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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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68 | 3. 1870 bis 1918und 141 Lehrschwestern. Der Frauenanteil war 1903 mit 35,8 Prozent ungefähr gleich hoch wie in<strong>Vorarlberg</strong>. 328Die Vorherrschaft der Lehrschwestern förderte die Ausbreitung weltlicher Lehrerinnen, behindertesie aber auch. Förderlich war sicher, dass die Lehrschwestern zunächst einmal das Schulterrain fürFrauen „eroberten“ und Lehrerinnen zunehmend als Selbstverständlichkeit etablierten. Das wirktesich auch auf Gemeinden aus, die von vornherein keine Ordensfrauen in ihren Schulen wollten, nunaber weltliche Lehrerinnen „ausprobierten“.Insgesamt wirkten sich bei der Schaffung neuer Lehrerinnenstellen die Kostenvorteile der Lehrschwesternallerdings auch gegenüber den weltlichen Lehrerinnen aus. In Bayern kam es deshalb bereits vor1900 zu Konfl ikten, zum Kampf um die Sicherung und den Ausbau der weltlichen Lehrerinnenstellen, 329in <strong>Vorarlberg</strong> erst nach 1918.Jedenfalls profi tierten die weltlichen Lehrerinnen in <strong>Vorarlberg</strong> davon, dass die BarmherzigenSchwestern bereits vor dem Ersten Weltkrieg an ihre Kapazitätsgrenzen stießen, Erweiterungswünschevon Schulgemeinden nur noch in Ausnahmefällen erfüllen konnten, an sich schon Mühe hatten,die bestehenden Lehrverpfl ichtungen zu erfüllen. Wie in katholischen Regionen der Schweiz und desDeutschen Reichs oder in anderen katholischen Staaten zeigte sich nun auch in <strong>Vorarlberg</strong> die „starkeTendenz, Ordensfrauen durch laizistische Lehrerinnen zu ersetzen.“ 330Wurden in anderen Ländern während den Finanz- und Wirtschaftskrisen verheiratete Lehrerinnen als„Doppelverdienerinnen“ abgebaut, war das im zölibatären <strong>Vorarlberg</strong> nicht möglich, aber auch garnicht nötig. In <strong>Vorarlberg</strong> nahm vielmehr die Zahl der günstigen Lehrerinnen noch zu, verdrängten siemännliche Junglehrer.Ob und wie viele Frauen der <strong>Lehrerinnenzölibat</strong> vor dem Beruf abschreckte, wird sich nicht ermittelnlassen. Eine spätere Heirat schloss diese Berufswahl jedenfalls nicht aus. Leider kennen wir auchdie Ausfallquote durch Eheschließungen nicht. Wie das Beispiel der Zamser Absolventinnen zeigenwird, dürfte sie zumindest vor dem Ersten Weltkrieg nicht allzu hoch gewesen sein. Gleichzeitig ist insKalkül zu ziehen, dass auch ohne Zölibatsbestimmung ein beträchtlicher Teil der Lehrerinnen mit derEheschließung den Dienst quittiert hätte, zumindest in wirtschaftlichen Aufbruchzeiten. Auf diesesPhänomen werden wir in den 1950er-Jahren stoßen.Der Zölibat führte in <strong>Vorarlberg</strong> jedenfalls nicht zu einer spürbaren Verknappung des Lehrerinnenangebots.Wenn Lehrerinnen durch Heirat ausschieden, mochte das im Einzelfall für die Schule bedauerlichsein, aus rein budgetärer Sicht konnten die Schulerhalter aber von niedrigen Anfangslöhnenjunger Nachfolgerinnen profi tieren.328Buchinger, Niederbayern, S. 75–76.329Beilner, Emanzipation, S. 45 u. 111–120.330Albisetti, Lehrerinnen, S. 37.

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