3. 1870 bis 1918 | 693.9.4. Regionale Muster nach OrganisationsstrukturAllgemein sollen in Österreich die Lehrerinnen in den Städten und Märkten rascher zugenommenhaben als auf dem Land, was mit der meist städtischen Herkunft der Lehrerinnen, der größeren Akzeptanzin der städtischen Elternschaft und damit begründet wurde, dass es dort mehr nach Geschlechterngetrennte Klassen gab. 331 Die Schwesternhochburg <strong>Vorarlberg</strong> bot ein differenzierteres Bild derFeminisierung, auch wenn Tabelle 8 auf den ersten Blick ein Stück weit dagegen spricht.Tabelle 8: Frauenanteil an den <strong>Vorarlberg</strong>er Volksschulen nach dem Standort der Schulen 1902 bis 1985 in Prozentin geschlossenen Siedlungen mitaußerhalb geschlossener Siedlungenüber 2.000 Einwohnern unter 2.000 Einwohnern in peripherer Lage in extrem periphererLage1902 42,74 36,71 16,46 5,261952 40,79 36,80 27,35 4,161963 48,04 44,14 27,38 6,251975 63,69 50,00 33,33 35,711985 77,41 63,16 44,44 35,71Quelle: Meusburger, Bildungsgeographie, S. 429. – Es dürfte sich nur um Volksschulen im engeren Sinn handeln.Strukturell nachteilig wirkten sich in <strong>Vorarlberg</strong> der enorme Anteil an einklassigen Schulen und diemangelnde Bereitschaft zur Geschlechtertrennung bei gleichzeitiger gesetzlicher Einschränkung aufden Unterricht in Mädchen- und gemischten Unterklassen aus, die allerdings keine <strong>Vorarlberg</strong>er Besonderheit,sondern in Österreich das übliche und im Vergleich sogar ein fortschrittliches Modellwar.So dürfte in Preußen der außerordentlich hohe Anteil in den katholischen Westprovinzen Rheinlandund Westfalen auch damit zusammenhängen, dass hier die Lehrerinnen nicht auf Mädchenklassenbeschränkt waren, sondern ebenfalls gemischte Unterklassen unterrichten durften, womit den Lehrerinnenauch die Schulen auf dem Land offenstanden. 1916 sah sich das Preußische Kultusministeriumangesichts der großen Kriegsverluste gezwungen, das Arbeitsfeld der Lehrerinnen generell zu erweitern,allerdings mit einem Numerus clausus pro Schule nach Schultyp. 332Atypisch verlief die Entwicklung im katholischen Baden. Dort brach in einer Phase des Kulturkampfs1860 bis 1870 mit der Schließung oder Ausgrenzung von Klosterschulen das „kleine Reservat staatlichanerkannter Lehrerinnen“ zusammen. 333 Der Landtag verwarf 1868 ein dem österreichischenGrundmuster vergleichbares Modell und legte 1880 gesetzlich fest, dass Frauen nur an Volksschulen331Kraus, Lehrerinnen 1900, S. 429 (städtische Herkunft); Barth-Scalmani, Professionalisierung, S. 375; Barth-Scalmani, (Volksschul)Lehrerin, S. 119.332Gahlings/Moering, Volksschullehrerin, S. 87–88.333Kling, Konstruktion, S. 606. Zum Folgenden ebenda, S. 606–608.
