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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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6. Nach 1945 | 169ihre Probleme hatten, sich auf ein neues Rollenbild der Lehrerin einzustellen. Das galt auch für dieLehrerinnen selbst. 900 Weder das Ideal der ledigen Lehrerin noch die Vorurteile gegen „Doppelverdienerinnen“ließen sich einfach und schnell überwinden.Im September 1955 erschien in der Zeitschrift des Katholischen Tiroler Lehrervereins ein Kurzbeitragzum Thema „Günstige Personallage in Tirol“. Das Absinken der Schülerzahlen habe auch in Tirol zuden schlimmsten Befürchtungen Anlass gegeben, letztlich aber unbegründet, auch dank der Landespolitik:„Bis zum Jahr 1950 wurde auf das <strong>Lehrerinnenzölibat</strong> bestanden – zum Nutzen unserer Junglehrer.Des einen Freud’, des anderen Leid! Die Aufhebung des Zölibates machte den Weg frei für einDoppelverdienertum auf Kosten der darbenden Junglehrer. Wir glauben kaum, daß man eine guteHausfrau und gute Lehrerin zugleich sein kann. Vielleicht schafft eine Verbesserung der Abfertigungsbestimmungenhier Wandel.“ 901Auch eine gesetzliche Ermöglichung, Dienstverhältnisse mit verheirateten Lehrerinnen einseitig lösenzu können, hatte man in Innsbruck und Bregenz noch nicht aufgegeben.Bereits 1950 hatte der Ministerialentwurf für ein Bundesgesetz über das Dienstverhältnis der unterder Diensthoheit der Länder stehenden Lehrer und Kindergärtnerinnen (Landeslehrer-Dienstgesetz)Gelegenheit zu entsprechenden Vorstößen gegeben. 902 Er sah die Bestimmung vor, dass eine ruhegenussberechtigteLehrerin, die vier oder mehr Kinder unter 14 Jahren in ihrem Haushalt hat, für dieDauer des Vorliegens dieser Voraussetzung auf Ansuchen in den zeitlichen Ruhestand zu versetzenist. 903Landesstatthalter Dr. Martin Schreiber (1879 bis 1961, ÖVP) wandte für die <strong>Vorarlberg</strong>er Landesregierungein, dass die Pensionierung einer Lehrerin mit vier Kindern unter 14 Jahren wohl selbstverständlichsei. Unverständlich sei hingegen, diese Lehrerin nach fünf bis zehn Jahren wieder in den Dienstzurückzurufen. Die Landesregierung stehe grundsätzlich auf dem Standpunkt, dass eine Lehrerin beider Verheiratung aus dem Dienst scheiden soll:„Die Frau soll ihre eigenen Kinder erziehen und nicht fremde. Nach den bisherigen Erfahrungen, diezwar nur eine kurze Spanne umfassen, sind wir nicht überzeugt worden, daß die verheirateten Lehrerinnenein Vorteil für die Schule sind. Es tritt auch eine Zurücksetzung der Männer, die keine Lehrerinheiraten, zu Tage, wenn die Lehrerin auch nach ihrer Verehelichung im Dienste bleiben kann, währendandere Frauen im gleichen Falle in der Regel aus dem Berufe ausscheiden, um Hausfrauen- und Mut-900Vgl. sehr interessant die 1961 erschienenen Analysen von Gahlings/Moering, Volksschullehrerin, S. 131–174u. 224–235, für die Bundesrepublik Deutschland.901N. N., Günstige Personallage.902Zum Folgenden die Unterlagen in: VLA: AVLReg Prs-38/1952; VLA: AVLReg IIa-318/1951.903VLA: AVLReg Prs-38/1952: 1. Entwurf 1950, § 26 Abs. 4. – Die sozialistische Lehrerschaft sah in dieser bezahltenKarenzzeit durchaus einen sozialpolitischen Fortschritt. Vgl. N. N., Dienstrechtsentwurf, S. 3.

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