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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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6. Nach 1945 | 163Entlassungsgrund normiert, um eine Umgehung der Abbaugesetze zu verhindern. Vom Druck alleinstehenderLehrerinnen, die schwanger wurden, ganz zu schweigen.Selbstverständlich wird es diese Nöte und Konfl ikte durchwegs auch in <strong>Vorarlberg</strong> gegeben haben.1950 listete die Schulabteilung im Amt der Landesregierung fünf Lehrerinnen mit außerehelichenKindern auf, handschriftlich ergänzt um eine weitere, zudem zwei hochschwangere Lehrerinnen, diebeurlaubt waren. 871 Das müssen immerhin rund 4 Prozent der weltlichen Lehrerinnen an den öffentlichenPfl ichtschulen gewesen sein. Gleichzeitig suchte eine LBA-Absolventin, die bereits entbundenhatte, um eine Anstellung an.Der Landesschulrat wurde ersucht, dazu Stellungnahmen der Lehrergewerkschaft, und zwar sowohlder Lehrerinnen wie der Lehrer, sowie der Bezirksschulinspektoren einzuholen. Deren Ermittlungenergaben, dass die Kinder in der Regel von Verwandten erzogen wurden, zum Teil außer Landes. DieArbeit der Lehrerinnen wurde durchwegs positiv bewertet.Am interessantesten ist die Stellungnahme der Lehrerinnenvertreterinnen der Sektion der Pflichtschullehrerin der Gewerkschaft der öffentlichen Angestellten, die uns zur „Fräulein-Kaschierung“während der NS-Zeit zurückführt. Es sei im Interesse des Standesansehens gewiss bedauerlich, wennsich in letzter Zeit diese Fälle mehrten, schrieb Margot Kipferling (1888 bis 1976) mit der Erfahrungvon 43 Dienstjahren. Sie seien aber hauptursächlich eine Auswirkung des NS-Systems, in dem diebetroffenen Kolleginnen ausgebildet worden seien. Die Auswahl der Lehramtskandidatinnen sei nachpolitischen Voraussetzungen erfolgt, 872 zudem größter Wert auf die Mutterschaft gelegt worden, wobeikaum zwischen verheirateten und unverheirateten Müttern unterschieden worden sei. Zwei Fälleseien bekannt, in denen der damalige Landesschulinspektor ledige Mütter beglückwünscht und ihnendie Wahl des Dienstpostens freigestellt habe, worauf eine Lehrerin an der LBA geworden sei. Diese„Zeiterscheinung“ des NS-Regimes müsse ertragen werden, und „keinesfalls“ wollten sich die Lehrerinnen„als Richterinnen über die Moral der jungen Kolleginnen aufwerfen“. Die Lehrerinnen mitaußerehelichen Kindern hätten ohnehin mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, ihnen werde immerallein die Schuld angelastet und sie hätten allein oft mit großen Opfern die Erziehung dieses Kindesauf sich zu nehmen, während der Mann im besten Fall einen geringen Unterhaltsbeitrag leiste. Eswerde vor allem die Aufgabe der Lehrerbildner in Feldkirch sein, die zukünftigen Lehrerinnen zu jenercharakterlichen Haltung zu erziehen, die von ihnen im Interesse der Jugend und des Lehrerinnenstandeserwartet werde. 873 Die Gewerkschafterinnen schlugen vor, jene Lehrerinnen, die bereits im Dienstsind, zu belassen; unverheiratete Lehrerinnen, die ein Kind erwarten, so frühzeitig vor der Entbindungzu beurlauben, als im Interesse der Schule notwendig sei, und sie aus gleichem Grund bei der Rückkehrin den Schuldienst an einen anderen Dienstort zu versetzen. 874Die Sektionsleitung der Pfl ichtschullehrer, angeführt vom ehemaligen Landesrat und LandesmilizführerAnton Ulmer (1894 bis 1972), scheint diese verständnisvolle Linie nicht voll geteilt zu haben und871VLA: AVLReg IIa-190/1950: AVLReg an LSR, Bregenz 16.05.1950.872Vgl. z. B. VLA: LSR 523/1939 (Ausleselager).873VLA: AVLReg IIa-190/1950: Margot Kipferling an Sektion der Pfl ichtschullehrer, Dornbirn 12.06.1950.874VLA: AVLReg IIa-190/1950: Nicht gezeichnet an Sektion der Pfl ichtschullehrer, Dornbirn 31.05.1950.

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