly affects thebreed<strong>in</strong>g success ofGreat Bustards.implemented. Dur<strong>in</strong>g the first census <strong>in</strong> thefall of 1994 1030 Great Bustards werecounted <strong>in</strong> Fedorovsky region of Saratovoblast. Although our work has been successfullup to now there is still a lot of workahead.LiteraturCHRUSTOV, A. V. 1989: Die Großtrappe (Otis tardaL.) im Bezirk Saratov – Bestand, Biologie <strong>und</strong> Schutz.(russ.) Dissertation. Verwaltung Jagdwirtschaft SaratovCHRUSTOV, A. V.; MOSEYKIN, V. N. u. MI-SCHENKO, A. L. 1992: Organisation an collection ofeggs of Great Bustard <strong>in</strong> areas subject to human <strong>in</strong>terference.-Bustard studies, Vol. 5: 122-129VerfasserAlexander AntonchikovZweigstelle Saratovder Russian Bird Conservation Union(RBCU)Osipova st. 16 – 38410010 Saratov


24 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 24-27MARCIA VALLO PINTO, JOACHIM HELLMICHGroßtrappenzählungen an der spanisch-portugiesischenGrenze im W<strong>in</strong>ter 1994 <strong>und</strong> Frühjahr 19951. E<strong>in</strong>leitungPlanung <strong>und</strong> Umsetzung wirksamer Maßnahmenzum Schutz der Großtrappe (Otist. tarda L.) <strong>und</strong> ihrer Subpopulationendiesseits <strong>und</strong> jenseits von Landesgrenzenkönnen durch fehlendes Wissen bee<strong>in</strong>trächtigtwerden. Deshalb f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong>dem 1994 vom „Internationalen Workshopzur Großtrappe“ <strong>in</strong> Tiszafüred (Ungarn)erarbeiteten Aktionskonzept e<strong>in</strong> Ziel„mittlerer bis hoher Dr<strong>in</strong>glichkeit“, das wiefolgt fomuliert wurde: „Erarbeitung koord<strong>in</strong>ierter<strong>und</strong> vergleichbarer nationalerBestandserfassungen als Gr<strong>und</strong>lage fürgrenzüberschreitende Maßnahmen <strong>und</strong>bilaterale Vere<strong>in</strong>barungen“ (KOLLAR1995). Bekanntlich leben Großtrappen benachbarterGebiete <strong>in</strong> Portugal <strong>und</strong> Spanien.Häufige Beobachtungen belegen dasÜberfliegen der Grenze <strong>in</strong> beiden Richtungen(M. PINTI, unveröff., V. M. PIZARROpersönl. Mitt.; H. SCHULZ persönl. Mitt.;J. J. VIOLA persönl. Mitt.). Da bisher paralleleZählungen der Großtrappe nicht erfolgten(vgl. auch PINTO 1994), war diegenaue Anzahl von Vögeln <strong>in</strong> diesem Gebietunbekannt. Angesichts dieser unbefriedigendenSituation entschlossen sichdie Verfasser bei dem Workshop <strong>in</strong> Ungarn,e<strong>in</strong>e gleichzeitige Bestandsermittlungder Subpopulationen beiderseits derLandesgrenze durchzuführen.2. Material <strong>und</strong> MethodenDie Zählungen wurden Mitte Dezember1994 <strong>und</strong> <strong>in</strong> der letzten Märzwoche 1995durchgeführt. In Portugal erfolgten siedurch M. V. P<strong>in</strong>to, Instituto da Conservaçãoda Natureza (ICN) <strong>und</strong> <strong>in</strong> Spaniendurch J. Hellmich (Untersuchungsleiter desADENEX 1 -CEE Projektes „Conservaciónde los hábitats de los Llanos de Cáceres“),J. C. Núñez <strong>und</strong> V. M. Pizarro (Mitgliedervon ADENEX). Für jeden Trupp wurden dielaufende Nummer, die Uhrzeit der Beobachtung(<strong>in</strong> Greenwich Mean Time), dieZahl der nach Alter <strong>und</strong> Geschlecht nichtbestimmbaren Tiere oder der bestimmtenHähnen <strong>und</strong> Hennen, bzw. männlichenoder weiblichen Jungvögeln, die jeweilsvorrangige Verhaltensweise des Trupps sowieder vom Trupp benutzte Habitattypfestgehalten.1 ADENEX (* Asociación para la Defensa de laNaturaleza y de los Recursos de Extremadura)3. Ergebnisse3.1 Geschlechterverteilung<strong>und</strong> AlterAus der Abbildung 1 geht hervor, daß imFrühjahr mit 464 Tieren wesentlich mehrals im W<strong>in</strong>ter (370) beobachtet wurden.Daß sich im W<strong>in</strong>ter über 90 % <strong>und</strong> imFrühl<strong>in</strong>g nahezu 100 % der Großtrappenh<strong>in</strong>sichtlich Alter <strong>und</strong> Geschlecht sicher ansprechenließen, ist ausreichend genau fürSchlußfolgerungen. Die stabile Anzahl vonJunghähnen (10 bei der ersten <strong>und</strong> 9 beider zweiten Zählung) könnte auf e<strong>in</strong>ehohe Standorttreue schließen lassen, aberbei näherer Prüfung zeigt sich, daß dieZahlen für die e<strong>in</strong>zelnen Beobachtungsortebeträchtlich vone<strong>in</strong>ander abweichen.Dar<strong>in</strong> ist eher e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf größere Mobilitätals auf Standorttreue zu sehen. Dasgleiche gilt für die Hähne, deren Anzahl <strong>in</strong>e<strong>in</strong>igen Gebieten stabil geblieben ist, <strong>in</strong>anderen aber beträchtlich vone<strong>in</strong>ander abweicht:Ortveränderungen s<strong>in</strong>d demnachoffensichtlich. Die auffälligsten Unterschiedezwischen beiden Zählungen tretenbei den Männchen auf, deren Zahlen vomW<strong>in</strong>ter zum Frühjahr um etwa 90 % zunahmen.Abb. 1Geschlecht <strong>und</strong> Alter der im W<strong>in</strong>ter <strong>und</strong> im Frühjahr <strong>in</strong> den Grenzgebieten gef<strong>und</strong>enen GroßtrappenSex and age classes of the Great Bustard fo<strong>und</strong> <strong>in</strong> w<strong>in</strong>ter and spr<strong>in</strong>g <strong>in</strong> the frontier areas


M. V. PINTO, J. HELLMICH: GROSSTRAPPENZÄHLUNGEN AN DER SPANISCH-PORTUGIESISCHEN GRENZE IM WINTER 1994 UND FRÜHJAHR 1995 25Abb. 2HalbschematischeDarstellung deruntersuchtenGroßtrappengebietebeiderseits derspanischportugiesischenGrenze(fette L<strong>in</strong>ie – Grenze)Half-schematicpresentation of thestudied Great Bustardsites(fat l<strong>in</strong>e – frontier)Die Ergebnisse beider Zählungen weisennach, daß die Subpopulationen <strong>in</strong> den erfaßtenGebieten <strong>in</strong> bezug auf Anzahl, Geschlechtsverhältnis<strong>und</strong> Alter der Tiere beträchtlichenVeränderungen unterliegen.Tabelle 1: Ergebnisse der Bestandsermittlung im H<strong>in</strong>blick auf Geschlecht<strong>und</strong> Alter der Großtrappen <strong>in</strong> den Grenzgebieten AB, CD <strong>und</strong> FGW<strong>in</strong>ter Frühl<strong>in</strong>g DifferenzBereichAB Gesamt 107 88 - 19Hähne 42 41 - 1Hennen 48 46 - 2Junghähne 7 1 - 6unbestimmt 10 - - 10BereichCD Gesamt 99 91 - 8Hähne 34 29 - 5Hennen 62 58 - 4Junghähne 1 2 + 1unbestimmt 2 2 -BereichFG Gesamt 107 120 + 13Hähne 77 31 - 46Hennen 28 86 + 58Junghähne 2 3 + 1unbestimmt - - -Results of the surveys consider<strong>in</strong>g sex and age classes of Great Bustardsfo<strong>und</strong> <strong>in</strong> the frontier areas3.2 UntersuchungsgebieteE<strong>in</strong>e schematische Darstellung der untersuchtenTrappenstandorte (Abb. 2) zeigt,daß es sich bis auf die Bereiche E <strong>und</strong> J beiallen um Grenzgebiete handelt. Es bestanddie Vermutung, daß es Beziehungen zwischenden Großtrappenbeständen <strong>in</strong> diesenGebieten <strong>und</strong> denen an der unmittelbarenGrenze gibt, weshalb die Regionen E<strong>und</strong> J <strong>in</strong> die Untersuchungen e<strong>in</strong>bezogenworden waren. Bei der folgenden Darstellungder Ergebnisse werden jedoch ausschließlichAngaben aus den „echten“Grenzgebieten analysiert (Abb. 1).Wegen se<strong>in</strong>er Größe erfolgte e<strong>in</strong>e Gliederungdes Bereiches C <strong>in</strong> vier Abschnitte. Beider W<strong>in</strong>terzählung konnten wegen extremschlechter Sichtverhältnisse <strong>in</strong> den Sektoren3 <strong>und</strong> 4 ke<strong>in</strong>e korrekten Zählungendurchgeführt werden. Daher wurden dieentsprechenden Frühl<strong>in</strong>gsergebnisse nicht<strong>in</strong> die Auswertung e<strong>in</strong>bezogen.Bereich ABGebietsgröße <strong>und</strong> Bestandszahlen: Das fürGroßtrappen geeignete Areal umfaßt ungefähr50 km 2 . Im W<strong>in</strong>ter hielten sich dieTiere auf der portugiesischen Seite derGrenze auf, im Frühl<strong>in</strong>g bis auf acht auf derspanischen Seite. Das im Frühjahr genutzteGebiet war nicht größer als 25 km 2 . Eswurden e<strong>in</strong>e Haupt-Lek 1 mit mehr alszwanzig Hähnen <strong>und</strong> vier untergeordneteLeks mit jeweils zwischen zwei <strong>und</strong> vierHähnen ermittelt. Auf den ersten Blick lassendie m<strong>in</strong>imalen Unterschiede zwischenden Zählergebnissen im W<strong>in</strong>ter <strong>und</strong> imFrühjahr (Tab. 1) die Vermutung aufkommen,daß es sich um e<strong>in</strong>e stabile Subpopulationhandeln könnte, aber das im Frühl<strong>in</strong>grelativ niedrige Geschlechterverhältnisvon 1,1 Hennen pro Hahn (das durchschnittlicheGeschlechterverhältnis für dengesamten Untersuchungsraum betrug 1,9)läßt auf andere Ursachen schließen: Entwederbefand sich zum Zeitpunkt der Zählungetwa die Hälfte der Hennen an e<strong>in</strong>em1 Lek – Ort, an dem sich während der Balz dieMännchen versammeln; Weibchen nähern sichden balzenden Männchen, treffen e<strong>in</strong>e Auswahl,um zu kopulieren; danach verlassen siedas Lek, um <strong>in</strong> der näheren oder weiteren Umgebungzu nisten. (Männchen nehmen nicht ander Aufzucht des Nachwuchses teil (BRADBU-REY 1981)


26 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 3TypischerLebensraum vonGroßtrappen <strong>in</strong>der Extremaduraan der Grenze zuPortugal.Foto: J. HellmichTypical habitat ofGreat Bustards <strong>in</strong>Extremadura(Spa<strong>in</strong>) at theborder ofPortugal.anderen Ort, oder sie entg<strong>in</strong>gen der Aufmerksamkeit.Möglich ist auch, daß <strong>in</strong> dieserSubpopulation e<strong>in</strong> recht untypischesGeschlechterverhältnis vorliegt. Aus Sichtder Autoren trifft die erste Erklärung zu: Esist <strong>in</strong> hohem Maße wahrsche<strong>in</strong>lich, daß dieGroßtrappen von e<strong>in</strong>em Gebiet <strong>in</strong> e<strong>in</strong> anderesüberwechselten.Probleme: E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>flächiges Bewässerungsprojektfür e<strong>in</strong>en Teil des auf spanischemGebiet gelegenen Sektors wird zurZeit vorbereitet. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Damm stautbereits e<strong>in</strong>en Fluß mit unregelmäßigerWasserführung auf. Auf e<strong>in</strong>igen Felderns<strong>in</strong>d bereits Bewässerungsrohre verlegt<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Beregnungsanlage aufgebautworden.Bereich CDGebietsgröße <strong>und</strong> Bestandszahlen: Insgesamtumfaßt das geeignete E<strong>in</strong>standsgebietüber 200 km 2 . Großtrappen hieltensich im W<strong>in</strong>ter <strong>und</strong> im Frühl<strong>in</strong>g an unterschiedlichenOrten auf. Im Bereich D wurdee<strong>in</strong>e Lek von etwa 20 Hähnen ermittelt.E<strong>in</strong> weiteres mit mehr als 30 Hähnen fandsich im Bereich C. Dieses lag jedoch außerhalbdes Beobachtungsraumes <strong>und</strong> wurdedeshalb nicht <strong>in</strong> die Auswertung e<strong>in</strong>bezogen.Für den gesamten Bereich CD s<strong>in</strong>dnur ger<strong>in</strong>gfügige Unterschiede zwischenden Zahlen für W<strong>in</strong>ter <strong>und</strong> Frühjahr ermitteltworden; jedoch fanden wir <strong>in</strong> D lediglich19 Vögel im W<strong>in</strong>ter im Vergleich zu 59im Frühl<strong>in</strong>g: Ortswechsel s<strong>in</strong>d daher offensichtlich.Probleme: Im Sektor C1 wurde e<strong>in</strong>e Beregnungsanlage<strong>in</strong> Betrieb genommen, e<strong>in</strong>ezweite bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> C3 im Bau. Zwischene<strong>in</strong>zelnen Großtrappentrupps bzw.Ansammlungen von Trupps liegen beträchtlicheEntfernungen (8 bis 10 km). DieSubpopulation ist bereits recht stark aufgesplittert.So wurde im Sektor C1 im W<strong>in</strong>terlediglich e<strong>in</strong>e Hennengruppe gef<strong>und</strong>en.Am Abend vor der Frühjahrszählungkonnte nur nur e<strong>in</strong> Hahn (<strong>in</strong> der Nähe e<strong>in</strong>ergroßen Beregnungsanlage) ermitteltwerden. In C2 gab es nur e<strong>in</strong>e Henne, e<strong>in</strong>enHahn (stammte aus dem Bereich C1)sowie e<strong>in</strong>e Gruppe von fünf Hähnen. Indem <strong>in</strong> der Tabelle nicht berücksichtigtenSektor C3 befanden sich e<strong>in</strong> Lek mit mehrals 30 Hähnen <strong>und</strong> zwei alle<strong>in</strong> balzendeHähne im Abstand von 2 bzw. 3 km davon.Im Sektor C4 wurde im Frühjahr ke<strong>in</strong>eGroßtrappe beobachtet.Die zukünftige landwirtschaftliche Nutzungwird im gesamten C-Gebiet für Trappen<strong>und</strong> andere Vögel die Lage noch verschärfen.So werden z.Z. We<strong>in</strong>gärten beseitigt,Felder für andere Kulturen vorbereitet,<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Beregnungsanlage von550 m Länge wurde <strong>in</strong>stalliert.Bereich FGGebietsgröße <strong>und</strong> Bestandszahlen: Der fürGroßtrappen geeignete Bereich umfaßtetwa 40 km 2 . Dabei befanden sich die Vögelvorwiegend auf der portugiesischenSeite. Auf spanischem Boden ließen sich imW<strong>in</strong>ter lediglich 30 <strong>und</strong> im Frühjahr 40 %ermitteln. 1995 hielten sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em durchden Grenzzaun geteilten Lek 15 Hähneauf. Etwa im Abstand von 2 km konnte aufder portugiesischen Seite e<strong>in</strong> Lek mit gleichvielen Hähnen ermittelt werden. E<strong>in</strong> untergeordnetesLek von 2 Hähnen befand sichwiederum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Entfernung von 2 kmvom ersten Lek auf spanischem Territorium.Während die Gesamtwerte für W<strong>in</strong>ter<strong>und</strong> Frühjahr sich nur ger<strong>in</strong>gfügig unterscheiden,werden bei e<strong>in</strong>er getrenntenAnalyse nach Geschlecht beträchtlicheSchwankungen deutlich, die darauf schließenlassen, daß zahlreiche Großtrappenvon e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> andere Gebiete wechseln.Die Großtrappen auf der spanischen Seiteder Grenze wurden während der Frühjahrszählungauf „gepflügten Flächen“ beider Balz beobachtet, später wurde deutlich,daß es sich dabei um Monokulturenvon Sonnenblumen handelte.Probleme: E<strong>in</strong>e große Bedrohung leitet sichaus e<strong>in</strong>em von Portugal (ca. 5 000 ha) <strong>und</strong>Spanien (ca. 2 000 ha) geme<strong>in</strong>sam geplantenBewässerungsprojekt zu beiden Seitender Grenze her. Das bedeutet e<strong>in</strong>e Gefährdungaller Großtrappene<strong>in</strong>standsorte imBereich FG. Die Verwaltungsorgane s<strong>in</strong>dsich der Tatsache bewußt, daß die Bewäs-


M. V. PINTO, J. HELLMICH: GROSSTRAPPENZÄHLUNGEN AN DER SPANISCH-PORTUGIESISCHEN GRENZE IM WINTER 1994 UND FRÜHJAHR 1995 27serung die Lage der „Steppenvögel“ <strong>in</strong>diesem Bereich verschlechtern wird. Siebieten „zum Ausgleich“ des Habitatverlustese<strong>in</strong> nahegelegenes Gebiet an <strong>und</strong> erwarten,daß die Großtrappen diesen „Ersatzlebensraum“auch annehmen werden.Durch die kürzlich erfolgte Veröffentlichungdetaillierter Informationen überportugiesische Großtrappengebiete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em,<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Birdlife International,herausgegebenen Buch wird dieZahl von Besuchern auch des Gebietes Fansteigen; für die bis heute verhältnismäßigungestört lebenden Großtrappenwird daher <strong>in</strong> zukünftigen Balzzeiten mitStörungen gerechnet werden müssen.Bereich HIGebietsgröße <strong>und</strong> Bestandszahlen: Der Bereichumfaßt etwa 50 km 2 . In den vergangenen16 Jahren fanden sich hier im W<strong>in</strong>terhäufig bis zu 20 Großtrappen, dagegenwurden im Frühjahr nur zweimal Beobachtungenvon höchstens 6 Vögeln gemeldet(PINTO 1994). Der Sektor H fällt <strong>in</strong> das geplanteBewässerungsgebiet (vgl. BereichFG). Bruthennen aus der Subpopulation imBereich FG nutzen möglicherweise das GebietI, doch liegen zuverlässige Informationendarüber nicht vor. In der Vergangenheitwaren Großtrappentrupps anwesend(V. PIZARRO, persönl. Mitt.), jedoch wurde<strong>in</strong> beiden Erhebungen ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Vogelbeobachtet.Probleme: Der hohe Viehbesatz <strong>in</strong> diesemSektor übt e<strong>in</strong>e beträchtliche Verdrängungswirkungaus, aber gerade dieses Gebiethaben die Behörden als Ausweichraumfür den Fall der Zerstörung desBereichs FG vorgeschlagen!4. KommentarE<strong>in</strong> Vergleich der Ergebnisse beider Zählungenläßt deutlich werden, daß die„Steppengebiete“ an der portugiesischspanischenGrenze Heimat für Großtrappensubpopulationens<strong>in</strong>d, deren Beständebeträchtlichen Schwankungen unterliegen.Ergebnisse der seit 1980 auf der portugiesischenSeite (vgl. PINTO 1994)durchgeführten Großtrappenzählungenlegen den Schluß nahe, daß die Anwesenheitvon Großtrappen auf beiden Seitender Grenze von Art <strong>und</strong> Intensität landwirtschaftlichenNutzung sowie von Beunruhigungen<strong>in</strong> diesem Gebiet abhängt.Die Hauptprobleme für Großtrappen <strong>in</strong>den Grenzgebieten s<strong>in</strong>d Habitatverlustdurch Bewässerungsprojekte lokaler <strong>und</strong><strong>in</strong>ternationaler Bedeutung. Bei der E<strong>in</strong>richtungvon Bewässerungsgebieten verlierenGebiete großflächig ihre Attraktivität fürGroßtrappen durch Auftreten von zahlreichenStörungen besonders bei der Verlegungder Bewässerungsanlagen aber auchdurch E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen von Kulturen, die von derArt nicht genutzt werden.Daneben ist <strong>in</strong>tensive R<strong>in</strong>derzucht e<strong>in</strong>ernstzunehmender Störfaktor. Zum e<strong>in</strong>ementsteht direkter Druck durch Anwesenheitder R<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Bereichen, die vorhervon Großtrppen genutzt wurden, zum anderenverändern R<strong>in</strong>der das „traditionelle“Arten<strong>in</strong>ventar der Brachflächen <strong>und</strong> beihohen R<strong>in</strong>derdichten tritt auf den armen<strong>und</strong> wenig tiefgründigen Böden Überweidungauf.Bewegungen der Art zwischen den untersuchtenGebieten <strong>und</strong> anderen südwestiberischenGroßtrappengebieten kommenhöchstwahrsche<strong>in</strong>lich sehr häufig vor. DieGroßtrappenbereiche an der Grenze <strong>und</strong>die der weiteren Umgebung s<strong>in</strong>d als Teildes südwest-iberischen Netzes von Großtrappengebietenanzusehen (HELLMICH1991b). E<strong>in</strong>seitige – also nur von e<strong>in</strong>emStaat durchgeführte – Großtrappenschutzmaßnahmenkönnen stark gefährdet werden,sobald die Existenz dieses Netzesnicht berücksichtigt wird. Daher ist <strong>in</strong>ternationaleZusammenarbeit unerläßlich<strong>und</strong> außerordentlich dr<strong>in</strong>gend. Die währendder Bestandserfassungen zusammengetragenenKenntnisse müssen von denmit dem Schutz der Großtrappen beauftragtenVerwaltungsorganen Portugals<strong>und</strong> Spaniens genutzt werden, um Fehlerbeim Großtrappenschutz <strong>und</strong> beim Habitatmanagementzu vermeiden.5. ZusammenfassungZwei Zählungen von portugiesisch-spanischenGrenzpopulationen der Großtrappewurden Mitte Dezember 1994 <strong>und</strong> währendder letzten Märzwoche 1995 vomICN-Portugal <strong>und</strong> ADENEX-Extremaduradurchgeführt. 370 Großtrappen (170Männchen, 155 Weibchen, 10 männlicheJungvögel, 35 unbestimmt) wurden imW<strong>in</strong>ter gezählt <strong>und</strong> 464 (154 Männchen,296 Weibchen, 9 männliche Jungvögel, 5im Frühjahr. Analysen der Alters- <strong>und</strong> Geschlechterverteilung<strong>in</strong> den verschiedenenGebieten deuteten starke Fluktuation an<strong>und</strong> wiesen damit auf häufige Wanderungenvon e<strong>in</strong>em Gebiet zum anderen h<strong>in</strong>.Die gewonnenen Erkenntnisse sollten zurVerbesserung des Großtrappenschutzesbeider Staaten verwendet werden. Entwicklungen,die die ökologische Situationfür die Großtrappen verschlechtern, mußE<strong>in</strong>halt geboten werden; das gilt ganz besondersfür Vorhaben zur Bewässerung.SummaryTwo surveys of Great Bustard frontier populationswere carried out <strong>in</strong> mid-December1994 and dur<strong>in</strong>g the last week of March1995 by ICN-Portugal and ADENEX-Extremadura.370 Great Bustards (170 males,155 females, 10 males juveniles, 35 <strong>in</strong>determ<strong>in</strong>ate)have been counted <strong>in</strong> w<strong>in</strong>ter,and 464 Great Bustards (154 males, 296females, 9 males, 5 <strong>in</strong>determ<strong>in</strong>ate) <strong>in</strong>spr<strong>in</strong>g. Analysis of sex and age proportions<strong>in</strong> the different areas revealed a high levelof fluctuation and obviously <strong>in</strong>dicatedmultiple <strong>in</strong>terarea movements. Informationobta<strong>in</strong>ed must be used to improveGreat Bustard conservation on a bilateralbase and to reduce factors which will worsenthe species’ environmental conditions,especially irrigation schemes.LiteraturALONSO, J. A.; ALONSO, J. C. u. HELLMICH, J. 1990:Metodología propuesta para los censos de Avutardas.- In: ALONSO, J. C. u. ALONSO, J. A., Hrsg.: Parámetrosdemográficos, selección del hábitat y distribuciónde la Avutarda (Otis tarda) en tres regiones españolas:86-98.BERNDT, R. u. WINKEL, W. (1977): Glossar für Ornitho-Ökologie.-Vogelwelt 98/5: 161-192.BRADBURY, J. W. 1981: The Evolution of Leks. In:ALEXANDER, R. D. u. TINKLE, D. W., eds.: Natural selectionand social behavior. -New YorkHELLMICH, J. 1987: Apuntes metodológicos sobrecensos de avutardas (Otis tarda L.). -Vortrag, I Congr.Int. Aves Estep. -León.(unveröff.)HELLMICH, J. 1991a: Sobre metodología de censos deAvutardas (Otis tarda L.) en España. -Alytes monografía2: 27-38HELLMICH, J. 1991b: La Avutarda en Extremadura:Distribución, valoración de zonas, movimientos <strong>in</strong>terzonales.-Alytes monografía 2: 9-26KOLLAR, H. P., comp. 1995: Action Plan for the GreatBustard. (Febr. 1995). -Birdlife InternationalPINTO, M. 1994: A populacão de abetarda (Otistarda) em Portugal no periodo de 1980-94. -Vortrag,Congr. Fauna Ecosist. Agríc. Silvíc. -Castro Verde. (unveröff.)VerfasserMarcia Vallo P<strong>in</strong>toInstituto da Conservação da NaturezaDivisão de Habitats e EcosistemasR. Filipe Folque 46P-1050 LisboaJoachim HellmichAsociación para la Defensa de la Naturalezay de los Recursos de Extremadura(ADENEX)Cuba 10E-6800 Mérida


28 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 28-29MAX DORNBUSCHSituation <strong>und</strong> Schutz der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)<strong>in</strong> Sachsen-Anhalt1. BestandsentwicklungTrotz vielfältiger Schutzmaßnahmen erfolgtee<strong>in</strong> anhaltender Bestandsrückgangder Großtrappe <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt, gleichlaufendmit e<strong>in</strong>em Rückgang <strong>in</strong> weiten Teilendes Verbreitungsgebietes. In Deutschlandhat sie sich zunächst auf niederschlagsarmeVerbreitungs<strong>in</strong>seln mit wenigerals durchschnittlich 137,5 mm Niederschlag<strong>in</strong> der Vegetationsperiode von Aprilbis Juni zurückgezogen (DORNBUSCH1987). Dazu gehören auch das seit langemrelativ konstant besiedelte Zerbster Land<strong>und</strong> Teilbereiche der Magdeburger Bördeals <strong>in</strong> Deutschland zu den letzten zählendenE<strong>in</strong>standsgebieten auf Ackerland(DORNBUSCH 1985, 1988; MÜLLER1971) sowie die <strong>in</strong> Wechselbeziehung zumumliegenden Ackerland als E<strong>in</strong>stände genutztenGrünlandgebiete Trüben <strong>und</strong> FienerBruch.Während die Vorkommen <strong>in</strong> der MagdeburgerBörde <strong>und</strong> im Trüben bereits ausgesprochenenReliktcharakter aufweisen,stehen die das Fiener Bruch <strong>und</strong> das ZerbsterLand besiedelnden Vögel ganz offensichtlichmit den Vorkommen <strong>in</strong> brandenburgischenE<strong>in</strong>standsgebieten wie den BelzigerLandschaftswiesen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung.Die Besiedlung dieser Gebiete wird, wiesich zeigte, von der jeweils gegebenen Lebensstättenqualitäterheblich bee<strong>in</strong>flußt<strong>und</strong> ist demnach auch noch durch gezielteSchutzmaßnahmen bee<strong>in</strong>flußbar.In allen E<strong>in</strong>standsgebieten verr<strong>in</strong>gertensich die Bestandsgruppen weiterh<strong>in</strong>. DieseEntwicklung wird <strong>in</strong> Tabellen <strong>und</strong> Kartenveranschaulicht (Abb. 1, 2, Tab. 1, 2). Eszeigte sich, daß die bisherigen Schutzempfehlungen,wenn ungenügend umgesetzt,nicht zu e<strong>in</strong>er erwünschten Bestandsstabilisierungbeitragen konnten.2. SchutzmaßnahmenNach ersten Merkblättern zum Schutz derArt seit 1963 wurden im Bereich Sachsen-Anhalt 1967 erste Vere<strong>in</strong>barungen mitLandwirtschaftsbetrieben <strong>und</strong> 1972 ersteSchongebietsfestlegungen getroffen. 1973e<strong>in</strong>setzende Pflege- <strong>und</strong> Entwicklungsrichtl<strong>in</strong>ien,flankiert von e<strong>in</strong>em Aufzucht<strong>und</strong>Freilassungsverfahren, führten 1982zu e<strong>in</strong>em Schutzprogramm. Dies wurde bis1986 zu verstärkten Schutzvorhaben weiterentwickelt,die jedoch im wesentlichenerst 1990 e<strong>in</strong>setzten (DORNBUSCH1990), dann aber mit dem Strukturwandel<strong>in</strong> der Landwirtschaft gleich wieder stagnierten.Die Schutzempfehlungen e<strong>in</strong>esArtenhilfsprogramms Großtrappe des LandesSachsen-Anhalt (DORNBUSCH 1992,1994) fanden auf Gr<strong>und</strong> dieses Strukturwandelsebenfalls nur bed<strong>in</strong>gt E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong>die landwirtschaftliche Praxis, wenngleichrechtliche Voraussetzungen dazu weitgehendgeschaffen worden waren. Seit 1990ist das Zerbster Land als Landschaftsschutzgebietmit <strong>Naturschutz</strong>gebietsanteilenausgewiesen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Betreuung der <strong>Naturschutz</strong>stationZerbster Ackerland. Teiledes <strong>Naturschutz</strong>gebietes s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Landeseigentumüberführt worden. Des weiterenist es Vogelschutzgebiet der EuropäischenUnion (EU SPA). Es dient vorrangig zumSchutz von Reliktvorkommen der Großtrappesowie der typischen Feldflur-Vogelgeme<strong>in</strong>schaft<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ackerlandschaft.In der Magdeburger Börde s<strong>in</strong>d bedeutsameE<strong>in</strong>standsgebietsbereiche durch e<strong>in</strong> aktualisiertesSchongebietsmosaik rechtlichgesichert. Im Fiener Bruch wird der bisherigeSchongebietsstatus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Landschaftsschutz-<strong>Naturschutz</strong>gebietsverb<strong>und</strong>überführt, unterstützt durch das LIFE-Programm„Erhalt der Kulturlandschaft FienerAbb. 1Von der Großtrappe(Otis tarda) aufgesuchteE<strong>in</strong>standsgebiete(Meßtischblatt-Quadranten) um 1990Liv<strong>in</strong>g areas of the GreatBustard about 1990(plane table map)Abb. 2Von der Großtrappe(Otis tarda) aufgesuchteE<strong>in</strong>standsgebiete(Meßtischblatt-Quadranten) um 1995Liv<strong>in</strong>g areas of the GreatBustard about 1995(plane table map)


MAX DORNBUSCH: SITUATION UND SCHUTZ DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) IN SACHSEN-ANHALT 29Tabelle 2: Bestandsermittlungen bei der Großtrappe (Otis tarda) <strong>in</strong>e<strong>in</strong>zelnen E<strong>in</strong>standsgebietenE<strong>in</strong>standsgebietBruch“. Die Bedeutung des E<strong>in</strong>standsgebietesTrüben ist derzeit auf e<strong>in</strong>e Trittste<strong>in</strong>funktionbegrenzt. Deshalb erfolgt hier dieE<strong>in</strong>flußnahme auf die Erhaltung der Landschaftsstrukturdurch Abwendung nichtlandwirtschaftlicher Nutzungen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>griffeauf der Gr<strong>und</strong>lage des <strong>Naturschutz</strong>gesetzesdes Landes Sachsen-Anhalt, aufder auch e<strong>in</strong>e gegebenenfalls erforderlicheschnelle Schongebietsausweisung möglichist.In den Schutz- <strong>und</strong> Schongebieten nimmtdie trappengerechte landwirtschaftlicheNutzung e<strong>in</strong>e Schlüsselposition e<strong>in</strong>. Um sieentsprechend den Schutzempfehlungendes Artenhilfsprogramms lenken zu können,s<strong>in</strong>d die Anliegen des Schutzes derGroßtrappe <strong>in</strong> der „Richtl<strong>in</strong>ie über die Gewährungvon Zuwendungen zur Förderungvon Maßnahmen der naturschutzgerechtenFlächennutzung <strong>und</strong> zur Pflegeder Landschaft <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt“ gebührendberücksichtigt worden. Damitkann e<strong>in</strong>e notwendige Verm<strong>in</strong>derung desNähr- <strong>und</strong> Fremdstoffe<strong>in</strong>trags <strong>und</strong> die Entwicklunge<strong>in</strong>er ökologisch orientiertenAnzahl der Vögel1990/91 1994/95Zerbster Land 12 - 17 3 - 5Magdeburger Börde 5 - 9 4Fiener Bruch 5 - 12 6 - 9Trüben (mit Untere Havel <strong>und</strong> Altmark) 3 - 7 2Stock tak<strong>in</strong>g concern<strong>in</strong>g the Great Bustard (Otis tarda) <strong>in</strong> s<strong>in</strong>gle areasTabelle 1: Bestandsermittlungenbei der Großtrappe(Otis tarda)<strong>in</strong> Sachsen-AnhaltJahrAnzahl der Vögel1940 8851970 150 - 1551975 1451979 75 - 1051980 110 - 1151981 50 - 651982 701983 85 - 1051984 70 - 1001985 50 - 701986 55 - 651987 401988 40 - 601989 30 - 401990 30 - 401991 20 - 301994/95 15 - 20Stock tak<strong>in</strong>g concern<strong>in</strong>g the GreatBustard (Otis tarda) <strong>in</strong> Saxony-AnhaltLandwirtschaft, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Großtrappene<strong>in</strong>standsgebieten,<strong>in</strong>ternationalenSchutzgebieten <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>gebieten,e<strong>in</strong>geleitet werden.Die Gewährleistung e<strong>in</strong>es ausreichendenRapsanbaus als bedeutende W<strong>in</strong>teräsungsgr<strong>und</strong>lagefür die Großtrappe hatbisher ke<strong>in</strong>e Schwierigkeiten bereitet. Esbedarf aber trotzdem e<strong>in</strong>er langfristigenAbsicherung e<strong>in</strong>es Fruchtartenanteils von10 % Raps <strong>in</strong> der Fruchtfolge. Dagegen istder Anbau von Luzerne von e<strong>in</strong>em durchschnittlichenFruchtartenanteil von 15 %derzeit auf unter 1 % gesunken, trotz Steigerungsempfehlungenvon 20 bis 25 %für Haupte<strong>in</strong>standsgebiete. Es ist bisher offenbarnicht deutlich genug herausgestelltworden, daß m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> Ackere<strong>in</strong>standsgebieten,<strong>in</strong>sbesondere die mehrjährigenLuzernefelder – möglichst aufausgedehnten Schlägen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Gemarkungsgrenzlagen– das ganze Jahr übere<strong>in</strong>e nahrungsreiche <strong>und</strong> störungsarme Lebensstättebieten, wenn sie nicht überhauptGr<strong>und</strong>lage ausreichender Lebensbed<strong>in</strong>gungens<strong>in</strong>d.Aus diesem Gr<strong>und</strong>e tritt für die ger<strong>in</strong>genVorkommen der Großtrappe auf Ackerlande<strong>in</strong>e notwendige langfristige allgeme<strong>in</strong>evogelschutzgerechte Anbauförderungauf ökologischer Gr<strong>und</strong>lage, beispielsweiseim S<strong>in</strong>ne der Entwicklung e<strong>in</strong>es<strong>in</strong>ternationalen Vogelschutzgebietes, etwaszurück gegenüber dr<strong>in</strong>genden Sofortmaßnahmenzur Erhaltung ausreichenderLebensstättenqualität an den wesentlichenAufenthaltsorten <strong>in</strong> den verbliebenen E<strong>in</strong>standsgebieten.Ausreichender Luzerneanbauspeziell für die Großtrappe ist <strong>in</strong> denHaupte<strong>in</strong>ständen unbed<strong>in</strong>gt erforderlich.Analog ist <strong>in</strong> den Grünlande<strong>in</strong>standsgebietenneben e<strong>in</strong>er Bewirtschaftung auf ökologischerGr<strong>und</strong>lage auf den als Aufenthaltsortbekannten Äckern <strong>in</strong> Grenzlageoder <strong>in</strong> Form von Großtrappen-SchutzstreifenLuzerne- <strong>und</strong> Rapsanbau zu fördern.Auch wenn der drastische Rückgang derArt nur ger<strong>in</strong>ge Erwartungen für e<strong>in</strong>e Bestandsstabilisierungaufkommen läßt, s<strong>in</strong>dweitere Bemühungen um die Erhaltungder Reliktvorkommen der Großtrappe e<strong>in</strong>e<strong>Naturschutz</strong>aufgabe von hohem Rang.3. ZusammenfassungWie <strong>in</strong> weiten Teilen des Verbreitungsgebieteserfolgte auch <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt e<strong>in</strong>erheblicher Bestandsrückgang der Großtrappe(Otis t. tarda L., 1758). Dabei wurdenWechselbeziehungen zwischen denVorkommens<strong>in</strong>seln deutlich, die durchSchutzmaßnahmen bee<strong>in</strong>flußbar s<strong>in</strong>d.Vielfältige Schutzmaßnahmen haben e<strong>in</strong>eBestandsstabilisierung nicht erreichen können.Doch werden die Bemühungen umdie Erhaltung der Reliktvorkommen derArt mit e<strong>in</strong>er Orientierung auf wirksameSofortmaßnahmen wie Luzerneanbau <strong>in</strong>geeigneter Lage fortgesetzt.SummaryAs <strong>in</strong> many areas of the distribution area animmense decrease of the amount of GreatBustards took also place <strong>in</strong> Saxony-Anhalt(Otis t. tarda L., 1758). In this connectioncorrelations between the places of existencebecame obvious that are to <strong>in</strong>fluenceby protective measures.Various protective measures could notreach a stabilization of the stock. But theefforts towards the preservation of relictsof the species will be cont<strong>in</strong>ued by orientat<strong>in</strong>gon efficient immediate measures likethe cultivation of lucerne <strong>in</strong> appropriateplaces.LiteraturDORNBUSCH, M. 1985: Bestandsentwicklung <strong>und</strong> Bestandsstützungder Großtrappe im E<strong>in</strong>standsgebietSteckby, Zerbster Land. -Ber. 4. Sympos. GroßtrappeDDR 1983. -Halle: 33 - 36DORNBUSCH, M. 1987: Zur Dispersion der Großtrappe(Otis tarda). -Ber. Vogelwarte Hiddensee 8: 49 - 54DORNBUSCH, M. 1988: Otis tarda L. - Großtrappe. -In: BRIESEMEISTER, E. et al.: Avif. Übersicht NonpasseriformesMittelelbe-Börde. Teil 2. -Magdeburg: 4DORNBUSCH, M. 1990: Schutz der Großtrappe imZerbster Land. -Ber. Dtsch. Sekt. Int. Rat Vogelschutz29: 49 - 52DORNBUSCH, M. 1992, 1994: Großtrappe. Artenhilfsprogrammdes Landes Sachsen-Anhalt. Inform.M<strong>in</strong>. Umwelt <strong>Naturschutz</strong> Sachsen-Anhalt: 1 - 15MÜLLER, J. 1971: Zum Vorkommen <strong>und</strong> zur Ökologieder Großtrappe <strong>in</strong> der Magdeburger Börde. -Arch. <strong>Naturschutz</strong>u. Landschaftsforsch. 11: 53 - 69VerfasserDr. Max DornbuschStaatliche VogelschutzwarteSteckby/Sachsen-AnhaltZerbster Straße 7D - 39264 Steckby


30 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 30-36BERND LUDWIG 1Neue Ergebnisse zum Bestand, zur Brutbiologie <strong>und</strong> -ökologiesowie zum Schutz der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758) <strong>in</strong>der Notte-Niederung südlich von Berl<strong>in</strong>1. E<strong>in</strong>leitung <strong>und</strong>MethodeE<strong>in</strong>e der am kont<strong>in</strong>uierlichsten untersuchtenGroßtrappenpopulationen Deutschlandshat ihr E<strong>in</strong>standsgebiet im Grenzbereichder jetzigen Landkreise Dahme-Spreewald (bis 1993 Altkreis Königs Wusterhausen)<strong>und</strong> Teltow-Fläm<strong>in</strong>g (bis 1993Altkreis Zossen) im B<strong>und</strong>esland <strong>Brandenburg</strong>(bis 1990 Teilbezirk Potsdam).Schon von 1880 bis 1945 liegen <strong>in</strong> unregelmäßigenAbständen Bestandszahlensowie brutbiologische Angaben vor (11.Jahresbericht 1888, ENGEL 1889, HESSE1911, 1912, 1914, 1936; H. 1889,HOCKE 1909/10, LUTZ 1934, 1939;SCHALOW 1876, 1919; WALTER 1972).Seit 1950 wurde diese Großtrappenpopulationlückenlos untersucht von GEWALT(1951, 1954, 1959, 1963, 1965), WALTER(1972) <strong>und</strong> LUDWIG (1960, 1970, 1974,1983; LITZBARSKI <strong>und</strong> LOEW 1983RUTSCHKE u. MIETH 1966, RUTSCHKE1972, 1983, 1987).Nach e<strong>in</strong>er Zwischenbilanz 1958 bis 1982(LUDWIG 1983) soll nun der Niedergangder Population <strong>in</strong> den letzten 10 Jahrendargestellt werden. Dabei s<strong>in</strong>d die Bestandszahlenüberwiegend das Ergebniseigener Beobachtungen. Der Herbst- <strong>und</strong>W<strong>in</strong>terbestand entsprach <strong>in</strong> der Regel demBrutbestand. Die genauesten Erfassungenwurden im W<strong>in</strong>ter auf den W<strong>in</strong>terrapsfelderndurchgeführt. Bei den Zählungen sowieder Meldung von Gelegef<strong>und</strong>en wurdeder Autor besonders durch die LandwirteE. Müßigbrodt <strong>und</strong> W. Stefaniack derLPG (P) Mittenwalde (ab 1990 MärkischeAgrargenossenschaft Mittenwalde), dieJäger M. Bernhardt (Telz), W. Brandt (Mittenwalde),E. Fiedler (†), H. <strong>und</strong> K. Hoffmann(Rangsdorf) sowie die von OrnithologenL. Henschel (Dabendorf), T. Knuth(Berl<strong>in</strong>) <strong>und</strong> I. Mertens (Dabendorf) unterstützt.2. Das E<strong>in</strong>standsgebietDas Haupte<strong>in</strong>standsgebiet dieser Großtrappenpopulationist nach wie vor diesüdlich von Berl<strong>in</strong> gelegene Notte-Zülow-Kanal-Niederung mit den Feldfluren derStadt Mittenwalde (Dahme-Spreewald)<strong>und</strong> der Geme<strong>in</strong>den Telz (Dahme-Spreewald)<strong>und</strong> Groß Machnow (Teltow-Fläm<strong>in</strong>g).Während sich das Gebiet im Vergleichzu 1982 (LUDWIG 1983) kaum veränderte,gibt es vergleichsweise zu den60er Jahren e<strong>in</strong>schneidende Veränderungen(Tab. 1).Tabelle 1: Veränderungen imHaupte<strong>in</strong>standsgebietJahr Hauptschon- Balzplatzgebiet (ha) (ha)Wiese Acker Wiese Acker1960 760 690 325 351995 300 1150 70 290Changes <strong>in</strong> ma<strong>in</strong> habitatsAbb. 1Großtrappenhähne äsen auf dem Balzplatz bei Mittenwalde.Foto: B. LudwigCocks of Great Bustards graze on a mat<strong>in</strong>g place near Mittenwalde.Nach den großen Komplexmeliorationenmit katastrophalen Entwässerungen 1970/71 im Balz- <strong>und</strong> Brutgebiet wurden vielenaturnahe Wiesen umgebrochen <strong>und</strong> darausmit hohem E<strong>in</strong>satz von m<strong>in</strong>eralischenDüngern <strong>und</strong> Bioziden Ackerland mit wildpflanzen-<strong>und</strong> tierfe<strong>in</strong>dlichen Monokulturengeschaffen. Noch 1988 verwirklichtedie Meliorationsgenossenschaft (MG) Zossene<strong>in</strong>e Meliorationsmaßnahme (Entwässerung)<strong>in</strong> den naturnahen Wiesen südwestlichdes <strong>Naturschutz</strong>gebietes (NSG)„Prierow-See“ trotz E<strong>in</strong>spruchs der <strong>Naturschutz</strong>verantwortlichenauf Antrag derLandwirtschaftlichen ProduktionsgenossenschaftLPG (P) Nächst Neuendorf, diedie Monograskultur <strong>in</strong> diesem Brutgebietförderte.Nach 1990 wurden wegen der ungewissenZukunft der Landwirtschaft viele bisher <strong>in</strong>tensivgenutzte Flächen stillgelegt. Dadurchkam es wieder zu e<strong>in</strong>er langsamenZunahme von Wildkräutern <strong>und</strong> Insekten.Mit der Neustrukturierung der Agrarge-1 Betreuer des Landschaftsschutzgebietes (LSG) <strong>und</strong> Internationalen Vogelschutzgebietes (IBA) „Notte-Niederung“ als Mitglied des <strong>Naturschutz</strong>beiratesim Auftrag des Umweltamtes des Landkreises Dahme-Spreewald


BERND LUDWIG: NEUE ERGEBNISSE ZUM BESTAND, ZUR BRUTBIOLOGIE UND -ÖKOLOGIE SOWIE ZUM SCHUTZ DER GROSSTRAPPE 31nossenschaften ist diesbezüglich seit 1992wieder e<strong>in</strong> Rückgang dieser Flächen zuverzeichnen. Durch die jahrzehntelangeAusbr<strong>in</strong>gung von Chemikalien (M<strong>in</strong>eraldünger<strong>und</strong> Biozide) s<strong>in</strong>d selbst jetztnoch die Wiesen auffallend arm an Pflanzen-<strong>und</strong> Insektenarten. Wegen des Zusammenbruchsder Tierproduktion könnendiese überwiegend nur noch mit Fördermittelnbewirtschaftet werden. Die Ackerflächenwerden nach wie vor von Agrargenossenschaften<strong>in</strong>tensiv mit allen negativenKonsequenzen für die Umwelt, speziellfür die Pflanzen- <strong>und</strong> Tierwelt, bearbeitet.Auch die jetzigen Hauptkulturen – Kartoffeln,Getreide (Roggen, Gerste), W<strong>in</strong>terraps– s<strong>in</strong>d nicht gerade „trappenfre<strong>und</strong>lich“.So bleiben für die Kükenaufzuchtnur die naturnahen Wiesen <strong>und</strong> Stilllegungsflächenum das NSG „Prierow-See“ sowie die mehrjährigen Stillegungsflächenzwischen Mittenwalde <strong>und</strong> Telz attraktiv.E<strong>in</strong>e 1995 von der AgrargenossenschaftGroß Machnow aus f<strong>in</strong>anziellenGründen aufgenommene „<strong>Landschaftspflege</strong>“mehrerer Wiesen mit R<strong>in</strong>dernwirkt sich durch die E<strong>in</strong>kopplung negativauf alle Großvogelarten aus.Der Herbst- <strong>und</strong> W<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>stand derGroßtrappen richtet sich nach dem Anbauvon W<strong>in</strong>terraps. Auf Gr<strong>und</strong> der Förderungdes Anbaues dieser Frucht durch die EuropäischeUnion (EU) ist im W<strong>in</strong>terhalbjahrpflanzliche Nahrung <strong>in</strong> großen Mengenvorhanden. Allerd<strong>in</strong>gs wird der Raps mitHerbiziden <strong>und</strong> Insektiziden behandelt, sodaß Wildkräuter <strong>und</strong> Insekten stark bee<strong>in</strong>trächtigtwerden. Höhere Schneelagengab es <strong>in</strong> den letzten Jahren nicht, so daßtrotz fehlenden Anbaus von Rosenkohlke<strong>in</strong>e Nahrungsprobleme im W<strong>in</strong>ter auftraten.Inwieweit sich die jahrzehntelangeAufnahme von mit Bioziden behandeltenPflanzen allerd<strong>in</strong>gs auf die Ges<strong>und</strong>heit sowiedie Fortpflanzung der Trappen auswirkt,ist nicht bekannt.Der Hauptbalzplatz bef<strong>in</strong>det sich auf denweitläufigen Wiesen zwischen Mittenwalde<strong>und</strong> Telz. Seit 1986 existiert hier e<strong>in</strong>eWeißkleefläche (4 ha), die als Futterfläche<strong>und</strong> zur besseren Entwicklung von Wirbellosen<strong>und</strong> Feldmäusen als wichtige Glieder<strong>in</strong> der Nahrungskette frühestens Ende Augustgemäht wird. Auf diesem jetzt wildkrautreichenWeißkleefeld <strong>und</strong> den dortseit 1990 angelegten Stillegungsflächenhat der Artenreichtum <strong>in</strong> den letzten Jahrenwieder zugenommen. Allerd<strong>in</strong>gs wirktensich seit 1990 verstärkte Störungendurch Touristen <strong>und</strong> Ausflügler, die ihregroßen H<strong>und</strong>e meist frei laufen lassen, <strong>und</strong>durch Reiter, die sich z.T. nicht an WegeTabelle 2: Großtrappe (Otis tarda L.) - Bestandsentwicklung <strong>in</strong> der Notte-NiederungJahr Gesamt- Männ- Weib- Quellebestand chen chen1890 250 GOLDMANN <strong>in</strong> WALTER (1972)1915 230 WALTER (1972)1934 192 LUTZ (1935)1939 320 LUTZ (1939)1940-45 190 WALTER (1972)1950 75 25 50 GEWALT (1982, schriftl.)1960 54 16 38 1960-1982 LUDWIG1961 57 20 371962 60 23 371963 55 19 361964 62 19 431965 63 21 421966 63 21 421967 50 21 291968 55 19 361969 64 20 441970 46 13 331971 35 11 241972 42 11 321973 43 10 331974 45 9 361975 45 9 361976 42 8 341977 41 13 281978 36 12 241979 21 8 131980 25 9 161981 20 8 121982 18 7 111983 18 7 11 1983-1995 LUDWIG (1995)1984 18 7 111985 15 7 81986 17 8 91987 14 7 71988 11 4 71989 10 4 61990 10 4 61991 8 3 51992 8 3 51993 8 3 51994 8 3 51995 5 2 3Great Bustard (Otis tarda) - Development of the Stock <strong>in</strong> the hollow Nottehalten, sehr negativ auf den Balzbetriebder Großtrappen sowie auf alle anderenGroßvogelarten (Großer Brachvogel, Kranich,Gänse) <strong>und</strong> das Wild aus. Deshalbmußte das Balzgebiet ausgeschildert <strong>und</strong>z.T. mit Schlagbäumen gesperrt werden.Der Bau e<strong>in</strong>es Betonwarenwerkes, ca. 200m von der Balzwiese entfernt, engt den Lebensraumder Großtrappen weiter e<strong>in</strong>.Das Brutgebiet hat sich <strong>in</strong> den letzten 10Jahren immer mehr auf die noch naturnahen,wildpflanzen- <strong>und</strong> <strong>in</strong>sektenreichenWiesen zwischen Telz <strong>und</strong> Zossen um dasNSG „Prierow-See“ verlagert.3. BestandsentwicklungDer sich schon bis 1982 abzeichnendeRückgang der Population (LUDWIG 1983)setzte sich danach fort <strong>und</strong> hatte Ende1994 se<strong>in</strong>en stärksten E<strong>in</strong>bruch (Tab. 2).Im Beobachtungszeitraum kam es nachder katastrophalen W<strong>in</strong>terflucht 1978/79<strong>und</strong> 1981/82 nur noch 1986/87 zur verstärktenAbwanderung von Großtrappenwegen Kältee<strong>in</strong>bruchs. Danach waren dieW<strong>in</strong>ter weitgehend mild, <strong>und</strong> die Großtrappenblieben <strong>in</strong> ihrem heimischen E<strong>in</strong>standsgebiet.Nachdem am 5.4.88 1 ad. e auf derBalzwiese vermutlich von e<strong>in</strong>em wilderndenH<strong>und</strong> gerissen wurde, hielt sich dasVerhältnis e : d = 1 : 1,7 bis Ende 1994. Seit1990 wurden im Großtrappenrevier immerhäufiger Seeadler beobachtet. Am 8.4. beobachteteder Autor mit Berl<strong>in</strong>er Ornithologenden erfolglosen Angriff e<strong>in</strong>es immaturenSeeadlers auf e<strong>in</strong>e Großtrappengruppe(1 e, 3 d). Danach konnten längereZeit ke<strong>in</strong>e Trappen auf dem Balzplatz


32 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 2Zur Rettung von Trappengelegen <strong>und</strong> zur Absicherung e<strong>in</strong>er trappenfre<strong>und</strong>lichenLandwirtschaft ist e<strong>in</strong>e enge Zusammenarbeit mit den Bauernunerläßlich.Foto: B. LudwigA close cooperation with the farmers is essential for sav<strong>in</strong>g the clutches ofGreat Bustards and cover<strong>in</strong>g an extensive landuse.Abb. 3E<strong>in</strong> Großtrappenbrutplatz – naturnahe Feuchtwiese im NSG Prierow-SeeFoto: B. LudwigBread<strong>in</strong>g-gro<strong>und</strong> of Great Bustards – wet grasland <strong>in</strong> the nature reserve LakePrierowgesichtet werden. Auch <strong>in</strong> den Folgejahrenwaren nach dem Verweilen von zwei Seeadlernim W<strong>in</strong>ter die Trappen aus dem E<strong>in</strong>standsgebietverschw<strong>und</strong>en. Im Dezember1994 hielt sich 1 adulter Seeadler längereZeit im Gebiet auf, um auf die dort überw<strong>in</strong>terndenSaat- <strong>und</strong> Bleßgänse zu jagen.Ob man nun ihm, den häufiger gewordenenFüchsen oder anderen Umständen imZusammenhang mit e<strong>in</strong>er Klage des <strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong>es<strong>Brandenburg</strong> (NABU) gegenden Bau e<strong>in</strong>es Betonwarenwerkes amRande des Großtrappenbalzgebietes dieSchuld am Tod e<strong>in</strong>es der letzten alten Hähnegeben muß, sei dah<strong>in</strong>gestellt. Jedenfallswurden am 17.12.94 dieser Hahn <strong>und</strong> 3Abb. 4Großtrappenhahn<strong>in</strong> Vollbalz aufFutterroggenFoto: B. LudwigGreat Bustard cockdur<strong>in</strong>g the ma<strong>in</strong><strong>in</strong>gseason on a feedrye fieldHennen noch auf dem W<strong>in</strong>terraps östlichvon Groß Machnow (Teltow-Fläm<strong>in</strong>g) vonmehreren Jägern <strong>und</strong> Ornithologen beobachtet,ohne daß Krankheits- oderSchwächeanzeichen zu erkennen waren.Am 18.12.94 wurde der Hahn dann totvon den zuständigen Jägern H. u. K. Hoffmannca. 200 m vom Standort des Vortagesnordwestlich von Telz (Dahme-Spreewald)gef<strong>und</strong>en. Bei e<strong>in</strong>er Nachsuche am21.12.94 fand der Autor nur noch Knochenmit Fleischresten <strong>und</strong> Federn. E<strong>in</strong>eUntersuchung der Knochen im Potsdam-Museum, Bereich Natur <strong>und</strong> Umwelt ergabke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise auf die Todesursache(M. Feiler, mündlich). Es ist sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich,daß e<strong>in</strong> Fuchs den äußerlich ges<strong>und</strong>enTrapphahn riß, zumal ich oft„mäuselnde“ Füchse auf der Balzwiese <strong>in</strong>ger<strong>in</strong>ger Entfernung von den Großtrappenbeobachten konnte, ohne daß sie sich ume<strong>in</strong>anderkümmerten. Auf große H<strong>und</strong>ereagieren Trappen jedoch sofort mitFluchtbereitschaft. Seit dem Tod diesesHahnes waren alle Trappen im gesamtenE<strong>in</strong>standsgebiet verschw<strong>und</strong>en. Erst vom16.3.95 bis 9.4.95 konnte ich e<strong>in</strong>e Hennewieder auf e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>terrapsfeld östlichBrusendorf (Dahme-Spreewald) beobachten,welche am 14.4.95 erstmalig auf demBalzplatz westlich Mittenwalde erschien.Sie hielt sich immer <strong>in</strong> großer Entfernung(ca. 1 km) von dem nun schon fertig gestelltenTeil des Betonwarenwerkes auf<strong>und</strong> scheute ganz offensichtlich vor demmassiven Bau <strong>in</strong> der sonst offenen Landschaft.Es blieb im April 1995 auch die e<strong>in</strong>zigeHenne, e<strong>in</strong> Althahn stellte sich nichte<strong>in</strong>, so daß erstmalig ke<strong>in</strong>e Balz stattfand.Erst am 6.5.95 konnte ich mit anderen Beobachterne<strong>in</strong>em ca. 2jährigen Hahn nordwestlichvon Telz bei der unvollständigenBalz <strong>und</strong> bei Attacken auf zwei Kiebitzbrutpaarezusehen. Die Henne lief am22.6.95 ohne Küken auf e<strong>in</strong>em abgemähtenSaatgrasfeld mit viel Wildkräuternnordwestlich Telz umher. Diese Henne <strong>und</strong>der Junghahn standen noch bei Abschlußdes Manuskriptes Ende November 1995regelmäßig zwischen Mittenwalde, Telz<strong>und</strong> Groß Machnow meist auf W<strong>in</strong>terraps.Zeitweise wurden von Jägern (H. u. K.Hoffmann) auch 5 Exemplare (2 e, 3 d)zwischen diesen Geme<strong>in</strong>den <strong>und</strong> von


BERND LUDWIG: NEUE ERGEBNISSE ZUM BESTAND, ZUR BRUTBIOLOGIE UND -ÖKOLOGIE SOWIE ZUM SCHUTZ DER GROSSTRAPPE 33Landwirten (R. Fiedler, E. Müßigbrodt) am23.10. <strong>und</strong> 25.10.1995 auf Luzerne <strong>und</strong>W<strong>in</strong>terraps bei Rotberg (Dahme-Spreewald)beobachtet. Am 21.10.1995 flog e<strong>in</strong>adulter Seeadler e<strong>in</strong>en erfolglosen Angriffauf ca. 200 Kraniche, die <strong>in</strong> der Zülow-Kanal-Niederungstanden (T. Knuth). DieseAnwesenheit e<strong>in</strong>es Seeadlers <strong>und</strong> dasmehrfache Verjagen der Saat- <strong>und</strong>Bläßgänse sowie der Kraniche von denlandwirtschaftlichen Kulturen durch dieLandwirte der Agrargenossenschaft GroßMachnow könnten die Ursache für denWegflug der Trappen aus ihrem traditionellenE<strong>in</strong>standsgebiet se<strong>in</strong>. Genauso negativwirkt sich die jetzt verstärkte Gänsejagdim Großtrappengebiet aus. Da momentannur noch mit 5 Großtrappen (2 e,5 d) zu rechnen ist, dürfte der über e<strong>in</strong>Jahrh<strong>und</strong>ert kontrollierte Großtrappene<strong>in</strong>stand<strong>in</strong> der Notte-Niederung mit dem bekanntestenBalzplatz vor den Toren Berl<strong>in</strong>swohl bald endgültig verloren gehen.4. Die Gelege <strong>und</strong>JungvögelVon den von 1983 bis 1991 gef<strong>und</strong>enenGelegen befanden sich 8 <strong>in</strong> den oder umdie erwähnten naturnahen <strong>und</strong> für dieKükenaufzucht geeigneten Wiesen zwischenTelz <strong>und</strong> Zossen. Das letzte Gelegeaußerhalb dieses Raumes wurde 1983 <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er Wiese bei Mittenwalde ausgemäht.Tabelle 3 gibt Auskunft über die Gelege<strong>und</strong> Jungtiere von 1962 bis 1995 (s. a.LUDWIG 1983). Die meisten Gelege waren<strong>in</strong> naturnahen Wiesen (55 = 38,7 %)oder <strong>in</strong> der Nähe von Wiesen, Luzerne<strong>und</strong>Kleefeldern (Tab. 4 u. LUDWIG 1983).3 Gelege wurden noch 1989 <strong>in</strong> Wiesenausgemäht. Für 1991 muß das letzte Gelege<strong>in</strong> naturnaher Wiese oder Stillegungsflächenördlich des NSG „Prierow-See“vermutet werden. Hier waren auch bis1995 brutverdächtige Hennen zu beobachten.Die Flächen wurden deshalb erstim September/Oktober gemäht. 107 Gelege(75,4 %) enthielten 2 Eier, 25(17,6 %) 1 Ei <strong>und</strong> nur 10 (7,0 %) 3 Eier(Tab. 5). Das letzte Gelege mit 3 Eiern wurde1977 entdeckt.Gelege, die durch landwirtschaftliche Arbeitenfreigemäht oder anderweitig gestörtwurden, kamen nach sorgfältigerPrüfung durch die örtlichen Fachleute zurkünstlichen Bebrütung <strong>und</strong> anschließenderAufzucht <strong>in</strong> den Tierpark Berl<strong>in</strong> (ab 196245 Eier), die Biologische Station Steckby(ab 1975 8 Eier) <strong>und</strong> die <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow (ab 1979 24 Eier). Die letztenEier (3) gelangten 1989 zur Aufzucht nachTabelle 3: Großtrappe (Otis tarda L.) - Gelege, Eier <strong>und</strong> Junge <strong>in</strong> derNotte-NiederungJahr 1962- 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 941982Gelege 134 1 0 0 1 1 2 3 0 1 0 0 0Eier 258 2 0 0 2 1 2 4 0 ? 0 0 0davon zurAufzucht 70 2 0 0 0 0 2 3 0 0 0 0 0Tierpark Berl<strong>in</strong> 45Biolog. StationSteckby 8<strong>Naturschutz</strong>stationBuckow 17 2 2 3BeobachteteJunge 68 1 1 1 0 0 0 1 0 1 0 0 0Flügge Junge 35 1 1 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0Great Bustard (Otis tarda) - Nests, eggs and juvenile birds <strong>in</strong> the Notte-lowlandTabelle 4: Großtrappe (Otis tardaL.) - Kulturarten, <strong>in</strong>denen Gelege gef<strong>und</strong>enwurden (Notte-Niederung1962 bis 1989)Kulturart Gelegezahl %Wiese 55 38,7Futterroggen 26 18,3Kartoffeln 19 13,4Klee 7 4,9W<strong>in</strong>tergerste 7 4,9Luzerne 5 3,5W<strong>in</strong>terroggen 5 3,5Mais 4 2,8Sommergerste 3 2,1W<strong>in</strong>terweizen 2 1,4Kleegras 1 0,7Erbse-Wicke 1 0,7Seradella 1 0,7Lup<strong>in</strong>en 1 0,7Erbsen 1 0,7Hafer 1 0,7Zwiebel 1 0,7Futterroggenstoppel1 0,7unbestellterAcker 1 0,7Great Bustard (Otis tarda) - Number ofclutch <strong>in</strong> different field crops (Notte –lowland 1962 – 1989)Buckow. In jedem Fall wurde der weiterenBebrütung durch die Henne im FreilandVorrang e<strong>in</strong>geräumt. Nur wenn das Gelegevon ihr für immer verlassen wurde odernach dem Freimähen die Gefahr der Zerstörungdurch Prädatoren bestand, entschiedensich die Mitglieder der KreisarbeitsgruppeGroßtrappenschutz für diekünstliche Bebrütung.Das letzte ca. 20 Tage alte Küken beobachtetenM. Bernhardt, C. u. L. Henschelvom 5. bis 8.7.91 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>jährigen Stillegungsflächenördlich des NSG „Prierow-See“. Leider wurde diese Fläche noch imTabelle 5: Großtrappe (Otis tardaL.) - Eizahl der Gelege(1962 bis 1989) <strong>in</strong> derNotte-NiederungEizahl Gelegezahl %(n = 269) (n = 142)1 25 17,62 107 75,43 10 7,0Great Bustard (Otis tarda) - Number ofdifferent clutch-size <strong>in</strong> the Notte-lowland(1962 bis 1989)Juli ohne Absprache mit den <strong>Naturschutz</strong>behörden<strong>und</strong> den örtlichen Betreuerngemäht <strong>und</strong> das Küken dabei vermutlichzermäht.Das letzte flügge Jungtier (e ) aus dem Jahr1989 beobachtete der Autor am 18.10.89letztmalig nordöstlich von Groß Machnow.Am 23.12.89 fand e<strong>in</strong> Schäfer dort e<strong>in</strong>enFlügel, der wohl von diesem Tier stammte.5. Ursachen desZusammenbruchs derPopulationDie Hauptursache des katastrophalenRückganges <strong>und</strong> schließlich des Zusammenbruchsder Großtrappenpopulation ist<strong>in</strong> der Intensivierung der <strong>in</strong>dustriemäßigenlandwirtschaftlichen Produktion der letzten30 Jahre zu suchen. Für Gelege <strong>und</strong>Küken bestanden kaum Überlebensmöglichkeiten,so daß die Überalterung der Populationabzusehen war.5.1 Die GelegeDie Ursachen für die Gelegeverluste zeigtTabelle 6 (s. a. LUDWIG 1983). Da dielandwirtschaftlichen Arbeiten <strong>in</strong> dieHauptbrutperiode fallen, werden fast alle


34 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Tabelle 7: Großtrappe (Otis tardaL.) - nachgewieseneAltvogelverluste 1960-1994, n = 31 (12 e,19 d)Anflug an Freileitungen 3 e, 4 dRiß durch wildernde H<strong>und</strong>e 4 e, 2 dVerletzung bzw. Tötung auf- dem Gelege durch Mahd 6 d- Nahrungsmangel im W<strong>in</strong>ter 2 dUnbekannte Ursachen 5 e, 5 d,davon 1fasterbl<strong>in</strong>detGreat Bustard (Otis tarda) - Loss of birdsadult (1960 bis 1994, n = 31 [12 e,19d])Erst- <strong>und</strong> meist auch die Zweitgelege ausgemäht,vernichtet oder gestört. Alle e<strong>in</strong>geleitetenMaßnahmen, wie z.B. die Anlagevon Futterkulturen seit 1986 oder dieAusweisung von mehrjährigen Stillegungsflächenmit absoluter Bearbeitungsruhewährend der Brutzeit ab 1990 kamenm<strong>in</strong>destens 20 Jahre zu spät.5.2 Die nicht flüggen JungenNeben witterungsbed<strong>in</strong>gten Faktoren(Kälte, Nässe) <strong>in</strong> der ersten Lebenswochedürfte auch hier die <strong>in</strong>tensive landwirtschaftlicheBearbeitung an erster Stelle derTodesursachen stehen (LUDWIG 1983).H<strong>in</strong>zu kommt die durch jahrzehntelangeAnwendung von Bioziden e<strong>in</strong>getretene Insektenarmut,selbst auf den Wiesen, sowiedas für die Küken ungünstige Mikroklima<strong>in</strong> den dichten Monokulturen. Von 73 beobachtetenJungvögeln wurden vermutlichnur 39 (53,4 %) flügge. Die wirklicheMortalitätsrate ist allerd<strong>in</strong>gs nicht zu ermitteln,da e<strong>in</strong> großer Teil der Küken nichtbemerkt wird.5.3 Die AltvögelIm Beobachtungszeitraum wurden 31adulte Großtrappen (12 e, 19 d) tot oderverletzt gef<strong>und</strong>en (LUDWIG 1983). DieTodesursachen s<strong>in</strong>d aus Tabelle 7 ersichtlich.Daß eventuell auch der Seeadler alsFe<strong>in</strong>d für erwachsene Trappen auftretenTabelle 6: Großtrappe (Otis tarda L.) - Gelegeverluste 1962 bis 1989Verlustursache Gelegezahl %Mahd 77 68,8Störung durch Biozid <strong>und</strong> Düngerausbr<strong>in</strong>gung 14 12,5Sonstige Feldarbeiten 15 13,4Störung durch Mensch <strong>und</strong> H<strong>und</strong> 6 3,4Great Bustard (Otis tarda) - Loss of nests (1962 bis 1989)Abb. 5Schlüpfendes GroßtrappenkükenFoto: B. LudwigHatch<strong>in</strong>g Great Bustard chickkann, beweisen die Beobachtungen von1990 <strong>und</strong> 1995. Auch illegaler Abschuß istneuerd<strong>in</strong>gs nicht auszuschließen. Durche<strong>in</strong>e verstärkte Tollwutimmunisierung derFüchse <strong>und</strong> fehlende f<strong>in</strong>anzielle Anreizeder Jägerschaft für den Abschuß <strong>in</strong> denletzten Jahren könnte auch die Bestandszunahmedieses Prädators die Trappenpopulationnegativ bee<strong>in</strong>flußt haben.6. SchutzmaßnahmenSeit etwa 1950 gibt es <strong>in</strong>tensive Schutzbemühungen(LUDWIG 1983) im beschriebenenE<strong>in</strong>standsgebiet, die überwiegendvon ehrenamtlich tätigen, ansässigen<strong>Naturschutz</strong>verantwortlichen, wie W. HEI-NELT (ILN 1974) <strong>und</strong> K. WALTER (1972),geleistet wurden.Zwischen 1950 <strong>und</strong> 1960 bemühte sich W.GEWALT (1951, 1954, 1959), der hier se<strong>in</strong>ewissenschaftlichen Freilandarbeiten ander Großtrappe durchführte, auch um derenSchutz. Seit 1960 versuchte der Autordann <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Freizeit, neben regelmäßi-gen Bestandserfassungen <strong>und</strong> unzähligenBeobachtungen zur Biologie der Art, die imLebensraum der Großtrappe tätige Bevölkerungfür den Schutz der Art zu gew<strong>in</strong>nen.Nach der Gründung e<strong>in</strong>er lockeren„Arbeitsgruppe für Großtrappenschutz“aus Ornithologen, Naturschützern, Jägern<strong>und</strong> Landwirten gab es mit Hilfe staatlicher,gesellschaftlicher <strong>und</strong> wissenschaftlicherInstitutionen Bemühungen, zentraleRegelungen für e<strong>in</strong>en wirksamen Schutzder Großtrappen, <strong>in</strong>sbesondere der Gelege<strong>und</strong> Küken, zu erreichen. Das Ergebnis war1970 e<strong>in</strong>e „Vere<strong>in</strong>barung zum Schutz <strong>und</strong>zur Hege der Großtrappe <strong>in</strong> den KreisenKönigs Wusterhausen <strong>und</strong> Zossen“ (LUD-WIG 1970, 1974). Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieserVere<strong>in</strong>barung wurde e<strong>in</strong> Großtrappenschongebietmit e<strong>in</strong>er Fläche von 3 890 haausgewiesen (HEIDECKE, LOEW, MANSIK1983). Leider wurde dieses Schongebiet1975 nur durch e<strong>in</strong>en Kreisratsbeschluß<strong>und</strong> 1985 durch e<strong>in</strong>en Kreistagsbeschlußim ehemaligen Kreis Königs Wusterhausengesichert. Die verantwortlichen staatlichenStellen im ehemaligen Kreis Zossen verstandenes immer wieder, e<strong>in</strong>en derartigenBeschluß h<strong>in</strong>auszuschieben, auch <strong>in</strong> Zusammenarbeitmit den Vorsitzenden derdortigen LPGen, so daß <strong>in</strong> diesem Teilbereichbis heute ke<strong>in</strong> gesetzliches Großtrappenschongebietexistiert.1990 ergriff der Autor dann sofort die Initiative<strong>und</strong> reichte e<strong>in</strong>en Antrag auf e<strong>in</strong>kreisübergreifendes „Important Bird Area<strong>in</strong> Europe-IBA“ noch beim damaligen Rat


