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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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174 | 6. Nach 1945Gelegenheit dazu hätte das Gehaltsgesetz 1956 geboten, mit dem die Bezüge der Bundesbeamtenneu geregelt wurden. 921 Die Tiroler Landesregierung hätte es für zielführend gehalten, den pragmatisiertenLehrerinnen jeweils zum 31. August jeden Jahres einen Austritt gegen Abfertigung zu ermöglichen.Doch erst wenige Tage vor der Beschlussfassung im Nationalrat appellierte die Tiroler Landesregierungim Februar 1956 an die Tiroler National- und Bundesräte, dieses Anliegen im Gehaltsgesetzunterzubringen oder – wenn eine großzügigere Abfertigungsregelung nicht für alle weiblichen Bundesbedienstetenmöglich sein sollte – bei der Novellierung des Landeslehrer-Gehaltsüberleitungsgesetzes,die gleichzeitig anstand, eine entsprechende Sonderbestimmung für Landeslehrerinnenhineinzureklamieren. Von der derzeitigen Begünstigung machten begreiflicherweise nicht sehr vieleLehrerinnen Gebrauch, weil sie kurz nach der Eheschließung oder der Geburt des ersten Kindes nochzur Hausstandsgründung fi nanziell beitragen wollen. Später könnten sie aber nur unter Verzicht aufeine Abfertigung austreten, was unzumutbar sei. Zahlreiche dieser Lehrerinnen wären aber bereit,gegen eine Abfertigung zu einem späteren Zeitpunkt jungen Kräften Platz zu machen. Es bestehe „einöffentliches Interesse, möglichst wenig verheiratete Lehrerinnen im Schuldienst zu haben und dassdie Stellenlosigkeit der Junglehrerinnen stark eingeschränkt werde.“ 922Innsbruck ließ zu diesem Vorstoß über die 1951 beim Amt der niederösterreichischen Landesregierungin Wien eingerichtete Verbindungsstelle der Bundesländer Stellungnahmen der anderen Ländereinholen. Nur Wien sprach sich grundsätzlich dagegen aus: Der Ansicht, es bestehe ein öffentlichesInteresse, möglichst wenig verheiratete Lehrerinnen im Schuldienst zu verwenden, könne vom WienerMagistrat nicht geteilt werden, „da gerade die mütterliche Frau als Lehrerin die beste Erzieherinvor allem in der Volksschule und in allen Mädchenschulen ist.“ 923 Eine Fristverlängerung begünstigtezudem nicht die Familienbildung und Betreuung der Kleinkinder, sondern einen späteren Austritt vonLehrerinnen mit höheren Abfertigungen. Zudem würde ein Präjudiz für alle Bundesbeamtinnen geschaffen,wobei nicht übersehen werden dürfe, dass es im öffentlichen Dienst auch Mangelberufegebe, bei denen eine Erweiterung der Abfertigungsansprüche kontraproduktiv wirkten. Die übrigenLänder unterstützen jedoch einhellig den Tiroler Vorschlag, zumal sich die meisten mit einer Junglehrerproblematikkonfrontiert sahen. In Oberösterreich hatte sich der Landtag 1955 sogar zu einereinmaligen Aktion entschlossen und aus Landesmitteln ein „Austrittsgeld“ für jene definitiven weiblichenLehrpersonen bewilligt, die durch Fristversäumnis den Abfertigungsanspruch verwirkt hatten. 924Nur <strong>Vorarlberg</strong>, obwohl gerade hier auch der Lehrberuf bereits ein Mangelberuf war, ging über dasAnreizsystem noch hinaus:„Ein Wandel in dieser Frage könnte nach hieramtiger Auffassung nur dadurch geschaffen werden,dass neben der Möglichkeit des freiwilligen Austrittes mit begünstigter Abfertigung auch der Dienstbehördedas Recht auf einseitige Lösung des Dienstverhältnisses unter Gewährung der Abfertigung in921BGBl. Nr. 54/1956.922VLA: AVLReg IIa-134/1956: Amt der Tiroler Landesregierung an Tiroler National- und Bundesräte, Innsbruck21.02.1956 (Abschrift).923VLA: AVLReg IIa-134/1956: Verbindungsstelle an LAD von Tirol, Wien 09.11.1956 (Abschrift).924Ebenda.

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