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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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158 | 6. Nach 1945Im März 1949 sandte das Unterrichtsministerium den Entwurf eines speziellen Landeslehrer-Gehaltsüberleitungsgesetzesaus, um diesen Themenbereich definitiv zu regeln. 849 Darin hieß es, dass mitWirksamkeit dieses Bundesgesetzes die „entgegenstehenden bisher geltenden dienstrechtlichenVorschriften“ außer Kraft treten. Damit sollte klargestellt werden, so die Erläuterungen, dass landesgesetzlicheVorschriften, soweit sie mit dem Gehaltsüberleitungsgesetz und diesem Bundesgesetzin Widerspruch stehen, unanwendbar werden, „z. B. Vorschriften über die ungleiche Behandlung derGeschlechter.“ 850In Bregenz lief die Begutachtungsmaschine an. Präsidialchef Dr. Elmar Grabherr (1911 bis 1987) ersuchtewie üblich die Schulabteilung, die Sektion der Pflichtschullehrer in der Gewerkschaft der öffentlichenAngestellten und den Landesschulrat um Stellungnahme zum Entwurf. Die Lehrergewerkschaftund der Landesschulrat gingen auf die Gleichstellung gar nicht ein. 851 Auch in den Sitzungsprotokollendes Landesschulrats von 1946 bis 1949 fi ndet sich, wie in der Zwischenkriegszeit, kein Hinweis aufdie Zölibatsfrage. 852 Ihr wurde offenbar keine hohe Bedeutung beigemessen.Schulabteilungsvorstand Bernhard hingegen verteidigte den Zölibat in der geltenden <strong>Vorarlberg</strong>erLehrer-Dienstpragmatik in epischer Breite. In anderen Bundesländern gälten ähnliche Bestimmungen,in einzelnen abweichende Vorschriften. Den Einwand der Verfassungswidrigkeit hielt Bernhard nichtfür stichhaltig. Der Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 Bundes-Verfassungsgesetz) sei gewahrt. Bernhardverwies auf das bereits erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs von 1926; 853 und selbst§ 1 des Gehaltsüberleitungsgesetzes spreche von der Möglichkeit einer verschiedenen Behandlungder Geschlechter. Bernhards Schlussfolgerungen spiegeln auch die patriarchale Unterwerfung derFrauen im Zivilrecht bis zur Eherechtsreform 1975 wider:„Mit der Verheiratung tritt die Lehrerin in einen neuen Beruf als Hausfrau und in der Folge als Mutterein. Sie ist durch die Ehe dem Willen des Mannes unterstellt. Es kann wohl nicht angenommen werden,dass die Ehe von vornherein als eine vorübergehende Einrichtung gedacht ist. Sie ist nach dersittlichen Auffassung des überwiegenden Teiles des österreichischen Volkes eine unauflösliche Lebensgemeinschaft.Nach § 91 ABGB [Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch] übernimmt der Mann dieUnterhaltspfl icht für die Frau. Nach § 92 ABGB muss die Frau dem Mann an seinen Wohnsitz folgen.Ob die Lehrerin nun mit einem Lehrer oder mit einem anderen Mann verheiratet ist, bleibt in seinenAuswirkungen gleich. Die eheliche Bindung der Lehrerin bringt eine ganze Reihe von Erschwernissen,sowohl für den Schulbetrieb, wie auch für ihren eigenen Haushalt. Der Beruf der Mutter schliesst dender Lehrerin aus. Entweder ist die Frau Mutter, dann erzieht sie ihre eigenen Kinder selbst, ist sie aberin erster Linie Lehrerin, dann muss sie ihre Kinder fremden Personen zur Betreuung und Erziehung849Zum Folgenden die Unterlagen in: VLA: AVLReg Prs-255/1951 (ohne weitere Aufschlüsse: VLA: AVLReg IIa-255/1951).850VLA: AVLReg Prs-255/1951: Gesetzesentwurf, versandt am 18.03.1949, § 10 Abs. 1 und Erläuterungen zu§ 10.851VLA: LSR 71/1949. – Vgl. auch VLA: LSR 130/1951.852Vgl. auch VLA: LSR 130/1951. – In den Sitzungen des Landesschulrats kam den Protokollen nach die Zölibatsfrage1946 bis 1949 nie zur Sprache (VLA: LSR 71/1949).853Wie Anm. 678.

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