BERND LUDWIG: NEUE ERGEBNISSE ZUM BESTAND, ZUR BRUTBIOLOGIE UND -ÖKOLOGIE SOWIE ZUM SCHUTZ DER GROSSTRAPPE 35des Bezirkes Potsdam e<strong>in</strong>. Dieser Antragwurde vom M<strong>in</strong>isterium für Umwelt, <strong>Naturschutz</strong><strong>und</strong> Raumordnung (MUNR) desLandes <strong>Brandenburg</strong> erst am 22.4.91 andas B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Umwelt, <strong>Naturschutz</strong><strong>und</strong> Reaktorsicherheit weitergeleitet<strong>und</strong> ruht vermutlich noch bei der EU-Kommission <strong>in</strong> Brüssel.Gleichzeitig wurde geme<strong>in</strong>sam mit L. Henschele<strong>in</strong> begründeter Antrag auf e<strong>in</strong> LSG„Notte-Niederung“ im ehemaligen KreisZossen erarbeitet. Mit der Unteren <strong>Naturschutz</strong>behördepräzisierten wir beide diesenAntrag <strong>und</strong> erstellten e<strong>in</strong>e entsprechendeKarte. Am 15.6.92 wurde das LSGvom Kreistag Zossen e<strong>in</strong>stweilig gesichert.Für den Autoren auf unerklärliche Weisewurde e<strong>in</strong>e Korrektur der Grenzen des LSGzugunsten e<strong>in</strong>es Betonwarenwerkes derFirma KANN GmbH, Bendorf bei Koblenz,<strong>in</strong> ca. 200 m Entfernung von der Balzwieseder Großtrappen ohne E<strong>in</strong>verständnisdes NABU durchgeführt. Inzwischen ist diee<strong>in</strong>stweilige Sicherung für ungültig erklärtworden, da die Veröffentlichung im Amtsblatterst am 30.6.92 erfolgte, zur gleichenZeit das <strong>Brandenburg</strong>ische <strong>Naturschutz</strong>gesetz<strong>in</strong> Kraft trat <strong>und</strong> somit der Kreistag fürdie LSG-Ausweisung nicht mehr zuständigwar.3 Klagen des NABU, Landesverband <strong>Brandenburg</strong>,gegen den Standort des Betonwarenwerkeshatten bisher folgendes Ergebnis:- Im Normenkontrollverfahren vor demOberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder)wurde die Befugnis des NABU abgelehnt.- E<strong>in</strong>e immisionsschutzrechtliche Klagevor dem Verwaltungsgericht Potsdam:es wurde zunächst 1994 Baustopp verfügt.1995 wurde der Baustopp vomOberverwaltungsgericht (OVG) Frankfurt(Oder) wieder aufgehoben. MitAbb. 6Mit dem Bau desBetonwarenwerkeswurde dieserBalzplatz beiMittenwalde imFrühjahr 1995erstmals seitJahrzehnten nichtmehr von denHähnen aufgesucht.Foto: B. LudwigWith the beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>gof the construction ofa concrete factory, <strong>in</strong>spr<strong>in</strong>g 1995 thismat<strong>in</strong>g place hasbeen avoided for thefirst time s<strong>in</strong>ce thelast decade.dem Urteil des Verwaltungsgerichtes(VW) Potsdam vom 31.8.1995 wurdedie immissionsschutzrechtliche Genehmigungfür rechtswidrig erklärt, da dieBelange des <strong>Naturschutz</strong>es nicht berücksichtigtworden s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> das Betonwarenwerkaus diesen Gründen zu unrechtan diesem Standort geplant worden sei.- Die EU-Klage, entsprechend der EU-Vogelschutzrichtl<strong>in</strong>ie,läuft noch (s.a. WOL-LE 1994).Am 8.5.95 wurde auf weitere Initiative desNABU (L. Henschel, B. Ludwig) <strong>und</strong> derUnteren <strong>Naturschutz</strong>behörden der LandkreiseDahme-Spreewald <strong>und</strong> Teltow-Fläm<strong>in</strong>gvom MUNR e<strong>in</strong> neues kreisübergreifendesLSG „Notte-Niederung“ zur endgültigenSicherung <strong>in</strong> die öffentliche Auslegunggebracht. Dieses LSG bef<strong>in</strong>det sichmomentan <strong>in</strong> der Abwägungsphase. Esbleibt zu hoffen, daß durch das Landschaftsschutzgebiet(LSG) mit den dar<strong>in</strong>liegenden NSG <strong>und</strong> Flächennaturdenkmalen(FND) die noch typischen märkischenLandschaften mit ihrer Artenvielfalt (z.B.210 Vogelarten, davon 73 <strong>in</strong> der Roten Liste<strong>Brandenburg</strong>s) erhalten bleiben.Der verstärkte Druck der Investoren im„Speckgürtel“ von Berl<strong>in</strong> wirkt sich sehrnegativ auf die Erhaltung der naturnahenLebensräume <strong>und</strong> der Artenvielfalt imGroßtrappene<strong>in</strong>standsgebiet aus. Jedekle<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de möchte bis zu 60 ha Gewerbe-<strong>und</strong> Industriegebiet haben, alle<strong>in</strong>das Amt Mittenwalde besitzt davon bisherca. 160 ha. H<strong>in</strong>zu kommen Wohnungsbau,Straßenbau, Sendemaste des Mobilfunkssowie der geplante Neubau e<strong>in</strong>er110-KV-Leitung zwischen den NSG„Prierow- <strong>und</strong> Horstfelder-Hechtsee“ <strong>und</strong>entlang des Notte-Kanals durch das LSG <strong>in</strong>Richtung Königs Wusterhausen. Die meistenEigentümer des Bodens s<strong>in</strong>d nur andessen günstigem Verkauf <strong>in</strong>teressiert, dieNatur <strong>und</strong> Umwelt spielen dabei für sieke<strong>in</strong>e Rolle. Die zunehmenden Ansiedlungenführen zum Druck der Menschen aufdas Umland. Viele stören dabei mit freilaufendenH<strong>und</strong>en, freigelassenen Katzen<strong>und</strong> durch unkontrolliertes Reiten dieempf<strong>in</strong>dlichen Tierarten <strong>und</strong> tragen damitzur weiteren Verarmung der Landschaftbei. Dadurch leider notwendig gewordeneSchilder <strong>und</strong> Schlagbäume werden des öfterenbeschädigt oder zerstört. Glücklicherweiseist der größte Teil des Bodens imGroßtrappene<strong>in</strong>standsgebiet des LandkreisesDahme-Spreewald durch die MärkischeAgrargenossenschaft Mittenwaldegepachtet. Hier besteht e<strong>in</strong>e besondersgute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>.Abschließend soll gesagt werden, daß sichdie Hoffnung des Autors auf e<strong>in</strong>e Verbesserungder Situation im Schutz bestandsbedrohterArten <strong>und</strong> allgeme<strong>in</strong> im <strong>Naturschutz</strong><strong>in</strong> der Notte-Niederung nach 1990leider bisher nicht erfüllt hat.7. ZusammenfassungVon 1960 bis 1995 wurde vom Verfassere<strong>in</strong>e Großtrappenpopulation südlich vonBerl<strong>in</strong> avifaunistisch, ethologisch, brutbiologisch<strong>und</strong> -ökologisch untersucht. Im Berichtszeitraumg<strong>in</strong>g die Individuenzahl vonmaximal 67 (23 e, 44 d) auf 5 (2 e, 3 d)zurück, so daß die 1 890 noch 250 Exemplareumfassende Population jetzt kurz vordem Aussterben steht. Die Zusammenhängezwischen ökologischen <strong>und</strong> ökonomischenProblemen im Balz- <strong>und</strong> Brutgebietsowie im Herbst- <strong>und</strong> W<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>stand werdendargestellt. Es wird darüber berichtet,was mit 142 Gelegen (269 Eiern), 74 Jung<strong>und</strong>31 Altvögeln im Beobachtungszeitraumgeschah. Die umfangreichen Schutzbemühungender örtlichen, ehrenamtlichtätigen <strong>Naturschutz</strong>beauftragten führtenzu spät zu wirksamen staatlichen Maßnahmenim Großtrappenschutz, so daß der Artenschw<strong>und</strong>wegen der gravierendenLandschaftsveränderungen, <strong>in</strong>sbesonderedurch die Intensivierung <strong>in</strong> der Landwirtschaft,nicht mehr aufzuhalten war. Seit1990 wirkt sich zusätzlich negativ derDruck durch weitere Investitionsvorhabenim Großraum Berl<strong>in</strong> aus.SummaryFrom 1960 to 1995 the author <strong>in</strong>vestigateda population of Great Bustards <strong>in</strong> thesouth of Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> regard to avifauna, ecologesethology and breed<strong>in</strong>g biology. In


36 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996this time the number of Great Bustardsdecreased from 67 (23 e, 44 d) to 5 (2 e,3 d). From the whole population whichconsisted of 1890 <strong>in</strong>dividuals only 250 survivedand now the population is about toext<strong>in</strong>ct. The correlations between ecologicaland economical problems <strong>in</strong> the mat<strong>in</strong>gandbreed<strong>in</strong>g areas just as <strong>in</strong> the areaswhere Great Bustards live <strong>in</strong> autumn andw<strong>in</strong>ter are shown. It is reported about thefate of 142 nests with 269 eggs, of 74 juvenilsand 31 adults. The protection effortsof the local honorary commissioner for natureprotection led too late to effectivestate measures for the protection of GreatBustard. Therefore it was impossible tostop the decrease of species caused by theaggravat<strong>in</strong>g changes of the landscape especiallyby the <strong>in</strong>tensification of farm<strong>in</strong>g.Additonally s<strong>in</strong>ce 1990 there has been anegative effect from many <strong>in</strong>vestmentprojects ofthe Berl<strong>in</strong> area.LiteraturENGEL 1889: Trappengelege ausgemäht. -Gef. Welt18: 361GEWALT, W. 1954: Die großen Trappen, Europas Riesenvögel<strong>in</strong> der Mark. -Berl<strong>in</strong>: -178 S.GEWALT, W. 1959: Die Großtrappe. -Die NeueBrehmbücherei H.223. Wittenberg Lutherstadt. A.Ziemsen Verlag. -121 S.GEWALT, W. 1951: Von der Großtrappe (Otis tardaL.) <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Umgebung. -Orn.Mitt. 3: 195-196GEWALT, W. 1963: Neue Beiträge zur Brutbiologie derGroßtrappe (Otis tarda L.). -Beitr. z. Vogelkd. 9: 77-87GEWALT, W. 1965: Großtrappe, Otis tarda, <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>erInnenstadt. -Beitr. z. Vogelkd. 10: 399-402H. 1889: Trappen unmittelbar vor den Toren Berl<strong>in</strong>s. -Deutsche Jägerzeitung 12: 858HEIDECKE, D.; LOEW, M. u. MANSIK, K.-H. 1983: DerAufbau e<strong>in</strong>es Netzes von Großtrappenschongebieten<strong>in</strong> der DDR <strong>und</strong> ihre Behandlung. -<strong>Naturschutz</strong>arbeit<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong>,Beiheft 6: 32-39HESSE, E. 1911: Beobachtungen <strong>und</strong> Aufzeichnungenwährend des Jahres 1910. -J. Orn. 59: 361-383HESSE, E. 1912: Beobachtungen <strong>und</strong> Aufzeichnungenwährend des Jahres 1911. -J. Orn. 60: 298-314HESSE, E. 1914: Die Vögel der Havelländischen Luchgebiete.-J. Orn. 62: 334-386HESSE, E. 1936: Zur Häufigkeit der Großtrappe <strong>in</strong> derMark. -Märk. Tierwelt 2: 23-24Hocke, H. 1909/10: Über Trappen, Otis tarda L., <strong>in</strong><strong>Brandenburg</strong>. -Zeitschr. f. Oologie 19: 104-107 u.119-120ILN 1974: Willy He<strong>in</strong>elt zum Gedenken. -<strong>Naturschutz</strong>arbeit<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong> 10: 92LITZBARSKI, H. u. LOEW, M. 1983: Die Entwicklungder Großtrappenbestände unter den Bed<strong>in</strong>gungen desBezirkes Potsdam. -<strong>Naturschutz</strong>arbeit <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong><strong>Brandenburg</strong>, Beiheft 6: 5-16LUDWIG, B. 1960: Großtrappen bei Königs Wusterhausen.-Der Falke 17: 140LUDWIG, B. 1961: Die Großtrappe (Otis tarda L.). -Unsere Jagd 11: 89-91LUDWIG, B. 1963: Über die Balz der Großtrappe (Otistarda). -Der Falke 10: 126-127LUDWIG, B. 1970: Empfehlung für e<strong>in</strong>en Vertrag überdie E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Schongebietes für die vom Aussterbenbedrohte Großtrappe <strong>in</strong> den GemarkungenTelz <strong>und</strong> Groß Machnow, Kr.Zossen, <strong>und</strong> Mittenwalde,Kr. Königs Wusterhausen. -unveröffentlichtLUDWIG, B. 1975: Richtl<strong>in</strong>ie zum Schutz <strong>und</strong> zur Hegeder Großtrappe (Otis tarda L.) <strong>in</strong> den Kreisen KönigsWusterhausen <strong>und</strong> Zossen. -Beschluß zum Schutz <strong>und</strong>zur Hege der Großtrappen im Kreis Königs Wusterhausendes Rates des Kreises vom 23.04.75LUDWIG, B. 1983: Bestandsentwicklung, Ökologie<strong>und</strong> Schutz der Großtrappe (Otis tarda L.) <strong>in</strong> der Notte-Niederung.- <strong>Naturschutz</strong>arbeit <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong>,Beiheft 6: 16-28LUTZ, E. 1935: Die Trappe <strong>in</strong> der Mark <strong>Brandenburg</strong>. -Deutsche Jgd 30: 925-927LUTZ, E. 1939: Die Entwicklung der Trappenbestände<strong>in</strong> der Mark <strong>Brandenburg</strong>. -Deutsche Jagd 34: 517RUTSCHKE, E. 1972: Vorkommen <strong>und</strong> Häufigkeit derGroßtrappe, Otis tarda, <strong>in</strong> den brandenburgischen Bezirken(Ergebnisse der Bestandsaufnahmen 1969 <strong>und</strong>1970). -Beitr. z. Tierwelt d. Mark 9: 83-93RUTSCHKE, E. 1983: Großtrappe – Otis tarda L. In:RUTSCHKE, E.: Die Vogelwelt <strong>Brandenburg</strong>s, 1.Aufl.,Jena, VEB G. Fischer Verlag: 197-201RUTSCHKE, E. 1987: Großtrappe – Otis tarda L. In:RUTSCHKE, E.: Die Vogelwelt <strong>Brandenburg</strong>s, 2. Aufl.,Jena, VEB G.Fischer Verlag: 187-191RUTSCHKE, E. u. Mieth, W. 1966: Zur Verbreitung<strong>und</strong> Ökologie der Großtrappe (Otis tarda L.) <strong>in</strong> denbrandenburgischen Bezirken. -Beitr. z. Tierwelt d.Mark 3: 77-121SCHALOW, H. 1876: Materialien zu e<strong>in</strong>er Ornis derMark <strong>Brandenburg</strong>. -J. Orn. 24: 1-35SCHALOW, H. 1919: Beiträge zur Vogelfauna derMark <strong>Brandenburg</strong>. -Berl<strong>in</strong>WALTER, K. 1972: Unsere Großtrappe um Zossen,vom Aussterben bedroht! -Heimatkalender für denKreis Zossen: 101-107WOLLE, I. 1995: „E<strong>in</strong>spruch, Euer Ehren!“ Grünstift 13(1): 28-31Anonymus 1888: 11. Jahresbericht(1886) des Ausschussesfür Beobachtungsstationen der VögelDeutschlands. -J. Orn. 36: 313-571VerfasserBernd LudwigSpreestraße 24D-15738 ZeuthenAbb. 7AuffliegendeGroßtrappenhähneüber e<strong>in</strong>emW<strong>in</strong>terrapsfeld.Foto: B. LudwigFly<strong>in</strong>g up GreatBustard cocks over afield of w<strong>in</strong>ter rape.


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 37-40 37NORBERT ESCHHOLZGroßtrappen (Otis t. tarda L., 1758) <strong>in</strong> denBelziger Landschaftswiesen1. NaturraumDas Gebiet der Belziger Landschaftswiesenwurde durch die älteste Phase des <strong>Brandenburg</strong>erStadiums der Weichseleiszeitgeformt. Die Eisbewegung sowie das Abschmelzenführten zur Bildung von Moränen<strong>und</strong> Sandern, die die nordöstliche Begrenzungder Belziger Landschaftswiesenbilden. Südwestlich begrenzen Endmoränendes Warthestadiums der Saalevereisungdas Gebiet. Die Belziger Landschaftswiesenbildeten als Teil des Baruther Urstromtalsdie Entwässerungsr<strong>in</strong>ne für dieabschmelzenden Eismassen.Mit zunehmender Erwärmung entstandenBruch- <strong>und</strong> Auenwälder. Es kam zu Moorbildungen.Die für die Belziger Landschaftswiesencharakteristischen Fließgewässer entspr<strong>in</strong>genim Hohen Fläm<strong>in</strong>g. Sie werden <strong>in</strong> denLandschaftswiesen von der Plane aufgenommen,die nach Norden zur Havel entwässert.(Abb. 1)Abb. 1Blick von den höher gelegenen Ackerflächen nach Norden <strong>in</strong> das Großtrappene<strong>in</strong>standsgebiet BelzigerLandschaftwiesen (<strong>Brandenburg</strong>, Deutschland).Foto: B. BlockA view from the higher placed agricultural fields to the north of the Nature Conservation Area “BelzigerLandschaftswiesen“ (<strong>Brandenburg</strong>, Germany).2. HistorischeGebietsentwicklungBodenf<strong>und</strong>e belegen, daß das Gebiet umdie Belziger Landschaftswiesen zu allengeschichtlichen Zeiten vom Menschen besiedeltwurde. Vom Ende der Bronzezeit bis<strong>in</strong> die Eisenzeit (7. bis 6. Jahrh<strong>und</strong>ertv.u.Z.) war der Raum sogar recht dicht besiedelt(HORST 1983). Mit der Anlagelandwirtschaftlich genutzter Flächen, dieals Trappenlebensraum <strong>in</strong> Frage kommenkonnten, ist <strong>in</strong> dieser Zeit zu rechnen.Die Besiedlung Mitteleuropas durchGroßtrappen ist seit der Jungste<strong>in</strong>zeit belegt(KLAFS 1965). Mit der Ausweitungvon Ackerflächen <strong>und</strong> der Haltung vonWeidevieh schuf der Mensch offene,weiträumige Landschaften, die denGroßtrappen günstige Möglichkeiten zurAnsiedlung boten. E<strong>in</strong> Nachweis für dasVorkommen dieser Tierart im mittelbrandenburgischenRaum ist die Darstellung e<strong>in</strong>esbalzenden Hahnes der Großtrappe aufe<strong>in</strong>em Spielste<strong>in</strong> aus dem slawischen BurgwallSpandau um etwa 1100 (HERRMANN1985).Die großen Waldrodungen im Zuge derdeutschen Besiedlung der ostelbischen Gebiete<strong>und</strong> die mittelalterlichen extensivenFormen der Landbewirtschaftung fördertendie Ausbreitung der Großtrappe. Währendim Mittelalter besonders Äcker <strong>und</strong>Hutungen besiedelt wurden, konnten dieGroßtrappen ab dem 18. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong>die entwässerten <strong>und</strong> <strong>in</strong> Grünlandnutzunggenommenen Niedermoorbereiche e<strong>in</strong>wandern.Für die Belziger Landschaftswiesenist damit frühestens ab etwa 1800 zurechnen, da Karten von 1780 das Gebietnoch bewaldet zeigen.Die schwachen Entwässerungen des18./19. Jahrh<strong>und</strong>erts führten zur Herausbildungheute sehr seltener Pflanzengesellschaftenmesotropher Standorte. Entsprechendder hydrologischen <strong>und</strong> floristischenVielfalt siedelte sich hier e<strong>in</strong>e artenreicheFauna an. Diese Situation änderte sich <strong>in</strong>unserem Jahrh<strong>und</strong>ert mit den großflächigenMeliorationsmaßnahmen ab Ende der60er Jahre. Sie wandelten die Wiesenflächen<strong>in</strong> artenarme, <strong>in</strong>tensiv genutzteSaatgraskulturen um.3. Entwicklung desSchutzgebietes <strong>und</strong>Flächensicherung1984 wurde das Großtrappenschongebiet„Belziger Landschaftswiesen“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erGröße von 5 295 ha, davon s<strong>in</strong>d 4 817 halandwirtschaftliche Nutzfläche, durch Beschlußdes Rates des Kreises Belzig ausgewiesen.Dieses Gebiet als e<strong>in</strong> Abschnitt desBaruther Urstromtales ist gegenwärtig e<strong>in</strong>eweitgehend waldfreie, vermoorte ebeneFläche. Bed<strong>in</strong>gt durch die siedlungsfe<strong>in</strong>dlicheTopographie wird es bis <strong>in</strong> die Gegenwartnicht durch Straßen <strong>und</strong> Leitungstrassenzerschnitten.Die Belziger Landschaftswiesen bef<strong>in</strong>densich im e<strong>in</strong>stweilig gesicherten Landschaftsschutzgebiet„Hoher Fläm<strong>in</strong>g-Planetal“,dessen Kernbereich mit 4 110 hakünftig im NSG „Belziger Landschaftswiesen“geschützt wird (Erlaß der Verordnungsteht bevor). Im Schutzgebiet wurden fünfZonen ausgewiesen, die sich <strong>in</strong> ihrer natürlichenBeschaffenheit, den angestrebtenSchutzzielen sowie Bewirtschaftungs- <strong>und</strong>Gestaltungsmaßnahmen unterscheiden.Sie umfassen die Grünlandbereiche (ca.65 % der Schutzgebietsfläche), magereAckerstandorte, Waldformationen unterschiedlicherAusprägung auf Talsand <strong>und</strong>Dünen sowie wertvolle Fließgewässer.Seit 1990 wird durch das Landesumweltamt<strong>Brandenburg</strong> (<strong>Naturschutz</strong>stationBaitz) zur Durchsetzung des Schutzkonzeptesdie Flächennutzung <strong>und</strong> -pflege imGebiet mit 23 Landwirtschaftsbetriebenorganisiert. In Verträgen zwischen derBehörde <strong>und</strong> den Landwirten s<strong>in</strong>d die


38 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Nutzungsbeschränkungen <strong>und</strong> speziellenPflegeaufgaben detailliert dargestellt. DasLandesumweltamt zahlt den Landwirtendurchschnittlich e<strong>in</strong>e Entschädigung von500,- DM/ha/Jahr. Gegenwärtig werdenim Schutzgebiet Belziger Landschaftswiesen1 946 ha (48 % des Schutzgebietes) imRahmen dieser Verträge nach den Vorgabendes <strong>Naturschutz</strong>es bewirtschaftet.Um dieses Gebietsmanagement langfristigzu sichern, haben die Landesregierung<strong>Brandenburg</strong> <strong>und</strong> der Fördervere<strong>in</strong> „Großtrappenschutz“e.V. 850 ha gekauft <strong>und</strong>ca. 450 ha langfristig gepachtet. DieseFlächen wurden nur den Betrieben zurNutzung übergeben, die langfristig nachden Vorgaben des Vertragsnaturschutzeswirtschaften wollen.4. <strong>Landschaftspflege</strong>Die Verträge mit Landwirtschaftsbetriebengewährleisten im Rahmen der <strong>Landschaftspflege</strong><strong>in</strong> weiten Bereichen desSchutzgebietes e<strong>in</strong>e extensive Flächennutzung.Sie legen u.a. fest, daß das Schleppen<strong>und</strong> Walzen der Wiesen wie auch derE<strong>in</strong>satz von Agrochemikalien <strong>und</strong> Düngemittelnlt. Vertrag nicht durchzuführen ist.Zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit desNiedermoores s<strong>in</strong>d die dafür optimalenWasserstände von den Landwirten e<strong>in</strong>zuhalten.Grünlandumbruch <strong>und</strong> Nachsaats<strong>in</strong>d nicht statthaft. Die Mahd erfolgt term<strong>in</strong>lichgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nach Absprache mitden Landwirten. Dabei werden generellelektronische Wildretter e<strong>in</strong>gesetzt, diefrontal an den Mähmasch<strong>in</strong>en befestigtwerden. Sie senden über die Schnittbreiteh<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>en im hohen Frequenzbereichliegenden Ton aus, der die Tiere zum Verlassendieser Fläche treibt. Die zusätzlichverwandten mechanischen Wildretter arbeitenwie e<strong>in</strong>e große, mit Plastez<strong>in</strong>kenausgestattete Harke. Sie werden am Mähgerätangebracht <strong>und</strong> durchkämmen jeweilsden nächsten Schnittbereich.Auf Weideflächen darf der Viehbesatz zurBrutzeit maximal 1,0 <strong>in</strong> den Randbereichenbis 1,4 Großviehe<strong>in</strong>heiten betragen.Transportable Weidezäune müssen nachAbschluß der Beweidung wieder abgebautwerden. Der Bau von festen Koppeln istnur nach Abstimmung mit der <strong>Naturschutz</strong>stationBaitz möglich.Im Kernbereich des Schutzgebietes wirdauch auf die Art der Bewirtschaftung derAckerflächen E<strong>in</strong>fluß genommen. Sie orientiertsich an den Bewirtschaftungsformendes ökologischen Landbaus. Es wirddas Ziel verfolgt, den Großtrappen ökologischverbesserte Brutflächen anzubieten.Angebaut werden analog zu früheren Nutzungsstrukturen<strong>in</strong> Streifenform Getreide,Lup<strong>in</strong>en, Erbsen, Raps, Klee <strong>und</strong> Kartoffeln.Das damit entstehende Mosaik wirdaußerdem durch e<strong>in</strong>en hohen Anteil anRotations- <strong>und</strong> Dauerbrachen bereichert(Dreifelderwirtschaft).5. OrnithologischeBedeutung des GebietesDie Belziger Landschaftswiesen gehörenzu den bedeutendsten Wiesenbrütergebietenim Land <strong>Brandenburg</strong>. Bemerkenswerts<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong>sbesondere dadurch, daßhier Arten mit verschiedenen Lebensraumansprüchenauf relativ kle<strong>in</strong>em Raum beobachtetwerden können.In den letzten Jahren wurden 173 Vogelartennachgewiesen, davon brüten 111 Arten<strong>in</strong> diesem Gebiet (Natur & Text 1995,eigene Beobachtungen). Hier lebt e<strong>in</strong>e derletzten zwei weitgehend <strong>in</strong>takten Großtrappenpopulationenim Land <strong>Brandenburg</strong>(Abb. 2). Neben bedeutenden Brutvorkommenvon Großem Brachvogel (Numeniusarquata), Bekass<strong>in</strong>e (Gall<strong>in</strong>agogall<strong>in</strong>ago), Kiebitz (Vanellus vanellus),Braunkehlchen (Saxicola rubetra) <strong>und</strong> verschiedenenanderen Wiesenbrütern kommenweitere bedrohte Brutvogelarten wieWiedehopf (Upupa epops), Baumfalke(Falco subbuteo), Tüpfelralle (Porzanaporzana) oder Eisvogel (Alcedo atthis) <strong>in</strong>wenigen Brutpaaren vor. Besondere Bedeutunghat das Gebiet als Rastplatz für Limikolen.Gänse <strong>und</strong> Enten rasten im W<strong>in</strong>terhalbjahrzu Tausenden <strong>in</strong> den BelzigerAbb. 2Großtrappenhahnzur Balzzeit – derhochgeklappte Stoßweist auf e<strong>in</strong>eErregung desHahnes h<strong>in</strong>.Foto: B. LudwigA Great Bustardcock dur<strong>in</strong>g themat<strong>in</strong>g season. Theupraised tail<strong>in</strong>dicatesexcitement.Landschaftswiesen. Der Ste<strong>in</strong>kauz (Athenenoctua)ist<strong>in</strong>den70erJahrenausgestorben.Neuere Brutnachweise gehen auf e<strong>in</strong> Wiederansiedlungsprogrammzurück. Das Birkhuhn(Lyrurus tetrix) ist als Brutvogel verschw<strong>und</strong>en.Sumpfohreule (Asio flammeus),Wiesen- (Circus pygargus) <strong>und</strong> Kornweihe(Circus cyaneus) sowie Rotschenkel(Tr<strong>in</strong>ga totanus) s<strong>in</strong>d gelegentlich zu beobachten.Jüngere Brutnachweise fehlen.6. Bestandsentwicklungder GroßtrappeGenaue Angaben über den Großtrappenbestand<strong>in</strong> den Belziger Landschaftswiesenvor 1965 existieren nicht. Von LUTZ(1939) wird der Großtrappenbestand fürdas Gebiet des damaligen Kreises Zauch-Belzig 1934 auf 150 Tiere geschätzt. Dergleiche Autor gibt für das Jahr 1939 200Exemplare an.1965 wurden <strong>in</strong> den Belziger Landschaftswiesenlediglich 40 Exemplare gezählt. Bis1977 stieg der Bestand auf 108 an (KALBE1983). Die Ursachen können vielschichtigse<strong>in</strong>: Zum e<strong>in</strong>en ist es denkbar, daß 1965nicht der gesamte Bestand erfaßt wurde.Zum anderen ist seit den zentral organisiertenZählungen ab 1974 e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierlicheZunahme zu verzeichnen. Daskann <strong>in</strong> verbesserten Zählmethoden, abersehr wahrsche<strong>in</strong>lich auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em realenPopulationszuwachs begründet se<strong>in</strong>.Mit dem sehr kalten <strong>und</strong> schneereichenW<strong>in</strong>ter 1978/79 verr<strong>in</strong>gerte sich die Zahlschlagartig um etwa e<strong>in</strong> Drittel (Abb. 3).Von diesem Verlust konnte sich die


NORBERT ESCHHOLZ: GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) IN DEN BELZIGER LANDSCHAFTSWIESEN 39Abb. 3Entwicklung des Großtrappenbestandes <strong>in</strong> den Belziger Landschaftswiesen. Die ger<strong>in</strong>ge Anzahl im Jahre1979 resultiert aus e<strong>in</strong>er Stichtagzählung.1) Kreis Zauch-BelzigDevelopment of a Great Bustard population <strong>in</strong> the meadows of Belzig.1) District of Zauch-BelzigGroßtrappenpopulation bis heute nicht erholen.Die Ursachen dafür liegen <strong>in</strong> den direktenAuswirkungen der landwirtschaftlichenIntensivierung <strong>in</strong> Zuge der komplexenMelioration <strong>in</strong> den Belziger LandschaftswiesenEnde der 70er Jahre. Sie s<strong>in</strong>dsomit anthropogener Natur <strong>und</strong> lassen sich<strong>in</strong> folgende Schwerpunkte gliedern:* Veränderungen des ökologischen Zustandesdes Trappenlebensraumes* Störungen durch landwirtschaftlicheAktivitäten, Besucher <strong>und</strong> Flugverkehr* direkte Verluste, z.B. durch Unfälle <strong>und</strong>Prädatoren* Witterungsbed<strong>in</strong>gungen.Zu den für Großtrappen negativen ökologischenVeränderungen gehören im Grünlandu.a.- die deutliche Verschlechterung der Vegetationsstrukturen(Zunahme von Aufwuchsdichte<strong>und</strong> -höhe, Artenverarmung)<strong>und</strong>- der akute Arthropodenmangel für dieVersorgung der Küken (LITZBARSKI etal. 1987, DUMKE 1994).Seit Beg<strong>in</strong>n der Extensivierungsmaßnahmenab 1988 konnten wieder regelmäßigerfolgreiche Bruten nachgewiesen werden.Die Nachwuchsrate reicht bisher jedochnoch nicht aus, um die Alttierverlusteauszugleichen.Vor allem die bis zur ersten Junihälfte geschlüpftenKüken haben bei den <strong>in</strong> dieserZeit sehr ger<strong>in</strong>gen Arthropodenbeständenkaum e<strong>in</strong>e Überlebenschance. Späterschlüpfende Küken f<strong>in</strong>den größere Arthropodendichtenvor. Das gilt <strong>in</strong>sbesonderefür m<strong>in</strong>eralische oder nur anmoorigeStandorte, auf denen sich seit der E<strong>in</strong>führungder Extensivierungsmaßnahmenim Sommer bereits gute Heuschreckenbeständeentwickeln.Mit der term<strong>in</strong>lich gesteuerten Bewirtschaftungkonnten auf den bevorzugtenBrutflächen der Großtrappen auch die Gelege-<strong>und</strong> Kükenverluste deutlich verm<strong>in</strong>dertwerden. Verluste an Gelegen <strong>und</strong> brütendenHennen werden ab 1992 außerdemdurch den E<strong>in</strong>satz von Wildretterne<strong>in</strong>geschränkt.Bewährt hat sich auch die Ausweisung vonSchutzzonen mit Bewirtschaftungsruhe anbekannten Neststandorten. Damit ist e<strong>in</strong>efortschreitende Mahd auf Teilflächenmöglich, die Nutzungs- <strong>und</strong> Strukturvielfalterhöhen sich, ohne daß brütende <strong>und</strong>kükenführende Hennen gefährdet werden.Allerd<strong>in</strong>gs erfordern die Ermittlungder konkreten Brutplätze der Trappenhennen<strong>und</strong> die Organisation des differenziertenBewirtschaftungsablaufes e<strong>in</strong>en hohenAufwand.Regelmäßige Störungen des Balzgeschehensdurch <strong>in</strong>tensive Weidewirtschaft <strong>und</strong>teilweise auch Besucher gehörten vor1990 zu den ernsten Bee<strong>in</strong>trächtigungendes Fortpflanzungsgeschehens. Mit demSperren der wichtigsten Bereiche desGroßtrappenschongebietes für Besucher<strong>und</strong> der E<strong>in</strong>schränkung der Weidenutzungspielen diese Störungen heute nur noche<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle.Neu <strong>und</strong> sehr problematisch s<strong>in</strong>d Störungendurch Flugverkehr. Gerade <strong>in</strong> der sehrsensiblen Balzphase s<strong>in</strong>d das erhebliche,nachwirkende Störungen des Balzablaufes.So wurden beispielsweise von AnfangMärz bis Ende Mai 1994 43 Überflüge(Motorflugzeuge, Hubschrauber, Heißluftballone)registriert (DOPICHAY 1994). Mitden Betreibern des Segelflugzentrums, das5 km südlich des Schongebietes liegt, wurdee<strong>in</strong>e wirksame Vere<strong>in</strong>barung zur Schonungdes Trappenlebensraumes getroffen.Auch schneereiche <strong>und</strong> sehr kalte W<strong>in</strong>terwie 1978/79 können den Rückgang derTrappenbestände verursachen (Abb. 3).Die Verluste erfolgen direkt im E<strong>in</strong>standsgebiet<strong>und</strong> während der W<strong>in</strong>terflucht <strong>in</strong>Westeuropa.Bei sehr kühlem Wetter <strong>und</strong> umfangreichenNiederschlägen mit teilweise starkerVernässung der Wiesen kommt es immerwieder zur Aufgabe von Brutplätzen <strong>und</strong>somit zu Gelege- <strong>und</strong> Kükenverlusten.Bis 1990 gab es zahlreiche Anflugopfervon Alttieren, <strong>in</strong>sbesondere von Hähnen <strong>in</strong>der Balzzeit an Koppelzäune <strong>und</strong> Energiefreileitungenim Bereich des Balzplatzes.Diese Unfallquellen wurden <strong>in</strong>zwischenbeseitigt (Tab. 1).Die Verluste durch natürliche Fe<strong>in</strong>de zeigen,daß besonders Gelege bzw. Küken<strong>und</strong> Hähne gefährdet s<strong>in</strong>d. So verr<strong>in</strong>gertesich die Hahnenzahl seit 1993 erheblich,während die Anzahl der Hennen <strong>in</strong> denletzten Jahren konstant blieb. Ansche<strong>in</strong>ends<strong>in</strong>d die Hähne wegen ihrer e<strong>in</strong>geschränktenAufmerksamkeit <strong>und</strong> allgeme<strong>in</strong>en Erschöpfung<strong>in</strong> der Balzphase besondersstark gefährdet.Des weiteren ist auffällig, daß Verlustedurch den Fuchs nach 1991 deutlich zugenommenhaben. In dieser Zeit ist derFuchsbestand <strong>in</strong>folge der oralen Immunisierunggegen Tollwut <strong>und</strong> der stark verm<strong>in</strong>dertenBejagung stark angewachsen.In <strong>Brandenburg</strong> ist erfolgreicher Großtrappenschutznur möglich, wenn die großflächigenExtensiverungsmaßnahmen ergänztwerden durch e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derung derFuchsdichte <strong>in</strong> diesen Gebieten. In engerZusammenarbeit mit ortsansässigen Jägern<strong>und</strong> erfahrenen Wildbiologen wurdeseit 1993 die Bejagung der Füchse imSchutzgebiet deutlich <strong>in</strong>tensiviert, sie hat1995 e<strong>in</strong>e Strecke von 75 bis 80 Füchsen/1 000 ha erreicht.7. ZusammenfassungDie Belziger Landschaftwiesen liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emsiedlungsarmen Bereich mit reicherNaturausstattung. Sie beherbergen e<strong>in</strong>eder letzten größeren Bestände der Großtrappe<strong>in</strong> Deutschland.


40 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Tabelle 1: F<strong>und</strong>umstände <strong>und</strong> Todesursachen für bekanntgewordeneVerluste an Großtrappen aus den Jahren 1973 – 1995Jahr Geschlecht F<strong>und</strong>umstände <strong>und</strong> TodesursacheMai 1973 Hahn verludertMai 1974 Hahn Federn <strong>und</strong> Skelett1974 Hahn Ständer zermäht, nach Steckby verfrachtet,tierärztlich behandelt, jedoch verstorben13.6.74 2 Eier Wiesenmahd (Eier verschw<strong>und</strong>en)17.4.75 Hahn verludert2.5.75 Hahn frischtot, vom Fuchs gerissen (KALBE 83)Mai 75 Hahn nur noch Skelett vorhanden (Höpfner)2.6.75 2 Eier Wiesenmahd, Eier verschw<strong>und</strong>en (Leetz)22.6.75 2 Eier Wiesenmahd, Henne sehr spät aufgeflogen,Eier zerdrückt (Niendorf)Juni 76 Hahn Totf<strong>und</strong>, wenig später verschw<strong>und</strong>en (Rettig)22.6.76 2 Eier Wiesenmahd (Fabian)27.6.76 2 Eier Kartoffelhäufeln24.6.77 2 Eier im Grünland durch Krähen zerstört (Heese)25.6.77 2 Eier Wiesenmahd29.5.78 2 Eier Wiesenmahd (Kühne)30.5.78 2 Eier u. Henne Wiesenmahd, Eier kurz vor Schlupf (Schiefner)Januar 79 Hähne u. Hennen zahlreiche Trappen beidseitig der Straße Kranepuhl-Lühnsdorf durch extreme Witterungsverhältnisse verendet(hohe Schneelagen mit starkem Frost) (Nowottnick)8.6.79 2 Eier Wiesenmahd11.6.79 Ei Nebelkrähe27.6.80 Ei WeißstorchApril 81 Hahn Totf<strong>und</strong> auf Ackerfläche (Wrede)4.6.81 Hahn Kopf <strong>und</strong> Brust nicht mehr vorhanden, (eventuell Fuchs)(Wrede)31.5.83 Henne beim Brüten vom Fuchs gerissen8.6.84 2 Eier Wiesenmahd (Hübner)13.6.84 2 Eier Wiesenmahd (Zimmermann)20.3.85 Henne von 4 Kolkraben geschlagen (Bolz)1.6.85 2 Eier u. Henne Wiesenmahd (Flug)11.6.85 2 Eier Wiesenmahd (Flug)5.7.85 2 Eier u. Henne Wiesenmahd18.7.85 2 Eier Wiesenmahd (Hübner)18.7.85 2 Eier Wiesenmahd (Hübner)Nov. 85 Henne im Flug geschossen (Hartmann)28.4.86 Hahn frischtot, Leitungsanflug (Stötzer)28.4.86 Hahn Skelett u. Federn (Stötzer)28.4.86 Hahn Totf<strong>und</strong> unter Stromleitung, Hals <strong>und</strong> Vorderrückenzerfetzt4.7.86 2 Eier Wiesenmahd, durch Krähen vernichtet Tragmann)10.7.86 Henne frischtot, Reste (Flügel), im Grünfutter wahrsche<strong>in</strong>lichbeim Brüten zermäht (Stötzer)26.6.86 2 Eier Wiesenmahd30.6.86 Hahn Totf<strong>und</strong> nur noch Reste, eventuell Leitungsanflug (Feiler)4.10.86 Hahn Skelett (Stötzer)28.4.87 3 Eier Düngerstreuen8.4.89 Hahn frischtot, Leitungsanflug (Eschholz)20.6.89 2 Eier Nebelkrähe14.6.91 2 Gelege bei der Grünlandmahd zermäht, (Kaffke)u. 2 HennenMai 1992 Hahn u. Henne Federn <strong>und</strong> Knochen, Fuchs?29.4.94 Hahn frischtot, FuchsMai 1994 Hahn Knochenreste im Fuchsbau, Fuchs?10.5.94 Henne Knochenteile <strong>und</strong> Federn (evt. am Brutplatz), Fuchs?29.5.95 Hahn Fuchs, Flügel <strong>in</strong> nahem FuchsbauStates on f<strong>in</strong>d<strong>in</strong>g and causes of death Losses of Great Bustards <strong>in</strong> the years from 1973 to1995Es wurde e<strong>in</strong> Schutzgebiet (4 110 ha) ausgewiesen,<strong>in</strong> dem auf 48% der Fläche 23Betriebe über Verträge an e<strong>in</strong>e extensiveLandnutzung <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> geb<strong>und</strong>ens<strong>in</strong>d. Mit den Extensivierungsmaßnahmenwird e<strong>in</strong>e komplexe Verbesserungdes Lebensraumes für die Großtrappenangestrebt. Die jährlichen Verlustean Gelegen, Küken <strong>und</strong> Altvögeln wurdendurch verschiedene Maßnahmen deutlichverm<strong>in</strong>dert. Jedoch s<strong>in</strong>d mit der starkenZunahme der Fuchsbestände bei denGroßtrappen die Verluste merklich angestiegen.Die Maßnahmen zur Verbesserungdes Lebensraumes der Großtrappenmüssen unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen durche<strong>in</strong>e deutliche Dezimierung der Fuchsbeständeergänzt werden.SummaryThe meadows of Belzig are situated <strong>in</strong> a regionwith less settlements with a high degreeof nature. The last bigger naturalstocks of Great Bustards of <strong>Brandenburg</strong>are liv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> this area. A reserve with differentiatedk<strong>in</strong>ds of use orientated towardsthe needs of the Great Bustards was designated.Apart from disturbances effects offormer <strong>in</strong>tensive agricultural productionand of predators to a greater degree have<strong>in</strong>fluence on the Great Bustards.LiteraturDOPICHAY, C. 1994: Kartierung ausgewählter Brutvogelarten<strong>in</strong> den Belziger Landschaftswiesen unterbesonderer Berücksichtigung der Großtrappe (Otistarda) im Jahr 1994. - Projektbericht. <strong>Naturschutz</strong>stationBaitzDUMKE, O. 1994: Ökologische Untersuchungen zumVorkommen der Großtrappe (Otis tarda) <strong>in</strong> den BelzigerLandschaftswiesen. -TU Dresden/Abt. Forstwirtschaft.DiplomarbeitHERRMANN, J. (Hrsg.) 1985: Die Slawen <strong>in</strong> Deutschland.-Akademie-Verlag Berl<strong>in</strong>HORST, F. 1983: Die gesellschaftlichen Verhältnisse imnördlichen Mittel- <strong>und</strong> südlichen Nordeuropa vor Herausbildungder germanischen Stämme. In: HERR-MANN, J. 1985 (Hrsg.): Die Germanen. -Akademie-Verlag Berl<strong>in</strong>. Bd. 1: 64-85ibid: Die Herausbildung der germanischen Stämme (abetwa 6.Jahrh<strong>und</strong>ert vor unserer Zeitrechnung).-Bd. 1:86-120ibid: Die germanischen Stämme bis zu Beg<strong>in</strong>n unsererZeitrechnung. -Bd. 1: 121-240KALBE, L. 1983: Zur Entwicklung der Großtrappe, Otistarda, <strong>in</strong> den Belziger Landschaftswiesen, Bezirk Potsdam.-Veröff. des Bezirksheimatmuseums Potsdam 27.Beiträge zur Tierwelt der Mark X: 14-26KLAFS, G. 1965: Geschichtliches zur Verbreitung <strong>und</strong>Ökologie der Großtrappe (Otis tarda L.). -Hercynia.2(2): 191-202LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H. u. PETRICK, S. 1987:Zur Ökologie <strong>und</strong> zum Schutz der Großtrappe (Otistarda L.) im Bezirk Potsdam. -Acta ornithoecol. 1, 3:199-244LOEW, M. 1991: Bestandserfassung der Großtrappe(Otis tarda) <strong>Brandenburg</strong>s (Maximalbestand) unveröff.LUTZ, E.(1939): Die Entwicklung der Trappenbestände<strong>in</strong> der Mark <strong>Brandenburg</strong>. -Dtsch. Jagd, 34: 517NATUR & TEXT <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> 1995: WissenschaftlicheGr<strong>und</strong>lagenuntersuchungen <strong>und</strong> Planung zur umfassendenRevitalisierung des Gewässersystems im Bereichder Belziger Landschaftswiesen. Gutachten (Entwurfunveröff.)RAT DES KREISES BELZIG 1984: Festlegung e<strong>in</strong>esSchongebietes für die vom Aussterben bedrohtenGroßtrappen im Kreis Belzig (Beschluß vom29.02.1984)VerfasserNorbert EschholzLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station BuckowAußenstelle BaitzIm W<strong>in</strong>kel 13D-14806 Baitz


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 41-50 41HEINZ LITZBARSKI, BIRGIT BLOCK, PETER BLOCK, KERSTIN HOLLÄNDER, WERNFRIED JASCHKE, BÄRBEL LITZBARSKI,SIEGFRIED PETRICKUntersuchungen zur Habitatstruktur <strong>und</strong> zum Nahrungsangebotan Brutplätzen der Großtrappen (Otis t. tarda, L.1758) <strong>in</strong> Spanien, Ungarn <strong>und</strong> Deutschland1. E<strong>in</strong>leitungE<strong>in</strong> wesentlicher Schwerpunkt des Schutzprojektes„Großtrappe“ be<strong>in</strong>haltet denSchutz <strong>und</strong> die Gestaltung wichtiger Trappenlebensräume(HEIDECKE et al. 1983,LITZBARSKI et al. 1993). Um effektive Gestaltungsmaßnahmendurchsetzen zu können,war es nötig, bis <strong>in</strong>s Detail Klarheitüber die Ursachen für den Rückgang derArt zu gew<strong>in</strong>nen.Aus Untersuchungen dazu ließ sich u.a.ableiten, daß <strong>in</strong> dem komplexen Ursachengefügeoffenbar neben zahlreichenGelege- <strong>und</strong> Kükenverlusten durch die <strong>in</strong>tensiveBewirtschaftung der akute Insektenmangelauf den Äckern <strong>und</strong> im Grünlandsowie die ungünstigen Vegetationsstrukturenim Grünland e<strong>in</strong>e sehr wesentlicheBedeutung für die fehlende Nachwuchsrateder Großtrappen <strong>in</strong> Ostdeutschlandhaben (LITZBARSKI et al.1987).Im Schutzprojekt wird deshalb konsequentauf e<strong>in</strong>e großflächige, extensive Landnutzungorientiert, mit deren Hilfe über dieWiederherstellung der ursprünglichen floristischen<strong>und</strong> faunistischen Artenvielfaltauch die Existenzgr<strong>und</strong>lagen für die Großtrappenwiederhergestellt werden sollen.Für die Erarbeitung <strong>und</strong> Durchführung e<strong>in</strong>esExtensivierungsprogramms fehlten vorallem Detailkenntnisse über die Lebensraumansprücheder Art; denn die Bed<strong>in</strong>gungen<strong>in</strong> den Schongebieten sollten„trappengerecht“ restauriert werden. Dasf<strong>in</strong>anziell so aufwendige Schutzprojektsetzt solides praxisorientiertes Wissen voraus.Dieses konnte jedoch nicht mehr alle<strong>in</strong><strong>in</strong> Deutschland, sondern mußte vor allem<strong>in</strong> Ländern wie Ungarn <strong>und</strong> Spanien, <strong>in</strong> denendie Großtrappen noch gute Nachwuchsratenaufweisen, erarbeitet werden.Folgende Fragen sollten vorrangig beantwortetwerden: Wie ist die landwirtschaftlicheNutzung dort organisiert, wo Großtrappenhennenerfolgreich ihre Küken aufziehen?Wie s<strong>in</strong>d die Vegetationsstrukturen<strong>und</strong> Arthropodenbestände zur Absicherungdes Kükenfutters auf diesenFlächen beschaffen?Bei den Untersuchungen im Ausland habenneben den Autoren mitgearbeitet: D.Dolch, S. <strong>und</strong> P. Haase, L. Hentschel, J. Hübel,M. <strong>und</strong> G. Lohmann, B. Ludwig, G.Petrick, H. Ste<strong>in</strong>feld sowie J. <strong>und</strong> J. Teubner.Unser Dank gilt vor allem auch den jeweilsvor Ort tätigen Fachleuten, die unsereArbeit maßgeblich unterstützt haben: J.Chobot (Trappenschutzstation b. Kolárovo,Slowakei), F. Palnik, G. Koltai, A. Szill(Trappenschutzstation Dévaványa, Ungarn),Prof. J. A. Devesa-Alcaraz (UniversitätBadajoz, Spanien) <strong>und</strong> J. Hellmich(Malpartida de Cáceres, Spanien). Untersuchungen<strong>in</strong> der Extremadura (Spanien)wurden mit der Junta de Extremadura <strong>und</strong>ADENEX abgestimmt <strong>und</strong> von ihnen genehmigt.F<strong>in</strong>anziell wurden diese Arbeiten <strong>in</strong> dankenswerterWeise getragen durch das Landesumweltamt<strong>Brandenburg</strong>, die EuropäischeUnion (LIFE-Projekt), <strong>in</strong> der Startphase1990 durch den Landesverband Baden-Württembergdes <strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong>esDeutschland <strong>und</strong> durch den Fördervere<strong>in</strong>„Großtrappenschutz“ e.V.2. Material <strong>und</strong> MethodeDatenmaterial zu den ökologischen Bed<strong>in</strong>gungenan Trappenbrutplätzen mit guterNachwuchsrate wurde <strong>in</strong> Ostungarn beiDévaványa (1988) <strong>und</strong> Spanien <strong>in</strong> der Extremadurabei Cáceres (1990, 1991, 1993)gesammelt. In Spanien ermöglichte dasNebene<strong>in</strong>ander von Getreideäckern, densich aus ihnen entwickelnden e<strong>in</strong>- <strong>und</strong>zweijährigen Rotationsbrachen sowie extensivgenutztem Grünland parallele Untersuchungen.Kle<strong>in</strong>ere Stichproben stammenaus den Trappengebieten Tschechiens(Znojmo, 1988), der Slowakei (Kolárovo,1988) <strong>und</strong> Österreichs (Hanság, Burgenland,1990). In diesen Gebieten ist die Situationder Landnutzung ähnlich wie <strong>in</strong>Ostdeutschland. Deshalb werden dieseBef<strong>und</strong>e hier nur <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen näher dargestellt.Für die Arbeiten wurden solcheFlächen ausgewählt, die von Trappenhennenals Nistplatz <strong>und</strong> Areal für die Kükenfütterunggenutzt werden. Informationenüber deren Beschaffenheit sollten dazubeitragen, die „Zielvorstellungen“ für dasGebietsmanagement <strong>in</strong> Ostdeutschlandweiterzuentwickeln.Untersucht wurden die Beschaffenheit derVegetation (z.B. Artenzahl, Deckungsgrad,räumliche Struktur, Biomasse) <strong>und</strong> der Arthropodenfauna(Bestands- <strong>und</strong> Aktivitätsdichten<strong>in</strong> der Vegetation <strong>und</strong> am Boden,Dom<strong>in</strong>anzverhältnisse, Biomasse). InSpanien wurde 1993 auch das Mikroklimaan verschiedenen Standorten erfaßt.Bei Untersuchungen der Vegetation <strong>und</strong>zur Kontrolle der Arthropodendichte <strong>in</strong> derVegetation wurden die Methoden e<strong>in</strong>gesetzt,die seit 1985 <strong>in</strong> den TrappengebietenOstdeutschlands angewendet wurden(LITZBARSKI et al. 1987). Angaben zur Arthropodenbiomassebeziehen sich aufGramm Frischgewicht/100 Kescherschläge(Tab. 1).Tabelle 1: Zur Arthropodendichte <strong>in</strong> der Vegetation verschiedener Trappenbrutplätze(Gramm/100 Kescherschläge)Cáceres Dévaványa Buckow Znojmo Kolárovo(Spanien) (Ungarn) (Deutschland) (Tschechien) (Slowakei)Luzerne - 3,7 2,5 1,5 1,8Getreide 11,9 1,5 0,8 1,0 1,1Brachen 1jährig 21,0 - 8,0 - -2jährig 15,5 - 1,8 - -Grünland (<strong>in</strong>tensiv) - 4,8 1,5 - -Grünland (extensiv) 18,2 17,9 2,6 - -Different breed<strong>in</strong>g places of Great Bustards concern<strong>in</strong>g the concentration of arthropodes<strong>in</strong> the vegetation (gram/100 catches)


42 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Die Bewertung des Deckungsgrades wurde1993 <strong>in</strong> Spanien <strong>und</strong> Deutschland dadurchpräzisiert, daß zusätzlich auf denUntersuchungsflächen (Größe: 50 m 2 ) jederQuadratmeter gesondert beurteiltwurde. Dadurch war es detaillierter möglich,die verschiedenen Lebensraumansprücheder Trappenküken mit den vorhandenenVegetationsstrukturen zu vergleichen(s. a. 3.2 Abb. 5). In Spanien wurdenVegetationsuntersuchungen 1991<strong>und</strong> 1993 an <strong>in</strong>sgesamt 16 Standorten (48Aufnahmen) durchgeführt. Aus Ungarnliegen je zwei komplette Aufnahmen von 3Standorten vor.Bei der zeichnerischen Darstellung der Vegetationwurden alle Pflanzenteile auf e<strong>in</strong>erKorridorbreite von 5 cm <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Ebeneprojeziert (dah<strong>in</strong>ter stand jeweils e<strong>in</strong>e helleTafel mit e<strong>in</strong>gezeichneten Höhenl<strong>in</strong>ien)<strong>und</strong> im Freiland <strong>in</strong> natürlicher Lage imMaßstab 1 : 2 gezeichnet. Die halbschematischeDarstellung wurde gewählt <strong>und</strong>der natürlichen vorgezogen, da es vorrangigum die Rolle der Pflanzenteile alsStrukturelement g<strong>in</strong>g.Alle hier dargestellten Ergebnisse stammenausschließlich aus der Hauptschlupfzeit derTrappenküken <strong>in</strong> den verschiedenen Ländern.Damit wird ihre Vergleichbarkeit sicherer,<strong>und</strong> die Qualität des Lebensraumeskann für die ersten zwei Lebenswochen,die für die Trappenküken so kritisch s<strong>in</strong>d,genauer beurteilt werden.Die Mittelwerte der Biomassen <strong>und</strong> Dom<strong>in</strong>anzstrukturen<strong>in</strong> den Tabellen <strong>und</strong> Diagrammenbasieren auf umfangreichen <strong>und</strong>sehr differenzierten Daten.Die Angaben aus Tschechien <strong>und</strong> der Slowakeistammen nur aus e<strong>in</strong>em Jahr (1988)von jeweils e<strong>in</strong>er Kontrollfläche je Standort(Luzerne, Getreide). Bei Dévaványa (Ungarn)wurden 1988 Luzerne <strong>und</strong> Getreidemit je e<strong>in</strong>er Kontrollfläche sowie Grünlandmit zwei Kontrollflächen untersucht <strong>und</strong>von jeder Kontrollfläche im Abstand von 4Tagen 3mal Proben genommen.In Spanien stammen die hier dargestelltenDaten aus den Jahren 1991 <strong>und</strong> 1993, auszwei vone<strong>in</strong>ander getrennt liegenden Untersuchungegebieten:Sierra de Fuentes,östlich von Cáceres <strong>und</strong> Ayela, südwestlichvon Cáceres. In beiden Gebieten wurde für5 vergleichbare Standorte je e<strong>in</strong>e Kontrollflächegewählt (Getreide, e<strong>in</strong>- <strong>und</strong> zweijährigeBrache, feuchtes Grünland amBach, trockenes Grünland auf e<strong>in</strong>er Trift).Jede der 10 Kontrollflächen wurde wöchentliche<strong>in</strong>mal untersucht. Da <strong>in</strong> diesemBeitrag nur Ergebnisse aus der Hauptschlupfzeitder Küken berücksichtigt werden,beschränkt sich die Darstellung der Situation<strong>in</strong> Spanien auf Daten von der 2.Aprilhälfte bis <strong>in</strong> die 1. Maidekade.Die Daten aus den Trappenbrutgebieten <strong>in</strong>Ostdeutschland wurden auf den verschiedenenStandorten <strong>in</strong> m<strong>in</strong>destens 2 (e<strong>in</strong><strong>und</strong>zweijährige Brache) bzw. 4 bis 6 Jahren(Getreide, Saatgrasland, extensiv genutztesDauergrünland) bei wöchentlichenKontrollen von Ende Mai bis Mitte Juni(Hauptschlupfzeit) ermittelt.3. ErgebnisseAus der Fülle der Untersuchungsergebnissewerden hier diejenigen dargestellt, diefür die erfolgreiche Entwicklung der Jungtrappenbesonders wichtig s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> <strong>in</strong> denendie ökologischen Unterschiede vor allemaus der Sicht der Lebensraumgestaltungfür die Großtrappen deutlich <strong>und</strong> Defizite<strong>in</strong> der Naturausstattung der Trappenlebensräume<strong>in</strong> Ostdeutschland auffälligwerden.3.1 Zur Nutzungs<strong>in</strong>tensität an denuntersuchten TrappenbrutplätzenDie Ackerflächen werden gegenwärtig <strong>in</strong>allen untersuchten Trappengebieten verhältnismäßig<strong>in</strong>tensiv genutzt. Daraus resultieren<strong>in</strong> der Regel unkrautarme Getreideflächenmit Arthropodenbeständen, dieAbb. 1Zur Biomasse <strong>und</strong>Dom<strong>in</strong>anzstrukturderArthropodenfaunavonLuzernebeständenan Brutplätzen derGroßtrappe <strong>in</strong>Tschechien, Ungarn<strong>und</strong> Deutschlandwährend derHauptschlupfzeitder Küken.Concern<strong>in</strong>g biomassand dom<strong>in</strong>ancestructure of thearthropodes oflucerne at breed<strong>in</strong>gplaces of GreatBustards <strong>in</strong>Czechoslovakia,Hungary andGermany dur<strong>in</strong>g thema<strong>in</strong> hatch<strong>in</strong>g timeof chicks.unabhängig von der Intensität der Insektizidanwendungger<strong>in</strong>gere Dichten aufweisenals auf den vergleichbaren extensiv genutztenGrünland- oder Bracheflächen.In Tschechien <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Slowakei wurdenwährend unserer Arbeiten (1988) zahlreicheGetreide- <strong>und</strong> Luzerneflächen <strong>in</strong> denTrappengebieten <strong>in</strong>tensiv beregnet. Dastrifft auch für viele Luzerneäcker r<strong>und</strong> umDévaványa (Ungarn) zu. Auf diesen Feldfutterflächenwurde im Abstand von 10Tagen gemäht. Die Störungen waren sogroß, daß die Trappen dort kaum e<strong>in</strong>eMöglichkeit hatten, erfolgreich zu brüten<strong>und</strong> den Nachwuchs aufzuziehen, obwohldas Arthropodenangebot auf diesenStandorten nicht schlecht war (Tab. 1,Abb. 1). Als floristisch stark verarmt erwiesensich auch die <strong>in</strong>tensiv bewirtschaftetenMaisfelder bei Dévaványa, die wegen derguten Habitatstrukturen immer wieder alsNistplatz von den Trappen genutzt wurden.Auf den untersuchten Äckern <strong>in</strong> den Trappengebietenbei Cáceres <strong>in</strong> der Extremadura(Spanien) wird ohne Beregnung vorallem W<strong>in</strong>tergetreide angebaut. Hier s<strong>in</strong>ddie Bestände meist unkrautarm <strong>und</strong> gutentwickelt, obwohl Pflanzenschutz- <strong>und</strong>Düngemittel nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Maße e<strong>in</strong>gesetztwerden.Allerd<strong>in</strong>gs unterscheidet sich der Ackerbau


HEINZ LITZBARSKI ET AL.: UNTERSUCHUNGEN ZUR HABITATSTRUKTUR UND ZUM NAHRUNGSANGEBOT AN BRUTPLÄTZEN DER GROSSTRAPPEN 43dort von allen anderen kontrollierten Trappenlebensräumenvor allem dadurch, daßnach der Getreideernte e<strong>in</strong>e zweijährigeBrachephase e<strong>in</strong>geschaltet wird. DieseBrachen werden extensiv mit Schafen <strong>und</strong>R<strong>in</strong>dern beweidet. Vergleichbar ist dieseNutzungsform mit der mittelalterlichenDreifelderwirtschaft, die bis <strong>in</strong> die Mittedes 19. Jahrh<strong>und</strong>erts den Trappen <strong>in</strong> Mitteleuropasehr günstige Lebensbed<strong>in</strong>gungengeboten hat.Auffällig ist im letzten Jahrzehnt <strong>in</strong> denTrappengebieten bei Cáceres e<strong>in</strong>e deutlicheZunahme der Bewirtschaftungs<strong>in</strong>tensität(HELLMICH 1991). Dazu gehören <strong>in</strong>diesen bedeutenden Trappenlebensräumen,die zu den wertvollsten „Steppengebieten“Europas zählen (DE JUANA et al.1988) z.B.:* der großflächige E<strong>in</strong>satz von Malathionzur Bekämpfung von Heuschrecken, derdirekt das Nahrungsangebot für dieTrappenküken m<strong>in</strong>dert,* der permanente Bau neuer Koppelanlagenfür die Haltung des Weideviehs(ohne den E<strong>in</strong>satz von Hirten), wobeidas Netz der kilometerlangen Zäune zue<strong>in</strong>er für Trappen sehr gefährlichen Verdrahtungder Landschaft führt,* die Vorverlegung der Getreidemahd vonder Körnerreife (um Mitte Juni) <strong>in</strong> dieZeit der Milchwachsreife (Ende April bisMitte Mai), um hochwertiges Trockenfutterfür die anwachsenden Tierbeständezu gew<strong>in</strong>nen. Diese Änderung derBewirtschaftung führt zu erhöhten Gelege-<strong>und</strong> Kükenverlusten bei Großtrappen<strong>und</strong> anderen Vogelarten.Bei diesen Intensivierungsmaßnahmen, dieden Lebensraum der Großtrappen nachhaltigzerstören, spielen Fördermittel derEU e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle. Gleichzeitigwird aber auch dort mit EU-Mitteln derSchutz der Großtrappen gefördert.Das Grünland wird <strong>in</strong> den Trappengebieten<strong>Brandenburg</strong>s (Deutschland) <strong>und</strong> imHanság (Österreich) deutlich <strong>in</strong>tensivergenutzt als <strong>in</strong> Ungarn oder Spanien. ImHanság ergeben sich bei der Steuerung derBewirtschaftung <strong>und</strong> der Umsetzung vonExtensivierungsmaßnahmen auf Niedermoorgrünlandsehr ähnliche Schwierigkeitenwie <strong>in</strong> Deutschland (REITER mündl.1989, 1993). Entsprechend ger<strong>in</strong>g ist dieNachwuchsrate der Großtrappen <strong>in</strong> diesemGebiet.Wesentlich günstiger s<strong>in</strong>d die Bed<strong>in</strong>gungenfür die Großtrappen <strong>in</strong> vielen Grünlandgebietenbei Dévaványa (Ungarn). ImGegensatz zu den Verhältnissen <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>herrscht dort Dauergrünland vor,das durch Mahd <strong>und</strong> Beweidung, häufignur mit Beweidung, genutzt wird. Auf denFlächen wurde häufig nicht oder nur weniggedüngt (50 bis 70 kg N/ha/Jahr). DerGrünlandanteil ist <strong>in</strong> den letzten Jahrzehntenallerd<strong>in</strong>gs durch Umwandlung <strong>in</strong>Ackerflächen sehr stark zurückgegangen.Die Großtrappen nutzen verstärkt dieÄcker (60 % der Nestf<strong>und</strong>e) mit den sichdort für sie ergebenden Störungen <strong>und</strong>Verlusten, auch wenn noch Grünland vorhandenist (30 % der Nestf<strong>und</strong>e, FARAGÓ1989). Mit den möglichen Gründen fürdiese Präferenz hat sich FARAGÓ (1983,1985, 1992) ause<strong>in</strong>andergesetzt.Von 1981 bis 1994 g<strong>in</strong>g der Gesamtbestand<strong>in</strong> Ungarn von 2 900 auf 1 200 Tierezurück. Speziell <strong>in</strong> dem Schutzgebiet beiDévaványa verm<strong>in</strong>derte sich <strong>in</strong> diesemZeitraum, trotz der jährlichen Auswilderungvon Jungtrappen, der Bestand von851 auf 393 Exemplare (FARAGÓ 1993).Neben anderen Ursachen, z.B. verlustreichenW<strong>in</strong>terfluchten, ist der dramatischeRückgang der Großtrappen <strong>in</strong> Ungarn sicherauch mit dem Rückgang der Nachwuchsratendurch die häufigen Bruten aufÄckern verb<strong>und</strong>en.Abb. 2HalbschematischeDarstellung vonVegetationsstrukturenan Brutplätzen derGroßtrappe im NSG„HavelländischesLuch“oben : extensivgenutztes Dauergrünland,Nutzungdurch Mahdunten : <strong>in</strong>tensivbewirtschaftetesSaatgrasland, Nutzungdurch Mahd <strong>und</strong>Beweidung. (MitteJuni, <strong>Brandenburg</strong>,Deutschland;aus LITZBARSKI, B.u.a., 1987).Half-schematic viewof vegetationstructures at breed<strong>in</strong>gplaces of the GreatBustard <strong>in</strong> the naturereserve“HavelländischesLuch”at the top:extensively usedpermanent pastures,use by cutat the bottom:<strong>in</strong>tensively cultivatedseed grassland, use bycut and graz<strong>in</strong>g.(middle of June,<strong>Brandenburg</strong>,Germany)(from LITZBARSKI, B.a.o., 1987)Im Untersuchungsgebiet <strong>in</strong> der Extremaduraspielt Grünland, das, wie <strong>in</strong> Mitteleuropaüblich, durch Mahd <strong>und</strong> Beweidunggenutzt wird, ke<strong>in</strong>e wesentliche Rolle. Nurkle<strong>in</strong>flächig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bereichen entlangder meist nur temporär Wasser führendenBachläufe, auf den traditionell bestehendenTriften <strong>und</strong> dort, wo felsiger Untergr<strong>und</strong>e<strong>in</strong>e ackerbauliche Nutzung verh<strong>in</strong>dert,gibt es Dauergrünland mit extensiverWeidenutzung.3.2 VegetationsstrukturenDie Beschaffenheit der Vegetation an denBrutplätzen der Großtrappen entscheidetmaßgeblich direkt <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt über dieEntwicklung der geschlüpften Küken.Die Bodenvegetation <strong>in</strong> der Umgebungdes Brutplatzes ist über mehrere WochenNahrungs- <strong>und</strong> Lebensraum für Henne<strong>und</strong> Küken. Ihre Beschaffenheit muß alleBedürfnisse der Tiere erfüllen (ausreichendesVorkommen von Arthropoden, rascheFortbewegung bei gleichzeitig gutenDeckungsmöglichkeiten, optimales Mikroklimau.a.). Die Abbildungen 2 bis 4 zeigentypische Beispiele für Vegetationsstruktu-


44 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 3Halbschematische Darstellung von Vegetationsstrukturen an Brutplätzen derGroßtrappe bei Cáceres (April/Mai, Extremadura, Spanien)oben : zweijährige Brache mit Beweidungunten : e<strong>in</strong>jährige Brache mit Beweidung(Zeichnung: K. Holländer).Half-schematic view of vegetation structures at breed<strong>in</strong>g places of the GreatBustard near Cáceres (April/May, Extremadura, Spa<strong>in</strong>)at the top: biennial fallow with graz<strong>in</strong>gat the bottom: annual fallow with graz<strong>in</strong>gAbb. 4Halbschematische Darstellung von Vegetationsstrukturen an Brutplätzen derGroßtrappe bei Cáceres (April/Mai, Extremadura, Spanien)oben : trockenes Dauergrünland, Trift mit Beweidungunten : feuchtes Dauergrünland <strong>in</strong> Bachnähe, mit Beweidung(Zeichnung: K. Holländer).Half-schematic view of vegetation structures at breed<strong>in</strong>g places of the GreatBustard near Cáceres (April/May, Extremadura, Spa<strong>in</strong>)at the top: dry permanent pasture, pasture with graz<strong>in</strong>gat the bottom: moist permanent pasture <strong>in</strong> the near of a stream, with graz<strong>in</strong>gren an Trappenbrutplätzen <strong>in</strong> Spanien <strong>und</strong>Deutschland. Weil uns aktuelle Zeichnungenaus Deutschland fehlen, haben wire<strong>in</strong>e ältere Darstellung genutzt (LITZ-BARSKI et al. 1987), die das bis 1990 üblicheSaatgrasland sowie extensiv genutztesDauergrünland zeigt, das an den Trappenbrutplätzennur noch <strong>in</strong> verschw<strong>in</strong>dendger<strong>in</strong>gen Resten vorkommt. Gegenwärtigführt die extensive Bewirtschaftung derSaatgrasflächen <strong>in</strong> Abhängigkeit von derBodenbeschaffenheit <strong>und</strong> -feuchte zu sehrdifferenzierten Vegetationsentwicklungen(BLOCK et al. 1993). Für den Vergleich(Tab. 2) wurden Grünlandbestände gewählt,die gegenwärtig <strong>in</strong> den Trappengebieten„Belziger Landschaftswiesen“ <strong>und</strong>„Havelländisches Luch“ verbreitet s<strong>in</strong>d<strong>und</strong> <strong>in</strong> der Beschaffenheit zwischen denbeiden <strong>in</strong> Abb. 2 dargestellten Beispielenliegen.Tabelle 2: Mittelwerte von e<strong>in</strong>igen trappenrelevanten Parametern der Vegetation an verschiedenen Brutplätzen derGroßtrappe (extensiv genutztes Grünland (1)/Brache e<strong>in</strong>jährig (2)/zweijährig (3)<strong>Brandenburg</strong> Dévaványa CáceresDeutschland) (Ungarn) (Spanien)Standorte 1 2 3 1 2 3 1 2 3Anzahl der Arten 25 28 27 29 - - 42 31 27(25 m 2 ) (4 m 2 ) (4 m 2 )Deckungsgrad (%) 89 57 52 80 - - 72 53 45Höhe der Vegetation (cm) 85 - 48 50 - - 33 45 30Biomasse (g/m 2 ) 2440 - 1210 1750 - - 1 050 575 525Means of some parameters of the vegetation relevant for Bustards at different breed<strong>in</strong>g places of the Great Bustard:extensively used grassland (1)/ fallow annual (2)/ biennial (3)


HEINZ LITZBARSKI ET AL.: UNTERSUCHUNGEN ZUR HABITATSTRUKTUR UND ZUM NAHRUNGSANGEBOT AN BRUTPLÄTZEN DER GROSSTRAPPEN 45Bei der Beurteilung der Situation <strong>in</strong> Ungarn<strong>und</strong> Spanien (Tab. 2) fanden vor allem diefür brütende Trappen etwas deckungsreicherenStandorte Berücksichtigung. Die <strong>in</strong>Ungarn im Frühjahr feuchten <strong>und</strong> späterhäufig von Trockenrissen durchzogenen,basophilen Grünlandbereiche mit <strong>in</strong>sgesamtger<strong>in</strong>gem Aufwuchs wurden <strong>in</strong> dieseAuswertung nicht e<strong>in</strong>bezogen, ebensonicht extrem trockene bzw. ste<strong>in</strong>ige Brachebereichemit nur m<strong>in</strong>imalem Aufwuchs(unter 300g/m 2 ) <strong>und</strong> Deckungswertenvon weniger als 20 % <strong>in</strong> der Extremadura.Vergleichbare Standorte fehlen <strong>in</strong> den Trappene<strong>in</strong>standsgebietenOstdeutschlands.Die Mittelwerte <strong>in</strong> Tabelle 2 verdeutlichenden Zustand der Vegetation, <strong>in</strong> der sich dieTrappenhennen mit ihren Küken aufhalten.Der Nachteil dieser Darstellung liegtu.a. dar<strong>in</strong>, daß sie nicht die Vielfalt widerspiegelt,die auf den unterschiedlichenFlächen vorhanden ist. So s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielenGrünlandbereichen der Trappene<strong>in</strong>standsgebiete<strong>Brandenburg</strong>s <strong>und</strong> Ungarns (RaumDévaványa) die Bodenzusammensetzung<strong>und</strong> -feuchte sehr abwechlungsreich, sodaß auf engem Raum hydro- <strong>und</strong> xerophilgetönte Pflanzengesellschaften vorkommen.Zur Strukturvielfalt gehört auch, daß aufden untersuchten Trappenbrutplätzen dieVegetationshöhe selbst ohne Düngungdeutlich variiert (Tab. 3).Die Anzahl der Pflanzenarten auf denKontrollflächen gibt H<strong>in</strong>weise auf ihreStrukturvielfalt <strong>und</strong> auf die Entwicklungsmöglichkeitenfür Arthropoden. Auffälligs<strong>in</strong>d die deutlich höheren Artenzahlen <strong>in</strong>Ungarn <strong>und</strong> Spanien, obwohl <strong>in</strong> beidenLändern, um möglichst viele Standorte untersuchenzu können, deutlich kle<strong>in</strong>ereKontrollflächen ausgewählt wurden als <strong>in</strong>Ostdeutschland (Tab. 2).Der Deckungsgrad gibt zusammen mit derVegetationshöhe <strong>und</strong> dem Biomasseaufwuchswichtige H<strong>in</strong>weise auf die Strukturder Vegetation, vor allem auf ihre Eignungfür die Aufzucht der Küken wie Deckungsmöglichkeitfür Küken <strong>und</strong> Henne, Raumwiderstandfür die Fortbewegung desKükens, Mikroklima.Die Auswirkungen des Deckungsgradesauf die Großtrappen hängt allerd<strong>in</strong>gs wenigervon den großflächig errechnetenMittelwerten ab, sondern stärker von e<strong>in</strong>emmöglichst kle<strong>in</strong>flächigen Mosaik unterschiedlicherDeckungswerte. Die Abb. 5zeigt die wechselnden Deckungsgrade aufKontrollflächen von je 50 m 2 , auf denen jederQuadratmeter gesondert e<strong>in</strong>schätztwurde.E<strong>in</strong> Mosaik wechselnder DeckungsgradeTabelle 3: Vegetationshöhe (cm) im Grünland auf den untersuchtenStandorten <strong>in</strong> Ostdeutschland, Ungarn <strong>und</strong> SpanienLand Ostdeutschland Ungarn SpanienVegetationshöhe(cm) 100 – 160 70 – 120 60 – 70Height of vegetation (cm) <strong>in</strong> grassland on the tested locations <strong>in</strong> Eastern Germany, Hungaryand Spa<strong>in</strong>Abb. 5Der Deckungsgrad derVegetation an verschiedenenBrutplätzen der Großtrappebei Cáceres (Mitte Mai,Extremadura, Spanien) <strong>und</strong>bei Buckow (Mitte Juni,<strong>Brandenburg</strong>, Deutschland).Jede Kontrollfläche umfaßte50 Teilflächen mit je 1 m 2 .The coverage of vegetationat different breed<strong>in</strong>g placesof the Great Bustard nearCáceres (Middle of May,Extremadura, Spa<strong>in</strong>) andnear Buckow (middle ofJune, <strong>Brandenburg</strong>,Germany).Areas to control: 50 x 1 m 2Tabelle 4: Vergleich der Deckungsgrade (<strong>in</strong> %) auf zweijährigen Brachen<strong>und</strong> im Grünland <strong>in</strong> Trappengebieten Spaniens <strong>und</strong>OstdeutschlandsLand/Gebiet 2jährige Brache GrünlandSpanien/ExtremaduraMittelwert 45 72Extremwerte 15 – 95 25 – 100Deutschland/BuckowMittelwert 52 89Extremwerte 25 – 80 60 – 100Comparison of the degree of cover (<strong>in</strong> %) on two biennial fallows and <strong>in</strong> grassland <strong>in</strong>areas with Great Bustards of Spa<strong>in</strong> and Germany


46 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996erfüllt die verschiedenen Ansprüche derkükenführenden Trappenhenne wahrsche<strong>in</strong>lichwesentlich besser, als e<strong>in</strong>e Vegetationmit e<strong>in</strong>heitlicher Deckung. Diedunklen Felder (Abb. 5) mit Deckungswertenum 80 % bieten gute Deckung gegenüberPrädatoren, Deckungswerte umdie 40 % ermöglichen <strong>in</strong> der Regel auchkle<strong>in</strong>en Küken, der futtersuchenden Hennezügig zu folgen, während sehr helleFlächen (Deckungsgrad um die 20 %) fürdas beliebte Sonnen- <strong>und</strong> Staubbad gutgeeignet s<strong>in</strong>d.Für <strong>Brandenburg</strong> weisen alle Daten e<strong>in</strong>heitlichauf e<strong>in</strong>e hohe <strong>und</strong> dichte, also fürdie Fortpflanzung der Großtrappen wenigoptimale Grünlandvegetation h<strong>in</strong>.Günstiger s<strong>in</strong>d die Werte für das Grünland<strong>in</strong> Ungarn <strong>und</strong> Spanien, besonders, wennman neben dem Deckungsgrad auch diemittlere Höhe, die Biomasse <strong>und</strong> Artenvielfaltder Vegetation berücksichtigt.Besser sieht es <strong>in</strong> Deutschland mit der Beschaffenheitder Vegetation auf den jungenBrachen aus, auch wenn der Aufwuchsmehr als doppelt so stark ist wie <strong>in</strong>der Extremadura.3.3 ArthropodenbeständeE<strong>in</strong> ausreichender Arthropodenbestand ist<strong>in</strong> den ersten 10 Tagen nach dem Schlupfder Großtrappenküken entscheidend fürdas Überleben der Tiere.Beobachtungen bei der Fütterung vonTrappenküken per Hand <strong>und</strong> an verhältnismäßigzahmen Hennen im Gehege, dieKüken geführt haben, ließen die Schlußfolgerungzu, daß <strong>in</strong> der Regel nur Arthropoden<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Größe ab 5 mm an die Kükenverfüttert werden. Deshalb wurde bei derDarstellung der Biomasse zwischen derGesamtmasse <strong>und</strong> der Masse der Arthropoden> 5 mm unterschieden (Abb. 1, 6bis 9). Damit wird deutlicher, wie groß derfür die Fütterung denkbare Arthropodenanteilist.Bei der Darstellung der Dom<strong>in</strong>anzstrukturs<strong>in</strong>d ausschließlich die Bef<strong>und</strong>e von Arthropoden> 5 mm verwendet worden(Abb. 1, 6 bis 9).Zahlreiche Kontrollen <strong>in</strong> Deutschland habenergeben, daß e<strong>in</strong> Küken gute Chancenhat, ke<strong>in</strong>en Hungertod zu erleiden, wennbei e<strong>in</strong>er Kontrolle der Arthropodenbestände<strong>in</strong> 100 Kescherschlägen m<strong>in</strong>destens4,5 g Arthropoden (Frischgewicht) gefangenwerden. Dieser Richtwert kann zur Beurteilungder Wertigkeit von Biomassen,die außerhalb von Ostdeutschland anTrappenbrutplätzen ermittelt wurden, verwendetwerden.Arthropodendichten aus der Hauptschlupf-Abb. 6Zur Biomasse <strong>und</strong> Dom<strong>in</strong>anzstruktur der Arthropodenfauna <strong>in</strong> der Vegetation von extensiv genutztemDauergrünland an Brutplätzen der Großtrappe <strong>in</strong> Spanien, Ungarn <strong>und</strong> Deutschland während derHauptschlupfzeit der Küken.Concern<strong>in</strong>g biomass and dom<strong>in</strong>ance structure of the arthropodes <strong>in</strong> the vegetation of extensively usedpermanent pasture at breed<strong>in</strong>g places of Great Bustards <strong>in</strong> Spa<strong>in</strong>, Hungary and Germany dur<strong>in</strong>g thema<strong>in</strong> hatch<strong>in</strong>g time of chicks.Abb. 7Zur Biomasse <strong>und</strong> Dom<strong>in</strong>anzstruktur der Arthropodenfauna <strong>in</strong> der Vegetation von <strong>in</strong>tensiv genutztemGrünland an Brutplätzen der Großtrappe <strong>in</strong> Deutschland (Saatgrasland) <strong>und</strong> Ungarn; ergänzt durchAussagen aus Deutschland über die Entwicklung dieser Parameter bei langjähriger extensiverBewirtschaftung (3. Maidekade – 1. Junidekade).Concern<strong>in</strong>g biomass and dom<strong>in</strong>ance structure of the arthropodes <strong>in</strong> the vegetation of <strong>in</strong>tensively usedpermanent pasture at breed<strong>in</strong>g places of Great Bustards <strong>in</strong> Hungary and Germany, completed bystatements from Germany on the development of these parameters dur<strong>in</strong>g long-term extensivecultivation (3. decade of May – 1. decade of June).


