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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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3. 1870 bis 1918 | 67Auch in Preußen war der Lehrerinnenanteil neben den größeren Städten in katholischen Gegendenmit Abstand am höchsten, dank der „über Lehrorden vermittelten positiven Einstellung des katholischenBevölkerungsteils zur Lehrtätigkeit von Frauen“. 322 Im Gegensatz dazu stießen Lehrerinnen inder evangelischen Bevölkerung noch lange auf erheblichen Widerstand. Um 1906 betrug der Frauenanteilin der evangelischen Lehrerschaft Preußens rund 8 Prozent, in der katholischen bereits einViertel. 323 Auf dem Land kamen in den evangelischen Provinzen kaum Lehrerinnen zum Zug, in denkatholischen Westprovinzen dagegen neben katholischen auch evangelische Lehrerinnen in verhältnismäßiggroßer Zahl; im Rheinland betrug der Frauenanteil 37,6, in Westfalen 41,7 Prozent. 324 Dieseskonfessionelle Gefälle lässt sich auch in Ungarn beobachten, wo im evangelischen Siebenbürgen1889 noch keine Lehrerinnen an öffentlichen Schulen zugelassen waren und die evangelische Landeskirchefür ihre Schulen Frauen ebenso ablehnte. 325Deutlich wird die emanzipatorische Pionierfunktion der Lehrschwestern auch am Beispiel Bayerns, wosich bis ins 20. Jahrhundert hinein in den altbayerischen Gebieten die günstigsten Entwicklungsmöglichkeitenfür den Lehrerinnenstand boten. Allerdings wurden auch hier die weltlichen Lehrerinnen ander Ordensfrau als dem „Urbild der Lehrerin“ gemessen, für die der Lehrerinnenberuf nicht Gelderwerboder Versorgungsamt, sondern selbstlos und genügsam Berufung und Apostolat war und derensoziales Engagement über die Schule hinausreichte. 3263.9.3. KostenvorteileFörderlich wirkten sich in <strong>Vorarlberg</strong> im Untersuchungszeitraum vor allem ein Lehrermangel bis um1913 und die Kostenvorteile der zölibatären Lehrerinnen aus, hier besonders die Dumpinglöhne derLehrschwestern.Auch diesbezüglich können wir eine Parallelentwicklung in Bayern beobachten, wo sich zeitgleichmit den Barmherzigen Schwestern in <strong>Vorarlberg</strong> vor allem die Armen Schulschwestern zu entfaltenbegannen. Sie wurden den Gemeinden 1852 per Ministerialerlass ausdrücklich empfohlen, um derdrohenden Verarmung in der Bevölkerung vorzubeugen. 327 Eine drohende „Amerikanisierung“ nahmendie Gemeinden für günstige Lehrkräfte gerne in Kauf. Der Frauenanteil nahm enorm zu, im katholischenRegierungsbezirk Oberbayern mit München erreichte er 1909 bereits 40 Prozent. Dabeiüberfl ügelten die weltlichen Lehrerinnen die Lehrschwestern allerdings bereits in den 1880er-Jahren,in Niederbayern um die Jahrhundertwende. Im Regierungsbezirk Niederbayern standen 1866 905Lehrern ausschließlich 123 Lehrschwestern gegenüber, 1878 1.006 Lehrern bereits 71 Lehrerinnen322Bölling, Sozialgeschichte, S. 99.323Gahlings/Moering, Volksschullehrerin, S. 55, zudem S. 30–37.324Ebenda, S. 31 Anm. 2. 1880 waren z. B. in der Provinz Brandenburg nur 193 Lehrerinnen beschäftigt (8 katholische,185 evangelische), in Westfalen dagegen 1.206 (993 katholische, 213 evangelische). Hohenzollern(Regierungsbezirk Sigmaringen) zählte 4 katholische Lehrerinnen.325Gahlings/Moering, Volksschullehrerin, S. 36.326Beilner, Emanzipation, S. 31. – Vgl. Stodolsky, Geschlecht, S. 160-161.327Apel, Mädchenerziehung, S. 20–21; Welch, Oberbayern, S. 469–470; Beilner, Emanzipation, S. 28–30.

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