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Ulrich Nachbaur, Lehrerinnenzölibat - Vorarlberg

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126 | 4. 1918 bis 19381949 brachten die SPÖ-Mandatarinnen im Nationalrat mit Genossen einen Initiativantrag für ein„Frauentitelgesetz“ ein, mit dem alle in Österreich lebenden Personen weiblichen Geschlechtes nachdem vollendeten 21. Lebensjahr hätten berechtigt werden sollen, ohne Rücksicht auf ihren Familienstandin der Öffentlichkeit wie im Behördenverkehr die Bezeichnung „Frau“ zu führen und von denBehörden so angesprochen zu werden. 645 Die Gesetzesinitiative kam jedoch in der auslaufenden Legislaturperiodenicht mehr zur Abstimmung und wurde nicht neuerlich eingebracht. In der Öffentlichkeithätte er vermutlich wenig genützt. Ich erinnere mich an ältliche Lehrerinnen an der VolksschuleFeldkirch-Hirschgraben, die bis in die 1970er-Jahre hinein größten Wert darauf legten, als „Fräulein“angesprochen zu werden.4.9. Arbeitsmarktpolitik auf Kosten von „Doppelverdienerinnen“Im Deutschen Reich betrug der Anteil der Lehrerinnen an den Volksschulen 1931/32 25,6 Prozent, 646in Österreich einschließlich der Hauptschulen 42,2 Prozent (vgl. Tab. 18). Der Bundesländervergleichmacht aber deutlich, dass die Frage gesetzlicher Ehebeschränkungen für den Frauenanteil nicht entscheidendwar. Entscheidend war die Personalpolitik.Die Personalpolitik der Zwischenkriegszeit zeigt, wie sehr die Frage der Ehebeschränkungen für Lehrerinnenund Lehrer an die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen gekoppelt war. Das galt fürÖsterreich ebenso wie für die Schweiz oder das Deutsche Reich. 647Die zu Beginn der Weimarer Republik verkündete Gleichberechtigung im Schuldienst wie im öffentlichenDienst überhaupt blieb in der Praxis „ein weithin nicht eingelöstes Postulat“. 648 Die Länderhielten an ihren Zölibatsbestimmungen fest. Als Bayern 1919 nach heftigen Kontroversen im Landtagdas Verehelichungsverbot für Lehrerinnen gesetzlich fortschrieb, erklärte dies das Reichsgericht 1921auf Antrag des Reichsministers des Innern noch für verfassungswidrig. 649 (Ähnlich sollte es 1925Preußen ergehen. 650 ) Doch als die staatliche Finanzkrise 1923 einen massiven Personalabbau erforderte,wurden in Bayern wie im übrigen Deutschen Reich insbesondere verheiratete Beamtinnen undüberdurchschnittlich viele Lehrerinnen abgebaut (Personal-Abbau-Verordnung 1923). 651 Nach einerErholungsphase folgte in der Weltwirtschaftskrise ab 1929 erneut eine massive Kampagne gegen„Doppelverdiener“, eigentlich gegen „Doppelverdienerinnen“.645StenProt NR 5. GP, 106. Sitzung 09.03.1949, S. 3053; Dür, Justiz, S. 266.646Kampmann, Zölibat, S. 85.647Zur Schweiz: Lengwiler/Ivedi, Weinland, S. 189–194.648Bölling, Sozialgeschichte, S. 101. – Zum Folgenden: Gahlings/Moering, Volksschullehrerin, S. 97–114; Hahn,Öffentlicher Dienst; Kampmann, Zölibat, S. 79–104; Said, Lehrerinnen; Schmude, Feminisierung, S. 36; Huerkamp,Lehrerin, S. 197–198.649Beilner, Emanzipation, S. 169–178; Buchinger, Gesamtdarstellung, S. 27–28 u. 40–41.650Joest/Nieswandt, <strong>Lehrerinnenzölibat</strong>, S. 256.651Die Personalabbau-Verordnung der Reichsregierung, RGBl. I 1923, S. 999, verpfl ichtete die Länder, für den Länder-und Gemeindebereich ähnliche Maßnahmen zu normieren. Sie blieb bis 1929 in Kraft. Huerkamp, Lehrerin,S. 197–198. – Zu Bayern vgl. Beilner, Emanzipation, S. 117–120.

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