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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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3. 1870 bis 1918 | 87Ganz war die Autorin nicht auf dem Laufenden. In der Steiermark war 1899, wie ein anderer Kritikerschrieb, eine „beschränkte Zuchtwahl“ eingeführt worden: 404 Es galt wieder das Eheverbot; nur inbesonders berücksichtigungswürdigen Fällen konnte der Landesschulrat ausnahmsweise Lehrerinnendie Verehelichung mit einem Lehrer bewilligen, und nur mit einem Lehrer. 405Anlass für die Kritik unserer Lehrerin waren neuerliche Versuche, den „Cölibat für Lehrerinnen“ auchin Niederösterreich mit seiner Landeshauptstadt Wien sowie in Oberösterreich einzuführen, für sie„Ausdruck der Ehefeindlichkeit der Clericalen“. Eine Pensionsabfindung wollte der niederösterreichischeLandesausschuss den heiratenden Lehrerinnen nicht zugestehen, „‚damit der Lehrberuf nichteine als vorübergehende Plage zur Erwerbung einer Rente angesehen werde.’“ Er wolle den Lehrberufzu eine ständigen Plage machen und als Lehrerinnen „nichteingekleidete Nonnen“ wirken lassen, daes mit den wirklichen ja doch nicht mehr gehe. 406Dass der Tiroler Landtag das Eheverbot erst 1892 verankert hatte, 407 kann nicht unbedingt als Belegfür eine Klerikalisierung des Schulwesens gelten. Bis dahin hatte die katholisch-konservative Mehrheitin Innsbruck überhaupt die landesgesetzliche Umsetzung der liberalen Schulreform verweigert.Die Abgeordneten verloren in der Plenardebatte kein Wort über den Zölibat, 408 offenbar galt er alsselbstverständlich.Nun ging es Schlag auf Schlag. Der Ehekonsens wurde in Oberösterreich 409 und in Schlesien 1901, 410in Mähren mit 1905, 411 in Istrien 1908 412 zu einem Eheverbot für alle Lehrerinnen verschärft. Der niederösterreichischeLandtag beschloss 1904 unter großem Aufsehen den <strong>Lehrerinnenzölibat</strong>, der ab1905 galt. 413 Doch die Christlichsozialen Dr. Karl Luegers (1844 bis 1910), die im Landtag inzwischenüber die Mehrheit verfügten, waren eine heterogene Partei und in der Zölibatsfrage keineswegs einerMeinung. Die Wiener Abgeordneten waren mehrheitlich gegen das Eheverbot. 1910 unterlagen sie404Kraus, Lehrerinnen 1903, S. 11 Anm. 2. – Vgl. bereits Kraus, Lehrerinnen 1900; Barth-Scalmani, (Volksschul)Lehrerin, S. 118.405LGBl. Nr. 73/1899, § 12; dann LGBl. Nr. 8/1901, § 3; ursprüngliche Regelung: LGBl. Nr. 16/1870, § 53, AufhebungLGBl. Nr. 32/1874, Art. VI.406N. N., Eheverbote und Ehekonsense, S. 273 („Cölibat“, S. 272).407LGBl. Nr. 8/1892, § 88. Vgl. Girardi, Volksschulgeschichte.408StenBer 7. TLT 3. Se 1892, 15. Sitzung 07.04.1892, S. 212–218, 16. Sitzung 07.04.1892, S. 219–220.409Heiratsverbot für defi nitive Lehrerinnen mit Sonderregelung für Bürgerschul-Handarbeitslehrerinnen, LGBl. Nr.59/1901, § 61; LGBl. Nr. 39/1907, § 66; ursprünglicher Zölibat: LGBl. Nr. 52/1870, § 50; Ehekonsens: LGBl. Nr.16/1873, § 50.410LGBl. Nr. 42/1901, § 69.411LGBl. Nr. 1/1905, § 14; ursprünglicher Zölibat: LGBl. Nr. 18/1870, § 39, LGBl. Nr. 55/1899, § 39.412LGBl. Nr. 32/1908, § 31; ursprünglicher Zölibat: LGBl. Nr. 84/1870, § 57; Ehekonsens: LGBl. Nr. 30/1874.413LGBl. Nr. 99/1904, § 80. – Vgl. N. N., Eheverbote und Ehekonsense; Oppitz, Gehalt und Zölibat, S. 78–87.

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