HEINZ LITZBARSKI ET AL.: UNTERSUCHUNGEN ZUR HABITATSTRUKTUR UND ZUM NAHRUNGSANGEBOT AN BRUTPLÄTZEN DER GROSSTRAPPEN 47Abb. 8Zur Biomasse <strong>und</strong> Domonanzstruktur der Arthropodenfauna von Getreidebeständen <strong>in</strong>Trappene<strong>in</strong>standsgebieten Deutschlands, Tschechiens, der Slowakei, Ungarns <strong>und</strong> Spaniens.(Untersuchungszeitraum: Hauptschlupfzeit der Trappenküken)Concern<strong>in</strong>g biomass and dom<strong>in</strong>ance structure of the arthropodes of cereals <strong>in</strong> areas of Great Bustards ofSpa<strong>in</strong>, Hungary, Slovakia, Czechoslovakia and Germany.(Test<strong>in</strong>g period: ma<strong>in</strong> hatch<strong>in</strong>g time of chicks of Great Bustards)Abb. 9Zur Biomasse <strong>und</strong> Dom<strong>in</strong>anzstruktur der Arthropodenfauna von e<strong>in</strong>- <strong>und</strong> mehrjährigen Getreidebrachen<strong>in</strong> Spanien <strong>und</strong> Deutschland (Untersuchungsterm<strong>in</strong>: Hauptschlupfzeit der Trappenküken).Concern<strong>in</strong>g biomass and dom<strong>in</strong>ance structure of the arthropode fauna of annual and perennial gra<strong>in</strong>fallows <strong>in</strong> Spa<strong>in</strong> and Germany (test<strong>in</strong>g period: ma<strong>in</strong> hatch<strong>in</strong>g time of chicks of Great Bustards).zeit der Küken differieren stark zwischenden verschiedenen Brutgebieten <strong>und</strong> unterschiedlichbewirtschafteten Standorten(Tab. 1, Abb. 1, 6 bis 9):* Intensiv genutztes Grünland (Saatgrasfläche)weist <strong>in</strong> Deutschland für dieTrappenküken zu ger<strong>in</strong>ge (1,5 g), <strong>in</strong> Ungarn<strong>in</strong> der Regel ausreichende Arthropodendichtenauf.* Dauergrünland <strong>in</strong> extensiver Nutzunghat <strong>in</strong> den drei Ländern deutlich höhereArthropodendichten, die jedoch <strong>in</strong>Deutschland zur Hauptschlupfzeit derKüken <strong>in</strong> der Regel noch nicht ausreichen(2,5 g/100 Kescherschläge). Hierexistiert zwar auch der für Dauergrünlandtypische hohe Anteil an Heuschrecken(Saltatoria), aber die E<strong>in</strong>zeltieres<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser Jahreszeit noch so kle<strong>in</strong>,daß sie trotz großer Stückzahl nur e<strong>in</strong>eger<strong>in</strong>ge Gesamtbiomasse ergeben. VierWochen später, Anfang Juli, werden mitden erwachsenen Heuschrecken auch <strong>in</strong>Deutschland Biomassen >10 g/100 Kescherschlägeerreicht.* In der Luzerne, vor allem <strong>in</strong> Ungarn e<strong>in</strong>häufig genutzter Trappenbrutplatz, werden<strong>in</strong> den drei untersuchten GebietenArthropodendichten erreicht, die mit denenim extensiv genutzten Grünlanddieser Länder zu vergleichen s<strong>in</strong>d. Dabeifehlen fast völlig die Heuschrecken (Saltatoria).Das ist typisch für Standorte mit<strong>in</strong>tensiver Bodenbearbeitung.* Die Arthropodendichten im Getreide,das <strong>in</strong> allen Trappene<strong>in</strong>standsgebietenhäufig als Brutplatz gewählt wird, reicht<strong>in</strong> der Regel nicht für e<strong>in</strong>e erfolgreicheKükenentwicklung aus. Sie s<strong>in</strong>d mit denenim <strong>in</strong>tensiv genutzten Grünlandvergleichbar.E<strong>in</strong>e positive Ausnahme bilden viele Getreideflächen<strong>in</strong> der Extremadura, die beiger<strong>in</strong>gen Individuenzahlen Biomassewerte> 10 g erreichen. Derart hoheDichten werden <strong>in</strong> Ungarn während derHauptschlupfzeit der Küken nur auf extensivgenutztem Grünland <strong>und</strong> <strong>in</strong>Deutschland <strong>in</strong> dieser Jahreszeit aufkaum e<strong>in</strong>er Trappenbrutfläche erreicht.* Auffällig ist im Getreide, wie bei der Luzerne,der ger<strong>in</strong>ge Anteil der Heuschrecken(Saltatoria). In Deutschland<strong>und</strong> Tschechien im Getreide kaum vertreten,nehmen sie über die Slowakei<strong>und</strong> Ungarn bis zu den Bef<strong>und</strong>en aus derExtremadura deutlich zu. In diesen Länderns<strong>in</strong>d wahrsche<strong>in</strong>lich Klimafaktoren,<strong>in</strong> Spanien zusätzlich die ger<strong>in</strong>ge Intensitätder Bodenbearbeitung (zweijährigeRuhe <strong>in</strong> der Brachephase) für die großenHeuschreckendichten im Umfeld der un-


48 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996tersuchten Getreideflächen die Ursache.* Typisch für die Situation <strong>in</strong> Deutschlands<strong>in</strong>d die hohen Anteile an Wanzen (Heteroptera)<strong>und</strong> Fliegen (Diptera) sowiedas fast völlige Fehlen der Hautflügler(Hymenoptera) im Getreide.* Die für die Extremadura <strong>und</strong> seit 1991auch für e<strong>in</strong>ige Trappengebiete <strong>in</strong>Deutschland typischen Bracheflächenmit extensiver Beweidung ergeben <strong>in</strong>der Regel zur Hauptschlupfzeit der Trappenkükendas günstigste Nahrungsangebot.Es wird <strong>in</strong> Deutschland vor allembestimmt durch Käfer (Coleoptera) <strong>und</strong>verschiedene Larven (Anteil: Sonstige)sowie <strong>in</strong> der Extremadura ganz deutlichdurch die Heuschrecken (Saltatoria), die<strong>in</strong> Deutschland erst ab Juli die Biomassemerklich mitbestimmen.4. Diskussion <strong>und</strong>SchlußfolgerungenDie Untersuchungsergebnisse lassen fürdie Schlupfzeit der Großtrappenküken u.a.folgendes erkennen:* Die Vegetationsstruktur vergleichbarerStandorte nimmt von Ostdeutschlandüber Ungarn bis Spanien <strong>in</strong> ihremDeckungsgrad, <strong>in</strong> der Höhe <strong>und</strong> im Biomasseaufwuchsab sowie <strong>in</strong> der Artenvielfaltdeutlich zu.* Die Arthropodenbiomasse nimmt aufvergleichbaren Flächen von Ostdeutschlandüber Tschechien, die Slowakei, Ungarnbis Spanien deutlich zu.* Unterschiede <strong>in</strong> der Arthropodenbiomasseergeben sich nicht unbed<strong>in</strong>gt aushöheren Individuenzahlen, sie s<strong>in</strong>d vorallem abhängig vom Anteil größerer Arthropodenartenam Gesamtbestand. Dieger<strong>in</strong>ge Biomasse der Arthropoden anden Trappenbrutplätzen <strong>in</strong> Ostdeutschlandist häufig verb<strong>und</strong>en mit hohen Individuendichtenkle<strong>in</strong>er Arten, vor allemDiptera <strong>und</strong> Heteroptera, die als Futterfür die Trappenküken ohne Bedeutungs<strong>in</strong>d. Diese Artengruppen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> denuntersuchten Gebieten Spaniens deutlichger<strong>in</strong>ger vertreten. Hier s<strong>in</strong>d dieHeuschrecken (Saltatoria), die e<strong>in</strong> beliebtes<strong>und</strong> effektives Futter für die Trappenkükenergeben, bestimmend für dieDom<strong>in</strong>anzstruktur sowie die Arthropodenbiomasse.Das bedeutet, daß die Lebensbed<strong>in</strong>gungenfür die Großtrappenküken <strong>in</strong> Ostdeutschlandim H<strong>in</strong>blick auf diese sehrwichtigen Habitatparameter von den untersuchtenBrutgebieten am ungünstigstens<strong>in</strong>d.Das hat geologisch/klimatische, vor allemjedoch anthropogen bed<strong>in</strong>gte Ursachen.In der Extremadura <strong>und</strong> <strong>in</strong> Ostungarn ergebenger<strong>in</strong>gere Niederschläge <strong>in</strong> derBrutzeit der Trappen e<strong>in</strong>en nur mäßigen,für diese Art optimalen Vegetationsaufwuchs.Außerdem verh<strong>in</strong>dert <strong>in</strong> der Extremaduradie oft dünne Bodendecke auf felsigemUntergr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>en zu üppigen, trappenunfre<strong>und</strong>lichenPflanzenwuchs. Die kont<strong>in</strong>uierlicheNutzung der Flächen durch dasWeidevieh sorgt, ähnlich wie <strong>in</strong> Ungarn,zusätzlich für e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derung des Aufwuchses.In den ausgedehnten GrünlandgebietenOstdeutschlands fördern dagegen verhältnismäßighohe Gr<strong>und</strong>wasserstände <strong>und</strong>der regelmäßige Nährstoffnachschub ausdem M<strong>in</strong>eralisierungsprozeß des Niedermoorbodensdas Wachstum der Vegetationnachhaltig. Die flächendeckende Eutrophierungder Landschaft durch diestickstoffhaltigen Niederschläge, die imTrappene<strong>in</strong>standsgebiet „HavelländischesLuch“ 50 bis 55 kg N/ha/Jahr Gratisdüngungergeben, ist e<strong>in</strong>e weitere, anthropogenbed<strong>in</strong>gte Ursache für den kräftigenAufwuchs der Vegetation. Da auch e<strong>in</strong>eBeweidung an den meisten Brutplätzenfehlt, entwickelt sich der Aufwuchs aufvielen Grünlandstandorten bis zur 1. Mahdzu e<strong>in</strong>em ernsten H<strong>in</strong>dernis für die Trappen.Wegen der Gefahr von Gelege- <strong>und</strong>Kükenverlusten wurde bisher nur an wenigenTrappenbrutflächen e<strong>in</strong>e schonendeBeweidung erlaubt.In den Trappenbrutgebieten Ostdeutschlandss<strong>in</strong>d zwar die Niederschläge mit etwa550 mm pro Jahr nicht wesentlich reichhaltigerals <strong>in</strong> Ungarn oder Spanien, abersie fallen, anders als <strong>in</strong> diesen Ländern,häufig <strong>in</strong> der Hauptschlupfzeit der Trappenküken<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d dann oft mit niedrigenTagestemperaturen verb<strong>und</strong>en.Das ergibt nicht nur e<strong>in</strong>e üppigere, trappenunfre<strong>und</strong>lichePflanzendecke, sondernbeh<strong>in</strong>dert auch ganz erheblich die Entwicklungder Arthropodenbestände.Selbst auf den besseren, langfristig extensivgenutzten Grünlandstandorten, die imJuli Biomassewerte bei den Arthropodenvon über 10 g/100 Kescherschläge erreichenkönnen, liegen zur Hauptschlupfzeitder Küken (Ende Mai/Anfang Juni) dieWerte im Mittel um 2,6 g <strong>und</strong> bei umfangreichenNiederschlägen, wie im Mai1995, sogar nur bei 1,0 bis 1,5 g/100 Kescherschläge.Bei sehr ähnlichen für die Aufzucht derGroßtrappen ungünstigen klimatischenBed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d jedoch vor Jahrzehntendeutlich höhere Nachwuchsraten <strong>in</strong> Ostdeutschlanderreicht worden.Die gegenwärtigen extrem ungünstigen<strong>und</strong> für die Trappenküken auch bei trockener<strong>und</strong> warmer Witterung meist nichtausreichenden Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> denTrappene<strong>in</strong>standsgebieten Ostdeutschlandshaben vor allem anthropogene Ursachen.Die <strong>in</strong>tensiv betriebene Landwirtschafthat auf den Äckern (<strong>in</strong>tensive Bodenbearbeitung,starker E<strong>in</strong>satz von Herbiziden<strong>und</strong> Insektiziden) <strong>und</strong> im Grünland(künstliche Monokulturen, verstärkte Bodenbearbeitung,<strong>in</strong>tensive Düngung) dieArthropodenbestände so stark verm<strong>in</strong>dert,daß sie heute nur noch auf wenigen Standorten<strong>und</strong> bei optimalen Witterungsbed<strong>in</strong>gungenzur Schlupfzeit der Küken ausreichendBiomasse entwickeln können. Dere<strong>in</strong>zige s<strong>in</strong>nvolle Weg zur Rettung der letztenGroßtrappenbestände <strong>in</strong> Ostdeutschlandbe<strong>in</strong>haltet demzufolge die Wiederherstellungvon Arthropodenbeständenmit e<strong>in</strong>er hohen Biomasse, die die ausreichendeErnährung der GroßtrappenkükenEnde Mai/Anfang Juni garantieren <strong>und</strong>damit zu hohen Nachwuchsraten führen.Im Mittelpunkt der Bemühungen zur Gebietsgestaltungfür die Großtrappen stehtdeshalb die Erhöhung der floristischenVielfalt <strong>und</strong> damit des Artenreichtums anArthropoden, nicht jedoch vordergründigdie Erhöhung der Individuenfülle (Abb. 6,1, 9). Arthropodenvielfalt garantiert e<strong>in</strong>weitgehend ausgeglichenes Futterangebotfür die kükenführende Henne, unabhängigvom Schlupfdatum <strong>und</strong> der zur Schlupfzeitvorherrschenden Witterung.Die vergleichenden Untersuchungen habenfür das Management der Großtrappenbrutplätze<strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> die Richtigkeite<strong>in</strong>iger bereits empirisch e<strong>in</strong>geleitetenMaßnahmen nachdrücklich bestätigt <strong>und</strong>ihre konsequente Weiterführung gerechtfertigt.Im Grünland gehört dazu vor allem dieE<strong>in</strong>stellung des Bodenumbruchs <strong>und</strong> derNeuansaaten sowie das vorläufig völligeAussetzen der Düngung. Mit diesen Maßnahmenist es möglich, auf den so schwierigzu renaturierenden Niedermoorstandortentrappenfe<strong>in</strong>dliches Saatgrasland <strong>in</strong>den E<strong>in</strong>standsgebieten <strong>Brandenburg</strong>s denVegetationsstrukturen <strong>und</strong> Arthropodendichtenanzunähern, wie sie für ungarische<strong>und</strong> spanische Brutplätze mit guter Nachwuchsrategegenwärtig typisch s<strong>in</strong>d (Abb.7 bzw. BLOCK et al. 1993). Daß diese Entwicklungunter den für <strong>Brandenburg</strong> obengeschilderten Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong> langwierigerProzeß se<strong>in</strong> wird, zeigen die bisherigenErgebnisse ebenfalls.


HEINZ LITZBARSKI ET AL.: UNTERSUCHUNGEN ZUR HABITATSTRUKTUR UND ZUM NAHRUNGSANGEBOT AN BRUTPLÄTZEN DER GROSSTRAPPEN 49Die Verhältnisse <strong>in</strong> Ungarn <strong>und</strong> vor allem<strong>in</strong> Spanien lassen den Schluß zu, daß hoheArthropodendichten im extensiv genutztenUmfeld deutlich auf <strong>in</strong>tensiv genutzteFlächen ausstrahlen. Deshalb wurde <strong>in</strong> denSchutzgebieten <strong>Brandenburg</strong>s e<strong>in</strong>e Art„Randstreifenprogramm“ für die Mahd imGrünland e<strong>in</strong>geführt.In Erweiterung der bisher üblichen Praxis,floristisch wertvolle Bereiche oder vermuteteTrappenbrutplätze von der Mahd auszunehmen,wurde für das Schutzgebiet„Havelländisches Luch“ festgelegt, daßbei der ersten Mahd an Schlagrändern <strong>und</strong>bei Flächen über 100 m Breite auch <strong>in</strong> derMitte e<strong>in</strong>e Arbeitsbreite unbearbeitetbleibt. Damit werden nicht nur Rückzugsflächenfür die Zeit der Bewirtschaftung,sondern auch bessere Ausgangsbed<strong>in</strong>gungenfür die raschere Wiederbesiedelungder Schläge mit Arthropoden geschaffen.Sehr wichtig waren für uns die <strong>in</strong> Spaniengesammelten Untersuchungsergebnisseüber die dynamische Entwicklung <strong>und</strong>hohe ökologische Wertigkeit der Ackerbrachenim Wechsel mit Getreideanbau.Deshalb wurden <strong>in</strong> Ostdeutschland verstärktAckerstandorte für das Schutzprojektgesichert. Wie <strong>in</strong> Spanien s<strong>in</strong>d auf denÄckern die Brachephasen mit e<strong>in</strong>er Selbstbegrünungder Flächen (oft Getreidestoppel)e<strong>in</strong>geleitet worden. Die Ackerbrachenwerden konsequent durch Beweidung bewirtschaftet.Diese Bewirtschaftungsarthat sich <strong>in</strong> der Extremadura <strong>und</strong> <strong>in</strong> Ayuela(Spanien) seit langer Zeit bewährt.Die an Fördermittel der EU geb<strong>und</strong>eneStillegungsrichtl<strong>in</strong>ie, die ke<strong>in</strong>e Entnahmedes Aufwuchses erlaubt, ist für den floristischen<strong>und</strong> faunistischen Artenschutz nursehr begrenzt wirksam. Der im Gegensatzzu Spanien kräftigere Aufwuchs auf denBrachen der Trappenbrutflächen <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>wird deshalb neben der Beweidungdurch zusätzliche Mahd abgeschöpft.In Ostdeutschland verläuft die Entwicklungder Ackerbrachen wesentlich dynamischerals im Niedermoorgrünland. Dazutragen wahrsche<strong>in</strong>lich die ger<strong>in</strong>gere Bodenfeuchte,die raschere Aushagerung dersandigen Böden sowie ihre schnellere Erwärmungim Frühjahr bei. So erreicht dieArthropodenbiomasse im Saisonmittel nache<strong>in</strong>em Brachejahr bereits 4,4 g <strong>und</strong> nachzwei Jahren 6,5 g/100 Kescherschläge.Das ist das Zwei- bzw. Dreifache der Werteaus e<strong>in</strong>em Getreideacker <strong>und</strong> etwa dasDoppelte der Arthropodenbiomasse von<strong>in</strong>tensiv genutztem Grasland (LITZBARSKIet al. 1993, BLOCK et al. 1993). Allerd<strong>in</strong>gss<strong>in</strong>d bisher im Frühsommer, wenn dieKüken schlüpfen, die Arthropodendichtenfür die Trappen auf den jungen Brachennicht immer ausreichend (Abb. 9).Weitere Erkenntnisse aus Ungarn <strong>und</strong> Spanienhaben mit den Beobachtungsergebnissenaus den e<strong>in</strong>heimischen Trappenschutzgebietenzu e<strong>in</strong>er Neuerung <strong>in</strong> derGestaltung von Ackerbrachen geführt.In e<strong>in</strong>igen Bereichen des Trappenlebensraumesim NSG „Havelländisches Luch“wird von der langfristigen Entwicklunggroßflächiger Dauerbrachen abgegangen.An deren Stelle wurde e<strong>in</strong>e der Dreifelderwirtschaftähnliche Bewirtschaftung derFlächen mit Rotationsbrache e<strong>in</strong>geführt.In Ungarn <strong>und</strong> Spanien ist gut zu beobachten,daß bei e<strong>in</strong>em Nebene<strong>in</strong>ander vonnaturnahen Standorten <strong>und</strong> Ackerflächendie Großtrappen sehr häufig e<strong>in</strong>e hohePräferenz zu Äckern zeigen. Außerdem ist<strong>in</strong> Spanien zu bemerken, daß bei e<strong>in</strong>emlangfristigen Aussetzen des traditionellenGetreideanbaus mit der nachfolgendenEntwicklung von Dauerbrachen dieseFlächen offenbar an Attraktivität für dieTrappen <strong>und</strong> an Produktivität e<strong>in</strong>büßen(HELLMICH 1996), obwohl das Arthropodenpotentialnoch e<strong>in</strong>e gute Futterbasisgarantiert. Um dieser Entwicklung vorzubeugen<strong>und</strong> mit der Strukturvielfalt die Attraktivitätdieser Flächen für die Trappenzu sichern, wurden extensiv ackerbaulichgenutzte Streifen <strong>in</strong> die zusammenhängendenBrachen gelegt. Die schmalen Felders<strong>in</strong>d mit ihrer günstigen Vegetationsstrukture<strong>in</strong> beliebter Aufenthaltsort für dieGroßtrappen im Jahresverlauf; sie lockenauch die Bruthennen an. Diese f<strong>in</strong>den imFalle e<strong>in</strong>er erfolgreichen Brut <strong>in</strong> den umliegendenarthropodenreichen Bracheflächengute Möglichkeiten, den Nachwuchsaufzuziehen. Im Schutzgebiet „BelzigerLandschaftswiesen“ haben die auf diesenAckerstreifen angesäten Futterpflanzenbeliebte Äsungsmöglichkeiten für die Altvögel<strong>in</strong> unmittelbarer Nähe zu den Neststandortenergeben. Es ist zu erhoffen, wiebei den anderen Managementmaßnahmenauch, von diesem Nebene<strong>in</strong>ander vontrappengerechter Vegetationstruktur <strong>und</strong>gutem Mikroklima auf den bewirtschaftetenFlächen sowie guter Arthropodendichte<strong>in</strong> den danebenliegenden Brachen positiveAuswirkungen auf die Nachwuchsrateder Großtrappen <strong>in</strong> Ostdeutschland ausgehen.5. ZusammenfassungDie Ergebnisse vergleichender Untersuchungenüber verschiedene Parameter derVegetationsstruktur (Artenzusammensetzung,Deckungsgrad, Bestandsdichte <strong>und</strong>-höhe, Biomasse) der Arthropodenbestände(Bestandsdichte <strong>in</strong> der Vegetation, Aktivitätsdichteam Boden, Dom<strong>in</strong>anzstruktur,Biomasse) an Brutplätzen der Großtrappen<strong>in</strong> Ostdeutschland, Tschechien,der Slowakei, <strong>in</strong> Ungarn <strong>und</strong> Spanien werdenvorgestellt <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihren BeziehungenAbb. 10Blühende Brachen <strong>in</strong> der Extremadura haben für Großtrappen günstige Vegetationsstrukturen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>reiches Arthropodenangebot (April – Mitte Mai, Sierra de Fuentes, Spanien).Foto: H. LitzbarskiBloom<strong>in</strong>g fallows <strong>in</strong> the Extremadura have favourable vegetation structures as well as a rich arthropodeoffer for Great Bustards (April to mid-May, Sierra de Funetes, Spa<strong>in</strong>).


50 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 11Blüten- <strong>und</strong>arthropodenreicheFeldra<strong>in</strong>e ermöglichenauch <strong>in</strong>Getreideflächen e<strong>in</strong>erfolgreichesHeranwachsen vonGroßtrappenküken(Sierra da Fuentes,Extremadura,Spanien).Foto: H. LitzbarskiField edges withmany arthropodesand flowers enable asuccessful grow<strong>in</strong>gof chicks <strong>in</strong> cerealcrops (Sierra deFuentes,Extremadura, Spa<strong>in</strong>)zur landwirtschaftlichen Nutzung sowie <strong>in</strong>ihrer Bedeutung für die erfolgreicheKükenaufzucht diskutiert.Dabei wird deutlich, daß an den Trappenbrutplätzen<strong>in</strong> Ostdeutschland von allenuntersuchten Gebieten gegenwärtig nochdie ungünstigsten Bed<strong>in</strong>gungen für dieFortpflanzung der Großtrappen herrschen,die e<strong>in</strong>geleiteten Extensivierungsmaßnahmenjedoch e<strong>in</strong>e deutliche Verbesserungder Situation bewirken. Die an den Trappenbrutplätzen<strong>in</strong> Ungarn <strong>und</strong> Spanien gesammeltenErkenntnisse fließen direkt e<strong>in</strong><strong>in</strong> konkrete Gestaltungs- <strong>und</strong> Pflegemaßnahmen,die <strong>in</strong> den ostdeutschen Trappenschutzgebieten„Belziger Landschaftswiesen“<strong>und</strong> „Havelländisches Luch“ zugunstender Großtrappen umgesetzt werden.Dazu gehören z.B. Grünlandaushagerung,Gestaltung von großflächigen Dauerbrachen,extensive Ackernutzung im Wechselmit Rotationsbrachen (Abb. 10, 11, 12).SummaryIn this article the results of comparativestudies <strong>in</strong> Eastern Germany, Tschechia, Slowakia,Hungaria and Spa<strong>in</strong> of different parameterslike the vegetation and the offerof arthropodes at the nest sites of GreatBustards are presented. The relation betweenagricultural use as well as the importancefor a breed<strong>in</strong>g success are discussed.Under the present circumstances <strong>in</strong> EasternGermany the conditions are quite unfavourableat the moment. The knowledgefrom our researches <strong>in</strong> Spa<strong>in</strong> and Hungariaare directly used for the arrangement andmanagement of the protection areas „BelzigerLandschaftswiesen“ and „HavelländischesLuch“. This maesures are put <strong>in</strong>concrete terms like extensive landusechanged by fallows, the creation of extensivand durable set-asides and the leanedout grassland for <strong>in</strong>stance (Ill. 10, 11, 12).LiteraturBLOCK, B.; BLOCK, P.; JASCHKE, W.; LITZBARSKI. B.;LITZBARSKI, H. u. PETRICK, S. 1993: Komplexer Artenschutzdurch extensive Landwirtschaft im Rahmendes Schutzprojektes „Großtrappe“. -Natur <strong>und</strong> Landschaft68 (11): 565-576DE JUANA, E.; SANTOS, T., SUÁREZ, F. u. TELLERÍA,J. L. 1988: Status and conservation of steppe birds <strong>in</strong>their habitats <strong>in</strong> spa<strong>in</strong>. -ICBP Technical PublikationNo.7: 113-123FARAGÓ, S. 1983: Autecology oft Great Bustard <strong>in</strong> thereproduction period <strong>in</strong> Hungary. -Thesis Univ.Sopron:345 ppFARAGÓ, S. 1985: XI. Investigations on the nest<strong>in</strong>gecology of the Great Bustard (Otis tarda L., 1758) <strong>in</strong>the Dévaványa Nature Conservation District. I. Comparativestudies of microclimate. -Aquila 92: 133-173FARAGÓ, S. 1988: Zur Rolle des Makroklimas bei derVerbreitung <strong>und</strong> Brutbiologie der Großtrappe (Otistarda tarda L<strong>in</strong>né, 1758) <strong>in</strong> Ungarn. -Erd. Faip. Tud.Közl.: 117-141FARAGÓ, S. 1989: Evaluation of the ten-year work atthe Dévaványa Conservation Area Bustard Rescue Station.-Sci. Publ. Forest. Timb. Ind. 1: 81-143FARAGÓ, S. 1993: Development of Great Bustard populations<strong>in</strong> Hungary <strong>in</strong> the period 1981-1990. -FoliaZoologica 42/3: 221-236HEIDECKE, D.; LOEW, M. u. Mansik, K.-H. 1983: DerAufbau e<strong>in</strong>es Netzes von Großtrappen-Schongebieten<strong>in</strong> der DDR <strong>und</strong> ihre Behandlung. -<strong>Naturschutz</strong>arbeitBerl<strong>in</strong> u. <strong>Brandenburg</strong>, Beiheft 6: 32-39HELLMICH, J. 1991: Zur Habitatwahl der Großtrappe(Otis tarda L.) <strong>in</strong> Extremadura, Spanien. -Alytes monografiaNo.2: 39-114HELLMICH, J. 1996: Gibt es e<strong>in</strong>e Abhängigkeit derGroßtrappenbestände <strong>in</strong> Caceres (Extremadura, Spanien)von der traditionell betriebenen Landwirtschaft? -<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>4(1,2): 55-59LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H. u. PETRICK, S. 1987:Zur Ökologie <strong>und</strong> zum Schutz der Großtrappe (Otistarda L.) im Bezirk Potsdam. -Acta ornithoecologica,Jena 1: 199-244LITZBARSKI, H. u. EICHSTÄDT, D. 1993: <strong>Naturschutz</strong><strong>und</strong> Landwirtschaft im GroßtrappenschongebietBuckow, Kreis Rathenow. -<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong><strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> 2 (2): 37-45STERBETZ, I. 1976: The environment of the Great Bustard(Otis tarda) <strong>in</strong> Hungary. -Aquila 83: 53-73Dr. He<strong>in</strong>z LitzbarskiBirgit BlockPeter BlockWernfried JaschkeDr. Bärbel LitzbarskiSiegfried PetrickLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station BuckowD-14715 BuckowKerst<strong>in</strong> HolländerÖtzbruck 150A-6426 Roppen/Tirol


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 51-53 51ISTVAN KURPÉBeziehungen zwischen Großtrappenschutz <strong>und</strong> Landwirtschaftim Raum des Landschaftsschutzgebietes Dévaványa1. E<strong>in</strong>führungDas Landschaftsschutzgebiet Dévaványaentstand im Jahre 1975 auf Vorschlag desInternationalen Rates für Vogelschutz.Dieses Gebiet war bereits damals der bedeutendsteLebensraum der Großtrappen<strong>in</strong> Ungarn.Bei e<strong>in</strong>er Erhebung im Frühjahr 1995 wurdenhier 378 Großtrappen gezählt (Abb.1). Der Bestand ist <strong>in</strong> den letzten 4 bis 5Jahren auf der etwa 50 000 ha großenFläche um mehr als 100 Tiere angewachsen.Dies ist um so bemerkenswerter, dasich dieses Gebiet <strong>in</strong>mitten <strong>in</strong>tensiv genutzterLandwirtschaftsflächen bef<strong>in</strong>det.Heute lebt <strong>in</strong> diesem Gebiet e<strong>in</strong> Drittel desungarischen Großtrappenbestandes.Das Landschaftsschutzgebiet umfaßt gegenwärtige<strong>in</strong>e Fläche von 12 800 ha, davonbef<strong>in</strong>den sich 7 200 ha <strong>in</strong> staatlichemBesitz <strong>und</strong> werden vom <strong>Naturschutz</strong> verwaltet(Abb. 1). Damit s<strong>in</strong>d etwa 25 % desLebensraumes der Großtrappen <strong>in</strong> diesemAbb. 1Bereiche des LandschaftsschutzgebietesDévaványa, <strong>in</strong> denen der Lebensraum fürdie Großtrappen mit gezielten Maßnahmengestaltet wirdIm Landschaftsschutzgebiet Dévaványaam 8. 4. 1995 gezählte GroßtrappenGebiet geschützt, <strong>und</strong> auf 15 % wird dieBewirtschaftung von der <strong>Naturschutz</strong>organisationgeleitet. Diese Verhältnisse bestimmengegenwärtig die Möglichkeitendes Großtrappenschutzes.2. Gebietsmanagementim SchutzgebietDévaványaGestaltungsmaßnahmen im Schutzgebietwerden auf Flächen mit unterschiedlichenEigentumsformen <strong>und</strong> mit unterschiedlicherIntensität realisiert.2.1 Staatlich verwaltete FlächenDie Acker- <strong>und</strong> Grünlandflächen der vom<strong>Naturschutz</strong> verwalteten 7 200 ha werdendurch Pächter genutzt. Entsprechend denErfordernissen des Trappenschutzes wurdendie Bed<strong>in</strong>gungen für die Pachtverträgefestgelegt. So s<strong>in</strong>d z.B. die Art der Kulturpflanzen,ihr Flächenanteil, die räumlichen<strong>und</strong> zeitlichen Beschränkungen sowieParts of the conservation area ofDévaványa, where the landscape is formedfor the Great Bustards with the help ofwell-aimed measures.Numbers of Great Bustards<strong>in</strong> the area Dévaványa counted at 8.4.1995deren Bewirtschaftungsmethoden vorgeschrieben.Durch das Gebietsmanagement soll- e<strong>in</strong>e ausreichende Nahrungsbasis für dasgesamte Jahr- sowie die Ungestörtheit der Balz- <strong>und</strong>Brutplätzegesichert werden.2.1.1 Sicherung derNahrungsgr<strong>und</strong>lageHierzu werden folgende Möglichkeitengenutzt:- E<strong>in</strong>schränkung des Chemikaliene<strong>in</strong>satzes,was e<strong>in</strong>e arten- <strong>und</strong> abwechslungsreichePflanzen- <strong>und</strong> Insektenwelt zurFolge hat. Bei der Düngung werdenorganische Dünger, deren Wirksamkeitanhaltender als anorganischer Düngers<strong>in</strong>d, bevorzugt. Da organischer Düngernur alle vier Jahre ausgebracht wird, verm<strong>in</strong>dernsich die Störungen im Gebiet.- Es s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 10 % der Anbauflächemit Luzerne zu bestellen. Sie iste<strong>in</strong>e wichtige Eiweiß- <strong>und</strong> Kalkquelle<strong>und</strong> <strong>in</strong> der trockenen Zeit gegen Endedes Sommers stellt sie die e<strong>in</strong>zige Grünpflanzennahrungfür Großtrappen dar.Sehr reichhaltig ist auch die Insektenweltder chemikalienfrei bestellten Luzernefelder,die e<strong>in</strong> beliebter Brutplatz für dieTrappen s<strong>in</strong>d.- Der Rapsanbau wird auf m<strong>in</strong>destens150 ha im Jahr vorgeschrieben <strong>und</strong> erfolgtmosaikartig an verschiedenen Stellendes Gebietes (Abb. 2), so f<strong>in</strong>denihn die Großtrappen häufig im Gebiet.Raps als der wichtigsten W<strong>in</strong>ternahrungkommt große Bedeutung zu, weil er dieGroßtrappen <strong>in</strong> der klimatisch ungüstigenJahreszeit an das E<strong>in</strong>standsgebietb<strong>in</strong>det. Bei hoher Schneedecke werdendie Flächen streifenweise geräumt, damitdie Vögel Zugang zum Futter haben.2.1.2 Schutz vor Störungenauf Balz- <strong>und</strong> BrutplätzenBalz- <strong>und</strong> Brutplätze s<strong>in</strong>d im Raum vonDévávanya nicht immer identisch (Abb. 3).Nach erfolgter Paarung suchen sich dieHennen e<strong>in</strong>en Brutplatz, der oftmals 10 bis15 km vom Balzplatz entfernt ist.Die traditionellen Balzplätze s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ersterL<strong>in</strong>ie auf ausgedehnten Grünlandflächenentstanden. So ist im Raum von Dévavá-


52 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 2Abb. 3Mosaikartige Verteilung der Fruchtarten<strong>in</strong> den Jahren 1994 – 1995 imLandschaftsschutzgebiet DévaványaTessellated distribution of the crops <strong>in</strong>the conservation area of Dévaványa <strong>in</strong>the years 1994/95Landschaftsschutzgebiet DévaványaBalzplätzeBrutplätze, die bei Landwirtschaftsarbeiten gef<strong>und</strong>en wurdenMat<strong>in</strong>g places and nests of Great Bustards fo<strong>und</strong> dur<strong>in</strong>gagricultural works <strong>in</strong> the conservation area of DévaványaW<strong>in</strong>tergetreideSommergetreideRapsLuzerneMaisSonnenblumeBrachew<strong>in</strong>ter gra<strong>in</strong>summer gra<strong>in</strong>rapelucernecornsunflowersfallownya die „Atyaszegi-Weide“ der wichtigsteBalzplatz. Auf e<strong>in</strong>er Fläche von 600 hasammeln sich hier im Frühjahr mit großerRegelmäßigkeit 100 bis 120 Großtrappen.- Auf dem als Balzplatz genutzten Grünlandist das Eggen bis Mitte März abzuschließen,um e<strong>in</strong>e ungestörte Balz zugewährleisten. Mit dem Beweiden <strong>und</strong>Mähen darf erst im Juli, wenn die Kükengeschlüpft <strong>und</strong> oft schon flugfähig s<strong>in</strong>d,begonnen werden – zunächst nur <strong>in</strong> derNähe der Tierhaltungsanlagen <strong>und</strong> erstgegen Ende der Brutzeit im gesamtenGebiet. Der frühestmögliche Zeitpunktfür die Mahd ist der 15. Juni, <strong>in</strong> denwichtigsten E<strong>in</strong>standsgebieten jedocherst der 1. Juli.- Die Großtrappen nisten auf Acker <strong>und</strong>Grünland gleichermaßen. Die Brutzeitdauert von Mitte April bis Mitte Juli(Abb. 4). Aus diesem Gr<strong>und</strong>e müssensämtliche Bodenarbeiten <strong>und</strong> die chemischeBehandlung auf den Äckern biszum 15. April abgeschlossen se<strong>in</strong>. DieUnkrautbekämpfung ist (bei bestimmtenKulturen) nach Möglichkeit imHerbst durchzuführen. Später ausgebrachteKulturen, wie Mais <strong>und</strong> Sonnenblumen,dürfen nur zu höchstens 10 %im Landschaftschutzgebiet Dévaványavorkommen. Die Bodenpflegearbeitensollten ebenfalls bis zum 15. April abgeschlossense<strong>in</strong>. Selbst dann kommt esvor, daß die Trappen auf den kahlen Feldernnisten. Probleme bereitet die herkömmlicheVerwendung der Luzerne,weil die erste Mahd mit der Brutzeit derGroßtrappen zusammenfällt. Um dieStörungen zur Brutzeit zu verr<strong>in</strong>gern, istdie erste Mahd bis Ende April abzuschließen.Mit der zweiten Mahd darferst nach dem 1. Juli begonnen werden,oder der Pflanzenbestand ist für dieSaatgutgew<strong>in</strong>nung stehen zu lassen.- Mit der Bodenbearbeitung auf Brachenmittels Scheibenegge kann erst im Augustbegonnen werden.Der E<strong>in</strong>satz der Agrotechnik auf denÄckern erfolgt nach dem Pr<strong>in</strong>zip der m<strong>in</strong>imalenBodenbearbeitung, um Störungenweitestgehend e<strong>in</strong>zuschränken.Mähmasch<strong>in</strong>en dürfen im Grünland <strong>und</strong>auf Luzerneflächen im Interesse desSchutzes der Trappen nur arbeiten, wenne<strong>in</strong> wirksamer Wildschutz angewandtwird. Wird beim Mähen dennoch zufällige<strong>in</strong> Großtrappengelege gef<strong>und</strong>en, muße<strong>in</strong>e Schutzzone um den Brutplatz belassenwerden. Für Arbeiten im Zusammenhangmit dem Nestschutz wird den MitarbeiternGeld gezahlt.Störungsarme Bereiche für die Großtrap-


ISTVAN KURPÉ: BEZIEHUNGEN ZWISCHEN GROSSTRAPPENSCHUTZ UND LANDWIRTSCHAFT IM RAUM DES LANDSCHAFTSSCHUTZGEBIETES DÉVAVÁNYA 53Das Landschaftsschutzgebiet besteht seit1975 <strong>und</strong> ist mit e<strong>in</strong>em Drittel des Bestandesan ungarischen Großtrappen der bedeutendsteLebensraum dieser Tiere <strong>in</strong> Ungarn.E<strong>in</strong>e Fläche von 7 200 ha unterstehtdem staatlichen <strong>Naturschutz</strong>, was die Möglichkeitetbietet, Pflanzenanbau, Schutz-,Pflege- <strong>und</strong> Erntearbeiten zu term<strong>in</strong>ieren<strong>und</strong> den Interessen des Großtrappenschutzesunterzuordnen. E<strong>in</strong>e weitere Flächeuntersteht fremdem Schutz, <strong>und</strong> etwa75 % s<strong>in</strong>d nicht geschütztes Gebiet; hierwird für den Großtrappenschutz mit demZiel geworben, daß es auch <strong>in</strong> der Zukunftgel<strong>in</strong>gen wird, durch guten Kontakt zu denkle<strong>in</strong>en <strong>und</strong> großen Bewirtschaftern die Interessendes Großtrappenschutzes zuwahren.SummaryAbb. 4Zeitliche Verteilung der Gelegef<strong>und</strong>e (1990 bis 1994) im Landschaftsschutzgebiet DévaványaTemporal distribution of the nests fo<strong>und</strong> <strong>in</strong> the conservation area Dévaványa (1990 – 1994)pen entstehen auch dadurch, daß 10 bis15 % der verpachteten Ackerflächen alsGrünland zu bewirtschaften s<strong>in</strong>d. DieseFlächen – es handelt sich <strong>in</strong> der Regel umBöden mit ger<strong>in</strong>ger Fruchtbarkeit – werdennur e<strong>in</strong>mal jährlich im Herbst bearbeitet.2.2 Fremdverwaltete FlächenAuch bei fremdverwalteten Flächen imSchutzgebiet besteht die Möglichkeit, verb<strong>in</strong>dlicheAnleitungen zu geben, jedoch <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em deutlich beschränkteren Umfang alsbei den vom <strong>Naturschutz</strong> verwalteten Bereichen.Gr<strong>und</strong>sätzlich gibt es hier das Verbotdes Umbruchs oder Abbrennens vonGrünland <strong>und</strong> Festlegungen für den Zeitpunktder Mahd. Die gesamte Bewirtschaftungist jedoch wenig zu bee<strong>in</strong>flussen,da den Landwirten die Ertragsausfälleals Folge der trappengerechten Bewirtschaftungnicht bezahlt werden können.Während der Brutzeit werden enge Kontaktezu den Mitarbeitern der Betriebe, diebeim Gelegeschutz behilflich s<strong>in</strong>d, gehalten.Auf etwa 75 % des Gebietes gibt es praktischke<strong>in</strong>e Möglichkeit, die Bewirtschaftungzu bee<strong>in</strong>flussen. Lediglich beim Gelegeschutzwerden die Landwirte um Zusammenarbeitgebeten. Über Flugblätter<strong>und</strong> <strong>in</strong> Zeitungen erfolgen regelmäßig Informationenmit dem Ziel, die Mitarbeiteraufzuklären <strong>und</strong> zu gew<strong>in</strong>nen. Es ist für dieHilfsbereitschaft der Großbetriebe kennzeichnend,daß sie für das Gebiet derSchutzzone bislang ke<strong>in</strong>en Schadenersatzverlangt haben. H<strong>in</strong>sichtlich der Kle<strong>in</strong>be-triebe liegen <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht erst wenigErfahrungen vor. Erwartungsgemäß wirdhier der Anspruch auf Kompensation derErtragsausfälle <strong>in</strong> mehreren Fällen auftreten.3. ZusammenfassungAbb. 5Die Gebäude derStation desLandschaftsschutzgebietesDévaványaFoto: I. KurpéStation of theconservation areaDévaványaThe coservation area has existed s<strong>in</strong>ce1975 and be<strong>in</strong>g the place to live for onethird of the Hungarian Great Bustards it isthe most important habitat of these animals<strong>in</strong> Hungary. An area of 7 200 ha is <strong>und</strong>erthe control of the state nature conservation,thus the possibility is given to fixthe dates for the cultivation of plants, forprotection and preservation works as wellas for the harvest and to subord<strong>in</strong>ate themto the <strong>in</strong>terests of the protection of GreatBustards. A further area is controlled by someoneelse and nearly 75 % of the areaare not protected. With the help of leafletsand articles <strong>in</strong> the newspapers the protectionof Great Bustards is promoted. Untilnow the large concerns have supportedthis protection by not hav<strong>in</strong>g asserted theirclaims because of losses of crops. Let’shope that one will also succeed <strong>in</strong> future tosafeguard the <strong>in</strong>terests of the protection ofGreat Bustards by hav<strong>in</strong>g good contactswith the small and big cultivators.VerfasserIstvan KurpéDévaványaDozsa u. 8/1H-5520 Szeghalom


54 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 54-58JOACHIM HELLMICHGibt es e<strong>in</strong>e Abhängigkeit der Großtrappenbestände<strong>in</strong> Cáceres (Extremadura, Spanien)von der traditionell betriebenen Landwirtschaft?1. Die gegenwärtigeSituationDie Prov<strong>in</strong>z Cáceres <strong>in</strong> der spanischen RegionExtremadura ist e<strong>in</strong>e der Hochburgender Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758) <strong>in</strong>Iberien. Trotz e<strong>in</strong>er im allgeme<strong>in</strong>en – wennauch bescheidenen – positiven Entwicklungnimmt die Zahl der Vögel nicht <strong>in</strong> allenTeilen von Cáceres zu. In den zentralenZonen gibt es zwar e<strong>in</strong>en Anstieg (HELL-MICH 1994), <strong>in</strong> anderen Gebieten zeigtsich – besonders im Frühjahr – e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung(ADENEX 1 1995). Um möglicheUrsachen dieser unterschiedlichen Entwicklungzu bestimmen, wurden zwei Lebensräumemit entgegengesetzter Entwicklungstendenzausgewählt: Die SubpopulationA (Brozas) verr<strong>in</strong>gert sich, bei derSubpopulation B (Sierra de Fuentes Süd)h<strong>in</strong>gegen zeigt sich e<strong>in</strong>e positive Entwicklung.Die Tabelle 1 faßt die Ergebnisse von Frühjahrszählungenzusammen.1 ADENEX – Asociación para la Defensa de laNaturaleza y de los Recursos de Extremadura2. Ursachen für dieunterschiedlichenEntwicklungenE<strong>in</strong>e Erklärung für diese gegenläufigenTendenzen muß sich aus e<strong>in</strong>er Analyse derFaktoren herleiten lassen, die die Populationsstärke<strong>in</strong> beiden Bereichen bee<strong>in</strong>flussen.Es wurden 15 Faktoren, welche dieEntwicklung der Großtrappenbestände <strong>in</strong>den beiden Gebieten bee<strong>in</strong>flussen oderbee<strong>in</strong>flussen können, aufgelistet <strong>und</strong> nachihren Auswirkungen auf beide Bereichegewichtet (Tab. 2).Bei dreizehn dieser Faktoren zeigte es sich,daß sie <strong>in</strong> B stärker wirken als <strong>in</strong> A. Dermenschliche Druck entfaltet offensichtlichim Bereich B e<strong>in</strong>e größere Wirkung als imBereich A <strong>und</strong> demzufolge wäre zu erwarten,daß die Bestandsgrößen <strong>in</strong> B zurückgehen<strong>und</strong> <strong>in</strong> A zunehmen sollten. Tabelle1 belegt genau das Gegenteil. Da es Aufforstungen<strong>in</strong> beiden Gebieten erst seitkurzem gibt <strong>und</strong> diese sich bislang lediglichauf kle<strong>in</strong>räumige Bereiche erstrecken, ist essehr wahrsche<strong>in</strong>lich, daß der verbleibendeTabelle 1: Ergebnisse der Frühl<strong>in</strong>gszählungenvonGroßtrappen <strong>in</strong> zweiBereichen der Ebenenvon Cáceres im Zeitraum1981 bis 1995Bereich ABereich B1981 19419821983 195 6019841985 165 821986 1231987 124 1581988 184 1971989 2061990 2421991 3581992 3381993 3401994 56 3921995 54 383Great Bustard spr<strong>in</strong>gtime count results<strong>in</strong> two zones of the Caceres pla<strong>in</strong>s 1981– 1995Abb. 1bDer regelmäßige Wechsel zwischen Ackerbau, gepflügten Flächensowie e<strong>in</strong>- <strong>und</strong> zweijährigen Brachen mit extensiverWeidewirtschaft führt <strong>in</strong> den Gebieten r<strong>und</strong> um Cáceres(Extremadura, Spanien) zu günstigen Bed<strong>in</strong>gungen für dieGroßtrappen.Foto: H. LitzbarskiAbb. 1aTraditionelle Form der Bewirtschaftung – die VierfelderwirtschaftThe traditional land use: “Cuatro hojas“ (four parcels)The regular change between arable farmland, ploughed areas aswell as annual and biennial fallows with extensive pasturemanagement causes favourable conditions to the Great Bustards<strong>in</strong> the areas aro<strong>und</strong> Cáceres (Extremadura, Spa<strong>in</strong>).


JOACHIM HELLMICH: GIBT ES EINE ABHÄNGIGKEIT DER GROSSTRAPPENBESTÄNDE IN CÁCERES VON DER TRADITIONELL BETRIEBENEN LANDWIRTSCHAFT? 55Tabelle LOREM 2: IPSUM Umweltfaktoren DOLOR <strong>und</strong> SIT deren AMET, Auswirkungen CONSEC TEUTER auf die APIDISCING GroßtrappenELIT, DIAMNONUMMY Y NIBH EUISMOD DINCID UNT DLOREET DOLOREUmweltfaktoren MAGNA ALIQUAMAuswirkung ERAT VOLUPTAT. auf Großtrappen UT WISI ENIM AD MINIM VENIAM, Brozas QUIS NO- Sierra de Fuentes SüdElektrische STRUD EXERCI TATION. fordern zahlreiche Anflugopfer entfällt mehr als 400 kmFreileitungenLeitung vorhandenMassiver E<strong>in</strong>satz führt durch vollständige Vernichtung von Insekten nur regelmäßigvonMARCUSInsektizidenANTONIUS(besondersGERMANICUSvon Heuschrecken) zu Nahrungsknappheit gelegentlich beobachtet<strong>in</strong> den ersten Lebenswochen der Küken erfolgt seit 1988Lorem ipsum dolor sit autern vel eum iriureAufforstung reduziert für Großtrappen verfügbare Fläche direkt <strong>in</strong> Anfängen <strong>in</strong> Anfängen(durch Bepflanzung vorher nutzbarer Flächen) <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt sichtbar sichtbar(Scheuchwirkung durch neue Strukturen <strong>in</strong> der Landschaft)Bau von Wochenend- reduziert für Großtrappen verfügbare Fläche direkt (durch entfällt 23 Chalets aufhäusern <strong>in</strong> bis dah<strong>in</strong> Überbauung vorher begehbarer Flächen) <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt 2 km 2 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emlandwirtschaftlich (durch Scheuchwirkung <strong>in</strong>folge erhöhter menschlicher Präsenz) Aufzuchtgebietgenutzten Bereichenfür KükenZunehmendes Auftreten führt besonders während Balzzeit <strong>und</strong> Aufzucht von Küken kaum zu ist <strong>in</strong>folgevon Naturfre<strong>und</strong>en, zu Störungen beobachten „ornitouristischer“Fotografen <strong>und</strong>PublikationenWissenschaftlernhäufig zu beobachtenZunehmende Vere<strong>in</strong>heitlichung der Parzellengröße verr<strong>in</strong>gert die entfällt durchgeführtParzellengröße <strong>in</strong>- Vielfalt des Landschaftsmosaiksfolge Flurbere<strong>in</strong>igung<strong>und</strong> Neuaufteilunggroßer BesitztümerVerbesserung des läßt leichteren <strong>und</strong> schnelleren motorisierten Zugang auch entfällt durchgeführtWegenetzesortsfremder Personen zu, erhöht die Zahl der Störungen; UnfälleE<strong>in</strong>friedung von fragmentiert Flächen <strong>und</strong> bee<strong>in</strong>trächtigt alle Verhaltensweisen, <strong>in</strong> Anfängen etwa 2,5 km ZaunParzellen durch die „normalen“ Ortswechsel (am Boden) be<strong>in</strong>halten; fordert sichtbar pro km 2Stacheldrahtzäune zahlreiche Opfer (besondes Männchen <strong>in</strong> der Vor-Balzzeit)Künstliche sichern Anwesenheit höherer Weideviehbestände <strong>in</strong> Anfängen etwa 3 pro km 2WasserstellensichtbarOffenställe erhöhen die Zahl von Störungen durch menschliche Präsenz <strong>in</strong> Anfängen sichtbar etwa 2 pro km 2Zunehmende entfällt deutlich erkennbarSchafhaltung,führt zu stärkerer Beweidung der Brachflächen; erhöht diezunehmende Nahrungskonkurrenz; schafft zusätzliche Störungen <strong>in</strong> Anfängen deutlich erkennbarR<strong>in</strong>derhaltungsichtbarÜberweidung verr<strong>in</strong>gert das Nahrungsangebot; verändert die Zusammensetzung bisher nicht stark ausgeprägtder PflanzengesellschaftenerkennbarBeibehaltung der garantiert ständige Erneuerungen bestimmter Pflanzen- weitgehend nahezu flächentraditionellenBewirt- gesellschaften auf den Brachflächen aufgegeben deckend beibehaltenschaftungsformenEffects of environmental factors <strong>in</strong> Brozas and Sierra de Fuentes, southFaktor – die Beibehaltung der traditionellbetriebenen landwirtschaftlichen Nutzung– <strong>in</strong> diesen offenen Bereichen die Bestandsveränderungenbeider Subpopulationenentscheidend bee<strong>in</strong>flußt.3. TraditionellelandwirtschaftlicheNutzungIn den Ebenen der Prov<strong>in</strong>z Cáceres ist dieNutzfläche der großen Landgüter, der F<strong>in</strong>cas,seit vielen h<strong>und</strong>ert Jahren <strong>in</strong> vier Teileaufgegliedert, die sogenannten „hojas“(Abb. 1a, b). Im Frühjahr des ersten Jahreswird e<strong>in</strong>es der vier Teile gepflügt <strong>und</strong> imOktober des gleichen Jahres wird daraufGetreide gesät, das im Frühjahr des zweitenJahres heranwächst. Im Mai oder Juniwird geerntet. Die Stoppeln verbleiben aufdem Feld, <strong>und</strong> es stellt sich nach den Regenfällenim Herbst die für e<strong>in</strong>e Brache typischeVegetation e<strong>in</strong>. Die Fläche bleibt imdritten <strong>und</strong> vierten Jahr als Brachland erhalten<strong>und</strong> wird während dieser Stoppeln-Brache-Periode traditionsgemäß vonSchafen beweidet. Im fünften Jahr hat derBoden wieder an Fruchtbarkeit gewonnen– wozu auch der Schafkot wesentlich beigetragenhat – <strong>und</strong> kann erneut unter denPflug genommen werden. Damit beg<strong>in</strong>nte<strong>in</strong> weiterer Zyklus.Nach dieser Bewirtschaftungsweise bestehtdie Nutzfläche e<strong>in</strong>er typischen F<strong>in</strong>caim Frühjahr aus e<strong>in</strong>em Viertel gepflügterFläche, zu e<strong>in</strong>em weiteren Viertel aus Getreide<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Hälfte Brachland. Zusammenmit den anderen F<strong>in</strong>cas entsteht soe<strong>in</strong> sich ständig wandelndes Landschaftsmosaik,jedoch auch e<strong>in</strong>e gleich bleibendeLandschaft angesichts der stabilen Anteileder verschiedenen Nutzungsformen.