70 | 3. 1870 bis 1918mit mindestens drei Lehrkraftstellen eingesetzt werden dürfen und der Frauenanteil insgesamt maximal5 Prozent, ab 1892 10 Prozent betragen darf. Das erklärt, weshalb im katholischen Baden 1910die Lehrerinnen erst 10 Prozent ausmachten und sich zu 77 Prozent in Gemeinden mit über 10.000Einwohnern konzentrierten. 334 In <strong>Vorarlberg</strong> bot sich aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ein anderesBild und Muster (vgl. Tab. 8).Das <strong>Vorarlberg</strong> der Jahrhundertwende war ein bereits stark industrialisiertes, aber keineswegs einurbanes Land. Über den Großteil <strong>Vorarlberg</strong>s erstrecken sich alpine und hochalpine Täler, aus denenes immer mehr Menschen in das Rheintal und den Walgau herunterzog. 1900 zählte <strong>Vorarlberg</strong>129.237 Einwohner und fünf Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern: Dornbirn 13.052, Bregenz7.594, Lustenau 6.221, Hohenems 5.652, Bludenz 5.361. Es folgten Feldkirch 4.616, Götzis 3.370,Rankweil 3.304 und Hard 2.919. 335 40,3 Prozent der Landesbevölkerung konzentrierten sich in diesenneun Gemeinden.Betrachten wir nur die öffentlichen Pfl ichtschulen, so entfielen 1902 von insgesamt 386 Lehrstellen122 (31,6 Prozent) auf diese neun einwohnerstärksten Gemeinden, von 101 Lehrerinnenstellen 30(29,7 Prozent). Die höchsten Frauenanteile wiesen Hohenems mit 41,7 und Götzis mit 37,5 Prozentauf, die niedrigsten Bregenz mit 0,0 und das große Industriezentrum Dornbirn mit 12,9 Prozent. 336 DerLandesdurchschnitt betrug 26,2 Prozent (vgl. Tab. 10). In kleineren Gemeinden, auch in den Bergtälern,war die Feminisierung zum Teil erheblich weiter fortgeschritten. Entscheidend dafür war die Organisationsstrukturdes örtlichen Schulwesens und der einzelnen Schulen.Das deutschfreisinnige Bregenz hatte seine Mädchen noch privat bei den Dominikanerinnen (12 Lehrerinnen)und bei Fräulein Waldner (4 Lehrerinnen) ausgelagert. 337 Die Christlichsozialen sollten 1908gegen einen Antrag des Schulausschusses, eine städtische Schule zu errichten, mobil machen. Ihmliege die Tendenz zugrunde, „dem Thalbach die Mädchen-Volksschule zu entziehen, und auf Kostender Steuerzahler der Stadt Bregenz den Schulmädchen eine freie Schule zu schaffen, in welcher mannicht mehr das verhaßte Ordenskleid zu sehen und den Kloster-Modergeruch einzuatmen hat.“ 338 InHard (2 von 6 Lehrkräften), Hohenems (5 von 12), Götzis (3 von 8) und Rankweil (2 von 7) unterrichtetennur Barmherzige Schwestern, in Lustenau neben vier Schwestern seit 1900 eine weltliche Lehrerinund elf Lehrer. Nur die noch deutschfreisinnig dominierten Städte Dornbirn (4 von 33 Lehrkräften),Feldkirch (3 von 9) und Bludenz (6 von 18) setzten ausschließlich auf weltliche Lehrerinnen. Von 25Stellen für weltliche Lehrerinnen entfi elen damit 56 Prozent auf diese vier Gemeinden. 339334Schmude, Feminisierung, S. 32–33. – Im Kanton Bern herrschte um 1894 ein Mangel an Lehrern, aber einÜberfluss an Lehrerinnen, weil Frauen in der Regel nur auf der Elementarstufe angestellt werden sollten (Holder,Bildungspolitische Maßnahmen, S. 128–130).335Zur Bevölkerungsentwicklung in den Städten und Marktgemeinden vgl. <strong>Nachbaur</strong>, Marktgemeinden, S. 41 u.95.336Lehrerschematismus 1902, eigene Berechnung. Berücksichtigt sind die Lehrstellen, nicht die tatsächlich unterrichtendenLehrpersonen.337In größeren Gemeinden Oberbayerns war das offenbar weit verbreitet (Beilner, Emanzipation, S. 111).338N. N., Thalbachschule.339Vetter, Lustenau, S. 74 (Berta Hofbauer).
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