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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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62 | 3. 1870 bis 1918ten sich in den USA Männer weitgehend aus den Elementarschulen zurückgezogen, unterrichtetengrößtenteils junge, unverheiratete Frauen. 311 Diese Vorurteile hatten Auswirkungen auf die Frage, obFrauen auch Oberklassen und reine Knabenklassen anvertraut werden können und sollen, was für dieEntwicklung des Frauenanteils sehr wesentlich war. Damit erwies sich aber auch die „mütterliche“Selbsteinschätzung und Selbstdarstellung der Lehrerinnen als zweischneidiges Schwert.Welchen Einfl uss hatte der <strong>Lehrerinnenzölibat</strong> auf den Frauenanteil?„Die Tatsache, daß die Ehelosigkeit der Lehrerinnen Voraussetzung für die Anstellung an einer öffentlichenSchule war, hat den Feminisierungsprozeß in seiner Anfangszeit sicherlich behindert,“ vermuteteJürgen Schmude in seiner Pionierarbeit am Beispiel Baden-Württembergs. 312 Eine Begründungfür diese These blieb der Bildungsgeograph schuldig. Das Beispiel <strong>Vorarlberg</strong> spricht eher dafür, dassdie Kostenvorteile, die sich für den Schulerhalter aus dem <strong>Lehrerinnenzölibat</strong> ergaben, den Feminisierungsprozessgefördert haben, als einer von mehreren Faktoren.Peter Meusburger stellt in seinem Standardwerk zur Bildungsgeographie fest: „Die regionalen Unterschiededes Frauenanteils am Lehrkörper können in den meisten Fällen nicht mit einigen wenigen Variablen(wie z.B. dem Grad der Industrialisierung oder Verstädterung) erklärt werden. Ähnlich wie beiden Frauenerwerbsquoten sind je nach historischer Zeitepoche und Untersuchungsregion eine großeBandbreite von Einfl ußfaktoren wirksam.“ 313 Meusburger klärt eine Reihe möglicher Faktoren und Indikatorenab: dienstrechtliche Stellung der Lehrpersonen; Schultyp und Organisationsform der Schule(niedrig oder voll organisiert); Größe der Schulen; Ansehen oder Niveau der Schule (gemessen am zuzahlenden Schulgeld, der sozialen Herkunft der Schüler oder der Ausstattung der Schule); Institution,die für die Bezahlung der Lehrpersonen verantwortlich ist; vorherrschendes Familienmodell; Familienmodell;Gemeindetyp und Größe des Schulstandorts; gesetzliche Bestimmungen über die Anstellungvon Lehrerinnen. Am Beispiel <strong>Vorarlberg</strong>s wird zudem die konfessionelle Prägung als Faktor deutlich.Gehen wir zunächst der Frage nach, ob und inwieweit wir für <strong>Vorarlberg</strong> überhaupt von einer Feminisierungder Pfl ichtschulen sprechen können, und anschließend einigen Einflussfaktoren in der Zeit biszum Ersten Weltkrieg.3.9.1. Tatsächliche Feminisierung bei gleichzeitiger Säkularisierung„Eine tatsächliche Feminisierung liegt vor,“ präzisierte Schmude, „wenn zwischen zwei Zeitpunktent1 und t2 der Lehrerinnenanteil steigt und die Differenz zwischen absoluter Lehrer- und Lehrerinnenzahlabnimmt. Dabei kann311Strober, Grundzüge.312Schmude, Feminisierung, S. 34.313Meusburger, Bildungsgeographie, S. 424. Zum Folgenden vgl. ebenda, S. 422–436; Schmude, Feminisierung,S. 9–10.

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