56 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996In Gegenden mit armen Böden benötigendie mit Getreide bestellten Flächen mehrals zwei Jahre, bis sie sich wieder erholt haben,<strong>in</strong> Gebieten mit hoher Bodenfruchtbarkeitbedarf es nur e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>jährigen Erholungspause.Die Landgüter mit vier Teilens<strong>in</strong>d die Regel. In Abhängigkeit von derBodengüte gibt es aber auch solche mitweniger oder mehr Teilen. Daher ist derAnteil von Brachflächen entweder ger<strong>in</strong>geroder höher.4. Veränderung dertraditionellenBewirtschaftungIm Frühl<strong>in</strong>g des Jahres 1995 sollte die landwirtschaftlicheNutzung <strong>in</strong> den verschiedenenLebensräumen von Großtrappen <strong>in</strong>den Ebenen der Prov<strong>in</strong>z Cáceres ermittelt<strong>und</strong> zu diesem Zweck im mittleren <strong>und</strong>westlichen Bereich die Nutzung kartographischerfaßt werden. Mit deren Hilfe ist esnunmehr möglich, das Landschaftsmosaikbeider Gebiete zu vergleichen. Der <strong>in</strong> Abbildung2 dargestellte Bereich B zeigt e<strong>in</strong>entypischen Raum mit vorwiegend traditionellerBewirtschaftung. Es gibt weite gepflügteFlächen <strong>und</strong> Getreidefelder (die <strong>in</strong>der Abbildung weiß gebliebenen Flächens<strong>in</strong>d Brachen geblieben). Die jeweiligenAnteile dieser Habitattypen an der Gesamtflächeentsprechen weitgehend demoben dargestellten Verhältnis. DiesesFlächenverhältnis ändert sich drastisch,wenn der Anbau von Getreide aufgegebenwird. Unterläßt der Besitzer e<strong>in</strong>es Landgutsdie Aussaat von Getreide. So verschw<strong>in</strong>den<strong>in</strong>nerhalb von zwei Jahren alle Getreidefelder,<strong>und</strong> die gesamte F<strong>in</strong>ca bestehtnur noch noch aus Brache.Nach e<strong>in</strong>er im Jahre 1994 erfolgten Untersuchungtritt auf den nicht mehr genutztenParzellen e<strong>in</strong>e „Überalterung“ der auf denBrachflächen angesiedelten Pflanzengesellschaftene<strong>in</strong>. Sie ist durch e<strong>in</strong>en signifikantenWechsel im Arten<strong>in</strong>ventar gekennzeichnet.Dabei zeigen sich die größtenUnterschiede <strong>in</strong> den ersten Jahren nach derAbb. 2Nutzung des Bodens im Bereich B (Frühjahr)vertikal schraffiert - Getreidehorizontal schraffiert - Sturzackerfett punktiert - Bauernhäuserfe<strong>in</strong> punktiert - Olivenha<strong>in</strong>eschwarz- DörferLand use <strong>in</strong> spr<strong>in</strong>g <strong>in</strong> zone Bvertically hatched – cerealshorizontally hatched – ploughedfat dots – farm housesf<strong>in</strong>e dots – olive treesblack – villagesAbb. 3Nutzung des Bodens im Bereich A (Frühjahr)vertikal schraffiert - Getreidehorizontal schraffiert - Sturzackerfett punktiert - Bauernhäuserfe<strong>in</strong> punktiert - Waldbestand (Ste<strong>in</strong>eiche)schwarz- DörferLand use <strong>in</strong> spr<strong>in</strong>g <strong>in</strong> zone Avertically hatched – cerealshorizontally hatched – ploughedfat dots – farm housesf<strong>in</strong>e dots – holm oak woodblack villages


JOACHIM HELLMICH: GIBT ES EINE ABHÄNGIGKEIT DER GROSSTRAPPENBESTÄNDE IN CÁCERES VON DER TRADITIONELL BETRIEBENEN LANDWIRTSCHAFT? 57Abb. 4aLebensraumnutzung durchOtis tarda L.: Bereich B(Sierra de Fuentes Süd)Habitat use by Otis tardaL.: Zone BResidual area, littoralregion, rocks, withoutvegetation, path, notcultivated, fallow, stubble,cereal, juvenile cereals,newly ploughed fieldAbb. 4bLebensraumnutzung durchOtis tarda L. - Bereich A(Brozas)Habitat use by Otis tardaL. - Zone A(Right marg<strong>in</strong>, from top tobottom)Residual area, littoralregion, rocks, withoutvegetation, path, notcultivated, fallow, stubble,cereal, juvenile cereals,newly ploughed fieldNutzungsaufgabe (HAUER 1995). TypischeAspekte e<strong>in</strong>er Landschaft, die weitgehenddiese Entwicklung durchlaufen hat,f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Abbildung 3. Im Bereich A(Brozas) wird lediglich etwa e<strong>in</strong> Drittel derF<strong>in</strong>cas noch traditionell bewirtschaftet. DieKarte weist deutlich aus, daß diese Gebieteweit verstreut <strong>und</strong> vone<strong>in</strong>ander isoliertliegen.5. Auswirkungen auf dieGroßtrappenVergleicht man die Zahlen von Großtrappenfür beide Gebiete, die bei regelmäßigenZählungen jeweils zur Monatsmittezwischen September 1993 <strong>und</strong> August1994 ermittelt wurden, f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Sierrade Fuentes Süd (Bereich B – Abb. 4a) dasgesamte Jahr h<strong>in</strong>durch Großtrappen aufden Brachflächen. Im allgeme<strong>in</strong>en suchensie dort Nahrung. Während der MonateAugust, September <strong>und</strong> Oktober fressendie Vögel zusätzlich <strong>in</strong> Stoppelfeldern, imNovember <strong>und</strong> Dezember spielen Getreidefeldere<strong>in</strong>e begrenzte, ergänzende Rolleals Nahrungsflächen.Dieses Gr<strong>und</strong>muster für die Nutzung der


58 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 5Bestandsentwicklungbei den Großtrappen <strong>in</strong>den Bereichen A(Brozas) <strong>und</strong> B (Sierrade Fuentes Süd)zwischen September1993 <strong>und</strong> August 1994(Ergebnisse derZählungen zurMonatsmitte)Development of thestock of Great Bustards<strong>in</strong> the zones A and Bbetween September1993 and August 1994(<strong>in</strong> the top-right corner)zone A – fat zone B –non fat (left, pr<strong>in</strong>ted <strong>in</strong>table)Results of the counts <strong>in</strong>the middle of themonthHabitate zeigt sich auch <strong>in</strong> Brozas (BereichA – Abb. 4b), allerd<strong>in</strong>gs gibt es e<strong>in</strong>en deutlichenUnterschied: Ende des Frühjahrs<strong>und</strong> während des gesamten Sommers verlassendie Großtrappen im Bereich A teilweisedie Brachflächen <strong>und</strong> halten sich <strong>in</strong>„anderen Habitattypen“ auf. Dabei handeltes sich vorwiegend um Randbereichevon Wegen <strong>und</strong> Wasserläufen <strong>und</strong> umlandwirtschaftlich ungenutzte, „nackte“<strong>und</strong> felsige Bereiche. Diese unterschiedlicheNutzung der Lebensräume spiegeltsich auch <strong>in</strong> der zahlenmäßigen Stärke derTrappenbestände beider Bereiche wider(vgl. Abb. 5): Im Bereich B bef<strong>in</strong>det sichdas ganze Jahr über e<strong>in</strong>e recht beträchtlicheAnzahl von Großtrappen, selbst wennsich im späten Frühjahr <strong>und</strong> im Frühsommere<strong>in</strong> leichter Rückgang der Zahlen abzeichnet.Die Großtrappen im Bereich Bverbleiben während des Jahres auf denbrachliegenden Flächen <strong>und</strong> verlassen ihreangestammten Quartiere nicht. Im GebietA halten sich im W<strong>in</strong>ter ebenfalls sehr vieleGroßtrappen auf, jedoch s<strong>in</strong>kt im spätenFrühl<strong>in</strong>g <strong>und</strong> zum Sommeranfang ihre Zahlganz außerordentlich, e<strong>in</strong> großer Teil derwenigen verbleibenden Großtrappen hältsich außerhalb der brachliegenden Flächenauf.6. SchlußfolgerungenIm Bereich A verlieren die Brachflächen imspäten Frühl<strong>in</strong>g <strong>und</strong> im Sommer für dieGroßtrappen aus irgende<strong>in</strong>em Gr<strong>und</strong> anAttraktivität. Ursache kann das Alter derPflanzen auf diesen Flächen <strong>und</strong> – davonabhängig – e<strong>in</strong> verr<strong>in</strong>gertes Auftreten vonInsekten se<strong>in</strong>.Mit ziemlicher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit ist derentscheidende Faktor für die Großtrappenim Gebiet B <strong>in</strong> der Beibehaltung der traditionellenLandwirtschaft zu sehen, die zue<strong>in</strong>er dauernden Auffrischung der Vegetationauf den brachliegenden Flächen führt.Die Aufgabe der traditionellen landwirtschaftlichenNutzung im Bereich A führtdagegen zu e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung der für dieTrappen wichtigsten Flächen, nämlich dere<strong>in</strong> bzw. zwei Jahre alten Brachen.Diese E<strong>in</strong>sichten umreißen die Leitl<strong>in</strong>ien fürzukünftige Untersuchungen. Wichtig istes, für Gebiete, <strong>in</strong> denen <strong>in</strong> den vergangenenzehn Jahren die Großtrappenbeständezurückg<strong>in</strong>gen, den Nachweis der verändertenlandwirtschaftlichen Nutzung zubr<strong>in</strong>gen. Dr<strong>in</strong>gend erforderlich ist dabei dieAnalyse der Nahrung von Großtrappen imVerlauf e<strong>in</strong>es ganzen Jahres im Zusammenhangmit Nutzung <strong>und</strong> deren Auswahlder verschiedenenen Habitatstypen sowiee<strong>in</strong>e Untersuchung der Pflanzengesellschaftenauf Flächen unterschiedlichen Altersüber e<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>destzeitraum von zweiJahren. Die Ergebnisse solcher Untersuchungensollten bei der Festlegung geeigneterMaßnahmen zum Habitatsmanagement<strong>in</strong> Großtrappengebieten herangezogenwerden.7. ZusammenfassungIn zwei westspanischen Großtrappengebietenwerden gegenläufige Entwicklungender Individuenzahlen beobachtet. DerGroßtrappenbestand nimmt im Bereich B,<strong>in</strong> dem traditionelle Landwirtschaftsmethodenunter E<strong>in</strong>beziehung e<strong>in</strong>- <strong>und</strong> zweijährigerBrachen erhalten bleiben, zu – ergeht jedoch im Bereich A zurück, <strong>in</strong> derdiese Bewirtschaftungsmethoden aufgegebenwerden. Die Entwicklung könnte <strong>in</strong>A auf die Überalterung von Brachflächenzurückzuführen se<strong>in</strong>.SummaryDevelopments of Great Bustard numbers<strong>in</strong> two areas of western Spa<strong>in</strong> have beenanalysed because of oppos<strong>in</strong>g patterns.Zone B with traditional farm<strong>in</strong>g and landkept fallow for one or two years showedan <strong>in</strong>crease <strong>in</strong> the number of <strong>in</strong>dividuals,while fewer birds were counted <strong>in</strong> zone Awhere this type of farm<strong>in</strong>g has been abandoned.The reason might be that land hadrema<strong>in</strong>ed fallow for too long.LiteraturADENEX (Asociacion para la Defensa de la Naturalezay los Resurcos de Extremadura) 1995: Proyecto „Conservaciónde los habitáts des los Llanos de Cáceres“. Informe1994 (unveröff.)HAUER, A. 1995: Junge Brachestadien der Vier-Felder-Wirtschaft <strong>in</strong> den Llanos de Cáceres“ - Extremschutz/Spanien.Diplomarbeit aus dem Institut für Botanik<strong>und</strong> Pharmazeutische Biologie der Universität Erlangen.-NürnbergHELLMICH, J. 1994: Die Entwicklung e<strong>in</strong>es Leks derGroßtrappe (Otis tarda L.) <strong>in</strong> Extremadura <strong>in</strong> Spanien.Vortrag auf der 127. Jahrestagung der DO-G, Wilhelmshaven(unveröff.)VerfasserJoachim HellmichAsociación para la Defensa de la Naturalezay de los Recursos de ExtremaduraCuba 10E – 6800 Mérida


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 59-64 59BÄRBEL LITZBARSKI, HEINZ LITZBARSKIE<strong>in</strong>fluß von Habitatstruktur <strong>und</strong> Entomofauna auf dieKükenaufzucht bei der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)1. E<strong>in</strong>führungUntersuchungen zur Vegetationsstruktur<strong>und</strong> Arthropodenfauna, die ab 1985 vonMitarbeitern der <strong>Naturschutz</strong>station Bukkow<strong>in</strong>GroßtrappenlebensräumenbeiNauen,Neurupp<strong>in</strong>, Rathenow <strong>und</strong> Belzigdurchgeführt wurden, haben gezeigt, daßdie <strong>in</strong>tensive landwirtschaftliche Nutzungstarke Veränderungen der Habitatstrukturen,vor allem auf Grünlandstandorten <strong>und</strong>auf allen Flächen e<strong>in</strong>e extreme Verarmungder Flora <strong>und</strong> Fauna zur Folge hat. E<strong>in</strong>igeAuswirkungen dieser Veränderungen aufdie Großtrappe wurden bereits dargelegt(LITZBARSKI et al. 1987, 1989 a, 1989 b).Bei weiterführenden Untersuchungen anGroßtrappen im Gehege <strong>und</strong> im Freilandstanden u.a. die folgenden Aspekte imVordergr<strong>und</strong>:* Wie wirkt sich die jeweilige Arthropodendichteauf das Aufzuchtverhaltenvon Henne <strong>und</strong> Küken <strong>und</strong> das Wachstumder der Küken aus, <strong>und</strong>* bei welchen Arthropodendichten ist e<strong>in</strong>eerfolgreiche Kükenentwicklung nochmöglich?Die speziellen Untersuchungsergebnisseüber die Arthropodenbestände auf Acker<strong>und</strong>Grünlandstandorten stehen hier nichtim Vordergr<strong>und</strong> der Betrachtung. Über derenVeränderungen im Zusammenhangmit der Nutzungs<strong>in</strong>tensität wurde bereitsberichtet (LITZBARSKI et al. 1987, 1989,BLOCK et al. 1993). Die für die Landschaftsgestaltungrelevanten Ergebnissedieser Arbeiten s<strong>in</strong>d bereits <strong>in</strong> das Konzeptfür die Flächenpflege im NSG „HavelländischesLuch“ e<strong>in</strong>geflossen (BLOCK et al.1993, LITZBARSKI 1993, LITZBARSKI etal. 1993 a, b).2. MethodenAuf unterschiedlichen Grünland- <strong>und</strong>Ackerstandorten wurden floristische Erhebungennach BRAUN-BLANQUET, Untersuchungenzum Biomasseaufwuchs <strong>und</strong>zur Vegetationsstruktur durchgeführt. DieUntersuchungen zur Arthropodenfauna,als wichtige Futterquelle für die Trappenküken,erfolgten mit Barberfallen (im Mittel7 Fallen/Kontrollfläche <strong>in</strong> je 10 m Abstandbei wöchentlichen Leerungen) <strong>und</strong>Kescherfängen zur Ermittlung der Arthropodenbiomasse<strong>in</strong> der Krautschicht. DieNutzung dieser Methoden zur Bewertungverschiedener Agrarstandorte als Lebensraumfür Großtrappenküken wurde bereitsdiskutiert (LITZBARSKI et al.1987,1989 b).An 15 handaufgezogenen, 2 bis 9 Tage altenGroßtrappenküken wurde der Futterbedarfermittelt. Über diesen Zeitraumwurde für jedes Küken <strong>und</strong> für jede der 9bis 10 Fütterungen/Tag die vorbereitete<strong>und</strong> restliche Futtermenge gewogen <strong>und</strong>zu der täglichen Gewichtsentwicklung derKüken <strong>in</strong> Beziehung gesetzt. Dieses Verfahrenist nur so lange anwendbar, wie dieKüken ausschließlich von dem verabreichtenFutter leben <strong>und</strong> nicht selbstständig imGehege Nahrung aufnehmen (LITZBARS-KI et al. 1987). Die Untersuchungen wurdenergänzt durch Langzeitbeobachtungenzum Fütterungsverhalten <strong>und</strong> zur Gewichtsentwicklungvon 4 Großtrappenküken,die von 1985 bis 1989 im Gehegeder <strong>Naturschutz</strong>station Buckow von Hennenerbrütet <strong>und</strong> geführt wurden.Im Freiland gelangen zu dieser Problematik1988 <strong>und</strong> 1995 gründlichere Beobachtungenbei jeweils e<strong>in</strong>er kükenführendenHenne.3. Ergebnisse3.1 Zur Beschaffenheit derTrappenbrutplätzeAckerstandorte werden wegen ihrer günstigenmikroklimatischen Bed<strong>in</strong>gungen(ger<strong>in</strong>ge Bodenfeuchte, rasche Erwärmung)<strong>und</strong> am Boden meist lockeren Vegetationsstrukturenvon Großtrappenhen-Abb. 1aDie erfolgreiche Nachzucht von Großtrappen im Gehege der<strong>Naturschutz</strong>station Buckow (Deutschland) ist nicht nur e<strong>in</strong>e züchterischeSensation, sondern auch e<strong>in</strong>e ausgezeichnete Möglichkeit, unter naturnahenBed<strong>in</strong>gungen den Futterbedarf <strong>und</strong> das Fütterungsverhalten zu untersuchen.Foto: H. LitzbarskiThe successful breed<strong>in</strong>g of Great Bustards <strong>in</strong> the enclosure of the NatureConservation Centre of Buckow (Germany) has not only been a breed<strong>in</strong>gsensation, but also an exellant possibility to <strong>in</strong>vestigate the need of feed aswell as the feed<strong>in</strong>g behaviour <strong>und</strong>er conditions close to nature.Abb. 1bDie Zufütterung im Gehege kann z.B. mit Nachtfaltern erfolgen, die sich <strong>in</strong>großer Zahl <strong>in</strong> der Bodenvegetation verbergen (vor allem Eulenfalter). Dortwerden sie am kommenden Tag von der Henne gesammelt <strong>und</strong> an dasKüken verfüttert.Foto: H. LitzbarskiAn additional feed<strong>in</strong>g can take place with moths lured by a lamp. Theycould be collected <strong>in</strong> large numbers by the hen at the gro<strong>und</strong> vegetation onthe next day and could be used for feed<strong>in</strong>g her chick.


60 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996nen gerne als Brutplatz angenommen. Aufden Äckern führen jedoch die <strong>in</strong>tensive Bodenbearbeitungsowie die vielen Arbeitsgängebei der Ausbr<strong>in</strong>gung von Pflanzenschutz-<strong>und</strong> Düngemitteln zu hohenStörungsraten <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>er sehr starkenfloristischen <strong>und</strong> faunistischen Armut, diedie von Grünlandstandorten <strong>in</strong> der Regeldeutlich übertrifft.Bei den Arthropoden wird auf den Äckernauch durch die zum Teil recht hohe Aktivitätsdichtemobiler Arten (z.B. der Laufkäfer),die nach dem Abschluß der Bodenbearbeitungaus den Randstrukturen kommend,die Wirtschaftsflächen besiedeln,die Gesamtsituation nur unwesentlich verbessert.In mehreren Großtrappene<strong>in</strong>standsgebietenOstdeutschlands gehört großflächiges,stark entwässertes Niedermoorgrünlandzu den bevorzugten Brutplätzen derTrappenhennen. Das ist auch so <strong>in</strong> den BelzigerLandschaftswiesen <strong>und</strong> dem westlichenHavelländischen Luch bei Buckow,den Schwerpunkten des Großtrappenschutzprojektes.Durch starke Entwässerung,regelmäßigen Wiesenumbruch <strong>und</strong>Neuansaat von Wirtschaftsgräsern, temporäreAckernutzung, umfangreichen E<strong>in</strong>satzvon Dünge- <strong>und</strong> Pflanzenschutzmittelnwurden diese Flächen <strong>in</strong>tensiv genutzt.Der hohe Biomasseaufwuchs derSaatgrasflächen war verb<strong>und</strong>en mit derZerstörung des Moorbodens <strong>und</strong> der Vernichtungder artenreichen Grünlandflora<strong>und</strong> -fauna (LITZBARSKI et al. 1987).Für Trappenküken bedeutete die <strong>in</strong>tensiveGrünlandnutzung* e<strong>in</strong>e starke E<strong>in</strong>schränkung ihrer freienBeweglichkeit durch e<strong>in</strong>e rasch heranwachsende,sehr hohe <strong>und</strong> dichte, für sienahezu <strong>und</strong>urchdr<strong>in</strong>gliche Krautschicht* die Verschlechterung des Mikroklimasam Boden – weniger Sonnenlicht, wenigerWärme, höhere Feuchtigkeit – Bed<strong>in</strong>gungen,die e<strong>in</strong>er erfolgreichenKükenaufzucht entgegenstehen* e<strong>in</strong> extrem ger<strong>in</strong>ges, für die Ernährungder Küken unzureichendes Arthropodenangebot.Extensivierungsmaßnahmen führen aufAckerflächen <strong>und</strong> im Grünland zu e<strong>in</strong>erdeutlichen Verbesserung der Bed<strong>in</strong>gungenfür die Kükenentwicklung bei den Großtrappen(Tab. 1).Im Grünland verbessern sich durch dasVerbot von Wiesenumbruch <strong>und</strong> Düngung<strong>in</strong> den NSG „Belziger Landschaftswiesen“<strong>und</strong> „Havelländisches Luch“ die räumlichenStrukturen der Bodenvegetationdurch den ger<strong>in</strong>geren, lückiger werdendenAufwuchs. Die floristische ArtenvielfaltTabelle 1: Arthropodenbestände auf Äckern, Brachen <strong>und</strong> im Grünland(Großtrappenschutzgebiet „Havelländisches Luch“)Getreide Brache Trappen- Saatgrasland Dauere<strong>in</strong>-zwei- streifen <strong>in</strong>tensiv 8 Jahre grünlandjährig jährig extensiv extensivArthropodenam Boden 6,4 11,7 14,4 10,1 6,8 16,6 9,1Ex./Falle/TagArthropodenVegetation 117,6 250,1 864,3 267,9 54,4 129,7 245,4Ex./100 KescherschlägeGramm/100Kescherschläge 2,1 4,4 6,5 9,0 2,9 6,9 8,6Arthropodes on arable lands, fallows and <strong>in</strong> the grassland (Reserve of Great Bustards“Havelländisches Luch”)<strong>und</strong> die Arthropodenbiomasse <strong>in</strong> derKrautschicht nehmen auf diesen Flächendeutlich zu.Auf den Äckern garantiert nach bisherigenErkenntnissen nur e<strong>in</strong>e radikale Umwandlungder Wirtschaftsflächen <strong>in</strong> temporäreoder ausdauernde, z.B. durch Schafhaltunggenutzte Brachen die Entwicklung ausreichenderArthropodenbestände. Selbst e<strong>in</strong>vollständiger Verzicht auf den E<strong>in</strong>satz vonAgrochemikalien im Getreideanbau ergibtnoch ke<strong>in</strong>e Zunahme der für die Trappenaufzuchtverfügbaren Arthropodenbiomasse.Offenbar wird deren Entwicklungauf diesen Flächen durch die verstärkte Bodenbearbeitung<strong>in</strong> Folge der <strong>in</strong>tensivenmechanischen Unkrautbekämpfung auchweiterh<strong>in</strong> begrenzt. Wichtig ist deshalb beider Neuorientierung <strong>und</strong> Neuordnung derLandnutzung auf den Ackerstandorten,den Anteil der Brachen <strong>und</strong> der Grenzl<strong>in</strong>iendeutlich zu erhöhen. Im Großtrappenschutzgebiet„Havelländisches Luch“ wurdez.B. auf e<strong>in</strong>em Ackerstandort von 243ha die Anzahl der Bewirtschaftungse<strong>in</strong>heitenvon 7 auf 30 erhöht. Die mittlereSchlaggröße verr<strong>in</strong>gerte sich dadurch von34,9 ha auf 8,0 ha, <strong>und</strong> die Grenzl<strong>in</strong>ienverlängerten sich von 12,3 km auf 29,1km. Gleichzeitig wurde auf e<strong>in</strong>e möglichstgleichmäßige Verteilung der Brachestreifenzwischen den ackerbaulich genutztenFlächen geachtet. Die Wegstrecken derkükenführenden Hennen zu den von ihnenbevorzugten arthropodenreichenSaumstrukturen oder flächigen Brachenkonnte so deutlich verr<strong>in</strong>gert werden.Auch im Hanság, Österreich, nutzen dieHennen mit den Küken bevorzugt solcheGrenzl<strong>in</strong>ien zwischen verschiedenenFruchtarten (REITER 1989,1992, mündl.).Die Verbesserung der Lebensbed<strong>in</strong>gungenfür die Entwicklung der Großtrappen ist e<strong>in</strong>langwieriger Prozeß, der e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierlichepflegende Nutzung der Flächen erfordert.Dabei verläuft die Entwicklung aufden Ackerbrachen <strong>in</strong> den ersten Jahren <strong>in</strong>der Regel dynamischer als im Grünland.3.2 Zum Futterbedarf derGroßtrappenkükenUm die Bedeutung der Arthropodenbeständeauf den verschiedenen Agrarflächenals essentielle Nahrung für dieGroßtrappenküken beurteilen zu können,wurden Untersuchungen zum Futterbedarfder Großtrappenküken aus der Gefangenschaftshaltung(LITZBARSKI et al.1987) mit Freilandbeobachtungen <strong>in</strong> Beziehunggesetzt.Von Hand aufgezogene Großtrappenkükenfressen im Mittel am 4. Kükentag25 g <strong>und</strong> am 9. Kükentag etwa 100 g Insekten.25 Gramm Insekten entsprechenetwa dem Gewicht von 800 Marienkäfernoder 250 Nachtfaltern mittlerer Größe.Nach Beobachtungen an kükenführendenHennen wird vegetarische Kost erst vom 9.bis 10. Kükentag <strong>in</strong> nenneswerter Mengeverfüttert, die Jungtrappen werden dannzunehmend unabhängiger vom Angebotan Arthropoden.Bei den von Trappenhennen im Gehegeaufgezogenen Küken zeigte es sich, daße<strong>in</strong> Arthropodenbestand <strong>in</strong> der Vegetationvon 1 – 2g/100 Kescherschläge <strong>und</strong> e<strong>in</strong>eAktivitätsdichte am Boden von 6 bis 8Ex./Falle/Tag bereits zwischen dem 3. <strong>und</strong>6. Fütterungstag nicht mehr für die normaleVersorgung der Küken ausreichen.Das äußerte sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er verm<strong>in</strong>dertenbzw. ausbleibenden Gewichtszunahmeder Küken (LITZBARSKI et al. 1987), e<strong>in</strong>erdeutlichen Abnahme der Fütterungs<strong>in</strong>ten-


B. LITZBARSKI, H. LITZBARSKI: EINFLUSS VON HABITATSTRUKTUR UND ENTOMOFAUNA AUF DIE KÜKENAUFZUCHT BEI DER GROSSTRAPPE 61Abb. 2DurchschnittlicheLaufleistung <strong>und</strong>Fütterungs<strong>in</strong>tensitätvon 2 bis 4 Tagealten Großtrappenküken(n = 4), die vonGroßtrappenhennenim Gehege geführtwurden.Average runn<strong>in</strong>gperformance andfeed<strong>in</strong>g <strong>in</strong>tensity ofGreat Bustard chicks atthe age of 2 to 4 days(n=4), who were ledby Great Bustard hens<strong>in</strong> the enclosure.sität der Henne sowie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er starken Zunahmeder Laufleistung von Küken <strong>und</strong>Henne bei der Suche nach Futter (Abb. 2).Dabei entfernte sich die futtersuchendeHenne oft unverhältnismäßig weit (bis zu60 m) vom Küken, was bei höherer Arthropodendichtenie der Fall ist (Abb. 2).E<strong>in</strong>e kontrollierte Zufütterung von 40 bis60% des Tagesbedarfs, z.B. mit Nachtfaltern,die nachts mit e<strong>in</strong>er Quecksilberdampflampe<strong>in</strong> die Vegetation des Gehegesgelockt <strong>und</strong> vormittags von der Henne<strong>in</strong> großer Anzahl verfüttert wurden, ergabauch bei den von der Henne im Gehegegeführten Küken e<strong>in</strong>e normale Gewichtsentwicklung(LITZBARSKI et al. 1987) <strong>und</strong>e<strong>in</strong> Verhalten, wie es im Freiland bei gutemArthropodenangebot zu beobachtenist. Dazu gehören neben den kürzerenLaufstrecken vor allem auch längere Ruhephasenam Tage (bis zu 120 m<strong>in</strong>) von Henne<strong>und</strong> Küken. Bei ausreichendem Nahrungsangebotbeg<strong>in</strong>nt die Tagesaktivitätvon Henne <strong>und</strong> Küken etwa, wenn die Vegetationabgetrocknet ist, sie endet bei unter10 Tage alten Küken gegen 17.30 bis18.00 Uhr. Bei Nahrungsmangel s<strong>in</strong>d imGehege Henne <strong>und</strong> Küken bereits <strong>in</strong> derMorgendämmerung <strong>und</strong> abends bis zumDunkelwerden bei der Futtersuche beobachtetworden. Ruhephasen fehlen unterdiesen Bed<strong>in</strong>gungen völlig, e<strong>in</strong>e Beobachtung,die von A. REITER (mdl.) auch fürGroßtrappenhennen<strong>und</strong>-kükenimHanság(Österreich) bestätigt wurde.Bei Berücksichtigung des Arthropodenangebotesim Gehege <strong>und</strong> der von der Hennean das Küken übergebenen Menge anZufutter, liegt der Schluß nahe, daß e<strong>in</strong>Küken von der Henne nur dann ausreichendversorgt werden kann, wenn nachunserer Methodik <strong>in</strong> der Krautschicht m<strong>in</strong>destens4,1 g Arthropodenbiomasse mit100 Schlägen abgekeschert (vgl. Punkt 2.)<strong>und</strong> am Boden e<strong>in</strong>e Aktivitätsdichte von 8bis 12 Ex./Falle/Tag nachgewiesen werdenkann.3.3 Zum Wert der hypothetischen„Bedarfsdichte“ im FreilandDieser Richtwert ist im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er „Bedarfsdichte“an Arthropoden aufzufassen,die m<strong>in</strong>destens vorhanden se<strong>in</strong> muß, wenndie Trapphennne auch bei schlechter Witterunge<strong>in</strong>e Möglichkeit für e<strong>in</strong>e erfolgreicheKükenaufzucht haben soll. Der Richtwertzeigt auf den untersuchten <strong>in</strong>tensivgenutzten Grünland- <strong>und</strong> Ackerstandortenakuten Nahrungmangel als limitierendenFaktor für die Kükenaufzucht an (Tab.1, Abb. 3). Extrem ger<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d die Arthropodenbestände<strong>in</strong> den Ackerkulturen,auch wenn gerade ke<strong>in</strong>e Insektizidbehandlungstattgef<strong>und</strong>en hat. Grünland mitabgem<strong>in</strong>derter Nutzungs<strong>in</strong>tensität sowiedie Brachen <strong>und</strong> Trappenfutterstreifen aufden Äckern stellen positive Ausnahmendar (Tab. 1, Abb. 3). Die Entwicklung derArthropodenbestände im Jahresverlaufzeigt, daß zur Hauptschlupfzeit der TrappenkükenEnde Mai <strong>und</strong> im Juni der Mangelbesonders kritisch ist, zumal die Hennen<strong>in</strong> der Regel nur Arthropoden > 0,5mm verfüttern. Nur spät schlüpfendeTrappenküken haben mit dem Anwachsender Arthropodenbiomasse, besonders derHeuschrecken, im Juli e<strong>in</strong>e reale Entwicklungsmöglichkeit(Abb. 4).Bei den 1988 bis 1995 im Freiland aufgewachsenenKüken handelt es sich <strong>in</strong> derRegel um Tiere, die Ende Juni <strong>und</strong> im Juligeschlüpft s<strong>in</strong>d. Dort, wo rechtzeitig Kontrollenmöglich waren, zeigte es sich, daßdie Entwicklung der Küken stets auf floristischreichen Standorten mit überdurchschnittlichhohen Arthropodenbeständen,d.h., auf Trappenstreifen <strong>und</strong> im Extensivgrünlanderfolgreich war (Abb. 3).Bei dem Aufzuchterfolg e<strong>in</strong>er Henne auf<strong>in</strong>tensiv genutztem Saatgrasland handeltees sich um e<strong>in</strong>e mißlungene Neuansaat. Siehatte nicht nur e<strong>in</strong>e sehr lockere, kükenfre<strong>und</strong>licheVegetationsstruktur mit zahlreichenerdigen Freiflächen für die beiTrappen beliebten Staubbäder, sondernauch <strong>in</strong> der artenreichen Ruderalvegetatione<strong>in</strong> ausreichend hohes Arthropodenangebot.E<strong>in</strong>e Henne büßte im W<strong>in</strong>tergetreidebei e<strong>in</strong>er Arthropodenbiomasse unter1,2 g/100 Kescherschläge ihr Küken am 2.oder 3. Tag e<strong>in</strong>; allerd<strong>in</strong>gs kann nicht bewiesenwerden, daß es am Futtermangelgelegen hat (Abb. 3).Bei gutem Futterangebot ist der Aktionsradiusvon Henne <strong>und</strong> Küken sehr ger<strong>in</strong>g(Abb. 4). Im Juli 1989 wurde im BuckowerGebiet auf e<strong>in</strong>er seit 9 Jahren extensiv bewirtschftetenSaatgrasfläche e<strong>in</strong>e küken-


62 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 3Biomasse von Arthropoden <strong>in</strong> der Vegetation auf unterschiedlich bewirtschafteten FlächenBiomass of arthropodes <strong>in</strong> the vegetation on differently cultivated areasAbb. 4Entwicklung der Arthropodenbestände <strong>in</strong> der Zeit der Kükenaufzucht der Großtrappen (1993, extensiv genutztes Saatgrasland, Ansaat 1982)Development of the arthropodes dur<strong>in</strong>g the breed<strong>in</strong>g of the Great Bustards (1993, extensively used seed pastureland, sow<strong>in</strong>g time 1982)


B. LITZBARSKI, H. LITZBARSKI: EINFLUSS VON HABITATSTRUKTUR UND ENTOMOFAUNA AUF DIE KÜKENAUFZUCHT BEI DER GROSSTRAPPE 63führende Henne täglich von e<strong>in</strong>em Beobachtungsturmaus kontrolliert. Die Hennehielt sich mit dem Küken drei Wochen langnahezu ausschließlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 400 bis500 m 2 großen arthropodenreichen Abschnitte<strong>in</strong>er Vegetations<strong>in</strong>sel auf, die beimersten Schnitt nicht abgemäht wurde(Abb. 4). Nie wurde bei dem Küken e<strong>in</strong>„Futterfordern“ beobachtet, wie es beiKüken auf den arthropodenarmen Flächenim Gehege vom 3. oder 4. Lebenstag an zuEnde Juni gemähtmowed at the end of JulyWassergrabenwater ditchbeobachten war. Das Nahrungsangebotauf dieser kle<strong>in</strong>en Fläche war offensichtlichso groß, daß beiden Tieren täglich ausreichendZeit zum Ruhen, mehrmalige Pausenvon 60 bis zu 120 m<strong>in</strong> wurden beobachtet,<strong>und</strong> zum regelmäßigen Putzen,Sonnen- <strong>und</strong> Staubbaden blieb. Der engeKontakt zwischen Henne <strong>und</strong> Küken garantiertfür das Küken auch e<strong>in</strong>e größereSicherheit gegenüber Boden- <strong>und</strong> Flugfe<strong>in</strong>den.Nahrungsraum 4.7. bis 22.7. (5,1 g/100 Kescherschläge)feed<strong>in</strong>g area 4.7.-22.7. (5,1 g/100 catches)Futtersuche ab 23.7.(4,9 g/100 Kescherschläge)search for feed beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g on 23.7 (4,9 g/100 catches)Abwanderung <strong>in</strong> der 2. Augustwoche3,8 g/100 Kescherschläge auf der verlassenen Fläche8,7 g/100 Kescherschläge im neuen NahrungsraumMov<strong>in</strong>g away <strong>in</strong> the 2. week of August3,8 g/100 catches on the left area8,7 g/100 catches <strong>in</strong> the new feed<strong>in</strong>g areaungemähte Bereicheunmoved areaWegroudAbb. 5Lebensraum e<strong>in</strong>er Großtrappenhenne mit Küken von Anfang Juli bis Anfang August 1989 imSchutzgebiet Buckow (Saatgrasland, 8 Jahre extensive Nutzung)Habitat of a Great Bustard hen with chicks <strong>in</strong> the reserve of Buckow from the beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g of July until thebeg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g of August 1989(Seed pastureland, 8 years of extensive use)Häufig erschien die Henne bei der Futtersucheam Außenrand der Vegetations<strong>in</strong>sel,während das Küken <strong>in</strong> der Deckung blieb.Erst als das Küken etwa 24 Tage alt war,wurden größere Ausflüge der Henne bemerkt,wobei Wechsel zur benachbartenVegetations<strong>in</strong>sel <strong>in</strong> der Regel ohne Kükenerfolgten (Abb. 5). Innerhalb der Vegetations<strong>in</strong>selfolgte das Küken der Henne auchüber Entfernungen von mehr als 100 m.Obwohl das Küken bereits über drei Wochenalt war, wurde es fast ausschließlichmit Insekten (Heuschrecken) gefüttert, derenBiomasse auf dieser Fläche den Richtwertdeutlich übertraf (Abb. 5). Allerd<strong>in</strong>gsstand <strong>in</strong> der stark ausgetrockneten Vegetationauch kaum saftiges Grünfutter zurVerfügung. In der ersten Augustwoche,die Arthropodenbiomasse lag jetzt unterdem ermittelten Richtwert (Abb. 5), wandertedie Henne mit dem Küken über e<strong>in</strong>ensandigen Weg ab, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Entfernungvon gut 600 bis 700 m zu e<strong>in</strong>er abwechslungsreichen,extensiv genutzten Saatgrasflächeführte. Dort wurden sie zusammenmit e<strong>in</strong>er zweiten kükenführendenHenne <strong>in</strong> den nächsten Wochen mehrfachfestgestellt. Die mittlere Arthropodenbiomasselag auf dieser Fläche Mitte Augustdeutlich höher als auf der Fläche, die dieHenne mit dem Küken verlassen hatte(Abb. 5).Auch Ende Juli 1995 versorgte e<strong>in</strong>e Henneim Freiland ihr Küken bis zum 6. Tag ausder engsten Nestumgebung (100 m 2 , Arthropodendichtebei 6,5g/100 Kescherschläge)mit Futter. STERBETZ (1976) beschreibtfür Ungarn bei gutem Futterangebotebenfalls die Nutzung von kle<strong>in</strong>enNahrungsräumen durch die kükenführendeHennen.M<strong>in</strong>imales Futterangebot erhöht mit dergrößeren Laufleistung <strong>und</strong> den kürzerenoder völlig fehlenden Ruhepausen amTage die physische Belastung des Kükens,die angesichts der häufigen Abwesenheitder futtersuchenden Henne psychisch verstärktwird <strong>und</strong> – verb<strong>und</strong>en mit ungenügendemHudern – InfektionserkrankungenVorschub leistet.Der erforderlichen größeren Laufaktivitätvon Jungvögeln auf arthropodenarmenFlächen steht im Grünland die Beh<strong>in</strong>derungihrer Mobilität durch die sehr dichtenVegetationsstrukturen am Boden entgegen.So potenzieren sich bei den Kükendie Wirkungen von Futtermangel, e<strong>in</strong>geschränkterBeweglichkeit <strong>und</strong> ungünstigemMikroklima, sie führen oft zu tödlichemAusgang.Treffend schreibt KIPP (1975) für denGroßen Brachvogel, was ähnlich für alle


64 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Great Bustard chicks are fed by the henexclusively with arthropodes dur<strong>in</strong>g thefirst 8 days of their life. Unfavourable vegetationstructures and very low stocks ofarthropodes are common reasons for theextremely high mortality rate of Great Bustardchicks <strong>in</strong> Eastern Germany.With the help of catches and “Barber”-traps it is possible to determ<strong>in</strong>e the importanceof the locations of land <strong>und</strong>er cultivationand pastureland for the rear<strong>in</strong>g ofGreat Bustard chicks. At least 4,1 g of biomassof arthropodes have to be fo<strong>und</strong> <strong>in</strong>the net after 100 catches through the gro<strong>und</strong>vegetation. Furthermore, it is necessaryto catch 8 to 12 <strong>in</strong>sects per tap/perday so that the hen will be able to sufficientlyfeed her chicks even if the weatherconditions are unfavourable.Seven successful hatches out of eight hatchesbe<strong>in</strong>g <strong>in</strong>vestigated were fo<strong>und</strong> onplaces where the supply of arthropodeswent beyond the guidel<strong>in</strong>e.LiteraturBECKERTON, P. R.; MIDDLETON, A. L. 1982: Effectsof dietary prote<strong>in</strong> levels on Ruffed Grouse reproduction.-J. Wildl. Managem. 46: 569-579Abb. 6Die ger<strong>in</strong>gen Arthropodenbestände <strong>in</strong>tensiv genutzter Flächen ermöglichen kaum e<strong>in</strong>e erfolgreicheEntwicklung der Küken.Foto: LudwigThere is only a small breed<strong>in</strong>g success at <strong>in</strong>tensively used areas because of the very low population ofarthropodes.BLOCK, B.; BLOCK, P.; JASCHKE, W.; LITZBARSKI, B.;LITZBARSKI, H.; PETRICK, S. 1993: Komplexer Artenschutzdurch extensive Landwirtschaft im Rahmen desSchutzprojektes „Großtrappe“. -Natur <strong>und</strong> Landschaft68 (11): 565-576GRIMM, H. 1986: Zur Strukturierung zweier Graslandhabitate<strong>und</strong> deren potentielles Nahrungsangebot fürden Ste<strong>in</strong>kauz (Athene noctua) im Thür<strong>in</strong>ger Becken. -<strong>Landschaftspflege</strong> u. <strong>Naturschutz</strong> Thür<strong>in</strong>gen 23: 94-104KIPP, M. 1975: Der Tod holte sich die Küken. -Wir <strong>und</strong>die Vögel 7: 14-15Nestflüchter <strong>in</strong> diesem Lebensraum zutrifft:„GeradegeschlüpfteJungvögelsche<strong>in</strong>enweder <strong>in</strong> der Lage zu se<strong>in</strong>, dichtes <strong>und</strong>hohes Gras oder Getreide zu durchschreitennoch dar<strong>in</strong> ausreichend Nahrung zuf<strong>in</strong>den.“Für den Kiebitz verdeutlicht MATTER(1982) die hohe Kükensterblichkeit als Folgedes akuten Nahrungsmangels aufÄckern im Vergleich zum Grünland. DenMangel an größeren Insekten <strong>und</strong> ihre verm<strong>in</strong>derteErlangbarkeit als Folge der zu hohen<strong>und</strong> zu dichten Vegetation belegtGRIMM (1986) <strong>in</strong> Nahrungsrevieren desSte<strong>in</strong>kauzes. Untersuchungen von RANDS(<strong>in</strong> NAGEL 1985) <strong>in</strong> England an Rebhühnern<strong>und</strong> Fasanen zeigen klar die Zusammenhängezwischen Insektenarmut, deutlicherhöhter Laufleistung <strong>und</strong> Sterblichkeitder Küken.Bei den erwachsenen Großtrappenhennenkönnte akutes Arthropodendefizit geradeam Beg<strong>in</strong>n der Fortpflanzungszeit mit zurverm<strong>in</strong>derten Gelegegröße <strong>und</strong> Befruchtungsratebeitragen. Experimente vonBECKERTON (1982) zeigen, daß eiweißarmesFutter die Gelegegröße, Befruchtungs-<strong>und</strong> Schlupfrate sowie die Kükensterblichkeitnegativ beee<strong>in</strong>flußt.4. ZusammenfassungGroßtrappenküken werden <strong>in</strong> den ersten 8Lebenstagen von der Henne nahezu ausschließlichmit Arthropoden gefüttert.Ungünstige Vegetationsstrukturen <strong>und</strong>sehr ger<strong>in</strong>ge Arthropodenbestände s<strong>in</strong>dverbreitete Ursachen für die extrem hoheKükensterblichkeit bei den GroßtrappenOstdeutschlands.Über Kescherfänge <strong>und</strong> Barberfallen läßtsich die Wertigkeit von Acker- <strong>und</strong> Grünlandstandortenfür die Aufzucht von Großtrappenkükenbestimmen. M<strong>in</strong>destens4,1 g Arthropodenbiomasse müssen nach100 Schlägen durch die Bodenvegetationim Kescher se<strong>in</strong> <strong>und</strong> 8 bis 12 Insekten/Falle/Taggefangen werden, dann hat e<strong>in</strong>eTrappenhenne auch bei ungünstiger Witterungdie Möglichkeit, ihr Küken ausreichendmit Futter zu versorgen.Von acht untersuchten Trappenbruten imFreiland befanden sich die sieben erfolgreichenauf Flächen, deren Arthropodenangebotüber diesem Richtwert lag.SummaryLITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H.; PETRICK, S. 1987:Zur Ökologie <strong>und</strong> zum Schutz der Großtrappe (Otistarda L.) im Bezirk Potsdam. -Acta ornithoecol. 1: 199-244LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H.; JASCHKE, W. 1989 a:Habitatstruktur <strong>und</strong> Nahrungsangebot für ausgewählteVogelarten unter den Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>tensiver landwirtschaftlicherProduktion. -E<strong>in</strong>fluß von Agrochemikalienauf die Populationsdynamik von Vogelarten <strong>in</strong>der Kulturlandschaft. -Festsymposium Seebach 1988:116-124LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H.; PETRICK, S. 1989 b:Untersuchungen zur Insektenfauna ausgewählterGrünlandstandorte – e<strong>in</strong> Beitrag zur Ökologie <strong>und</strong> zumSchutz der Großtrappe: -Veröff. BezirksheimatmuseumPotsdam. Beitr. Tierwelt Mark XI: 68-77LITZBARSKI, H. 1993: Das Schutzprojekt „Großtrappe“<strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>. -Berichte zum Vogelschutz 31:61-66LITZBARSKI, H.; EICHSTÄDT, D. 1993 a: <strong>Naturschutz</strong><strong>und</strong> Landwirtschaft im GroßtrappenschongebietBuckow. -<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>2 (2): 37-45LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H. 1993 b: Schutzprojekt„Großtrappe“ zur Rettung des Märkischen Straußes. -Sber. Ges. Naturf. Fre<strong>und</strong>e (N.F.) 32: 81-96MATTER, H. 1982: E<strong>in</strong>fluß <strong>in</strong>tensiver Feldwirtschaftauf den Bruterfolg des Kiebitzes Vanellus vanellus <strong>in</strong>Mitteleuropa. -Orn. Beob. 79: 1-24NAGEL, W. 1985: Mehr Insekten, mehr Küken. -Jäger11: 38-40STERBETZ, J. 1976: Gestaltung der Territorialansprüchevon Populationen der Großtrappe (Otis tarda)<strong>in</strong> Ostungarn. -Aquila 82: 155-163Dr. Bärbel LitzbarskiDr. He<strong>in</strong>z LitzbarskiLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station BuckowD-14715 Buckow


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 65-69 65MANUEL MORALES, JUAN C. ALONSO, JAVIER A. ALONSO, ENRIQUE MARTÍNGr<strong>und</strong>sätze zur Erhaltung der Großtrappenbestände(Otis t. tarda L., 1758)Empfehlungen nach e<strong>in</strong>er Untersuchung mit besenderten Tieren1. E<strong>in</strong>leitungAuf der iberischen Halb<strong>in</strong>sel bef<strong>in</strong>det sichder größte <strong>und</strong> wahrsche<strong>in</strong>lich auch e<strong>in</strong>zigestabile Bestand der Großtrappe (Otistarda) <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em gesamten Verbreitungsgebiet(COLLAR 1985, ALONSO u.ALONSO 1995). Interessanterweise hatsich diese Großtrappenpopulation offenbar<strong>in</strong> seßhafte Subpopulationen aufgesplittert,die nunmehr auf extensiv genutztenlandwirtschaftlichen Nutzflächen, besonders<strong>in</strong> Mittel- <strong>und</strong> Westspanien beheimatets<strong>in</strong>d. Die Subpopulation von Kastilien<strong>und</strong> Léon ist die zahlenmäßig bedeutendste.Dort wurde auch die folgendeUntersuchung angesiedelt (SANZ-ZUASTIu. SIERRA 1993, ALONSO u. ALONSO1995/vgl. Abb. 1). Über diese <strong>und</strong> andereSubpopulationen liegen Berichte von jahreszeitlichenBestandsveränderungen vor.Mit Flügelmarkierungen <strong>und</strong> Besenderungen,die seit 1983 im Reservat Villafáfíladurchgeführt wurden (vgl. ALONSO et al.1995), ist erstmalig der Versuch ihrer wissenschaftlichenDarstellung unternommenworden. Zusammen mit e<strong>in</strong>er Reihe vonZählungen läßt sich nachweisen, daß dieBestandsveränderungen e<strong>in</strong>e sich auf dieGesamtpopulation auswirkende Folge vonjahreszeitlich bed<strong>in</strong>gten Ortsveränderungene<strong>in</strong>zelner Tiere s<strong>in</strong>d. Die Markierungjuveniler Großtrappen ermöglicht es,Reichweite <strong>und</strong> Bedeutung des Dispersionsverhaltensjuveniler Großtrappen zudokumentieren.Die Gesamtheit der Ortsveränderungenmuß ohne Zweifel <strong>in</strong> jede Gr<strong>und</strong>satzentscheidungzum Trappenschutz e<strong>in</strong>gehen.Im folgenden Artikel s<strong>in</strong>d die Autorenbemüht, Entscheidungsträgern bestimmteEmpfehlungen, die von den Raumbedürfnissender Art ausgehen, <strong>in</strong> die Hand zugeben. Ausführungen zu dieser Thematikgibt es bereits <strong>in</strong> früheren Arbeiten(ALONSO u. ALONSO 1992, ALONSO etal. 1995).2. Das UntersuchungsgebietDie Studie wurde im Wildreservat Lagunasde Villafáfíla (Größe: 32 682 ha) <strong>und</strong> se<strong>in</strong>erUmgebung durchgeführt. Dieses Gebietbef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Zamora <strong>in</strong>Nordwestspanien (Abb. 1). Im ReservatVillafáfíla gibt es wahrsche<strong>in</strong>lich die weltweitstärkste Bestandsdichte der Großtrappe.Das Gebiet wird fast durchgängig landwirtschaftlichgenutzt. Auf über 80 % derFläche wird Getreide, auf weiteren 8 % Luzerneangebaut, <strong>und</strong> 9 % s<strong>in</strong>d als Schafweidegenutztes natürliches Grünland.Diese baumlosen, leicht hügeligen Getreide-<strong>und</strong> Luzernefelder s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> geeignetesE<strong>in</strong>standsgebiet für die Großtrappen <strong>und</strong>ähneln weitgehend den natürlichen Steppenräumen,die diese Art ursprünglich bevölkerte(vgl. ALONSO u. ALONSO 1990– <strong>in</strong> dieser Arbeit wird das Untersuchungsgebietdetaillierter beschrieben).3. MethodenIn den Jahren 1983 bis 1993 wurden jeweils6 bis 40 juvenile Großtrappen im Juli<strong>und</strong> August mit Patagiummarken versehen.Zu diesem Zeitpunkt s<strong>in</strong>d die Jungvögelnoch auf die Hennen geprägt. Das Körpergewichtder juvenilen Tiere beträgt zwischen1 bis über 3 kg. In den Jahren 1991bis 1993 wurden weitere 101 Jungvögelmit Sendern ausgestattet. Angesichts derhohen Sterblichkeitsrate <strong>in</strong> den ersten dreiLebensmonaten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gfügigenProzentsatz verlorengegangener Senderkonnten <strong>in</strong>sgesamt 107 Tiere, die überlebthatten <strong>und</strong> die Markierungen auch nachdem ersten Sommer noch trugen, <strong>in</strong> dieUntersuchung e<strong>in</strong>bezogen werden. DieseVögel wurden an unterschiedlichen Tagenüber 2 300mal gesichtet. E<strong>in</strong> Jahr langwurden die Bewegungen von zehn adultenHähnen, die <strong>in</strong> den Monaten Februar<strong>und</strong> März 1992 sowie 1993 mit Raketennetzengefangen <strong>und</strong> mit Sendern versehenworden waren, beobachtet. Sie konntenan unterschiedlichen Tagen 232malgesichtet werden.Im Verlauf der gesamten Untersuchunghaben die Autoren das Reservat <strong>in</strong> feststehendenAbständen nach markierten Vögelndurchsucht <strong>und</strong> dabei e<strong>in</strong>e Zählungder Großtrappenbestände vorgenommen.Die Zählfrequenz schwankte zwischen e<strong>in</strong>malwöchentlich <strong>und</strong> e<strong>in</strong>mal im Zeitraumvon zwei bis drei Monaten. Das Ergebnislieferte neben den durch die BesenderungAbb. 1Geographische Lage von Kastilien <strong>und</strong> León mitDarstellung der Großtrappenstandorte <strong>in</strong> derRegion.Stern –Wildtierreservat Villafáfíla, südlich davonverläuft der Duerogroße schwarze Fläche nördlich vom Duero –E<strong>in</strong>standsgebiet von Tierra de Camposgroße Fläche im Süden –E<strong>in</strong>standsgebiet von MadrigalGeographical position of Castille and Léon withrepresentation of the place of the Great Bustards<strong>in</strong> the region.The star <strong>in</strong>dicates the game reserve of Villafáfíla,the river Duero passes to the south of it. The bigblack area to the north of Duero shows the areaof Tierra de Campos, the big area to the souththat of Madrigal.


66 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996gewonnen Informationen zusätzlichesZahlenmaterial über jahreszeitlich bed<strong>in</strong>gteOrtsveränderungen. Die Untersuchungbezog auch die <strong>in</strong> unmittelbarer Nachbarschaftgelegenen Gebiete e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> denen jedochweniger <strong>in</strong>tensiv gearbeitet wurde(ALONSO et al. 1995 mit detaillierterenBeschreibungen der Methoden bei Besenderung<strong>und</strong> Zählung).4. Ergebnisse4.1 SichtungenBei den Untersuchungen konnte nachgewiesenwerden, daß alle Hähne <strong>und</strong> ungefähr40 % der Hennen den Geburtsort alsJungtiere verließen <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> Gebietenaufhielten, die relativ weit (bis zu 63 km,vgl. Abb. 2) entfernt waren. Danach kehrtenalle Hennen, jedoch nur 45 bis 59 %der Hähne <strong>in</strong> das Reservat zurück, währenddie verbleibenden männlichen Tieresich an Balzplätzen <strong>in</strong> unterschiedlicherEntfernung vom Geburtsort aufhielten(ALONSO et al. 1995, mit e<strong>in</strong>er Berechnungdieser Schätzwerte).3 der e<strong>in</strong>gefangenen 10 adulten Hähneverbrachten den Sommer außerhalb derGeburtsregion <strong>und</strong> kehrten Anfang/EndeOktober oder im Februar zurück. E<strong>in</strong> vierterHahn wurde gelegentlich außerhalbdes Reservats, aber dicht an der Grenzegesichtet (vgl. Abb. 2).Was die jahreszeitlichen Ortsveränderungenmarkierter Hennen betrifft, gibt esnoch ke<strong>in</strong>e ausreichenden Angaben zuSichtungen von E<strong>in</strong>zeltieren, um den beiden Zählungen ermittelten Wegflug imMai <strong>und</strong> den Rückflug im Oktober zu bestätigen,da alle Vögel als Jungtiere im Reservatmarkiert, die meisten aber nicht mite<strong>in</strong>em Sender ausgestattet wurden.Abb. 2Karte des Untersuchungsgebietes mit Angaben der am weitesten vom Markierungsort entferntenGroßtrappen, die von 1983 bis 1993 im Reservat Villafáfíla gekennzeichnet wurden. Alle Sichtungen bisEnde 1994 wurden <strong>in</strong> der Darstellung berücksichtigt.Punkt- HähneDreieck - Hennen unterschiedlichen Alters, die als Jungtiere im Reservat markiert wurdenSternchen - adulte markierte Großtrappengestrichelte L<strong>in</strong>ie - ReservatsgrenzenStädte(Großbuchstaben)Flüsse(normal geschrieben)(leicht verändert nach ALONSO et al. 1995)Map of the area to survey with details concern<strong>in</strong>g Great Bustards be<strong>in</strong>g marked <strong>in</strong> the reserve ofVillafáfíla from 1983 to 1993 and mov<strong>in</strong>g away the furthest from the marked place. All sight<strong>in</strong>gs until1994 were considered <strong>in</strong> the report.po<strong>in</strong>ts cockstriangle hens of different ages be<strong>in</strong>g marked when they were juvenile birdsstarsmarked Great Bustards (adults)dashed l<strong>in</strong>e boudary of the reservecapital letters citiesnormal writ<strong>in</strong>g rivers(slightly changed accord<strong>in</strong>g to ALONSO et al. 1995)4.2 ZählungenE<strong>in</strong>e Analyse der Zählungen ergibt, daß dieTrappenbestände zwischen e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>termaximum<strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Sommerm<strong>in</strong>imumschwanken (vgl. Abb. 3). Diese jahreszeitlichenHäufigkeitsverteilungen unterscheidensich für die beiden Geschlechter. ImVergleich mit den W<strong>in</strong>terbeständen steigendie Zahlen adulter Hähne im Märzleicht an (bei allen Monatsdifferenzen lagim ANOVA LSD-Test p < 0,05 mit Ausnahmeder Vergleiche zwischen März <strong>und</strong>Oktober). Nach dem April s<strong>in</strong>ken die Zahlenbis auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum, das sich über dieSommermonate erstreckt (bei allen monatlichenUnterschieden zwischen Märzoder April bzw. Juni bis September war p


MANUEL MORALES ET AL.: GRUNDSÄTZE ZUR ERHALTUNG DER GROSSTRAPPENBESTÄNDE (OTIS T. TARDA L., 1758) 67Abb. 3Monatliche Veränderungen bei Durchschnittsbeständen an über e<strong>in</strong> Jahr alten Großtrappen –Zählungen im Reservat Villafáfíla zwischen Januar 1987 <strong>und</strong> Dezember 1994leerer Kreis - HähnePunkte - HennenDie monatlichen Ergebnisse bestanden aus 2, 5, 3, 6, 4, 3, 1, 3, 8, 2, 3 <strong>und</strong> 1 Zählung. Die senkrechtenStriche bezeichnen Abweichungen von +/-1 (Standardabweichung) (leicht verändert nach ALONSO etal. 1995).(l<strong>in</strong>ks) Gezählte GroßtrappenMonthly changes of average stocks of Great Bustards be<strong>in</strong>g older than one year – counts <strong>in</strong> the reserveof Villafáfíla between January 1987 and December 1994.blank cycle cockspo<strong>in</strong>t hensThe monthly results consisted of 2, 5, 3, 6, 4, 3, 1, 3, 8, 2, 3 <strong>und</strong> 1 counts. The vertical l<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dicatetolerances of +/-1 (standard tolerance).(Slightly changed accord<strong>in</strong>g to ALONSO et. al. 1995).(left) counted Great BustardsRANZA et al. 1989, MARTIN u. MARTIN1989, ALONSO et al. 1990 a u. b; LUCIOu. PURROY 1990, TRUCIOS u. CARRAN-ZA 1990, HELLMICH 1990 u. 1991), obwohlunvollständige Zählungsergebnisse<strong>und</strong> die unzureichende Zahl <strong>in</strong>dividuellmarkierter Vögel den Feldbiologen seitlanger Zeit die Beantwortung der Frageunmöglich gemacht haben, ob diese jahreszeitlichenBestandsveränderungen aufgr<strong>und</strong>von Ortsveränderungen entstehenoder ob sich die Vögel schlechter aufspürenließen.Die von uns vorgelegten Ergebnisse könnenfür die Erarbeitung erfolgreicherGr<strong>und</strong>sätze für Erhaltung <strong>und</strong> Pflege derBestände herangezogen werden.E<strong>in</strong>e Zusammenfassung kann <strong>in</strong> folgendezwei Aussagen gefaßt werden:1. E<strong>in</strong> unerwartet hoher Prozentsatz vonGroßtrappen aus e<strong>in</strong>em seßhaften Bestandlegt nach dem Verlassen desBrutgebietes – <strong>und</strong> jahreszeitlich bed<strong>in</strong>gt– große Entfernungen zurück.2. Viele Gebiete mit kle<strong>in</strong>en <strong>und</strong> sche<strong>in</strong>barisolierten Beständen dienen entwederals Zwischenaufenthalt oder Zielortfür diese Tiere. Bei e<strong>in</strong>igen Autoren f<strong>in</strong>detsich bereits e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf dieseWanderungen. So haben zum BeispielLUCIO <strong>und</strong> PURROY (1985) zu bedenkengegeben, daß die Bestandserhöhungbei e<strong>in</strong>igen marg<strong>in</strong>alen Trappenpopulationen<strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Léon(ebenfalls <strong>in</strong> Nordwestspanien) e<strong>in</strong>eFolge verstreuter <strong>in</strong>dividueller Absetzbewegungenaus größeren <strong>und</strong> stabileren<strong>in</strong> der Nähe seßhaften Beständense<strong>in</strong> könnte. Sie schlossen die Frage an,ob für derartige Wanderungen e<strong>in</strong>konstantes Muster zugr<strong>und</strong>e läge. Beiden Besenderungsstudien ließ sich nunnachweisen, daß die von LUCIO <strong>und</strong>PURROY angesprochenen Populationen<strong>in</strong> der Tat Junghähne aus Villafáfílanach Verlassen ihres Brutgebietes aufnehmen,diese Tiere sich dort niederlassen<strong>und</strong> fortpflanzen.Die Autoren vertreten die Auffassung, daßes sich bei solchen Ortsveränderungennicht um Randersche<strong>in</strong>ungen oder Verhaltensreliktehandelt. Sie zeigen uns vielmehrden üblichen Zustand der meistenGroßtrappenpopulationen im gesamtenE<strong>in</strong>standsgebiet <strong>in</strong> solchen geographischenRegionen, <strong>in</strong> denen es noch nicht zutiefgreifenden Veränderungen der Lebensräumegekommen ist. Zum<strong>in</strong>dest gilt dasfür die Großtrappenbestände <strong>in</strong> Kastilien<strong>und</strong> Léon, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Tierra de Campos(Abb. 1), wo der Boden noch immerauf traditionelle Art genutzt wird. DieseSchlußfolgerung wird auch durch Zählungen<strong>und</strong> Untersuchungen e<strong>in</strong>iger andererGruppen <strong>in</strong> der Region erhärtet (OTERO1985, LUCIO u. PURROY 1990, SANZ-ZUASTI u. SIERRA 1993 sowie persönlicheBeobachtungen). Sie bezeugen e<strong>in</strong>en geschlossenenSiedlungsraum von Villafáfíla<strong>in</strong> Richtung Nordost bis zum Gebiet LaNava, <strong>in</strong> dem die am weitesten abgewandertenJungvögel gesichtet wurden. In denBereichen dazwischen gibt es e<strong>in</strong>ige Zonenmit relativ hohen Bestandsdichten (LUCIOu. PURROY 1988, 1990) <strong>in</strong> den Prov<strong>in</strong>zenLéon, Valladolid <strong>und</strong> Palencia. Der E<strong>in</strong>zugsbereichsüdlich von Villafáfíla ist durchBewässerungsmaßnahmen entlang desFlusses Duero jetzt für Großtrappen nichtmehr geeignet (vgl. Abb. 1 <strong>und</strong> Abb. 2).Die nächste relativ dichte Trappenpopulationsüdlich des Duero f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> derNähe von Madrigal <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Avila.Die Ergebnisse der Untersuchung legen dieSchlußfolgerung nahe, daß es kaum zu e<strong>in</strong>emgenetischem Austausch zwischen diesen<strong>und</strong> den nördlich des Duero <strong>in</strong> Tierrade Campos lebenden Bestand kommt.Dazu ist noch zu berücksichtigen, daß dieGroßtrappen <strong>in</strong> Madrigal z. Z. durch Bewässerungsanlagenvieler Bauernhöfe bedrohtwerden (MARTIN u. MARTIN1989). Die gegenwärtige Verteilung vonPopulationskernen <strong>in</strong> Tierra del Campos


68 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996bestimmt die von Villafáfíla ausgehendeAusbreitung der Großtrappen sowie ihrejahreszeitlichen Wanderungsbewegungen.6. Empfehlungen für e<strong>in</strong>envere<strong>in</strong>heitlichtenBestandsschutzWie <strong>in</strong> dem kürzlich der Europäischen Unionübermittelten Handlungskonzept fürdie Großtrappe (KOLLAR et al. 1995) ausgeführtwird, stellen der Verlust von Lebensräumendurch veränderte Bodennutzung<strong>und</strong> die Mechanisierung der Landarbeitdie größte Bedrohung der Großtrappenim näheren Verbreitungsgebiet dar.Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungenlassen leicht erkennen, daß dieBemühungen zum Arterhalt nicht bei derSchaffung von Wildreservaten wie VillafáfílaHalt machen dürfen, sondern daraufausgerichtet se<strong>in</strong> müssen, auch die traditionellenregionalen Bewirtschaftungsformenzu erhalten. Das Bestehen vonTrappenschutzgebieten gäbe ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n,wenn die Bereiche verschw<strong>in</strong>den, die dieTiere nach dem Verlassen des Brutplatzesoder im Zuge ihrer jahreszeitlich bed<strong>in</strong>gtenWanderungen aufsuchen können.Weiterh<strong>in</strong> sollten Kulturen, die die Großtrappenbekanntermaßen bevorzugt aufsuchen,nicht nur beibehalten, sondernauch durch Ausgleichszahlungen gefördertwerden. E<strong>in</strong>e solche vere<strong>in</strong>heitlichte<strong>in</strong>terregionale <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationale Denkweiseist erforderlich, da unsere Untersuchungsergebnissebelegen, daß die GroßtrappenEntfernungen zurücklegen, diegrößer als die Abstände zwischen Großtrappenbeständen<strong>in</strong> verschiedenen Regionenoder gar Ländern se<strong>in</strong> können.Zum Beispiel trifft das für den Bestand <strong>in</strong>Madrid, von dem aus es e<strong>in</strong>en regelmäßigenAustausch mit der von Castille-LaMancha (ALONSO et al. 1990 a) gibt, wieauch für e<strong>in</strong>ige Subpopulationen <strong>in</strong> der Extremadurazu, aus denen E<strong>in</strong>zeltiere regelmäßigdie portugiesische Grenze überqueren(J. Hellmich, M. P<strong>in</strong>to, A. Sa’nchez,persönl. Mitt.). Ähnliches kann auch fürPopulationen <strong>in</strong> den neu entstandenenDemokratien Mittel- <strong>und</strong> Osteuropas zutreffen.Für die genaue Kenntnis der Dynamikvon Großtrappenpopulationen <strong>in</strong>Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa sollten deshalb koord<strong>in</strong>ierte<strong>in</strong>ternational angelegte Besenderungsuntersuchungendurchgeführtwerden, aus denen sich vere<strong>in</strong>heitlichteGr<strong>und</strong>sätze für die Erhaltung der Beständedieser gefährdeten Art ableiten lassen.7. ZusammenfassungE<strong>in</strong>e Untersuchung mit Besenderung vonGroßtrappen <strong>in</strong> Villafáfíla (Nordwestspanien)ergab, daß Jungvögel nach dem Verlassendes Brutgebietes unerwartet großeEntfernungen zurücklegen. Während derjahreszeitlichen Wanderungsbewegungenerreichen aber auch adulte Tiere entferntereOrte als ursprünglich für seßhafteGroßtrappenbestände angenommen. InAnbetracht dieser Tatsache sollten geeigneteLebensräume für die Gesamtpopulationunter E<strong>in</strong>schluß aller Wanderungsgebietegarantiert werden, um Verluste durchInzucht, Erschöpfung der Ressourcen oderdirekte Sterblichkeit wandernder Individuenauszuschließen. E<strong>in</strong>e derartige Pflegeder E<strong>in</strong>standsbereiche muß durch Förderungtraditioneller Bewirtschaftungsformen<strong>und</strong> extensiv betriebene Landwirtschaftherbeigeführt werden. Auch für andereeuropäische Populationen sollte dasAusmaß der Absetzbewegungen sowie derjahreszeitlichen Wanderungen durch <strong>in</strong>ternationalangelegte telemetrische Untersuchungenbestimmt werden.SummaryRadiotagg<strong>in</strong>g of Great Bustard <strong>in</strong> Villafálíla(NW Spa<strong>in</strong>) has shown that dispers<strong>in</strong>g juvenilebirds travel unexpectly long distances.Adult birds also reach farther locationsthan <strong>in</strong>itially thought for sedentarypopulations dur<strong>in</strong>g their seasonal movements.Hence, suitable habitats should beguaranteed for the whole population <strong>in</strong>clud<strong>in</strong>gall of movements <strong>in</strong> order to avoidits decrease through <strong>in</strong>breed<strong>in</strong>g, resourcedepletion or direct mortality of mov<strong>in</strong>g <strong>in</strong>dividuals.Such habitat ma<strong>in</strong>tenance mustbe achieved by promot<strong>in</strong>g traditional landuses and extensive agriculture. The extentof dispersal and seasonal movementsshould also be determ<strong>in</strong>ed <strong>in</strong> other Europeanpopulations by <strong>und</strong>ertak<strong>in</strong>g <strong>in</strong>ternationaltelemetry studies.DanksagungAllen Bauern <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohnern des ReservatsVillafáfíla gilt der Dank für die Zusammenarbeit,speziell den Bürgermeisternvon Tapioles <strong>und</strong> Villafáfíla. Bei Fang <strong>und</strong>Markierung der Jungtiere waren uns C.Caldero behilflich; zusätzliche Unterstützunggaben L. M. Bautista, H. Bustami, A.Correas, I. Martín, C. Martínez, R. Muñoz<strong>und</strong> M. A. Naveso, V. Ena, C. Otero sowieihre Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen.Herr L. Vega erteilte die Erlaubnis, adulteGroßtrappen auf se<strong>in</strong>em Gr<strong>und</strong>stück e<strong>in</strong>zufangen.Schließlich gilt der Dank allen,die mit Sichtungsmeldungen zum Ergebnisdieser Arbeit beigetragen haben, <strong>in</strong>sbesondereA. Lucio für zwei Angaben sowieM. A. Naveso für e<strong>in</strong>e Information für Abbildung2.Für die großzügige Unterstützung bei derOrtung besendeter Tiere danken die Autorendem 42. Schwadron des StützpunktsGetafe.Die Feldtätigkeit wurde von der DirecciónGeneral de Investigación Científíca y Técnica<strong>und</strong> dem Instituto Nacional para laConservación de la Naturaleza seit 1987mitf<strong>in</strong>anziert, ebenfalls durch e<strong>in</strong>en Jahresvertragmit der Gebietskörperschaft vonKastilien <strong>und</strong> León. Ermutigung <strong>und</strong> Hilfekamen von C. Morillo <strong>und</strong> J. M. Benito(ICONA) sowie von J. Martín sowie denMitarbeitern der F<strong>und</strong>ación para Ecologíay Protección del Medio Ambiente.Die Behörden von Kastilien <strong>und</strong> León stelltenuns die Fang- <strong>und</strong> Markierungserlaubnisaus.Dieser Betrag ist dem Projekt PB91-0081der Dirección General de InvestigaciónCientífica y Técnica zugeordnet.LiteraturALONSO, J. A.; ALONSO, J. C. u. MARTIN, E. 1990 a:La población de Avutardas de la prov<strong>in</strong>cia de Madrid.In: J. C. ALONSO u. J. A. ALONSO (Hrsg.): Parámetrosdemográficos, selección de hábitat y distribución de laAvutarda (Otis tarda) en tres regiones españolas, ICO-NA (Madrid): 58-72ALONSO, J. C. u. ALONSO, J. A 1990: Parámetros demográficos,selección de hábitat y distribución de laAvutarda (Otis tarda) en tres regiones españolas;ICONA (Madrid)ALONSO, J. C.; ALONSO, J. A. u. NAVESO, M. A.1990 b: La población de Avutardas del área de Villafáfílay Raso de Villalpando (Zamora). In: ALONSO J.C. u. J. A. ALONSO (Hrsg.): Parámetros demográficos,selección de hábitat y distribución de la Avutarda (Otistarda) en tres regiones españolas, ICONA (Madrid): 25-53ALONSO, J. C. u. ALONSO, J. A. 1992: Male-biaseddispersal <strong>in</strong> the Great Bustard (Otis tarda). -Ornis Scand<strong>in</strong>avia23: 81ALONSO, J. C.; ALONSO, J. A.; MARTIN, E. u. MO-RALES, M. 1995: Range and patterns of Great Bustardmovements at Villafáfíla. -Ardeola 42: 73-81.ALONSO, J. C. u. ALONSO, J. A. 1995: The Great Bustard(Otis tarda) <strong>in</strong> Spa<strong>in</strong>: present status, recent trendsand an evaluation of earlier censuses; Biological Conservation.unveröff.CARRANZA, J.; HIDALGO, S. J. u. ENA, V. 1989: Mat<strong>in</strong>gsystem flexibility <strong>in</strong> the Great Bustard: a comparativestudy. -Bird Study 36: 192-198COLLAR, N. J. 1985: The world status of the Great Bustard.-Bustard Studies 2: 1-20CRAMP, S. u. SIMMONS, K. E. L. 1980 (Hrsg.): Thebirds of the western Palearctic, Vol. 2. Oxford UniversityPress (London)GEWALT, W. 1959: Die Großtrappe. Die neue Brehm-Bücherei 223. A. Ziemsen Verlag. Wittenberg Lutherstadt.-121 S.


MANUEL MORALES ET AL.: GRUNDSÄTZE ZUR ERHALTUNG DER GROSSTRAPPENBESTÄNDE (OTIS T. TARDA L., 1758) 69GLUTZ, U. N.; BAUER, K. M. u. BEZZEL, E. 1973:Handbuch der Vögel Mitteleuropas Bd. 5. AkademischeVerlagsgesellschaft. -Frankfurt a.M.HELLMICH, J. 1990: La población de Avutardas de lasáreas de Sierra de Fuentes y Torrecillas de la Tiesa (Cáceres).In: J. C. ALONSO u. J. A. ALONSO (Hrsg.):Parámetros demográficos, selección de hábitat y distribuciónde la Avutarda (Otis tarda) en tres regionesespañolas, ICONA (Madrid): 72-81HELLMICH, J. 1991: La Avutarda en Extremadura.Monografías de Alytes, 2. ADENEX (Mérida)HIDALGO, S. J. u. CARRANZA, J. 1990: Ecología ycomportamiento de la Avutarda (Otis tarda); Universidadde Extremadura (Cáceres)HUTTERER, R. u. LÜTTKENS, R. 1974: Über Bestandsentwicklung,Geschlechtsverhältnis <strong>und</strong> Dispersionsverhaltender Großtrappen im Marchfeld im Jahre1973/74. -Egretta 17: 28-33KOLLAR, H. P. (Zusammenstellung) 1995: Action Planfor the Great Bustard. 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AlonsoMuseo Nacional de Ciencias NaturalesCSIC,José Gutiérrez Abascal 2E-28006 Madrid (Spanien)Javier A. AlonsoDepartamento de Biología Animal IFacultad de BiologíaUniversidad ComplutenseE-28040 Madrid (Spanien)Enrique Mart<strong>in</strong>F<strong>und</strong>ación para la Ecología y Proteccióndel Medio AmbienteCastellana 8E-28046 Madrid (Spanien)Professor Dr. Herbert Sukopp – 65 JahreWenn man sich mit praktischen <strong>und</strong>theoretischen Problemen des <strong>Naturschutz</strong>es<strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> beschäftigt,wird man immer wieder auf verschiedeneArbeiten von Prof. Sukopp stoßen,der am 6. November 1995 se<strong>in</strong>en 65.Geburtstag feierte. Zwar ist se<strong>in</strong> Namebesonders eng mit vielfältigen wissenschaftlichen<strong>und</strong> praktischen Aktivitätenfür den <strong>Naturschutz</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> verknüpft,viele se<strong>in</strong>er Arbeiten haben jedoch ke<strong>in</strong>enunmittelbaren örtlichen Bezug <strong>und</strong>besitzen somit allgeme<strong>in</strong>e Bedeutung fürBelange des <strong>Naturschutz</strong>es.Bereits vor 40 Jahren begann er mit derErforschung von Mooren <strong>und</strong> Gewässern,<strong>in</strong>sbesondere im H<strong>in</strong>blick auf anthropogeneAuswirkungen. Gerade dieBerl<strong>in</strong>er Moorschutzgebiete, beispielsweisedie Grunewaldmoore, waren <strong>und</strong>s<strong>in</strong>d für derartige Untersuchungen prädest<strong>in</strong>iert.Flora <strong>und</strong> Vegetation der Havelufersowie die wissenschaftliche Begründung<strong>und</strong> Initiierung praktischerSchutzmaßnahmen für Röhrichte warene<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt der ArbeitProf. Sukopps. Aus diesen Gebietsanalysenerwuchsen wissenschaftlich-ökologischeGr<strong>und</strong>lagen für die Berl<strong>in</strong>er <strong>Naturschutz</strong>arbeit;zahlreiche Anregungenfür Unterschutzstellungen von Gebietengehen auf ihn zurück.Bereits Publikationen vom Anfang der60er Jahre zeugen von der <strong>in</strong>tensivenBeschäftigung Prof. Sukopps mit der heimischenFlora <strong>und</strong> Vegetation. Langebevor der Begriff „Rote Listen” für dieDokumentation der Gefährdung von Artene<strong>in</strong>geführt wurde, erarbeitete er e<strong>in</strong>eListe über den Verlust an Gefäßpflanzenarten.1982 erschien unter se<strong>in</strong>er Federführungdie erste Rote Liste der gefährdetenTiere <strong>und</strong> Pflanzen von Berl<strong>in</strong>.Prof. Sukopp widmete sich von Anfangan auch besonders Arten <strong>und</strong> Pflanzengesellschaftenim besiedelten Bereich.Wertvolle Arbeiten über die Bedeutungvon Neophyten <strong>in</strong> natürlichen Pflanzengesellschaftenoder die Vegetationsentwicklungauf <strong>in</strong>nerstädtischen Standortenhatten Beispielscharakter. Ihm ist eswohl <strong>in</strong>sbesondere zu verdanken, daßBerl<strong>in</strong> heute zu den stadtökologisch ambesten untersuchten Städten der Erdegehört.Die Methodik der Biotopkartierung imbesiedelten Bereich wurde von Prof. Sukopperarbeitet <strong>und</strong> unter se<strong>in</strong>er Federführungpraktisch umgesetzt. Längst istdaraus e<strong>in</strong> Standard für derartige Kartierungen<strong>in</strong> Städten erwachsen, regelmäßigeArbeitstagungen unter Beteiligungaller Landesanstalten <strong>und</strong> -ämterfür <strong>Naturschutz</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik zeugenvon der großen Resonanz. Auch <strong>in</strong><strong>Brandenburg</strong> f<strong>in</strong>det diese Methodik, angepaßtan die bestehende Kartierungsanleitung,Anwendung.Sowohl als Leiter des Fachbereichs„Ökosystemforschung <strong>und</strong> Vegetationsk<strong>und</strong>e”an der TU Berl<strong>in</strong>, wo er seit1968 tätig ist, wie auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er fast20jährigen Tätigkeit als ehrenamtlicherLandesbeauftragter für <strong>Naturschutz</strong> (seit1978) wurde <strong>und</strong> wird Prof. Sukopp allenMitarbeitern, Studenten <strong>und</strong> Kollegenanderer E<strong>in</strong>richtungen stets als hervorragenderWissenschaftler, <strong>in</strong>sbesondereaber auch als beliebter Mitmenschgeschätzt. Wir alle danken Herrn Prof.Sukopp für se<strong>in</strong>e bisherige Arbeit <strong>und</strong>wünschen für se<strong>in</strong> weiteres Wirken vielErfolg.Dr. Frank Zimmermann


70 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 70-75ASTRID EISENBERGZur Raum- <strong>und</strong> Habitatnutzung handaufgezogenerGroßtrappen (Otis t. tarda L., 1758)1. E<strong>in</strong>leitungIm Land <strong>Brandenburg</strong> eröffnete sich nachder politischen Wende 1989 im GroßtrappenschongebietBuckow (Kreis Havelland)die Möglichkeit, den schon zu DDR-Zeitenbestehenden Großtrappenschutz durchüberwiegend staatlich geförderte großflächigeExtensivierung landwirtschaftlicherNutzflächen auszubauen.Daher wurde e<strong>in</strong>e detaillierte Untersuchungüber Raum- <strong>und</strong> Habitatnutzungder Großtrappe als Gr<strong>und</strong>lage für Flächenkauf<strong>und</strong> -pacht sowie Flächenmanagementnotwendig.Die Untersuchung wurde mit jungenGroßtrappen, die vor ihrer Auswilderungmit e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>iatursender versehen wurden,durchgeführt. Neben den für den Artenschutznotwendigen Untersuchungenüber Raum- <strong>und</strong> Habitatnutzung sollteauch die Auswilderung, die e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gliederungder jungen Großtrappen <strong>in</strong> den Wildbestandbe<strong>in</strong>haltet, dokumentiert werden.Da die Großtrappen den größten Teil desJahres <strong>in</strong> Trupps variierender Größe zusammenleben,flossen nach Anschluß derjungen Tiere an den Wildbestand auch Datendazu <strong>in</strong> die Auswertung e<strong>in</strong>.2. Tiere, Material <strong>und</strong>Methode2.1 UntersuchungszeitraumDer Untersuchungszeitraum erstrecktesich auf die Zeit vom 7.8.1992 bis31.1.1994. Er umfaßte zwei im Spätsommerstattf<strong>in</strong>dende Auswilderungen. Fürzwei besenderte Tiere des ersten Auswilderungstruppswurden während des gesamtenZeitraumes Daten gesammelt.2.2 Herkunft der Tiere1992 wurden <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>station19, 1993 11 Großtrappenküken von denMitarbeitern der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow aufgezogen <strong>und</strong> ausgewildert.Auf die Auswilderungsmethode soll hiernicht e<strong>in</strong>gegangen werden, da sie bereitsvon LITZBARSKI et al. (1993) ausführlichbeschrieben wurde.2.3 Markierung der GroßtrappenDie telemetrische Untersuchung wurdemit Sendern vom Typ TW-2 (Gewichte:16 g <strong>und</strong> 21 g) der Firma BIOTRACK (England)durchgeführt. Die Maße der Senderbetrugen 45 x 18 x 15 mm bzw. 32 x 17 x15 mm (Länge x Breite x Höhe). Sie warenmit e<strong>in</strong>er 27 cm langen Antenne versehen.Die Sender wurden an Flügelmarken geb<strong>und</strong>en,die an den Großtrappen befestigtwurden.Als Empfänger diente e<strong>in</strong> tragbares Gerätder Firma Reichenbach, Entw.-Nr. 287078,mit 10 Festfrequenze<strong>in</strong>stellungen. ZumEmpfang wurde e<strong>in</strong>e 4-Element-Handantenne(Yagi) e<strong>in</strong>gesetzt.2.4 Telemetrie <strong>und</strong> Datenerfassung,weitereUntersuchungsmethodenMit Hilfe der radiotelemetrischen Markierungließ sich der Standort der besendertenGroßrappen ermitteln. Es wurde die Richtungdes Signals grob angepeilt, dann dervermutete Aufenthaltsort angefahren <strong>und</strong>Abb. 1Die Sender wurden bei den Großtrappen so <strong>in</strong> die seit Jahren bewährten Flügelmarken e<strong>in</strong>gebaut, daßsie nach dem Verrotten des Befestigungsmaterials problemlos von ihnen abfallen. Vor dem E<strong>in</strong>satz derSender im Freiland wurde diese Art der Befestigung monatelang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großen Gehege getestet.Foto: H.LitzbarskiFor telemetric researches the transmitters were used with the w<strong>in</strong>g-markers. If these markers will berotten the transmitters also fall off. This k<strong>in</strong>d of fix<strong>in</strong>g was tested for months at a big enclosure before.Abb. 2Mit Antenne <strong>und</strong> speziellem Funkempfängerkönnen die Tiere mit Sender, <strong>und</strong> damit dieTrappengruppen, <strong>in</strong> die sie <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d, schnell<strong>und</strong> sicher gef<strong>und</strong>en werden. Genaue Kenntnisseüber den Aktionsraum der Tiere s<strong>in</strong>d für s<strong>in</strong>nvolleSchutzmaßnahme unerläßlich.Foto: H.LitzbarskiThe Great Bustards fitted out with transmitterscould be fo<strong>und</strong> easily with an antenna and aspecial receiver and thus also the group ofbustards <strong>in</strong> which they are <strong>in</strong>tegrated. Thedetailed knowledge of the bird´s radius are veryf<strong>und</strong>amental for useful protective measures.


