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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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6. Nach 1945 | 1656.6.1. Drosselung des Lehrerinnennachwuchses bis 1956Wenn nach dem Ersten Weltkrieg auch in <strong>Vorarlberg</strong> eine „Überproduktion“ an Lehrkräften beklagtwurde, ist dies symptomatisch. Der Lehrerarbeitsmarkt ist mit freien Arbeitsmärkten nicht vergleichbar.„Der Staat“ ist beinahe Monopolist im Bereich der „Produktion“ wie der Nachfrage. Bis heutegeben Schulreferenten jährlich Rechenschaft darüber, ob alle Absolventinnen und Absolventen derPädagogischen Hochschule sofort eine Anstellung im Land erhalten. Bei welcher anderen Studienrichtungist Vergleichbares der Fall?In <strong>Vorarlberg</strong> wie in anderen Ländern versuchten die Verantwortlichen auch nach 1945, das Angebotauf dem Lehrkräftemarkt über ihre Ausbildungsstätten zu steuern. Die Landesregierung und der Landesschulratbauten 1945 bis 1949 nicht nur verheiratete Lehrerinnen ab, sie drosselten bis 1956 auchgezielt den Lehrerinnennachwuchs.Am 16. August 1945 entschied der Landesausschuss, die Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt inFeldkirch-Tisis als staatliche Schule weiterzuführen, 879 nachdem sich die Christlichen Schulbrüdernicht in der Lage sahen, das Privatlehrerseminar wieder zu errichten. Im Dezember 1949 sollte definitivder Bund die Schule übernehmen. 880Burschen und Mädchen wurden an der LBA weiterhin in getrennten Klassen unterrichtet, ein Ausbildungslehrgangfür Mädchen zunächst jedoch nur jedes zweite Jahr eröffnet, um damit einer „Überfüllungin der Berufsgruppe der weltlichen Lehrerinnen“ vorzubeugen. 881 Gegen diese Maßnahmebrachten die LBA-Lehrer 1946 massive Bedenken vor: Das bedeute für viele Bewerberinnen einenZeitverlust oder den Zwang, in ein anderes Bundesland auszuweichen, wo sie Gefahr liefen, nichtjene Haltung und Gesinnung zu erwerben, wie sie den „Traditionen des Landes“ entspreche, und nichthinlänglich zu einem„heimatverbundenen Unterricht“ an den Volksschulen ausgebildet würden. FürMädchen sei es zudem lohnend, die LBA auch ohne Absicht zu besuchen, den Lehrberuf auszuüben.So bereiteten sich bereits mehrere Schülerinnen auf ein Hochschulstudium vor. 882 Doch der Landesschulrathatte errechnet, dass sonst in absehbarer Zeit nicht mehr für alle Junglehrer ein freier Postenzur Verfügung stehen würde. Ja, es wurde sogar von der Lehrerausbildung abgeraten. 883Die Entscheidungsträger hatten noch die drückende Lehrerarbeitslosigkeit der 1930er-Jahre vor Augen.Damit gelangten sie zu einer krassen bildungspolitischen Fehleinschätzung und Fehlplanung, diesie sich offenbar zu lange nicht eingestehen wollten. <strong>Vorarlberg</strong> nahm hinsichtlich der Geburtenratewie der Volksschülerzahlen eine Sonderstellung ein. „Die zwei Jahrzehnte von 1950 bis 1970 brach-879Interne Sitzung Landesausschuss 16.08.1945, Protokolle LA, S. 83; VLA: AVLReg Prs-500/1945; VLA: AVLRegII-33/1945; VLA: LSR 71/1949: Protokoll LSR 17.05.1946, TOP 4. – Vgl. VN 08.09.1945; zum Folgenden: Kern, LBAFeldkirch, S. 34–38.880U. a. VLA: AVLReg IIa-67/1950.881VLA: LSR 71/1949: Protokoll LSR 17.05.1946, TOP 4 (Antrag Landesschulratspräsident LH <strong>Ulrich</strong> Ilg, 1946 keineLehrerinnen aufzunehmen); Kern, LBA Feldkirch, S. 41; zum Folgenden ebenda, S. 41–42.882VLA: HA LH <strong>Ulrich</strong> Ilg 1/29: Niederschrift über eine Beratung der Lehrerschaft betr. das Mädchenstudium ander Bundes-Lehrer- und -Lehrerinnenbildungsanstalt in Feldkirch, Feldkirch 16.05.1946.883Kern, LBA Feldkirch, S. 41.

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