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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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166 | 6. Nach 1945ten für das <strong>Vorarlberg</strong>er Pfl ichtschulwesen die stärkste Expansion, die je in einem österreichischenBundesland zu verzeichnen war.“ 8841956 konnte der jubilierende Katholische Lehrer- und Lehrerinnenverein für <strong>Vorarlberg</strong> die katholischeLehrerschaft Österreichs zu einer Delegiertentagung begrüßen und gab aus diesem Anlass zurOrientierung eine interessante Festschrift heraus, in der Landesschulinspektor Wilhelm Thurnher denGästen einen Einblick in die aktuellen <strong>Vorarlberg</strong>er Schulverhältnisse gab, unter anderem auch zumGeschlechterproporz in der Lehrerschaft:„Während in Wien und auch in verschiedenen anderen Bundesländern der Anteil der weiblichen Lehrkräftesehr hoch ist, stehen in <strong>Vorarlberg</strong> 440 männlichen Lehrpersonen nur 232 weibliche gegenüber.Der Landesschulrat und die Landesregierung sind bestrebt, dieses personell günstige Verhältnis zuerhalten. Dies geschieht dadurch, daß an der einzigen Lehrerbildungsanstalt des Landes, der Bundeslehrer-und Lehrerinnenbildungsanstalt in Feldkirch, nur jedes zweite Jahr eine erste Mädchenklasseeröffnet wird. Außerdem ist die Zahl der verheirateten Lehrerinnen verhältnismäßig gering, da diesezum überwiegenden Teil nach ihrer Verehelichung aus dem Schuldienst ausscheiden, um sich ausschließlichdem Hausfrauenberufe zu widmen. Diese noch gesunde und auch bevölkerungspolitischerfreuliche Einstellung unserer Lehrerinnen verdient Anerkennung.“ 885Zwei Absätze weiter berichtete Thurnher stolz, dass es in <strong>Vorarlberg</strong> schon seit vielen Jahren keinestellenlosen Lehrer mehr gegeben habe. Die Abgänger der Feldkircher LBA reichten vielmehr nichtaus, um den Bedarf zu decken, „so daß in den vergangenen Jahren zusätzliche Lehrkräfte aus anderenBundesländern in den <strong>Vorarlberg</strong>er Schuldienst aufgenommen werden konnten.“ 886Mit anderen Worten: Obwohl sich aufgrund geburtenstarker Jahrgänge ein Lehrermangel bereitsüberdeutlich abzeichnete, „ermunterten“ Politik und Schulbehörden Lehrerinnen weiterhin, mit derHochzeit den Schuldienst zu quittieren, und nahmen dafür sogar in Kauf, „landfremde“ Lehrer zurekrutieren.Nicht nur die <strong>Vorarlberg</strong>er Entscheidungsträger hatten die Entwicklung falsch eingeschätzt. Durch dieRückkehr ehemals nationalsozialistischer Lehrerinnen und Lehrer standen in anderen Ländern baldwieder genügend Lehrkräfte zur Verfügung, warteten LBA-Absolventen oft wieder Jahre auf eine Anstellung.Um einer starken Arbeitslosigkeit vorzubeugen, begann man 1948 auch in anderen Ländern,die Lehrerausbildung zu drosseln. Immer weniger Burschen interessierten sich für den Lehrberuf. LBA-Absolventen wanderten in die Wirtschaft, an die Hochschulen und zum neuen Bundesheer ab. DerMädchenanteil an Österreichs Lehrerbildungsanstalten stieg von 1946 bis 1951 von 53 auf 58 Prozent.1956 erreichte der „Ausstoß“ mit 601 Junglehrerinnen und Junglehrern einen Tiefpunkt. Angesichtsneuerlich starker Geburtenjahrgänge steuerte das Unterrichtsministerium nun massiv gegen, die Ausbildungskapazitätenwurden wieder hinaufgefahren, zunächst nur für männliche Studierende. 887884Meusburger, Landes-Schulentwicklungsplan, S. 23–24.885Thurnher, Schulverhältnisse, S. 49.886Ebenda, S. 49.887Engelbrecht, Bildungswesen 5, S. 431.

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