ASTRID EISENBERG: ZUR RAUM- UND HABITATNUTZUNG HANDAUFGEZOGENER GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) 71nach visuellem Auff<strong>in</strong>den des Tieres se<strong>in</strong>Aufenthaltsort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Meßtischbatt(Maßstab 1 : 10000) e<strong>in</strong>getragen, danachdie Koord<strong>in</strong>aten des Ortes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Protokollbogennotiert. Hatte sich das Tier e<strong>in</strong>emTrupp angeschlossen, wurde auchdessen Zusammensetzung (Anzahl derHähne <strong>und</strong> Hennen) vermerkt, ebenso diemomentane Nutzung des jeweiligen Habitattyps(z.B. Rapsacker, W<strong>in</strong>tergetreideoder Saatgrasland). Für jedes besenderteTier wurden über den Tag verteilt drei Peilungenvorgenommen. Die Berechnungder Aktionsraumgröße erfolgte als M<strong>in</strong>imumConvex Polygon.Das Arthropodenangebot <strong>in</strong> der Krautschichtauf e<strong>in</strong>igen von den Großtrappengenutzten Grünlandflächen wurde mit Hilfevon Kescherfängen ermittelt. Der verwendeteKescher hatte e<strong>in</strong>en Durchmesservon 30 cm.3. Ergebnisse3.1 Anschluß an den WildbestandJungtiere <strong>und</strong> Alttiere bilden jeweils e<strong>in</strong>e Gruppe, stehen weit vone<strong>in</strong>ander entferntYoung animals and older animals form a group respectively, there is a great distancebetween themJungtiere <strong>und</strong> Alttiere bilden jeweils e<strong>in</strong>e Gruppe, stehen nahe beie<strong>in</strong>anderYoung animals and older animals form a group respectively, they are close to each otherJungtiere <strong>und</strong> Alttiere bilden e<strong>in</strong>e Gruppe, nicht gemischtYoung animals and older animals form a group, not mixedJungtiere <strong>und</strong> Alttiere bilden jeweils e<strong>in</strong>e Gruppe, gemischtYoung animals and older animals form a group, mixede<strong>in</strong>ige Jungtiere bei AlttierenSome young animals are near the old animalsAbb. 3Art <strong>und</strong> Häufigkeit der Kontakte zwischen den Jungtieren <strong>und</strong> dem Wildbestand <strong>in</strong> der Zeit vom12.9.93 bis 2. 12. 93, zusammengefaßt <strong>in</strong> DekadenType and frequency of the contact between the young animals and the stock of game <strong>in</strong> the period from12.9.93 till 2.12.93 summarized <strong>in</strong> decades.Bei der E<strong>in</strong>gliederung <strong>in</strong> den Wildbestandwaren zwischen den Jahren Unterschiedezu erkennen. Von der Auswilderungsgruppe1992 überlebten von 19 Tieren nur 4den ersten Auswilderungsprozeß (hier derZeitraum bis zum Verlassen des Auswilderungsgeländes)<strong>in</strong> Freiheit. 1 Hahn <strong>und</strong> 3Hennen entfernten sich Anfang Novembervom Auswilderungsgelände, stießen aufden wildlebenden Hahnentrupp <strong>und</strong> folgtenvon da ab im wesentlichen <strong>in</strong> den W<strong>in</strong>termonatenden Hähnen. 1993 hielt siche<strong>in</strong> Hennentrupp <strong>in</strong> der Nähe des Auswilderungsplatzesauf. Zu den ersten Kontaktenkam es erst mit der Erweiterung desAktionsraumes der jungen Großtrappen ab12.9.93, ca. 1 Monat nach Beg<strong>in</strong>n derAuswilderung. Abb. 3 zeigt die Art derKontakte <strong>und</strong> deren Häufigkeit vom 12.9.bis zum 2.12.1993. Die drei täglichen Beobachtungenwurden <strong>in</strong> Dekaden zusammengefaßt.Der Auswilderungstrupp bestandaus 10 Jungtieren.Es zeigt sich, daß Häufigkeit <strong>und</strong> Intensitätder Kontakte im Laufe der Zeit zunahmen.Die Hennen <strong>und</strong> Jungtiere nutzten bis zur5. Dekade gleiche Flächen, hielten sich dabeiaber oft weit vone<strong>in</strong>ander entfernt auf.Befanden sich nur wenige Jungtiere beiden Hennen, schlossen sie sich zum<strong>in</strong>desttagsüber vorübergehend dieser Gruppean. Je mehr Jungtiere es waren, desto ehertrennten sie sich aber auch wieder von derGruppe. Suchten die alten Hennen abendse<strong>in</strong>e andere Fläche auf, folgten die Jungtierenicht. In der Regel wechselten diediesjährigen auch im Laufe des Tages wiederzu den anderen jungen Trappen.In der 5. Dekade suchten die Hähne dievon den Hennen <strong>und</strong> den Jungtieren genutztenFlächen auf. Als der Hahnentruppwieder zu se<strong>in</strong>em Hauptäsungsplatzzurückkehrte, folgten ihm die Jungtiere.Nun nahm die Anzahl der Kontakte zwischenAlttieren <strong>und</strong> Jungtieren stark zu. Siebildeten häufiger e<strong>in</strong>e Gruppe, wobei esallerd<strong>in</strong>gs nur selten zu e<strong>in</strong>er Durchmischungvon Jungtieren <strong>und</strong> älteren Hähnenkam. In der 6. Dekade wechselten dieJungtiere teilweise zusammen mit verschiedenenHennen zwischen dem vonden Hähnen bevorzugten W<strong>in</strong>teräsungsplatz<strong>und</strong> dem ca. 1,5 km östlich vonBuckow gelegenen Gehege, <strong>in</strong> dem sichdie Zuchtherde der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow bef<strong>in</strong>det. Es blieben aber auch immerwieder e<strong>in</strong>zelne Tiere bei den Hähnenzurück.In der 2. Dezemberhälfte zeigte der Trappenbestande<strong>in</strong>e größere Mobilität. Mitden häufigeren Ortswechseln war e<strong>in</strong>ewiederholte Änderung der Truppzusammensetzungverb<strong>und</strong>en. Auch die jungenTrappen wurden dabei häufig getrennt. Siehatten sich aber mit wenigen Ausnahmenimmer älteren Tieren angeschlossen.3.2 RaumnutzungDie Abb. 4 zeigt die Aktionsräume von 21992 besenderten Großtrappen, e<strong>in</strong>emHahn <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Henne (HA1 <strong>und</strong> HE1).Die Größe der Aktionsräume <strong>und</strong> dieZeiträume, <strong>in</strong> denen Daten für das ent-


72 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 4Aktionsräume der besenderten Großtrappen HA1 <strong>und</strong> HE1 <strong>in</strong> der Zeit vom 15.11.92 bis 31.1.94 mitAngabe der jeweiligen Größe <strong>und</strong> des berücksichtigten Zeitraumes.n = Anzahl der BeobachtungenRange of action of the radiotagged Great Bustards HA 1 and HE 1 <strong>in</strong> the period from 15.11.1992 to31.1.94 with <strong>in</strong>dication of the respective size and the period to be considered.n = number of observationsAbb. 5Anzahl der Monate, <strong>in</strong>denen HA1 <strong>in</strong>verschiedenenBereichen se<strong>in</strong>esAktionsraumesbeobachtet wurde. DieSeitenlänge derQuadrate des Rastersentspricht 250 m.Beobachtungszeitraum:15.11.92 bis 31.12.93Number of months, <strong>in</strong>which HA 1 wereobserved <strong>in</strong> variousregions of its radius.The length of the sideof the squares of thescreen corresponds to250 m.Time of observation:15.11.92 till 31.12.94sprechende Tier gesammelt wurden, ist derAbbildung zu entnehmen. Es ist zu berücksichtigen,daß sie sich mit wenigen Ausnahmen,bei denen sie alle<strong>in</strong> gesichtetwurden, stets anderen Großtrappen angeschlossenhatten. Da sie im Laufe des Jahresmit verschiedenen Tieren zusammenwaren, können damit auch gleichzeitigRückschlüsse über den genutzten Raumdes Gesamtbestandes gezogen werden.Abb. 5 <strong>und</strong> 6 zeigen, wie häufig verschiedeneBereiche des Aktionsraumes durchdie beiden Tiere genutzt wurden. Über denAktionsraum wurde hierfür e<strong>in</strong> Raster gelegt,wobei die Ortschaften ausgespartblieben. Die Seitenlänge der Quadrateentspricht 250 m. Die Zahlen <strong>in</strong> den Quadratengeben die Anzahl der Monate wieder,<strong>in</strong> denen sich der Hahn bzw. die Henneauf den entsprechenden Flächen aufhielten.E<strong>in</strong>malige Sichtungen wurden genausobehandelt wie mehrmalige währende<strong>in</strong>es Monats.HA1 nutzte am häufigsten die Ackerflächennördlich von Buckow, das ca. 1,5km östlich von Buckow gelegene Gehege,<strong>in</strong> dem sich die Zuchttiere der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow bef<strong>in</strong>den, sowieWiesen- <strong>und</strong> Ackerflächen nördlich vonMützlitz. Ab November 1992 hatte er sichdem Hahnentrupp angeschlossen. Dieserhielt sich <strong>in</strong> den W<strong>in</strong>termonaten überwiegendauf den nördlich von Buckow gelegenenAckerflächen auf. Tagsüber suchtendie Hähne gelegentlich auch Äcker <strong>in</strong> derNähe benachbarter Dörfer auf, von denensie <strong>in</strong> der Regel am Nachmittag zu ihremHauptäsungsplatz zurückkehrten. EndeMärz 1993 folgte HA1 mehreren Hennen<strong>in</strong> den Norden, schloß sich nach se<strong>in</strong>erRückkehr wieder den Hähnen an <strong>und</strong> warim April <strong>und</strong> Mai mit ihnen auf den Balzplätzenzu f<strong>in</strong>den. Ab Ende Mai suchte ermit e<strong>in</strong>zelnen oder mehreren Hähnen wiederholtdas Gebiet südwestlich vonBuckow auf, <strong>in</strong> dem die Mehrzahl der Hähneden Sommer verbr<strong>in</strong>gen sollte. Ab Oktoberwurde wieder der W<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>standdes vorangegangenen W<strong>in</strong>ters genutzt.Anfang Januar 1994 trennte sich HA1 vonder Herde <strong>und</strong> konnte trotz <strong>in</strong>tensiver Suchenicht gef<strong>und</strong>en werden. Der Senderwar bereits e<strong>in</strong>ige Zeit zuvor ausgefallen.HE1 nutzte den Raum ähnlich wie HA1 (s.Abb. 6). Auch sie war am häufigsten aufAckerflächen bei Buckow <strong>und</strong> im Gehegebei den Zuchttieren zu f<strong>in</strong>den. Das ähnlicheBild entsteht dadurch, daß HE1 sichwie HA1 <strong>in</strong> den W<strong>in</strong>termonaten nach derAuswilderung dem Hahnentrupp angeschlossenhatte <strong>und</strong> auch der Hennentrupp,dem sie ab Mitte März <strong>und</strong> nach


ASTRID EISENBERG: ZUR RAUM- UND HABITATNUTZUNG HANDAUFGEZOGENER GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) 733.3 HabitatnutzungE<strong>in</strong>e systematische Aufnahme der genutztenHabitattypen war nur für die Hähnewährend des gesamten Beobachtungszeitraumesmöglich. Die Daten wurden entsprechendder Aktivitätsänderungen <strong>und</strong>der Besonderheiten der Raumnutzung derHähne zusammengefaßt. Die Herbst- <strong>und</strong>W<strong>in</strong>termonate bis zum Beg<strong>in</strong>n der Balzzeit,die Balzzeit selbst, die Sommermonate,<strong>in</strong> denen fast ausschließlich e<strong>in</strong> zusammenhängenderGrünlandbereich mit angrenzendenAckerflächen genutzt wurde,sowie die Herbst- <strong>und</strong> W<strong>in</strong>termonate vomVerlassen des Sommere<strong>in</strong>standes bis zumEnde des Beobachtungszeitraumes bildetenvier zeitliche E<strong>in</strong>heiten. Bei den Beobachtungenfanden alle zum Trupp zählendenGroßtrappen Berücksichtigung, d.h.neben den Hähnen wurden auch Jungtrappen<strong>und</strong> e<strong>in</strong>zelne Hennen mitgezählt,die sich vorübergehend beim Hahnentruppaufhielten. Im folgenden s<strong>in</strong>d dieBegriffe Hahnentrupp oder Hähne oft alsgemischtgeschlechtlicher, aber überwiegendaus Hähnen bestehender Trupp zuverstehen.Die relative Nutzung der Habitattypen istaus Abb. 8 zu ersehen. Die Hähne waren<strong>in</strong> den W<strong>in</strong>termonaten vorwiegend aufAbb. 6Anzahl der Monate, <strong>in</strong> denen HE 1 <strong>in</strong>verschiedenen Bereichen ihres Aktionsraumesbeobachtet wurde. Die Seitenlänge der Quadratedes Rasters entspricht 250 m.Beobachtungszeitraum: 15.11.92 bis 31.1.94Number of months, <strong>in</strong> which HA 1 were observed<strong>in</strong> various regions of its radius. The length of theside of the squares of the screen corresponds to250 m.Time of observation: 15.11.92 till 31.1.94der Brutzeit ab August folgte, immer wiederauf den von den Hähnen genutztenFlächen auftauchte. Im Gegensatz zumHahnentrupp verließen die Hennen imFrühjahr <strong>und</strong> Herbst 1993 wiederholt dasGroßtrappenschongebiet <strong>und</strong> waren dannim Norden des Aktionsraumes von HE1 zuf<strong>in</strong>den. Mit der beg<strong>in</strong>nenden Brutzeit abMai löste sich der Hennentrupp auf. HE1wurde von Mai bis Juli alle<strong>in</strong> oder mit e<strong>in</strong>eranderen Henne des Jahrganges 1992 anverschiedenen Stellen im Schongebiet gef<strong>und</strong>en.Da sie bereits im März ihren Senderverloren hatte, konnten aufgr<strong>und</strong> derhohen Vegetation <strong>in</strong> diesen Monaten nurwenige Beobachtungen gemacht werden.Die besenderten Tiere des Jahrganges 1992entfernten sich <strong>in</strong> ihrem ersten Lebensjahrnicht weit vom Schongebiet. E<strong>in</strong> anderesDispersionsverhalten zeigten 4 Hähne desJahrganges 1993. Sie wurden bis zum13.6.1994 bis zu 50 km vom Zentrum desSchongebiets entfernt gesichtet (lt.mündlicherMitteilung der Mitarbeiter der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow) (s. Abb. 7).Abb. 7F<strong>und</strong>orte von vier im Jahr 1993 ausgewilderten Hähnen <strong>in</strong> der Zeit vom 1.2.94 bis 13.6.94 unterAngabe der Entfernungen vom Zentrum des Schonungsgebietes Buckow (HA3, HA4, HA5, HA6 –Bezeichnung der Hähne).Places where 4 males (reared <strong>in</strong> 1993) were fo<strong>und</strong> <strong>in</strong> the period from 1.2.94 till 13.6.94 by <strong>in</strong>dicat<strong>in</strong>gthe distances from the centre of the conversation area of Buckow (HA 3, HA 4, HA 5, HA 6 – mark<strong>in</strong>gsof the males).


74 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 8Nutzung derHabitattypen durch dieHähne vom 15.11.92 bis31.1.194(Anzahl der Tiere: n = 9471)Use of the habitat typesby the males from15.11.92 till 31.01.1994(number of animals: n =9 471)Rapsschlägen zu f<strong>in</strong>den. Beim Vergleichder Getreidenutzung fällt der Unterschiedzwischen dem W<strong>in</strong>ter 1992/1993 <strong>und</strong> demW<strong>in</strong>ter 1993/1994 auf. Während der Balzzeitwurden auch andere Habitattypen verstärktgenutzt, da sich mit fortschreitenderVegetationsperiode durch den Aufwuchsdicotyler Pflanzen auf Grünland, Dauerbrachen<strong>und</strong> Grünfutterstreifen das Nahrungsangebotverbesserte. In der 2.Maihälftekonnten die Hähne auch auf Maisschlägenbeobachtet werden. Den Sommerverbrachten sie im Grünland. Sie suchtenaber auch immer wieder e<strong>in</strong>e an dasGrünland angrenzende Dauerbrache auf.Bei den Hennen war e<strong>in</strong>e systematischeAufnahme der Habitattypennutzung nichtmöglich. Erwähnenswert ist, daß die Hennenim Sommer ansche<strong>in</strong>end gezielt arthropodenreicheFlächen aufsuchten. BeiÜberprüfung des Arthropodenangebotsauf zwei von den Hennen an mehrerenaufe<strong>in</strong>anderfolgenden Tagen aufgesuchtenFlächen ergab sich auf der e<strong>in</strong>en Flächee<strong>in</strong>e Biomasse von 15,45 g bzw.22,87g/100 Kescherschläge, auf der zweitenFläche betrug die Arthropodenbiomassezwischen 8,62 g <strong>und</strong> 12,67 g/100 Kescherschläge.Bei beiden Flächen handeltees sich um extensiv bewirtschaftetes Grünland,das bis zur Probennahme im Augustnoch nicht gemäht oder beweidet worden<strong>und</strong> mit entsprechend hoher Vegetationbestanden war. Zum Vergleich wurde aufdem von den Hähnen genutzten Grünlandgekeschert, auf dem die Arthropodenbiomasse2,5 g/100 Kescherschläge nichtüberstieg.4. Diskussion4.1 Anschluß an den WildbestandDas unterschiedliche Verhalten der Jungtierebei der E<strong>in</strong>gliederung <strong>in</strong> den Wildbestand– 1992 die recht enge B<strong>in</strong>dung derJungtiere an den Hahnentrupp <strong>und</strong> 1993der zunächst eher lockere Anschluß derJungtiere an den Wildbestand – könnte mitder Gruppengröße der Jungtrappen zusammenhängen,d.h. die größere Gruppeder Jungtrappen war u.U.1993 alle<strong>in</strong> schonsozial attraktiv genug. In beiden Jahrenschien der Kontakt mit den Hähnen denAnschluß an den Wildbestand eher zu begünstigenals der Kontakt mit den Hennen.Die adulten Hähne verhielten sich gegenüberden Jungtieren auch bei den erstenKontakten neutral. Dagegen zeigten sichverschiedene Hennen gegenüber den jungenTrappen sehr aggressiv. Das neutraleVerhalten der Hähne gegenüber den Jungtierenkönnte 1992 zu dem problemlosenAnschluß der 4 Jungtrappen an den Hahnentruppgeführt haben. Auch 1993 nahmendie Kontakte zwischen den Jungtieren<strong>und</strong> dem Wildbestand <strong>in</strong> Quantität <strong>und</strong>Qualität zu, nachdem die Jungtiere aufden Hahnentrupp gestoßen waren.4.2 RaumnutzungDa sich im W<strong>in</strong>ter <strong>in</strong> der Vergangenheit regelmäßiggrößere Ansammlungen vonGroßtrappen bildeten, liegen für diese Jahreszeitdie meisten Beobachtungen vor.Große Hahnentrupps hatten e<strong>in</strong>en bevorzugtenÄsungsplatz <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en oder mehrereAusweichplätze, die bei Störungenaufgesucht wurden. Kle<strong>in</strong>ere Hahnentruppswaren dagegen weniger standortstreu<strong>und</strong> zeigten e<strong>in</strong>e höhere Mobilität.Dies traf auch allgeme<strong>in</strong> für die Hennenzu, die außerhalb der Brutzeit e<strong>in</strong>e wenigerstarke Ortsb<strong>in</strong>dung zeigten (GEWALT1959, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al.1973).Der Hahnentrupp bestand im W<strong>in</strong>ter1992/93 aus 7 bzw. 8 älteren Hähnen <strong>und</strong>den 4 Jungtrappen (1,3). Obwohl derTrupp relativ kle<strong>in</strong> war, hatte er e<strong>in</strong>en bevorzugtenW<strong>in</strong>teräsungsplatz. Andere Flächenwurden nur selten <strong>und</strong> meist nurtagsüber aufgesucht. Sie befanden sichebenfalls überwiegend <strong>in</strong> Dorfnähe, dadort Ackerflächen mit Raps <strong>und</strong> W<strong>in</strong>tergetreidezu f<strong>in</strong>den waren, auf denen ausreichendNahrung zur Verfügung stand.Die Hähne suchten überwiegend Flächenmit niedriger Vegetation auf. So hielten siesich den ganzen Sommer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tensivdurch Heuwerbung <strong>und</strong> als R<strong>in</strong>derweidegenutzten Grünlandbereich auf. Dabeiwählten sie stets die Wiesen, auf denennach kurz zuvor erfolgter Mahd oder Beweidungnur kurze Vegetation vorhandenwar. Die angrenzenden Getreideäckerwurden erst nach der Ernte genutzt. Hierfürkönnte das Sicherheitsbedürfnis derTrappen verantwortlich se<strong>in</strong>.War der Aufenthaltsort der Hennen auchnur seltener als der der Hähne zu f<strong>in</strong>den,so vermitteln die Beobachtungen, die mitHilfe der besenderten Trappen im Frühjahr,Spätsommer, Herbst <strong>und</strong> W<strong>in</strong>ter 1993 gelangen,doch e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck überdie Nutzung des Raumes. Wie <strong>in</strong> der Literaturbeschrieben (GLUTZ VON BLOTZ-HEIM et al. 1973) streiften sie weiter umher,ohne daß die Präferenz für e<strong>in</strong> bestimmtesGebiet zu erkennen war. Der genaueAufenthaltsort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet wurdeletztlich durch die Lage der Futterflächenbestimmt. In den Aktionsräumenwurden viele potentielle, gut überschaubareFutterflächen nie genutzt. Dies hängtwohl damit zusammen, daß auch die Hennenbevorzugte Plätze haben, die sie traditionellimmer wieder aufsuchen (GEWALT1959, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al.1973).E<strong>in</strong>e Voraussetzung für den Erfolg desSchutzprojektes ist u.a. der Verbleib der


ASTRID EISENBERG: ZUR RAUM- UND HABITATNUTZUNG HANDAUFGEZOGENER GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) 75ausgewilderten bzw. <strong>in</strong> Freiheit aufgewachsenenGroßtrappen im Schongebiet.Nur hier kann <strong>in</strong> Zukunft aufgr<strong>und</strong> dergroßflächigen Extensivierung landwirtschaftlicherNutzflächen mit e<strong>in</strong>er erfolgreichenFortpflanzung freilebender Großtrappengerechnet werden.Für junge Großtrappen sche<strong>in</strong>t die Tendenzzu bestehen, weiter im Gebiet umherzustreifen,im fortpflanzungsfähigenAlter aber wieder <strong>in</strong> die Nähe des Geburtsorteszurückzukehren (ALONSO et al.1989). Die Geburtsortstreue wird auchdurch den Großtrappenbestand desSchongebiets Buckow bestätigt, der sichaus ausgewilderten Tieren bzw. deren <strong>in</strong>Freiheit großgewordenen Nachkommenzusammensetzt. Die Bewegungen der vierHähne des Jahrganges 1993 können somitals Teil des artspezifischen Verhaltens angesehenwerden. Probleme ergeben sicherst, weil sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em praktisch „großtrappenfreien“Gebiet umherstreifen, <strong>in</strong> demsie kaum Möglichkeiten haben, sich anderenArtgenossen anzuschließen <strong>und</strong> somitdie Gefahr steigt, Prädatoren zum Opferzu fallen. Überleben die jungen Trappen <strong>in</strong>den fremden Gebieten, kann von ihrerRückkehr <strong>in</strong>s Schongebiet Buckow ausgegangenwerden.4.3 HabitatnutzungDie Untersuchung zeigt, daß Raps für dieErnährung der ostdeutschen Großtrappenim W<strong>in</strong>ter von großer Bedeutung ist. Dieswurde bereits von GEWALT (1959) <strong>und</strong>GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. (1973)hervorgehoben. Nachdem diese Kultur imFrühjahr stark gewachsen war, wurden dieRapsschläge ab Mitte April von den Hähnennicht mehr aufgesucht. Die vermehrteNutzung anderer Habitattypen ist mit demim Frühjahr verbesserten Angebot dicotylerPflanzen auf den genutzten Flächen zuerklären, die ebenfalls mit fortschreitenderVegetationsperiode aufgr<strong>und</strong> der Höhedes Aufwuchses zunehmend unattraktiverwurden. Mit der ger<strong>in</strong>gen Aufwuchshöhedes Maises läßt sich auch dessen Nutzung<strong>in</strong> der 2.Maihälfte erklären. Die überwiegendeGrünlandnutzung <strong>in</strong> den Sommermonatensteht ebenfalls mit der dortigenVegetationsstruktur <strong>in</strong> Zusammenhang. Eshandelte sich um e<strong>in</strong>en landwirtschaftlich<strong>in</strong>tensiv durch Mahd <strong>und</strong> Beweidung genutztenGrünlandbereich, <strong>in</strong> dem immerFlächen mit kurzer Vegetation vorhandenwaren, auf denen sich der Hahnentruppaufhielt.Beim Vergleich der Nutzung von Raps <strong>und</strong>Getreide im W<strong>in</strong>ter 1992/1993 mit derNutzung im W<strong>in</strong>ter 1993/1994 fällt die imzweiten W<strong>in</strong>ter vermehrte Rapsnutzung<strong>und</strong> ger<strong>in</strong>gere Nutzung von W<strong>in</strong>tergetreideauf. Hier wird deutlich, daß die Lage derHabitattypen zue<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> damit dieMöglichkeit, von e<strong>in</strong>em Habitattyp zumanderen laufend zu gelangen, E<strong>in</strong>fluß aufdie Habitatnutzung durch die Hähne hat.Der im W<strong>in</strong>ter 1993/1994 häufig genutzteRapsschlag befand sich auf e<strong>in</strong>er Fläche,die von den Nachbaräckern durch Weg<strong>und</strong> Hecke abgegrenzt ist. Während dieanderen Habitattypen von dem im vorhergehendenW<strong>in</strong>ter genutzten Rapsschlaglaufend erreicht werden konnten, mußtensie im folgenden W<strong>in</strong>ter fliegend aufgesuchtwerden, was offenbar ihre ger<strong>in</strong>gereNutzung zur Folge hatte.Die Untersuchungen im SchongebietBuckow zeigen, daß die Hennen im Gegensatzzu den Hähnen offenbar <strong>in</strong>sektenreicheFlächen suchen <strong>und</strong> diese dann gezieltregelmäßig zur Nahrungsaufnahmeaufsuchen. Die Flächennutzung der Hähneorientierte sich mehr an e<strong>in</strong>er niedrigenVegetation. GEWALT (1959) beschreibtdie Hähne eher als ganzjährige „Weidegänger“,während sich bei den Hennender Anteil tierischer Nahrung (vor allem Insekten)im Sommer erhöht.Es zeigt sich, daß Dauerbrachen <strong>und</strong> Grünfutterstreifen,deren Bereitstellung nebender Grünlandextensivierung e<strong>in</strong>en wesentlichenBeitrag zum Großtrappenschutz liefernsoll, bei ausreichendem Nahrungsangebot<strong>und</strong> günstiger Struktur gut genutztwerden.5. ZusammenfassungBeim Anschluß der ausgewildertenGroßtrappen an die Wildherde konntenUnterschiede <strong>in</strong> Abhängigkeit von derGröße der Auswilderungsgruppe festgestelltwerden. Der Zusammenhalt e<strong>in</strong>ergrößeren Auswilderungsgruppe ist auchMonate nach der Freilassung noch stärkerals die B<strong>in</strong>dung an die wilden Trupps.Der Aktionsraum e<strong>in</strong>er 1992 ausgewildertenHenne betrug von Mitte November1992 bis Ende Januar 1994 6 202 ha, derdes besenderten Hahnes 11 973 ha. Da diebesenderten Großtrappen sich <strong>in</strong> der Regelälteren Großtrappen angeschlossen hatten,wird damit auch der Aktionsraum desWildbestandes erfaßt. Dieser geht über dieGrenzen des Schongebiets Buckow h<strong>in</strong>aus.Bei der Habitatwahl ergab sich für die Hähneim Herbst <strong>und</strong> W<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>e überwiegendeNutzung von Raps, während derBalzzeit wurden auch andere Habitattypenvermehrt aufgesucht. Den Sommer überhielten sie sich meist im Grünland auf,nutzten aber auch nach deren Ernte bzw.Mahd die angrenzenden Äcker bzw. e<strong>in</strong>eDauerbrache.Die Habitatwahl der Hennen war im Spätsommer1993 durch das Aufsuchen arthropodenreicherFlächen gekennzeichnet.SummaryThe young released Great Bustards reared<strong>in</strong> the Nature Conservation Centre ofBuckow showed differences <strong>in</strong> jo<strong>in</strong><strong>in</strong>g thewild flock <strong>in</strong> dependence on the size oftheir own group. Even months after theywere set free they rather tended to build aflock of their own than to jo<strong>in</strong> the wildflock.Home range size of a hen released <strong>in</strong> 1992was 6.202 ha from November 1992 to January1994, the one of a radiotagged malewas 11.973 ha. Because the radiotaggedGreat Bustards had usually jo<strong>in</strong>ed a wildflock the home range size of all Great Bustardsliv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> the area of Buckow was alsomonitored. They often leaved the conservationarea of Buckow.The males were mostly fo<strong>und</strong> on rape <strong>in</strong>autumn and w<strong>in</strong>ter, dur<strong>in</strong>g the mat<strong>in</strong>g seasonthey often used other habitat types aswell. They lived <strong>in</strong> meadows <strong>in</strong> summer,but after the fields were reaped and thefallows were cut, they also could be fo<strong>und</strong>there.In summer 1993 the females used areaswith many arthropdes.LiteraturALONSO, J.C. u. ALONSO, J.A. (Hrsg.) 1990: Parametrosdemograficos, Seleccion de Habitat y Distribucionde la Avutarda (Otis tarda) en tres Regionesespanolas. M<strong>in</strong>isterio de Agricultura Pesca y Alimentacion.-IconaDORNBUSCH, M. 1987: Zur Dispersion der Großtrappe(Otis tarda). -Ber. Vogelwarte Hiddensee 8: 49-54GEWALT, W. 1959: Die Großtrappe. Die Neue BrehmBücherei 223. A.Ziemsen Verlag Wittenberg Lutherstadt.-121 S.GLUTZ VON BLOTZHEIM, U.N.; BAUER, K.M. u. BEZ-ZEL, E. 1973: Handbuch der Vögel Mitteleuropas Bd.5. Akad.Verlagsges.Frankfurt. -Frankfurt am Ma<strong>in</strong>. -699 S.HEINROTH, O. u. HEINROTH, M. (1968): Die VögelMitteleuropas, Bd. 3. -Frankfurt am Ma<strong>in</strong>. -LITZBARSKI, B. u. LITZBARSKI, H. 1993: Zur künstlichenAufzucht <strong>und</strong> Auswilderung sowie Nachzuchtvon Großtrappen (Otis tarda) <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow. -Bongo 21: 65-82Verfasser<strong>in</strong>Astrid EisenbergNeues Ende 6D-14715Garlitz


76 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 76-79BIRGIT BLOCKWiederf<strong>und</strong>e von <strong>in</strong> Buckow ausgewildertenGroßtrappen (Otis t. tarda L., 1758)R<strong>in</strong>gf<strong>und</strong>mitteilung 6/1995 der Vogelwarte Hiddensee1. E<strong>in</strong>leitungEtwa 50 km westlich von Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> 12 kmöstlich der Kreisstadt Rathenow, imGroßen Havelländischen Luch, wurde1978 die <strong>Naturschutz</strong>station Buckow gegründet.Ihre Hauptaufgabe war <strong>und</strong> istder Großtrappenschutz.Seit 1979 nimmt die Station Großtrappeneieraus gestörten Gelegen auf. Sie werdenkünstlich erbrütet, die Küken von Handaufgezogen <strong>und</strong> im Alter von m<strong>in</strong>destens8 Wochen ausgewildert. Bisher erfolgte dieAuswilderung nur im GroßtrappenschongebietBuckow, etwa 3 km östlich der Station.Der Auswilderungsplatz liegt <strong>in</strong> derKernzone des Schongebietes, <strong>in</strong> größtmöglicherEntfernung von den umliegendenDörfern, im Lebensraum der wildlebendenGroßtrappenherde.Nachfolgend wird untersucht, wie sich diehier aufgezogenen Großtrappen nach ihrerEntlassung <strong>in</strong>s Freiland verhalten, <strong>in</strong>sbesondereh<strong>in</strong>sichtlich ihres Auftretensaußerhalb des Schongebietes.2. Material <strong>und</strong> MethodeVon 1979 bis 1994 haben die Mitarbeiterder <strong>Naturschutz</strong>station Buckow <strong>in</strong>sgesamt255 Großtrappen (137 Hähne <strong>und</strong> 118Hennen) ausgewildert. Von 22 Hähnen(16 %) <strong>und</strong> 23 Hennen (19,5 %) existierenNachweise außerhalb des Schongebietes.In die Auswertung e<strong>in</strong>bezogen s<strong>in</strong>dnur die Tiere, deren Alter <strong>und</strong> Geschlechtaufgr<strong>und</strong> der Ber<strong>in</strong>gung bzw. der Markierungdurch Flügelmarken bekannt ist. Eswurde jeder F<strong>und</strong>ort nur e<strong>in</strong>mal je Trappeberücksichtigt, auch wenn sie über e<strong>in</strong>enlängeren Zeitraum oder mit Unterbrechungam selben Ort festgestellt wurde.Ebenso wurde bei Tieren, die irgendwozeitweilig <strong>in</strong> Gefangenschaft gehalten <strong>und</strong><strong>in</strong> der Nähe davon wieder freigelassenwurden, nur der eigentliche F<strong>und</strong>ort gewertet.Auswertbar s<strong>in</strong>d damit 38 Wiederf<strong>und</strong>e(WF) von Hähnen <strong>und</strong> 38 WF vonHennen.Aufgr<strong>und</strong> des jahreszeitlichen Verhaltensder Trappen seien hier als Sommer die MonateMärz bis Oktober <strong>und</strong> als W<strong>in</strong>ter dieMonate November bis Februar gerechnet.In der Diskussion fanden außerdem R<strong>in</strong>gwiederf<strong>und</strong>evon <strong>in</strong> der Biologischen StationSteckby (1973 bis 1978) aufgezogenenGroßtrappen Berücksichtigung. Dieses Datenmaterialstellte die Vogelwarte Hiddenseezur Verfügung.3. ErgebnisseBei der Auswertung der Wiederf<strong>und</strong>datenzeigen sich trotz des relativ ger<strong>in</strong>gen Stichprobenumfangese<strong>in</strong>ige sehr <strong>in</strong>teressanteTrends, auf die im folgenden unter verschiedenenGesichtspunkten näher e<strong>in</strong>gegangenwird.Abb. 1Wiederf<strong>und</strong>e vonGroßtrappen imSommer (März –Oktober), n = 45,(ausgewildert durchdie<strong>Naturschutz</strong>stationBuckow 1979 – 1995)Reappearances ofGreat Bustards <strong>in</strong>summer (March-October, n = 45)(released by theNature ConservationCentre of Buckow1979 – 1995)3.1 Jahreszeitliche Verteilung derWiederf<strong>und</strong>eE<strong>in</strong>e Unterteilung erfolgt <strong>in</strong> Sommer mit 44Wiederf<strong>und</strong>en (WF) <strong>und</strong> W<strong>in</strong>ter mit 32WF. Es zeigen sich deutliche Unterschiedesowohl h<strong>in</strong>sichtlich der Richtung als auchder Entfernung der WF.Die WF im Sommer (Abb. 1) liegenhauptsächlich <strong>in</strong> südöstlicher, nordöstlicher<strong>und</strong> nördlicher Richtung vom Auswilderungsort.Die mittleren Entfernungen <strong>in</strong>diesen Quadranten s<strong>in</strong>d relativ ausgeglichen<strong>und</strong> liegen zwischen 46 km (SW <strong>und</strong>NW) <strong>und</strong> 69 km (NE), im Südwesten nurbei 25,5 km.Dagegen ist im W<strong>in</strong>ter (Abb. 2) e<strong>in</strong>e starkeOrientierung der ziehenden Vögel <strong>in</strong>südwestlicher Richtung (27 von 32 WF) zuverzeichnen. Nur 3 WF liegen <strong>in</strong> süd- <strong>und</strong>2 <strong>in</strong> nordöstlicher Richtung. Bei den letztgenanntenF<strong>und</strong>en beträgt die Entfernung23,5 bzw. 24 km, dagegen bei den WF <strong>in</strong>südwestlicher Richtung im Mittel 99,7 km.Insgesamt s<strong>in</strong>d die mittleren Entfernungenvom Auswilderungsort im Sommer mit50,4 km deutlich ger<strong>in</strong>ger als im W<strong>in</strong>termit 87,5 km.3.2 Wiederf<strong>und</strong>e von Jungtierenbis Ende des ersten W<strong>in</strong>tersNoch auffälliger ist die Ausprägung dersüdwestlichen Richtung bei den Jungtierenim ersten W<strong>in</strong>ter (Abb. 3). Dies trifft für 23von 25 WF zu. Die Nachweise stammenaus den W<strong>in</strong>tern mit W<strong>in</strong>terflucht:1980/81; 1981/82; 1984/85 <strong>und</strong>1986/87. Nur je 1 WF liegt <strong>in</strong> südöstlicher(20 km) <strong>und</strong> nordöstlicher Richtung (17km). Die mittlere Entfernung beträgt 94,4km.


BIRGIT BLOCK: WIEDERFUNDE VON IN BUCKOW AUSGEWILDERTEN GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) 77Abb. 2Wiederf<strong>und</strong>e von Großtrappen im W<strong>in</strong>ter (November – Februar), n = 31,(ausgewildert durch die <strong>Naturschutz</strong>station Buckow 1979 – 1994)Reappearances of Great Bustards <strong>in</strong> w<strong>in</strong>ter (November-February) n = 31(released by the Nature Conservation Centre of Buckow 1979 – 1994)Abb. 3Wiederf<strong>und</strong>e von Jungtrappen im ersten W<strong>in</strong>ter, n = 25,(ausgewildert durch die <strong>Naturschutz</strong>station Buckow 1979 – 1995)Reappearances of young Bustards <strong>in</strong> the first w<strong>in</strong>ter, n = 25(released by the Nature Conservation Centre of Buckow 1979 – 1995)Abb. 4Wiederf<strong>und</strong>e von Großtrappenhennen von Januar bis Dezember, n = 38,(ausgewildert durch die <strong>Naturschutz</strong>station Buckow, Auswertungszeitraum1979 – Oktober 1995)Reappearances of Great Bustard hens from January to December, n = 38(released by the Nature Conservation Centre of Buckow, period of analysis:1979 – October 1995)Abb. 5Wiederf<strong>und</strong>e von Großtrappenhähnen von Januar bis Dezember, n = 38,(ausgewildert durch die <strong>Naturschutz</strong>station Buckow, Auswertungszeitraum1979 – Oktober 1995)Reappearances of male Great Bustards from January to December, n = 38(released by the Nature Conservation Centre of Buckow, period of analysis:1979 – October 1995)3.3 Verteilung der Wiederf<strong>und</strong>enach GeschlechternBei e<strong>in</strong>er Betrachtung der WF, nach Geschlechterngetrennt, zeigt sich bei denHennen (Abb. 4) mit <strong>in</strong>sgesamt 38 Nachweisene<strong>in</strong> deutlicher Schwerpunkt der WF<strong>in</strong> südwestlicher (20) <strong>und</strong> südöstlicherRichtung (10 WF). Die größte mittlere Entfernungim Bezug auf die Quadranten istmit 98 bzw. 49 km ebenfalls <strong>in</strong> RichtungSW bzw. SE zu verzeichnen.Die Hähne (Abb. 5) mit 38 F<strong>und</strong>en zeigendagegen e<strong>in</strong>e deutlich ausgewogenereVerteilung <strong>in</strong> alle Richtungen <strong>und</strong> auch <strong>in</strong>mittleren Entfernungen (49 bis 79 km).Vernachlässigt man die vor allem bei Hennenzu verzeichnenden großen Entfernun-


78 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996HahnHennegen während der W<strong>in</strong>terfluchten, so istfestzustellen, daß sich die Hähne <strong>in</strong> der Regeldeutlich weiter vom Auswilderungsortentfernen als die Hennen.3.4 Geschlechtsreife Tiere <strong>in</strong> derFortpflanzungszeitWeniger aussagefähig aufgr<strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>genAnzahl s<strong>in</strong>d Nachweise von geschlechtsreifenTieren <strong>in</strong> der Fortpflanzungszeit(Abb.6). Ke<strong>in</strong>er dieser F<strong>und</strong>e istweiter als 50 km vom Auswilderungsortentfernt. Von den <strong>in</strong>sgesamt nur 5 Nachweisens<strong>in</strong>d 4 Hennen <strong>und</strong> 1 Hahn betroffen.Alle liegen <strong>in</strong> zum<strong>in</strong>dest ehemals vonGroßtrappen besiedelten Gebieten, dieheute z.T. verwaist s<strong>in</strong>d. An dem im Nordenvom Auswilderungsort gelegenenF<strong>und</strong>ort bei Segeletz im ehemaligen KreisKyritz wurde Anfang Juni 1989 e<strong>in</strong>e Hennemit e<strong>in</strong>em wenige Tage alten Küken beobachtet,das allerd<strong>in</strong>gs später nicht mehrgesehen wurde.4. DiskussionAbb. 6Wiederf<strong>und</strong>efortpflanzungsfähigerGroßtrappen <strong>in</strong> derBrut- <strong>und</strong> Balzzeitn = 5,(ausgewildert durch die<strong>Naturschutz</strong>stationBuckow, 1979 – 1995)Reappearances ofrepoductive GreatBustards dur<strong>in</strong>g thebreed<strong>in</strong>g and mat<strong>in</strong>gperiod n = 5 (releasedby the NatureConservation Centre ofBuckow 1979 – 1995)Die Großtrappe tritt nach GEWALT (1959)je nach der geographischen Lage ihrerBrutheimat als Stand-, Strich- oder Zugvogelauf. Das bedeutet, daß sie <strong>in</strong> den südlichen<strong>und</strong> westlichen Gebieten stets <strong>in</strong> derNähe der Nistgebiete verbleibt, <strong>in</strong> dennördlichen <strong>und</strong> östlichen Gebieten entfernteW<strong>in</strong>terquartiere aufsucht <strong>und</strong> <strong>in</strong> denZwischengebieten unregelmäßig umherstreift.In Deutschland f<strong>in</strong>den danach imallgeme<strong>in</strong>en nur unbedeutende Wanderbewegungenstatt, wenn auch vere<strong>in</strong>zelterZug nach Frankreich, Belgien, Holland, Italien<strong>und</strong> Ungarn festgestellt werden konnte.Von den <strong>in</strong> Buckow ausgewildertenGroßtrappen liegen bisher ke<strong>in</strong>e Nachweiseaus den genannten Ländern vor. Andersist die Situation der von 1973 bis 1978 <strong>in</strong>der Biologischen Station Steckby (Sachsen-Anhalt) aufgezogenen <strong>und</strong> ausgewildertenTrappen. So wurden nach Unterlagender Vogelwarte Hiddensee 9 Hennen (ke<strong>in</strong>Hahn) <strong>in</strong> den Niederlanden, <strong>in</strong> Belgien <strong>und</strong><strong>in</strong> Frankreich wiedergef<strong>und</strong>en. Es liegen<strong>in</strong>sgesamt 30 WF aus dem Ausland vor: 27aus den Niederlanden, 2 aus Belgien <strong>und</strong> 1aus Frankreich. Die weiteste Entfernungzum Auswilderungsort beträgt hier 641km WSW, bei weiteren 4 WF mehr als 500km. Diese 30 Auslandsf<strong>und</strong>e dürften ausnahmslosauf W<strong>in</strong>terfluchten <strong>in</strong> den Jahren1978/79; 1979/80; 1980/81; 1981/82<strong>und</strong> 1984/85 zurückzuführen se<strong>in</strong>, 12 alle<strong>in</strong>aus dem W<strong>in</strong>ter 1978/79. E<strong>in</strong>e ausführlicheDarstellung des E<strong>in</strong>fluges derGroßtrappen nach Westeuropa im W<strong>in</strong>ter1978/79 gibt HUMMEL (1983). Danachwaren etwa 400 Vögel beteiligt, die alleder <strong>in</strong> der DDR <strong>und</strong> Polen beheimatetenPopulation angehörten <strong>und</strong> diehauptsächlich <strong>in</strong> Nordwestdeutschland<strong>und</strong> <strong>in</strong> den Niederlanden, e<strong>in</strong>zelne Tiereauch <strong>in</strong> England, Belgien <strong>und</strong> Frankreichbeobachtet wurden.Im W<strong>in</strong>ter 1986/87 wurden <strong>in</strong> Westeuropa<strong>in</strong>sgesamt 117 Großtrappen erfaßt(HUMMEL 1990). Es wird darauf verwiesen,daß während dieser E<strong>in</strong>flüge viele ber<strong>in</strong>gte<strong>und</strong> markierte Großtrappen festgestelltwurden, die aus dem Aufzucht- <strong>und</strong>Freilassungsprogramm der BiologischenStation Steckby stammten <strong>und</strong> sehr zahmwaren.Auch bei früheren E<strong>in</strong>flügen nach Westeuropa,so z.B. im W<strong>in</strong>ter 1969/70 (HUM-MEL 1971) wird davon ausgegangen, daßdiese Vögel aus den Brutgebieten der DDRstammen. Die Beobachtungen zur Rückkehr<strong>in</strong> die Brutgebiete, z.B. um Zerbst,stimmen danach gut mit den Beobachtungenzum Wegzug aus Westeuropa übere<strong>in</strong>.Zum damaligen Zeitpunkt gab esnoch ke<strong>in</strong> Aufzucht- <strong>und</strong> Auswilderungsprogramm.Nach DORNBUSCH (1987) wandern dieHennen <strong>in</strong> der Regel weiter als die Hähne.Dies deckt sich mit den aus der VogelwarteHiddensee vorliegenden Wiederf<strong>und</strong>daten<strong>und</strong> trifft sowohl für die Trappen ausSteckby als auch für die aus Buckow zu.DORNBUSCH (1987) führt ebenfalls an,daß die Dismigration im Brutareal bei Hähnengrößer ist als bei Hennen <strong>und</strong> nur <strong>in</strong>seltenen Fällen über 60 km h<strong>in</strong>ausgeht.Letzteres trifft bei den BuckowerGroßtrappen nicht <strong>in</strong> dem Maße zu, wie<strong>in</strong>sbesondere die WF von Hähnen zeigen.Zutreffend für die Buckower Trappen istaber, daß die Hähne im Brutareal deutlichweiter umherstreifen als die Hennen.Gründe für das Umherstreifen bis h<strong>in</strong> zumausgeprägten Zugverhalten gibt es sicherverschiedene. So können früh e<strong>in</strong>setzende,schneereiche W<strong>in</strong>ter den Wegzug e<strong>in</strong>esTeils des Bestandes <strong>in</strong> westliche <strong>und</strong> südwestlicheRichtung auslösen. Nach KLAFS(1987) kann <strong>in</strong> dieser nicht regelmäßigauftretenden Verhaltensweise das Relikte<strong>in</strong>es genetisch fixierten Wandertriebesgesehen werden, der späteiszeitlich angelegtwurde <strong>und</strong> später se<strong>in</strong>e Bedeutung <strong>in</strong>dem Maße verlor, wie mildere W<strong>in</strong>ter <strong>und</strong>geeignete Ackerkulturen e<strong>in</strong>e risikoarmeÜberw<strong>in</strong>terung ermöglichten. E<strong>in</strong>emstrengen W<strong>in</strong>ter mit ausgeprägter W<strong>in</strong>terflucht(wie 1978/79) folgten gewöhnlichnoch e<strong>in</strong> bis zwei W<strong>in</strong>ter mit nachlassenderZugaktivität. Der Wegzug aus dem Brutgebietist <strong>in</strong> jedem Fall mit Gefahren für dieTiere (Leitungsanflüge, Fehlen geeigneterNahrungsflächen, Erschöpfung, Fehlabschüsseu.a.) sowie mit erheblichen Bestandse<strong>in</strong>bußenverb<strong>und</strong>en.Das Umherstreifen im Brutareal betrifftvorwiegend Jungtiere bzw. noch nichtfortpflanzungsfähige Trappen. NachDORNBUSCH (1987) wird damit die erforderlicheKommunikation zwischen den Bestandsgruppengewährleistet. Ber<strong>in</strong>gteGroßtrappen werden gelegentlich <strong>in</strong> anderenE<strong>in</strong>standsgebieten nachgewiesen, wasdiese Aussage unterstützt. Damit ist dieAnzahl der Tiere aber mit Sicherheit


BIRGIT BLOCK: WIEDERFUNDE VON IN BUCKOW AUSGEWILDERTEN GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) 79größer, da die Feststellung e<strong>in</strong>es R<strong>in</strong>gesbzw. die Ablesung oft nicht möglich ist <strong>und</strong>nicht alle Tiere ber<strong>in</strong>gt s<strong>in</strong>d. Andererseitsspielt bei den ausgewilderten Trappen dieGewöhnung an den Menschen <strong>und</strong> dessenUmfeld, wie Gärten, Dorfränder, Gewächshäusero.ä., e<strong>in</strong>e Rolle. Wenn e<strong>in</strong>zelneTiere die Gruppe verlieren, streifen siehäufig umher, verlassen gelegentlich auchdas Gebiet <strong>und</strong> suchen dann auch <strong>in</strong> anderenGegenden mitunter derartige Stellenauf.Die ausgeprägte Westrichtung der W<strong>in</strong>terflucht<strong>und</strong> das weitgehende Fehlen e<strong>in</strong>er(ungerichteten) Jugenddispersion übergroße Entfernungen s<strong>in</strong>d nach KLAFS(1987) die Ursachen für die geographischeIsolierung der Population im nördlichenMitteleuropa.5. ZusammenfassungUntersucht werden die Wiederf<strong>und</strong>e von<strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>station Buckow aufgezogenen<strong>und</strong> ausgewilderten Großtrappenaußerhalb des Schongebietes. Dabei zeigensich deutliche Unterschiede zwischenden Geschlechtern sowie zwischen Sommer<strong>und</strong> W<strong>in</strong>ter. Hähne entfernen sich <strong>in</strong>der Regel <strong>in</strong> allen Richtungen weiter vomAuswilderungsort als die Hennen. Im W<strong>in</strong>terzeigt sich e<strong>in</strong>e starke Ausrichtung derWF <strong>in</strong> westlicher <strong>und</strong> südwestlicher Richtung(W<strong>in</strong>terflucht). Dagegen liegen dieWF im Sommer durch das Umherstreifenvon Jungtieren schwerpunktmäßig <strong>in</strong>südöstlicher, nordöstlicher <strong>und</strong> nördlicherRichtung vom Auswilderungsort. WF vonGroßtrappen, die <strong>in</strong> der Biologischen StationSteckby bis 1978 aufgezogen <strong>und</strong> ausgewildertwurden, belegen anhand von 9Tieren (30 WF) W<strong>in</strong>terfluchten bis <strong>in</strong> dieNiederlande, nach Belgien <strong>und</strong> Frankreich.SummaryThe appearance of raised and releasedGreat Bustards from the Nature ConservationCentre of Buckow out of the ConservationArea is described <strong>in</strong> this article.There are clear differences between the sexesand seasons (summer and w<strong>in</strong>ter).Cocks regularly leave the releas<strong>in</strong>g placefurther away <strong>in</strong> all directions. The west andsouth-western areas are preferred <strong>in</strong> w<strong>in</strong>ter(w<strong>in</strong>ter flight). To the contrary, theyoung birds could be essentially observed<strong>in</strong> south-eastern, north-eastern and northerndirections. Reappearances of GreatBustards, raised and released <strong>in</strong> the BiologicalCentre of Steckby until 1978, show aw<strong>in</strong>ter flight to the Netherlands, Belgiumand France. This data could be proved for9 birds (30 reappeared).LiteraturDORNBUSCH, M. 1987: Zur Dispersion der Großtrappe(Otis tarda). -Ber. Vogelwarte Hiddensee 8: 49-54GEWALT, W. 1959: Die Großtrappe (Otis tarda L.).Die Neue Brehm-Bücherei 223. A. Ziemsen Verlag. -Wittenberg Lutherstadt: 101-106HUMMEL, D. 1983: Der E<strong>in</strong>flug der Großtrappe (Otistarda) nach West-Europa im W<strong>in</strong>ter 1978/79. -Die Vogelwelt104: 41-53, 81-95HUMMEL, D. 1990: Der E<strong>in</strong>flug der Großtrappe Otistarda nach West-Europa im W<strong>in</strong>ter 1986/87. -Limicola4: 1-21HUMMEL, D. u. BERNDT, R. 1971: Der E<strong>in</strong>flug derGroßtrappe (Otis tarda L.) nach West-Europa im W<strong>in</strong>ter1969/70. -J.Orn. 112: 138-157KLAFS, G. 1987: Großtrappe Otis tarda L. In: STUBBE,H. 1987: Buch der Hege Bd.2 Federwild. -VEB DeutscherLandwirtschaftsverlag Berl<strong>in</strong>: 204-213VOGELWARTE HIDDENSEE 1995: Auszug Datenarchiv– Ber<strong>in</strong>gungs- <strong>und</strong> Wiederf<strong>und</strong>e Großtrappe. -unveröff.Verfasser<strong>in</strong>Birgit BlockLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station BuckowDorfstraße 34D-14715 BuckowArbeitstreffen „Uhu <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>“ <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>stationWoblitz des Landesumweltamtes <strong>Brandenburg</strong>Am 19. <strong>und</strong> 20.1.1996 fand <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>stationWoblitz e<strong>in</strong> Erfahrungsaustauschüber den Uhu im Land <strong>Brandenburg</strong>statt. Es trafen sich Uhu-Experten<strong>und</strong> Interessierte aus verschiedenen B<strong>und</strong>esländern,Beteiligte am schleswig-holste<strong>in</strong>ischenWiederansiedlungsprojekt <strong>und</strong>Ornithologen <strong>Brandenburg</strong>s <strong>und</strong> Mecklenburg-Vorpommerns.Ziel war die Zusammenführungvon Spezialisten <strong>und</strong> Laien,um im Land zu e<strong>in</strong>er Bestimmung derSituation des Uhus zu kommen <strong>und</strong> darausSchlußfolgerungen für die Erforschung<strong>und</strong> den Schutz der Art abzuleiten.Experten vermittelten Informationen zurBiologie des Uhus sowie zu Bestandssituation<strong>und</strong> Gefährdungsursachen <strong>in</strong> verschiedenenRegionen. E<strong>in</strong> Vortrag über dasWiederansiedlungsprojekt <strong>in</strong> Schleswig-Holste<strong>in</strong> regte die Diskussion zum Verhältnisdes Uhus zu anderen schützenswertenoder jagdbaren Arten an. E<strong>in</strong> anderer Beitragwidmete sich der gegenwärtigen Situation<strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> anhand bekanntgewordenerDaten. Von besonderer praktischerBedeutung für die Teilnehmer ausdem norddeutschen Flachland war dieanschließende Diskussion zu Methodendes Nachweises von Uhu-Ansiedlungen<strong>und</strong> zu Möglichkeiten des Schutzes.Die Beobachtungen der letzten Jahre belegene<strong>in</strong> regelmäßiges Vorkommen desUhus <strong>in</strong> verschiedenen Gebieten <strong>Brandenburg</strong>s.Seit 1990 gibt es mehr Nachweiseals <strong>in</strong> den 90 Jahren zuvor. Erfolgreiche Reproduktionkonnte bisher nur an e<strong>in</strong>emPlatz über drei Jahre h<strong>in</strong>weg nachgewiesenwerden; zwei Eiablagen an anderenOrten waren wohl e<strong>in</strong>zelnen Weibchenzuzuschreiben (e<strong>in</strong> weiterer aktueller Brutplatzwar zur Zeit des Treffens noch nichtbekannt). Brutverdacht wird aus mehrerenGebieten, vor allem aus dem Südwestendes Landes, gemeldet. Auswilderungenzur Förderung des Uhus wurden für <strong>Brandenburg</strong>als nicht notwendig angesehen,da es aus verschiedenen Richtungen e<strong>in</strong>eAusbreitungstendenz auf das Land zu gibt,deren sorgfältige Dokumentation wichtigerist als die künstliche Beschleunigung.Die Unterstützung bekannter Vorkommendurch Brutplatzsicherung <strong>und</strong> Gebietsberuhigungist h<strong>in</strong>gegen als günstig anzusehen.Da auch bei traditionellen Uhu-Vorkommenzunehmend Nahrungsmangele<strong>in</strong>e Rolle spielt, kommen alle Maßnahmen,die zu e<strong>in</strong>er Bereicherung <strong>und</strong> Belebungder Landschaft führen, auch demUhu zugute. Die Fortsetzung der überregionalenKontakte zwischen den Uhu-Fre<strong>und</strong>en wird angestrebt, die Gründunge<strong>in</strong>er Interessengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> der Zukunftwurde <strong>in</strong> Erwägung gezogen. E<strong>in</strong>edetaillierte Darstellung der Situation desUhus <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> ist <strong>in</strong> Vorbereitung.Hierzu ist die Unterstützung durch Übermittlungbisher nicht gemeldeter Nachweise<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e genauere Beschreibung derteils nur stichpunktartig gemeldeten Beobachtungenwünschenswert.Dr. Torsten LanggemachLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station Woblitz16798 Himmelpfort


80 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 80-83JAVIER A. ALONSO, ENRIQUE MARTÍN, JUAN C. ALONSO, MANUEL MORALESVergleichende Analyse der Markierungsmethoden für juvenileGroßtrappen (Otis t. tarda L., 1758) im Feld1. E<strong>in</strong>leitungDie Suche nach e<strong>in</strong>er Erklärung für abweichendePopulationsdaten haben <strong>in</strong> jüngsterZeit vermehrt zu Untersuchungen geführt,die auf der Erkennung von E<strong>in</strong>zeltierenaufbauen. Individuelle Markierung<strong>und</strong> Telemetrie s<strong>in</strong>d dabei übliche Verfahrensweisenfür Untersuchungen von Wildtieren<strong>in</strong> ihren Lebensräumen (vgl. Rezensionen<strong>in</strong> BUB 1991; BUB, OELKE 1985;KENWARD 1980). Bei Feldversuchen erlaubendiese Verfahren im H<strong>in</strong>blick auf bestimmtebiologische Fragestellungen imZusammenhang mit Wildtieren die Beschäftigungmit Problemen, die bislangnicht aufgeklärt werden konnten. Obwohldieses „Radiotrack<strong>in</strong>g“ den Forschungsspielraumder Tierökologen erweitert hat,dürfen auch die Grenzen solcher Verfahrennicht unberücksichtigt bleiben. Sie s<strong>in</strong>d sowohltechnischer Art als auch auf Schwierigkeitenbeim Fang von Wildtierenzurückzuführen.Im nachfolgenden Artikel stellen die Verfasserdie Ergebnisse von Flügelmarkierungen<strong>und</strong> Besenderung von juvenilenGroßtrappen vor <strong>und</strong> erörtern Vor- <strong>und</strong>Nachteile unterschiedlicher Senderbefestigungen,vor allem im H<strong>in</strong>blick auf den späterenSignalempfang <strong>und</strong> Untersuchungenzu Großtrappen. Wegen des ausgeprägtenGeschlechtsdimorphismus <strong>und</strong> den sichdaraus ergebenden Unterschieden derFußwurzelmaße bei adulten Hähnen <strong>und</strong>Hennen blieb die konventionelle Ber<strong>in</strong>gungunberücksichtigt.2. MethodenJuvenile Großtrappen wurden im Alterzwischen 25 <strong>und</strong> 70 Tagen mit e<strong>in</strong>emdurchschnittlichen Gewicht von 1 950 ggefangen (die jeweiligen Durchschnittsgewichtevon Hähnen <strong>und</strong> Hennen betrugen2 400 <strong>und</strong> 1 590 g). Tiere mit e<strong>in</strong>em Gewichtunter 1 300 g wurden ohne Markierungenwieder freigelassen.2.1 FlügelmarkenAls Flügelmarken werden feste Kunststoffplättchenunterschiedlicher Farbe benutzt(Gravoply; Farben: blau, gelb, rot, grün,weiß, schwarz) (Abb. 1). Diese s<strong>in</strong>d mit unterschiedlichenSymbolen versehen <strong>und</strong>ermöglichen so das <strong>in</strong>dividuelle Wiedererkennen(ENA et al. 1985; HELLMICH1991). E<strong>in</strong>e solche Marke mißt 65 x 65mm. Sie hat e<strong>in</strong>e Bohrung im Oberteil,durch die sie mit e<strong>in</strong>er Niete an der Spannhautzwischen Ober- <strong>und</strong> Unterarm (Patagium)befestigt werden kann, wie sie sonstfür die der Markierung von Schafen verwendetwird. Durch Erwärmung läßt sichdieses Oberteil leicht verformen <strong>und</strong> an dieFlügelgeometrie anpassen. Plättchen <strong>und</strong>Niete wiegen zusammen 12 g.2.2 BesenderungFür die hier beschriebenen Untersuchungenwurden Geräte der Marken Telonics<strong>und</strong> Biotrack verwendet, deren Gewicht1,5 bis 4 % des Körpergewichts derGroßtrappen beträgt (vgl. Tab. 1). Da derGeschlechtsdimorphismus bei der Großtrappezu frühzeitigen Unterschieden imKörperbau führt (ALONSO et al. 1996),wurden an Hähnen <strong>und</strong> Hennen unterschiedlicheBefestigungen für Sender erprobt<strong>und</strong> dabei spezifische Vor- <strong>und</strong>Nachteile ermittelt (Abb. 2).2.2.1 Befestigung am PatagiumDie Sender wurden auf die Flügelmarkenaufgeleimt <strong>und</strong> letztere danach auf die üblicheWeise an der Flügelspannhaut befestigt.E<strong>in</strong>e solche Methode begrenztAbb. 1Die Kennzeichnung derGroßtrappen mitFlügelmarken ergibt fürdie Träger ke<strong>in</strong>eerkennbarenBee<strong>in</strong>trächtungen,erlaubt aber e<strong>in</strong>e sehrdetaillierte, für denSchutz der Art wichtigeDatensammlungenüber ihre Biologie <strong>und</strong>räumliche Verteilung(Gehegeaufnahme,<strong>Naturschutz</strong>stationBuckow, Deutschland)Foto: H. LitzbarskiThe mark<strong>in</strong>g of theGreat Bustards doesnot lead to visibledisturbances of thecarriers, but it allows avery detailed collectionof data on theirbiology and theirspatial distribution thatis necessary for theprotection of thespecies (Photo of thereserve, NatureConservation Centre ofBuckow, Germany)


JAVIER A. ALONSO ET AL.: VERGLEICHENDE ANALYSE DER MARKIERUNGSMETHODEN FÜR JUVENILE GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) IM FELD 81Tabelle 1: Haupteigenschaften der verwendeten SenderHalterung Modell Impulse Antennen- Gewicht Batterien Größe SendeproM<strong>in</strong>ute länge (cm) (g) (Monate) (mm) bereich (km)Patagium Telonics (CHP-4P) 55 25 18 19(?) 48x15x15 1-2Biotrack (TW2) 30-35 25 24 8-12 (?) 45x15x15 2-3Flügelband Biotrack 30-35 30 41 18-24 (24) 40x35x15 2-330-35 30 35 12-18(?) 40x25x15 2-3Poncho Telonics 40-50 30 47-53 16(20) 41x24x20 2-3Telonics 50 30 80-85 22(24) 44x33x19 2-2,5225 30 80-85 22(24) 44x33x19 2-2,5Biotrack (TW3) 35-40 30 42 42-48(?) 44x29x16 (?)35-40 30 30 30-42(?) 38x29x16 (?)Rucksacksender Biotrack (TW2) 30-35 30 60 34-36(2) 62x32x18 3-3,5Biotrack 30-35 30 60 36-48 36-48 62x32x18 3-3,5(TW3) (>27)Biotrack (TW2) 30-35 30 80 36-48(?) 62x35x30 3-3,5Pila CMa<strong>in</strong> characteristics of the used transmittersselbstverständlich das maximale Sendergewicht(Abb. 2).2.2.2 FlügelbänderDie verwendeten Flügelbänder ähneln denen,die für Raubvögel e<strong>in</strong>gesetzt werden(Abb. 2). Die Sender werden an dehnbarenKunststoffbändern (Saflag), die um denOberarmknochen gelegt werden, befestigt.Auf der Rückseite werden die Bändermit e<strong>in</strong>em üblichen Klammernahtgerät befestigt.Diese Klammern verrotten im Laufder Zeit, <strong>und</strong> das Flügelband mit dem Senderfällt ab.2.2.3 Ponchosender(Halsmanschettensender)Diese Methode wurde ursprünglich vonPERKINS (1988) entwickelt, ist jedoch vonuns leicht modifiziert worden. Der Senderwird an e<strong>in</strong>em verstärkten biegsamenStück Kunststoff von 10 x 11 cm befestigt.In den vorderen Teil des Kunststoffträgerswird e<strong>in</strong> Loch von ca. 3,5 cm Durchmessergeschnitten, durch das der Kopf der Trappeleicht h<strong>in</strong>durchgeführt werden kann.Der Sender hängt dann mit nach oben ausgerichteter<strong>und</strong> leicht nach h<strong>in</strong>ten gekrümmterAntenne am Vogelhals. Da dervon uns verwendete Kunststoff nicht elastischwar, mußten wir an e<strong>in</strong>er Seite derHalsöffnung e<strong>in</strong>en zusätzlichen E<strong>in</strong>schnittanbr<strong>in</strong>gen, der e<strong>in</strong>en normalen Halswuchsohne Verletzungen für das Tier ermöglicht.Die Schnittkanten werden durch zwei oderdrei elastische Gummibänder wieder mite<strong>in</strong>anderverb<strong>und</strong>en (Abb. 2).Der Hauptvorteil des Ponchosenders besehtdar<strong>in</strong>, daß er den Großtrappen raschübergestreift werden kann. Da der Halsumfangvon männlichen Jungvögeln währendder Wachstumsphase stark zunimmt(möglicherweise über das maximalgeweiteteLoch h<strong>in</strong>aus), sollte diese Befestigungsmethodenicht genutzt werden.2.2.4 RucksacksenderDiese Senderbefestigung eignet sich besondersfür junge Trappenhähne, da ihrHalswachstum den E<strong>in</strong>satz des Ponchosendersausschließt. Der Sender wird aufAbb. 2Die vier verwendetenSenderbefestigungen fürJungtrappenRucksacksenderPonchosenderPatagiumsenderFlügelbandsenderThe four usedtransmitter fasten<strong>in</strong>gsfor young BustardsRucksack transmitterPoncho transmitterPatagium transmitterW<strong>in</strong>g-tape transmitterdem Vogelrücken wie e<strong>in</strong> Rucksack mit e<strong>in</strong>emelastischen Band befestigt (vgl. Abb.2, Abb. 3), das ventral, <strong>in</strong> der Brustbe<strong>in</strong>gegend,zusammengelegt wird. Um e<strong>in</strong> Abstreifendes Senders zu verh<strong>in</strong>dern, werdendas elastische Band <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Befestigungam Sender durch Epoxidharz zusammengehalten.Da sich das Band ausdehnt,kann das Jungtier ohne Schwierigkeitenzur vollen Größe heranwachsen.


82 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 19962.3 EmpfängerausrüstungFür die Untersuchungen verwendeten dieAutoren Geräte der Marken AVM (ModellLA12-DS) <strong>und</strong> Telonics (Modell TR-2 mite<strong>in</strong>em Scanner vom Typ TS-1). Es wurdenentweder aufladbare Nickel-Cadmium-Batterien oder Nickel-Eisen-Batterien verwendet.Für den Empfang kamen Yagi-Richtantennen von WMI <strong>und</strong> H-Antennenvon Telonics zum E<strong>in</strong>satz.3. ErgebnisseSeit 1983 erhielten 241 juvenile Großtrappen<strong>in</strong> Spanien Flügelmarken. Vorwiegendwurden sie im Wildtierreservat Villafáfíla(Prov<strong>in</strong>z Zamora) vorgenommen, aberauch <strong>in</strong> Sierra de Fuentes (Prov<strong>in</strong>z Cáceres)<strong>und</strong> gelegentlich <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Madrid.Seit 1991 wurden unterschiedliche Senderbefestigungenan 101 Jungvögeln erprobt.Weder nach Flügelmarkierungennoch nach Besenderungen gab es H<strong>in</strong>weiseauf Verletzungen oder darauf, daß dieGroßtrappen <strong>in</strong> ihrer Bewegungsfähigkeite<strong>in</strong>geschränkt wurden. Sowohl die <strong>in</strong> dasExperiment e<strong>in</strong>bezogenen Jungvögel wieauch die anderen Großtrappen verhieltensich völlig normal.Es g<strong>in</strong>gen relativ wenige Flügelmarkierungenverloren. Als Hauptursache für dieseVerluste ist Materialermüdung zu nennen.In Abhängigkeit von der gewählten Befestigungwar die Anzahl der verlorenenSender h<strong>in</strong>gegen höher.3.1 Radiotrack<strong>in</strong>gIm Gegensatz zu den mit Flügelmarken,aber nicht mit Sendern ausgerüstetenGroßtrappen ließ sich der Aufenthaltsortletzterer kont<strong>in</strong>uierlich <strong>und</strong> <strong>in</strong> festgelegtenAbständen bestimmen. Zu dem Zeitpunkt,als die Jungtiere das Brutgebiet verließen,wurde der Empfänger <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Motorflugzeuge<strong>in</strong>gebaut <strong>und</strong> mit ihm der gesamteUntersuchungsraum kontrolliert. DerStandort von Jungtieren außerhalb desEmpfangsbereiches der Geräte im Automußte mit Hilfe von Flugzeugen (Typ Bonanza,Dornier) der spanischen Luftwaffebestimmt werden, durch die der Untersuchungsbereichwesentlich vergrößert wurde.3.2 Lebensdauer von Flügelmarken<strong>und</strong> VerlusteVor dem dritten Lebensjahr g<strong>in</strong>gen bei ke<strong>in</strong>erder markierten Jungtrappen beide Flügelmarkenverloren. Danach kam bei e<strong>in</strong>igenTieren e<strong>in</strong>e abhanden. Wieder gef<strong>und</strong>eneMarken waren gewöhnlich am Falzabgebrochen.3.3 E<strong>in</strong>satzdauer der SenderDie Funktionsdauer der unterschiedlichenSender (Tab. 1) wird von der Anzahl dermitgeführten Batterien, der Impulsfrequenz(Anzahl der Töne pro M<strong>in</strong>ute) sowieder Senderleistung bestimmt. Bei den Untersuchungenerwiesen sich die ModelleBiotrack TW2 <strong>und</strong> TW3 als die langlebigsten,da sie größere Batterien <strong>und</strong> e<strong>in</strong>eniedrigere Pulsfrequenz aufwiesen, wodurchder abgeforderte Leistungsbedarfverr<strong>in</strong>gert wird.3.4 EmpfangsstörungenObwohl der Empfang bei allen Senderartenausreichend gut war, zeigten die Rucksacksenderdie besten Ergebnisse. Bei diesenGeräten steht die Antenne bei jederArt Bewegung frei nach oben. Bei e<strong>in</strong>erSignalüberwachung von der Erde aus, wardas Verlassen des Brutgebietes die häufigsteUrsache für ausbleibenden Senderkontakt.Danach mußte die Verb<strong>in</strong>dung normalerweiseüber Flugzeuge wiederhergestelltwerden.E<strong>in</strong>e weitere wichtige Ursache für ausbleibendenEmpfang der Signale bildet die <strong>in</strong>den ersten drei Lebensmonaten sehr hoheSterblichkeitsrate bei den Jungtrappen. Todesfälleg<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf Fraßfe<strong>in</strong>dewie Füchse <strong>und</strong> H<strong>und</strong>e zurück. In e<strong>in</strong>igenFällen wurden Sender im Fuchsbaugef<strong>und</strong>en, oder sie waren sogar vergrabenworden. Dadurch hatte sich die Signalstärkeverschlechtert, <strong>und</strong> diese Geräte mußtenmit Hilfe von Flugzeugen geortet werden.Die Antenne kann sich zu unterschiedlichenZeitpunkten <strong>in</strong> verschiedenen Positionenbef<strong>in</strong>den, auch das hat e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>flußauf Reichweite <strong>und</strong> Qualität des Empfangs.Flügelbandsender stehen gelegentlichmit nach unten weisender Antenneverkehrt herum, wodurch sich ihre Reichweiteverschlechtert. Die Flexibilität derAntennen von Ponchosendern führt ebenfallsdazu, daß sie bei der Futteraufnahmeoder beim Putzen nach unten zeigen. AuchTabelle 2: Senderverlust beiverschiedenenBefestigungenSender- Verwen- Verlust <strong>in</strong>befestigung dungen ProzentPatagium 7 86,0Flügelband 10 20,0Poncho 45 13,3Rucksacksender 39 2,6Transmitter loss at differentfasten<strong>in</strong>gshohe Pflanzen der Umgebung oder Bodenunebenheitenkönnen die Sendeleistungbee<strong>in</strong>trächtigen. Probleme dieser Art lassensich aber überw<strong>in</strong>den, <strong>in</strong>dem die Empfängeran e<strong>in</strong>em höher gelegenen Ort aufgestelltwerden.Veränderungen der Temperatur oder derLuftfeuchtigkeit führten gelegentlich zurBee<strong>in</strong>trächtigung der Empfangsqualität.Die Sendefrequenz e<strong>in</strong>iger Sender hattesich mit der Zeit verändert. Solche Verschiebungenkönnen die Überlagerungvon Signalen zweier verschiedener Senderbewirken <strong>und</strong> die Ansprache e<strong>in</strong>es bestimmtenIndividuums erschweren. (Aufdie Erschöpfung der Batterien wird hiernicht e<strong>in</strong>gegangen.)3.5 Verlust von SendernDie verwendeten Sendersysteme erwiesensich nicht alle als gleich geeignet. E<strong>in</strong>igeGroßtrappen verloren ihren Sender bereitswenige St<strong>und</strong>en nach dem Anlegen, beianderen dauerte das e<strong>in</strong>ige Monate (Tab.2). Sender, die am Patagium befestigt werden,sche<strong>in</strong>en für Großtrappen am wenigstengeeignet zu se<strong>in</strong>, denn die meisteng<strong>in</strong>gen ganz kurze Zeit später wieder verloren.Ursache war möglicherweise dasSchlagen der Flügel, wodurch es zu Rissenim Patagium kam, die aber <strong>in</strong> den meistenFällen den Tieren nicht geschadet haben.Obgleich die Sender an Flügelbändern nurbei wenigen Großtrappen e<strong>in</strong>gesetzt werden,kann vermutet werden, daß Verlustevorwiegend durch unzureichende Befestigungverursacht wurden. Bei Ponchosendernwar die Verlustrate sehr niedrig, obwohlder Lochdurchmesser vorsichtig mitHilfe elastischer Bänder verr<strong>in</strong>gert werdenmuß, da zum Zeitpunkt der Markierungder Trappenkopf noch unvollständig ausgebildetist <strong>und</strong> der Poncho bei der Futteraufnahmedes Vogels abrutschen kann.Obwohl das Anbr<strong>in</strong>gen des Rucksacksendersunzweifelhaft die längste Zeit beansprucht,liegt die Verlustrate bei lediglich2,6 %. Diese Art Sender ist für Großtrappenam besten geeignet, da sich die Tierevorwiegend auf der Erde <strong>und</strong> nur kurzzeitigfliegend fortbewegen. Deshalb könnendie Geräte für sie schwerer als für andereVogelarten se<strong>in</strong>. Außerdem zeigt die Antenneder Rucksacksender stets nach oben<strong>und</strong> trägt damit zum optimalen Empfangbei.4. SchlußbemerkungenFlügelmarken <strong>und</strong> die Ausrüstung mit Senderns<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>e Untersuchung des Verhaltensvon Großtrappen ausgezeichnet


JAVIER A. ALONSO ET AL.: VERGLEICHENDE ANALYSE DER MARKIERUNGSMETHODEN FÜR JUVENILE GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) IM FELD 83geeignet. Sie ermöglichen der ForschungZugang zu wertvollen Kenntnissen überOrtsveränderungen, Verhalten im E<strong>in</strong>standsbereich<strong>und</strong> Sozialbeziehungen, dieohne <strong>in</strong>dividuelle Markierung kaum möglichwären. Flügelmarken s<strong>in</strong>d billig <strong>und</strong>leicht anzubr<strong>in</strong>gen, sie s<strong>in</strong>d wegen ihrerguten Erkennbarkeit <strong>in</strong> den steppeähnlichenLebensräumen der Großtrappen e<strong>in</strong>eder besten Varianten. Auch ungeübte Beobachterkönnen sie mit handelsüblichenTeleskopen über die geläufigen Beobachtungsdistanzenohne Schwierigkeit erkennen.Sender kosten zwar mehr <strong>und</strong> s<strong>in</strong>dschwieriger anzubr<strong>in</strong>gen, aber ihre Vorteileliegen auf der Hand.Die von uns durchgeführten Untersuchungenzu verschiedenen Verfahren ergaben,daß für die Junghähne die Rucksackbefestigung<strong>und</strong> für Junghennen sowohl Rucksack-als auch Ponchobefestigung empfohlenwerden können. Während des Absetzensder Tiere aus dem Brutgebiet wieauch während der jahreszeitlichen Wanderbewegungenbedarf es des E<strong>in</strong>satzesvon Flugzeugen, um Signale empfangenzu können, da die Reichweite des Sendeimpulsesauf dem Boden sich für dieebenfalls auf der Erdoberfläche aufgestellteEmpfangsstation angesichts der durchschnittlichenFlugdistanzen der Tiere gewöhnlichals unzureichend erweist.E<strong>in</strong>e Möglichkeit, die Funktionstüchtigkeitder Sender zu verlängern, besteht dar<strong>in</strong>,sie auf e<strong>in</strong>e möglichst niedrige Impulsfrequenze<strong>in</strong>zustellen. Es ist e<strong>in</strong>e Frequenz um30 Impulse pro M<strong>in</strong>ute zu empfehlen, wenigerist nicht anzuraten, da sonst die Ortungaus der Luft erschwert würde.5. ZusammenfassungOrnithologen wenden sich <strong>in</strong> der Großtrappengewidmeten Feldtätigkeit <strong>in</strong> derjüngsten Zeit häufig Verfahren wie Flügelmarkierungbzw. der Arbeit mit Kle<strong>in</strong>sendernzu, um <strong>in</strong>dividuelles Vogelverhaltenbesser untersuchen zu können.Im vorliegenden Beitrag wird auf Vor- <strong>und</strong>Nachteile des E<strong>in</strong>satzes von Kle<strong>in</strong>sendernverwiesen <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>e Arbeitsweiseempfohlen, die die vorhandene Batterieleistungsparsam nutzt. Trotz aller gegenteiligenArgumente ist das neue Verfahrender Flügelmarkierung überlegen.SummaryFor field studies, ornithologists have frequentlyused w<strong>in</strong>g-tagg<strong>in</strong>g and and radiotrack<strong>in</strong>gfor field work on Great Bustards<strong>in</strong> the recent past. Small radiotransmittersare of great help <strong>in</strong> try<strong>in</strong>g to f<strong>in</strong>d out moreabout <strong>in</strong>dividual behaviour.This paper describes both advantages anddisadvantages of radiotagg<strong>in</strong>g. In particular,the authors counsel careful harness<strong>in</strong>gof battery power to prolong service life.Despite all arguments to the contrary, thenew method has proved to be superior tow<strong>in</strong>gtagg<strong>in</strong>g.LiteraturALONSO, J. C.; ALONSO, J. A.; MARTIN, E. <strong>und</strong> MO-RALES, M. 1996: Neues Verfahren zur praktischen Geschlechtsbestimmungjunger Großtrappen im Feld(Otis tarda). -<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong><strong>Brandenburg</strong> 5 (1, 2): 85-87BUB, H. 1991: Bird trapp<strong>in</strong>g and bird band<strong>in</strong>g; CornellUniversity PressBUB, H. u. OELKE 1985: Markierungsmethoden fürVögel. Die Neue Brehm-Bücherei A. Ziemsen Verlag.Wittenberg Lutherstadt. - S. 152ENA, V.; MARTINEZ, A. u. MARTINEZ, C. 1985: Macajecon placas alares en Avutarda (Otis tarda L.). V EncuentroAnilladores Españoles (Ruidera)HELLMICH, J. 1991: La Avutarda en Extremadura.Monografías de Alytes 2. ADENEX (Mérida)KENWARD, R. E. 1980: Radiomonitor<strong>in</strong>g birds of prey.In: AMLANER, C. J. and D. W. McDONALD (Hrsg.). Ahandbook on biotelemetry and radiotrack<strong>in</strong>g; PergamonPress (Oxford)PERKINS, P. J. 1988: Effect of poncho-mounted radio<strong>in</strong> blue grouse, J. Field Orn. 59: 46 ff.VerfasserJavier A. AlonsoManuel MoralesDepartamento de Biología AnimalFacultad de BiologíaUniversidad ComplutenseE-28040 Madrid (Spanien)Enrique Mart<strong>in</strong>F<strong>und</strong>ación para la Ecología y la Proteccióndel Medio AmbienteCastellana 8E-28046 Madrid (Spanien)Juan C. AlonsoMuseo Nacional de Ciencias NaturalesCSICJosé Gutiérrez AbascalE-28006 Madrid (Spanien)DanksagungDie Untersuchungen zum Verhalten derGroßtrappen wurden vom Instituto Nacionalpara la Conservación de la Naturaleza(ICONA) sowie der Dirección de InvestigaciónCientífíca y Técnica mitf<strong>in</strong>anziert. DieserBeitrag ist dem Projekt PB91-0081 zugeordnet.Den Bauern <strong>und</strong> Schäfern von Villafáfíla<strong>und</strong> den Dörfern <strong>in</strong> der Umgebung dankendie Autoren für ihre Mitarbeit <strong>und</strong> Hilfe;besonders gilt das für C. Caldero, dessenOrtskenntnisse <strong>und</strong> Wissen über dieGroßtrappen während der Markierungsarbeitenvon unschätzbarem Wert waren.Ebenfalls gilt der Dank der spanischenLuftwaffe auf dem Stützpunkt Getafe.Die Gebietskörperschaft von Kastilien <strong>und</strong>Léon hat die für e<strong>in</strong>e Fortführung derFang- <strong>und</strong> Markierungstätigkeit erforderlicheGenehmigung nicht mehr erteilt.Farbber<strong>in</strong>gung bei KolkrabenMit Beg<strong>in</strong>n der Brutsaison 1996 wurden<strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> nestjunge Kolkrabenmit verschiedenen Farbr<strong>in</strong>gen (gelb, rot,blau) zusätzlich zum silberfarbenen Vogelwartenr<strong>in</strong>ggekennzeichnet. Durchdie verwendeten Komb<strong>in</strong>ationen s<strong>in</strong>ddie regionale Herkunft <strong>und</strong> das Geburtsjahrder Vögel erkennbar.H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dieser mehrjährigen Erhebungist es, E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die Struktur<strong>und</strong> Dynamik der Bestände des Kolkrabensowie Aufschluß über die Zusammensetzungder Rabentrupps <strong>in</strong>Zusammenhang mit Schäden <strong>in</strong> derLandwirtschaft zu bekommen.Wer derart gekennzeichnete Kolkrabensieht, achte bitte darauf, an welchemBe<strong>in</strong> sich der Farbr<strong>in</strong>g <strong>und</strong> an welchemsich der Vogelwartenkennr<strong>in</strong>g bef<strong>in</strong>det.Weiterh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d Ortsangaben, Datum,Uhrzeit <strong>und</strong> Umstände der Beobachtung(z.B. Anzahl der Tiere, Feldkultur,Viehherde, Deponie o.ä.) für die Auswertungder Beobachtung erforderlich.Bitte senden Sie Ihre Beobachtung andasLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>Staatliche Vogelschutzwarte Rietzer SeeBruchstraße 914778 SchenkenbergTel./Fax: 033207/51271Gertfried Sohns


84 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 84-86JUAN C. ALONSO, ENRIQUE MARTÍN, JAVIER A. ALONSO, MANUEL MORALESNeues Verfahren zur praktischen Geschlechtsbestimmungjunger Großtrappen (Otis t. tarda L., 1758) im Feld1. E<strong>in</strong>leitungBei der Großtrappe (Otis t. tarda, L.) setztder Geschlechtsdimorphismus relativ frühe<strong>in</strong>. Bereits im Alter von zwei bis drei Wochenwiegen <strong>in</strong> Gefangenschaft aufgezogeneJunghähne mehr als Hennen. DieserGewichtsunterschied hat sich bis zum Altervon drei Monaten verdoppelt (HEINROTHu. HEINROTH 1928, RADU 1969, GLUTZet al. 1973, LITZBARSKI u. LITZBARSKI1985). Es liegen ke<strong>in</strong>e Veröffentlichungenüber differenzierte Veränderungen andererbiometrischer Größen vor. Die unterschiedlicheWachstumsgeschw<strong>in</strong>digkeit,bezogen auf Körperbau, Größe, Gewichtzwischen juvenilen männlichen <strong>und</strong> weiblichenGroßtrappen kann für e<strong>in</strong>e frühe Geschlechtsbestimmungherangezogen werden.Inder nachfolgenden Arbeit stellen wire<strong>in</strong>e biometrische Relation vor, durch diedas Geschlecht e<strong>in</strong> bis drei Monate altergefangener Tiere bestimmt werden kann,was unter Feldbed<strong>in</strong>gungen sehr schwierigoder unmöglich ist. Der ermittelte Indexkann für unterschiedliche Zwecke Verwendungf<strong>in</strong>den, so etwa zur Wahl der optimalenMethode bei der Flügelmarkierungoder Besenderung (ALONSO et al. 1995a),der Geschlechtsbestimmung von Jungtierenim Rahmen von Aufzuchtprogrammenfür gefangene Großtrappen oder zur Ermittlungdes Geschlechts e<strong>in</strong>es im Frühjahroder Sommer des ersten Lebensjahrs <strong>in</strong>Gefangenschaft geratenen Jungtieres.In e<strong>in</strong>er Untersuchung über Verhalten <strong>und</strong>Dispersion junger Großtrappen (ALONSOet al. 1995) wurden 164 Jungvögel im Alterzwischen 20 <strong>und</strong> 70 Tagen vermessen<strong>und</strong> gewogen. Bei 98 Tieren (52 Hähnen<strong>und</strong> 46 Hennen) konnte durch Vergleichmit ihren Muttertieren im Freiland die Geschlechtsbestimmungerfolgen. Die Autorenerfaßten von jedem Jungvogel die folgendenMaße (Tab. 1): Flügellänge: m<strong>in</strong>imalerAbstand zwischen Karpalgelenk <strong>und</strong>längster Handschw<strong>in</strong>ge (<strong>in</strong> mm); Flügelspannweite:dorsal mit Schnur oder Bandmaßgemessene maximale Entfernungzwischen Karpalgelenk <strong>und</strong> längster Handschw<strong>in</strong>ge(<strong>in</strong> mm); Stoßlänge: das L<strong>in</strong>ealwird bei natürlich gefaltetem Schwanz andie Wurzel des mittleren Schwanzfederpaarsgelegt <strong>und</strong> dann die längste Federgemessen (<strong>in</strong> mm); Länge der Fußwurzel:Abstand zwischen der E<strong>in</strong>buchtung auf derRückseite des Intertarsalgelenks <strong>und</strong> derUnterkante der letzten vollständigenSchuppe vor dem Zehenansatz (<strong>in</strong> mm);Länge der Mittelzehe: Entfernung zwischendem unteren Ende der Fußwurzel<strong>und</strong> der Spitze der Mittelzehe (ohne Kralle)bei gestreckter Zehe (<strong>in</strong> mm); Kopflänge:maximale Entfernung zwischen derdorsalen Seite des Kopfes <strong>und</strong> der Schnabelspitze(<strong>in</strong> mm); Kopfbreite: h<strong>in</strong>ter denAugen gemessene maximale Schädelbreite(<strong>in</strong> mm); Schnabellänge I: Abstand zwischendem h<strong>in</strong>teren Ende der Schnabelkommissur<strong>und</strong> der Spitze (<strong>in</strong> mm); SchnabellängeII: Abstand zwischen dem h<strong>in</strong>terenEnde der Nasenlöcher <strong>und</strong> der Schnabelspitze(<strong>in</strong> mm) sowie das Gewicht desTieres (g). Diese <strong>in</strong>dividuellen Maße vonHähnen <strong>und</strong> Hennen wurden visuell geprüft<strong>und</strong> <strong>in</strong> die Analyse, auch e<strong>in</strong>ige e<strong>in</strong>fachekomb<strong>in</strong>ierte Funktionen von zweioder drei Parametern, e<strong>in</strong>bezogen.3. Ergebnisse <strong>und</strong>DiskussionBei allen l<strong>in</strong>earen Messungen <strong>und</strong> dem Gewichtfiel e<strong>in</strong> deutlicher Dimorphismus auf:Bei den Hähnen lagen die Durchschnittswertesignifikant höher (Tab. 1). Jedochgab es überall deutliche Überlappungenzwischen den Geschlechtern, so daß ke<strong>in</strong>eder analysierten Variablen als E<strong>in</strong>zelmaßfür e<strong>in</strong>e Bestimmung des Geschlechts vonGroßtrappen verwendbar war.E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Messung alle<strong>in</strong> ist ungeeignet,e<strong>in</strong> richtiges Ergebnis zu ermitteln,denn die Jungvögel <strong>in</strong> den untersuchtenGruppen waren ganz unterschiedlichen Altersklassenzuzuordnen. Auf der Suchenach e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen, aber zuverlässigenWert zur Geschlechtsbestimmung wurdenalle l<strong>in</strong>earen Maße durch das Gewicht geteilt.Beabsichtigt war damit, e<strong>in</strong>en Indexabzuleiten, um die robusteren Hähne <strong>und</strong>die zierlicheren Hennen e<strong>in</strong>deutig vone<strong>in</strong>anderabzugrenzen. Dieses Inbeziehungsetzender Meßergebnisse zum Gewichtließ die auf E<strong>in</strong>zeldimensionen bezogenen2. Untersuchungsgebiet<strong>und</strong> MethodenDie Untersuchungen wurden im nationalenWildreservat Lagunas de Villafáfíla(Größe: 32 682 ha) <strong>in</strong> Nordwestspaniendurchgeführt. Dieses Gebiet mit demwahrsche<strong>in</strong>lich dichtesten Großtrappenbesatzder Welt wird fast durchgängig landwirtschaftlichgenutzt. Auf über 80 % derNutzfläche wird vorrangig Getreide, aufetwa 8 % Luzerne angebaut, ca. 9 % s<strong>in</strong>dnatürliches Grünland <strong>und</strong> dienen als Schafweide.Diese baumlosen, leicht hügeligenGetreide- <strong>und</strong> Luzerneflächen bieten denGroßtrappen angemessene Lebensräume,die den ursprünglich von dieser Art bewohntenSteppen ziemlich ähnlich s<strong>in</strong>d(ALONSO u. ALONSO 1990).Tabelle 1: Geschlechtsunterschiede für unterschiedliche Messungen jungerGroßtrappen (1 bis 3 Monate) (L<strong>in</strong>earmaße <strong>in</strong> mm, Gewicht <strong>in</strong> g)M<strong>in</strong>ima <strong>und</strong> M<strong>in</strong>ima <strong>und</strong> Differenz zuMaxima für Maxima für DurchschnittswertenHähne (Anzahl) Hennen (Anzahl) Z-Wert 1 p-WertFlügellänge 270-455(51) 260-390(45) 5,36 8,35 x 10 -8Spannweite 295-495(51) 275-435(45) 5,68 1,38 x 10 -8Stoß 110-245(52) 104-250(45) 2,37 0,018Fußwurzel 91,5-139,9(52) 87,5-135(46) 5,30 1,16 x 10 -7Mittelzehe 50,3-73,5(51) 39,2-57(46) 7,80 6,22 x 10- 15Kopflänge 94,5-123,5(51) 87-110,8(46) 7,34 2,09 x 10 -13Kopfbreite 34-46,5(50) 31,9-40,3(46) 7,11 1,18 x 10 -12Schnabellänge I 57-75,2(49) 46,3-72(46) 6,65 2,86 x 10 -11Schnabellänge II 18,8-26,7(51) 17,2-28,4(45) 5,12 3,01 x 10 -7Gewicht 1 250-3 400(52) 950-2 300(46) 7,55 4,26 x 10-141 U-Test nach MANN-WHITNEYSex differences for different measurements of juvenile Great Bustards (1 to 3 months)(l<strong>in</strong>ear measurements <strong>in</strong> mm, weight <strong>in</strong> g)


JUAN C. ALONSO ET AL.: NEUES VERFAHREN ZUR PRAKTISCHEN GESCHLECHTSBESTIMMUNG JUNGER GROSSTRAPPEN IM FELD 85Tabelle 2: Geschlechtsdifferenzierung bei Großtrappen(L<strong>in</strong>earmaße zu Gewicht)Differenz zu DurchschnittswertenZ-Wert 1p-WertFlügellänge : Gewicht 7,86 4,00 x 10-15Spannweite : Gewicht 7,75 9,55 x 10-15Stoßlänge : Gewicht 8,30 0Fußwurzel : Gewicht 7,79 6,66 x 10-15Mittelzehe : Gewicht 6,21 5,33 x 10-10Kopflänge : Gewicht 7,20 6,07 x 10-13Kopfbreite : Gewicht 7,17 7,81 x 10-13Schnabellänge I : Gewicht 7,18 7,27 x 10-13Schnabellänge II : Gewicht 7,64 7,64 x 10-141 U-Test nach MANN-WHITHNEYSex differences for Great Bustards (l<strong>in</strong>ear measurements to weight)zeigt sich offensichtlich ke<strong>in</strong>e normale Verteilung,da bei zahlreichen Tieren die Ergebnissezu dicht bei denen der Hähne liegen.Zu bedenken ist dabei, daß die Zahlder untersuchten Tiere zu kle<strong>in</strong> war, umnormgerechte Werte zu erbr<strong>in</strong>gen. Trotzder ger<strong>in</strong>gen Anzahl ergab die Untersuchunge<strong>in</strong>er Untergruppe von 32 Hähnen<strong>und</strong> 28 Hennen (mit Ausnahme der 1993gefangenen Tiere) übere<strong>in</strong>stimmende Ergebnisse.Daraus läßt sich folgern, daß dervorgeschlagene Grenzwert von 0,098 fürdie praktische Unterscheidung zwischenbeiden Geschlechtern bei gefangenen Tierenützlich se<strong>in</strong> könnte. E<strong>in</strong>e Antwort aufdie Frage, ob der vorgelegte biometrischeIndex auch für Geschlechtsbestimmungenanderer Großtrappenpopulationen <strong>in</strong> Mittel-<strong>und</strong> Osteuropa sowie <strong>in</strong> Asien Gültigkeithat, muß zukünftigen Untersuchungenvorbehalten bleiben.Geschlechtsunterschiede deutlicher hervortreten(Tab. 2). Bei der Division der L<strong>in</strong>earmaßedurch das Gewicht ergaben sichfür Hennen höhere Werte, was aufgr<strong>und</strong>ihres leichteren Körperbaus zu erwartenwar. Die deutlichste Differenzierung leitetesich aus der Teilung der Stoßlänge durchdas Gewicht her. Hier war die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitgegeben, daß der Wert Z = 0 entwedererreicht oder überschritten wurde.Er steht bei unseren biometrischen Prüfungenfür e<strong>in</strong>e Geschlechtsdifferenzierungvon höchster Signifikanz (vgl. Tab. 2).Die beträchtlichen Differenzen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Abbildung1 graphisch dargestellt, <strong>in</strong> der diegroßen Abstände zwischen den Geschlechternbei 95 % der erfaßten Jungtrappenim H<strong>in</strong>blick auf die ermittelte biometrischeRelation evident werden.Die Abbildung 2 zeigt die Häufigkeitsverteilungdes Stoß-Gewichts-Index bei unse-Abb. 1Durchschnittliches <strong>und</strong>95prozentigesVertrauens<strong>in</strong>tervall derRelation Stoß (<strong>in</strong> mm);Gewicht (<strong>in</strong> g) fürmännliche <strong>und</strong> weiblichejuvenile Großtrappen(l<strong>in</strong>ks:)Stoß (mm):Gewicht (g)Average and 95% trust<strong>in</strong>terval of the relation oftail (<strong>in</strong> mm) : weight (<strong>in</strong> g)for male and femalejuvenile Great Bustards(left)tail (mm)weight (g)ren Probanden. Der Wert 0,098 kann alsoptimaler Grenzwert zwischen beiden Geschlechterngesehen werden: Werte Stoß(mm)/Gewicht (g) für Hähne < 0,098


86 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996– 93, and sexed later <strong>in</strong> the field by comparisonof their size with that of their mothers.No s<strong>in</strong>gle biometrical parameter wasuseful <strong>in</strong> sex discrim<strong>in</strong>ation, but when divid<strong>in</strong>gl<strong>in</strong>ear measurements by weight sexdifferences tended to <strong>in</strong>crease, with m<strong>in</strong>imumsex overlap <strong>in</strong> tail/weight. Fix<strong>in</strong>g thelimit of this relationship at 0,098, only twoof the 52 males (3,8 %) had outlier values,with<strong>in</strong> the female range, and no femaleswere with<strong>in</strong> the limits of the male sample.This <strong>in</strong>dex should be useful for various purposes,such as to choose the most appropriatemethod to be used when w<strong>in</strong>g – orradiotagg<strong>in</strong>g them, to sex young <strong>in</strong> captive-breed<strong>in</strong>gprograms, or just to know thesex of any young captured dur<strong>in</strong>g spr<strong>in</strong>gsummer.LiteraturALONSO, J. C. u. ALONSO, J. A. 1990: Parámetros demográficos,selección de hábitat y distribución de laAvutarda (Otis tarda) en tres regiones españolas. -ICONA (Madrid):-132 S.Abb. 2Häufigkeitsverteilungen der Relation Stoß (<strong>in</strong> mm): Gewicht (<strong>in</strong> g) für männliche <strong>und</strong> weibliche juvenileGroßtrappen(l<strong>in</strong>ks) Anzahl der Tiere(oben) Frequenzverteilung(unten) Stoß: GewichtGrenzwert = 0,098Frequency distribution of the relation of tail (<strong>in</strong> mm) : weight (<strong>in</strong> g) for male and female juvenile GreatBustards(left) number of animals(top) frequency distribution(bottom) tail : weightlimit = 0,098Wir haben diesen Index bei der Untersuchungverschiedener biometrischer Relationenaus e<strong>in</strong>er Stichprobe von 98 Jungtieren(52 Hähne <strong>und</strong> 46 Hennen) ermittelt.Die Tiere wurden <strong>in</strong> Villafáfíla <strong>in</strong> NordwestspanienzwischenJuli<strong>und</strong>August1987<strong>und</strong> 1993 gefangen. E<strong>in</strong>e Geschlechtsbestimmungerfolgte später durch Größenvergleichmit ihren Muttertieren im Feld.Für e<strong>in</strong>e Geschlechtsdifferenzierung erwiessich ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner biometrischer Wert alle<strong>in</strong>als aussagekräftig genug. Wenn zusätzlichjedoch die l<strong>in</strong>earen Maße durchdas Gewicht dividiert wurden, gab es deutlichereH<strong>in</strong>weise auf Geschlechtsunterschiede.Beim Wert Stoß/Gewicht kam esbei beiden Geschlechtern zu m<strong>in</strong>imalenÜberlagerungen. Nachdem der Grenzwertbei 0,098 angesetzt wurde, ergaben sichlediglich bei zwei Hähnen (3,8 %) Abweichungen,die <strong>in</strong> den Hennenbereich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reichten.Die Werte von Hennen reich-ten jedoch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall <strong>in</strong> das Kennwertspektrumvon Hähnen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Der vorgelegteIndex kann für unterschiedlicheZwecke herangezogen werden, wie etwadie Wahl der geeignetsten Methode fürFlügelmarkierung oder Besenderung, beider Geschlechtsbestimmung von Jungtieren,für Züchtungen <strong>in</strong> Gefangenschaft sowievon im Frühjahr <strong>und</strong> Sommer gefangenenjuvenilen Großtrappen.SummaryA biometrical <strong>in</strong>dex is given (tail <strong>in</strong>mm/weight <strong>in</strong> g) which allows sex discrim<strong>in</strong>ationof young Great Bustards at anage of between one and three months <strong>in</strong>hand, with a ca. 98 % confidence. We obta<strong>in</strong>edthe <strong>in</strong>dex study<strong>in</strong>g several biometricalrelationships <strong>in</strong> a sample of 98 young(52 males, 46 females) captured <strong>in</strong> Villafáfíla(NW Spa<strong>in</strong>) <strong>in</strong> July – August 1987ALONSO, J. A.; MARTÍN, E.; ALONSO, J. C. u. MO-RALES, M. 1996: Vergleichende Analyse der Markierungsmethodenfür junge Großtrappen (Otis t. tardaL., 1758).-<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>5 (1, 2): 81-84ALONSO, J. C.; ALONSO, J. A.; MARTÍN, E. u. MO-RALES, M. 1995: Range and patterns of Great Bustardmovements at Villafáfíla, NW Spa<strong>in</strong>. -Ardeola 42 (imDruck)GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N.; BAUER, K. M. u. BE-ZZEL, E. 1973: Handbuch der Vögel Mitteleuropas,Band 5 Akademische Verlagsgesellschaft (Frankfurt a.M.)HEINROTH, O. u. HEINROTH, M. 1928: Die VögelMitteleuropas III. Bermühler (Berl<strong>in</strong>-Lichterfelde)LITZBARSKI, B. u. LITZBARSKI, H. 1985: Zu Ergebnissen<strong>und</strong> Problemen der Großtrappenaufzucht an der<strong>Naturschutz</strong>station Buckow. 4. Symposium Großtrappe.Eberswalde 1983: 40 ff.RADU, D. 1969: Die Aufzucht von Großtrappen (Otistarda) im Zoologischen Garten Budapest. -Fre<strong>und</strong>eKölner Zoo 12: 59 ff.VerfasserJuan C. AlonsoMuseo Nacional de Ciencias NaturalesCSICJosé Gutiérrez Abascal 2E-28006 Madrid (Spanien)Enrique Mart<strong>in</strong>F<strong>und</strong>ación para la Ecología y la Proteccióndel Medio Ambiente (FEPMA)Castellana 8E-28046 Madrid (Spanien)Javier A. AlonsoManuel MoralesDepartamento de Biología Animal IFacultad de BiologíaUniversidad Complutense


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 87-90 87CHRISTIAN PITRA, HEINZ LITZBARSKI, BÄRBEL LITZBARSKI, JOACHIM HELLMICH, WOLF JÜRGEN STREICHGenetische Variabilität <strong>und</strong> Inzucht <strong>in</strong> regionalenPopulationen der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)1. E<strong>in</strong>leitungAufgr<strong>und</strong> des Bestandsrückgangs der ostdeutschenTrappenpopulation von mehrals 4 000 bis auf weniger als 100 Individuen<strong>in</strong> den letzten 50 Jahren muß e<strong>in</strong>e parallelverlaufende Verarmung der genetischenVariabilität befürchtet werden.Gleichzeitig ist zu erwarten, daß die Abnahmeder effektiven Populationsgröße zue<strong>in</strong>er Erhöhung des Verwandtschaftsgradeszwischen fortpflanzungsfähigen Tieren<strong>und</strong> damit zum vermehrten Auftreten vonInzuchtpaarungen geführt hat. Die Folgedavon ist <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e verm<strong>in</strong>derte allgeme<strong>in</strong>eFitness (Inzuchtdepression). Verschiedenedetrimentale Effekte der Inzuchtauf die Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>und</strong>den Fortpflanzungserfolg von <strong>in</strong>gezüchtetenVögeln konnten <strong>in</strong> Laboruntersuchungenvon Japanischen Wachteln (Coturnixjaponicus) (SITTMAN et al. 1966) <strong>und</strong> <strong>in</strong>Freilanduntersuchungen bei Kohlmeisen(Parus major) (GREENWOOD et al. 1978)<strong>und</strong> S<strong>in</strong>gammern (Melospiza melodia)(KELLERetal.1994)nachgewiesen werden.Für e<strong>in</strong>e differenzierte Beurteilung der Gefährdungssituationder ostdeutschen Trappenpopulations<strong>in</strong>d daher aktuelle Kenntnisseüber deren genetische Variabilität<strong>und</strong> den Inzuchtgrad erforderlich. Da bisherke<strong>in</strong>e Langzeitbeobachtungen überdie Verwandtschaftsbeziehungen von Geschlechtspartnernvorliegen, wurde <strong>in</strong> dervorliegenden Arbeit der Versuch unternommen,den Inzuchtgrad der Trappenpopulation<strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lagevon genetischen F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>ts abzuschätzen.Darüber h<strong>in</strong>aus werden aus demVergleich mit e<strong>in</strong>er lokalen spanischenTrappenpopulation erste Rückschlüsse aufdie populationsgenetischen Konsequenzender Lebens- <strong>und</strong> Fortpflanzungsstrategieder Großtrappe gezogen.2. MethodenFür die molekulargenetischen Untersuchungenstanden 0,4 ml Vollblutprobenvon 12 Großtrappen aus 5 E<strong>in</strong>standsgebieten<strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> <strong>und</strong> von 13 Großtrappenaus e<strong>in</strong>er lokalen Population <strong>in</strong> der Extremadura/Spanienzur Verfügung. DieProbengew<strong>in</strong>nung erfolgte durch Punktionder Flügelvene nach der Methode vonSAMOUR et al. 1983 unter den empfohlenenKautelen für e<strong>in</strong>e streßfreie Behandlungvon Wildvögeln. Die Blutproben wurden<strong>in</strong> Queen’s-Puffer (SEUTIN et al.1990) bei 4°C aufbewahrt. Die Methodedes DNA-F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>g ist <strong>in</strong> Abb. 1 schematischdargestellt. Genomische DNAwurde nach Standardmethoden (SAM-BROOK et al. 1989) isoliert <strong>und</strong> mit Hilfedes Restriktionsenzyms Pst I unvollständigverdaut. Die elektrophoretische Auftrennungder DNA Fragmente erfolgte <strong>in</strong> ei-Abb. 1SchematischeDarstellung derLabormethode zurnicht-radioaktivenHerstellunggenetischerF<strong>in</strong>gerabdrücke (s.a.Methoden)Diagrammatic viewof the laboratorymethods concern<strong>in</strong>gthe non-radioactiveproduction of geneticf<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>ts (see alsomethods).


88 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 2(A) Individuelle DNA-F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>t-Muster von 12 Großtrappen aus <strong>Brandenburg</strong>(B) B<strong>in</strong>äre Matrix der 56 DNA-Banden, die <strong>in</strong> Abb. 2A gezählt wurden, „1“ repräsentiert die Anwesenheit <strong>und</strong> „0“ die Abwesenheit e<strong>in</strong>er Bande.Beispielsweise ist Bande 1 <strong>in</strong> den Vögeln 15 <strong>und</strong> 06 nicht vorhanden (s.a. Methoden).(A) Individual patterns of DNA-f<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>ts of 12 Great Bustards from <strong>Brandenburg</strong>.(B) B<strong>in</strong>ary matrix of 56 DNA-bands, counted <strong>in</strong> illustration 2A, “1“ represents the presence and “0“ the absence of a band. For <strong>in</strong>stance, band 1 does notexist <strong>in</strong> the birds 15 and 06 (see also methods).nem 0,7%igen Agarose-Gel. Die Bed<strong>in</strong>gungenfür nachfolgendes Southern-Blott<strong>in</strong>g,Hybridisation <strong>und</strong> nicht-radioaktiveDetektion der digoxygenierten Oligonukleotidsonde(GGAT)4 wurden bereitsfrüher mitgeteilt (PITRA et al. 1995). Eswurden nur F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>ts auf demselbenGel mit e<strong>in</strong>er DNA-Fragmentlänge > 2.5 kbausgewertet. Durch den Vergleich der <strong>in</strong>dividuellenBandenmuster wurde die Anbzw.Abwesenheit identischer Banden bestimmt.Banden wurden als identisch gewertet,wenn sie das entsprechende Molekulargewicht<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e relative Intensitätvon 0,5 der Vergleichsbande besaßen. Diemittlere Bandenfrequenz U als Maß für dieUniformität der DNA-Bandenmuster <strong>in</strong>nerhalbe<strong>in</strong>er Population ergibt sich durch1 NU=– ·∑v iN i=1wor<strong>in</strong> N die Anzahl unterschiedlicher Banden<strong>und</strong> v i die Häufigkeit der Bande i <strong>in</strong> derlokalen Population ist. Die HeterozygotieH als e<strong>in</strong> Maß für die genetische Variabilitätergibt sich nach STEPHENS et al. 1992ausN∑v ii=1H= –––––––––– –1NN–∑=≠≠ 1–vi=1 iDer mittlere Inzuchtkoeffizient e<strong>in</strong>er Populationwurde mit Hilfe der Gleichung(U-0,417)F x =––––––––––0,566berechnet, die den von KUHNLEIN et al.1990 experimentell ermittelten l<strong>in</strong>earenZusammenhang zwischen Bandenfrequenz<strong>und</strong> Inzuchtkoeffizient beschreibt.Tabelle 1: Populationsgenetische Charakterisierung von regionalen Populationender Großtrappe (Otis tarda) auf der Gr<strong>und</strong>lage <strong>in</strong>dividuellergenetischer F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>tsRegion Anzahl Anzahl Banden/ Mittlere Banden- Hetero- Inzucht-(Anzahl der auswertbarer Individuum frequenz 1 zygotie 2 Koeffizient 3Individuen) Banden (SD) (SD)<strong>Brandenburg</strong>/ 56 35,8 0,655 0,416 0,420Deutschland (±4,7) (±0,219)(n = 12)Extremadura/ 55 31,3 0,569 0,475 0,269Spanien (±5,0) (±0,261)(n = 13)1 berechnet nach KUHNLEIN et al. 1990 (s.a. Methoden)2 berechnet nach STEPHENS et al. 1992 (s.a. Methoden)3 berechnet nach KUHNLEIN et al. 1990 (s.a. Methoden)Genetic evaluation population concern<strong>in</strong>g some regional populations of the Great Bustard(Otis tarda) on the base of <strong>in</strong>dividual genetic f<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>ts


CHRISTIAN PITRA ET AL.: GENETISCHE VARIABILITÄT UND INZUCHT IN REGIONALEN POPULATIONEN DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) 893. ErgebnisseAbb. 2A zeigt repräsentative genetischeF<strong>in</strong>gerabdrücke von 8 männlichen <strong>und</strong> 4weiblichen Großtrappen aus verschiedenenE<strong>in</strong>standsgebieten <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>/Deutschland <strong>und</strong> Abb. 2B zeigt e<strong>in</strong>e b<strong>in</strong>äreMatrix der <strong>in</strong>dividuellen DNA-Bandenmuster.Mit der verwendeten Enzym/Sonden-Komb<strong>in</strong>ationwurden ke<strong>in</strong>e geschlechtsspezifischenBanden beobachtet.Die Ergebnisse des genetischen F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs<strong>in</strong> der ostdeutschen <strong>und</strong> spanischenLokalpopulation s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 1 gegenübergestellt.In beiden Populationen wurdenvergleichbare Zahlen <strong>in</strong>sgesamt nachweisbarerBanden <strong>und</strong> ähnliche mittlereBandenzahlen pro Individuum beobachtet.Unter der Annahme, daß jede auflösbareDNA-Bande e<strong>in</strong> Allel e<strong>in</strong>er hyper-variablenM<strong>in</strong>isatellitenregion repräsentiert, wächstdie mittlere Bandenfrequenz (Bandenhäufigkeit)<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Population an,wenn ihre genetische Variabilität (Heterozygotie)abnimmt. E<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Häufigkeitidentischer Banden <strong>in</strong> den untersuchtenIndividuen weist dagegen auf e<strong>in</strong>e größeregenetische Vielfalt <strong>in</strong> der Population.Die mittleren Bandenfrequenzen <strong>in</strong> derostdeutschen <strong>und</strong> spanischen Populationwaren mit 0,655 bzw. 0,569 hoch signifikantverschieden von Null (Wilcoxon-Test,p < 0,0001), unterschieden sich aber aufgr<strong>und</strong>ihrer großen Varianz nicht signifikantvone<strong>in</strong>ander (p = 0,158). Die aus derexperimentellen Bestimmung der Bandenhäufigkeitberechnete genetische Variabilität(Heterozygotie) war <strong>in</strong> beiden Populationen> 40 %.Aus der empirischen Beziehung zwischender Häufigkeit geme<strong>in</strong>samer Allele (Banden)bei den Mitgliedern e<strong>in</strong>er Population<strong>und</strong> ihrem Inzuchtgrad, ergaben sich unerwartethohe Inzuchtkoeffizienten von 42 %bzw. 27 % für die ostdeutsche bzw. spanischeTrappenpopulation. Die Abb. 3 zeigtdas Ergebnis e<strong>in</strong>er Analyse der genetischenÄnlichkeiten zwischen den Individuen <strong>in</strong>nerhalbder spanischen (A) <strong>und</strong> der ostdeutschenTrappenpopulation (B). Es istbemerkenswert, daß die Vögel aus Ostdeutschlandaufgr<strong>und</strong> ihrer genetischenÄhnlichkeit, deutliche Unterstrukturen bilden,die möglicherweise aus ihren unterschiedlichenHerkunftsorten resultieren,während die e<strong>in</strong>heitliche lokale Gruppeaus der Extremadura ke<strong>in</strong>e auffälligen Clusterbildet.4. DiskussionAbb. 3UPGMA-Clusteranalyse dergenetischen Ähnlichkeitzwischen den Individuen<strong>in</strong>nerhalb der spanischen (A)<strong>und</strong> der ostdeutschenTrappenpopulation (B). DieAstlängen geben e<strong>in</strong> relativesMaß für die genetischeDistanz zwischen denIndividuen.UPGMA cluster analysis ofthe genetic resemblancebetween the <strong>in</strong>divduals <strong>in</strong>the Spanish (A) and theEastern German populationsof Great Bustards (B). Thelengths of the l<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dicate arelative value for the geneticdistance between the<strong>in</strong>dividuals.Die Ergebnisse unserer Untersuchungender genetischen F<strong>in</strong>gerabdrücke vonGroßtrappen (Otis tarda) weisen auf e<strong>in</strong>eger<strong>in</strong>gere DNA-Variabilität im Vergleich zuanderen Vogelspezies. In der ostdeutschenbzw. spanischen Lokalpopulation vonGroßtrappen ergaben sich mittlere Bandenfrequenzenvon 0,66 bzw. 0,57, währendmit vergleichbaren Methoden Wertevon 0,28 (BURKE <strong>und</strong> BRUFORD 1987)beim Haussperl<strong>in</strong>g (Passer domesticus)<strong>und</strong> 0,12 (LONGMIRE et al. 1991) beimWanderfalken (Falco peregr<strong>in</strong>us) <strong>in</strong>großen kont<strong>in</strong>uierlichen Populationen gef<strong>und</strong>enwurden. Erhöhte Frequenzen polymorpherM<strong>in</strong>isatellitenfragmente wurdendagegen <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en, gefährdeten Populationendes Schreikranichs (Grus americana)mit 0,42 (LONGMIRE et al. 1992) desMauritius-Turmfalken (Falco punctatus)mit 0,67 (LONGMIRE et al. 1989) sowiebei domestizierten Hühnern mit 0,43(KUHNLEIN et al. 1990) <strong>und</strong> Gänsen mit0,5 (GRUNDER et al. 1994) beobachtet.Die relativ niedrige Variabilität <strong>in</strong>dividuellerDNA-F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>tmuster bei diesen Spezieswird auf ihre drastisch verr<strong>in</strong>gerte Populationsgrößedurch ökologische Faktorenoder Züchtungsmaßnahmen zurückgeführt.Die Annahme e<strong>in</strong>es demographischen„Flaschenhalses“ dürfte aber zum<strong>in</strong>destim Falle der untersuchten Lokalpopulationaus Spanien unzutreffend se<strong>in</strong>,da es sich hierbei um Angehörigeder großen iberischen Metapopulation(> 12 000 Individuen) handelt. Unter derVoraussetzung, daß zwischen den Subpopulationen<strong>in</strong> Spanien Genaustausche <strong>und</strong>Zufallspaarungen potentiell stattf<strong>in</strong>denkönnen, wäre e<strong>in</strong>e größere genetische Variabilitätals die tatsächlich beobachtete zuerwarten. E<strong>in</strong>e alternative Erklärung für dieerhöhte Ähnlichkeit der genetischen F<strong>in</strong>gerabdrücke<strong>in</strong>nerhalb der Trappenpopulationenaus <strong>Brandenburg</strong> <strong>und</strong> der Extremadurakönnte dar<strong>in</strong> bestehen, daß dieLebens- <strong>und</strong> Paarungsstrategie derGroßtrappe e<strong>in</strong>e lokale Fixierung der F<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>t-Muster,unabhängig von ihrer regionalenoder territorialen Größe <strong>und</strong> Verteilungfördert. Nach bisherigen Kenntnissenbewahren Großtrappen e<strong>in</strong>e lebenslangeTreue zu ihrem lokalen Brutplatz(Philopatrie), mit e<strong>in</strong>er präadulten Dispersionsphaseüber relativ kurze Distanzen(ALONSO u. ALONSO 1992). Großtrappenbilden e<strong>in</strong> Paarungsmuster aus, beidem fortpflanzungsfähige Hennen ihrenGeschlechtspartner unter wenigen dom<strong>in</strong>antenHähnen auswählen (HELLMICH1991a u. b), die ihr Begattungsmonopoldurch <strong>in</strong>trasexuelles Konkurrenzverhaltenwährend der Vorbalzperiode err<strong>in</strong>gen(CARRANZA u. HIDALGO 1993). Schließlichist die Großtrappe e<strong>in</strong>e relativ langlebigeVogelart, deren Fortpflanzungsgeme<strong>in</strong>schaftenaus breit überlappenden Genera-


90 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996tionen bestehen können. Diese artspezifischenbiologischen <strong>und</strong> ökologischen Eigenschaftenkönnen e<strong>in</strong>zeln oder synergistischdah<strong>in</strong>gehend wirken, daß die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitvon Kopulationen zwischennahe verwandten Individuen anwächst<strong>und</strong> längerfristig zur Fixierung von lokalenGenotypen führen kann. Obwohl die vonuns ermittelten hohen Inzuchtraten <strong>in</strong> beidenuntersuchten Populationen (Tab. 1)<strong>und</strong> der Grad ihrer genetischen Substrukturierung(Abb. 3) für die Wirksamkeit derartigersozio-ökologischer Mechanismensprechen, bleibt es weiteren Untersuchungenvorbehalten, die entscheidenden Faktorenfür die genetische Differenzierungvon Trappenpopulationen <strong>und</strong> ihre Konsequenzenfür optimale Schutzstrategienaufzuklären.DanksagungDie Verfasser danken Frau Anita Re<strong>in</strong>schfür technische Assistenz im Labor <strong>und</strong> FrauBirgit Block für Unterstützung bei der Feldarbeit.Die Untersuchungen wurden durch dieDeutsche Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft (PI265/2-1) gefördert.5. ZusammenfassungDie genetischen F<strong>in</strong>gerabdrücke der DNAvon 25 Großtrappen (Otis tarda) aus zweiregionalen Populationen <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>/Deutschland<strong>und</strong> der Extremadura/Spanienwurden mit Hilfe der hypervariablenOligonukleotidsonde (GGAT)4hergestellt. Unter der Annahme, daß jedeDNA-Bande e<strong>in</strong> Allel e<strong>in</strong>er hypervariablenM<strong>in</strong>isatellitenregion darstellt, wurden <strong>in</strong>sgesamt56 unterschiedliche DNA-Bandenzur Bestimmung der mittleren Bandenhäufigkeitgenutzt. Die experimentell bestimmtenBandenhäufigkeiten zeigten <strong>in</strong>Komb<strong>in</strong>ation mit e<strong>in</strong>er Eichkurve (KUHN-LEIN et al. 1990), daß <strong>in</strong> beiden Trappenpopulationenbeträchtliche Inzucht stattgef<strong>und</strong>enhat. Artspezifische Lebens- <strong>und</strong>Fortpflanzungsstrategien der Großtrappe,wie Brutplatztreue, Geschlechtsunterschiede<strong>in</strong> der Wanderbewegung, Wahldes Paarungspartners <strong>und</strong> Generationsüberlappung,könnten natürliche Ursachender Inzucht se<strong>in</strong>.SummaryDNA from 25 Great Bustards (Otis tarda)collected from two regional populations <strong>in</strong><strong>Brandenburg</strong>/Germany and Extremadura/Spa<strong>in</strong>were f<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>ted with the hypervariableprobe (GGAT)4. A total of 56different bands was used to calculate theaverage band frequency, assum<strong>in</strong>g eachband represents an allele of a hypervariablem<strong>in</strong>isatellite region. The experimentallydeterm<strong>in</strong>ed band frequencies comb<strong>in</strong>edwith a standard curve for estimation of<strong>in</strong>breed<strong>in</strong>g from band frequencies [Kuhnle<strong>in</strong>et al., 1990] support the view that thesepopulations are considerably <strong>in</strong>bred.This might be caused by unique aspects oflife history parameters of the species, suchas philopatry, sexual differences <strong>in</strong> dispersal,mat<strong>in</strong>g preferences, and overlapp<strong>in</strong>ggenerations.LiteraturALONSO, J.C.; ALONSO, J.A. 1992: Male-biased dispersal<strong>in</strong> the Great Bustard Otis tarda. -Ornis Scand.23: 81-88BURKE, T.; BRUFORD, M.W. 1987: DNA f<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>g<strong>in</strong> birds. Nature (Lond.) 327: 149-152CARRANZA, J.; HIDALGO, S.J. 1993: Condition-dependenceand sex traits <strong>in</strong> the male great bustard. -Ethology 94: 187-200GREENWOOD, P.J.; HARVEY, P.H., PERRINS, C.M.1978: Inbreed<strong>in</strong>g and dispersal <strong>in</strong> the Great Tit. -Nature271: 52-54GRUNDER, A.A.; SABOUR, M.P.; GAVORA, J.S. 1994:Estimates of relatedness and <strong>in</strong>breed<strong>in</strong>g <strong>in</strong> goosestra<strong>in</strong>s from DNA f<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>ts. -Animal Genetics 25:81-88Großtrappe eFoto: H. LitzbarskiGreat Bustard eHELLMICH, J. 1991a: El display de cortejo de laAvutarda (Otis tarda L.). -ALYTES monografia 2: 127-150HELLMICH, J. 1991 b: Sobre el sistema de apareamientode la Avutarda (Otis tarda L.). -ALYTES monografia2: 151-162KELLER, L.F., ARCESE, P., SMITH, J.N.M., HOCH-ACHKA, W.M., STEARNS, S.C. 1994: Selection aga<strong>in</strong>st<strong>in</strong>bred song sparrows dur<strong>in</strong>g a natural population bottleneck.-Nature 372: 356-357KUHNLEIN, U.; ZADWORNY, D.; DAWE, Y.; FAIR-FUL, R.W.; GAVORA, J.S. 1990: Assessment of <strong>in</strong>breed<strong>in</strong>gby f<strong>in</strong>gerpr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>g: Development of a calibrationcurve us<strong>in</strong>g def<strong>in</strong>ed stra<strong>in</strong>s of chickens. -Genetics 125:161-165LONGMIRE, J.L. 1989: Molecular genetic studies ofendangered species. Northwest Association of ForensicScientists Spr<strong>in</strong>g 1989 Meet<strong>in</strong>g Abstracts. 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NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 91-94 91WOLF JÜRGEN STREICH, CHRISTIAN PITRA, HEINZ LITZBARSKI, CHRISTIANE QUAISSERZur Populationsdynamik der Großtrappe (Otis t. tarda L.,1758) – e<strong>in</strong>e Computersimulation1. Das SimulationsprogrammVORTEXComputersimulationen erlangen zunehmendeBedeutung im Rahmen von PopulationsgefährdungsanalysenbedrohterSpezies. Mit ihrer Hilfe lassen sich die Konsequenzenunterschiedlicher Maßnahmenzur Rettung der gefährdeten Populationim voraus abschätzen, sofern man bei derInterpretation der Resultate die spezifischenVoraussetzungen <strong>und</strong> Eigenschaftendes verwendeten Modells berücksichtigt(SOULE 1987, BURGMAN et al. 1992,BOYCE 1992, LACY 1993, PITRA et al.1995). So können Management-Entscheidungenauf der Basis quantitativer Aussagenvorbereitet werden. Das von den Autorenverwendete SimulationsprogrammVORTEX (LACY et al. 1995) ist das wohlbekannteste <strong>und</strong> meistgenutzte se<strong>in</strong>er Art(LACY 1993). Es wurde von Mitgliedernder Captive Breed<strong>in</strong>g Specialist Group(Species Survival Commission der IUCN[International Union for Conservation ofNature and Natural Resources]) 1989/90entwickelt <strong>und</strong> seitdem im Rahmen zahlreicherPopulationsgefährdungsanalysen –oft unter IUCN-Regie – e<strong>in</strong>gesetzt. Beispieles<strong>in</strong>d neben vielen anderen das Spitzmaulnashorn(Diceros bicornis), der Florida-Puma(Felis concolor coryi), der Schreikranich(Grus americana) <strong>und</strong> die Puerto-Rico-Amazone (Amazona vittata) (LACY1993).VORTEX ist e<strong>in</strong> Programm zur Simulationder Entwicklung kle<strong>in</strong>erer Populationenüber e<strong>in</strong>en gewünschten Zeitraum. Esbenötigt Informationen über Größe <strong>und</strong>Struktur (Alter, Geschlecht) der zu simulierendenPopulation, populationsbiologischeParameter (Reproduktion, Mortalität),Variabilität dieser Parameter <strong>in</strong> verschiedenenJahren, Lebensraumkapazität,Migration sowie über vorgesehene Entnahmeoder Auswilderung von Tieren.VORTEX bedient sich der sogenanntenstochastischen Simulation. Das Pr<strong>in</strong>zip diesesVerfahrens kann hier nur angedeutetwerden – genauere Beschreibungen s<strong>in</strong>dz.B. <strong>in</strong> LACY 1993 oder BURGMAN et al.1992 zu f<strong>in</strong>den. Ausgangspunkt der Simulationist e<strong>in</strong>e im Computer gespeicherteStartpopulation mit bekannter Alters- <strong>und</strong>Geschlechtsstruktur. Für diese Startpopulationwerden aufe<strong>in</strong>anderfolgende Reproduktionszyklensimuliert. Im Verlauf e<strong>in</strong>essolchen Reproduktionszyklus wird jedesPopulationsmitglied Zufallsprozessenunterworfen, die bestimmen, ob <strong>und</strong> mitwem es sich paart, ob <strong>und</strong> wieviele Nachkommenvon ihm gezeugt werden <strong>und</strong> obes den Reproduktionszyklus überlebt. DieseZufallsprozesse s<strong>in</strong>d so konstruiert, daßdie alters- <strong>und</strong> geschlechtsspezifischenWerte der populationsbiologischen Parameter(s. Tab. 1) über e<strong>in</strong>e längere Zeit imMittel e<strong>in</strong>gehalten werden, daß aber imE<strong>in</strong>zelfall durchaus Abweichungen möglichs<strong>in</strong>d. Schwankungen der Umweltbed<strong>in</strong>gungen(z.B. durch Wetter, Futterverfügbarkeit)werden dadurch simuliert, daßbetroffene Modellparameter von Jahr zuJahr zufällig um das beobachtete Mittelschwanken, <strong>und</strong> zwar im Rahmen dertatsächlich beobachteten oder der geschätztenVariationsbreite des Parameters.Die Simulation dieser sogenannten Umweltstochastizitätist gerade für kle<strong>in</strong>e Populationenvon besonderer Bedeutung, dafür sie Umweltschwankungen existenzbedrohendse<strong>in</strong> können, während große Populationenals Folge „schlechter Jahre“zwar zurückgehen, aber eher die Möglichkeitzur Regeneration haben.Die e<strong>in</strong>zelne Simulation ist zufallsgesteuert<strong>und</strong> kann nicht Gr<strong>und</strong>lage von Prognosense<strong>in</strong>. Deshalb wird die Simulation über e<strong>in</strong>engewünschten Zeitraum (z.B. 50 Reproduktionszyklenbzw. Jahre) vielfachwiederholt, so daß die Resultate statistischausgewertet werden können. Auf dieseWeise kann e<strong>in</strong>e mittlere Entwicklung imZeitverlauf prognostiziert werden, <strong>und</strong> eskönnen darüber h<strong>in</strong>aus Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsaussagenzur Entwicklung der Populationgetroffen werden. Die anzugebendeVarianz der E<strong>in</strong>gabeparameter kann entwedertatsächlich beobachtet oder durchungenaue Kenntnis bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>. Das Modellquittiert größere Varianzen <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>gabedadurch, daß die Streuung der Ergebnisparameteransteigt, d. h., daß dieGenauigkeit der Vorhersage abnimmt.Selbstverständlich ist es nicht möglich, ultimativvorherzusagen, ob e<strong>in</strong>e reale Populatione<strong>in</strong>en gewissen Zeitraum über-Tabelle 1: Populationsbiologische <strong>und</strong> demographische Parameter derGroßtrappeParameter Spanne lt. Literatur verwendeter Wertm<strong>in</strong>imales Brutalter d 2-4 Jahre 2 Jahrem<strong>in</strong>imales Brutalter e 4-6 Jahre 5 Jahremaximales Brutalter d22 Jahremaximales Brutalter e22 JahreGeschlechtsverhältnis beim Schlüpfen 1:1Anteil brütender Hennen 92,1% 90%kopulierende Hähne (% adulte Hähne) 8% - 66% 40%maximale Gelegegröße 3 Eier 2 Eierdurchschnittliche Gelegegröße 1.54-2.40 Eier 1.74 EierGelegeverluste 15% - 95% 20% - 80%Schlupfrate (% der nicht zerstörten Eier) 40% - 69% 60%Mortalität d im 1. Lebensjahr 27% - 79% 20% - 80%Mortalität e im 1. Lebensjahr 27% - 79% 40% - 100% ) 1Mortalität e im 2. Jahr 10%Mortalität e im 2. Jahr 20%Mortalität e im 3. Jahr 20%Mortalität e im 4. Jahr 10%Mortalität e im 5. Jahr 7%adulte Mortalität d 1.5% - 8% 5%adulte Mortalität e 1.5% - 8% 7%Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für W<strong>in</strong>terflucht 25%Zusatzverluste <strong>in</strong> Jahren mit W<strong>in</strong>terflucht 20%Größe der Startpopulation30 TiereHabitat-Kapazität100 Tiere1 Die Mortalität der männlichen Trappen im 1. Lebensjahr wurde pr<strong>in</strong>zipiell 20% höherangesetzt als diejenige der weiblichen.Biological and demographic parameters of the Great Bustard regard<strong>in</strong>g the population


92 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996dauern wird oder nicht. H<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>dWahrsche<strong>in</strong>lichkeitsaussagen über dasAussterben der Population <strong>in</strong> diesem Zeitraummit VORTEX möglich. Stirbt die Populationz.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>tausend wiederholtenSimulationen über 50 Jahre e<strong>in</strong>h<strong>und</strong>ertmalaus, so wird man die Aussterbewahrsche<strong>in</strong>lichkeitfür 50 Jahre mit 10 % angeben.Im Vergleich zu anderen Methodenkommt das Verfahren mit e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>imume<strong>in</strong>schränkender Modellannahmen aus.Darüber h<strong>in</strong>aus ist es möglich, auch dieLangzeitauswirkung von Ereignissen e<strong>in</strong>zubeziehen,die – wie etwa die W<strong>in</strong>terfluchte<strong>in</strong>er Trappenpopulation – nicht <strong>in</strong>jedem Jahr auftreten. Die geschätztenWahrsche<strong>in</strong>lichkeiten solcher Ereignissewerden dem Modell mitgeteilt, <strong>und</strong> überihre Auswirkungen auf Reproduktion <strong>und</strong>Mortalität werden plausible Annahmengemacht. Schließlich können <strong>in</strong> gewissenGrenzen auch Aussagen zum genetischenSchicksal der Population getroffen werden,da die Simulation bis auf die Ebeneder Individuen zurückgeht <strong>und</strong> auf dieseWeise Stammbäume erzeugt, welche dieBerechnung von Verwandschafts- <strong>und</strong> Inzuchtgradenzulassen.2. Simulation vonPopulationen derGroßtrappe2.1 BasisszenariumIn der vorliegenden Untersuchung geht esum die Frage: Unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen<strong>und</strong> wie lange können kle<strong>in</strong>e Populationender Großtrappe überleben? Diese Frage istnicht nur für mitteleuropäische Restpopulationender Großtrappe von Interesse,sondern auch für die wenigen verbliebenengrößeren Bestände, wo sich der Bestandsrückgang– wie etwa <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen spanischenE<strong>in</strong>standsgebieten – ebenfalls überIsolation <strong>und</strong> Aussterben kle<strong>in</strong>erer Gruppenam Rand der Kernpopulationen vollzieht(HELLMICH 1995). Für alle durchgeführtenSimulationen wurden – sofernnicht ausdrücklich anders erwähnt – diegleichen Parameter zugr<strong>und</strong>egelegt. Hierfürwurden aus verschiedenen Publikationenzusammengetragene Angaben <strong>in</strong> derRegel gemittelt. H<strong>in</strong>zugezogen wurdenArbeiten der Autoren M. DORNBUSCH,A. EISENBERG, V. ENA, S. FARAGÓ (1983-1992), A. FESTETICS, V. E. FLINT, W. GE-WALT, GLUTZ VON BLOTZHEIM, J. HELL-MICH, R. HUTTERER, A. V. KHRUSTOV,G. KLAFS, O. KÖNIG, B. LITZBARSKI(1983-1993), H. LITZBARSKI, A. LUCIO,B. LUDWIG, L. LUKSCHANDERL, S. PE-Tabelle 2: Mittlere jährliche Wachstumsraten r 1 der 100-JahresSimulation für e<strong>in</strong>e Population von 30 Tieren 2Mortalität imGelegeverluste1. Jahr 3 20% 40% 60% 80%30% 9,17±0,12 4,39±0,14 -2,22±0,19 -10,94±0,2840% 6,75±0,13 2,11±0,14 -4,36±0,20 -11,60±0,2950% 4,11±0,14 -0,52±0,18 -6,69±0,25 -13,15±0,3060% 1,04±0,17 -3,15±0,20 -8,72±0,27 -14,18±0,3070% -2,51±0,21 -6,95±0,27 -10,65±0,29 -15,96±0,3180% -6,84±0,30 -9,54±0,30 -12,69±0,30 -17,73±0,3290% -10,63±0,30 -11,99±0,30 -14,25±0,28 -19,75±0,311 Tabellenwerte: r*1002 Positive Wachstumsraten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Tabelle weiß unterlegt3 mittlere Mortalität: siehe Bemerkung zu Tab. 1Medium annual growth rates r 1 of the simulation of 100 years for a population of30 animals 2Tabelle 3: Jährlich auszuwildernde Anzahl von Tieren zurAufrechterhaltung e<strong>in</strong>er Population von 30 Großtrappen% Mortalität im 1. Jahr 1% Gelegeverluste 30 40 50 60 70 80 9020 (0,3) (5,5) (20,20)40 (1,1) (1,2) (3,4) (7,8) (20,20)60 (0,1) (0,2) (2,2) (2,3) (5,5) (5,10) (20,20)80 (2,2) (2,3) (2,4) (3,5) (7,7) (10,10) (20,30)1 mittlere Mortalität: siehe Bemerkung zu Tab. 1Annual amount of animals to be reared for ma<strong>in</strong>ta<strong>in</strong><strong>in</strong>g a population of 30 GreatBustardsRIS, R. L. POTAPOV, E. RUTSCHKE, C.SAN SEGUNDO ONTIN (Literatur beimVerfasser), mündliche Mitteilungen von J.C. ALONSO <strong>und</strong> J. HELLMICH sowie unveröffentlichteDaten von B. LITZBARSKI<strong>und</strong> H. LITZBARSKI. Die verwendeten Parameters<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 1 zusammengestellt.Als Altersstruktur wurde die vonVORTEX errechnete stabile Altersverteilungverwendet.2.2 Simulation ohne AuswilderungFür das Überleben e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Populationvon 30 Großtrappen s<strong>in</strong>d die Gelegeverlustesowie die Überlebensrate derJungtrappen im ersten Lebensjahr besonderskritische Parameter. Deshalb wurdefür verschiedene Komb<strong>in</strong>ationen dieserbeiden E<strong>in</strong>flußgrößen die mittlere Wachstumsrater der Population im Laufe e<strong>in</strong>erSimulation über 100 Jahre berechnet. DieResultate der Simulationen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tab. 2<strong>und</strong> Abb. 1 zusammengefaßt. Jede der vierKurven entspricht e<strong>in</strong>em festen Wert fürdie Gelegeverluste bei unterschiedlichen(auf der Abszissenachse ersichtlichen)Überlebensraten der geschlüpften Kükenim ersten Lebensjahr. Auf der Ord<strong>in</strong>atenachseist jeweils die berechnete mittlereWachstumsrate abgetragen. NegativeWachstumsraten bedeuten das sichereAussterben der Population. Nur bei mittlerenWachstumsraten oberhalb der durchgezogenenNull<strong>in</strong>ie hat die Populationlangfristig e<strong>in</strong>e Überlebensmöglichkeit.Die Abbildung zeigt, unter welchen Voraussetzungenfür Gelegeverluste <strong>und</strong> 1-Jahres-Mortalität positive Wachstumsratenerreicht werden können.2.3 Simulation mit AuswilderungDie Simulationen <strong>in</strong> 2.2 gehen davon aus,daß der Mensch nicht direkt <strong>in</strong> die Populationsentwicklunge<strong>in</strong>greift. Im Unterschiedhierzu wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten Serie von Simulationene<strong>in</strong>e gleichbleibende jährlicheAuswilderung von Jungtrappen angenommen.Dabei wurden die gleichen Wertewie oben bei Gelegeverlusten <strong>und</strong> Mortalitätim 1. Jahr zugr<strong>und</strong>egelegt, <strong>und</strong> eswurde ebenfalls über e<strong>in</strong>en Zeitraum von100 Jahren simuliert. Ziel war es, die m<strong>in</strong>imaleAnzahl von jährlich auszuwilderndenTieren zu ermitteln, bei der noch positiveWachstumsraten im Mittel der 100-Jahres-Simulation erzielt werden. Die Ergebnisses<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 3 zusammengefaßt, wobei<strong>in</strong> der üblichen Notation z.B. (2,3) für 2männliche <strong>und</strong> 3 weibliche Tiere steht, dieim Alter von 2 bis 3 Monaten ausgewildert


WOLF JÜRGEN STREICH ET AL.: ZUR POPULATIONSDYNAMIK DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) - EINE COMPUTERSIMULATION 93werden. Da VORTEX e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>zufügen vonTieren erst nach Ablauf des 1. Lebensjahresgestattet, wurde die Anzahl der auszuwilderndenTiere durch Extrapolation entsprechendder Mortalität im 1. Lebensjahrermittelt.2.4 Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeitenE<strong>in</strong>e im Mittel positive Wachstumsratekann auch dann zustandekommen, wenne<strong>in</strong>ige der zur Mittelung herangezogenenSimulationsgänge negative Wachstumsratenaufweisen bzw. sogar mit dem Aussterbenenden. E<strong>in</strong>e wichtige ergänzendeInformation ist deshalb die Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeitder Population. Abb. 2zeigt Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten für50 Jahre <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Mortalitätim 1. Jahr bei 20 % Gelegeverlusten.Abb. 1Mittlere jährliche Wachstumsraten e<strong>in</strong>er Population von 30 Tieren bei e<strong>in</strong>er 100-Jahres-SimulationMedium annual growth rates of the simulation of 100 years for a population of 30 animals3. DiskussionAbb. 2Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten e<strong>in</strong>er 30-Trappenpopulation für 50 Jahre bei 20 % Gelegeverlustensowie unterschiedlichen 1-Jahres-MortalitätenPossibilities of survival of a population consist<strong>in</strong>g of 30 Bustards for a period of 50 years at rate of 20%of destroyed clutches as well as different mortalities for one yearAbb. 1 stellt dar, welche M<strong>in</strong>destbed<strong>in</strong>gungenfür das Überleben e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>enTrappenpopulation ohne Hilfestellung desMenschen erforderlich s<strong>in</strong>d. Die Ergebnissezeigen, daß langfristig positive Wachstumsratennur bei Gelegeverlusten von20 % bzw. höchstens 40 % möglich s<strong>in</strong>d.10 % bis 20 % ist die Größenordnung dernatürlichen Gelegeverluste ohne Landwirtschaft.In Gebieten mit <strong>in</strong>tensiverLandwirtschaft h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d Gelegeverlustevon 60 % bis 80 % (eher bei 80 %)kaum vermeidbar. Die Simulationsergebnissebestätigen also, daß selbst optimaleBed<strong>in</strong>gungen für die Kükenaufzucht diePopulation <strong>in</strong> Gebieten <strong>in</strong>tensiver Landwirtschaftnicht vor dem Aussterben bewahren.Ohne menschliche Hilfe ist das Erlöschensolcher Populationen vorprogrammiert.Ger<strong>in</strong>ge Gelegeverluste durch Verzichtauf <strong>in</strong>tensive Landwirtschaft genügenjedoch nicht alle<strong>in</strong>, um positiveWachstumsraten zu erzielen. Hierzu gehörenaußerdem noch günstige Aufzuchtbzw.Überlebensbed<strong>in</strong>gungen für Küken<strong>und</strong> Jungtrappen – die Mortalität im erstenLebensjahr darf gemäß der Computersimulationnicht mehr als 60 % betragen(Abb. 1). Selbst für spanische Trappenpopulationenunter vergleichsweise gutenBed<strong>in</strong>gungen wird die Mortalität im erstenLebensjahr auf kaum unter 50 % geschätzt(HELLMICH 1995, mündl.). 60 % juvenileMortalität s<strong>in</strong>d daher ebenfalls nur beiguten Voraussetzungen erreichbar. Dasbedeutet <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong> gutes Futterangebot<strong>in</strong> der Nähe des Brutplatzes (LITZ-BARSKI et al.1987) sowie e<strong>in</strong>en mäßigenPrädatorendruck. Mit 20 % Gelegeverlusten<strong>und</strong> 60 % juveniler Mortalität ist daslangfristige Überleben der Population allerd<strong>in</strong>gsimmer noch nicht sicher. Gemäßden IUCN-Gefährdungskategorien darfhierfür (neben weiteren Bed<strong>in</strong>gungen) dieWahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Aussterbens <strong>in</strong> 50Jahren nicht über 10 % liegen (MACE et al.1992). Nach Abb. 2 ist das erst bei höchstens20 % Gelegeverlusten <strong>und</strong> 50 %Mortalität im ersten Lebensjahr gesichert.Da optimale Verhältnisse <strong>in</strong> Kulturlandschaftenkaum oder nur langfristig geschaffenwerden können, ist die menschlicheUnterstützung durch Auswilderungkünstlich erbrüteter <strong>und</strong> aufgezogenerKüken zur Zeit der e<strong>in</strong>zige Weg zur Bestandserhaltung.Die Simulationsergebnisse<strong>in</strong> Tabelle 3 zeigen, wie die Anzahl jährlichauszuwildernder Jungtrappen <strong>in</strong> Abhängigkeitvon den äußeren Bed<strong>in</strong>gungenvariiert. In Gebieten <strong>in</strong>tensiver Landwirtschafts<strong>in</strong>d die zur Aufrechterhaltung derPopulation notwendigen Auswilderungszahlenpraktisch nicht erreichbar. Um aufrealistische Auswilderungszahlen zu kommen,muß das Habitat bestimmte M<strong>in</strong>destanforderungenerfüllen. Um z.B. mitweniger als 10 auszuwildernden Jungtrappenim Jahr e<strong>in</strong>e Population von 30 Trappenzu erhalten, dürfen nach Tabelle 3 dieGelegeverluste 40 % <strong>und</strong> die 1-Jahres-Mortalität 70 % nicht übersteigen. Daswiederum erfordert gegebenenfalls Maßnahmenzur Verbesserung des Habitates.Restpopulationen wie etwa im GroßtrappenschongebietBuckow (LITZBARSKI u.EICHSTÄDT 1993) können gegenwärtigalso nur mit e<strong>in</strong>er komb<strong>in</strong>ierten Strategieerhalten werden, die sowohl gezielte Verbesserungender Habitatqualität be<strong>in</strong>haltetals auch die Auswilderung von Jungtrappenvorsieht, welche <strong>in</strong> menschlicherObhut aufgezogen wurden.Zu den <strong>in</strong> den Tabellen 2 <strong>und</strong> 3 angeführtenErgebnissen muß noch angemerktwerden, daß sie eher als optimistischeSchätzungen anzusehen s<strong>in</strong>d. Sie beruhenauf moderaten Annahmen über W<strong>in</strong>terfluchtverluste,welche auf die milden W<strong>in</strong>terder letzten Jahre zugeschnitten s<strong>in</strong>d.Wie dramatisch die W<strong>in</strong>terflucht die Resultatebee<strong>in</strong>flussen kann, zeigt folgendesBeispiel: Unter den obengenannten Bed<strong>in</strong>gungenvon 40 % Gelegeverlusten <strong>und</strong>


94 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 199670 % juveniler Mortalität weist Tabelle 3(3,4) jährlich auszuwildernde Tiere für dieBestandserhaltung aus. Wird die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitfür W<strong>in</strong>terflucht von 25 %auf 50 % <strong>und</strong> die angenommene zusätzlicheVerlustrate <strong>in</strong> den Jahren mit W<strong>in</strong>terfluchtvon 20 % auf 33 % erhöht, so ergibtsich e<strong>in</strong> weitaus höherer Wert von(10,10) auszuwildernden Jungtrappen.Nur im jeweiligen E<strong>in</strong>standsgebiet kanne<strong>in</strong>geschätzt werden, ob die auf Gr<strong>und</strong>lageder örtlichen Gegebenheiten errechnetenZahlen an auszuwildernden Tierenbzw. zu bebrütenden Eiern e<strong>in</strong>e realisierbareGrößenordnung darstellen.Auf e<strong>in</strong>ige kritische Punkte der verwendetenSimulationsmethode soll h<strong>in</strong>gewiesenwerden. Hierzu gehört erstens, daß zwarfür die wichtigsten, jedoch nicht für alleE<strong>in</strong>gangsparameter gesicherte Werte vorliegen(siehe Tab. 1). Insbesondere trifftdas auf die Mortalitätsraten subadulterTiere zu (mit Ausnahme der Mortalität imersten Jahr). Sie wurden unter Berücksichtigungvon Angaben über die beobachteteZusammensetzung von Trappenpopulationennach Alter <strong>und</strong> Geschlecht geschätzt.Allerd<strong>in</strong>gs bee<strong>in</strong>flussen sie die Simulationsergebnissebei weitem nicht so massiv wiedie Gelegeverluste <strong>und</strong> die Mortalität im 1.Jahr. Zweitens wäre es wünschenswert gewesen,die vergangene Entwicklung e<strong>in</strong>erkonkreten Population im Modell nachzustellen.Das ist jedoch im Rahmen des verwendetenModells nicht möglich, weil sichdie Lebensbed<strong>in</strong>gungen der Großtrappen(e<strong>in</strong>schließlich der Entwicklung im <strong>Naturschutz</strong>)<strong>und</strong> ihr E<strong>in</strong>fluß auf populationsbiologischeParameter im Zeitraum der letzten10 bis 15 Jahre rapide gewandelt haben.VORTEX h<strong>in</strong>gegen setzt im wesentlichenkonstante (wenn auch um bestimmteMittelwerte schwankende) mittlere Parameterwerte<strong>und</strong> E<strong>in</strong>flüsse voraus. Drittensist die oben erwähnte Berechnung derAnzahl auszuwildernder Tiere durch Extrapolationnoch ke<strong>in</strong>e befriedigende Lösung.E<strong>in</strong>e entsprechende Modifikation des Modellsist vorgesehen.Trotz der angeführten E<strong>in</strong>schränkungenbietet die Computersimulation e<strong>in</strong>e Chance,das Verhältnis von Aufwand <strong>und</strong> Ergebnisnaturschützerischen Engagementsim voraus abzuschätzen <strong>und</strong> als e<strong>in</strong>e derEntscheidungsgr<strong>und</strong>lagen für Management-Maßnahmenzu verwenden. Vieleder oben aus Berechnungen abgeleitetenZusammenhänge s<strong>in</strong>d fraglos auch ohneSimulation evident, allerd<strong>in</strong>gs kaum so genauquantifizierbar, wie es die Simulationsergebnissegestatten.DanksagungDie Autoren danken den Herren J. Hellmich,J. C. Alonso <strong>und</strong> S. Faragó für hilfreicheDiskussionen zur E<strong>in</strong>schätzung e<strong>in</strong>zelnerpopulationsbiologischer Parameter.Die Arbeiten wurden vom BMBF gefördertim Rahmen e<strong>in</strong>es Projektes „<strong>Naturschutz</strong>management<strong>in</strong> der offenen agrargenutzten Kulturlandschaft am Beispieldes Biosphärenreservates Schorfheide-Chor<strong>in</strong>“.4. ZusammenfassungMittels Computersimulation wurden dieBed<strong>in</strong>gungen für das Überleben kle<strong>in</strong>erPopulationen der Großtrappe (Otis t.tarda) untersucht. Das Programm VOR-TEX zur Populationsgefährdungsanalysediente als Hilfsmittel. Als entscheidendeParameter für das Überleben erwiesen sichdie Gelegeverluste <strong>und</strong> die juvenile Mortalitätim ersten Lebenjahr. In e<strong>in</strong>er Serie vonSimulationen wurden kritische Schwellenwertefür diese Parameter gef<strong>und</strong>en. Populationenmit mehr als 40 % Gelegeverlustenoder mehr als 60 % juveniler Mortalitätpro Jahr können nicht längere Zeitüberleben. In e<strong>in</strong>er zweiten Serie von Simulationenwurde die Populationsentwicklungfür den Fall untersucht, daß diePopulation jährlich ergänzt wird durch dieAuswilderung vom Menschen aufgezogenerJungtrappen. Für zahlreiche Wertekomb<strong>in</strong>ationender beiden kritischen Parameterwurde berechnet, wieviele Jungtrappenjährlich m<strong>in</strong>destens auszuwildernwären, um den Bestand der Population zusichern. Die Ergebnisse zeigen, daß die Erhaltungvon Restpopulationen e<strong>in</strong>e komb<strong>in</strong>ierteStrategie zur Verbesserung der Qualitätdes Habitates sowie zur Aufzucht <strong>und</strong>der Auswilderung von Jungtrappen erfordert.SummaryThe VORTEX computer simulation programwas used to exam<strong>in</strong>e the viability ofsmall Great Bustard (Otis tarda) populations.Crucial reproduction parameters arethe percentage of destroyed clutches andthe mortality of chicks. We performed aseries of population viability analyses(PVA) to f<strong>in</strong>d out critical threshold valuesfor these parameters. Without supplementation,populations with > 40 % destroyedclutches or > 60 % chick-mortality werepredicted to have growth rates less thanzero <strong>in</strong> the long run. In a second series ofanalyses, we simulated the population development<strong>in</strong> case of supplementation byhandreared chicks. For various value comb<strong>in</strong>ationsof the two critical parametersmentioned above, we calculated the m<strong>in</strong>imumnumber of juvenile birds which mustbe added annually <strong>in</strong> order to keep the populationsize at start<strong>in</strong>g level. As conclusion,a strategy <strong>in</strong>clud<strong>in</strong>g both the improvementof habitat-quality and the releaseof handreared chicks is recommended.LiteraturBOYCE, M.S. 1992: Population Viability Analysis. -Ann. Rev. Ecol. Syst. 23: 481-506BURGMAN, M.A.; FERSON, S. a. H.R. AKCAKAYA1992: Risk assessment <strong>in</strong> conservation biology. Chapman& Hall, London: 7-64HELLMICH, J. 1995: Vortrag im Workshop „Conservationand Management of Great Bustard <strong>in</strong> Europa“,BuckowLACY, R.C. 1993: VORTEX: A Computer SimulationModel for Population Viability Analysis. -Wildl. Res.20: 45-65LACY, R.C., HUGHES, K. a. P.S. MILLER 1995: VOR-TEX: A stochastic simulation of the ext<strong>in</strong>ction process.Version 7 User’s Manual. IUCN/SSC Conservation Breed<strong>in</strong>gSpecialist Group, Apple Valley, MN, USA.LITZBARSKI, B., LITZBARSKI, H. <strong>und</strong> S. PETRICK 1987:Zur Ökologie <strong>und</strong> zum Schutz der Großtrappe (Otistarda) im Bezirk Potsdam. -Acta ornithoecol. 1(3) 199-244LITZBARSKI, H. u. D. EICHSTÄDT 1993: <strong>Naturschutz</strong><strong>und</strong> Landwirtschaft im GroßtrappenschongebietBuckow, Kreis Rathenow. -<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong><strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> 2(2) 37-45MACE, G.; COLLAR, N., COOKE, J.; GASTON, K.;GINSBERG, J.; LEADER WILLIAMS, N., MAUNDER, M.a. E.J. MILNER-GULLAND 1992: The development ofnew criteria for list<strong>in</strong>g species on the IUCN red list. Species19: 16-22PITRA, CH.; STREICH, W.J.; REINSCH, A.; FICKEL, J. u.W. MANN 1995: Die Population des Somali-Wildesels(Equus africanus somalicus Sclater) <strong>in</strong> menschlicherObhut: Demographische <strong>und</strong> genetische Aspekte –Der Zoologische Garten (NF) 65(4): 245-257SOULE, M.E. 1987: Where do we go from here ? In„Viable Populations for Conservation“ (Hrsg. M.E.Soule), Cambridge University Press. -Cambridge: 175-183VerfasserDr. Wolf Jürgen StreichProf.Dr. Christian PitraInstitut für Zoo- <strong>und</strong> WildtierforschungPF 1103D-10252 Berl<strong>in</strong>Dr. He<strong>in</strong>z LitzbarskiLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station BuckowD-14715 BuckowChristiane QuaisserHumboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong>Projektgruppe <strong>Naturschutz</strong>Invalidenstr. 43D-10115 Berl<strong>in</strong>


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 95-98 95SÁNDOR FARAGóTrappenschutz <strong>in</strong> Ungarn – Theorie <strong>und</strong> Praxis1. E<strong>in</strong>führungDer <strong>in</strong> Europa, auch <strong>in</strong> Ungarn bislangpraktizierte Trappenschutz läßt den Schlußzu, daß es nicht nur e<strong>in</strong>e Methode für erfolgreicheSchutzbemühungen gibt. DieUmstände bestimmen die Auswahl derMethode. Es gibt jedoch Prioritäten, die fürdie Herausbildung e<strong>in</strong>er Schutzstrategieunerläßlich ist:- Vorrang hat der Schutz des Lebensraumes(Brut- <strong>und</strong> Überw<strong>in</strong>terungsgebiet),die Sicherung der Ungestörtheit.- Bei Gelegef<strong>und</strong>en sollten die Kükenmöglichst von der Henne selbst ausgebrütet<strong>und</strong> aufgezogen werden, um späterauftretenden schädlichen Folgen, diedurch die Handaufzucht von Küken verursachtwerden, zu vermeiden bzw. e<strong>in</strong>egrößere Vitalität der Küken zu gewährleisten.Die bei Gelegef<strong>und</strong>en unerläßlichenHandhabungen s<strong>in</strong>d zeitlich so zuplanen, daß sie e<strong>in</strong>en Tag vor Ende derBrut beendet werden <strong>und</strong> das Küken untere<strong>in</strong>er echten bzw. Adoptivhenneschlüpfen kann.- Bei der Aufzucht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Station ist derKontakt zwischen Mensch <strong>und</strong> Tier imH<strong>in</strong>blick auf die spätere Auswilderungzu m<strong>in</strong>imieren.- Es ist zu erwägen, sich auch mit der Gehegeaufzuchtauf der Basis der künstlichenBefruchtung befassen, um e<strong>in</strong>eweitere Möglichkeit zum Erhalt des Bestandeszu erschließen.Für die künstlich aufgezogenen Kükenmuß – wie auch für unter natürlichen Bed<strong>in</strong>gungenheranwachsende Küken <strong>und</strong>wie für adulte Tiere außerhalb des Vermehrungszyklus– ihr Überleben im Freilandbei ger<strong>in</strong>gster Mortalität gesichertse<strong>in</strong>. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e s<strong>in</strong>d der Schutzdes Lebensraumes <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Bewirtschaftungvon wesentlicher Bedeutung.2. Praxis desGroßtrappenschutzes<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e GrenzenDie bisherige Praxis des Großtrappenschutzes<strong>in</strong> Ungarn durch Aufzucht <strong>in</strong> derStation <strong>und</strong> im Freiland lieferte umfassendeErfahrungen.Das Ausbrüten der geretteten Eier <strong>und</strong> dieAufzucht der Küken können bei E<strong>in</strong>haltungder Bruttechnologie <strong>und</strong> des Fütterungsregimeszu guten Resultaten führenPopulation<strong>und</strong> UmweltE<strong>in</strong>heit von Forschung <strong>und</strong> praktischer <strong>Naturschutz</strong>arbeitim Trappenschutzgebiet Ungarns<strong>Naturschutz</strong>tätigkeitHabitatsentwicklungSchongebieteESAGelegeüberwachungEieraustauschRettungTabelle 1: Empfohlene Saat- <strong>und</strong>Pflanzenstruktur (FATÉRu. NAGY 1993)Grünland 30 - 50 %W<strong>in</strong>terhalmfrüchte 15 - 25 %Schmetterl<strong>in</strong>gsblütler 10 - 15 %Raps 3 - 5 %Erbsen, Glanzgras, Hirse 5 - 10 %Sonnenblumen, Mais 3 - 5 %Brache 10 - 30 %Insgesamt 100 %Recommended seed and plant structures(FATER and NAGY 1993)ForschungPopulationsuntersuchungenUmweltuntersuchungenMigrations- <strong>und</strong>ZuguntersuchungenEthologischeUntersuchungenGelegehaltungUntersuchung derAuswilderungErforschung derkünstlichen VermehrungZuchtAuswilderung (Dichteerhöhung)Unity of research and nature conservation management <strong>in</strong> the Great Bustard nature Reserve of HungaryAbb. 1(FODOR et al. 1971, FARAGÓ 1989a).Weitgehend ungelöst ist <strong>in</strong> Ungarn heutedie erfolgreiche Auswilderung der aufgezogenenTiere sowie deren Beobachtung<strong>und</strong> Dokumentation. Es wäre ökologischbedenklich, die Praxis des Großtrappenschutzesnur auf die Aufzucht <strong>und</strong> Auswilderungder Großtrappen zu begründen.Der <strong>Naturschutz</strong> konzentrierte sich ausdiesem Gr<strong>und</strong>e auch auf den Gelegeschutz,wobei nachstehende Methodene<strong>in</strong>geführt wurden:- Ausweisen von Schutzzonen am F<strong>und</strong>ortder Gelege- damit komb<strong>in</strong>iert, Ausbrüten an Ort <strong>und</strong>Stelle durch Austausch der Eier- Adoption (Annahme der geschlüpftenKüken durch wilde oder <strong>in</strong> Volieren brütendeHennen). Diese Arbeit ist auf e<strong>in</strong>eerhöhte Überlebensrate der Küken gerichtet.Diese drei Methoden s<strong>in</strong>d, trotz ihrer gutenErgebnisse (Tab. 1) ökologisch als„symptomatische Behandlung“ anzusehen,solange die Ursachen für die Gefährdungder Art weiter bestehen. Sogar diegeretteten Küken werden <strong>in</strong> dieselbe starkgefährdete Umgebung zurückgebracht.Die nicht entdeckten Gelege s<strong>in</strong>d jedochweiterh<strong>in</strong> der Vernichtung ausgesetzt.Nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil des Großtrappenbestandeslebt <strong>in</strong> geschützten Gebieten, <strong>in</strong>denen ihr Lebensraum sicher ist. Die größteAnzahl der Tiere ist nur <strong>in</strong>folge ihresideellen Wertes geschützt. Die gegenwärtigenRegelungen des <strong>Naturschutz</strong>es ermöglichenes nicht, landwirtschaftlicheAckerflächen zu geschützten Gebieten zuerklären. Die gefährdeten Gelege der <strong>in</strong>diesen Gebieten lebenden Großtrappenkönnen entweder durch Gelegeschutzoder nach der Bergung <strong>und</strong> Aufzucht derKüken <strong>in</strong> Stationen gerettet werden. DieseBemühungen zeigen trotz der enormenmateriellen <strong>und</strong> geistigen Aufwendungenim Freiland nicht den notwendigen Erfolg.Deshalb müssen beim Großtrappenschutzdr<strong>in</strong>gend neue Wege beschritten werden.3. Gr<strong>und</strong>lagen für dieStrategie deskomplexen GroßtrappenschutzesDer Großtrappenschutz muß immer aufder E<strong>in</strong>heit von Forschung <strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>,die sich gegenseitig bed<strong>in</strong>gen, beruhen.Damit s<strong>in</strong>d zwei wichtige Zielstellungenverb<strong>und</strong>en:- Bestandsschutz im Freiland


96 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996- sowie Bearbeitung von Fragen der Gehegehaltungder Großtrappen (Abb. 1).Als Schwerpunkte der Forschung s<strong>in</strong>d zusehen:* die Untersuchung der Populationen <strong>und</strong>deren Umweltbed<strong>in</strong>gungen* die Untersuchung der Technologien derGehegehaltung.Für die praktischen Schutzmaßnahmens<strong>in</strong>d folgende Probleme zu lösen:* Gelegeüberwachung* Austausch von Eiern unter Bruthennen* künstlich Bebrütung geretteter Gelege* <strong>und</strong> der Zucht.Gr<strong>und</strong>legende Kenntnislücken gibt es h<strong>in</strong>sichtlich- des Zuges der Großtrappen <strong>und</strong> derräumlichen Verteilung als wichtige Faktoren,die die Bestandsveränderung bee<strong>in</strong>flussen(Zu- <strong>und</strong> Abwanderung)- des Verhaltens der Großtrappen, vor allembei der Wahl des Bruthabitats <strong>und</strong>bei der Migration- der Zucht, <strong>in</strong>sbesondere der ethologischenProbleme- der auf der künstlichen Befruchtung basierendenGehegehaltung, die im Falleanderer Trappenarten (Chlamydotis <strong>und</strong>ulata)bereits als gelöst zu betrachtenist- der Erarbeitung des öko-ethologischenH<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>es der E<strong>in</strong>gliederung vonGroßtrappenküken <strong>in</strong> den Wildbestand- der Erarbeitung <strong>und</strong> Anwendung verschiedenerMarkierungs- <strong>und</strong> Beobachtungsmethodenfür diese Untersuchungen- der Lebensraumbewirtschaftung alsGr<strong>und</strong>frage für die Erhaltung der Großtrappenbestände.4. Zur Bewirtschaftungdes LebensraumesDer Schwerpunkt des Großtrappenschutzesmuß auf der Gestaltung des Lebensraumesliegen, um die Populationsdichteder Art zu erhöhen. Bei ausreichenderIndividuenzahl kann man auch auf diekünstliche Aufzucht <strong>und</strong> Auswilderung derKüken verzichten.In der Bewirtschaftung des Lebensraumesder Großtrappe s<strong>in</strong>d folgende Aspekte zuberücksichtigen:- Der Umstand, daß die Großtrappenpopulationen<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Agrarumwelt umziehen,ist auf die dort vorherrschendengünstigeren Umweltverhältnisse zurückzuführen.Das gilt <strong>in</strong>sbesondere für dieFortpflanzungszeit, <strong>in</strong> der der Lebensraumder Hennen erheblich beschränktist (FARAGÓ 1992).- In den Agrarhabitaten s<strong>in</strong>d die Gelege <strong>in</strong>unterschiedlichem Maße gefährdet, wasmit unterschiedlichen Mortalitätsratene<strong>in</strong>hergeht (FARAGÓ 1993).- Da sich die Gelege hauptsächlich <strong>in</strong> derUmgebung der Balzplätze bef<strong>in</strong>den, istdas Gebiet für die Schutzarbeit topographischgut zu umreißen (FODOR et al.1971).- Die Herbst- <strong>und</strong> W<strong>in</strong>termigration derGroßtrappen ist vor allem darauf gerichtet,Futterplätze aufzuspüren, wobeisich beträchtliche Verluste ergeben (subadulte,adulte Mortalität). Ist das W<strong>in</strong>terfutter,vor allem Raps, <strong>in</strong> der Nähe derNistplätze gewährleistet, können nurdurch die Fernzüge Verluste verursachtwerden.- Es s<strong>in</strong>d also komplexe Lebensräume,Schongebiete für die Großtrappe zuschaffen – das heißt, der Balzplatz <strong>und</strong>se<strong>in</strong>e Umgebung bilden e<strong>in</strong> Mosaik vonnatürlichen <strong>und</strong> künstlichen Lebensräumen,wo die Lebensbed<strong>in</strong>gungen derArt – mit besonderem H<strong>in</strong>blick auf denFortpflanzungszyklus <strong>und</strong> die Überw<strong>in</strong>terung– das Jahr h<strong>in</strong>durch erfüllt werdenkönnen. Sie s<strong>in</strong>d besonders im Fortpflanzungszeitraumdurch e<strong>in</strong>e zurückhaltende,extensive, „trappenfre<strong>und</strong>liche“landwirtschaftliche Tätigkeit gekennzeichnet.- Wünschenswert wäre es, auch <strong>in</strong>nerhalbdieser Gebiete natürliche/naturähnlicheGrünlandgeme<strong>in</strong>schaften, die als Balzplätzegenutzt werden, zu Schutzgebietenzu erklären.Folgende Kriterien werden für die Auswahl<strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtung von Trappenschongebieten(FARAGÓ 1989b, 1992) vorgeschlagen:* Flächengröße: 500 bis 1000 ha, zu bevorzugenist die größere Fläche* Standort: Zentrum ist der traditionelleBalzplatz der Population auf GrünlandoderBracheflächen* Vegetation (Tab. 1): Im Frühjahr zusäende Kulturpflanzen sollten im allgeme<strong>in</strong>engemieden werden. Zu bevorzugens<strong>in</strong>d Pflanzen der 5. <strong>und</strong> 4. Bonitätsklasse.Empfehlenswert ist e<strong>in</strong> Verhältnisgleicher Teile von Grünland/Schmetterl<strong>in</strong>gsblütler <strong>und</strong> Getreide. Unerläßlichist der Rapsanbau als W<strong>in</strong>ternahrung,empfohlen wird die Herausbildungvon Brachen (z.T. nach Rapsanbau,mit starkem Wildwuchs).Auf allen Flächen mit Großtrappenbeständenist die Entwicklung solcher Schongebieteanzustreben.In mehreren Verbreitungsgebieten derGroßtrappe <strong>in</strong> Ungarn wird bei der Entwicklungder Lebensräume e<strong>in</strong>e beispielhafteArbeit geleistet, so im MOSON-PROJECT <strong>in</strong> der Kle<strong>in</strong>en Tiefebene (FA-RAGÓ 1992), <strong>in</strong> der Ebene von Heves(FATÉR <strong>und</strong> NAGY 1993), <strong>in</strong> der Hortobágy(KOVÁCS 1993) <strong>und</strong> im Raum desLandschaftsschutzgebietes Dévavány(KURPÉ 1995).Tabelle 2: Anzahl der im Freiland ausgebrüteten Trappenküken1991 bis 1994Jahr Landschaftsschutzgebiet Devavanya Nordungarn MME*Schutzzone Eieraustausch Adoption Insgesamt Schutzzonenmethode1991 1 11 2 14 101992 40 8 2 50 271993 26 6 2 34 151994 34 9 5 48 24Insgesamt 101 34 11 146 761991 bis 1994 durch Schutzzonenmethode 117 Kükendurch Eieraustausch34 Kükendurch Adoption11 KükenInsgesamt222 Küken*UNGARISCHER VEREIN f. ORNITHOLOGIE u. NATURSCHUTZ (Magyar Madartani esTermeszetvedelmi Egyesület)Die Eier wurden entweder im Freiland belassen (Schutzzone um die Gelege) oder sie wurdenzum Schutz vor Prädotoren <strong>in</strong> die Station Dévaványa zur Bebrütung gebracht <strong>und</strong>kurz vor dem Schlupf der Küken der Henne (Eieraustausch oder anderen Hennen untergegelegt).The eggs were either left <strong>in</strong> the field (protective zone aro<strong>und</strong> the nests) or they werebrought for <strong>in</strong>cubation <strong>in</strong>to the centre of Dévaványa to protect them for predators orthey were put <strong>und</strong>erneath the hen or other hens immediately before the chicks hatch(change of eggs ).Number of chicks bred <strong>in</strong> the field from 1991 – 1994.


SÁNDOR FARAGÓ: TRAPPENSCHUTZ IN UNGARN – THEORIE UND PRAXIS 97Aus dem Netz der Trappenschongebiete<strong>und</strong> der <strong>in</strong> ihrer Nähe liegenden <strong>Naturschutz</strong>gebietes<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Abhängigkeit von ihrerLage ökologisch sensible Gebiete (ESA– Environmentally Sensitive Areas) zu entwickeln(FATÉR <strong>und</strong> NAGY 1993) (Abb. 2).5. Gehegehaltung vonGroßtrappen als„Sicherheitsreserve“Selbst bei der gegenwärtigen Praxis, sobeim Austauschen der Eier <strong>und</strong> der Adoptionvon Küken durch Trapphennen, ist eserforderlich, die Eier aufzunehmen, dieKüken <strong>in</strong> Stationen auszubrüten <strong>und</strong> aufzuziehen.Die Gehegehaltung wird <strong>in</strong> dergegenwärtigen Situation zur Notwendigkeit.In Dévaványa konnten hierbei vieleErfahrungen gesammelt werden, die sich<strong>in</strong> der Zukunft bewähren können.Der Austausch der Eier im Freiland führtdazu, daß <strong>in</strong> der Station Dévaványa deutlichweniger Trappenküken aufgezogenwerden. Das vorrangige Ziel der Gehegehaltungist die Rückführung der schlüpfendenKüken oder der Jungtrappen <strong>in</strong> die Populationbei Gewährleistung der genetischenDiversität. E<strong>in</strong>e ausreichende Anzahlan auszuwildernden Vögeln kann nur mite<strong>in</strong>er modernen Zuchttechnologie produziertwerden, wie dies auch die Erfahrungenim Taif (Saudi-Arabien) bei der Kragentrappe(Chlamydotis <strong>und</strong>ulata) gezeigthaben.Auf diesem Gebiet begann die Forschungam Lehrstuhl für Fortpflanzungsbiologieder Agrarwissenschaftlichen UniversitätGödölló (Leitung Professor Dr. Péter Péczely).Die Gr<strong>und</strong>lage der Technologie istdie Erarbeitung erfolgreicher Technikender Samenentnahme, der Qualitätsbestimmung<strong>und</strong> Lagerung (Tiefkühlung) <strong>und</strong> imAnschluß daran die praktische Durchführungder künstlichen Befruchtung (Insem<strong>in</strong>ation).Die gegenwärtig im Versuchsstadiumbef<strong>in</strong>dliche Arbeit wäre bei Gel<strong>in</strong>genim Falle der Großtrappen e<strong>in</strong> Welterfolg.6. Die Forschung alsGr<strong>und</strong>lage für denSchutzBei der Arbeit zum Schutz der Großtrappeist die Kooperation mit Jägern, Landwirten,Naturschützern, Ornithologen usw.unerläßlich.H<strong>in</strong>sichtlich der Forschung <strong>und</strong> des operativenSchutzes wäre es wichtig, je Verbreitungsgebietder Großtrappen e<strong>in</strong>en hauptamtlichenReferenten für den Großtrappenschutze<strong>in</strong>zusetzen. In die Arbeit sollteAbb. 2:Zur Entwicklung von Trappenschongebieten empfohlene ökologisch sensible Gebiete (ESA) <strong>in</strong> Ungarn(FATÉR <strong>und</strong> NAGY 1993)Recommended ecologically sensible areas (ESA) for the development of conservation zones <strong>in</strong> Hungary(FATÉR and NAGY 1993)das eigenständige Trappenschutzprogrammdes Ungarischen Vere<strong>in</strong>s für Ornithologie<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> e<strong>in</strong>bezogenwerden.Bei der Forschung haben die verschiedenenLehr- <strong>und</strong> Forschungse<strong>in</strong>richtungenTeilaufgaben zu übernehmen <strong>und</strong> Vertreter<strong>in</strong> das beratende Gremium zu entsenden,das verantwortlich ist für die:- Bestimmung der Forschungsrichtung,Erarbeitung der Konzeption <strong>und</strong> derMethodik- Unterbreitung von Vorschlägen zur Auswertungder bei den Forschungen gesammeltenErfahrungen <strong>und</strong> ihre Umsetzung<strong>in</strong> die Praxis- Überprüfung der Wirksamkeit der e<strong>in</strong>geführtenMethoden <strong>und</strong> erforderlichenfallsVorschläge zu ihrer Änderung.Die territorial zuständigen Referenten fertigenJahresberichte an, welche die Gr<strong>und</strong>lagefür die Auswertungsarbeit <strong>und</strong> dieÜberprüfungen durch das beratende Gremiumbilden.Die gr<strong>und</strong>legende Bedeutung dieses Systemsbesteht dar<strong>in</strong>, daß Ergebnisse derForschungsarbeit sofort <strong>in</strong> die Praxis umgesetztoder fehlerhafte Tendenzen (<strong>und</strong>damit die dafür aufgewandten Geldmittel)<strong>in</strong> erfolgreichere Bahnen gelenkt werdenkönnen.Die nachstehenden Forschungsaufgabenhaben absolute Priorität.Freilandforschung:- Monitor<strong>in</strong>g der Veränderung des Raum-Zeit-Modells der Populationen alsGr<strong>und</strong>lage, Indikator <strong>und</strong> Ziel derSchutzarbeit- verhaltensökologische Untersuchungender Großtrappen <strong>in</strong> der Fortpflanzungsperiode(Auswahl des Brutplatzes, Brut,Nachwuchspflege usw.) <strong>und</strong> währendder Überw<strong>in</strong>terung- Nutzung <strong>und</strong> Wahl des Habitats durchdie Großtrappen- Migration der Großtrappen, Untersuchungder Beziehungen der Großtrappenpopulationenzue<strong>in</strong>ander durchMarkierung der Vögel- Faktoren, die die Mortalität/Natalitätder Großtrappen bee<strong>in</strong>flussen, e<strong>in</strong>schließlichder Untersuchung über Auswirkungenvon Prädatoren auf dieGroßtrappenbestände- Untersuchung der Auswirkungen derunterschiedlichen landwirtschaftlichenTechnologien (Möglichkeiten der extensivenBewirtschaftung- Überprüfen der Anpassung ausgewilderterVögel an den Wildbestand- Entwicklung effektiver Methoden derGelegeüberwachung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es wirksamenGelegeschutzes.Forschungen <strong>in</strong> Stationen:- Erarbeitung des Mustersystems der Fortpflanzung<strong>in</strong> Stationen


98 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996- Vervollkommnung der Bruttechnologiegeretteter Eier- Entwicklung der Haltungs- <strong>und</strong> Fütterungstechnologie.7. InternationaleZusammenarbeitDie <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit imTrappenschutz wird von Bird Life International(ICBP) Steppe and Grassland <strong>und</strong>Bird Group <strong>in</strong> der Great Bustard Work<strong>in</strong>gParty koord<strong>in</strong>iert. Ungarn ist <strong>in</strong> beidenGruppen vertreten, im Falle der letzten istUngarn sogar e<strong>in</strong>es der Gründungsmitglieder.Auf dem Gebiet der Freilandbestandsaufnahmeist e<strong>in</strong>e feste Arbeitsbeziehung zwischenUngarn <strong>und</strong> Österreich entstanden;die substantielle Zusammenarbeit mit derSlowakei hat begonnen. Notwendig istauch die Aufnahme von Beziehungen zuRumänien. Es bestehen Kontakte nachDeutschland <strong>und</strong> Spanien.Zwischen den Aufzuchtstationen Ungarns(Dévaványa), Deutschlands (Buckow),Rußlands (Saratow) <strong>und</strong> Saudi-Arabiens(Taif) s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>sichtlich der Zucht vonGroßtrappen enge Kontakte zu pflegen.8. Organisatorischer <strong>und</strong>f<strong>in</strong>anzieller H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>In Ungarn fällt der Großtrappenschutzgr<strong>und</strong>sätzlich <strong>in</strong> die Kompetenz des staatlichen<strong>Naturschutz</strong>es. Selbst erfolgreich arbeitendenichtstaatliche Organisationenwie der Ungarische Vere<strong>in</strong> für Ornithologie<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> s<strong>in</strong>d nicht <strong>in</strong> der Lage,diese komplexe Aufgabe zu übernehmen.Beide müssen eng zusammenarbeiten,wobei getrennte Aufgabenbereiche durchausdenkbar s<strong>in</strong>d.Die f<strong>in</strong>anziellen Mittel für den Großtrappenschutzwerden vom <strong>Naturschutz</strong>amtgesichert, das sie getrennt von den sonstigenGeldmitteln verwaltet. Das LandschaftsschutzgebietDévaványa <strong>und</strong> dieGroßtrappenstation sollten ebenfalls gesondertverwaltet werden.Die f<strong>in</strong>anziellen Mittel für die Großtrappenforschungens<strong>in</strong>d von den für Forschungenim <strong>Naturschutz</strong> bereitgestelltenMitteln zu trennen.Innerhalb der ökologisch sensiblen Gebieteist bei der Herausbildung der Trappenschongebietee<strong>in</strong>e enge Zusammenarbeitmit der zuständigen Hauptabteilung desLandwirtschaftsm<strong>in</strong>isteriums anzustreben.Nach mehrfachen Absichtserklärungenmuß man sich nun auf die Durchführungkonzentrieren.Von den für das Umweltschutzm<strong>in</strong>isteriumvorgesehenen f<strong>in</strong>anziellen Mitteln des„PHARE-Programms“ müssen erheblicheSummen für diese global gefährdete Artangewandt werden.Der Ungarische Vere<strong>in</strong> für Ornithologie<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> kann mit se<strong>in</strong>en eigenenMethoden <strong>und</strong> durch Erweiterung se<strong>in</strong>erSchutzprogramme andere Quellen für denGroßtrappenschutz erschließen.Es s<strong>in</strong>d alle möglichen ausländischen, <strong>in</strong>ternationalenMittel auch für die F<strong>in</strong>anzierungvon Teilprogrammen ausf<strong>in</strong>dig zumachen (beispielsweise die Mitwirkungvom WWF Österreich im Programm Kle<strong>in</strong>eTiefebene).9. ZusammenfassungDie Arbeit zum Schutz der Großtrappenhat <strong>in</strong> Ungarn e<strong>in</strong>e lange Tradition. DasUngarische Großtrappenschutzprogramm1994 – 2000 ist deshalb Herausforderung<strong>und</strong> Verpflichtung zugleich.Internationale Organisationen sowie die<strong>in</strong>ternationale Fachwelt blicken mit Aufmerksamkeitauf diese Arbeit. Die Realisierungdes Programms ist Bestätigung für dieReife <strong>und</strong> das Verantwortungsbewußtse<strong>in</strong>des ungarischen <strong>Naturschutz</strong>es <strong>und</strong> se<strong>in</strong>eBereitschaft, <strong>in</strong>ternational Verantwortungzu übernehmen. E<strong>in</strong> Unterbleiben oderH<strong>in</strong>auszögern würde die Vernichtung derArt <strong>in</strong> Ungarn beschleunigen.In der Praxis s<strong>in</strong>d erste Erfolge zu verzeichnen,die aber für die Erhaltung der Artnicht ausreichen. Deshalb muß beimGroßtrappenschutz unbed<strong>in</strong>gt als neuerWeg die E<strong>in</strong>heit von Forschung <strong>und</strong> Praxisdurchgesetzt werden. Die Schaffung entsprechendernatürlicher Lebensräume <strong>und</strong>Schongebiete ist e<strong>in</strong>e unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzungfür die Erhaltung derGroßtrappen. Die für die praktische Arbeit<strong>und</strong> für die Forschungsarbeit nötigen f<strong>in</strong>anziellenMittel könnten im Rahmen desPHARE-Programms bereitgestellt werden.Durch <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit mitden Stationen <strong>in</strong> Buckow (Deutschland),Saratov (Rußland) <strong>und</strong> Taif (Saudi Arabien)<strong>und</strong> den Nachbarländern werden die vielfältigentheoretischen <strong>und</strong> praktischen Erfahrungenauf diesem Gebiet genutzt bzw.forciert.SummaryThe work concern<strong>in</strong>g the protection ofGreat Bustards has had a long tradition <strong>in</strong>Hungary, therefore the establishment ofthe “Hungarian Program for the Protectionof Great Bustards 1994 – 2000“(Work<strong>in</strong>g Team Protection of Great Bustards1994) is both a challenge and acommitment. International organizationsas well as <strong>in</strong>ternational experts are very <strong>in</strong>terested<strong>in</strong> this work. The implementationof this program is a confirmation of thematurity and the sense of responsability ofthe Hungarian Conservation of Nature. Anommission or a delay of the work wouldaccelerate the destruction of the species <strong>in</strong>Hungary.Some positive results have been marked <strong>in</strong>practice, but this is not sufficient for preserv<strong>in</strong>gthe species. Thus, the <strong>in</strong>divisibilityof research and practice has to be implementedas a new measure <strong>in</strong> the field ofthe protection of Great Bustards. The establishmentof respective natural habitats andconservation zones is an essential preconditionfor the preservation of Great Bustards.Thef<strong>in</strong>ancial means neccessary forthe practical work and for research couldbe provided <strong>in</strong> the frame of the PHAREprogram. The various theoretical and practicalexperiences <strong>in</strong> this field are used andforced up by the <strong>in</strong>ternational cooperationwith the centres of Buckow (Germany),Saratov (Russia) and Taif (Saudi Arabia) aswell as the neighbour<strong>in</strong>g countries.LiteraturFARAGÓ, S. 1989a: Auswertung zehnjähriger Arbeitauf der Trappenfarm des LandschaftsschutzgebietesDévaványa. Erdészeti és Faipari Tudományos Közlemények.1: 81-143FARAGÒ, S. 1989b: E<strong>in</strong>fluß der Landwirtschaft auf denBestand der Großtrappen (Otis tarda L.) <strong>in</strong> Ungarn. -Nimröd Fórum: 12-30FARAGÒ, S. 1992: Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen der Erhaltungdes Großtrappenbestandes (Otis tarda L.) <strong>in</strong> Ungarn.-Sopron. Dissertation: 131 u. 251FARAGÓ, S. 1993: Möglichkeiten des Überlebenswildlebender Tierarten <strong>in</strong> landwirtschaftlicher Umgebung<strong>in</strong> Ungarn. - Budapest. -WWF-Heft 4: 24FATÉR, I. u. NAGY, Sz. 1993: Empfehlung zur Herausbildungtrappenschonender Gebiete im System umweltsensiblerGebiete. Ungarischer Vere<strong>in</strong> für Ornithologie<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong>. unveröff.-BudapestFODOR, T.; NAGY, L. u. STERBETZ, I. 1971: DieGroßtrappe. (ung.) Mezógazdasági Kiado. -BudapestKOVÁCS, G. 1993: Study of the colony and habitats ofthe Great Bustard (Otis tarda) <strong>in</strong> the region of the Hortobágybetween 1975 and 1992. (ung.) -Aquila 100.151-159KURPÉ, I. 1995: Beziehungen zwischen dem Trappenschutz<strong>und</strong> der Landwirtschaft im Raum des LandschaftsschutzgebietDévaványa. -<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong><strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> Heft 1/2 1996Dr. Sándor FaragóLehrstuhl für WildwirtschaftUniversität für Forst- <strong>und</strong> HolzwissenschaftenH-9400 SopronBajcsy-Zs. u. 4


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 99-102 99SIEGFRIED PETRICKZur Brutplatzwahl der Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)im Land <strong>Brandenburg</strong>1. E<strong>in</strong>leitungGroßtrappen s<strong>in</strong>d ursprünglich Bewohnerder weiten Steppenlandschaften Europas<strong>und</strong> Westasiens. Nachweise dieser Art s<strong>in</strong>daus verschiedenen Zeitepochen überliefert(KLAFS 1985).Seit dem Neolithikum konnte die Großtrappedie durch Ackerbau <strong>und</strong> Viehzuchtentstandenen Offenlandschaften als Lebensraumnutzen; sie wurde zum Kulturfolger.Die weiteste Verbreitung erreichtedie Großtrappe im Mittelalter, wobei sieebenfalls von der Art der Landnutzungprofitierte (KLAFS 1985).Seit über e<strong>in</strong>h<strong>und</strong>ert Jahren stehen denGroßtrappen <strong>in</strong> Deutschland nur noch <strong>in</strong>unterschiedlicher Intensität genutzte Äcker<strong>und</strong> Wiesen zur Verfügung. Brachen <strong>und</strong>Hutungen existieren seit dieser Zeit alsgroßräumige Nutzungsformen nicht mehr.Erst seit 1990 werden im Zuge der M<strong>in</strong>derungvon landwirtschaftlichen Überschüssenwieder verstärkt Äcker stillgelegt. Esentstehen meist kurzlebige Brachen.Die Großtrappe war <strong>in</strong> Deutschland imLaufe ihrer eng mit menschlicher Tätigkeitverb<strong>und</strong>enen Ausbreitungsgeschichte <strong>in</strong>der Lage, sich langsam wirkenden Veränderungen<strong>in</strong> der Landnutzung anzupassen.Die derzeit dramatische Situation derGroßtrappenpopulation Deutschlands iste<strong>in</strong> Ergebnis von tiefgreifenden Veränderungender Landnutzungsformen <strong>in</strong>nerhalbkürzester Zeit. Dieses zw<strong>in</strong>gt u.a. zuumfangreichen Analysen der lokalen Lebensgewohnheiten.Die vorliegende Untersuchung verfolgt dasZiel, das Verhalten der Großtrappen beider Brutplatzwahl zu analysieren, um darausSchlußfolgerungen für weiterführendeSchutzmaßnahmen ableiten zu können.2. Material <strong>und</strong> MethodeSeit 1973 werden gezielt Großtrappengelegekünstlich erbrütet <strong>und</strong> die Küken aufgezogen.Das erfolgte bis 1978 <strong>in</strong> der BiologischeStation Steckby (DORNBUSCH1995) (Akademie der Landwirtschaftswissenschaftender DDR, Institut für Landschaftsforschung<strong>und</strong> <strong>Naturschutz</strong> Halle)<strong>und</strong> seit 1979 <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow. Diese Gelege wurden nahezuvollständig bei landwirtschaftlichen Arbeitengef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> stammen aus dem gesamtenGebiet der DDR, hiervon der größteAnteil aus dem ehemaligen Bezirk Potsdam(seit 1990 Land <strong>Brandenburg</strong>).Bei der Auswertung wurden nur Gelegeberücksichtigt, die e<strong>in</strong>er Wildpopulationentstammen 1 . Bekannt waren1. der F<strong>und</strong>ort2. die Fruchtart, <strong>in</strong> der das Gelege gef<strong>und</strong>enwurde3. das Legedatum 2 .Diese Angaben s<strong>in</strong>d von 67,5 % aller Gelege(n = 562) aus den Jahren 1975 bis1994 bekannt. Insgesamt s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesemZeitraum 832 Gelege erfaßt worden. DieAngaben zu den Gelegen des Jahres 1974s<strong>in</strong>d nicht berücksichtigt worden, da Gelegeaus den Monaten April <strong>und</strong> Mai anteilmäßigstark unterrepräsentiert s<strong>in</strong>d.Die Fruchtarten – zur Auswertung <strong>in</strong> vierGruppen zusammengefaßt – repräsentierendie Hauptnutzungsformen <strong>in</strong> derLandwirtschaft:* Grünland (alle Ausbildungsformen)* Getreide (W<strong>in</strong>ter-, Sommer-, Futterge-Fußnote 1Die <strong>in</strong> Obhut der <strong>Naturschutz</strong>station Buckow gepflegtenGroßtrappen zeitigen Gelege. Diese (n = 63) werdennicht berücksichtigt, da den Hennen im Gehegenur e<strong>in</strong> sehr e<strong>in</strong>geschränktes Angebot an Nisthabitatenzur Verfügung steht.Fußnote 2Großtrappeneier s<strong>in</strong>d sehr dickschalig <strong>und</strong> zudem dunkelgefärbt <strong>und</strong> gefleckt, so daß e<strong>in</strong>e Ermittlung des Bebrütungsstandes,wie etwa bei Hühnereiern nichtmöglich ist. Somit erfolgte die Bestimmung des Legeterm<strong>in</strong>saus dem Schlupfdatum des Kükens m<strong>in</strong>us e<strong>in</strong>ermittleren Brutzeit von 25 Tagen.Abb. 1Rübenfelder s<strong>in</strong>d imGroßtrappene<strong>in</strong>standsgebietbei Buckow(<strong>Brandenburg</strong>,Deutschland) beliebteNistplätze, vor allemfür Hennen mit Nachgelegen.Die sehrger<strong>in</strong>gen ArthropodenbeständedieserFlächen ermöglichenaber ke<strong>in</strong>e erfolgreicheEntwicklung derKüken.Foto: H. LitzbarskiAt the NatureConservation Area ofBuckow (<strong>Brandenburg</strong>,Germany) fields ofturnip are very much <strong>in</strong>demand as nest<strong>in</strong>gplaces, especially forhens with a secondnest. Because of thelow offer ofarthropodes <strong>in</strong> thisarea there is nosuccessful developmentof chicks.


100 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Abb. 2Im ersten Drittel derLegeperiode nutzendie Hennen vor allemGetreidefelder zurEiablage. Währendder Brutzeit wächstdas Getreide <strong>in</strong> e<strong>in</strong>eHöhe, die für dieHennen <strong>und</strong> Kükennicht mehr optimalist.Dreier-Gelege s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>Deutschland seit etwa20 Jahren e<strong>in</strong>e großeAusnahme.Foto: B. LudwigIn the first time of thebreed<strong>in</strong>g seasons thehens use above allcereal crops for lay<strong>in</strong>geggs. S<strong>in</strong>ce this periodthe gra<strong>in</strong> grows <strong>in</strong> away which issuboptimal for thehens and chicks.Cluthes with threeeggs have been agreat exception s<strong>in</strong>cethe last 20 years.treide, hierbei alle Getreidearten ausschließlichMais)* Hackfrüchte (Kartoffeln, Rüben, zzgl.Mais <strong>und</strong> Kohl)* sonstige Ackerkulturen (<strong>in</strong>sbesondereLuzerne, Erbsen u.a., aber auch Feldfuttergemischewie Klee/Weidelgras, dieke<strong>in</strong>e Grünlandstandorte im eigentlichenS<strong>in</strong>ne darstellen).Brachen können aufgr<strong>und</strong> der Datenlagebisher nicht gesondert berücksichtigt werden.3. ErgebnisseGroßtrappen verfügen über e<strong>in</strong>e lange Legeperiode,die es ermöglicht, den Verluste<strong>in</strong>es Geleges mit Nachgelegen auszugleichen.Der früheste Legeterm<strong>in</strong> konnte mitdem 19.4. (Vollgelege am 20.4.) ermitteltwerden, der späteste bekannte Legeterm<strong>in</strong>ist der 27.7. Während dieser Zeit stehenden Großtrappenhennen e<strong>in</strong>e Vielzahl verschiedenerlandwirtschaftlicher Kulturenzur Verfügung.Vom Beg<strong>in</strong>n an bis etwa Mitte Mai werdenAckerkulturen, <strong>in</strong>sbesondere Getreide, alsNistplatz bevorzugt. 58 % aller bis MitteMai gef<strong>und</strong>enen Gelege stammen ausAckerkulturen. Erst ab Mitte Mai wird verstärktGrünland als Nistplatz gewählt. DerAnteil von Grünlandgelegen beträgt dann75 % an der Gesamtzahl aller Gelege (Tab.1 <strong>und</strong> Abb. 3).Diese Verteilung ist sowohl für die Gesamtheitals auch für die e<strong>in</strong>zelnen E<strong>in</strong>standsgebietenachzuweisen. Das E<strong>in</strong>standsgebietum Buckow (Landkreis Havelland)zeichnet sich aufgr<strong>und</strong> der geologischenSituation durch e<strong>in</strong>e enge Verzahnungvon Grünland- <strong>und</strong> Ackerstandortenaus. Hier brüten die Großtrappen traditionellgleichermaßen im Grünland wie auchauf Äckern. In diesem E<strong>in</strong>standsgebiet beträgtder Anteil der Ackerbruten mit e<strong>in</strong>emLegeterm<strong>in</strong> bis zum 10. Mai im Durchschnittaller Jahre 83 %, bei e<strong>in</strong>em Legeterm<strong>in</strong>bis zum 20. Mai noch immer 53 %.Erst ab Mitte Mai überwiegen die Grünlandbruten.Im E<strong>in</strong>standsgebiet Belziger Landschaftswiesen(Landkreis Potsdam-Mittelmark)gibt es e<strong>in</strong>e andere geologische Situation.Die im Urstromtal gelegene ausgedehnteWiesenebene wird nur am Rande vonmeist ortsnahen Ackerflächen e<strong>in</strong>gerahmt,an die sich die ausgedehnten Waldungendes Fläm<strong>in</strong>g <strong>und</strong> der Zauche anschließen.In diesem Gebiet s<strong>in</strong>d Großtrappen traditionellhäufig <strong>in</strong> den Wiesen zu f<strong>in</strong>den, diesie auch bevorzugt als Nistplatz nutzen.Abb. 3Clutch of GreatBustards <strong>in</strong><strong>Brandenburg</strong>


SIEGFRIED PETRICK: ZUR BRUTPLATZWAHL DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) IM LAND BRANDENBURG 101Tabelle 1: Verteilung der Legeterm<strong>in</strong>e (aufgeschlüsselt nach Monatsdekaden) <strong>und</strong> Fruchtarten aller auswertbarenGroßtrappengelegeLegeterm<strong>in</strong>/ April April Mai Mai Mai Juni Juni Juni Juli Juli JuliFruchtart (2) (3) (1) (2) (3) (1) (2) (3) (1) (2) (3)Getreide 2 27 53 17 6 4 1 3 - 1 -Hackfrüchte - 4 7 6 11 10 18 14 2 1 2sonstigeAckerkulturen 1 2 5 7 8 4 9 1 - - -Grünland - 7 24 62 77 60 50 37 25 4 1Distribution of the lay<strong>in</strong>g dates (accord<strong>in</strong>g to monthly decades) and k<strong>in</strong>ds of crop of all clutches of Great Bustards that can be evaluated.Tabelle 2: Verteilung der Gelegef<strong>und</strong>e <strong>in</strong> Fruchtartennach LOEW, DORNBUSCH (<strong>Naturschutz</strong>- LUDWIG (1983) E<strong>in</strong>standsgebiet E<strong>in</strong>standsgebietRUTSCHKE (1985) station Notte- Buckow Belziger1983 Buckow Niederung Landschaftswiesenn = 406 n = 470 n = 519 n = 134 n = 35 n = 130(1974 - 1977) (1973 - 1978) (1979 - 1995) (1963 - 1983) (1979 - 1995) (1979 - 1994)Grünland 249 = 62,2% 51 % 299 = 57,6 % 50 = 37,5 % 73 = 54,1 % 100 = 76,9%Getreide 59 = 18,8 % 21 % 112 = 21,8 % 47 = 35,2 % 33 = 24,4 % 17 = 30,1 %Hackfrüchte 75 = 18,8 % 15 % 68 = 13,1 % 17 = 12,8 % 24 = 17,8 % 7 = 5,4 %sonstige Ackerkulturen 23 = 4,2 % 13 % 40 = 7,7 % 20 = 1,50 % 5 = 3,7 % 6 = 4,6 %Distribution of the place where clutched were fo<strong>und</strong> accord<strong>in</strong>g to the crops.Aber auch hier ist die oben beschriebeneTendenz festzustellen: Bis zum 10. Mai f<strong>in</strong>densich Gelege zu 48 % auf Äckern, selbstbis zum 20. Mai s<strong>in</strong>d es noch 34 %. Erstnach diesem Term<strong>in</strong> werden Äcker nurnoch ausnahmsweise als Nistplatz aufgesucht.Das verstärkte Auftreten von Wiesenbrutenim Vergleich zu Ackerbruten ab demTerm<strong>in</strong> Mitte Mai kann mit großer Sicherheitauch auf das Auftreten erster Nachgelegezurückgeführt werden. Aus eigenenBeobachtungen ist bekannt, daß Großtrappenhennen,die auf Ackerflächen, <strong>in</strong>sbesondereim Getreide ihre Gelege verlieren,diese Kulturen bei Nachgelegen <strong>in</strong> derRegel meiden. Sie verlegen die Brutplätze<strong>in</strong> andere Kulturen <strong>und</strong> vor allem <strong>in</strong> Wiesen.Die Gründe hierfür s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der ab MitteMai ungünstig gewordenen Struktur desGetreides zu suchen. Es ist zu dieser Zeitschon so hoch, daß e<strong>in</strong>e brütende Hennemeist nicht mehr <strong>in</strong> der Lage ist, auf den Eiernsitzend zu sichern. Grünland h<strong>in</strong>gegenist zu dieser Zeit noch genügend niedrig.Zudem f<strong>in</strong>den sich hier immer standortbed<strong>in</strong>gteBereiche mit differenzierter Struktur,die auch bei fortschreitender Vegetationsentwicklungausreichend günstigeBed<strong>in</strong>gungen für die Eiablage bieten.Zum anderen s<strong>in</strong>d aber auch Fälle nachgewiesenworden, <strong>in</strong> denen es von e<strong>in</strong>zelnenGroßtrappenhennen mehrere Gelege amgleichen Ort gibt. Sie befanden sich dann<strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> Hackfrüchten (vgl. LITZ-BARSKI et al. 1987).In re<strong>in</strong>en Ackerbaugebieten wie der MagdeburgerBörde (MÜLLER 1971) werdendurch die Großtrappen ausschließlich Akkerkulturenals Nistplatz gewählt.4. DiskussionFür e<strong>in</strong>en effektiven Schutz der Großtrappenist die Kenntnis der Brutbiologie e<strong>in</strong>ewichtige Vorausetzung. Bisherige Veröffentlichungenzu Gelegen beziehen sichnaturgemäß auf das jeweilige F<strong>und</strong>datum.Es kennzeichnet aber mehr die Störungendurch landwirtschaftliche Arbeiten zu e<strong>in</strong>embestimmten Zeitpunkt der Brutzeit,als daß es e<strong>in</strong> Maß für den Verlauf der Legeperiodewäre. So wurde von LITZBARS-KI et al. (1987) die 2. Junidekade als daslangjährige Maximum (21,8 %) der Gelegef<strong>und</strong>eangegeben. Der Höhepunkt derLegeperiode liegt h<strong>in</strong>gegen <strong>in</strong> der 3. Maidekade,also ca. 14 Tage früher (Abb. 3;LITZBARSKI et al. 1987).Problematisch s<strong>in</strong>d globale Aussagen zurNistplatzwahl, die sich auf die F<strong>und</strong>datender Gelege begründen. So kann aus Tabelle2 geschlußfolgert werden, daß GroßtrappenGrünland als Nistplatz bevorzugen,da ca. 57 % aller Gelege im Grünlandgef<strong>und</strong>en wurden (Durchschnitt ausLOEW <strong>in</strong> RUTSCHKE (1987), DORN-BUSCH (1985) <strong>und</strong> den <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow erbrüteten Gelegen).Auch GEWALT 1959 stellt fest: „Inuns bekannten märkischen Luchgebieten,die ebensoviel Ackerland ... wie Wiesenmit Heunutzung besitzen, nisten Trappenetwa gleich zahlreich im Grasland wie <strong>in</strong>Kornfeldern.“Im Vergleich zwischen den Durchschnittswerten<strong>und</strong> den Daten aus konkreten E<strong>in</strong>standsgebietenergibt sich e<strong>in</strong> sehr differenziertesBild (Tab. 2).Neben E<strong>in</strong>standsgebieten mit nahezu ausschließlichAckerbruten (z.B. MagdeburgerBörde) gibt es auch solche mit sehr hohemAnteil an Grünlandbruten. Es existierenaber auch E<strong>in</strong>standsgebiete wie das Welsebruch,<strong>in</strong> dem nur der Balzplatz im Grünlandliegt, das Brutgeschehen aber vollständigauf den umliegenden Ackerflächenzu f<strong>in</strong>den ist (DITTBERNER et al. 1977). JedesE<strong>in</strong>standsgebiet hat somit se<strong>in</strong>e spezifischeVerteilung der Brutplätze.Entscheidender für die Kenntnis des Brutverlaufes<strong>und</strong> daraus abzuleitender Maßnahmens<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen die Legeterm<strong>in</strong>e.Hier zeigt sich zu Beg<strong>in</strong>n der Brutzeit e<strong>in</strong>edeutliche Präferenz der Großtrappe fürAckerflächen, <strong>in</strong>sbesondere für Getreide,was auch schon GEWALT (1959) erwähnt.Getreideflächen, aber auch andere Ackerkulturenentsprechen <strong>in</strong> ihrer Struktur <strong>und</strong>den damit verb<strong>und</strong>enen mikroklimatischenVerhältnissen zu Beg<strong>in</strong>n der Brutzeitmehr dem Primärbiotop Steppe, als das bei


102 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996den brandenburgischen Niederungswiesender Fall ist. Auf die Bedeutung mikroklimatischerFaktoren wird von FARAGO(1986) verwiesen. Er verweist auf dieNachteile e<strong>in</strong>er dichten Pflanzendecke imH<strong>in</strong>blick auf die Luftfeuchtigkeit <strong>und</strong> dieMöglichkeit der Erwärmung bodennaherLuftschichten.5. SchlußfolgerungenDie Großtrappe ist als strenger Kulturfolger<strong>in</strong> Deutschland ausschließlich auf landwirtschaftlichgenutzten Flächen zu f<strong>in</strong>den.Schon GEWALT (1959) bemerkt, daß Ödlandals Brutplatz gemieden wird.Neben den derzeit praktizierten Maßnahmenzur Schaffung trappenverträglicherNutzungsstrukturen durch e<strong>in</strong>e Extensivierung,<strong>in</strong>sbesondere der Grünlandnutzung,s<strong>in</strong>d weitreichende Veränderungen auchbei der Ackernutzung notwendig. Dazugehören neben der Anlage von Trappenfutterstreifenauf den Äckern auch Dauerbrachenmit dem Ziel der Entwicklungstandortgerechten Grünlandes. Bei denUntersuchungen zur Nahrungsökologieder Großtrappe zeigte sich, daß e<strong>in</strong>- <strong>und</strong>zweijährige Brachen, d.h. Rotationsbrachenaufgr<strong>und</strong> ihres Mangels an Arthropodenungünstig im H<strong>in</strong>blick auf ihre Funktionals Brutplatz zu bewerten s<strong>in</strong>d (LITZ-BARSKI et al. 1993).Bei der Bewertung von langjährigen Brachenist festzustellen, daß diese schnellerals Grünland auf Extensivierungsmaßnahmenreagieren, somit <strong>in</strong> relativ kurzer Zeitals nahrungsreiche Trappenbrutflächen zurVerfügung stehen (BLOCK et al. 1993).Bei der Extensivierung von Ackerflächenmuß <strong>in</strong> verstärktem Maße auf e<strong>in</strong>e Ökologisierung,verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>imierungder Störungen (d.h. der Arbeitsgänge),geachtet werden. Wichtig s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesemZusammenhang auch noch ausstehendeForschungen zur historischen Nutzungsstruktur,da es sich aus Beobachtungenzeigt, daß Trappen große Monokulturenals Nistplatz meiden, sofern geeignetekle<strong>in</strong>flächige Strukturen zu Verfügung stehen.So konnten im Schongebiet Buckow1995 fünf Großtrappenhennen mit Gelegenbeobachtet werden, die zwar aufgroßen Schlägen zu f<strong>in</strong>den waren, sichdort aber immer <strong>in</strong> der Nähe von Trappenfutterstreifen(d.h. extensiv genutztenDauerbrachestreifen auf Äckern) befanden.Vier dieser Gelege wurden <strong>in</strong> Getreide,e<strong>in</strong> Gelege <strong>in</strong> Rüben angelegt. DieseRandstrukturen s<strong>in</strong>d offensichtlich wichtig.Solche Strukturen lassen sich auch durche<strong>in</strong> vielfältiges, kle<strong>in</strong>strukturiertes Mosaikverschiedener Kulturen schaffen. Deshalbwurde 1995 im E<strong>in</strong>standsgebiet Buckowe<strong>in</strong>e große Brachefläche aufgelockert, <strong>in</strong>demhier e<strong>in</strong>e Dreifelderwirtschaft angelegtwurde. Damit entstand e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>gliedrigesMosaik aus Dauerbrachen, Rotationsbrachen,Sommer- <strong>und</strong> W<strong>in</strong>tergetreide.In e<strong>in</strong>em ebenso strukturierten Gebiet<strong>in</strong> den Belziger Landschaftswiesen konnten1995 zwei Gelege nachgewiesen werden.Aus diesen Kenntnissen ergibt sich dieNotwendigkeit weiterführender Veränderungen<strong>in</strong> der Nutzungsstruktur <strong>in</strong>sbesondereder Ackerflächen. Neben den bewährtenTrappenfutterstreifen s<strong>in</strong>d weitereRandstrukturen zu fördern. Dies läßtsich mit Randstreifenprogrammen, aberauch mit e<strong>in</strong>er weiteren Verr<strong>in</strong>gerung derSchlaggrößen <strong>und</strong> der E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>erabwechslungsreichen Fruchtfolge sowieNutzungsstruktur ermöglichen. Dadurchwird kükenführenden Großtrappenhennendie Möglichkeit gegeben, <strong>in</strong> kurzerZeit von e<strong>in</strong>er Kultur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere zuwechseln, was <strong>in</strong>sbesondere bei Nahrungsmangelfür die Küken <strong>und</strong> bei Störungenlebensnotwendig ist.6. ZusammenfassungAus den <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>station Buckowerhobenen Daten ist zu ermitteln, daßGroßtrappen zu Beg<strong>in</strong>n der LegeperiodeAckerflächen, <strong>in</strong>sbesondere Getreide, alsBrutplatz bevorzugen. Das gilt sowohl fürdie Gesamtheit aller zur Verfügung stehendenGelegedaten als auch für konkreteE<strong>in</strong>standsgebiete. Grünlandbereiche werdenerst ab Mitte Mai verstärkt zur Eiablageaufgesucht, wobei e<strong>in</strong> Teil der Gelegeals Nachgelege von auf Acker gestörtenBruthennen anzusehen ist.Die Ursachen für dieses Verteilungsmusters<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Nistplatzansprüchen der Großtrappe<strong>in</strong> Bezug auf die Vegetationsstruktur<strong>und</strong> das Mikroklima zu suchen.Zum wirksamen Schutz der Großtrappe istverstärkt Augenmerk auf e<strong>in</strong>e den Ansprüchengerecht werdende Ackerbewirtschaftungzu richten.SummaryAccord<strong>in</strong>g to the obta<strong>in</strong>ed data from theNature Conservation Centre of Buckowwe can determ<strong>in</strong>e that Great Bustardsclearly prefer arable land, especially cerealcrops as nest sites at the beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g of thebreed<strong>in</strong>g period. This statement is valid forall exist<strong>in</strong>g lay<strong>in</strong>g dates as well as for concreteareas. Grasslands are used for lay<strong>in</strong>geggs not until the middle of May, but mostof these nests are built on arable land. Thereasons for this pattern of distribution arecaused by the demand for positive vegetationstructures and micro-climate.We have to direct our attention to a cultivationof arable land correspond<strong>in</strong>g to therespective needs for achiev<strong>in</strong>g an efficientprotection of the Great Bustard.LiteraturBLOCK, B.; BLOCK, P.; JASCHKE, W.; LITZBARSKI, B.;LITZBARSKI, H. u. PETRICK, S. 1993: Komplexer Artenschutzdurch extensive Landwirtschaft im Rahmendes Schutzprojektes „Großtrappe“. -Natur <strong>und</strong> Landschaft(11): 565-576DITTBERNER, H. u. DITTBERNER W. 1977: Über Verbreitung<strong>und</strong> Bestandsentwicklung der Großtrappe(Otis tarda) im Kreis Angermünde. -<strong>Naturschutz</strong>arbeit<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong> (1): 2-10FARAGO, S. 1986: Rolle der Pflanzen bei der Verbreitung<strong>und</strong> Brutbiologie der Großtrappe (Otis tardatarda, L<strong>in</strong>né, 1758) <strong>in</strong> Ungarn. -Wiss. MitteilungenForst- <strong>und</strong> Holzwirtschaft (1): 177-212 (übersetzt ausdem Ungarischen)GEWALD, W. 1959: Die Großtrappe (Otis tarda L.). -Die Neue Brehm-Bücherei 223. -A. Ziemsen Verl. -WittenbergLutherstadt. -124 S.DORNBUSCH, M. 1985: Bestandssituation, Lebensraumstruktur<strong>und</strong> Schutzmaßnahmen bei derGroßtrappe <strong>in</strong> der DDR. Berichte des 4. Symposiumssoz. Länder über die Großtrappe (Otis tarda) <strong>in</strong> derDDR 1983. -Halle: 7-9DORNBUSCH, M. 1995: Großtrappen-Journal Steckby.Auszug: E<strong>in</strong>lieferung <strong>und</strong> Schlupf für den brandenburgischenRaum 1973 – 1978. -Dok. Vogelschutzwarte/Steckby1995. (unveröff.)KLAFS, G. 1985: Die historische Entwicklung des Bestandesder Großtrappe (Otis tarda L.) auf dem Territoriumder DDR <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Nachbargebieten. Berichtedes 4. Symposiums soz. Länder über dieGroßtrappe (Otis tarda) <strong>in</strong> der DDR 1983. -Halle: 11-16LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H. u. PETRICK, S. 1987:Zur Ökologie <strong>und</strong> zum Schutz der Großtrappe (Otistarda L.) im Bezirk Potsdam. -Acta ornithoecol. 1.3. -Jena: 199-244LITZBARSKI, H.; JASCHKE, W. u. SCHÖPS, A. 1993:Zur ökologischen Wertigkeit von Ackerbrachen. -<strong>Naturschutz</strong><strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> 3(1):26-30LUDWIG, B. 1983: Bestandsentwicklung, Ökologie<strong>und</strong> Schutz der Großtrappe (Otis tarda L.) <strong>in</strong> der Notte-Niederung.-<strong>Naturschutz</strong>arbeit <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Brandenburg</strong>.-Beiheft 6: 16-32MÜLLER, J. 1971: Zum Vorkommen <strong>und</strong> zur Ökologieder Großtrappe <strong>in</strong> der Magdeburger Börde. -Arch. <strong>Naturschutz</strong>u. Landschaftsforsch. 11 (1/2): 53-69RUTSCHKE, E. 1983: Großtrappe – Otis tarda L., 1758.-Die Vogelwelt <strong>Brandenburg</strong>s. Hrsg. RUTSCHKE, E. -VEB Gustav Fischer Verlag. -Jena: 197-201VerfasserSiegfried PetrickLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station BuckowDorfstraße 34D-14715 Buckow


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 103-106 103CHRISTIANE QUAISSERDer E<strong>in</strong>fluß von Reizen auf die Herzschlagrate brütenderGroßtrappen (Otis t. tarda L., 1758)1. E<strong>in</strong>leitungDie Herzschlagrate (HR) steht als wichtigerParameter seit längerem nicht mehr nur imMittelpunkt physiologischer Fragestellungen(z.B. HÜPPOP 1988), sondern wirdspätestens seit den Arbeiten von FRISCH(1965, 1966) z.B. auch zur Erfassung vonemotionalen Reaktionen des Organismusherangezogen.Untersuchungen verdeutlichen, daß dieHR bei Fragen nach dem E<strong>in</strong>fluß anthropogenerStörreize auf Wildtiere wichtigeInformationen liefert, die durch Verhaltensbeobachtungenalle<strong>in</strong> nicht gewonnenwerden können (z.B. JUNGIUS u. HIRSCH1979, HÜPPOP u. HAGEN 1990, NEEBE u.HÜPPOP 1994).Die Großtrappe gilt, vor allem während derReproduktionsphase, als sehr störungsempf<strong>in</strong>dlich(GEWALT 1959). Über dieWirkung menschlicher Aktivitäten ist jedochwenig bekannt. Im Frühjahr 1993<strong>und</strong> 1994 wurden deshalb Untersuchungenzum E<strong>in</strong>fluß von Reizen auf die HRbrütender Großtrappen durchgeführt(QUAISSER 1994, QUAISSER u. HÜPPOP1995). Die folgende Arbeit gibt e<strong>in</strong>enÜberblick über die gewonnenen Ergebnisse.Im Mittelpunkt standen die Fragen:1. Wie hoch ist die Ruhe-HR <strong>und</strong> <strong>in</strong>wieweitwird sie durch physiologische Vorgängebee<strong>in</strong>flußt?2. Wie verändert sich die HR bei Erregung?2. Material <strong>und</strong> Methoden2.1 Das UntersuchungsgebietDie Untersuchungen fanden 1993 <strong>und</strong>1994 an zwei freilebenden Bruthennen imAußengehege der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow im Zentrum des Großtrappenschongebietesstatt.Dieses 12 ha große Gehege besitzt e<strong>in</strong>e sozialeAttraktivität für die freilebendenGroßtrappen. Ganzjährig halten sich hierTiere bei der Zuchtherde auf, <strong>und</strong> auch dieBrut von freilebenden Tieren im Gehege istke<strong>in</strong>e Ausnahme. Anthropogene E<strong>in</strong>flüsses<strong>in</strong>d durch se<strong>in</strong>e zentrale Lage wesentlichger<strong>in</strong>ger als <strong>in</strong> anderen Schongebietsteilen(M<strong>in</strong>imalabstand zu e<strong>in</strong>er Straße bzw.Siedlung 2,5 km). E<strong>in</strong> stabiler Zaun bietetSchutz vor Bodenfe<strong>in</strong>den wie dem Fuchs.2.2 Erfassung der HerztöneDie Herztöne der Bruthennen wurdennach der bei HÜPPOP <strong>und</strong> HAGEN (1990)beschriebenen Methode von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> denNestboden e<strong>in</strong>gearbeiteten Mikrofon-Stethoskop-E<strong>in</strong>heitmit <strong>in</strong>tegriertem Vorverstärkererfaßt, mittels Kabel auf e<strong>in</strong>en Verstärkermit Equalizer (Mittelfrequenzen 25,35, 60, 100 <strong>und</strong> 500 Hz) übertragen <strong>und</strong>dann selektiv auf e<strong>in</strong>e Spur e<strong>in</strong>es Stereo-Tonbandgerätes (Uher 4400 Report) weitergeleitet.Parallel dazu entstand auf derzweiten Spur e<strong>in</strong> verbales Verhaltens- <strong>und</strong>Ereignisprotokoll. Die Auswertung erfolgteüber e<strong>in</strong> kommerzielles Signal-Analyse-Programm (SPEKTRO-KIT, MEDAV, Uttenreuth).Daneben wurden mit e<strong>in</strong>emDatalogger alle 10 s Luft- <strong>und</strong> Eitemperaturenregistriert.Der Untersuchungszeitraum erstrecktesich 1993 über 13, 1994 über 6 Tage. Beie<strong>in</strong>er Beobachtungszeit von durchschnittlich5 St<strong>und</strong>en pro Tag konnten für 23 bzw.27 St<strong>und</strong>en Herztöne aufgezeichnet werden.Die Auswertung bezieht sich auf ca. 9St<strong>und</strong>en (QUAISSER u. HÜPPOP 1995).Die Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e Ruhe-HR lagennur dann vor, wenn die Henne ihr Gelegem<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e halbe St<strong>und</strong>e lang ungestörtbebrütete. Gr<strong>und</strong>werte der Ruhe-HRbildeten die Mittelwerte über e<strong>in</strong>e jeweilszweim<strong>in</strong>ütige Spanne.Als Reize wurden alle erfaßbaren Umweltereignissegewertet. Zusätzlich erfolgten1993 9 Personenannäherungen unter def<strong>in</strong>iertenBed<strong>in</strong>gungen, 1994 akustischeVersuche, bei denen der Henne aggressiveSchnarrlaute e<strong>in</strong>es Großtrappenhahnes(GEWALT 1959) dargeboten wurden(n=10).Zur Bewertung der HR-Reaktion auf e<strong>in</strong>enReiz wurde als Ruhe-Bezugswert der Mittelwertder HR über e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>m<strong>in</strong>ütigeSpanne vor dem Reiz berechnet.3. Ergebnisse3.1 RuheherzschlagratenFür beide Tiere konnten 64 Ruhepassagenzu 2 m<strong>in</strong> ausgewertet werden. Die Ruhe-HR beträgt 50 bis 84, im Durchschnitt 71Schläge m<strong>in</strong> -1 (Tab. 1). Der Unterschiedzwischen beiden Tieren ist nicht signifikant(t-Test, p > 0,1).Physiologische Vorgänge bee<strong>in</strong>flussen diegemessene Ruhe-HR nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>genMaße. So konnte bei ke<strong>in</strong>em der beidenTiere e<strong>in</strong>e Temperaturabhängigkeitder HR festgestellt werden (Korrelationsanalyse,p > 0,05). Spontanen Verhaltensänderungen,wie der Gefiederpflegeoder e<strong>in</strong>em Aufstehen des Tieres vor e<strong>in</strong>erBrutunterbrechung g<strong>in</strong>gen ke<strong>in</strong>e HR-Veränderungenvoraus. Nach Brutunterbrechungenvon 25, 35, 7 <strong>und</strong> ca. 630 m<strong>in</strong>sank die aktivitätsbed<strong>in</strong>gt erhöhte HRnach der Rückkehr auf das Nest von 135,134, 114 bzw. 106 Schlägen m<strong>in</strong> -1 <strong>in</strong>nerhalbvon 5,5, 11, 3 bzw. 11,5 m<strong>in</strong> auf dasRuheniveau ab. E<strong>in</strong> Wiedererwärmen desGeleges, daß bei kle<strong>in</strong>eren Arten mit relativgrößerer Gelegemasse zu HR-Erhöhungenum Größenordnungen führen kann(z.B. GABRIELSEN u. STEEN 1979), spieltbei der Großtrappe nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Rolle.E<strong>in</strong> Tagesrhythmus der HR deutet sich an.1994 lagen die Werte e<strong>in</strong>er Nacht durch-Tabelle 1: Mittelwerte, Standardabweichungen <strong>und</strong> Wertebereiche derRuhe-Herzschlagraten <strong>in</strong> Schlägen m<strong>in</strong> -1 <strong>und</strong> Umgebungstemperaturbereich<strong>in</strong> °C1993 1994 TotalMittelwert± Standardabweichung 69,8 ± 8,6 71,4 ± 6,6 70,6 ± 7,5Maximum 82,9 84,0 84,0M<strong>in</strong>imum 50,5 53,7 50,5Anzahl der Messungen 64 64 128Temperatur 11,0 - 38,4 5,9 - 21,41 (aus: QUAISSER u. HÜPPOP 1995)Means, standard deviation and ranges of values of the heart rate <strong>in</strong> rest <strong>in</strong> beats per m<strong>in</strong>(m<strong>in</strong>-1) and ambient temperature <strong>in</strong> °C.


104 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Tabelle 2: Herzschlagraten-Reaktionen der Hennen auf verschiedene Reize:Wertebereiche <strong>und</strong> Abweichungen vom Ausgangswert <strong>in</strong>Schlägen pro m<strong>in</strong> -1 <strong>und</strong> ProzentLandwirtschaft Personen Flugzeuge Züge aggressive LauteHenne 1994 1993 1993/94 1993/94 1994Maximum 508,5 272,7 95,8 76,5 489,8Differenz 450,1 218,5 21,7 11,4 420,9Steigerung % 771 403 29 18 612Anzahl 13 9 12 6 10Spanne % 123-771 45-403 0-29 0-18 51-612Henne 1994 1993 1993/94 1993/94 1994M<strong>in</strong>imum 37,1 22,6 52,8 47,7 21,4Differenz -31,6 -31,7 -21,3 -17,4 -58,0Absenkung % 46 58 29 27 73Anzahl 15 9 12 6 10Spanne % 15-46 19-58 0-29 0-27 23-73Reactions related to the heart rates of the breed<strong>in</strong>g hens on different stimulations:M<strong>in</strong>imum and maximum values per beats m<strong>in</strong> (m<strong>in</strong>-1) and <strong>in</strong>crease and decrease <strong>in</strong> percentageaccord<strong>in</strong>g to the <strong>in</strong>itial value, the number of the observed cases and the rangeof the tolerances of the <strong>in</strong>itial value <strong>in</strong> percentageschnittlich um 7 % unter den Tageswerten:68,4 Schläge m<strong>in</strong> -1 <strong>in</strong> der Nacht <strong>und</strong> 73,2Schläge m<strong>in</strong> -1 am Tage. Ähnliche Erfahrungenmachte DIEHL (1984) an Amseln (Turdusmerula). Die nächtlichen Ruhewertese<strong>in</strong>er Untersuchungstiere waren 10 bis20 % niedriger als die Tagwerte.3.2 Herzschlagraten bei ErregungDie folgenden Ergebnisse (Tab. 2) stellenlediglich e<strong>in</strong>e Auswahl dar. Sie müssenstets auf das Tier <strong>und</strong> die Situation bezogenwerden.E<strong>in</strong>fluß anthropogener ReizeAnthropogene Reize besaßen mit 30 bzw.36 % (für Henne 1 bzw. 2) e<strong>in</strong>en beachtlichenAnteil an der Gesamtaufnahmezeit.Als Reaktionen traten sowohl HR-Erhöhungen(Akzelerationen) als auch Erniedrigungen(Dezelerationen) auf. DieAbsolutwerte umfaßten e<strong>in</strong>en Bereich von21 bis 508 Schlägen m<strong>in</strong> -1 . Besonders <strong>in</strong>tensivreagierten die Tiere auf landwirtschaftlicheStörreize <strong>und</strong> Personenannäherungen(Tab. 2). Henne 2 zeigte auf landwirtschaftlicheMasch<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e deutlicheReaktionsspezifität: Während sie dieAnnäherung e<strong>in</strong>es Mähwerkes stets mitstarken Akzelerationen beantwortete (maximalauf das 8fache des Ausgangswertes),reagierte sie auf die Passage e<strong>in</strong>esHeuwenders immer mit HR-Absenkungen(bis auf die Hälfte des Ausgangswertes).Personenannäherungen wurden zunächststets mit Akzelerationen beantwortet(Abb. 1). Die HR erreichte dabei meist dasDoppelte des Ausgangswertes. BeiAnnäherungen bis auf wenige Meter kames zu Drückreaktionen, verb<strong>und</strong>en mit Dezelerationenum mehr als die Hälfte desAusgangswertes.Von ger<strong>in</strong>gem E<strong>in</strong>fluß s<strong>in</strong>d offensichtlichZüge <strong>und</strong> Flugzeuge. Beide Tiere zeigtenauf jeweils 3 ausgewertete Zug-, Düsen<strong>und</strong>Propellerflugzeugpassagen kaumbzw. ke<strong>in</strong>e Reaktionen.E<strong>in</strong>e ausführliche Darstellung der Reaktionenauf anthropogene Reize <strong>und</strong> Diskussionder Ergebnisse f<strong>in</strong>det sich bei QUAIS-SER u. HÜPPOP (1995).E<strong>in</strong>fluß <strong>in</strong>traspezifischer ReizeDieser Komplex umfaßt sowohl den direktenKontakt zu Artgenossen (Henne 1) alsauch das beschriebene Vorspiel aggressiverSchnarrlaute (Henne 2). Die Verhaltensreaktionenreichten von e<strong>in</strong>er „Nicht-Beachtung“ bis zu Angriffsreaktionen gegenden E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gl<strong>in</strong>g. HR-Reaktionenkonnten nur zu den Vorspielversuchen ermitteltwerden. Sie besaßen e<strong>in</strong>e sehrgroße Spannweite: 21 bis 490 SchlägeAbb. 1Herzschlagraten während e<strong>in</strong>er Personenannäherung. Die Pfeile kennzeichnen Versuchsbeg<strong>in</strong>n (Ersche<strong>in</strong>en der Person) <strong>und</strong> -ende (Verschw<strong>in</strong>den der Person).Der M<strong>in</strong>imalabstand betrug 77 m <strong>und</strong> wurde bei ca. 75 sec erreicht.Heart rates when a person approaches. The arrows <strong>in</strong>dicate the test start (approach of a person) and the end (person leaves the area). The m<strong>in</strong>imum distancewas 77 m and was reached nearly after 75 sec.


CHRISTIANE QUAISSER: DER EINFLUSS VON REIZEN AUF DIE HERZSCHLAGRATE BRÜTENDER GROSSTRAPPEN (OTIS T. TARDA L., 1758) 105Abb. 2Herzschlagraten während des Vorspiels aggressiver Schnarrlaute e<strong>in</strong>es Großtrappenhahnes. Die Pfeile kennzeichnen Reizbeg<strong>in</strong>n <strong>und</strong> -ende.Heart rates dur<strong>in</strong>g aggressive croak<strong>in</strong>g so<strong>und</strong>s of a male Great Bustard. The arrows <strong>in</strong>dicate the beg<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g of the stimulation as well as the end.m<strong>in</strong> -1 . Das entspricht e<strong>in</strong>em Viertel bzw.dem 7fachen des Ausgangswertes (Tab.2). Dezelerationen spielten <strong>in</strong> vielen Fällene<strong>in</strong>e große Rolle (n=6). Meist waren sie,wie im dargestellten Beispiel (Abb. 2), e<strong>in</strong>erAkzeleration vorangestellt (n=5).4. DiskussionAls im Feld relativ e<strong>in</strong>fach zu erfassenderphysiologischer Parameter kann die HRwichtige Informationen zum physischen<strong>und</strong> psychischen Zustand e<strong>in</strong>es Tieres <strong>und</strong>zur Bedeutung verschiedener Umweltfaktorenliefern. Die vorliegenden Messungenbestätigen dies.Die gemessene Ruhe-HR beträgt 71 Schlägem<strong>in</strong> -1 . Geht man von e<strong>in</strong>em 4500 gschweren Vogel aus, ergeben sich theoretischeRuhewerte zwischen 98 m<strong>in</strong> -1 (BEZ-ZEL u. PRINZINGER 1990) <strong>und</strong> 155 m<strong>in</strong> -1(TEMBROCK 1992). Diese Werte liegen38 bzw. 119 % höher als die gemessenen.Ähnliche Erfahrungen machten auch HÜP-POP u. HAGEN (1990) sowie BECK (1994).HÜPPOP u. HAGEN (1990) fanden beibrütenden Austernfischern Haematopusostralegus Abweichungen zwischen 20<strong>und</strong> 30% , BECK (1994) bei brütendenRotschenkeln Tr<strong>in</strong>ga totanus sogar 55 bis98 %. Allometrische Beziehungen könnenalso nur e<strong>in</strong>en groben Richtwert geben<strong>und</strong> sollten nicht überbewertet werden.LÜTKENS <strong>und</strong> HUTTERER (1977) ermitteltenbei Messungen an e<strong>in</strong>em verletztenGroßtrappenhahn e<strong>in</strong>e Frequenz von 130Schlägen m<strong>in</strong> -1 <strong>und</strong> an 6 handzahmen,„leicht erregten“ Tieren Werte von 160,164 <strong>und</strong> 208 Schlägen m<strong>in</strong> -1 für die Hennensowie 148, 156 <strong>und</strong> 328 Schlägenm<strong>in</strong> -1 für die Hähne. Von e<strong>in</strong>er Ruhe-HRkann jedoch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em dieser Fälle ausgegangenwerden. Selbst bei handaufgezogenenTieren führt bereits e<strong>in</strong>e Annäherungzu deutlichen Erregungen (GRACZYKu. BERESZYNSKI 1983). E<strong>in</strong>e genaue Erfassungdes Ruhezustandes ist also <strong>in</strong> jedemFall von großer Bedeutung.Die gemessene Ruhe-HR wurde durch verschiedenephysiologische Vorgänge, wiez.B. der Thermoregulation <strong>und</strong> der Verdauung,kaum bee<strong>in</strong>flußt. Dagegen reagiertenbeide brütenden Hennen sehrempf<strong>in</strong>dlich auf optische <strong>und</strong> akustischeReize. Es führten sowohl anthropogene alsauch <strong>in</strong>traspezifische Reize zu starken HR-Veränderungen. Die Werte liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emBereich von 0,3- bis 8,8mal der Ausgangs-HR <strong>und</strong> umfassen damit <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> Intervall,das bislang bei ke<strong>in</strong>er anderen Vogelartermittelt werden konnte (Übersichtbei HÜPPOP 1995).Störungen durch den Menschen am Nistplatzkönnen nicht nur zu starken HR-Reaktionenführen, sondern im Endeffektauch zu e<strong>in</strong>er Brutaufgabe (GEWALT1959). Deshalb kann <strong>und</strong> muß auf dieseReize E<strong>in</strong>fluß genommen werden, z.B.durch- strikte E<strong>in</strong>haltung der vorgegebenen Bewirtschaftungsterm<strong>in</strong>eauf allen Flächendes Großtrappenschongebietes- Aussetzen der Bewirtschaftung an Brutplätzender Hennen <strong>und</strong>- konsequente Abschirmung dieser Gebietegegenüber allen Personen.Die vorgespielten aggressiven Schnarrlautewerden vom Tier unter großer Erregunggeäußert <strong>und</strong> gipfeln häufig <strong>in</strong> gerichtetenAngriffen (GEWALT 1959). Die Hennemußte folglich auf e<strong>in</strong>e solche „Attacke“vorbereitet se<strong>in</strong>. Die Ergebnisse s<strong>in</strong>d entsprechendmarkant.Unter natürlichen Bed<strong>in</strong>gungen kommt esjedoch während der Brutzeit sehr selten zuKontakten oder Ause<strong>in</strong>andersetzungenmit Artgenossen, da selbst bei großen Beständendie Nistplätze vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emweitem Breich um den Balzplatz verstreutliegen (GLUTZ, BAUER u. BEZZEL 1973).5. ZusammenfassungIm Frühjahr 1993 <strong>und</strong> 1994 wurden imGroßtrappenschongebiet Buckow die E<strong>in</strong>flüsseverschiedenartiger Reize auf dieHerzschlagrate (HR) <strong>und</strong> das Verhaltenzweier brütender Hennen untersucht. DieHerzschläge wurden mittels Körperschallmikrofonaufgezeichnet, gefiltert, verstärkt<strong>und</strong> auf e<strong>in</strong> Tonband aufgenommen,parallel dazu erfolgte die Erfassung derLuft- <strong>und</strong> Eitemperaturen, der Umweltereignissesowie des Verhaltens. Die Ruhe-HR von 71 ± 7,5 Schlägen m<strong>in</strong> -1 wurdedurch Thermoregulation <strong>und</strong> Aktivität nur<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Maße bee<strong>in</strong>flußt. Anthropogene<strong>und</strong> <strong>in</strong>traspezifische Reize führten


106 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996dagegen zu deutlichen HR-Veränderungen.Diese be<strong>in</strong>halteten nicht zwangsläufigHR-Erhöhungen. So wurden Personenannäherungen<strong>in</strong>nerhalb weniger Metermit Drückreaktionen <strong>und</strong> HR-Absenkungenum mehr als die Hälfte des Ausgangswertesbeanwortet. Sehr empf<strong>in</strong>dlich<strong>und</strong> differenziert reagierten die Tiereauf landwirtschaftliche Masch<strong>in</strong>en. Es tratendabei HR-Erhöhungen auf bis zu 9fachhöhere Werte auf.Zum Vergleich dargebotene aggressiveSchnarrlaute e<strong>in</strong>es Großtrappenhahnesführten sowohl zu Dezelerationen auf biszu 1/4 des Ausgangswertes als auch zuAkzelerationen auf e<strong>in</strong>en 7fach höherenWert. Damit umfassen die HR-Veränderungene<strong>in</strong>en Bereich (0,3- bis 8,8mal derAusgangs-HR), der bislang bei ke<strong>in</strong>er anderenVogelart gemessen werden konnte.Die Ergebnisse bestätigen die Empf<strong>in</strong>dlichkeitder Art gegenüber optischen <strong>und</strong> akustischenReizen menschlichen <strong>und</strong> <strong>in</strong>traspezifischenUrsprungs. Jedoch sche<strong>in</strong>t –wie bei anderen Arten auch – e<strong>in</strong>e Habituationmöglich. So konnten kaum Veränderungen<strong>in</strong> der HR bzw. des Verhaltensauf vorbeifahrende Züge bzw. überfliegendeFlugzeuge festgestellt werden.DankAbb. 3Großtrappenhenneam BrutplatzFoto: B. LudwigA hen of GreatBustard at a breed<strong>in</strong>gplace.Ganz besonders danke ich Herrn Dr.Ommo Hüppop, Leiter der InselstationHelgoland des Institutes für Vogelforschung„Vogelwarte Helgoland“, für dieproblemlose Bereitstellung der gesamtenAufnahme- <strong>und</strong> Auswerttechnik <strong>und</strong> se<strong>in</strong>evielfältige Unterstützung, <strong>in</strong>sbesonderewährend der Auswertung <strong>und</strong> für die kritischeDurchsicht des Manuskripts. HerrnDr. He<strong>in</strong>z Litzbarski sowie allen Mitarbeiternder <strong>Naturschutz</strong>station Buckow dankeich für die tatkräftige Hilfe, vor allem beider Feldarbeit.Die Arbeit wurde f<strong>in</strong>anziell durch die Fördervere<strong>in</strong>e„Großtrappenschutz e.V.“ <strong>und</strong>„Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer der VogelwarteHelgoland e.V.“ unterstützt.SummaryThe <strong>in</strong>fluence of different stimuli on heartrate (HR) of two <strong>in</strong>cubat<strong>in</strong>g Great Bustardhens was <strong>in</strong>vestigated <strong>in</strong> the reserve ofBuckow (<strong>Brandenburg</strong>, Eastern Germany)<strong>in</strong> 1993 and 1994.Heart beats were picked up with a microphone,filtered, amplified and recorded ontape. Egg temperatures, stimuli and behaviourwere recorded simultaneously. HRs<strong>und</strong>er rest were only slightly <strong>in</strong>fluenced bythermoregulation and activity. However,many human and <strong>in</strong>traspecific stimuli resulted<strong>in</strong> strong HR-changes. These werenot <strong>in</strong>evitable <strong>in</strong>creases. When humansapproached to only a few meters the HRdecreased by half of start<strong>in</strong>g value – co<strong>in</strong>cid<strong>in</strong>gwith a freez<strong>in</strong>g response. Agriculturalmach<strong>in</strong>es could elevate HR up to n<strong>in</strong>efold.Aggressive so<strong>und</strong>s of a Great Bustardmale – <strong>in</strong> comparison – could result <strong>in</strong> HRdecreasesdown to a quarter of start<strong>in</strong>g valueas well as <strong>in</strong>creases up to sevenfold.The HR-reactions conta<strong>in</strong>ed an <strong>in</strong>terval(0,3 to 8,8 times) which was still neverfo<strong>und</strong> by any other bird species. These resultsconfirm the sensitivity of this speciestowards different stimuli, altough a certa<strong>in</strong>habituation is possible. So tra<strong>in</strong>s andaircrafts pass<strong>in</strong>g had no effects on eitherHR or behaviour.LiteraturBECK, B. 1994: Der E<strong>in</strong>fluß von Störreizen auf die Herzschlagrate<strong>und</strong> das Verhalten brütender Rotschenkel(Tr<strong>in</strong>ga totanus). Diplomarbeit Univ. -Bielefeld. -79 S.BEZZEL, E. u. PRINZINGER, R. 1990: Ornithologie.Verlag Ulmer. -Stuttgart: 95 - 96DIEHL, P. 1984: Radiotelemetrische Herzfrequenzuntersuchungenan Amseln (Turdus merula) - Reizexperimentemit Verhaltensstudien. Diplomarbeit Univ. Kaiserslautern.-87 S.FRISCH, O. von 1965: Versuche über die Änderungder Herzfrequenz von Tieren bei psychischer Erregung.-Z. Tierpsychol. 22: 104 - 118FRISCH, O. von 1966: Herzfrequenzänderungen beiDrückreaktionen junger Nestflüchter. -Z. Tierpsychol.23: 497 - 500GABRIELSEN, G. u. STEEN, J. B. 1979: Tachicardia dur<strong>in</strong>gegg-hypothermia <strong>in</strong> <strong>in</strong>cubat<strong>in</strong>g ptarmigan (Lagopuslagopus). -Acta Physiol. Scand. 107: 273 - 277GEWALT, W. 1959: Die Großtrappe. NBB 223.A.Ziemsen Verlag. -Wittenberg Lutherstadt. -124 S.GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N.; BAUER, K. M. u.BEZZEL, E. 1973: Handbuch der Vögel Mitteleuropas.Bd.5. Akademische Verlagsgesell. -Wiesbaden: 649 -688GRACZYK, R. u. BERESZYNSKI, A. 1983: The occurenceand restitution of the Bustard <strong>in</strong> Poland. In: GORI-UP, P.D. u. VARDHAN, H. (ed.): Bustards <strong>in</strong> decl<strong>in</strong>e.Tourisme & Wildlife Society of India. -Jaipur: 273 - 279HÜPPOP, O. 1988: Aktivität <strong>und</strong> Energieumsatz beiVögeln: Methoden <strong>und</strong> Ergebnisse. -Seevögel 9. Sonderband:95 - 106HÜPPOP, O. 1995: Störungsbewertung anhand physiologischerParameter. -Orn. Beob. 92: 257 - 268HÜPPOP, O. u. HAGEN, K. 1990: Der E<strong>in</strong>fluß vonStörungen auf Wildtiere am Beispiel der Herzschlagratebrütender Austernfischer (Haematopus ostralegus).-Vogelwarte 35: 301 - 310JUNGIUS, H. u. HIRSCH, U. 1979: Herzfrequenzänderungenbei Brutvögeln <strong>in</strong> Galapagos als Folge vonStörungen durch Besucher. -J. Orn. 120: 299 - 310LÜTKENS, R. u. HUTTERER, R. 1977: Beobachtungenan e<strong>in</strong>em verletzten Trappenhahn (Otis tarda L.). -Zool. Garten N.F. 47: 369 - 381NEEBE, B. u. HÜPPOP, O. 1994: Der E<strong>in</strong>flüß von Störreizenauf die Herzschlagrate brütender Küstenseeschwalben(Sterna paradisea). -Artenschutzreport 4: 8- 13QUAISSER, C. 1994: Der E<strong>in</strong>fluß von Reizen auf dieHerzschlagrate brütender Großtrappen (Otis tarda).Diplomarbeit Humboldt-Univ. Berl<strong>in</strong>. -66 S.QUAISSER, C. u. HÜPPOP, O. 1995: Was stört denKulturfolger Großtrappe Otis tarda <strong>in</strong> der Kulturlandschaft?-Orn. Beob. 92: 269 - 274TEMBROCK, G. 1992: Verhaltensbiologie. 2.neubearb.Aufl. G.Fischer Verlag Jena: 99 - 100Verfasser<strong>in</strong>Christiane QuaisserHumboldt-Universität zu Berl<strong>in</strong>Institut für BiologieProjektgruppe <strong>Naturschutz</strong>Invalidenstraße 43D-10115 Berl<strong>in</strong>


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996: 107-112 107BÄRBEL LITZBARSKIZum Pestizidgehalt <strong>in</strong> Eiern, Küken <strong>und</strong> erwachsenen Tierender Großtrappe (Otis t. tarda L., 1758)1. ProblemstellungDie Suche nach Ursachen für den dramatischenRückgang der Großtrappenbestände<strong>in</strong> Ostdeutschland gilt seit Anfang derachtziger Jahre auch der Biozidproblematik.Da die Großtrappen im hochgradig mitPflanzenschutzmitteln belasteten Agrarraumleben <strong>und</strong> die hohe Lebenserwartungder Art e<strong>in</strong>e Akkumulation, vor allemvon chlororganischen Verb<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong>Quecksilber wesentlich begünstigt, lag dieVermutung nahe, daß die Biozide beimRückgang der Großtrappenbestände e<strong>in</strong>ewesentliche Rolle spielen könnten.Die Mitarbeiter der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow g<strong>in</strong>gen von der Annahme aus, daßInsektizide, <strong>in</strong>sbesondere chlorierte Kohlenwasserstoffe,wie das DDT <strong>und</strong> se<strong>in</strong>eebenfalls toxischen Abbauprodukte DDE<strong>und</strong> DDD sowie Quecksilber als Bestandteilder Saatgutbeizen <strong>und</strong> die aus der Industriestammenden polychlorierten Biphenyle(PCB) für akute <strong>und</strong> subletalechronische Belastungen der Großtrappenmit Auswirkungen auf ihre Fortpflanzungverantwortlich gemacht werden könnten.Ähnlich wie für viele Vogelarten, <strong>in</strong>sbesondereGreifvögel <strong>und</strong> Eulen, Möwen <strong>und</strong>Seeschwalben, als „Pestizidsyndrom“nachgewiesen (RATCLIFFE 1967, 1970;COOKE 1973; FOX et al. 1978; HARTNER1981; PEAKALL 1985; CLAUSING et al.1988; WIESNER et al. 1989), waren auchfür die Großtrappe folgende mögliche Wirkungenanzunehmen:- Verhaltensstörungen bei der Balz <strong>und</strong>Brut- Abnahme der Gelegegrößen- Dünnschaligkeit <strong>und</strong> damit erhöhte Zerbrechlichkeitder Eier- verm<strong>in</strong>derte Befruchtungsrate- erhöhte Sterblichkeit der Embryonen<strong>und</strong> Küken.Darüber h<strong>in</strong>aus ließen sich auch fürGroßtrappen akute Intoxikationen vermuten.2. Material <strong>und</strong> MethodikIn den Jahren 1980 bis 1990 wurden anGroßtrappeneiern (n = 81), -küken (n =64) <strong>und</strong> Alttieren oder Tieren, die m<strong>in</strong>destense<strong>in</strong> Jahr alt waren <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Agrarlandschafttot gef<strong>und</strong>en wurden (n = 16),toxikologische Untersuchungen unter Leitungvon Dr. E. Hörnecke im Bezirks<strong>in</strong>stitutfür Veter<strong>in</strong>ärwesen Potsdam durchgeführt.Die Rückstandsanalysen bezogen sich aufdie chlorierten Kohlenwasserstoffe, DDT,e<strong>in</strong>schließlich der Abbauprodukte DDD<strong>und</strong> DDE, auf L<strong>in</strong>dan mit dem WirkstoffHexachlorcyclohexan (HCH) <strong>und</strong> Hexachlorbenzol(HCB, Bestandteil von Saatgutbeize).Außerdem werden polychlorierteBiphenyle (PCB), e<strong>in</strong>e aus der Industriestammende Chemikaliengruppe, die alsUmweltgift zunehmende Bedeutung erlangthat, weil sie im Organismus wie dieInsektizide auf der Basis von chloriertenKohlenwasserstoffen akkumuliert wird<strong>und</strong> auch ähnliche Schäden verursachenkann, untersucht. Von den Schwermetallenwurde Quecksilber (Hg) analysiert.Bei der E<strong>in</strong>schätzung der Rückstandswertevon chlorierten Kohlenwasserstoffen(CKW) ist e<strong>in</strong>e Vielzahl von Aspekten zuberücksichtigen, die Vergleiche <strong>und</strong> Verallgeme<strong>in</strong>erungenerschweren. Das beziehtsich auch auf die Untersuchungsmethodik.Bis 1981 wurden chlorierte Kohlenwasserstoffez.T. noch halbquantitativ mit Hilfeder Dünnschichtchromatographie ermittelt.Erst die seit dieser Zeit angewendetengaschromatographischen Verfahren erlaubenVergleiche mit <strong>in</strong>ternationalem Datenmaterial.PCB wurde als Clophen A bestimmt. DieErgebnisse bei Eiern s<strong>in</strong>d auf die Menge (g)Ganzei bezogen. Die Angaben beziehensich auf mg/kg Orig<strong>in</strong>alsubstanz (ppm).Die Eier stammten aus den E<strong>in</strong>standsgebietender Großtrappe <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> (n =76) <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt (n = 5). Sie wurdenbei Landwirtschaftsarbeiten gef<strong>und</strong>en<strong>und</strong> zur Bebrütung <strong>in</strong> die <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow gebracht. Die untersuchtenEier waren unbefruchtet oder die Embryonenabgestorben.Vergleichbare Untersuchungen an Großtrappenaus anderen E<strong>in</strong>standsgebietenfehlen bisher. Deshalb wurden zum VergleichUntersuchungsergebnisse vonWeißstorcheiern (n = 37), -küken (n = 3)<strong>und</strong> -alttieren (n = 5) aus den Jahren 1981bis 1986 aus den Altkreisen Rathenow, Kyritz,Nauen, <strong>Brandenburg</strong>, Pritzwalk e<strong>in</strong>bezogen.Das ist e<strong>in</strong> Teil des E<strong>in</strong>zugsgebietes,aus dem auch Großtrappengelege zur Bebrütungkamen. Der Nahrungsraum ist fürbeide Arten sehr ähnlich, wenn sich auchdas Nahrungsspektrum etwas unterscheidet.Bei dem Untersuchungsmaterial vomWeißstorch handelt es sich <strong>in</strong> der Regel umEier oder tote Küken, die bei Ber<strong>in</strong>gungsaktionenzufällig <strong>in</strong> den Horsten gef<strong>und</strong>enwurden.3. Ergebnisse3.1 Zur Belastung mit chloriertenKohlenwasserstoffenAuffällig ist die ger<strong>in</strong>ge Belastung derGroßtrappen mit den untersuchten Pestiziden.Bei vielen Proben lag sie unter derNachweisgrenze von 0,01 ppm.Das bezieht sich auf alle untersuchtenSchadstoffe sowohl <strong>in</strong> den Eiern als auch <strong>in</strong>Küken <strong>und</strong> Alttieren (Tab. 1).Offenbar nimmt die Großtrappe im Stoffflußder chlorierten Kohlenwasserstoffedes Agrarraumes e<strong>in</strong>e so günstige Stellunge<strong>in</strong>, daß sie trotz ihrer Langlebigkeit nur <strong>in</strong>sehr ger<strong>in</strong>gem Maße derartige Biozide akkumuliert.Für Großtrappen liegen ke<strong>in</strong>e Erkenntnissedarüber vor, von welcher Belastungsstufean Auswirkungen bei den Tieren deutlichwerden. Die ger<strong>in</strong>gen Rückstandswertesollten jedoch nicht unterschätzt werden,denn umfangreiche Untersuchungsergebnissebei anderen Artengruppen haben gezeigt,wie unterschiedlich die Arten aufe<strong>in</strong>e Intoxikation reagieren (STUBBE et al.1989; LITZBARSKI 1987).Die Großtrappen s<strong>in</strong>d deutlich ger<strong>in</strong>gerbelastet als Weißstörche aus dem nordwestlichen<strong>Brandenburg</strong> (Tab. 1).Von 1980 bis 1984 wird für Niedersachsene<strong>in</strong>e den Untersuchungsergebnissen ähnlichmäßige Belastung der Weißstörche<strong>und</strong> ihrer Eier mit CKW angegeben(BÜTHE et al. 1989). In den Niederlandenist für Weißstorcheier (n = 10) im gleichenUntersuchungszeitraum der zehnfacheDDE-Wert (0,15 – 22,0 ppm) festgestelltworden (JONKERS 1989). Die höherenWerte beim Weißstorch ergeben sich imVergleich zur relativ standorttreuen Großtrappesicher aus se<strong>in</strong>er stärker mit CKWbelasteten Nahrung auf den Zugwegen<strong>und</strong> im W<strong>in</strong>terquartier sowie e<strong>in</strong>em anderenNahrungsspektrum im Brutgebiet.


108 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Tabelle 1: Biozidgehalt <strong>in</strong> Großtrappeneiern, -küken <strong>und</strong> -altvögeln von 1980 – 1990 im Vergleich zurtoxikologischen Belastung des Weißstorches <strong>in</strong> den Jahren 1981 – 1986 <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>(Mittel- <strong>und</strong> Extremwerte; Angaben <strong>in</strong> ppm)Art Her- HCB HCH DDE DDD DDT DTT gesamt PCB HGkunft mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg mg/kg mg/kgGroß- Eiertrappe x¯ 0,01 0,03 0,08 0,01 0,01 0,08 0,10 0,04n = 86 0,01 0,01-0,10 0,01-0,50 0,01-0,02 0,01-0,08 0,01-0,60 0,01-1,75 0,01-0,20Kükenx¯ 0,01 0,40 0,08 0,02 0,03 0,11 0,07 0,06n = 64 0,01-0,05 0,01-6,00 0,01-0,40 0,01-0,07 0,01-0,23 0,01-0,42 0,01-0,35 0,02-0,27Alttierex¯ 0,01 0,01 0,12 0,01 0,014 0,12 0,09 0,09n = 16 0,01 0,02-0,08 0,01-0,76 0,01-0,02 0,01-0,02 0,02-0,78 0,05-0,38 0,03-0,22Weiß- Eierstorch x¯ 0,12 0,02 0,53 0,06 0,08 0,64 0,61 0,11n = 37 0,01-2,00 0,01-0,03 0,02-2,00 0,00-0,22 0,01-1,00 0,63-2,30 0,56-2,50 0,02-0,40Kükenx¯ - - 0,40 0,07 0,05 0,46 0,08 0,07n = 3 - - 0,20-0,50 0,03-0,10 0,05 0,25-0,60 0,05-0,60Alttierex¯ 0,02 0,026 0,29 0,20 0,07 0,32 3,15 0,46n=5 - 0,02-0,05 0,02-0,53 0,02-0,03 0,02-0,17 0,13-0,70 0,10-10,0 0,11-0,85The concentration of biocides <strong>in</strong> the eggs of Great Bustards, chicks and adult birds from 1980 – 1990 compared with the toxicologicalstress of the white stork <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> from 1981 – 1986 (mean and extreme values, given <strong>in</strong> ppm).Anders als bei diesen Arten spielt die Problematikder Akkumulation von PCB <strong>und</strong>anderen chlorierten Kohlenwasserstoffensowie Schwermetallen <strong>in</strong> Vogelarten derhöchsten Trophieebene, den Greifvögeln<strong>und</strong> Eulen sowie bei Möwen <strong>und</strong> Seeschwalben(EGGERS et. al. 1978; BECKERet al. 1985a, b), e<strong>in</strong>e wesentlich größereRolle. Die Aussagen über die Belastungschwanken <strong>in</strong> Abhängigkeit von der untersuchtenArt, ihrem Beutespektrum, ihremMigrationsverhalten <strong>und</strong> der Region, die <strong>in</strong>die Untersuchung e<strong>in</strong>bezogen wurde(NEWTON et al. 1981; STUBBE et al.1988). So war der DDT-Gehalt von Greifvogel-<strong>und</strong> Euleneiern, die <strong>in</strong> den Jahren1980 bis 1985 aus <strong>Brandenburg</strong> toxikologischuntersucht wurden, höher als bei denGroßtrappeneiern: Rohrweihe 41mal, Habicht32mal, Sperber 29mal; Ste<strong>in</strong>kauz14mal, Schleiereule <strong>und</strong> Waldkauz 13mal(LITZBARSKI 1987).Die DDT-Belastung war bei e<strong>in</strong>er Reihevon Vogelarten für den Bestandsrückgangverantwortlich. Reproduktionsausfälle wurdendurch Legeverzögerung, verm<strong>in</strong>derteGelegestärken, verr<strong>in</strong>gerte Befruchtungsrate<strong>und</strong> Dünnschaligkeit der Eier, Eibruch,erhöhte Embryonalmortalität, Verhaltensstörungenverursacht. Das bekanntesteBeispiel dafür ist wohl der Wanderfalke(SCHILLING 1981).Bei den Bef<strong>und</strong>en zur Großtrappe werdentrotz der niedrigen Werte e<strong>in</strong>ige Abhängigkeitendeutlich:* Gemessen an der Belastung der Altvögel<strong>und</strong> bei Berücksichtigung der Tatsache,daß die DDT-Rückstände <strong>in</strong> den Eiern<strong>und</strong> Küken alle aus dem Körper der Hennestammen, ersche<strong>in</strong>t der Mittelwertvon 0,08 ppm DDE <strong>und</strong> DDT (ges.) <strong>in</strong> Eiern<strong>und</strong> Küken der Großtrappen rechthoch (Tab. 1). In der Leber von 3 weiblichenerwachsenen Großtrappen wurdenim Mittel 0,106 ppm DDE <strong>und</strong> 0,12ppm DDT gef<strong>und</strong>en. Bei der Eibildungwird e<strong>in</strong> Teil des im Körper der Hennengespeicherten DDT <strong>und</strong> DDE <strong>in</strong> diesee<strong>in</strong>gelagert <strong>und</strong> damit über die Eier ausgeschieden.Durch diese „Entsorgung“verm<strong>in</strong>dert sich die Pestizidbelastungder Weibchen. So können z.B. Sperberweibchendie Pestizidrückstände <strong>in</strong>ihrem Körper durch die Ablage von 6Eiern halbieren (NEWTON et al. 1981).* Bei Alttieren ist die Belastung mit chloriertenKohlenwasserstoffen <strong>und</strong> PCB`s<strong>in</strong> der Leber ger<strong>in</strong>ger als im Fettgewebe(Tab. 2), <strong>in</strong> der das DDE, nicht m<strong>in</strong>dertoxisch als das DDT, <strong>in</strong> dieser Form überJahre festgelegt werden kann. Die Speicherfunktiondes Fettgewebes für chlororganischeInsektizide wird hiermitdeutlich. E<strong>in</strong>e Freisetzung dieser Verb<strong>in</strong>dungenerfolgt bei Nahrungsmangel.Die Pestizide werden dann <strong>in</strong> andereKörpergewebe, auch <strong>in</strong> Eier umgelagert(NEWTON et al. 1981).3.2 Höhe der Rückstände <strong>und</strong>BefruchtungsrateObwohl die Intoxikation der untersuchtenGroßtrappeneier sehr ger<strong>in</strong>g ist (Tab. 1),ergeben sich signifikante Unterschiede(p = 0,001) zwischen befruchteten <strong>und</strong>Tabelle 2: Zur Belastung mit chlorierten Kohlenwasserstoffen <strong>und</strong>Quecksilber bei ausgewachsenen Großtrappen (n=16)DDE DDT ges. PCB Hg(mg/kg) (mg/kg) (mg/kg) (mg/kg)Leber 0,02 0,03 0,05 0,14Muskulatur 0,03 0,04 0,05 0,06Fettgewebe 0,64 0,65 0,16Niere - - - 0,16Stra<strong>in</strong> with chlor<strong>in</strong>ated hydrocarbons and mercury on adult Great Bustards (n = 16)


BÄRBEL LITZBARSKI: ZUM PESTIZIDGEHALT IN EIERN, KÜKEN UND ERWACHSENEN TIEREN DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) 109Tabelle 3: Belastung von befruchteten <strong>und</strong> unbefruchtetenGroßtrappeneiern mit chlorierten Kohlenwasserstoffen(Mittelwerte <strong>und</strong> Schwankungsbreiten)Eier DDE (mg/kg) DDT (mg/kg)befruchtet (n=38) 0,06 (0,01-0,2) 0,06 (0,01-0,20)unbefruchtet (n=47) 0,093 (0,01-0,5) 0,101 (0,01-0,58)Stra<strong>in</strong> of fertilized and non-fertilized Great Bustard eggs with chlor<strong>in</strong>ated hydrocarbons(mean values and deviation ranges)unbefruchteten Eiern <strong>in</strong> der Belastung mitDDT (Tab. 3).Die Verb<strong>in</strong>dung von hohen DDT-Werten <strong>in</strong>Großtrappeneiern mit e<strong>in</strong>er deutlich erhöhtenUnfruchtbarkeit legt die Annahmenahe, daß hier e<strong>in</strong> direkter, ursächlicherZusammenhang bestehen könnte.Indirekte Bee<strong>in</strong>trächtigungen der Befruchtungsrate,wie sie über biozidbed<strong>in</strong>gteStörungen des Verhaltens bei der Balzdenkbar wären, s<strong>in</strong>d für Großtrappen bishernicht bekannt geworden. Sie s<strong>in</strong>d imFreiland auch sicher nur sehr schwer festzustellen.Unsere Erkenntnisse zur Entwicklung vonTeilpopulationen <strong>in</strong> verschiedenen Großtrappene<strong>in</strong>standsgebietenhaben bisherergeben, daß die Befruchtungsrate der Eiervor allem durch folgende Ursachen abs<strong>in</strong>kt(LITZBARSKI et al. 1987):- starke Störungen an den Balzplätzen- zu ger<strong>in</strong>ger Männchenanteil- Verr<strong>in</strong>gerung der Gruppengröße unter 8bis 10 Exemplare.Es ist davon auszugehen, daß auch diestarke Überalterung der Trappengruppendie Befruchtungsrate bee<strong>in</strong>trächtigenkann, ohne daß dafür konkrete Belege vorliegen.Außerdem führen die zahlreichen Störungendurch Bewirtschaftungsmaßnahmenhäufig zu Gelegeverlusten <strong>und</strong> damit regelmäßigzu Nachgelegen. Wenn dieseerst <strong>in</strong> der 2. Junihälfte <strong>und</strong> später erfolgen,bei e<strong>in</strong>igen Hennen ist es dann schondas zweite Nachgelege, ist ihre Befruchtungsratedeutlich ger<strong>in</strong>ger, als <strong>in</strong> derHauptlegezeit von Mitte bis Ende Mai(Abb.1). Auffällig ist, daß die Befruchtungsrateder Eier auch zu Beg<strong>in</strong>n der Legezeit(bis etwa zur 1. Maidekade) deutlichger<strong>in</strong>ger ist als <strong>in</strong> der Hauptlegezeit Mittebis Ende Mai.Möglicherweise bee<strong>in</strong>trächtigen die vielenanthropogenen Störungen das komplizierte<strong>und</strong> sehr sensible Paarungsverhalten derTrappen so stark, daß die Synchronisationder Geschlechter nicht so zügig verlaufenkann, wie unter störungsarmen Bed<strong>in</strong>gungen.Dieverm<strong>in</strong>derte Befruchtungsrate der Großtrappeneierist e<strong>in</strong>em Ursachenkomplexanzulasten, <strong>in</strong> dem offensichtlich auch dieBelastung mit Pestiziden e<strong>in</strong>e Rolle spielt.3.3 Belastung mit Quecksilberverb<strong>in</strong>dungenDie Großtrappen s<strong>in</strong>d nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gemMaße mit Quecksilberrückständen belastet.Die Werte aus den Eiern liegen nochunter denen von Küken <strong>und</strong> Alttieren(Tab.1). Großtrappen nehmen diesesSchwermetall wahrsche<strong>in</strong>lich über gebeiztesSaatgut auf. Wir haben wiederholt beobachtet,daß die Tiere im Oktober/Novemberauflaufendes Getreide <strong>und</strong> dabeiauch die Körner als Nahrung aufnehmen,wenn die Saat noch unzureichend bewurzeltist. Organoquecksilberverb<strong>in</strong>dungenwerden seit Jahren als Fungizide, als Beizefür das Saatgut, im Getreideanbau e<strong>in</strong>gesetzt.Die dabei verwendeten Methyl-Abb. 1Ablauf der Legeperioden <strong>und</strong> Anteile unbefruchteter Eier bei der Großtrappe <strong>in</strong> den Jahren 1981 bis 1995 (n=794)Development of the lay<strong>in</strong>g period and percentage of non-fertilized eggs of Great Bustards <strong>in</strong> the years 1981 – 1995 (n=794)


110 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996quecksilberverb<strong>in</strong>dungen s<strong>in</strong>d hochtoxisch<strong>und</strong> außerdem sehr langlebig (RIEDEL1988).Spezielle Wirkungen dieser Verb<strong>in</strong>dungenkönnen für die Großtrappen nicht nachgewiesenwerden. Es fällt natürlich schwer,E<strong>in</strong>zelfaktoren, wie die Agrochemikalienoder gar das Quecksilber, als Ursache fürdie Populationsentwicklung der Großtrappeherausgelöst zu betrachten, denn siewirken meist komplex <strong>und</strong> werden durchdie Auswirkungen anderer Intensivierungsmaßnahmen<strong>in</strong> der Landwirtschaftüberdeckt.Tabelle 5: Prozentuale Häufigkeit von Dreiergelegen <strong>und</strong>Eizahl/Gelege bei GroßtrappenGebiet Zeit Dreiergelege % Eizahl/Gelege Lit.<strong>Brandenburg</strong> ~1950-1960 ~30 - 50 ~ >2,5 GEWALT,1959<strong>Brandenburg</strong> 1979-1994 3,4 1,7 eigeneBef<strong>und</strong>eSpanien 1984 53,3 2,47 ENA u.a. 1986(Zamora)Ungarn 1979-1988 11,4 1,64 - 2,29 FÁRAGÓ19893.4 Zu akuten Intoxikationen beider GroßtrappeE<strong>in</strong>ige Bef<strong>und</strong>e weisen auf direkte <strong>und</strong>akute Biozidwirkung h<strong>in</strong>. Die toxikologischeUntersuchung von 6 Küken aus demJahr 1984 ergab z.B. überdurchschnittlichhohe L<strong>in</strong>dan-Werte (Tab. 4).Diese 6 stark mit L<strong>in</strong>dan (HCH) belastetenKüken gehören zu 5 Zweiergelegen, ausdenen 4 Küken kurz nach dem Schlupfstarben, zwei Tiere im Schlupf steckenblieben<strong>und</strong> <strong>in</strong> zwei Eiern die Emryonen sehrfrüh abstarben. Nur 2 Küken von 10 befruchtetenEiern überlebten.L<strong>in</strong>danpräparate mit dem Wirkstoff Hexachlorcyclohexanwurden <strong>in</strong> der DDR biszum Ende der achtziger Jahre, <strong>in</strong>sbesondereauf Kartoffel- <strong>und</strong> Rapsflächen, beimFutterpflanzenanbau, auch <strong>in</strong> Gemüse<strong>und</strong>Obstkulturen e<strong>in</strong>gesetzt.In den untersuchten Fällen (Tab. 4) handeltes sich um Nachgelege (Legezeit: EndeMai bis Anfang Juni). Sie stammen ausräumlich deutlich vone<strong>in</strong>ander getrenntenGebieten (Belziger Landschaftswiesen,E<strong>in</strong>standsgebiete bei L<strong>in</strong>um, Wachow <strong>und</strong><strong>in</strong> den Jahnbergen) von e<strong>in</strong>em Rübenacker,e<strong>in</strong>em Acker mit Futterhafer. DreiGelege wurden auf Wiesen gef<strong>und</strong>en.Auf welchen Fruchtarten die Erstgelegegezeitigt wurden oder wo die Hennen daskontam<strong>in</strong>ierte Futter aufnahmen, warnicht nachzuvollziehen.Tabelle 4: Biozidbelastung von 6 Küken aus dem Jahre 1984 im Vergleichzu Küken, die von 1980 bis 1989 untersucht wurdenKüken HCH DDT DDE DDT ges.(mg/kg) (mg/kg) (mg/kg) (mg/kg)1984 2,28 0,11 0,07 0,20(n= 6) 1,10-6,00 0,01-0,23 0,01-0,12 0,02-0,401980-1989 0,03 0,016 0,08 0,13(n= 58) 0,01-0,13 0,01-0,05 0,01-0,4 (0,02-0,42)Biocid stra<strong>in</strong> of 6 chicks <strong>in</strong> the year of 1984 <strong>in</strong> comparison with chicks <strong>in</strong>vestigated from1980 to 1989Percental frequency of clutches with three eggs and number of eggs/clutch of Great BustardsAuffällige Auswirkungen von L<strong>in</strong>danpräparatenauf die Vogelwelt s<strong>in</strong>d aus derLiteratur nicht bekannt. L<strong>in</strong>dan verursachtunter experimentellen Bed<strong>in</strong>gungen neurotoxischeWirkungen <strong>und</strong> wird bei längererBelastung <strong>in</strong> das Fettgewebe e<strong>in</strong>gelagert.Es wird jedoch schneller als DDT-Verb<strong>in</strong>dungen,vor allem über die Eier ausgeschieden(BURRAGE et al. 1971;WHITEHEAD et al. 1974). Gerade weil dieBelastung der e<strong>in</strong>heimischen Vogelweltmit L<strong>in</strong>dan als unbedeutend e<strong>in</strong>geschätztwird (RIEDEL 1988), s<strong>in</strong>d die stark verm<strong>in</strong>derteSchlupfrate sowie erhöhte Mortalitätder Küken bei den Trappeneiern mit überdurchschnittlichhohen L<strong>in</strong>danwerten besondersbemerkenswert.Interessant ist neben dem hohen HCH-Gehalt<strong>in</strong> den belasteten Küken auch, daß derDDT-Wert <strong>in</strong> diesen Tieren deutlich höherals der DDE-Gehalt ist. Bei den Tieren ausden anderen Untersuchungsjahren ist dasVerhältnis von DDT zu DDE deutlich zuGunsten des DDE, des Abbauproduktesdes DDT, verschoben (Tab. 4). Offenbarwurden im Jahre 1984 beim großflächigenE<strong>in</strong>satz von DDT-Präparaten (Aerosol Super)gegen die Nonne nicht nur die Wälderbehandelt. Auch die Agrarlandschaft wurde,zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den Kreisen Nauen, Oranienburg<strong>und</strong> Belzig, aus denen die untersuchtenGelege der Großtrappe stammen,verstärkt mit DDT kontam<strong>in</strong>iert.3.5 Bee<strong>in</strong>flussung von Schalendicke<strong>und</strong> GelegegrößeWie sieht es neben der biozidbed<strong>in</strong>gtenBee<strong>in</strong>trächtigung der Befruchtungsrate<strong>und</strong> Embryonenvitalität mit anderen Aspektender Reproduktion der Großtrappenaus?Die Schalendicke der Eier wurde nicht untersucht.Da jedoch bei über 1 000 Eiern(n = 938 aus dem Freiland <strong>und</strong> n = 76 ausder Zuchtherde), die <strong>in</strong> der Station Buckowbebrütet wurden, nie Schalenbruch aufgetretenist, schließen wir e<strong>in</strong>e stärkere Bee<strong>in</strong>trächtigungder Schalendicke durchBiozidrückstände aus.Dagegen hat sich die Gelegegröße seit1979 <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> im Vergleich zu denfünfziger Jahren deutlich verm<strong>in</strong>dert(Tab. 5). Während GEWALT (1959) <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>emJahr weniger als 30 % bis 50 % Dreiergelegefür <strong>Brandenburg</strong> angibt, s<strong>in</strong>d esseit 1979 nur noch 3,4 %.Für e<strong>in</strong>e direkte Beteiligung der Biozide andieser für die Arterhaltung negative Entwicklunggibt es ke<strong>in</strong>e konkreten Anzeichen.Die große Anzahl der störungsbed<strong>in</strong>gtenNachgelege, die Überalterung der Trappenbeständesowie e<strong>in</strong>e mögliche M<strong>in</strong>derungder Leistungsfähigkeit der Tiere durchdie ausgeprägte Monotonie des Futterangeboteskönnten für die verr<strong>in</strong>gerte durchschnittlicheGelegegröße verantwortlichse<strong>in</strong>.Insgesamt dürfte der direkte Anteil derBiozide an dem Aussterben der zahlreichenTeilpopulationen der Großtrappen <strong>in</strong> Ostdeutschland<strong>in</strong> den zurückliegenden Jahrzehntenger<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>. Ganz anders ist jedochdie <strong>in</strong>direkte Wirkung der Biozide auf


BÄRBEL LITZBARSKI: ZUM PESTIZIDGEHALT IN EIERN, KÜKEN UND ERWACHSENEN TIEREN DER GROSSTRAPPE (OTIS T. TARDA L., 1758) 111die Tierwelt im Agrarraum zu beurteilen.Nur wenige Prozent der ausgebrachtenBiozide erreichen tatsächlich ihren eigentlichenWirkungsort, das Zielorgan, oder-enzym, d.h., den Rezeptor <strong>in</strong> dem Schaderreger(PIMENTEL 1986, BEITZ 1988).Der „Rest“ von mehr als 90% der ausgebrachtenMengen kontam<strong>in</strong>iert die gesamteUmwelt <strong>und</strong> hat ganz wesentlichzur Dezimierung auch der Pflanzen- <strong>und</strong>Tierarten <strong>in</strong> der Agrarlandschaft beitragen,die als „Unkraut“ oder Schaderreger ke<strong>in</strong>ewirtschaftliche Bedeutung haben. So g<strong>in</strong>gz.B. auf Äckern mit <strong>in</strong>tensivem Insektizide<strong>in</strong>satzvon 1971 bis 1984 die Gesamthäufigkeitder Laufkäfer um 81% zurück (BA-SEDOW 1989).Damit hat der Biozide<strong>in</strong>satz durch die starkeVerm<strong>in</strong>derung der Arthropodenfaunaim Agrarraum, der wichtigsten Futterquellefür die Trappenküken, ganz wesentlichdie natürliche Reproduktion der Art unterb<strong>und</strong>en<strong>und</strong> ihre weitere Existenz nachhaltiggefährdet; d.h., die Trappenküken s<strong>in</strong>dbei dem dürftigen Arthropodenangebotbereits <strong>in</strong> den ersten Lebenstagen verhungert.Nur e<strong>in</strong> Fünftel bis e<strong>in</strong> Drittel der fürdie Kükenaufzucht notwendigen Arthropodenbiomassewar auf den Acker- <strong>und</strong>Wiesenstandorten vorhanden (LITZBAR-SKI et al. 1987, 1988).In den meisten Trappene<strong>in</strong>standsgebietenOstdeutschlands s<strong>in</strong>d u.a. aus diesemGr<strong>und</strong>e über Jahrzehnte h<strong>in</strong>weg kaumJungtrappen aufgewachsen.Die <strong>in</strong> den Großtrappenschutzgebieten„Havelländisches Luch“ <strong>und</strong> „BelzigerLandschaftswiesen“ e<strong>in</strong>geleitete Renaturierungdes Agrarraumes dient ganz gezieltder schrittweisen Beseitigung dieser wesentlichenUrsache für die ger<strong>in</strong>ge Nachwuchsrateder Großtrappen <strong>in</strong> Ostdeutschland(LITZBARSKI et al. 1993,BLOCK et al. 1993).Heute können bei den sehr stark zusammengeschmolzenenRestbeständen aucheventuell vorkommende akute Intoxikationenzu e<strong>in</strong>er existenziellen Bedrohungder Art führen. Bei der hohen akuten Toxizitätder Saatgutbeizen für W<strong>in</strong>terraps mitden Wirkstoffen Isofenphos <strong>und</strong> Carbosulfangegenüber Vögeln (PERKOW 1988,RIEDEL et al. 1992, ROSSBACH 1992)könnten selbst Großtrappen <strong>in</strong> Gefahr geraten,auch wenn sie <strong>in</strong> der Regel nur gelegentlichSaatgut aufnehmen.Da die Trappen im W<strong>in</strong>ter monatelang nahezuausschließlich von Rapsblättern leben,bleibt die Frage offen, <strong>in</strong> welchemUmfang diese gefährlichen Wirkstoffe <strong>in</strong>der wachsenden Pflanze verbleiben <strong>und</strong>über die tägliche Aufnahme von etwa1 000 g Grünmasse <strong>in</strong> den Trappen zu Intoxikationenführen können.Insgesamt können toxische Belastungenbei den Großtrappen die Summenwirkungder anderen anthropogen verursachtenSchädigungen des Habitats, der Habitate<strong>in</strong>schränkung,der Nahrungsverknappungmöglicherweise <strong>in</strong> stärkerem Maßebee<strong>in</strong>flussen, als bisher angenommen.4. ZusammenfassungBei der Suche nach möglichen Ursachenfür den starken Rückgang der Großtrappen<strong>in</strong> Ostdeutschland wurden <strong>in</strong> den Jahren1980 bis 1989 von der <strong>Naturschutz</strong>stationBuckow Eier, Küken <strong>und</strong> erwachseneTiere der Großtrappe zur toxikologischenAnalyse <strong>in</strong> das Bezirks<strong>in</strong>stitut fürVeter<strong>in</strong>ärwesen Potsdam gegeben.Die Agrarräume, <strong>in</strong> denen die Großtrappenleben, s<strong>in</strong>d mit Pestiziden belastet.Ihre Akkumulation, besonders die derchlorierten Kohlenwasserstoffe, im Körperder Trappen wird durch die Langlebigkeitder Art begünstigt. Es lag deshalb der Verdachtnahe, daß Großtrappen mit hohenPestizidrückständen belastet se<strong>in</strong> könnten.Untersucht wurden die Rückstände derchlorierten Kohlenwassserstoffe HCB,HCH, DDE, DDT, PCB <strong>und</strong> Quecksilber(Hg).Folgende Bef<strong>und</strong>e liegen vor:* Die Belastung der Eier, Küken <strong>und</strong> Alttieremit diesen Pestiziden ist sehr ger<strong>in</strong>g(x = 0,01 – 0,4 ppm).* Es ergeben sich signifikante Unterschiedeim DDT-Gehalt von unbefruchteten(x = 0,1 ppm) <strong>und</strong> befruchteten (x =0,06 ppm) Eiern.* 1984 wurden für 6 Küken überdurchschnittlichhohe L<strong>in</strong>danwerte (HCH; 1,1– 6,0 ppm) nachgewiesen, die mit e<strong>in</strong>erhohen Sterblichkeit dieser Küken im Eioder kurz nach dem Schlupf verb<strong>und</strong>enwaren.Die mögliche Bedeutung der Insektizidbelastungfür die Verm<strong>in</strong>derung der Trappenbestände<strong>in</strong> Ostdeutschland wird diskutiert.SummarySearch<strong>in</strong>g for possible causes of the dramaticdecrease of Great Bustards <strong>in</strong> EasternGermany the Institute for Veter<strong>in</strong>ary Medic<strong>in</strong>eof Potsdam analyzed the toxic stra<strong>in</strong>of eggs, chicks and adult animals of GreatBustards from the Nature ConservationCentre of Buckow from 1980 till 1989. Thefarmland as a typical habitat of the birds iscontam<strong>in</strong>ated with pesticides. Their accumulation,especially that of chlor<strong>in</strong>atedcarbohydrates, is favoured by the longevityof the species. Because of this it seemedto be reasonable to suppose that the GreatBustards could be contam<strong>in</strong>ated by highresidues of pesticides. The residues of thechlor<strong>in</strong>ated carbohydrates HCB, HCH,DDE, PCB and mercury (Hg) were tested.The possible <strong>in</strong>fluence of the <strong>in</strong>secticideson the decrease <strong>in</strong> Great Bustards <strong>in</strong> EasternGermany will be discussed.LiteraturBASEDOW, TH. 1989: Die Bedeutung von Pestizidanwendungenfür die Existenz von Tierarten <strong>in</strong> der Agrarlandschaft.-Schr.-R. f. <strong>Landschaftspflege</strong> u. <strong>Naturschutz</strong>29: 151 - 168BECKER, P.H.; BÜTHE, A. u. 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112 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996HARTNER, L. 1981: Wie schädigen die chloriertenKohlenwasserstoffe die Vögel? -Ökol. Vögel (Ecol.Birds) 3/Sonderheft: 33-38JONKERS, D.A. 1989: Status and conservation of theWhite Stork (Ciconia ciconia L.) <strong>in</strong> the Nederlands: Areview. - Weißstorch Status <strong>und</strong> Schutz. -Schr. R. desDachverbandes Deutscher Avifaunisten 10: 45-54LITZBARSKI, H. 1987: Zum Problem der Rückständechlorierter Kohlenwasserstoffe <strong>in</strong> Greifvögeln <strong>und</strong> Eulen.-Populationsökologie Greifvogel- <strong>und</strong> Eulenarten1, Wiss. Beitr. Univ. Halle 14 (P 27): 171 - 190LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H. u. PETRICK, S. 1987:Zur Ökologie <strong>und</strong> zum Schutz der Großtrappe (Otistarda L.) im Bezirk Potsdam. -Acta ornithoecologica1/3: 199-244LITZBARSKI, B.; LITZBARSKI, H. u. JASCHKE, W. 1988:Habitatstruktur <strong>und</strong> Nahrungsangebot für ausgewählteVogelarten unter den Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>tensiver landwirtschaftlicherProduktion. - E<strong>in</strong>fluß von Agrochemikalienauf die Populationsdynamik von Vogelarten <strong>in</strong>der Kulturlandschaft. Festsymposium Seebach: 116-124LITZBARSKI, H. u. EICHSTÄDT,D. 1993: <strong>Naturschutz</strong><strong>und</strong> Landwirtschaft im GroßtrappenschongebietBuckow, Kreis Rathenow. -<strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong><strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong> 2: 37-45NEWTON, I.; DOBSON, S., OSBORN, D. u. KEN-WARD, R. 1981: Ergebnisse der Biocid-Forschung ausEngland <strong>und</strong> anderen Ländern. -Ökol. 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Ecol. 7: 67-107RIEDEL, B. 1988: Gesicherte Auswirkungen von Agrochemikalienauf freilebende Vogelarten: Das Ergebnislaborexperimenteller Untersuchungen <strong>und</strong> Freilandstudien.-E<strong>in</strong>fluß von Agrochemikalien auf die Populationsdynamikvon Vogelarten <strong>in</strong> der Kulturlandschaft.Festsymposium Seebach: 19-26RIEDEL, B.; WOLF, K. u. LITZBARSKI, H. 1992: Die Anwendungvon <strong>in</strong>krustiertem Rapssaatgut aus der Sichtdes Vogelschutzes. Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> Vogelgefährdung.-Mitt. Bio. B<strong>und</strong>esanst. f. Landw. <strong>und</strong> Forsten280: 131-136ROSSBACH, R. 1992: Zur Problematik Oftanol- bzw.Carbosulfanhaltiger Saatgutbeizmittel (Wirkstoffe: Isofenphosbzw. Carbosulfan). Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong>Vogelgefährdung. -Mitt. Bio. B<strong>und</strong>esanst. f. Landw.<strong>und</strong> Forsten 280: 137-138SCHILLING, F. 1981: Die Pestizidbelastung des Wanderfalken<strong>in</strong> Baden-Württemberg <strong>und</strong> ihre Rückwirkungenauf die Populationsdynamik. -Ökol. Vögel(Ecol. Birds) 3/Sonderheft: 261-275STUBBE, M. u. RIEDEL, B. 1988: Möglichkeiten <strong>und</strong>Grenzen der rückstandsanalytischen Überwachungvon Vogelarten. -E<strong>in</strong>fluß von Agrochemikalien auf diePopulationsdynamik von Vogelarten <strong>in</strong> der Kulturlandschaft.Festsymposium Seebach: 45-57WIESNER, J., RIEDEL, B. u. HOERNICKE, E. 1989: ZurEntwicklung der Kontam<strong>in</strong>ation beim Sperl<strong>in</strong>gskauz(Glaucidium passer<strong>in</strong>um) <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen. -E<strong>in</strong>fluß vonAgrochemikalien auf die Populationsdynamik von Vogelarten<strong>in</strong> der Kulturlandschaft. Festsymposium Seebach:53-58WHITEHEAD, C.C.; DOWNIE, J.N. u. PHILIPPS, J.A.1974: Some characteristics of the eggshells of quail fedgamma-BHC. -Pestic. Scie. 5: 275-279Verfasser<strong>in</strong>Dr. Bärbel LitzbarskiLandesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>,<strong>Naturschutz</strong>station Buckow14715 BuckowZu IhremAbonnementSollte sich Ihre Adresse ändern, so teilenSie uns dies bitte umgehend mit.Die Zusendung der Zeitschrift als Postvertriebstückermöglicht ke<strong>in</strong>e Nachsendungen(auch nicht bei e<strong>in</strong>em vorliegendemNachsendeantrag). Unzustellbare Sendungenkönnen durch die Deutsche B<strong>und</strong>espostnicht an den Verlag zurückgesandtwerden.Ihr UNZE-VerlagDer ElbebiberDer Biber (Castor fiber albicus) hatte <strong>in</strong>Sachsen im nordwestlichen Elbee<strong>in</strong>zugsgebietse<strong>in</strong>e letzten autochtonen Vorkommen.Von e<strong>in</strong>stmals wenigen E<strong>in</strong>zeltierenkonnte durch hohes Engagement der Bestandim Torgauer Raum auf etwa 30 Ansiedlungenmit über 100 Individuen erhöhtwerden.Darüber <strong>und</strong> über die Biologie, Lebensweise<strong>und</strong> Gefährdung des Elbebibers wird <strong>in</strong>der reichbebilderten 30seitigen Broschüredes NABU/Sachsen berichtet. Aufgelockertdurch Anekdoten bis h<strong>in</strong> zur Vorstellungdes Biberhofes bietet die Schriftviel Wisseswertes <strong>und</strong> ist <strong>in</strong>sbesondere fürdie Öffentlichkeitsarbeit empfehlenswert.Bezug über<strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong> Deutschland (NABU)Landesgeschäftsstelle SachsenLöbauer Straße 6804347 Leipzigzum Preis von 2,50 DM zuzügl. VersandkostenAbonnementLiebe Leser<strong>in</strong>nen,liebe Leser!Wenn Sie „N <strong>und</strong> L – <strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong><strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong> <strong>Brandenburg</strong>“ zumJahresbezugspreis von 16,- DM (<strong>in</strong>clusiveMehrwertsteuer <strong>und</strong> Versand) abonnierenmöchten, dann füllen Sie – bitte deutlichschreiben – nachfolgenden Coupon aus<strong>und</strong> schicken ihn an:Landesumweltamt <strong>Brandenburg</strong>PF 60106114410 PotsdamSonderhefte s<strong>in</strong>d nicht Bestandteil desAbonnements.Name, VornameStraße, Hausnummer (PF, PSF)Postleitzahl, Ort✗Vertrauensgarantie: Ich kann diese Bestellung von <strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Landschaftspflege</strong> <strong>in</strong>nerhalb7 Tagen schriftlich widerrufen. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Benachrichtigung genügt (DatumPoststempel) Unterschrift nicht vergessen!✗Datum Unterschrift ab Monat/Jahr StückDas Abonnement verlängert sich um jeweils 1 Jahr, wenn es nicht acht Wochen vorJahresende gekündigt wird.


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996 113BildteilGroßtrappenhenne mit Küken unter dem FlügelFoto: H. Litzbarski


114 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Weiträumige Ackerlandschaften waren bevorzugter Lebensraum derGroßtrappen <strong>in</strong> Ostdeutschland (Uckermark).Foto: H. LitzbarskiFoto l<strong>in</strong>ksDie ausgedehnten Grünlandgebiete Ostdeutschlands waren überJahrzehnte wichtige Rückzugsgebiete für die Großtrappen.Foto: B. LudwigGroßtrappenhähne äsen auf dem Balzplatz bei MittenwaldeFoto: B Ludwig


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996 115Trappenlebensraum <strong>in</strong>der Extremadura(Spanien)Kilometerlange Zäunezeugen von derzunehmendenIntensivierung derViehhaltung <strong>in</strong> denwertvollenGroßtrappengebietender Extremadura(Spanien).Foto: H. Litzbarskiunten l<strong>in</strong>ks:Typischer Lebensraum vonGroßtrappen <strong>in</strong> derExtremadura an der Grenzezu PortugalFoto: J. Hellmichunten rechts:Der regelmäßige Wechselzwischen Ackerbau, gepflügtenFlächen sowie e<strong>in</strong>- <strong>und</strong>zweijährigen Brachen mitextensiver Weidewirtschaftführt <strong>in</strong> den Gebieten r<strong>und</strong>um Cáceres (Extremadura,Spanien) zu günstigen Bed<strong>in</strong>gungenfür die GroßtrappenFoto: H. Litzbarski


116 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Trappenküken im Altervon 2-3 TagenDie erfolgreiche Nachzucht von Großtrappen im Gehegeder <strong>Naturschutz</strong>station Buckow (Deutschland) ist nicht nure<strong>in</strong>e züchterische Sensation, sondern auch e<strong>in</strong>e ausgezeichneteMöglichkeit, unter naturnahen Bed<strong>in</strong>gungen denFutterbedarf <strong>und</strong> das Fütterungsverhalten zu untersuchen.Foto: H. Litzbarskil<strong>in</strong>ks unten:Gruppenbalz bei derGroßtrappe <strong>in</strong> der Notte-NiederungFoto: B. Ludwigrechts unten:TrappengelegeFoto: B. Ludwig


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996 117Sich drückender Großtrappenhahn bei e<strong>in</strong>em Überfluge<strong>in</strong>es SeeadlersDrohender Hahn (Porträt)Henne beim Staubbad auf e<strong>in</strong>em MaulwurfshügelIm Alter von etwa zehn Wochen werden die Jungtrappen im Freilandausgewildert.Fütterung von Trappenküken <strong>in</strong> der <strong>Naturschutz</strong>station BuckowFotos (5): H. Litzbarski


118 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996Auffliegende Großtrappenhähne über e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>terrapsfeldFoto: B. LudwigGegenüberstellung der Struktur von <strong>in</strong>tensiv <strong>und</strong>extensiv genutztem Grünland <strong>in</strong> Ostdeutschland(Bildmontage).Fotos: H. LitzbarskiAuf <strong>in</strong>tensiv genutzten Getreidefeldern s<strong>in</strong>dTrappenfutterstreifen günstige Flächen für dieKükenaufzucht.Foto: H. LitzbarskiBlütenreiche Wiesen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung für den Arthropodenreichtum, der für dieEntwicklung der Trappenküken unerläßlich ist.Foto: B. Ludwig


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 1996 119Hahn <strong>in</strong> Vollbalz (Porträt - Gehegeaufnahme)Foto: H. LitzbarskiHahn <strong>in</strong> Vollbalz (Gehegeaufnahme)Foto: B. Litzbarski


120 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 1/2, 199616Im W<strong>in</strong>ter bilden Rapsäcker die e<strong>in</strong>zige Futterquelle für die Tiere.Foto: B. Ludwig


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